Zuwanderung eine kündigung der personenfreizügigkeit gefährdet den bilateralen weg
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zuwanderung eine kündigung der personenfreizügigkeit gefährdet den bilateralen weg Informationsblatt 1: Rechtliche Situation der Personenfreizügigkeit Das Wichtigste in Kürze: Das Personenfreizügigkeitsabkommen trat 2002 in Kraft und ist Bestandteil des bilateralen Vertragswerks. Die Schweizer Bevölkerung bestätigte die Weiterführung der Personen- freizügigkeit in den letzten Jahren dreimal deutlich an der Urne. Wegen der Guillotine-Klausel würden bei einer Kündigung der Personen- freizügigkeit alle Abkommen der Bilateralen I beendet. Die Schweiz würde den ungehinderten Zugang zu ihrem wichtigsten Absatzmarkt, dem EU-Binnenmarkt, verlieren (60 Prozent der Exporte gehen in die EU). Ohne Personenfreizügigkeit wandern die Jobs dorthin, wo die qualifizierten Leute sind – ins Ausland. Eine Isolation und Abschottung gegenüber unserem wichtigsten Wirtschafts- partner würde unseren Wohlstand und Tausende von Arbeitsplätzen gefährden. economiesuisse, Verband der Schweizer Unternehmen, Hegibachstrasse 47, Postfach, 8032 Zürich info@economiesuisse.ch, www.economiesuisse.ch
Informationsblatt 1: Rechtliche Situation der Personenfreizügigkeit Seite 2 Kündigung der Personenfreizügigkeit heisst Kündigung der Bilateralen I Das Fundament der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und der EU bildet das Freihandelsabkommen aus dem Jahr 1972. Nach dem EWR-Nein im Jahr 1992 wurde das Vertragswerk kontinuierlich auf mittlerweile über 120 Abkommen ausgedehnt. Das bedeutendste davon ist das Frei- zügigkeitsabkommen aus dem Jahr 1999. Staatsangehörige der Schweiz und der EU-Staaten erhalten das Recht, Arbeitsplatz bzw. Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete der Vertragsparteien frei zu wählen. Ergänzt wird die Personenfreizügigkeit durch die gegenseitige Anerkennung der Berufsdiplome und die Koordinierung der nationalen Sozialversicherungssysteme. Neben der Personenfreizügigkeit umfassen die Bilateralen I folgende Abkommen: Technische Handelshemmnisse: Das Abkommen regelt die gegenseitige Anerkennung von Normen der meisten Industriegüter. Aufwendige und teure Doppelprüfungen entfallen und neue Produkte können schneller auf den Markt gebracht werden. Öffentliches Beschaffungswesen: Das Abkommen verbessert den Zugang zu öffentlichen EU-Aus- schreibungen von Gemeinden und in den Bereichen Eisenbahn, Telekommunikation, Wasser- und Energieversorgung. Schweizer Unternehmen erhalten dadurch einen gleichberechtigten Zugang zu einem Markt von 1500 Milliarden Euro. Landverkehr: Das Abkommen trägt zur Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene bei. Luftverkehr: Das Abkommen regelt den gegenseitigen Marktzugang. Landwirtschaft: Das Abkommen ermöglicht einen zoll- und kontingentsfreien Export von Käse sowie teilweise von Früchten, Gemüse, Fleisch- und Weinspezialitäten. Forschung: Das Abkommen ermöglicht Schweizer Unternehmen und Forschungsinstituten die Teil- nahme an EU-Forschungsprojekten. Die sieben Abkommen der Bilateralen I sind mit einer sogenannten Guillotine-Klausel rechtlich mitei- nander verknüpft. Die Abkommen sind von beiden Seiten jederzeit kündbar. Nach Erhalt der Kündigung tritt das Abkommen nach sechs Monaten ausser Kraft. Aufgrund der Guillotine-Klausel würden dann gleichzeitig auch die anderen sechs Abkommen beendet. Es ist illusorisch zu glauben, dass die Grundsätze der Teilabkommen der Bilateralen I neu verhandelt werden könnten. Eine Phase der Unsicherheit und instabiler Rahmenbedingungen würden die Wirtschaftsbeziehungen stark beeinträchtigen. Eine derartige Isolation der Schweiz würde zwingend zu rückläufigen Investitio- nen, höherer Arbeitslosigkeit und Verlagerung von Produktion und Dienstleistungen ins Ausland führen.
Informationsblatt 1: Rechtliche Situation der Personenfreizügigkeit Seite 3 Eckdaten zum Personenfreizügigkeitsabkommen 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 21. Juni 1999 21. Mai 2000 1. Juni 2002 25. September 2005 8. Februar 2009 Unterzeichnung Genehmigung Inkrafttreten Genehmigung der Genehmigung der des Abkommens des Abkommens des Abkommens. Ausdehnung auf Ausdehnung im Rahmen der durch das Volk. Estland, Lettland, auf Rumänien und Bilateralen I. Litauen, Malta, Polen, Bulgarien (soge- Slowakei, Slowenien, nanntes Protokoll II) 67,2 % JA Tschechien, Ungarn, durch das Volk. Zypern (sogenanntes Protokoll I) durch das Volk. 59,6 % JA 56 % JA Quelle: Eigene Darstellung Insgesamt hat die Schweizer Bevölkerung innert weniger Jahre das Abkommen dreimal deutlich an der Urne bestätigt! Weitere Daten zum Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz finden Sie im Informationsblatt 2 «Personenfreizügigkeit allgemein». Personenfreizügigkeit gilt nicht für Arbeitslose Das Freizügigkeitsabkommen ist kein Freipass für alle EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, sich in der Schweiz niederzulassen und zu arbeiten. Voraussetzung ist, dass sie über einen gültigen Arbeitsvertrag verfügen oder selbstständig erwerbend sind oder als nicht Erwerbstätige ausreichend finanzielle Mittel nachweisen können und umfassend krankenversichert sind, damit sie keine Sozialhilfe beanspruchen müssen. Wird trotzdem Sozial- hilfe beantragt, kann die Aufenthaltsbewilligung entzogen werden. Die Kompetenz liegt dabei bei den Kantonen. Diese Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zeigen, dass die Personenfrei- zügigkeit nicht für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger gilt. Arbeitslose EU-Bürger können zwar drei Monate lang bewilligungsfrei nach einer Arbeit in der Schweiz suchen (Möglichkeit zur Verlängerung um weitere drei Monate), haben aber während dieser Zeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengelder oder Sozialhilfeleistungen. Weitere Informationen zum Schutz von Lohn - und Arbeitsbedingungen in der Schweiz finden Sie im Informationsblatt 5 «Flankierende Massnahmen im Arbeitsmarkt».
