Zustand der Waldböden Brandenburgs hinsichtlich ihrer Wasser- und Nähr-stoffversorgung
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21. NABU Naturschutztag: Wald ist Vielfalt Potsdam, 19.09.2020 Zustand der Waldböden Brandenburgs hinsichtlich ihrer Wasser- und Nähr- stoffversorgung Winfried Riek Fachbereich Wald und Umwelt, HNE Eberswalde Fachgebiet Bodenkunde, Waldernährung, Standortskunde 1/34
21. NABU Naturschutztag: Wald ist Vielfalt Potsdam, 19.09.2020 Gliederung 1. Einführung: Einige Aspekte zum Waldboden 2. Bundesweite Bodenzustandserhebung im Wald (BZE) 3. Waldbodenzustand im Land Brandenburg - Wasserhaushalt der Böden im Klimawandel - Bodenversauerung und Nährstoffversorgung - Böden als Produktionsgrundlage - Stickstoffproblematik 4. Fazit 2/34
Waldboden als Ökosystembestandteil „ … Es ist aber keineswegs nur so, das der Boden das Wachstum und die Entwicklung des Waldes bestimmt; umgekehrt hat auch der Wald einen großen Einfluss auf den Boden.“ Horst Stern et al. (1979): Rettet den Wald 3/34
Waldboden als „Reaktionsgefäß“ Funktionen • Filter • Puffer • Speicher für Wasser und Nährstoffe • Transformator • … • Lebensraum • Lebensgrundlage • Natur- und kultur- historisches Archiv GEOkompakt: Unser WALD 4/34
Waldboden als Lehrobjekt (an der HNEE) “ … Das Wissen um den Forstlichen Standort wird als Grundlage für waldbauliches Handeln im Sinne einer nachhaltigen Waldbewirtschaf- tung begriffen.“ Modulbeschreibung „Bodenkunde und Stand- ortslehre“, Fachbereich Wald und Umwelt, HNEE
Waldboden als Forschungs- Kernthemen der BZE und Beobachtungsobjekt (=bundesweite Bodenzu- standserhebung im Wald): • Kohlenstoff- speicherung • Bodenversauerung • Wasserhaushalt im Klimawandel • Stickstoffsättigung • Schadstoffbe- lastung • Böden als natür- liche Produktions- grundlage der Forstwirtschaft Waldbodenbericht Brandenburg Band 1 + 2 (Hrsg.: LFE, MLUK) 6/34
BEPROBUNGSDESIGN In Brandenburg 322 1 BZE-Inventurpunkte 8 2 (zwei 8x8-km-Netze) 7 Intensivmessflächen des EU-weiten Level II- 7 3 Programms Koordination und Auswer- tung durch das LFE 6 4 • BZE-1: 1992 – 1993 5 • BZE-2: 2006 – 2009 BZE-Probekreis • BZE-2a: 2009 – 2011 (r = 10m) • BZE-3: 2022 – 2024 BZE-Profilgrube Satelliten BZE 1 Satelliten BZE 2 7/34
Welches sind die häufigsten ? Waldbodentypen in Branden- burg und wie sind diese stand- ortskundlich zu bewerten? Sonstige Gleye Braunerden 8% 7% Lessivés 8% 64 % Regosole 6% 7% Podsole Flächenanteil Bezeichnung Einstufung der Nährkraft [ha] [%] A-Standorte arm 91.197 8,5 Z-Standorte ziemlich arm 449.384 41,8 M-Standorte mäßig nährstoffhaltig 413.911 38,5 K-Standorte kräftig 108.273 10,1 R-Standorte reich 13.457 1,3 8/34
ERGEBNISSE: WASSERHAUSHALT DER BÖDEN IM KLIMAWANDEL Wie wird der Wasserhaushalt der Waldökosysteme aktuell ? eingestuft? Mit welchen Veränderungen durch den Klima- wandel ist zu rechnen? Modellierung der Klimatischen Pflanzenverfügbare Bodenwasser- Wasserbilanz auf der Gesamt- speicherkapazität an den 322 BZE- waldfläche (Wettreg, SRES A1B) Inventurpunkten 2001- 10-% Median 90-% 2010 Jahr -84 -21 35 VZ -173 -129 -75 2091- 10-% Median 90-% 2100 Jahr -149 -94 -50 VZ -262 -223 -192
