Zwischenbericht der Fach arbeitsgruppe "Kita 2050" - für das Bündnis für frühkindliche Bildung in Bayern
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Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales Zwischenbericht der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ für das Bündnis für frühkindliche Bildung in Bayern Stand: September 2021
Vorbemerkung Am 21. Juni 2019 hat das Bündnis frühkindliche Bildung in Bayern zur inhaltlichen Arbeit zwei Arbeitsgruppen auf Fachebene zu den Themenkomplexen „Kita 2050“ und „Fachkräfte“ eingesetzt. Die Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ fasst mit diesem Zwischenbericht den Stand seiner Diskussion zusammen. Zweck des Zwischenberichts ist es, das Bündnis frühkindliche Bildung fachlich zu informieren und zu beraten. Hierzu spricht die Facharbeitsgruppe auch konkrete Handlungsempfehlungen aus. Ob das Bündnis die Einschät- zungen teilt bzw. die Anregungen aufgreift, ist eine gesonderte Fragestellung. Hierzu zählt insbesondere auch die Frage der Finanzierung der Handlungsempfehlungen. Gemäß ihrem Auftrag beleuchtete die Facharbeitsgruppe die Kindertagesbetreuung aus der Perspektive des Kindes, der Eltern, des Personals und der Träger. Dabei wird ausgehend von der Ist-Situation ein Szenario für die Kita der Zukunft unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklungen der Bereiche Familie, Gesellschaft, Technik und Arbeitswelt abgeleitet und konkrete Empfehlungen für eine zukunftsträchtige Weiterentwicklung und Weichenstellung aufgestellt. Aus Sicht der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ handelt es sich um eine Daueraufgabe der Kindertagesbetreuung, den zeit- und zukunftsgemäßen Anforderungen gerecht zu werden. Der Zwischenbericht prognostiziert, ausge- hend von einer wertenden, richtungsweisenden Momenteinschätzung, eine wahrscheinliche Entwicklung der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung im Freistaat Bayern und bewertet diese. Die ausgesprochenen Empfehlungen befassen sich mit den notwendigen Schritten, um diesen frühestmöglich Rechnung zu tragen. Die Empfehlungen greifen die aktuelle Situation und wissenschaftliche Erkenntnisse auf und zielen darauf ab, frühzeitig und proaktiv adäquate (Veränderungs-)Prozesse in der Kinderbetreuung unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden gesellschaftlichen, technischen und inklusiven Entwicklungen anzustoßen. Der folgende Zwischenbericht wurde unter Mitwirkung und auf Basis der Beiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ (Anhang) erstellt. www.stmas.bayern.de 3
Aufbau des Zwischenberichts 1 I. Ausgangssituation und Entwicklungsprognosen 06 1. Bildungsbegriff 06 2. Angebotsformen und Größe der Einrichtungen 08 a) Formen der Kindertagesbetreuung 08 b) Größe der Einrichtungen 08 3. Öffnungszeiten und Randzeitenbetreuung 12 a) Umfang der Buchungen 12 b) Randzeitenbetreuung 13 4. Trägerstruktur und betriebliche Einrichtungen 15 5. Entwicklung des Angebotsspektrums der Einrichtungen 17 6. Entfernung zur Einrichtung 20 7. Räumliche Anforderungen an Kindertageseinrichtungen 21 8. Inklusion 22 a) Inklusion von Kindern mit (drohender) Behinderung 22 b) Interkulturelle Inklusion in den Kindertageseinrichtungen 22 9. Digitalisierung 25 10. Anpassung der Rahmenbedingungen für mehr Chancengerechtigkeit 27 11. Personelle Rahmenbedingungen 30 12. Jugendhilfeplanung und Vernetzung 32 II. Wesentliche Empfehlungen auf dem Weg zur Kita der Zukunft 34 Anhang 37 1 Anmerkung: Aufgrund der Vielzahl von thematischen Schnittstellen sowie der Beleuchtung von Themen aus unterschiedlichen Perspektiven, ließen sich Wiederholungen nicht immer vermeiden. www.stmas.bayern.de 5
Entwicklungen und Folgerungen aus der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ I. Ausgangssituation und Entwicklungsprognosen 1. Bildungsbegriff Ausgangslage gen oder in der Kindertagespflege bieten Raum und Erfahrungsmöglichkeiten, um zusätzlich Bildungspro- zesse bei den Kindern anzustoßen. Die Tätigkeit des Bildung ist ein Menschen- und Kinderrecht. Leitziel pädagogischen Personals ist daher nicht hoch genug der pädagogischen Bemühungen in Kindertagesein- einzuschätzen. Diese Bildungsbegleitung sollte dabei richtungen ist der beziehungsfähige, wertorientierte, in einer engen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft hilfsbereite, schöpferische und resiliente Mensch, der zwischen den Eltern und dem pädagogischen Personal sein Leben verantwortlich und selbstbestimmt ge erfolgen. stalten und den Anforderungen in Familie, Arbeitswelt und Gesellschaft gerecht werden kann. Die Kinder sind Voraussichtliche Entwicklung individuell und ganzheitlich im Hinblick auf ihr Alter und ihre Geschlechtsidentität, ihr Temperament, ihre Stärken, Begabungen und Interessen, ihr individuelles Die Kita der Zukunft verfolgt ein ganzheitliches Lern- und Entwicklungstempo, ihre spezifischen Lern- Verständnis von Bildung. und Unterstützungsbedürfnisse sowie ihren kulturel- len Hintergrund zu stärken und zu fördern. Ziel ist, eine Das oben dargestellte Bildungsverständnis ist dem gesellschaftliche Teilhabe durch Bildung, unabhängig Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan (BayBEP) von der sozialen, kulturellen oder nationalen Herkunft mit der dazugehörigen U3-Handreichung, den Bay- der Eltern sowie deren finanziellen Lage, zu ermögli- erischen Bildungsleitlinien sowie den verbindlichen chen. Hierzu zählt auch, gleichwertige Bildungs- und Bildungs- und Erziehungszielen des Bayerischen Startchancen zu eröffnen, unabhängig von der Region, Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKi- in der die Kinder aufwachsen. BiG) immanent. Die grundlegenden Weichen für die Zukunft sind damit bereits gestellt, wenngleich auch Bildung ist ein lebenslanger, selbsttätiger Prozess aktuelle Entwicklungen eine Nachjustierung des und bedarf der sozialen Interaktion. Bildung ist nicht BayBEP erforderlich machen: Einzelne Themenbe- nur Lernen von Faktenwissen. Vielmehr geht es um reiche sind zu aktualisieren, neue Inhalte zusätzlich den Erwerb von Kompetenzen, die Kinder durch ihre aufzunehmen. Eine entsprechende bedarfsgerechte eigenen Handlungen, vor allem im Spiel und in der Nachjustierung des BayKiBiG sollte dabei im Schul- sozialen Interaktion erwerben. Bildungsverläufe sind terschluss aller am Bündnis frühkindlicher Bildung dementsprechend ko-konstruktiv angelegt. Kindliche beteiligter Kräfte erfolgen. Bildungsprozesse beginnen innerhalb der Familie und bedürfen verlässlicher, feinfühliger Beziehungen und Kognitive Bildung und ästhetische Bildung werden Bindungen, vor allem zu den Eltern, zu den Geschwis- in der Kita der Zukunft nicht nur gleichermaßen Be- tern und anderen Kindern und Erwachsenen. Bildung, rücksichtigung finden, sondern greifen im Sinne des Betreuung und Erziehung in Kindertageseinrichtun- ganzheitlichen Bildungsverständnisses ineinander.
