Jesus, erzähl uns von Gott! - Erstkommunion 2020 - Bonifatiuswerk
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INHALT In diesem Heft ... 3 VORWORT 4 EINFÜHRUNG 4 „Jesus, erzähl uns von Gott!“ 6 Die Bibelstelle nacherzählt (Lukas 2,41-52) 7 GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION 7 Nach Gott fragen – in Bildern Gott suchen – Gott zur Sprache bringen 10 „Glaube ganz einfach“, Interview mit Yvonne Willicks 12 „Von Mensch zu Mensch …“, Interview mit Thomas Hoffmeister-Höfener, Theomobil e. V. 14 KATECHETISCHE BAUSTEINE 14 Wie geht Erzählen ganz praktisch? 16 Gottesvorstellungen und Gottesbeziehung zur Sprache bringen 18 „Oma, erzähl mir von Gott!“ 20 LITURGISCHE BAUSTEINE 20 Liturgische Anregungen zum Jahresthema 23 Mottolied: Jesus, erzähl uns von Gott 24 PROJEKTE DER KINDER- UND JUGENDHILFE 24 Kommunionkinder helfen Kindern und Jugendlichen Danke schön 25 Das Beispielprojekt 2020 Liebe und Geborgenheit für schwerstkranke Kinder – das St. Antoniushaus in Kiel 26 MATERIALIEN UND GESCHENKIDEEN 30 Buchempfehlungen zur Erstkommunion 31 IMPRESSUM 2
VORWORT Liebe Katechetinnen und Katecheten in der Erstkommunionvorbereitung, „Jesus, erzähl uns von Gott!“ – So lautet das Leitwort unserer Erstkommunion-Aktion im Jahr 2020. Das Motto und das Motiv knüpfen dabei an die Begegnung des zwölfjährigen Jesus mit den Schriftgelehrten im Jerusalemer Tempel an, von der uns in Lukas 2,41-52 berichtet wird. Jesus sitzt mitten unter den Schriftge- lehrten, hört ihnen zu, stellt Fragen und versetzt alle mit seinem Verständnis in Erstaunen. Heute ist das Erzählen von Gott ein zentrales Anliegen der Erstkommunionvorbereitung. Immer wieder sollten wir uns daher die Fragen stellen: Wie sprechen wir heute von Gott? Welche Zuschreibungen geben wir Gott? Wo wird unsere Gottesbeziehung im Leben erfahrbar? Auf welche Weise sprechen Kinder von Gott, welche Botschaft haben sie an uns Erwachsene? Das vorliegende Heft möchte Ihnen Annäherungen zu diesen Fragen geben und Impulse für die Erstkommunionvorbereitung schenken. Ich möchte Sie, liebe Katechetinnen und Katecheten, dazu ermutigen, in der Erstkommunionvorbereitung von Gott und ihrem Glauben zu erzählen. Unsere Kirche braucht glaubwürdige Zeuginnen und Zeugen, die von der Liebe Gottes zu uns Menschen berichten. Schon der heilige Papst Paul VI. betont in diesem Zusam- menhang: „Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind.“ Die Kinder- und Jugendhilfe des Bonifatiuswerkes fördert Projekte, die Kindern und Jugendlichen helfen möchten, mehr von Jesus und seiner Freundschaft, die er allen Menschen anbietet, zu erfahren. In der ost- und norddeutschen Diaspora sowie in Nordeuropa, Estland und Lettland unterstützen wir Initiativen und Aktionen, die zur Bildung christlicher Gemeinschaft und zur Vermittlung der christlichen Botschaft an die junge Generation in einer extremen Minderheitensituation notwendig sind. Auch diakonische Projekte, die junge Menschen auf ihren nicht immer einfachen Wegen durch das Leben begleiten, sind ein Schwerpunkt der Kinder- und Jugendhilfe. Auf den Seiten 24-25 stellen wir Ihnen beispielhaft vor, wohin die Gabe der Erstkommu- nionkinder 2020 geht: an das St. Antoniushaus in Kiel. Von Herzen danke ich Ihnen, liebe Katechetinnen und Katecheten, für Ih- ren Mut und Einsatz und sicherlich auch Ihre Freude, den Erstkommuni- onkindern von Gott zu erzählen. Gleichzeitig gilt mein aufrichtiger Dank auch allen, die auf vielfältige Weise an diesem Heft mitgearbeitet haben. Für Rückfragen und Rückmeldungen zu den Materialien stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung. Für Ihre Arbeit mit den Erstkommunionkindern 2020 wünsche ich Ihnen gutes Gelingen und Gottes reichen Segen! Ihr
EINFÜHRUNG „Jesus, erzähl uns von Gott!“ Gedanken zum Jahresthema und zur Bibelstelle von Inga Schmitt Wer hat Ihnen von Gott erzählt? dazu wenig ausdrücklich zu sagen. Aber sie bietet Da ich ein Gedächtnis wie ein Sieb habe, wie meine ganz unterschiedliche Identifikationsmöglichkeiten Kinder sagen würden, habe ich leider keine Erinne- an, auch für Kinder. Wer selbst ein Kind/Kinder hat rung daran, wer mir als Erste*r biblische Geschich- bzw. Verantwortung für Kinder trägt, wird viel- ten erzählt oder vorgelesen hat. Prägend für mich leicht ganz mit den Eltern Jesu fühlen. Ihnen ist der waren aber meine Religionslehrer*innen ab der zwölfjährige Sohn im Trubel der gen Heimat reisen- dritten Klasse. Ich nehme an, dass auch Ihnen eher den Pilger unbemerkt abhandengekommen. Sorge, zuerst Erwachsene Geschichten von Jesus und Gott Angst, das Hin-und-hergerissen-Sein zwischen Er- erzählt haben. leichterung, Freude und Ärger, als der Sohn endlich Und einer dieser Erwachsenen ist sozusagen auch gefunden ist, sind nachvollziehbar. Löst die Antwort Jesus gewesen bzw. ist es immer noch. Natürlich Jesu auf die Frage seiner Mutter, warum er einfach höre ich ihn nicht mit lauter Stimme reden und in Jerusalem geblieben sei und damit seinen Eltern habe auch keine Erscheinungen. Aber doch lese Sorge bereitet habe, eher Empörung oder Verwun- und höre ich Abschnitte aus den Evangelien, teile derung aus? Wie ein Erwachsener antwortet Jesus. ihre Botschaft mit anderen, höre ihre Deutung und Oder vielleicht sehen Sie sich eher unter denen, die Übertragung ins Heute im Gottesdienst. Das ganze im Tempel das Ganze als Zuschauer*innen betrach- Leben Jesu und auch sein Sterben und seine Auf- ten und sind ebenso erstaunt über die Klugheit des erstehung erzählen von Gott. Ich lese darin Gottes Zwölfjährigen und darüber, wie er mit den Lehrern Leidenschaft für die Menschen, seinen innigen diskutiert. Und die Lehrer? Was ist ihnen durch den Wunsch, dass wir nicht nur überleben, sondern Kopf gegangen? Heute würden sie vielleicht zu dem Leben in Fülle haben. Ich höre seine Ermahnung, Schluss kommen, ein hochbegabtes Kind vor sich dass wir mehr vom Leben haben, wenn wir uns an zu haben. Das kann Staunen und Freude über einen ihm orientieren und füreinander Sorge tragen. Ich so jungen ebenbürtigen Gesprächspartner auslösen. fühle darin Trost und Aufrichtung, Ermutigung Aber auch Schrecken und sogar Angst – wie später, und Herausforderung. Ich sehe vor mir ein Haus, in als der erwachsene Jesus das Volk lehrt und Streit- dem jede*r Wohnung findet und geborgen ist wie gespräche mit Schriftgelehrten und Führenden