Welche Folgerungen 2001-2010 2091-2100 ? ergeben sich aus den Szenariorechnungen für die Baumartenwahl? Beispiel Rotbuche: Dominanzverlust selbst auf Standorten, an denen sie nach der 2001-2010 2091-2100 konventionellen Aus- weisung von Bestandes- zieltypen*) bislang eine führende Rolle spielte *) Grundlage: - Standortsgerechtigkeit Empfehlungswahrscheinlichkeit für Rotbuche als - Naturnähe sowie Haupt- (oben) bzw. Mischbaumart (unten) - Wirtschaftszielorientierung des Bestandeszieltyps*) 11/34
Baumartenanteile an der Bestandeszusam- mensetzung in Abhängigkeit vom Standort … 20 Baumarten … 15 Baumarten (heimisch + fremd) (nur heimisch) … 24 verschiedene Berg-/ Spitzahorn, Berg-/ Feld-/ Standortscluster Flatterulme, Gemeine Esche, Vogelkirsche
Die Tabellen geben den Waldeigentümern Leitplanken für die selbständige Entscheidung zur Bestandeszusammensetzung Klimastabile Wälder im Selbstbausatz Ziel: Entwicklung standortsgerechter Mischbestockungen mit je nach Standort 4 bis >6 verschiedenen Baumarten Mehr Klimaplastizität durch Diversifizierung Reduktion forstbetrieblicher Risiken • effizientere Nutzung der Ressourcen im gesamten Wurzelraum • Verbesserung des Bestandesinnenklimas • Sicherung einer dauerhaften Waldbedeckung bei Ausfall einer Baumart sowie • Sicherung der Naturverjüngung nach Kalamitäten 13/34
ERGEBNISSE: BODENVERSAUERUNG UND NÄHRSTOFFVERSORGUNG ? Wie ist der Versauerungsstatus der Waldböden einzuschätzen? BZE-1 BZE-2(a) BZE-1 BZE-2(a)
? Besteht aktuell die Notwendigkeit, die brandenburgischen Waldböden zu kalken? Bundesweit 3,3 Mio. ha Waldkalkungsfäche (BMEL 2018) Ziel BW: Wiederherstellung des „natürlichen, vorindustriellen“ Versauerungs- zustands Andreae, H., Gemballa, R., Jacob, F. (2020): Leitfaden zur Forstlichen Bodenschutzkalkung in Sachsen. BZE Brandenburg: KEINE akute Kalkungsnotwendigkeit 15/34
Messung auf Level II-Flächen im Zeitraum 2001-2016 (Saugkerzen in 15 cm + 70 cm Tiefe) Risikokennwerte*) • BC/Alanorg > 1 (mol/mol) • pHLösung > 4 • Alanorg < 2 mg/l *) UNECE (1993, 2004): Manual on Methodologies and Criteria for Modelling and Mapping Critical Loads and Levels and Air Pollution Effects, Risks and Trends. Convention on Long-range Transboundary Air Pollution. 202pp.
Besonderheiten Brandenburg 1. Kalkungsbedingter Humusabbau auf den sorptionsschwachen Sandstandorten besonders problematisch 2. Deposition basischer Stäube aus der Braunkohleverbrennung im Zeitraum 1945-1990 entspricht brandenburgweit einem Ca2+- Eintrag von zwei konventionellen Kalkungsmaßnahmen à 3 t/ha (!) Abnahme der Basensättigung zwischen BZE-1 und BZE-2(a) ist als Annäherung an den natürlicheren Zustand vor der künstlichen Auf- basung durch Ascheeinträge zu interpretieren 17/34
Unter welchen Bedingungen sollten ? zukünftig Kalkungsmaßnahmen durchgeführt werden? Befragen wir die Bäume!