Der Bildungsauftrag der Kinder- und Jugendhilfe sowie Eine Schwerpunktsetzung in den MINT-Bereichen der Auftrag zur Inklusion umfassen insbesondere die darf nicht in Konkurrenz zu ästhetischer Bildung oder Entwicklung personaler und sozialer Kompetenzen anderen Bereichen treten, welche die Entwicklung sowie der Reflexionsfähigkeit, die Unterstützung und Stärkung insbesondere der kindlichen Kreativität der Entwicklung des Körpers, der Bewegung und der unterstützen. Die Kita der Zukunft muss auf ein Gleich- Persönlichkeit, die Förderung des Demokratiever- gewicht aller Bildungsbereiche bedacht sein und ständnisses und der demokratischen und gesellschaft- dabei alle Geschlechter im Blick haben. Gerade Neu- lichen Teilhabe, die Medienbildung, die religiöse und gier, Kreativität, Selbstwirksamkeitserfahrungen und ethische Bildung, die Bildung für nachhaltige Entwick- das Sich-selbst-Entdecken in den Bereichen Kunst lung, globales Lernen und die kulturelle, technische, und Musik eröffnen in einer Welt der Digitalisierung naturwissenschaftliche und mathematische Bildung und gerade in Kombination der Bereiche miteinander sowie die Entwicklung bzw. Förderung musischer und besondere Chancen, schaffen den notwendigen künstlerischer Interessen. Ausgleich, auch den Ausgleich unterschiedlicher Stärken, und fördern Resilienz. Gleiches gilt auch für Die Kita der Zukunft reflektiert, ob dem Bildungsan- die Bereiche Bewegung, Sport und körperliche Selbst- spruch eines jeden Kindes mit seinen individuellen wahrnehmung im Sinne von Gesundheitsbildung und Bedürfnissen und Kompetenzen entsprochen wird. Prävention. Im Elementarbereich kommen Leistungsnachweise Die Unterstützung beim Erwerb von Medienkompe- der Kinder grundsätzlich nicht in Betracht. Stattdessen tenz und eines kritisch-reflexiven Umgangs mit Medi- müssen die Entwicklung der Kinder und das Erreichen en ist unverzichtbar, um die Kinder auf die Zukunft vor- gesetzter Bildungs- und Erziehungsziele begleitet und zubereiten. Gerade dieses Thema wird zunehmend in das Bildungsangebot individuell darauf ausgerichtet den Fokus der Bildungs- und Erziehungsarbeit rücken. werden. Hierzu zählt eine strukturierte Dokumenta- tion. Diese Aufgabe des pädagogischen Personals ist b) E ine Reflexion bedarf auch der Außensicht. Durch besonders anspruchsvoll und bedarf ausreichender regelmäßige Befragungen der Kinder, Eltern und Zeit. Für die notwendige Qualifizierung wird zum Teil pädagogischen Fach- und Ergänzungskräften sowie noch Optimierungsbedarf gesehen. Die Anwendung – je nach Einrichtungsart – auch der Lehrkräfte sollte entsprechender wissenschaftlich fundierter Beobach- die Qualitätsentwicklung intern kritisch reflektiert tungs- bzw. Entwicklungsbögen sollte verbindlich wer- werden, aber nicht in Form eines Beurteilungswe- den. Digitale Formate könnten zu einer wesentlichen sens. Zudem können Fachdienste die Selbstreflexion Arbeitserleichterung führen (Verweis Digitalisierung). bzw. Reflexionskompetenz des pädagogischen Personals auch hinsichtlich der Erreichung von Bewertung zu 1 Bildungszielen und -gerechtigkeit unterstützen, etwa durch Pädagogische Qualitätsbegleitung (PQB), den Fachdienst Integration, Leistungen der interdiszipli- a) Konkret gilt es, die Bildungsziele für die Schulkindbe- nären Frühförderstellen, die Digitalisierungscoaches treuung zu spezifizieren und die Bildungsinhalte zu („kita.digital.coach 3“) oder die Fachberatungen der konkretisieren (z. B. Bildung für nachhaltige Entwick- Aufsichtsbehörden bzw. der Verbände. In Ergänzung lung, Erwerb digitaler Kompetenzen, Demokratiebil- eines durch Außensicht gestärkten selbsttragenden dung). Um Inklusion als selbstverständliches Prinzip Qualitätssicherungssystems sollte ein Reflexionsin- und als Ergänzung zu den trägerspezifischen Profilen strument angeboten werden, z. B. für den Bereich der in der Kindertagesbetreuung nachhaltig zu imple- Interaktionsqualität des PQB-Qualitätskompass. mentieren, müssen die gemeinsamen Anstrengun- gen aller Verantwortlichen in Politik und Verwaltung Der Staat und seine Institutionen, die Kommunen sowie bei den Leistungsträgern und qualifizierten und Trägerverbände müssen aktiv die Bildungspro- Leistungserbringern noch intensiviert werden. 2 zesse ermöglichen und gemeinsam die notwendigen personellen, räumlichen und sächlichen Rahmen bedingungen schaffen. 2 Angeregt wurde die Aufnahme eines Passus zur SGB VIII-Reform als Fußnote oder Ergänzung. 3 Informationen zur Kampagne „Startchance kita.digital“: https://www.ifp.bayern.de/projekte/qualitaet/startchancekitadigital.php. www.stmas.bayern.de 7
Entwicklungen und Folgerungen aus der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ 2. Angebotsformen und Größe der Einrichtungen Ausgangslage An der Tabelle kann die Entwicklung der betreffenden Betreuungsformen abgelesen werden. Auffällig ist, dass der Ausbau der Kinderbetreuung insbesondere a) F ormen der Kindertagesbetreuung im Bereich der Häuser für Kinder erfolgte. Dabei haben sich rund 1.000 Kindergärten zu Häusern für Die staatlich förderfähigen Kinderbetreuungseinrich- Kinder weiterentwickelt. Der Ausbau im Bereich der tungen sind in Art. 2 BayKiBiG definiert. Maßgebend Tagespflege ist weniger darauf zurückzuführen, dass ist für die Differenzierung der Einrichtungen, in welcher mehr Tagespflegepersonen im Einsatz wären. Viel- Altersgruppe überwiegend Bildungs- und Erziehungs- mehr ist die Zahl damit zu erklären, dass Tagespflege arbeit geleistet wird. Unterschieden werden Krippen, zunehmend beruflich ausgeübt wird und mehr Kinder Kindergärten, Häuser für Kinder und Horte. Die Un- aufgenommen werden. Neu hinzugekommen ist nach terscheidung ist für die Förderung mit Ausnahme der Einführung des BayKiBiG die Großtagespflege, die Fragen der Mindestbuchungen und Sonderregelungen als Verbindungsglied zur Kindertageseinrichtungen für Kinderkrippen im Grunde nicht erforderlich. Das verstanden werden kann. sogenannte Netz für Kinder ist eine Angebotsform, die aufgrund einer Übergangsvorschrift gefördert wird, b) Größe der Einrichtungen und wäre den Häusern für Kinder zuzuordnen. Die Zahl der genehmigten Plätze in den Kindertages einrichtungen steigt erheblich. Die Zahl der Einrich EINRICHTUNG/ 1.1.2006 1.1.2020 tungen mit mindestens 100 Plätzen hat sich seit 2007 TAGESPFLEGE verdreifacht. Krippen 438 1.464 Nach § 14 4. Durchführungsverordnung zum Bayeri- schen Kindergartengesetz (4. DVBayKiG außer Kraft Kindergärten 6.011 5.094 seit 1.8.2005) sollte der Kindergarten bei Neuer- richtung und Erweiterung nicht mehr als drei jeweils Horte 878 927 gleichzeitig betriebene Gruppen umfassen; hinzu konnte eine Gruppe vom Schulbesuch zurückgestellter Häuser für Kinder 28 2.229 Kinder kommen. Mit der Aufhebung der Vorschrift Netz für Kinder 112 64 und dem bedarfsgerechten Ausbau hat die Größe der Einrichtungen zum Teil erheblich zugenommen. Tagespflege (Plätze) 7.024 16.896 Mehrere Faktoren spielen hier eine Rolle: Größere Einrichtungen sind flexibler bei der Planung des Ange- Großtagespflege 0 172 bots, Ausfälle des Personals lassen sich besser kom- pensieren. Mit der Entwicklung zum Haus für Kinder Quelle: Meldungen nach § 47 SGB VIII kann die Verweildauer in der Einrichtung verlängert werden. Gleichzeitig entfielen mit Außerkraftsetzung des BayKiG regulierende Vorgaben zur Gruppengröße und zum Personal-Kind-Schlüssel. Das BayKiBiG setzt eine Organisation in Gruppen nicht mehr voraus, der Personal-Kind-Schlüssel wurde durch den Anstellungs- schlüssel und die Fachkraftquote ersetzt.