im Schoß einer Mutter / eines Vaters. Was kommt des Volkes führt und die herrschende Ordnung so Ihnen in den Sinn, was haben Sie von Jesus über durcheinanderbringt, dass die Herrschenden um Gott erfahren? ihre Macht fürchten müssen. Vielleicht identifi- zieren sich Kinder leichter mit dem zwölfjährigen Was hat der zwölfjährige Jesus, auch wenn er damit für die damalige Zeit fast Jesus wohl erzählt? schon erwachsen war. Er diskutiert auf Augenhöhe Ob die Lehrer im Jerusalemer Tempel mit den Lehrern im Tempel. Und scheint sich dabei gehört, gesehen, gefühlt haben, was Sie sauwohl in seiner Haut zu fühlen, wie man so sagt. oder ich heute in den Evangelien lesen, Er wird von den Erwachsenen ernst genommen. hören, erkennen? Das möchten nicht nur Kinder. Dass Jesus ganz in Die kleine Episode über den zwölfjäh- seinem Element ist, als er im Tempel, dem Haus rigen Jesus im Tempel (Lk 2,41-52) hat Gottes, sitzt und sich mit Fragen rund um Gott be- 4
EINFÜHRUNG schäftigt, könnte den Kindern vielleicht fremd sein. dem wir eng verbunden sind. Ein Bild von Gott, das Aber es könnte ihnen ebenso imponieren, da sie wir pflegen und das uns durch das Vaterunser sehr selbst oft erleben, dass sie ausschließlich wie Ler- vertraut ist. nende behandelt werden. Dass auch wir Erwachse- So ist in dieser Episode vorweggenommen, wer Je- nen einiges von Kindern lernen können, kann man sus als Erwachsener sein wird: einer, der alle lehren entdecken, wenn man mit Kindern theologisiert. wird – in Wort und Tat, wie/wer Gott ist. Was das ist und wie das funktioniert, können Sie in den Beiträgen von Rainer Oberthür nachlesen (siehe Was erzählt das Bildmotiv? Seite 7-9; 16-17). Der zwölfjährige Jesus fällt sofort ins Auge, auch wenn er die kleinste Figur auf dem Bild ist. Er sitzt Und was hat nun Jesus über Gott erzählt? im Zentrum und spricht gerade zu den Lehrern, Das einzige Konkrete, das wir erfahren: Er spricht die im Halbkreis um ihn herum versammelt sind. von Gott als seinem Vater und bietet damit auch Seine Augen leuchten geradezu, seine Hände unter- uns Lesenden bzw. Hörenden dieses Bild von Gott streichen, was er erzählt. Die Gesichter der Lehrer an, das in den Evangelien immer wieder auftaucht. drücken Staunen aus und Interesse. Sie scheinen Mit einem Vater können wir anders reden als mit Freude an dem Gespräch zu haben. Einer der Lehrer einem König und Herrn. Mit einem Vater verbinden – er steht rechts von Jesus und hat die Hand leicht wir in der Regel Fürsorge und Zuwendung, auch erhoben, den Mund schon geöffnet, seine Augen Orientierung, jemanden, zu dem wir aufsehen, sind auf Jesus gerichtet – ist im Gespräch mit Jesus 5
EINFÜHRUNG und wirkt freudig erregt durch die intellektuelle Das geht ganz praktisch: Die Kinder überlegen, wer Herausforderung. Andere lächeln oder haben ihr was sagen könnte, schreiben dies in eine Sprech- Kinn nachdenklich auf eine Hand gestützt. Alle blase. Die fertigen (ausgeschnittenen) Sprechblasen haben sie Jesus im Blick. Die Szene ist wie in strah- können auf das Plakat geklebt werden. lendes, warmes Sonnenlicht getaucht, als würde das Ich bin mir sicher, dass das, was die Kinder entde- Gespräch den ganzen Raum erhellen. cken und zu sagen haben, uns Erwachsene genauso Im leichten Schatten einer Säule hinter Jesus stehen staunen lassen kann wie der zwölfjährige Jesus die seine Eltern. Maria hat ihre Hände erhoben, den Lehrer und Umstehenden im Tempel. Mund geöffnet und wirkt doch eher sprachlos. Ihre Augenbrauen sind etwas zusammengekniffen. „Was passiert hier gerade?“, mag sie vielleicht denken. AUTORIN INGA SCHMITT Josef steht beschützend hinter ihr, eine Hand auf Pastoralreferentin, Referentin im Marias Schulter, ein eher zögerliches Lächeln um- Bereich Glaubenskommunikation und spielt seinen Mund, als wollte er sagen: „Alles wird Koordinatorin für den Bereich Liturgie gut, Maria. Wir haben ihn gefunden!“ & Kirchenmusik, Bistum Osnabrück Das erzählt mir das Bildmotiv. Und Ihnen oder den Kommunionkindern? Was erzählt das Bildmotiv ILLUSTRATORIN den Kommunionkindern? MARIJKE TEN CATE Betrachten Sie das Bild mit den Kindern gemeinsam. Das diesjährige Erstkommunionmotiv wurde gestaltet von Marijke ten Cate, Lassen Sie die Kinder beschreiben, was sie sehen. Le- freie Illustratorin, Zwolle/Niederlande. sen oder erzählen Sie die Bibelstelle. Anschließend www.marijketencate.nl können sie darüber sprechen, und die Kinder kön- nen den abgebildeten Figuren Worte in den Mund. Die Bibelstelle nacherzählt (Lukas 2,41-52) „Da ist er!“ – Maria und Josef waren außer sich. Lehrern. Der zwölfjährige Jesus hörte ihnen auf- Tagelang hatten sie Jesus gesucht. merksam zu und stellte kluge Fragen. Alle, die ihn Wie jedes Jahr waren sie von Nazareth nach Jerusa- mit den Lehrern reden hörten, waren erstaunt: lem hinaufgezogen. Sie hatten dort zusammen mit „Hört euch diesen zwölfjährigen Jungen an! Er gibt vielen anderen Juden aus ganz Israel das Pascha-Fest Antworten und stellt Fragen wie ein Lehrer. Von gefeiert zur Erinnerung daran, dass Gott das Volk ihm können wir ja noch etwas über Gott lernen. So Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten befreit etwas haben wir noch nie gesehen!“ hatte. Maria und Josef hatten nach einem Tag Jesu Eltern sahen sich das an, hörten zu und ge- gemerkt, dass der zwölfjährige Jesus sich gar rieten außer sich. Sie verstanden nicht, was hier nicht mit ihnen auf den Heimweg gemacht vor sich ging. Maria fragte ihren Sohn: „Kind, hatte. Nirgendwo in der großen Pilgergruppe warum hast du uns das angetan? Dein Vater und war er zu finden, auch nicht bei den Ver- ich haben dich verzweifelt gesucht.“ – „Wa- wandten und Bekannten. Also waren sie rum habt ihr mich denn gesucht?“, fragte voll Sorge wieder nach Jerusalem Jesus verwundert zurück. „Konntet ihr zurückgekehrt, um Jesus dort zu euch denn nicht denken, dass ich genau suchen. Sie waren in Jerusalem hier bei meinem Vater im Tempel sein alle Gassen und Wege abgelaufen, muss? Wusstet ihr denn nicht, dass ich auf denen sie während der mich im Haus Gottes mit seiner Sache Feiertage unterwegs gewesen beschäftigen muss?“ – Maria und Josef waren. Nirgendwo hatten sie verstanden nichts. Trotzdem bewahrte ihn finden können. Maria Jesu Mutter die Worte ihres Sohnes im und Josef hatten so viele Herzen: „Vielleicht verstehe ich sie später Leute gefragt: „Habt ihr Jesus einmal.“ Jesus aber stand auf und kehrte gesehen?“ „Nein“, bekamen sie mit seinen Eltern zurück nach Nazareth von jedem zur Antwort. und hörte auf sie. Am dritten Tag ihrer Suche waren sie dann zum Jesus wuchs heran und wurde erwachsen. Mit ihm Tempel, dem Haus Gottes, hinaufgegangen. Und wuchs auch seine Klugheit. Bei Gott und bei den hatten ihn gefunden. Da saß er inmitten von Menschen fand er Gefallen. 6
GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION Nach Gott fragen – in Bildern Gott suchen – Gott zur Sprache bringen Von den Chancen des Theologisierens mit Kindern von Rainer Oberthür „Gott macht alles mit, was die Menschen machen!“ nicht nichts? Warum lebe ich? Wieso bin ich ich? Diese Erkenntnis eines zehnjährigen Mädchens bei Was ist der Sinn? Was kommt nach dem Tod? Da- unserem Nachdenken über die Frage nach dem Leid mit berühren sie entscheidende Fragen und Themen mithilfe der Geschichte von Hiob beeindruckt mich der Theologie. zutiefst. Das Kind ahnt, dass der eine Gott der Juden und Christen mitleidend und solidarisch mit seinen Theologisieren mit Kindern Geschöpfen ist, dass sich der „immer größere“ Gott Die großen Fragen stellt der Mensch also schon kleinmacht und besonders mit den Kleinen, Armen, als Kind! Das geschieht auch, ja vielleicht sogar Kranken und Leidenden mitfühlt. Einsichten dieser intensiver als früher, in einer säkularisierten Gesell- Art sind Ausdruck einer Haltung und Praxis des schaft. In ihren „großen Fragen“ und auch direkt Theologisierens mit Kindern, das ich seit Jahrzehn- fragen junge Menschen nach Gott und ahnen, dass ten mit großer Freude als sehr guten Weg erfahre. es ein „Mehr“ über alles hinaus gibt. Wir sollten aufmerksam jede Chance wahrnehmen, mit ihnen Wie Jesus von Gott erzählt diese Fragen zur Sprache zu bringen und gemein- Christen glauben, in Jesus ist Gott Mensch gewor- sam nach Antworten zu suchen. Dabei bekommen den. Jesus ist also das Bild des unsichtbaren Gottes. die biblische Überlieferung und die Antworten der In anschaulicher Sprache für Kinder: Jesus ist das christlichen Theologie ihren Platz. beste Bild von Gott, den niemand sehen kann! Das Eine philosophische, fragend-staunende Grundhal- können wir zweifach erfahren: zum einen, wenn tung führt uns ins Theologisieren mit den Kindern, wir auf Jesus schauen und sehen, wie er handelt, bei dem wir dreifach gefordert sind: als aufmerksa- mit Menschen umgeht, in Berührung mit der Welt me Beobachter, als begleitende Experten in Theolo- und allem Leben ist – zum anderen, wenn wir auf gie und als stimulierende Gesprächspartner (nach Jesus hören, wie er seine Botschaft vor allem in den Petra Freudenberger-Lötz). Kinder brauchen Ver- Gleichnissen, in der Bergpredigt und in Gesprächen traute, die ihre Möglichkeiten und Grenzen achtsam mit den Menschen entfaltet. Beide Wege führen uns wahrnehmen, die ihnen in einfachen Worten mit das mit ihm schon beginnende Reich Gottes vor Au- theologischem Wissen und stimmigen Impulsen gen und machen den unsichtbaren Gott wie nichts Nahrung zum Nachdenken geben und die somit im anderes anschaulich. So erzählt uns Jesus von Gott. konstruktiven Gespräch Chancen der Weiterent- Doch bereits vor und in allem Hören und Schau- wicklung geben. Mit Comenius gesprochen, geht es en auf Jesus trägt der Mensch und schon das Kind darum, ALLEN ALLES AUF ALLE ERDENKLICHE WEI- Bilder Gottes in sich. Bewusst oder unbewusst, SE zu ermöglichen. Das kann gelingen, wenn sich fragend und staunend, nachdenkend und zweifelnd, die unmittelbare Theologie DER Kinder und eine glaubend und ablehnend sind und wirken in uns elementare Theologie FÜR Kinder begegnen und Gottesfragen, Gottesvorstellungen und Gottesbezie- sich daraus eine dialogische Theologie MIT Kindern hungen, Gottesahnungen und Gotteszweifel. Darauf entwickelt. Sie kann ihnen helfen, im Staunen und gilt es zu hören, sie gilt es bewusst zu machen und Suchen, im Fragen und Antworten, im religiösen zur Sprache zu bringen. Besonders deutlich kommt Erfahren und Lernen sowie im Glauben zu wachsen das in unseren Fragen zum Ausdruck. Bereits Kin- und erwachsen zu werden. der fragen: Woher kommt die Welt? Warum gibt es 7
GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION Wie wir Kindern helfen zu fragen und anspruchsvollen Fragen lernen, die wir an- Fast alles Interessante und Relevante beginnt, steht bieten. Das veranschaulichen Beispiele (hier mit und fällt mit den Fragen, die wir stellen. Das hören dem Fokus auf die Gottesfrage) aus dem Kalender- wir nicht nur von den Philosophen, das bestätigen buch „So viele Fragen stellt das Leben“ (s. u.), die sogar die Hirnforscher. Fragen wir also, was erfor- auf Karten zur Auswahl und zum Nachdenken derlich ist, damit Kinder große Fragen stellen. präsentiert werden können: 1. Zuallererst bedarf es einer Haltung und Atmo- Wie lautet deine größte Frage? sphäre der Ermutigung und Zustimmung, in der Was ist für dich ganz sicher wahr, jede Äußerung in Wort und Bild erwünscht ist obwohl du es nicht beweisen kannst? und es keine „dummen“ Fragen gibt. Eine Hal- Warum kann keiner Gott sehen? tung des Fragens und Staunens lässt die Kinder Fändest du es eigentlich gut, wenn erkennen: „Wenn man nie fragt, kriegt man nie wir Gott sehen könnten? Antwort.“ Sie stellen erstaunt fest: „Wer fragt, Angenommen, auch Tiere könnten glau- weiß schon etwas!“ Eine Kultur des Fragens führt ben: Wie würden sie sich Gott vorstellen? sie zur Einsicht: „Es gibt eine Weisheit in den Glaubst du, dass Gott deine Gefühle Fragen, aber es gibt keine Weisheit ohne Fragen.“ mit dir teilt? Wer erfahren hat: „Du bist gefragt!“, kann den Brauchst du Gründe, um an Zuspruch und Anspruch in eine eigene Frage- und Gott zu glauben? Suchbewegung umsetzen. Warum lässt ein guter Gott das Leid auf der Welt geschehen? 2. Zudem sind motivierende und herausfordernde Wie würdest du dich vorbereiten, Wege und Methoden erforderlich, die das Poten- wenn du morgen einen einstündigen zial junger Menschen wachhalten. Zum Beispiel Termin bei Gott bekämst? haben sich die 88 Symbol- und Erzählbilder der Was würdest du Gott sagen und fragen? „Symbol-Kartei“ (s. o.) als Fragen-Wecker be- währt. Mit selbst ausgewählten Bildern finden Offenheit und Vorgaben im Gleichgewicht und stellen Kinder ihre Fragen. Immer stellt sich die Frage nach einer ausgewoge- nen Gewichtung von Offenheit und Steuerung des Woher kommt die Welt? Frage-, Such- und Lernprozesses. Kinder brauchen Warum müssen wir sterben? die Anregung, die Sprachhilfe, den Bildimpuls, die Wer bin ich? Gedichtstrophe, das „Vorbild“, um selbst zur Spra- che zu kommen. Mit dem gesetzten Rahmen, der 3. Schließlich ist es erforderlich, dass junge Men- vorgegebenen Struktur, dem herausfordernden Im- schen uns als fragende Erwachsene erfahren und puls können wir sie in die Freiheit entlassen. Mithil- das eigene Fragen an originellen, motivierenden fe der Vorgabe bringen sie etwas Eigenes zustande. 8
GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION Der Mensch denkt sich Ich habe Gott überall Gott so, wie er ihn sich erblickt und niemals wünscht; aber Gott bleibt begriffen. immer so, wie er ist. Alphonse de Lamartine Franz von Assisi Man sieht an der Welt, Wir malen, töpfern und dass es Gott gibt, aber schnitzen ihn (Gott). Aber keiner begreift ihn. Sonst wir können ihn nicht ver- würde sich zum Beispiel ändern, denn er ist, keiner die Frage stellen, wie er ist. warum Gott Krieg zulässt. Gott wohnt, wo man Das ist das Äußerste ihn einlässt. menschlichen Gotterken- Martin Buber nens; zu wissen, dass wir Gott nicht wissen. Wenn du an Gott glaubst, Thomas von Aquin dann ist Gott bei dir. Zu Wissen gehört eigent- lich ein Ausrufezeichen, zu Nicht-Wissen gehört ein Fragezeichen. Wenn wir Gott nicht wissen, wissen wir, wir wissen Gott nicht. Im nur vermeintlichen Nachmachen kommen sie andergreifend zusammenkommen, damit wir alle zu sich. Eine 16-jährige Schülerin, die vier Jahre un- gemeinsam Fragen stellen und Antworten suchen, seren Grundschulunterricht besuchte, brachte es im versuchsweise und vorläufig, jedoch selbstbewusst Rückblick auf den Punkt: „Der Religionsunterricht und glaubwürdig. Es ist und bleibt ein anspruchs- war aktiv, man hat etwas gemacht und sich über voller Prozess mit Aneignung UND Vermittlung, Sachen Gedanken gemacht, hat nichts aufgezwun- Erfahrung UND Reflexion, Gedanken UND Gefühlen gen bekommen, es war alles von einem selber, man bei allen Beteiligten. In allem wirkt dabei die eigene bekam Gedankenanstöße, die man selbst ausformu- Begeisterung, wie sie Augustinus beschreibt: „In liert hat. Sie haben uns nicht so viel erklärt und bei- dir muss brennen, was du in anderen entzünden gebracht, sondern das, was wir schon in uns hatten, willst!“ herausgeholt, weil über so Fragen denkt man nicht von allein nach.“ Literatur: Oberthür, Rainer, So viele Fragen stellt das Leben. Vom Fragen zum Antworten Ein Kalenderbuch für alle im Haus, München (Kösel) Natürlich mündet das Fragen ins Suchen und Ver- 2010 suchen von Antworten. Auch das kann ein Beispiel Oberthür, Rainer / Greune, Mascha, Die Symbol-Kar- zur Frage nach Gott veranschaulichen. Wir legten tei. 88 Symbol- und Erzählbilder für Religionsun- Kindern Aphorismen zur Gottesfrage (s. Kopiervor- terricht und Gruppenarbeit, mit 44 Zugängen im lagen im Begleitbuch der Symbol-Kartei) vor, die sie Begleitbuch, 8. Aufl., München (Kösel) 2018 mit einer der Symbolkarten zusammenbrachten und dazu ihre Gedanken formulierten (s. o.). AUTOR Rainer Oberthür Gemeinsam mit Begeisterung Dozent für Religionspädagogik, Grundschullehrer, stellvertretender Gott zur Sprache bringen Leiter des Katechetischen Instituts des Im Nachdenken über Gott und im Versuch, Gott in Bistums Aachen und Autor zahlreicher Worten und Bildern zur Sprache zu bringen, sollten Bücher. www.rainer-oberthuer.de die drei Aspekte einer Theologie DER Kinder, FÜR Kinder und MIT Kindern ausgewogen und inein- 9
GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION „Glaube ganz einfach“ INTERVIEW MIT YVONNE WILLICKS Als Verbraucherjournalistin ist Yvonne Willicks einem Christentum umgeben bin: zum Beispiel wenn es breiten Fernsehpublikum in Deutschland bekannt. um zwölf oder 18 Uhr zum Angelus läutet. Das sind Seit 2010 ist die Mutter dreier Kinder Moderatorin für mich kleine Erinnerungspunkte. Auch wenn des Verbrauchermagazins „Servicezeit“ und der Sen- ich in der Eifel spazieren gehe, fallen mir die vielen dung „Der Große Haushaltscheck“ im WDR. Im Jahr Kreuze am Wegesrand auf, die mich immer wieder 2018 veröffentlichte sie ihr Buch „Glaube ganz ein- daran erinnern, dass wir christliche Wurzeln haben. fach“. Im Interview mit dem Bonifatiuswerk spricht Besonders deutlich werden diese Wurzeln an den sie über ihren Glauben, blickt auf ihre eigene Erst- zahlreichen Festen im Jahreskreis, die alle aus ei- kommunionvorbereitung zurück und gibt praktische nem christlichen Ursprung heraus entstanden sind. Tipps, wie der Glaube im Alltag gelebt werden kann. Das Motto der Erstkommunion-Aktion 2020 des Boni- In Ihrem Buch „Glaube ganz einfach“ stellen Sie fatiuswerkes lautet: „Jesus, erzähl uns von Gott!“ Wer heraus, dass wir alle unmittelbar von Christlichem hat Ihnen zuerst von Gott erzählt und wie? umgeben sind. Wo genau erleben Sie Christliches in Ihrem Alltag? Schon in meiner frühen Kindheit wurde mir von Gott erzählt. Meine Mutter hat mir nämlich immer Ich erlebe das tagtäglich, weil ich in Köln lebe und abends das Lied „Guten Abend, gute Nacht“ vorge- oft am Dom vorbeilaufe. Aber auch in anderen Städ- sungen, in dem es heißt: „Morgen früh, wenn Gott ten nehme ich immer wieder wahr, dass ich vom will, wirst du wieder geweckt.“ Als Kind habe ich 10
GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION mich da schon gefragt: Wer ist denn Gott? Und will Die Vorbereitung auf die Erstkommunion ist für viele er, dass ich morgens wieder wach werde? Eigentlich Kinder und ihre Familien eine besondere Zeit. Wie ha- ist das ja ein gruseliger Text, wenn man anfängt, ben Sie diese Vorbereitungszeit als Kind und als Mutter darüber nachzudenken. Aber meine Mutter hat uns von drei Kindern erlebt? immer auch vom liebenden Gott erzählt, der uns beschützt, gut durch die Nacht bringt und uns am Meine eigene Erstkommunionvorbereitung fand ich nächsten Morgen auch wieder aufstehen lässt. total super. Als ich zur Erstkommunion gegangen bin, war ich Feuer und Flamme für die Sache Jesu. Wem erzählen Sie heute selbst etwas von Gott und Besonders gefallen hat mir unsere Erstkommunion Ihren Erfahrungen mit ihm? mappe. Da kam beispielsweise die Erzählung von Zachäus – eine meiner Lieblingsgeschichten – vor. Das ergibt sich ganz oft von selbst, denn wie meine Ich weiß noch ganz genau, wie wir diese Szene Oma pflege ich zu sagen: „Das ist Gottes Fügung.