Prüfschema: Auftreten von Ernährungsmangel (Mg, Ca) + Bestand räumlich in der Kalkungskulisse gelegen + Prüfkriterien zum bodenchemischen Status sind erfüllt pH(KCl)-Wert < pH 3,5 Basensättigungen < 15 % (0-140cm) C/N-Verhältnissen > 20 Kalkungskulisse Brandenburg, + Vereinbarkeit mit lokalen Waldfunktionen und ermittelt durch Ausschluss Schutzzielen ist gegeben - von Flächen mit potenziellem Waldbiotop- / Waldfunktionenkartierung Kalkungsbedarf zur Säurekom- Wasserwirtschaftliche Planungen pensation < 3t/ha Naturschutzfachliche Planungen (Praktikabilitätsschwelle) - von Grundwasserstandorten - natürlicherweise armen Durchführung von Kalkungsmaßnahmen Sandböden 19/34
• Anlage von Kalkungsreferenzflächen auf 16 BZE- Punkten (Applikation von 3 t/ha im Herbst 2016) • Monitoring von Stoffflüssen im Boden, Baum- ernährung und Vegetationswandel aus: Hannemann, J. (LFE)
ERGEBNISSE: BÖDEN ALS PRODUKTIONSGRUNDLAGE ? Gefährdet die Biomassenutzung die Böden und ist die Produktivität gefährdet (stoffliche Nachhaltigkeit) ? Trocken- Trocken- Ca Mg K Masse Masse 130 % 130 % 170 % 100 % 113 % Konventionelle Vollbaumnutzung (= Nutzung und Verwertung der Stammholznutzung gesamten oberirdischen Biomasse) Riek et al. 2015 21/34
BZE-2(a): Belegung der Bodenaustauscher mit Basen (Ca, Mg, K) und sauren Kationen (Mn, Al, Fe, H) in Abhängigkeit vom pH-Wert Originaldaten BZE-2(a) Ausgleichskurve Ca+Mg+K 22/34
Degradation als Funktion der Pedogenese (Bodenentwicklung) Ca+Mg+K Ausgangs- t0 Klima, Flora, Fauna, Grundwasser t1 material Nutzungsgeschichte 23/34
Degradation als Funktion der Pedogenese (Bodenentwicklung) Ca+Mg+K Ausgangs- t0 Klima, Flora, Fauna, Grundwasser t1 material Nutzungsgeschichte 24/34
Input-Output-Bilanz = (I+II) - (III+IV) Atmosphärische I. Einträge Holzernte H+ B B IV. Pufferprozesse H+ H+ Kationen- austausch B B B Gesteins- II. verwitterung Sickerwasseraustrag III. 25/34
Kalium Nährstoffbilanzen in Abhängigkeit von der Nähr- kraftstufe der Böden (A, …, R) für drei Nutzungsszenarien (Datengrundlage: 322 BZE-Punkte, aktueller Bestand) Nutzungsintensität: Magnesium Szenario 1: Nutzung des entrindeten Schaftholzes Szenario 2: Nutzung des Schaftholzes mit Rinde (konventionelle Nutzung) Szenario 3: Vollbaumnutzung 26/34
Übernutzungsrisiko – regionalisiert auf der Basis des am stärksten limitierenden Nährelements für die jeweilige Haupt- baumart des Bestandeszieltyps Stoffliche Nachhaltigkeit bei konventioneller Nutzung auf der überwiegenden Mehrheit der brandenburgischen Waldstandorte gewährleistet. Für sensitive Bereiche (28 % der Waldfläche) gilt es – ausgehend vom Vorsorge- prinzip – adäquate Mengen an Schlagabraum im Bestand zu belassen. Übernutzungsgefährdung bei konven- tioneller Nutzung (= Szenario 2: Nutzung des Schaftholzes mit Rinde) 27/34
Forstliche Maßnahmen auf über- nutzungsgefährdeten Standorten: • Verzicht auf die Nutzung von Holz unterhalb der Derbholzstärke (< 7 cm) • flächiges Belassen von Ästen, Reisig und Nadeln/Blättern nach der Holzernte auf dem Waldboden • Vermeidung von bestockungsarmen Situationen und Kahllagen der Böden (inkl. konsequentem Waldschutz zur Vermeidung von flächigen Kalami- täten) • Verzicht auf die vollständige Entnah- me von Schlagabraum nach Sturm- wurf oder Waldbrand Übernutzungsrisiko Szenario 1 (Derbholz o. Rinde) und Szenario 3 (Vollbaumnutzung)
? Wäre eine Intensivierung der Holzernte (z.B. in Form von Vollbaumnutzung) standortsverträglich und nachhaltig? Auf Standorten mit geringem Übernutzungsrisiko könnte die intensivierte nachhaltige Holz- nutzung einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Baumartenspezifische Vulnerabilitätsstufen: - Stufe 1 … keine Vollbaumernte empfohlen - Stufe 2 … eine Umtriebszeit mit Vollbaumutzung möglich - Stufe 3 … 2 bis 10 Umtriebszei- ten mit Vollbaumnutzung möglich - Stufe 4 … mehr als 10 Umtriebs- zeiten mit Vollbaumnutzung möglich