Informationsblatt 1: Rechtliche Situation der Personenfreizügigkeit Seite 4 Schrittweise Einführung der Freizügigkeit Die gegenseitige Öffnung der Arbeitsmärkte erfolgt schrittweise und kontrolliert. Während der Über- gangsfristen können Zuwanderungsbeschränkungen geltend gemacht werden: Inländervorrang: Ausländische Arbeitskräfte dürfen nur angestellt werden, wenn auf dem Schwei- zer Arbeitsmarkt niemand mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung steht, was vom Arbeitge- ber begründet werden muss. Vorgängige Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen: Bevor eine Arbeitsbewilligung erteilt wird, müssen die Kantone die Lohn- und Arbeitsbedingungen auf ihre Übereinstimmung mit den orts- und branchenüblichen Bedingungen prüfen. Beschränkung der Zahl der Aufenthaltsbewilligungen (Kontingente): Diese wurden jedoch in den letzten Jahren nicht vollständig ausgeschöpft. Klausel schützt vor überdurchschnittlicher Einwanderung Nach Ablauf der Kontingentsregelung erlaubt das Abkommen auf der Grundlage einer Schutzklausel, die Zahl der Aufenthaltsbewilligungen zeitweilig erneut zu beschränken, wenn eine unerwünscht star- ke, überdurchschnittliche Zuwanderung stattfinden sollte. Konkret besteht die Möglichkeit, Kontingen- te einzuführen, falls es zu einer Erhöhung der Zuwanderung von EU-Arbeitskräften von mehr als zehn Prozent des Durchschnitts der vorangegangenen Jahre kommt. Die Zahl der Aufenthaltserlaubnisse kann in diesem Fall für maximal zwei Jahre auf den Durchschnitt der vorangegangenen drei Jahre plus fünf Prozent festgesetzt werden. Diese Schutzklausel gilt für die EU-25-Staaten bis am 31. Mai 2014. Für Bulgarien und Rumänien bis 2019. Übergangsregelungen 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 EU-15 (+ Malta/Zypern) A B C EU-8 (Betritt 2004) A B C EU-2 Bulgarien und Rumänien A B C (Beitritt 2007) A Personenfreizügigkeit mit Beschränkungen: Rumänien/Bulgarien bis 1. Juni 2016. Die Anzahl der Dauer- aufenthaltsbewilligungen (B-Bewilligung, fünf Jahre) steigt schrittweise auf 1207 im Jahr 2015/2016; die Anzahl der Kurzaufenthaltsbewilligungen (L-Bewilligung, vier bis zwölf Monate) auf 11 664. B Volle Personenfreizügigkeit mit Schutzklausel: EU-25-Staaten bis 31. Mai 2014; Rumänien/Bulgarien bis 1. Juni 2019. C Volle Personenfreizügigkeit: EU-25-Staaten ab 31. Mai 2014; Rumänien/Bulgarien ab 1. Juni 2019.
Informationsblatt 1: Rechtliche Situation der Personenfreizügigkeit Seite 5 Welche Bereiche berührt das Personenfreizügigkeitsabkommen nicht? Die Grenzkontrollen zwischen der Schweiz und der EU bleiben bestehen. Auch mit der Beteiligung der Schweiz an der Schengen-Zusammenarbeit finden an der Schweizer Grenze Zollkontrollen und bei Verdacht Personenkontrollen statt. Jedes Land behält grundsätzlich die eigene Gesetzgebung auf den Gebieten Arbeitsrecht, Aufent- haltsrecht und soziale Sicherheit. Die Zuwanderung von Bürgern aus anderen Staaten Europas, die nicht Mitglied der EU sind wie Serbien, Mazedonien, Kroatien, Russland usw. oder anderen Kontinenten, hat nichts mit dem Freizü- gigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU zu tun. Die Zuwanderung aus Drittstaaten ist durch das Ausländergesetz geregelt. Voraussetzung für die Bewilligungserteilung an Arbeitnehmende aus Drittstaaten ist ein gesamtwirtschaftliches Interesse. Zum Thema Zuwanderung sind folgende Informationsblätter erhältlich: 1. Rechtliche Situation der Personenfreizügigkeit 2. Personenfreizügigkeit allgemein 3. Bedeutung für Wachstum und Arbeitsmarkt 4. Sozialwerke 5. Flankierende Massnahmen im Arbeitsmarkt 6. Dichtestress 7. Drittstaatenkontingente 8. SVP-Initiative
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