“ malen durften: Jesus und Zachäus, der – weil er so Häufig verdrehen dann meine Kinder, die mittler- klein war und unbedingt Jesus sehen wollte – auf weile erwachsen sind, die Augen und sagen: „Das einem Baum saß. In der Erstkommunionvorberei- ist Zufall gewesen, Mama!“ Aber ich glaube nicht an tung haben wir uns viel mit biblischen Geschichten den Zufall. Ich bin mir sicher, dass wir viel mehr Be- auseinandergesetzt, die genau auf uns Kinder zuge- gegnungen mit Gott im Alltag haben können, wenn schnitten waren. Das war wirklich sehr positiv! wir uns auf ihn einlassen. Bei meinen Kindern habe ich nicht immer gute Erfahrungen mit der Erstkommunionvorbereitung Sie wollen andere Menschen dazu ermutigen, „einfach gemacht. Oft wussten die Kinder gar nicht, von was zu glauben“. Welche praktischen Tipps haben Sie, um da gesprochen wurde. Weil mein Mann und ich von dem Glauben im Alltag Raum zu geben? unserer eigenen Erstkommunionvorbereitung so be- geistert waren, sind wir dann selbst aktiv geworden Tatsächlich ist es so, dass ich bei Fragen des Glau- und haben zum Beispiel mit den Eltern und Kom- bens eher weniger nach praktischen Tipps gefragt munionkindern ein Wandbild gestaltet. Auch ein werde. Aber wenn ich einen Rat geben müsste, dann gemeinsames Wochenende in einer Jugendherberge würde der lauten: Macht euch ein bisschen lockerer, haben wir für die Kinder mit ihren Eltern initiiert. seid entspannter und sprecht über euren Glauben. Das hat allen großen Spaß bereitet, und bis heute Ich bin davon überzeugt, dass viele Menschen eine werde ich noch auf dieses Wochenende angespro- Sehnsucht nach Halt und Orientierung in ihrem Le- chen. ben haben. Der Glaube kann eine Antwort auf diese Sehnsucht sein. „Vertrauen“ und „Mut“ sind dabei Was wünschen Sie sich für die Kinder und ihre Famili- für mich Übersetzungen des Wortes „Glaube“. Der en, die sich heute auf die Erstkommunion vorbereiten? Glaube ist also kein kompliziertes Konstrukt. Dies möchte ich mit dem Titel des Buches „Glaube ganz Ich wünsche mir, dass in der Vorbereitung auf die einfach“ unterstreichen. Erstkommunion eine Sprache gesprochen wird, die das Herz der Kinder und ihrer Eltern anrührt. Es Die Bibel erzählt die Geschichte Gottes mit den Men- sollte daher nicht zu verkopft zugehen, sondern schen. Ihnen ist das Lesen in der Bibel sehr wichtig. Was vielmehr sollte mit Gefühlen gearbeitet werden. macht für Sie die Faszination der biblischen Texte aus? Den Erstkommunionkindern und ihren Eltern wünsche ich, dass sie diese Zeit der Vorbereitung als Die Bibel ist die größte und älteste Literatursamm- Bereicherung erleben und noch gerne an diese Zeit lung der Menschheitsgeschichte – ein absoluter zurückdenken! Bestseller seit vielen Jahrhunderten. Besonders beeindrucken mich die tiefen Erfahrungen, die in Das Interview führte den biblischen Texten enthalten sind. Diese Erfah- Simon Rüffin, rungen haben ganz viel mit dem zu tun, was wir in Bonifatiuswerk. unserer heutigen Zeit an Erfahrungen machen. Im- mer wieder stelle ich fest, dass die Probleme, die in der Bibel beschrieben sind, überhaupt keine ande- ren Probleme sind als die, die wir heute auch noch Literaturhinweis: kennen: Neid, Missgunst oder Leidenserfahrungen. Yvonne Willicks: Glaube Aber auch die biblischen Erfahrungen von Glück ganz einfach. Wie Gott uns und Mut lassen sich auf unsere heutige Situation überall begegnet. Eine per- übertragen. In der Bibel gibt es also viele Anknüp- sönliche Spurensuche, Adeo, fungspunkte für mich und mein Leben. 192 Seiten, 16 Euro, ISBN: 9783863342128 11
GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION „Von Mensch zu Mensch …“ INTERVIEW MIT THOMAS HOFFMEISTER-HÖFENER Seit über zehn Jahren ist der Theologe Thomas für religions- und kulturpädagogische Projektarbeit Hoffmeister-Höfener im Rahmen der kultur- und gegründet, Theomobil e. V. Mit unseren Projekten religionspädagogischen Projektarbeit von Theomo- sind wir inzwischen bundesweit unterwegs, zum bil e. V. als selbstständiger Künstler unterwegs und Beispiel mit unserem Erzählzelt oder den Trommel- erzählt kleinen und großen Menschen Geschichten. geschichten. Im Interview mit dem Bonifatiuswerk spricht er über das Erzählen biblischer Geschichten und blickt auf die Warum ist Erzählen gerade für Kinder und Jugendliche Chancen des Erzählens in der Erstkommunionvorbe- wichtig? reitung. Das freie Erzählen lebt im Unterschied zum Vorle- Sie sind seit über zehn Jahren als Geschichtenerzähler sen vom direkten Kontakt zwischen Erzähler und unterwegs. Wie wird man als Theologe Geschichten Zuhörern. Nichts steht zwischen mir und ihnen, erzähler? nicht mal ein Buch. Außerdem kann ich die Ge- schichte sprachlich frei der momentanen Gruppe Das ist eine lange Geschichte. Nein, und Situation anpassen. Ich kann auf meine im Ernst: Das liegt näher, als man Zuhörer eingehen, sie einbeziehen. Und ich vielleicht denkt: Die Bibel steckt habe die Hände frei, kann gestikulieren und voller Geschichten, die erzählt die Geschichte spielerisch erlebbar machen. und weitererzählt wurden, bevor Damit fessele ich auch Kinder und Jugend- man sie aufschrieb. Auch Jesus liche, die das Zuhören (und Stillsitzen) hat Geschichten erzählt, vom nicht mehr gewohnt sind – und das verlorenen Sohn etwa oder ist heutzutage die Regel. In einer vom barmherzigen Sama- Welt, die vom digitalen Medi- riter. Das Christentum enkonsum geprägt ist, sind ist eine Erzählgemein- der menschliche Kontakt, schaft. Das, was uns das ganzheitliche Erleben, wichtig ist, was wir das Entstehen von inne- glauben und hoffen, ren Bildern und Empathie geben wir in Erzäh- keine Selbstverständ- lungen weiter. Als ich lichkeit mehr und daher in Münster Theologie studierte, wurde (lebens)wichtig. Kinder viel über „narrative Theologie“ geredet, von heute brauchen Ge- aber wie Erzählen praktisch geht, das schichten wie Vitamine, habe ich erst später von Erzählkünst- sagt der Schriftsteller ler*innen aus ganz verschiedenen Paul Maar. Ja, und sie Ländern und Kulturen gelernt. Dann brauchen Menschen, haben wir mit Theolog*innen und die ihnen Geschichten Künstler*innen einen kleinen Verein erzählen. 12