ENTWICKLUNG DES ANSTELLUNGSSCHLÜSSELS IN BAYERN 9,30 9,32 9,29 9,30 9,24 9,41 9,36 9,69 10,01 9,93 10,60 2007 2011/2012 2013/2014 2016 2018 2020 Quelle: eigene Auswertung KiBiG.web Dies förderte den Bau größerer Einrichtungen, weil Voraussichtliche Entwicklung erst mit der Förderumstellung flexiblere Strukturen ermöglicht wurden, der Personaleinsatz flexibilisiert und den Kindern eine größere Vielfalt an Angeboten a) Formen der Kindertagesbetreuung bereitgestellt werden konnte. Zudem ist es in größeren Einrichtungen leichter möglich, längere Öffnungs Die Kita der Zukunft zeichnet sich durch eine weitere, zeiten anzubieten oder Personalausfälle zu verkraften. bedarfsgerechte Differenzierung der Betreuungs Die Entwicklung zu größeren Einrichtungen ist aber formen aus. auch dem Mangel an geeigneten Bauplätzen in den Ballungsräumen geschuldet. Auch künftig wird sich die Kinderbetreuung den sich ändernden Bedarfslagen anpassen, was auch Die Vorteile größerer Einrichtungen werden von Eltern zu Verschiebungen und/oder Ausweitung bei den vor allem geschätzt, weil ein Wechsel der Einrichtung Betreuungsformen führen wird. Die Zahl der „reinen“ bei einem altersübergreifenden Angebot oftmals Kindergärten wird voraussichtlich weiter zurückgehen, vermieden werden kann und ggf. auch Geschwister- die der Häuser für Kinder weiter steigen, um künftig fle- kinder an einem Ort zusammenkommen. Es werden xibel auf Betreuungsbedarfe und die demografischen dann ggf. auch längere Anfahrtszeiten zu den größeren Entwicklung, wie die Entwicklung der Geburtenzahlen, zentralen Einrichtungen in Kauf genommen. Die Ände- reagieren zu können. Die Betreuung, Erziehung und rungen der Arbeitswelt und damit einhergehend eine Bildung von Schulkindern wird stark anwachsen. Dabei Änderung der Bedürfnisse der Eltern könnte jedoch zu ist der Hort eine Kita der Zukunft. Die mit der SGB VIII- einem Umdenken dahingehend führen, dass kleinere, Reform beabsichtigte Zuweisung der Eingliederungs- überschaubare Einrichtungen bevorzugt werden. Viele hilfe für Kinder und Jugendlichen mit geistiger, körper- Eltern schätzen den familiären Charakter von Einrich- licher oder Sinnesbehinderung („große Lösung“) in tungen und wollen sich auch gerne mehr in den Betrieb- die Zuständigkeit der Jugendhilfe könnte dazu führen, salltag einbringen (mehr Mitsprache, mehr Austausch dass ein Nebeneinander von inklusiv tätigen Horten und Mitwirkung). und Heilpädagogische Tagesstätten (HPT) zuneh- mend infrage gestellt und künftig Schulkindbetreuung ausschließlich inklusiv angeboten werden sollte. Dann stellt sich auch die Frage nach den entsprechenden Rahmenbedingungen. www.stmas.bayern.de 9
Entwicklungen und Folgerungen aus der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ Kombieinrichtungen (Kombination Ganztagsschule- Eine Weiterentwicklung der Kindertagespflege ist Hort/HPT) werden sich voraussichtlich etablieren abhängig von den bundesrechtlichen Vorgaben. In ihrer und einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung des derzeitigen Form (familienähnliches Konzept, feste Rechtsanspruchs der Grundschulkinder auf Ganz- Zuordnung der Kinder, Tagespflegeentgelt) ist eine tagsbetreuung auf hohem pädagogischem Niveau Veränderung der Kindertagespflege nicht zu erwarten. mit Fachkraftgebot leisten. Das gewachsene und Diese Betreuungsform hat sich bewährt und wird auch differenzierte Bildungs- und Betreuungsangebot an künftig im Kleinkindbereich und zur ergänzenden Kin- Grundschulen (Mittags- und Ganztagsbetreuung) derbetreuung von Bedeutung sein. Kindertagespflege wird noch längere Zeit Rückgrat der Ganztagsbetreu- wird sich jedoch zunehmend professionalisieren. ung für Schulkinder bleiben. Schrittweise werden sich Die Anzahl der gleichzeitig betreuten Kinder (derzeit Schule im Sinne des Schulunterrichts und sozialpäda- drei bis vier von einer Tagespflegeperson) wird sich auf gogische Betreuungsangebote annähern und werden die Maximalzahl 5 Kinder erhöhen. Damit einherge- die Unterschiede zunehmend abgebaut, werden sich hend wird die Gewährung eines Tagespflegeentgelts die institutionellen Grenzen auflösen. Es wird ange- nicht mehr genügen. Tagespflegepersonen erwarten strebt, das vorhandene Personal in der Mittags- und eine tarifliche Absicherung bzw. bei selbstständiger Ganztagsbetreuung über berufsbegleitende Qualifi- Tätigkeit eine angemessene Entlohnung entsprechend zierungsinitiativen zu professionalisieren und langfris- der Qualifikation. tig im Bereich der Kindertagesbetreuung zu binden. Darüber hinaus wird sich zunehmend die Frage stellen, b) Größe der Einrichtungen ob die Ausbildung zur Grundschullehrkraft bzw. zur Erzieherin oderzum Erzieher für den Schulbereich nicht Die Kita der Zukunft ist vielfältig und bietet eine breite vereinheitlicht werden sollte oder ob die Ausbildung Palette an größeren und kleineren Einrichtungen. nicht zumindest auf einer einheitlichen Basis aufbauen könnte. Die Schulkinderbetreuung wird unter Berücksich- tigung der unterschiedlichen Bedarfe erheblich an Dass Kitas flexibel sind und sich auf verändernde Bedeutung gewinnen, insbesondere vor dem Hinter- Bedarfslagen einstellen, haben sie in der Vergangen- grund des künftigen Rechtsanspruchs auf Ganztags- heit unter Beweis gestellt. Allerdings müssen Ent- betreuung für Grundschüler. Den Rechtsanspruch auf wicklungen künftig proaktiv und frühzeitig erkannt Ganztagsbetreuung für Grundschüler erfüllen zu kön- und entsprechende Steuerungsmaßnahmen ergriffen nen, wird eine große Herausforderung sein, vor allem, werden. Gleichzeitig werden die Anforderungen, die an um rein rechnerisch ausreichend Plätze schaffen zu die Kinderbetreuung gestellt werden, weiter steigen. können Dennoch muss gleichzeitig die Sicherstellung Das BayKiBiG mit seiner einheitlichen Förderstruktur eines qualitativ hochwertigen Angebotes der Bildung, schafft hier per se gute Voraussetzungen, notwen- Erziehung und Betreuung im Zentrum stehen. Betreu- dige Anpassungsprozesse finanziell zu begleiten. ungsangebote, die jetzt noch ohne Fachkräfte betrie- Die Großtagespflege und die Sonderförderung von ben werden, werden künftig nicht mehr den Ansprü- Einrichtungen im ländlichen Raum sind Beispiele dafür, chen genügen. Damit einhergehend dürfte verstärkt wie einerseits Kinderbetreuung wohnortnah und flä- die Forderung erhoben werden, dass die Einrichtungen chendeckend angeboten und wie andererseits konkret der Jugendhilfe und der Schule die Aufgabe gemein- auf Versorgungsengpässe reagiert werden kann. Die sam erfüllen, die Kinder bestmöglich zu fördern und sogenannte Mini-Kita wird sich als besonders anpas- Nachteile aufgrund der Herkunft oder etwa aufgrund sungsfähige, die Betreuungslandschaft ergänzende sprachlicher Defizite schnell und effektiv abzubauen. Einrichtungsform etablieren. Es geht bei der Mini-Kita Die Weiterentwicklung des inklusiven Auftrages darum, der räumlichen Knappheit in Ballungsräumen muss im Zuge der SGB VIII-Reform verstärkt auch für Rechnung zu tragen, familienähnliche Betreuungssi- Schulkinder in den Fokus rücken. tuationen zu ermöglichen und Einrichtungsträgern zusätzliche Flexibilität einzuräumen. Die Mini-Kita ist Es gibt erste Anzeichen, dass sich Eltern zunehmend keine Einrichtung minderer Qualität, Standardabsen- wieder eine individuellere Betreuung und mehr zeitli- kungen hinsichtlich der personellen und sächlichen che Flexibilität in überschaubaren Settings wünschen Ausstattung sind nicht intendiert. Dies schließt nicht (siehe Zeile 2 der Tabelle). Sie schätzen eine familiäre aus, als Ergänzungskräfte auch Personal einzusetzen, Atmosphäre. In kleineren Einrichtungen besteht das zwar nicht den üblichen Werdegang aufweist, aber auch die Möglichkeit, mehr Einfluss auf den Betrieb über (eine) entsprechende Qualifizierung(-en) einen und die Inhalte der Kinderbetreuung zu nehmen. gleichwertigen Abschluss erreicht.