Ergebnisse der Modellstudien • GKI: auf 55 % der brandenburgischen Waldfläche mindestens eine Umtriebszeit mit Vollbaumnutzung möglich • TEI, SEI, RBU: auf A-, Z- und M-Standorten nur geringe Flächenanteile mit Vollbaumnutzung möglich • TEI, SEI: auf ca. 90 % der K- und R-Standorte mindestens eine mögliche Umtriebszeit mit Vollbaumnutzung; bezogen auf die Gesamtwaldfläche liegt der Anteil bei ca. 30 % • RBU: geringste Standortsverträglichkeit der Vollbaumnut- zung; selbst auf einem Drittel der K-Standorte ist von Voll- baumnutzung abzuraten • DGL: vergleichsweise höchste Nutzungspotenziale; Vollbaum- nutzung nur auf A- und Z-Standorten eingeschränkt; bezogen auf die Gesamtwaldfläche für 81 % der Fläche Vollbaumnut- zung über mindestens eine Umtriebszeit möglich 30/34
ERGEBNISSE: STICKSTOFFPROBLEMATIK ? Welche Gefährdungspotenziale bestehen in Verbindung mit den atmosphärischen Stickstoffeinträgen in die Wälder? • Langjährig erhöhte Stickstoff- deposition führte vielerorts zur N-Überfrachtung natürlicher- weise nährstoffarmer Wald- ökosysteme. • Mögliche Folgen hiervon sind die Eutrophierung mit nega- tiven Effekten auf die Biodi- versität Nitratausträge in das Grund- wasser, Bodenversauerung und Entbasung sowie mögliche Ungleichgewichte bei der Baumernährung. 31/34
… POSITIV IST ZU BEWERTEN: Günstigere N-Ernährungsbedingungen (weniger Überernährung) im Vergleich zu anderen Bundesländern Verbesserung der N-Situation seit der BZE- Erstinventur: Zunahme der C/N-Verhältnisse auf natürlicherweise ärmeren Standorten BZE-1: Ø 23,1 Sehr hohes Risiko durch „N-Sättigung“ grund- BZE-2(a): Ø 26,4 wasserferner Kiefernbestände abgenommen: BZE-1 -> 58%, BZE-2(a) -> 6% … UND DENNOCH KEINE ENTWARNUNG: Critical Loads für eutrophierenden Stickstoff auf den BZE-Punkten: Ø 6 kg/ha/a; Critical Load Überschreitungen: Ø 10 kg/ha/a N-Belastung auf lange Sicht zu hoch! N-Vorräte in der Auflage labiler Speicher: Freisetzung von Nitrat vermeiden! Maßnahmen: Humusschonende Holzernte, Einbin- dung von N-Überschüssen in die Biomasse und Fixie- rung in Form von Dauerhumus durch Waldumbau
Fazit …Wald ist Vielfalt… Maßnahmen zur Erhaltung der Boden- fruchtbarkeit, der stofflichen Nachhaltig- keit und der langfristigen Produktivität einerseits und zur Schaffung von Struk- turvielfalt und Biodiversität andererseits, sind gleichgerichtet bzw. weisen in hohem Maße Synergien auf und sollten entschlossen umgesetzt werden. Dies beinhaltet v.a. den konsequenten Waldum- bau auf standörtlicher Grundlage, das Belassen von standortsadäquaten Mengen an Ernterück- ständen im Bestand, den Einsatz humusscho- nender Forsttechnik, die Renaturierung von Waldmooren, die Bewahrung der natürlichen standörtlichen Vielfalt, die Reduktion der atmo- genen Stickstoffeinträge. 33/34
Literatur • Riek, W., Russ, A., Kühn, D. (2015): Waldbodenbericht Brandenburg – Zustand und Entwicklung der brandenburgischen Waldböden. Ergebnisse der landesweiten Bodenzustandserhebungen BZE-2 und BZE-2a. Band 1. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe, Bd. 60. Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Land- wirtschaft des Landes Brandenburg, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landes- kompetenzzentrum Forst Eberswalde (Hrsg.). Eberswalde. 172 S. • Riek, W., Russ, A. (2019): Waldbodenbericht Brandenburg. Weitere Ergebnisse der landesweiten Bodenzustandserhebungen und Folgerungen für die nachhaltige Waldnutzung. Band 2. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. 68. Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg, Landesbetrieb Forst Brandenburg (Hrsg.). Eberswalde. 238 S. • Riek, W., Russ, A., Grüll, M. (2020): Zur Abschätzung des standörtlichen Anbaurisikos von Baumarten im Klimawandel im nordostdeutschen Tiefland. Eberswalder Forst- liche Schriftenreihe, Bd. 69. Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenz- zentrum Forst Eberswalde (Hrsg.), Eberswalde. S. 48-70. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! 34/34
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