GEDANKEN ZUR ERSTKOMMUNION Was ist das Besondere am biblischen Erzählen? Dass es die Geschichten, die wir erzählen wollen, schon lange gibt. Es sind alte Texte, die wir oft nicht mehr verstehen, weil darin Begriffe vorkommen, die wir nicht kennen, zumal die Texte aus einem anderen kulturellen Kontext stammen. Wichtig ist also, dass wir uns erst einmal selbst mit der Geschichte auseinandersetzen, ich sage immer, die Geschichte muss durch mich hindurch, muss zu meiner Geschichte werden. Dabei hilft es, sich klarzumachen, dass alle biblischen Geschichten eingebunden sind in eine Hoffnung: in den Glau- ben an die große Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen. Wie ein roter Faden zieht sich diese Bot- schaft durch die Bibel. Es ist unsere Aufgabe mit un- seren Erzählungen, diese „frohe Botschaft“ wieder zu vermitteln – mit unseren eigenen Worten. Oft sind wir ängstlich, und wir fragen uns, ob wir den Kern des biblischen Textes getroffen haben. Aber als Geschichtenerzähler (und übrigens auch als Theo- loge, der sich lange mit der Exegese beschäftigt hat) weiß ich, dass Geschichten eher wie Äpfel sind, sie waren gekommen. „Kanntet ihr die Geschichte haben mehrere Kerne. Jede Geschichte hat verschie- schon?“, fragte ich nachher. Nein, kein Kind hatte dene Bedeutungsebenen. Es ist spannend, diese die Geschichte je gehört. „Erzählst du gleich noch beim Erzählen gemeinsam mit den Kindern neu zu eine Geschichte?“, fragten die Kinder. „Aber nur, entdecken! wenn ihr eure Freunde mitbringt“, sagte ich. In der nächsten Runde saßen schon über 20 Kinder vor Das Motto der Erstkommunion-Aktion 2020 des Boni- mir und ein paar Eltern, in der dritten Runde reich- fatiuswerkes lautet: „Jesus, erzähl uns von Gott!“ Wer te der Platz im Raum nicht mehr aus. Die Geschich- hat Ihnen zuerst von Gott erzählt und wie? ten hörten alle zum allerersten Mal. Kinder (und ihre Eltern!) kennen die biblischen Geschichten oft Meine Eltern. Ich kann mich erinnern, wie ich als gar nicht mehr, haben sie noch nie gehört. Dann kleiner Knirps einmal von der Schule kam, ganz hat das Erzählen plötzlich wieder die Funktion der zerknirscht, weil meine neue Lehrerin zu mir gesagt Evangelisation. Das Schöne beim Erzählen ist: Jede hatte: „Und du bist der ungläubige Thomas.“ Da hat und jeder erzählt anders. Das Erzählen ist sehr per- meine Mutter mich in den Arm genommen und ge- sönlich, daher wirkt es auch immer authentisch. Es sagt: „Das bist du nicht.“ Und ich habe ihr geglaubt. ist eine persönliche Weitergabe des Glaubens, von Auch als sie mir später erzählt hat – da war ich Mensch zu Mensch. Das können Kinder immer noch gerade so richtig fertig mit dem Leben –, dass Gott spüren. immer, wenn ER eine Tür zuschlägt, ein Fenster öffnet. Mein Vater und meine Mutter haben mir oft Was wünschen Sie sich für die Kinder und ihre Famili- von ihren eigenen Glaubenserfahrungen erzählt. en, die sich heute auf die Erstkommunion vorbereiten? Das fand ich sehr überzeugend. Und als ich später die Passionsgeschichte von unserem Kaplan erzählt Dass sie wieder mehr miteinander erzählen als bekam, weiß ich noch, dass ich dachte: Das ist ja posten, sich in die Augen schauen statt auf einem spannender als ein Krimi … Bildschirm wischen und dass sie die Geschichten der Bibel nicht mit dem moralischen Zeigefinger, Wie kann Ihrer Meinung nach das biblische Erzählen sondern wie ein Geschenk entdecken. Ich wünsche in der Erstkommunionvorbereitung passend eingesetzt den Kindern und ihren Familien, dass sie für einen werden? Moment eintauchen in die wunderbare Welt bibli- scher Geschichten und dass sie daraus Mut und Ver- Immer und überall, ob in der Katechese, den Gottes- trauen schöpfen. Wenn uns eine Geschichte einmal diensten oder gemeinsamen Familienfeiern. Neu- im Herzen berührt, dann vergessen wir sie oft unser lich war ich auf einem „Familientag“ eingeladen, ganzes Leben nicht. biblische Geschichten zu erzählen. Man stellte mir einen kleinen Raum zur Verfügung. Ich erzählte in Das Interview führte Simon Rüffin, der ersten Runde das „verlorene Schaf“, acht Kinder Bonifatiuswerk. 13
KATECHETISCHE BAUSTEINE Wie geht Erzählen ganz praktisch? von Thomas Hoffmeister-Höfener Schon in der Bibel wurde viel erzählt, auch Jesus Erzählung machen. Infrage kommen alle Figuren – war ein Geschichtenerzähler. Aber wie geht Erzäh- Menschen, Tiere oder Gegenstände –, die im bibli- len ganz praktisch? Wie eine biblische Erzählung schen Text genannt werden, und mit etwas Fantasie gestaltet werden kann, soll hier am Beispiel der Figuren, die vielleicht auch dabei waren. Ochs und Speisung der Fünftausend gezeigt werden: Esel werden ja auch in der Bibel nicht genannt, Lk 9,10-17 parr. dürfen aber in keiner Krippe fehlen! Neben Tierfi- Eigentlich ist Erzählen ganz einfach, denn erzählte guren ist eine Kinderfigur gerade für Kinder sehr Geschichten sind immer ähnlich aufgebaut. Wir geeignet. „Ich stelle mir vor, dass damals auch ein können auch sagen: Jede Geschichte hat einen roten Junge lebte, Elias hieß er und war genauso alt wie Faden, an dem wir uns orientieren können. Dann ihr ...“ Wenn wir die Geschichte nun mit besonde- kommen wir immer am Ende an. Noch besser: Wir rem Blick auf diese Figur erzählen, also wie diese erzählen eine spannende Geschichte. Figur das Geschehene erlebt hat, dann hat unsere Geschichte ein Gesicht. „Elias war so aufgeregt, als Anfang. Jede Geschichte hat einen Anfang. Erzählte er all die Menschen und Jesus sah ...“ Wir können Märchen fangen mit „Es war einmal“ an. Doch dies Gedanken bzw. Gefühle transportieren und machen ist kein Anfang für biblische Erzählungen. Es sind ein Identifikationsangebot. Je näher die Zuhörenden keine Märchen, die wir erzählen wollen. Besser wir den erzählten Figuren kommen, desto intensiver beginnen zum Beispiel mit: „Es wird erzählt …“ erleben sie die Geschichte. Diese Formulierung ist knapp, prägnant, einfach zu merken und trifft auf alle biblischen Geschich- Motor oder Problem. Wenn Ort, Zeit und Figur den ten zu. Außerdem macht sie in einem Atemzug Zuhörenden vorgestellt sind, hört man den Erzähler verständlich: Diese Geschichte, die ich euch jetzt oft sagen: „Eines Tages ...“ oder „Plötzlich ...