Daher werden vermehrt Eltern bereit und nicht wenige Wenn Eltern künftig vermehrt eine Betreuung ihrer auch in der Lage sein, viel Geld für einen Platz in einer Kinder in kleineren Einrichtungen wünschen, sollte dies Kleinsteinrichtung auszugeben. Das darf jedoch nicht grundsätzlich ermöglicht werden. Denn gerade Kinder dazu führen, unterschiedliche Standards zu setzen und mit besonderen Bedarfen könnten davon besonders Tendenzen unterschiedlicher Chancen und Segrega profitieren, wenn sie kleinere und überschaubare tion zu befördern. Einrichtungen besuchen könnten. Allerdings müsste einer möglichen Fehlentwicklung frühzeitig entgegen- gewirkt werden. Wenn kleinere Einrichtungen geschaf- Bewertung zu 2 fen werden, darf dies nicht zu Lasten der Qualität, der Öffnungszeiten und der Verlässlichkeit des Angebots gehen. Es könnten elitäre Kleinsteinrichtungen ent- Die Erwartungshaltung an Qualität und Angebot stehen, die sich ausschließlich wenige Eltern leisten der Schulkindbetreuung ist vor dem Hintergrund des können. Es wäre auch nicht zielführend, wenn sich die- anstehenden Ausbaus hoch. Dem sollte von Anfang an se kleineren Einrichtungen nicht auch den besonders Rechnung getragen werden. Es wird daher empfohlen, schwierigen pädagogischen Herausforderungen, etwa Mittagesbetreuungen, die ohne Fachkräfte angeboten der Inklusion, stellen würden und Kinder daraufhin werden, mittelfristig zu professionalisieren und nicht selektiert würden. Denn in der Folge müssten größere, in diesem Format neu zu gründen. Auch der Bedarf an vor allem kommunale Einrichtungen die betreffenden längeren Betreuungszeiten und Ferienbetreuung sollte Kinder vermehrt aufnehmen. Das Personal in diesen eingeplant werden. Der Ausbau der Schulkindbetreu- Einrichtungen würde zusätzlich belastet. Darunter ung ist auch eine Chance, Inklusion in diesem Alters- könnte die pädagogische Qualität leiden, wenn kein bereich neue Impulse zu verleihen und einem Ausei- personeller Ausgleich erfolgen würde. Chancenge- nanderdriften von Chancen eines jeden Kindes mit rechtigkeit, Vermeidung von Segregation etc. wären zunehmendem Alter entgegenzuwirken. Besondere unter diesen Vorzeichen nicht realisierbar. Zu beachten Aufmerksamkeit bedarf dabei der Frage, wie Inklusion ist auch, dass kleine, inklusiv arbeitende Einrichtun- im Zusammenspiel der Institutionen besser erfüllt gen bisher kaum finanzierbar sind. Ggf. würde eine werden kann. Es muss sichergestellt werden, dass die Nachjustierung der Förderung über das BayKiBiG er- Qualitätsstandards der bisherigen SGB IX-HPT im forderlich, um steuernd einzugreifen. Eine Anpassung Rahmen einer BayKiBiG-Förderung gesichert werden der Gewichtungsfaktoren, damit eine gute inklusive könnten. frühe Bildung möglich wird, stellt dabei eine mögliche Handlungsvariante dar. Fragen zum Raumprogramm Um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung werden gesondert unter 5. behandelt. umzusetzen, kann die Mini-Kita als ein zusätzliches Betreuungsmodell eine Rolle spielen. Daher sollte in der Erprobungsphase der Mini-Kita auch die Schul- kindbetreuung in den Blick genommen werden. Dies betrifft die Aspekte der Finanzierung wie auch der personellen Ausstattung sowie der Überführung von Angeboten der Mittagsbetreuung. Großtagespflege- stellen können sich auf dem Weg zur Mini-Kita vom engen Korsett der verbindlichen Zuordnung Tages- pflegeperson-Kind befreien. Notwendig ist hierfür eine Anpassung des Betriebserlaubnisverfahrens. Begleitend ist die Fachberatung von Kommunen und Wohlfahrtsverbänden zu stärken und deren Finanzie- rung zu sichern. Das pädagogische Personal sollte auf ein breites (berufsbegleitendes) Angebot an Quali- fizierungsmöglichkeiten zugreifen können, die auch einen beruflichen Aufstieg eröffnen. Initiativen auf Bundesebene zur Weiterentwicklung der Tagespflege sind mittelfristig nicht zu erwarten. Es wäre zu prüfen, ob die Weiterentwicklung der Tagespflege zu einem eigenständigen Berufsbild durch einen bayerischen Weg unterstützt werden könnte. www.stmas.bayern.de 11
Entwicklungen und Folgerungen aus der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ 3. Öffnungszeiten und Randzeitenbetreuung a) Umfang der Buchungen Ausgangslage Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege unterstützen die Personensorgeberechtigten bei der Betreuung, Bildung und Erziehung. Das Angebot ist daher abhängig von den Bedarfslagen in den Familien. Wir stellen fest, dass sich die tatsächliche Nachfrage der Familien nach besonders langen Buchungszeiten in der Kindertagesbetreuung nach wie vor auf verhältnis- mäßig geringe Fallzahlen begrenzt. Die durchschnittli- che Buchungszeit weist nur noch eine minimal anstei- gende Tendenz auf. Gleichzeitig ist der Anteil der Kinder mit Buchungszeiten von mehr als neun Stunden pro Tag rückläufig. Der Anteil der Kinder mit Buchungs zeiten von mehr als acht bis einschließlich neun Stunden stagniert nahezu. Die abnehmende Tendenz von Buchungszeiten über neun Stunden wurde selbst durch die Ausweitung des Beitragszuschusses auf die gesamte Kindergartenzeit nicht unterbrochen. 3 2010/2011 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Durchschnittliche Buchungszeit 6,24 6,56 6,56 6,57 6,58 6,60 6,62 Anteil der Kinder nach Buchungszeit >7 bis 8 Std. 12,34 % 15,40 % 15,70 % 16,10 % 16,60 % 17,12 % 17,65 % >8 bis 9 Std. 7,95 % 11,00 % 11,20 % 11,30 % 11,40 % 11,60 % 11,69 % >9 Std. 4,00 % 5,60 % 5,50 % 5,40 % 5,30 % 5,09 % 4,74 % Quelle: eigene Auswertung KiBiG.web 3 Anmerkung: Tatsächliche Nachfrage und die Ergebnisse der amtlichen Statistik zu den Betreuungszeiten sind voneinander zu unter scheiden. In die amtliche Statistik fließen die Buchungen entsprechend der Betreuungsverträge ein. In vielen Bundesländern besteht dabei nicht die Möglichkeit, stundenweise zu buchen, sondern die Buchungsmöglichkeiten sind oftmals vorgegeben und betreffen z. B. Halbtags- oder Ganztagsplätze. In Bayern ist grundsätzlich eine stundenweise Buchung möglich, soweit es keine Einschränkungen durch Vorgabe von Kernzeiten durch den Träger gibt. Zudem werden im Vorschulbereich geringere Buchungen als 3–4 Stunden nicht gefördert. Gebuchte und tatsächliche Zeiten sind daher weitgehend identisch. Statistisch weist Bayern im Bundesvergleich daher geringere Lang- zeitbuchungen auf. Mit den Betragszuschüssen des Freistaates zum Elternbeitrag entfällt zum Teil das Korrektiv, dass Eltern nicht mehr buchen als notwendig. Die Buchungszeiten dürften sich bei geringeren Elternbeiträgen statistisch und im Rahmen der kindbezogenen Förderung mittelfristig erhöhen.