“. Jetzt erzählen möchte, wurde vor mir schon von anderen geschieht etwas, meistens tritt ein Problem auf. Das vor langer Zeit erzählt. ist immer so in Geschichten. Man kann sagen, dass Der Anfang einer Erzählung ist die Eingangstür in der Motor der Erzählung angelassen wird. „Plötz- eine andere Welt. Wir beschreiben den Zuhörenden, lich hörte Elias, wie die Jünger zu Jesus flüsterten: wann und wo die Geschichte spielt. So können sie Schick die Leute nach Hause, es ist spät und alle sich eine Vorstellung machen und in die Bilderwelt haben Hunger ...“ Jetzt geht die Geschichte richtig der Geschichte eintauchen. „Es wird erzählt, dass los, und wir sind gespannt, ob und wie das Problem es in der Zeit, als Jesus lebte, eine große Stadt gab, gelöst werden kann. ganz in der Nähe des Sees Genezareth, die hieß Betsaida ...“ So hieß die Stadt wirklich, und dass Krise. Damit eine Geschichte spannend wird, müs- sie in der Nähe des Sees lag, können wir auf einer sen Hindernisse überwunden, Rätsel gelöst oder Landkarte von Israel zur Zeit Jesu sehen, beinahe Kämpfe bestanden werden. Je größer die Probleme jede Bibelausgabe bietet solche Landkarten. Die werden, die sich den „Helden“ in den Weg stellen, biblischen Texte verzichten beinahe völlig auf Aus- desto mehr beißen sich die Zuhörenden auf die schmückungen oder örtliche Beschreibungen (kaum Unterlippe, und die Spannung steigt. „Elias schaute zu glauben, wo sie doch aus der orientalischen sich um und er sah so viele Menschen, es waren Erzähltradition stammen!), daher ist es wichtig, sich Hunderte, ja Tausende. Und er dachte bei sich: Fünf selbst den Ort der Geschichte ganz konkret vorzu- Brote und zwei Fische – das reicht nie im Leben ...“ stellen, ihn am besten vor seinem inneren Auge zu sehen wie einen Film im Kopf. Höhepunkt. Die Geschichte bewegt sich unablässig auf ihren Höhepunkt zu. Und wenn die Stimme Hauptfigur. Dann wählen wir eine Figur als „Er- des Erzählers leiser wird, die Blicke eindringlicher, lebnisperson“ aus, die wir zur Hauptfigur unserer wenn seine Bewegungen sich verlangsamen und 14
KATECHETISCHE BAUSTEINE er für einen Moment ganz verharrt – dann hält Ende kann es auch reichen, sich einfach von den das Publikum den Atem an. Denn erst jetzt ent- Kindern zu verabschieden: „Diese Geschichte wurde scheidet sich der Ausgang der Handlung: Ein Kind schon vor langer Zeit erzählt, in der Bibel, im Evan- wird gerettet, eine Krankheit geheilt, das Verlorene gelium nach Lukas. Es gibt noch viele wunderbare gefunden – im glücklichen Fall. „Da teilte jemand Geschichten in der Bibel. Die erzähle ich euch ein ein Stück Brot mit ihm. So wie Jesus es getan hatte. anderes Mal.“ Und dann löschen wir die Kerze aus. Und dann noch eins. Und dann ein kleines Stück Denn auch das ist wahr: Jede Geschichte hat einen Fisch. Und dann etwas zu trinken. Elias wunderte Anfang und ein Ende – und beides sollte nicht zu sich: Woher kamen nur all die Sachen? Aber er kam weit auseinanderliegen. gar nicht dazu, zu fragen. Alle Menschen lachten jetzt und waren fröhlich, sie redeten miteinander, Noch einige praktische Tipps zum Erzählen: Die ideale und auf einmal war alles anders. Da war ein Geben Form zum Erzählen ist der Halbkreis. Ob der/die Er- und Nehmen, und es war genug für alle da ...“ Jede zähler*in sitzt oder steht, hängt von der Größe der Geschichte braucht einen solchen dramatischen Gruppe ab. Die Dauer der Erzählung sollte sich nach Höhepunkt – sonst ist sie langweilig. dem Konzentrationsvermögen der Kinder richten, wird in der Regel aber sieben bis acht Minuten nicht Schluss. Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende: überschreiten. Es ist möglich, aber nicht notwen- Langsam lassen wir die Figuren wieder aus dem dig, beim Erzählen Requisiten, Bilder oder Figuren Blickfeld der Zuhörenden entschwinden, wir räu- zu verwenden, das einfache Erzählen lebt von dem men sozusagen die Bühne der Geschichte. Auch ständigen direkten (Augen-)Kontakt zwischen Erzäh- unser Elias geht am Ende wieder zurück nach ler und Zuhörern. Auch können wir immer wieder Hause, und „noch lange erzählten die Leute in den mit den Zuhörenden in Interaktion treten, sie um Gassen und Winkeln der Stadt davon, wie alle alles Rat fragen, Fragen beantworten oder sie zu einer miteinander geteilt hatten und alle satt geworden Bewegung auffordern. Diese Interaktionen sollten waren“. Figuren kehren zurück, reisen weiter oder aber nicht die gemeinsame Spannung stören. Schön legen sich schlafen, es wird Abend, es wird Nacht – ist es immer, wenn wir eine Bibel dabeihaben, damit Schluss. die Kinder sehen, woher die Geschichte kommt, die wir erzählen. Moral von der Geschicht’. Am Ende drängt es man- Wenn wir den biblischen Text mit Fantasie und chen, noch einen Satz zu sagen. Vielleicht auch, um eigenen Worten erzählen, dann immer um das wei- sicherzustellen, dass die Geschichte auch verstan- terzugeben, was wir verstanden haben und was uns den wurde. Aus einem Satz wird in der Praxis dann wichtig ist. So gut wir können. Denn da, wo wir von leider oft eine umständliche Erläuterung oder der Liebe Gottes erzählen, lebt die Hoffnung weiter. Predigt. Berührender wäre, wir lassen das, was uns wichtig erscheint, in die Erzählung einfließen. Zum Beispiel könnte unser Elias am Ende vor dem Einschlafen denken: „Wäre es nicht wunderbar, AUTOR wenn die Welt immer so wäre? Gott hat uns doch Thomas Hoffmeister-Höfener Theologe, Geschichtenerzähler, Mit- eigentlich alles gegeben, was wir zum Leben brau- glied bei Theomobil e. V. in Senden- chen. Das reicht doch eigentlich für alle, wenn wir horst, Workshop- und Fortbildungslei- es gerecht teilen.“ Wichtig ist, zu wissen, dass jede ter. www.theomobil.de Geschichte mehrere Bedeutungen hat, nicht zuletzt jene, die die Zuhörenden in ihr entdeckt haben. Am 15