Voraussichtliche Entwicklung in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden angewiesen sind. Es handelt sich aber hier, gemessen am Gesamtbedarf, um Einzelfälle. Hierfür sind weit- Die Kita der Zukunft bietet ein Höchstmaß an Flexibili gehend bereits Angebote geschaffen, in aller Regel in tät und ermöglicht dadurch mehr Familienzeit. betrieblichen Einrichtungen oder Tagespflegestellen. Mit der erwarteten weiteren Flexibilisierung der Es ist zu beobachten, dass die Eltern sich zunehmend Arbeitszeiten dürfte sich der Sicherstellungsauftrag für eine größere Flexibilität in der zeitlichen Ausgestal- bestimmte Berufsgruppen künftig auch auf Samstage tung der Kinderbetreuung wünschen. Gewünscht erstrecken. wird insbesondere die Möglichkeit unregelmäßiger Buchungszeiten. Dieser Trend wird sich verstärken. Eine weitere signifikante Ausweitung der durchschnitt- Bewertung zu 3 lichen Buchungszeiten zeichnet sich dagegen nicht ab (derzeit im Schnitt sechs bis sieben Stunden täglich im Bereich U6, vier bis fünf Stunden im Bereich Ü6). Auch wenn die Arbeitswelt zunehmend auf diese Höherbewertung der Familienzeit mit einer Stärkung Vielmehr erleben wir eine steigende gesellschaftliche flexibler Arbeitszeitmodelle und die Ausweitung der Bewertung der gemeinsamen Familienzeit. Ob diese örtlichen Flexibilität durch Telearbeit und mobile zu geringeren Buchungen führen wird, ist fraglich. Arbeit reagiert, kann der Wunsch von Eltern nach mehr Denn diese Entwicklung geht oftmals einher mit dem Flexibilität mit Eintritt in die Familienphase derzeit Wunsch, Betreuungszeiten flexibel gestalten zu kön- oftmals noch nicht realisiert werden. Es braucht weitere nen. Anstrengungen, damit sich, vielfältige Familienmodel- le berücksichtigend, für Sorgeberechtigte, Väter und Mütter eine Reduzierung der Arbeitszeit nicht auf die b) Randzeitenbetreuung Karrierechancen auswirkt. Ausgangslage Ziel muss auch sein, dass sich die Bedingungen der Arbeitswelt – soweit dies möglich ist – an die Bedürfnis- Der gesetzliche Auftrag, ein bedarfsdeckendes se der Familien anpassen und diese so wenig wie möglich Angebot an Betreuungsmöglichkeiten bereitzuhal- hinter den Anforderungen der Arbeitswelt zurücktreten ten, ist zeitlich nicht festgelegt und ist entsprechend müssen. Konkret geht es um eine weitere Flexibilisierung dem Wandel von Bedürfnissen und Erwartungen der Arbeitszeitmodelle, um den Ausbau der mobilen der Gesellschaft zu interpretieren. Aktuell fordert Arbeit, den verstärkten Einsatz digitaler Bild-Kommu- der Sicherstellungsauftrag nach Art. 5 BayKiBiG der nikation, einer Intensivierung der Personalentwicklung, Gemeinden, bei Bedarf Betreuungsangebote an Werk- damit Kinder kein Karrierehindernis sind. Arbeitneh- tagen (Mo–Fr) einzurichten. Die zeitliche Spanne be- merrinnen und Arbeitnehmer müssen darin unterstützt wegt sich in aller Regel und bedarfsabhängig zwischen werden, Elternzeit und Teilzeit tatsächlich in Anspruch 06:00 und 20:00 Uhr. zu nehmen. Elternzeit und Teilzeit dürfen weder für Frau- en noch für Männer rechtfertigungsbedürftig sein oder ein Karrierehindernis darstellen. Ganz im Gegenteil: Mit- Voraussichtliche Entwicklung arbeiterrinnen und Mitarbeiter mit Kindern müssen in der Welt der Unternehmen sogar erwünscht sein, deren Potenziale erkannt und unterstützt werden. Personal- Die Regelöffnungszeit wird sich in der Kita der Zukunft planung und Arbeitsprozesse müssen sich rückhaltlos nur unwesentlich verändern. darauf einstellen. Familien sind für die wirtschaftliche Entwicklung außerordentlich wichtig, nicht nur als Kon- Die Regelöffnungszeit ist bereits weitgehend be- sumenten. Eltern verfügen in aller Regel über hohe Sozi- darfsgerecht ausgebaut. Die Forderung nach weiterer alkompetenz und Organisationsfähigkeiten, die auch für Flexibilisierung der Öffnungszeiten wird zwar seit Arbeitgeber von hohem Interesse sind. Vielmehr wird Jahren immer wieder erhoben, statistisch lässt sich die eine familiengerechte Arbeitswelt Fachkräfte dauerhaft Notwendigkeit längerer Öffnungszeiten jedoch nicht binden sowie die Mitarbeiterzufriedenheit und darüber belegen. Richtig ist, dass vor allem Beschäftigte im die Produktivität und Effektivität des Unternehmens Schichtdienst oftmals auf Randzeitenbetreuung auch und des Betriebes deutlich steigern. www.stmas.bayern.de 13
Entwicklungen und Folgerungen aus der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ Es bleibt vor Ort zu prüfen, ob entsprechende zu- Der Trend, die gemeinsame Familienzeit zu erhöhen, sätzliche Bedarfe von den etablierten Einrichtungen wird sich nach unserer Einschätzung fortsetzen. übernommen werden können. Dies betrifft insbeson- Wenn Eltern eine echte Wahl haben, Arbeitszeiten dere auch Bedarfe am Samstag. Dies sollte nicht als und Kinderbetreuungszeiten flexibel planen zu kön- zusätzliche Belastung begriffen werden, sondern könn- nen, werden sie auch mehr Familienzeit in Anspruch te zum einen eine Chance sein, Teilzeitbeschäftigung in nehmen. Die Einrichtungen werden gefordert sein, auf den Einrichtungen zu reduzieren und die Möglichkeiten diese Wünsche mit einem flexiblen Angebot zu reagie- einer Vollzeitbeschäftigung zu bieten. Vollzeitbeschäf- ren, ohne den Bildungsauftrag infrage zu stellen. Diese tigung könnte auch dazu beitragen, mehr Männer Flexibilität korreliert mit dem Wunsch, mehr buchen zu für den Erzieherberuf zu gewinnen. Möglicherweise können, ohne damit Gefahr zu laufen, Fördermittel zu könnte auch Zeitausgleich an einem anderen Werktag gefährden. gewährt werden und pädagogisches Personal dadurch zusätzliche Optionen erhalten. Insgesamt gehen wir davon aus, dass auch zukünftig sehr lange Buchungszeiten und die Betreuung in Rand- Zum anderen können hier neue Kooperationsformen zeiten nur von einer Minderzahl der Eltern nachgefragt aufgebaut werden. Beispielsweise könnten Träger ihre werden. Dennoch kann gerade auch dieser Bedarf, Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, um dem Per- z. B. bei Alleinerziehenden, entscheidend für die Mög- sonal dort eine ergänzende selbstständige Tätigkeit lichkeit auskömmlicher Erwerbsarbeit sein. Auch bei im Sinne einer Tagesmutter/-vatertätigkeit zu ermög- Kindern mit Bindungsschwierigkeiten ist zu bedenken, lichen. Diese Möglichkeit, die grundsätzlich bereits dass es nicht zu häufigen Wechseln des Betreuungs- besteht, dürfte künftig mehr in das Interesse der für die settings kommt. Der Bedarf von langen Öffnungszei- Kinderbetreuung zuständigen Kommunen rücken. ten ist daher auf regionaler Ebene genau im Blick zu behalten.
4. Trägerstruktur und betriebliche Einrichtungen Ausgangslage Gemessen an der Gesamtzahl der Kindertageseinrich- tungen ist die Zahl der Einrichtungen, die dem Landes- amt für Statistik und Datenverarbeitung als betriebli- Kindertageseinrichtungen werden überwiegend von che Einrichtungen gemeldet werden, vergleichsweise freigemeinnützigen Trägern betrieben. Das Verhältnis gering. Dies ist darauf zurückzuführen, dass selbst zwischen kommunalen und freien Trägern bleibt seit mittelständische Unternehmen in aller Regel keinen Jahren weitgehend konstant. Mit dem Ausbau der Bedarf für eine eigene Kinderbetreuung sehen. Koope- Kinderbetreuung drängen aber immer mehr sonstige rationen mehrerer Unternehmen werden zwar immer Träger auf den Betreuungsmarkt. wieder angedacht, aber selten umgesetzt. Verteilung nach Trägerschaft Entwicklung betrieblicher Kindertageseinrichtungen 2010 2020 15.03.2007 15.03.2020 Öffentliche Träger 29,9 % 28,0 % Kindertageseinrichtun- 7.708 9.645 gen gesamt Freie Träger 70,1 % 72,0 % davon für Kinder von 69 137 davon: Betriebsangehörigen AWO 4,4 % 4,7 % Anteil 0,90 % 1,42 % Deutscher Paritätischer 2,7 % 3,9 % Wohlfahrtsverband Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, Stichtag: 15.03.2020 BRK 1,5 % 2,2 % Evang. Träger 14,5 % 15,5 % Kath. Träger* 32,8 % 28,7 % Sonstige 17,0 % 14,2 % Quelle: eigene Auswertung KiBiG.web * Der Verband kath. Tageseinrichtungen weist darauf hin, dass der prozentuale Rückgang im katholischen Bereich auf Zusammenschlüssen zu Pfarrverbänden und zu Kitaverbünden, nicht auf Abbau von Einrichtun- gen, beruht. www.stmas.bayern.de 15
Entwicklungen und Folgerungen aus der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ Voraussichtliche Entwicklung Bewertung zu 4 Die Kita der Zukunft wird auch künftig in erster Linie Der Anteil sonstiger Träger, auch mit Gewinnabsicht, von freigemeinnützigen und kommunalen Trägern wird weiter zunehmen. Vor allem regional könnte betrieben. sich dadurch die Konkurrenzsituation verschärfen. Unternehmen betreiben in aller Regel betriebliche Ein- Vor dem Hintergrund der für die kommenden Jahre und richtungen, indem sie hierzu freigemeinnützige Träger Jahrzehnte zu erwartenden Konkurrenz der Arbeitge- beauftragen oder sich Belegrechte sichern. Soweit ber um die begrenzte Zahl von Arbeitskräften werden betriebliche Einrichtungen von Unternehmen selbst Arbeitgeber zunehmend dem Druck ausgesetzt sein, getragen werden, ist festzustellen, dass diese wie alle mit einen Beitrag zu leisten, um die Vereinbarkeit von anderen Einrichtungen als sonstige Einrichtungen ge- Familie und Beruf durch geeignete Maßnahmen zu fördert werden. Aufgrund dieser hohen staatlichen und gewährleisten. Wir erwarten dementsprechend eine kommunalen Förderung werden die Bundesprogram- Weiterentwicklung der Arbeitswelt bzw. eine wei- me zum Ausbau der betrieblichen Kinderbetreuung tere Flexibilisierung der Arbeitszeiten wie die breite in Bayern nur zögerlich angenommen. Es handelt sich Einführung von flexiblen Arbeitszeitmodellen und dabei um eine Anschubfinanzierung, eine Kombination von Arbeitszeitkonten. Wann immer es geht, werden mit der Länderförderung ist nur bedingt möglich. Arbeitgeber auf die Vorgabe von festen, regelmäßigen Arbeitszeiten verzichten und auf mobile Arbeitsplätze Festzustellen ist, dass Unternehmen zunehmend setzen. die Kinderbetreuung als Standortfaktor erkennen. Nachdem Kinder weitgehend bereits einen Rechtsan- Ein stärkerer, signifikanter Ausbau betrieblicher spruch auf einen Betreuungsplatz haben und sich auch Einrichtungen ist jedoch nicht zu erwarten. Größere für Eltern die Kosten der Kinderbetreuung in Verbin- Unternehmen verfügen bereits jetzt über eigene dungen mit § 90 Abs. 4 SGB VIII moderat sind, kann Betreuungsmöglichkeiten. Mittelständische Unter- sich Kinderbetreuung nur dann hervorheben, wenn da- nehmen werden auch künftig keine eigenen Einrichtun- mit besondere Leistungen verbunden werden, die die gen finanzieren, doch wird deren Engagement steigen, reguläre Kinderbetreuungseinrichtung/Kindertages- sich Belegrechte in den bestehenden Einrichtungen zu pflegestelle nicht anbietet. Aus diesem Grund setzen sichern. Durch Zahlungen werden diese zunehmend betriebliche Einrichtungen auf besondere Personal- Einfluss auf die Gestaltung der Öffnungszeiten und ausstattung, besondere Angebote, Mehrsprachigkeit, Schließzeiten nehmen. Das Bundesministerium für besondere Randzeitenbetreuung. Dieser Trend wird Familien, Senioren, Frauen und Jugend hat zum 1. Sep- sich künftig noch verstärken. Nachdem es sich (noch) tember 2020 ein neues Förderprogramm „Betriebli- um Einzelfälle handelt, ist eine Konkurrenzsituation che Kinderbetreuung“ implementiert und damit eine zwischen den örtlichen Einrichtungen allenfalls lokal zu Entwicklung in diese Richtung weiter angestoßen. befürchten. Nachdem aber von den betrieblichen Ein- Die Zahl der Arbeitgeber, die bereit sind, Beschäftigten richtungen in aller Regel auch Kinder der Sitzgemeinde zusätzlich zur Entlohnung einen Beitrag zur Kinder profitieren, ist ein Handlungsbedarf staatlicherseits betreuung zu leisten, dürfte steigen. nicht gegeben.
5. Entwicklung des Angebotsspektrums der Einrichtungen Ausgangslage Flächenlandkreisen häufig nur in beschränktem Maße der Fall. Es bestehen zudem Fragen, etwa wie andere Professionen in den Einrichtungen eingesetzt werden Originäre und vorrangigste Aufgabe der Kindertages- können, wie die Kooperation mit dem Stammpersonal einrichtungen ist die Bildung, Erziehung und Betreuung zu erfolgen hat und wie dem Datenschutz Rechnung der anvertrauten Kinder. Die Bildungs- und Erzie- getragen werden kann. hungsziele werden in der Kinderbildungsverordnung konkretisiert. Der Bildungs- und Erziehungsplan inter- pretiert diese Bildungs- und Erziehungsziele, stellt sie Voraussichtliche Entwicklung in den Kontext der wissenschaftlichen Forschung zur frühkindlichen Bildung und beinhaltet handlungsleiten- de Hinweise. Weiterer Schwerpunkt ist es, die Verein- Die Kita der Zukunft bietet ein umfängliches Betreu barkeit von Familie und Beruf sicherzustellen. Die Kitas ungspaket. haben in Erfüllung dieser Aufgaben als Fördervoraus- setzung mit jenen Einrichtungen, Diensten und Ämtern Das Betreuungspaket der Kita der Zukunft wird künftig zusammenzuarbeiten, deren Tätigkeit in einem sachli- den Eltern verstärkt individuelle Lösungsmöglichkeiten chen Zusammenhang mit den Aufgaben der Tagesein- für die Betreuung der Kinder anbieten bzw. vermitteln. richtung steht. Kindertageseinrichtungen kooperieren Eltern werden bezogen auf zeitliche Flexibilität ein insbesondere mit Frühförderstellen, Erziehungs- und Höchstmaß an Dienstleistung erwarten und sich mehr Familienberatungsstellen sowie schulvorbereitenden wünschen, dass die Kita näher auf ihre Bedürfnisse ein- Einrichtungen und heilpädagogischen Tagesstätten. geht. In den letzten zwei Dekaden waren Eltern meis- Kindertageseinrichtungen mit Kindern ab Vollendung tens bereits glücklich, überhaupt einen Betreuungsplatz des dritten Lebensjahres haben im Rahmen ihres zu erhalten. Spezielle Wünsche wurden vernachlässigt, eigenständigen Bildungs- und Erziehungsauftrags auch lange Wegstrecken, unzureichende Betreuungs- insbesondere mit der Grund- und Förderschule zusam- zeiten wurden in Kauf genommen. Inhaltliche Diskus- menzuarbeiten (Art.15 BayKiBiG). Nicht zuletzt auf- sionen zur Ausrichtung der Erziehungsarbeit wurden grund dieses gesetzlichen Auftrags und der Wünsche oftmals vermieden. Eltern werden künftig fordernder der Eltern haben sich zunehmend Kitas auf den Weg auftreten und ihre Bedürfnisse artikulieren. Dabei gemacht, über die eigentliche Kinderbetreuung hinaus wird es weniger um noch längere Öffnungszeiten oder (weiterführende) Dienste und Angebote anzubieten um bessere Randzeitenbetreuung gehen. Es werden oder zu vermitteln. Daher wurde die Kooperation mit sich aber unter Berücksichtigung der Entwicklung des Familienzentren und Beratungsstellen gesucht bzw. Arbeitslebens und der erweiterten Möglichkeit des mo- externe Expertise in die Einrichtung geholt. Auch wenn bilen Arbeitens die familialen Bedarfslagen voraussicht- bereits vielversprechende Förderprojekte aufgelegt lich erheblich ändern. Wird derzeit eine Betreuung zu wurden, um diesen Prozess zu unterstützen, wirkten festen Zeiten in aller Regel akzeptiert und zum Teil so- sich dabei die Projektfinanzierung und damit die feh- gar gewünscht, wird aller Voraussicht nach künftig die lende Garantie für eine Fortführung der Finanzierung Zahl der Eltern steigen, die wesentlich differenziertere nach Ablauf des Projekts negativ auf eine Verstetigung Betreuungsarrangements wünschen (z. B. Montag bis aus. Vor allem kommt die Öffnung der Kita, weitere Dienstag ganztägige Betreuung, am Mittwoch Betreu- Dienste und Angebote anzubieten oder zu vermit- ung nur am Abend wegen Fortbildung, am Donnerstag teln, nur in größeren Einrichtungen zum Tragen und Betreuung wahlweise vormittags oder nachmittags, hängt zudem davon ab, ob entsprechende externe freitags kein Bedarf und am Samstag Betreuungsbedarf Anbieter in der Nähe verfügbar sind. Dies ist gerade in am Vormittag). www.stmas.bayern.de 17
Entwicklungen und Folgerungen aus der Facharbeitsgruppe „Kita 2050“ Gleichzeitig besteht ein steigendes Interesse an mehr ungszeiten hat dann Grenzen, wenn keine kontinuier- Beratung und Unterstützungsleistungen. Eltern stehen liche Bildungsarbeit mehr geleistet werden kann oder mit der Bildung und Erziehung ihrer Kinder vor einer nicht mehr ausreichend Bildungszeit zur Verfügung enormen Aufgabe. Besondere Herausforderungen steht, um die Bildungs- und Erziehungsziele erfüllen zu bestehen vor allem können. Es wird sich wie schon bei der Entwicklung des • für Alleinerziehende, BayKiBiG erneut die Frage stellen, ob der Bildungs- und • für Familien, die in Armut oder bedroht von Armut Erziehungsarbeit der Vorrang eingeräumt wird, indem leben, nur feste Betreuungszeiten und Öffnungszeiten sowie • für Familien, die starken Veränderungsprozessen Kernzeiten angeboten werden. Oder kann den Wün- und Umbrüchen ausgesetzt sind, schen der Eltern nach einem individuelleren Betreu- • für Familien, mit psychisch kranken oder ungsarrangement verstärkt entsprochen werden und suchtkranken Eltern welche Abstriche bei der Bildungsarbeit werden dabei • für Familien aus bildungsfernen Milieus, ggf. in Kauf genommen? • für Familien mit Migrationshintergrund, • für Eltern, deren Kind eine Behinderung hat und Heute, wie zukünftig muss die Antwort eindeutig sein. • für Familien, bei denen beide Eltern Familie und Der Blick auf das Kind, sein Wohlergehen in der außer- Beruf vereinbaren müssen. häuslichen Betreuung und eine qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsarbeit sind oberstes Gebot. Wir gehen davon aus, dass auch der Unterstützungs- Die Interessensabwägung wird aber möglicherweise bedarf für Familien mit zunehmender Veränderung dann zu anderen Ergebnissen führen, wenn verstärkt gesellschaftlicher Normen und Prozesse und mit der Wunsch nach mehr Familienzeit geäußert wird. steigenden Anforderungen an Kinder und Heranwach- Denn dem Primat elterlicher Erziehungsverantwor- sende noch zunehmen wird. tung ist grundsätzlich Rechnung zu tragen. Familien- zeit wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Kinder In den Kitas der Zukunft ist das Angebot heilpädagogi- aus und muss in der Gesamtabwägung Berücksichti- scher und medizinisch-therapeutischer Leistungen gung finden. Die aktuelle Option, feste Mindestbetreu- sowie eine im geprüften Einzelfall notwendige Medi- ungszeiten und Kernzeiten verbindlich vorzuschreiben, kamentenabgabe Routine, Mittagessen wird z. B. auch dürfte dann womöglich nicht mehr genügen. Hierfür für Allergiker angeboten. Auf Allergien, Erkrankungen bedarf es der wissenschaftlichen Expertise, die einen und chronische Krankheiten wie Diabetes sowie fundierten Orientierungsrahmen für entsprechen- Beeinträchtigungen von Kindern ist die Kita der Zukunft de Flexibilisierungen unter Berücksichtigung einer vorbereitet. Das Personal ist künftig bezüglich dieser förderlichen, kindlichen Entwicklungsumgebung und Fälle gut vorbereitet, wird ärztlicherseits begleitet den kindlichen Bedürfnissen nach Regelmäßigkeit und oder regional durch medizinische Fachkräfte (z. B. Konstanz sicherstellt. Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpfle- ger) unterstützt, die trägerübergreifend tätig wer- Unter dieser Prämisse könnten neue Organisations- den. Die Küchen sind so ausgestattet, dass Geschirr formen entstehen, die eine stärkere Binnendifferen- entsprechend gereinigt werden kann bzw. dieses im zierung vorsehen. Der pädagogische Alltag würde ent- notwendigen Umfang vorhanden ist, um eine getrenn- sprechend komplexer werden. Dabei wird zu beachten te Nutzung (Normalnutzung, Nutzung ausschließlich sein, dass auch das pädagogische Personal flexible für Allergiker, Geschirr für glutenfreie Zubereitung) zu Arbeitsbedingungen benötigt, um die Betreuung der ermöglichen. eigenen Kinder sicherstellen zu können. Digitale Unter- stützung wird unerlässlich sein, um diesen steigenden Anforderungen an die Träger und an die pädagogische Bewertung zu 5 Leitung gerecht werden zu können. In diesem Zusam- menhang wird empfohlen, administrative Aufgaben verstärkt zu zentralisieren. Dies ist einrichtungs-, aber Flexibilisierung des Betreuungsangebotes auch trägerübergreifend denkbar. Dienstplangestal- Wenn Eltern einerseits mehr Flexibilität beim Betreu- tung und Kommunikation mit den Eltern und dem Per- ungsangebot wünschen und andererseits der Fokus sonal sowie beispielsweise Dokumentation werden in des erzieherischen Personals primär auf die Bedarfe erster Linie digital erfolgen. der Kinder ausgerichtet ist, kann dies zu einem Inter- essenskonflikt führen. Die Flexibilisierung der Betreu-
Die etablierten Träger könnten bei o. a. Fragestellung bzw. kennenlernen und eine Vertrauensbasis aufbauen unter Druck geraten, wenn neue Anbieter auf den können. Es bedarf eines guten Zusammenspiels und „Betreuungsmarkt“ drängen, der Flexibilität der einer Abstimmung der verschiedenen Kräfte in den Betreuungszeiten besonderes Gewicht einräumen Einrichtungen. Die Träger der öffentlichen und freien und Eltern eine auf deren Situation abgestimmte Jugendhilfe werden zu klären haben, ob und inwieweit Dienstleistung anbieten. Viele Eltern sind bereit, dafür sie diese Entwicklungen von vornherein selbst aktiv viel Geld auszugeben. Arbeitgeber könnten dies als gestalten wollen und/oder Kooperationen mit betref- Chance begreifen, Arbeitnehmer zu gewinnen, indem fenden Anbietern zulassen. sie die höheren Kosten für mehr zeitliche Flexibilität übernehmen. Nicht alle Eltern sind in der Lage, ihre Bedürfnisse festzustellen und zu artikulieren, oder sie sind über Auch wenn eine Regulierung des Marktes durch den die Notwendigkeit frühkindlicher Bildung hinreichend Staat mit Blick auf die Vertragsfreiheit nicht in Betracht informiert. Oftmals fehlt die nötige Orientierung, kommt und eine Steuerung durch das Förderrecht Kenntnis und Gewandtheit, qualifizierte Kinderbetreu- nur bedingt möglich ist, ist diese Entwicklung kritisch ung einzufordern und das für ihr Kind beste Angebot zu hinterfragen und sind ggf. steuernde Maßnahmen zu wählen. Es ist jedoch von zentraler Bedeutung, allen insbesondere zur Sicherstellung der Chancengerech- Kindern gleiche Bildungschancen zu ermöglichen. tigkeit zu prüfen. In erster Linie obliegt es jedoch den Daher wird künftig eine aktive Begleitung der Eltern Trägern, sich auf verändernde Bedarfslagen rechtzeitig eine zentrale Rolle spielen. Denn Bildungsarbeit kann einzustellen und Handlungsstrategien zu entwickeln nur erfolgreich sein, wenn die Eltern möglichst eng Diese könnten darin bestehen, das eigene Angebot eingebunden werden. Das ist einerseits notwendig, um soweit möglich zu differenzieren und zu erweitern. dem Recht der Kinder auf Bildung Geltung zu verschaf- Zu diesem Zweck wäre zielführend, den in Vollzeit fen. Andererseits liegt es im Interesse der Gesellschaft, beschäftigten Anteil an Kräften sukzessive zu heben. jedem einzelnen Kind Chancen zu bieten und es Generell wäre anzustreben, diesen Anteil von derzeit individuell zu fördern. Denn Wohlstand baut auf der knapp 40 % auf 60 % zu erhöhen. Bildung der Menschen, ihrer Kreativität und ihres En- Wahlweise könnten Kooperationen mit anderen An- gagements auf. Daher soll die Elternbegleitung helfen, bietern eingegangen werden, die dafür Sorge tragen, Familien aus sozial- und bildungspolitisch ungünstigen dass besonderen Bedarfslagen Rechnung getragen Strukturen herauszuführen. wird (z. B. Kitabegleiterinnen und -begleiter), oder dass zeitweise qualifizierte pädagogische Springer- Diese Begleitung der Eltern kann dadurch bewerk- kräfte zur Ergänzung/Entlastung der Stammteams stelligt werden, dass die dafür nötige Vernetzung zu regelmäßig abgestellt werden. Auf diese Weise können relevanten Schnittstellen bzw. Diensten hergestellt Einrichtungen externe Expertise nutzbar machen und wird (z. B. zu Familienzentren). Denkbar wäre auch, fachspezifische Themen wie Beratung der Eltern zu teilzeitbeschäftigte Erzieherinnen und Erzieher oder familialen, finanziellen Fragen etc. zusätzlich anbieten; Fachkräfte im Erziehungsurlaub oder im Ruhestand diese Kooperation könnte auch dadurch bewerk- mit langjähriger Erfahrung mit Kindern mit höherem stelligt werden, dass externe Anbieter (Hebammen, Unterstützungsbedarf für die Elternbegleitung anzu- Beratungsstellen, Kinderärztinnen und Kinderärzte, werben. Schließlich könnte speziell geschultes Perso- Kinderpsychologinnen und Kinderpsychologen, nal die Aufgabe einer Elternbegleitung übernehmen. Ernährungsfachkräfte, Logopädinnen und Logopäden, Motopädinnen und Motopäden) fest Kitas zugeordnet werden und damit einen engen Kontakt mit den Eltern aufbauen können. Kitas können auch verstärkt als Orte für Maßnahmen der Erwachsenenbildung genutzt werden. Zu denken ist ferner an einen Bring- und Ab- holservice, der Eltern viel Zeit ersparen könnte. Entscheidend ist, neben der Qualifizierung des Per- sonals, auch auf eine Bezahlung nach Tarif zu achten sowie für diese Kräfte gute Arbeitsbedingungen be- reitzustellen. Die Kinder, aber auch die pädagogischen Kräfte, müssen derart tätige Aushilfskräfte kennen www.stmas.bayern.de 19
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