KATECHETISCHE BAUSTEINE Gottesvorstellungen und Gottesbeziehung zur Sprache bringen von Rainer Oberthür BAUSTEIN 1 – Akzent „Theologie der Kinder“ sonst stirbt Gott auf der Erde / wir bräuchten unzäh- Vielfach bewährt hat sich der Zugang über eine lige Bilder, um Gott ein wenig zu begreifen / unsere Bildersammlung wie z. B. die 88 Karten der Sym- Gottesbeziehung verändert sich laufend – nach bol-Kartei. Dabei ist der theologisch stimmige Auf- Stimmung, Lebenserfahrung, Alter / am nächsten gabenimpuls wichtig, der die Gottesvorstellung, das Tag, im nächsten Monat, im nächsten Jahr suchen Persönliche, das Begrenzte und Vorläufige berück- wir ein anderes Bild aus … sichtigt und so das Bild zum Medium und Sprach- helfer macht: Wenn das alles mit einem schriftlichen Satz verbun- den wird, finden bereits acht bis neunjährige Kinder Suche dir ein Bild aus, ausgewählte Bilder mit tiefen Gedanken: das für dich etwas von Gott zeigt und mit dem du den anderen etwas von Gott erzählen kannst! • Du wirst dich für ein Bild von vielen möglichen entscheiden. • Du wirst ein Bild auswählen, das für dich das richtige ist. • Du wirst mit dem Bild nur etwas, also ein ganz kleines „bisschen“, von Gott zeigen können. • Du wirst mit dem Bild erzählen, was es dir von Gott zeigt. Die Kinder betrachten bei stiller Musik die auslie- genden Bilder mit der Fragestellung. Dann wird die Musik langsam ausgeblendet, jedes Kind nimmt sich ein Bild und geht damit in den Sitzkreis. Wird dasselbe Bild mehrfach ausgewählt, nehmen es die Kinder zusammen, oder jemand wählt ein anderes, das auch infrage kommt. Die ausgewählten Bilder stellen wir einander vor. Im Gespräch ergeben sich grundsätzliche Fragen und Einsichten: Jeder bringt ein Bild nach seiner Vorstellung ein / wir müssen uns über unsere Gottesvorstellung austauschen, Gott guckt, dass es immer neues Leben gibt. 16
KATECHETISCHE BAUSTEINE Gott erschafft uns, wie Mama uns leben lässt. Gott hilft uns beim Wachsen. BAUSTEIN 2 – Akzent „Theologie mit Kindern“ Literatur: Um die eigene Beziehung zu Gott zu bedenken, sich Oberthür, Rainer / Greune, Mascha, Die Symbol-Kar- vor Augen zu führen und mit anderen auszutau- tei. 88 Symbol- und Erzählbilder für Religionsun- schen, ist die folgende Übung besonders geeignet. terricht und Gruppenarbeit, mit 44 Zugängen im Sie kann mit zwei Stiften oder zwei Fäden erfolgen: Begleitbuch, 8. Aufl., München (Kösel) 2018 ein blauer für Gott, ein roter für den Menschen. Das Ergebnis wird mit Fäden nicht nur schöner, es liegt Delval, Marie-Helèn / Nascimbeni, Barbara: Wie in der Methode eine kreative und intensivierende siehst du aus, Gott?, frei übersetzt von Jean-Pierre „Verlangsamung“, denn das Legen und Kleben von Sterck-Degueldre / Rainer Oberthür, Stuttgart (Gab- Fäden kann nicht so schnell geschehen wie das riel) 2011 Zeichnen. Oberthür, Rainer / ten Berge, Marieke, So viel mehr Du und Gott auf einem Bild als Sternenstaub. Nachdenken und Staunen über Versuche einmal, deine Beziehung zu Gott auf Gott, 2. Aufl., Stuttgart (Gabriel) 2018 einem Bild zu zeigen. Du brauchst dafür einen roten und einen blauen Stift/Faden. Zeichne/ Lege und klebe zwei Figuren, die rote stellt dich dar, die blaue steht für Gott. Jede Figur DOWNLOAD Der BAUSTEIN 3 – Akzent „Theologie für Kinder“ steht soll aus nur einer Linie bestehen, die beliebig unter: www.bonifatiuswerk.de/erstkommunion zum verlaufen kann. Es kann zum Beispiel ein Kreis Download bereit. sein, ein Herz, eine Spirale, eine Welle oder ein Mensch oder irgendeine andere Form oder Fi- gur. Deine Beziehung zu Gott kannst du durch AUTOR die Form und durch die Größe der beiden Figu- Rainer Oberthür ren und durch die Entfernung oder die Nähe Dozent für Religionspädagogik, der Figuren zueinander zeigen. Überschneiden Grundschullehrer, stellvertretender sich die Figuren, ist auf deinem Bild Gott in Leiter des Katechetischen Instituts des Bistums Aachen und Autor zahlreicher dir oder du in Gott? Wenn es fertig ist, schau Bücher. www.rainer-oberthuer.de es dir in Ruhe an! Schreibe in einem Satz auf, was du mit deinem Bild sagen willst. 17
KATECHETISCHE BAUSTEINE „Oma, Gott G o tt ist cool. erzähl mir ist gut. G o tt ist mächtig. G o tt ist ein Schöpfer. von Gott!“ Jonat han, 9 Jah re von Margret Keusgen Die Kommunionvorbereitung bedeutet eine Chance für jede Familie, denn sie kann eine besondere Zeit Wir wünschen den Kindern, sein. Viele Eltern sehen zunächst besorgt die vielen Eltern, Begleiterinnen und Begleitern Termine, die sie und ihr Kind im vollgepackten Alltag in unserem Erstkommunionkurs zusätzlich wahrnehmen sollen. Die meisten Fami- lien haben einen genau ausgeklügelten Zeitplan, die Erfahrung, dass wir alle von Gott in dem Gemeindeleben und Kirche nicht unbedingt geliebt und angenommen sind vorkommen. Auch die Lebensform und die Struktur der Familien entsprechen oft nicht den katholischen dass sie Jesus Christus und Idealvorstellungen. Doch das Fest der Erstkommunion sein Leben kennenlernen bedeutet ihnen so viel, dass bei uns im Rheinland die katholischen Kinder des dritten Schuljahres nahezu die Freundschaft mit Jesus alle zur Kommunionvorbereitung angemeldet wer- den. die innere Versöhnung mit sich selbst, mit Gott und den Mitmenschen Der Pfarrgemeinderat Rommerskirchen-Gilbach legt eine herzliche Gemeinschaft Wert darauf, dass jedes Kind mit seiner Familie von in unseren Gemeinden Herzen willkommen ist. Als katholische Kirche tun wir gut daran, jede und jeden so zu nehmen, wie sie einen starken Zusammenhalt und oder er ist, und die bunte Vielfalt aus dem Glauben eine schöne Zeit in ihren Familien heraus zu begrüßen und zu respektieren. den Glauben und das Vertrauen, dass Kein Kind soll während der Kommunionvorberei- wir nie allein sind in unserem Leben tung allein sein! Deshalb lassen wir uns die Kon- taktdaten einer erwachsenen Begleitperson geben, den Heiligen Geist als Kraft, die die mit dem Kind zu den gemeinsamen Veranstal- hilft, durchs Leben zu gehen tungen der Kommunionkinder, also auch zu den Gottesdiensten, kommt. Das sollen mög- die Hoffnung auf ein Leben in Fülle – lichst die Eltern, können jedoch über den Tod hinaus auch Großeltern, Paten oder an- dere Verwandte oder Freunde immer wieder die Begegnung sein. Ihnen allen wünschen mit Jesus in der Eucharistie wir zu Beginn des Kurses, dass sie (neue) Grunderfah- Das Ziel jeder Kommunionvorbereitung ist das rungen im Glauben machen Wachsen einer Freundschaft mit Jesus, theologisch können, und formulieren ausgedrückt: das Entstehen einer Christusbezie- das in der Einleitung zu un- hung und Christusverbundenheit. Glauben kann serer Mappe. nicht angelernt, sondern will erfahren werden. Das 18
KATECHETISCHE BAUSTEINE passiert in der Beziehung zu und im Austausch mit lich das Mitgehen und Mitmachen sind die einfachs- glaubenden Menschen. Jesus Christus hat es uns te Möglichkeit, in einen Austausch zu kommen. vorgelebt, und seit über 2000 Jahren ist das trotz al- Besonders bietet sich die gemeinsame Teilnahme ler Veränderungen in der Kirche so geblieben, Gott an der Sonntagsmesse an. Dem Kommunionkind sei Dank! tut es gut, zu sehen, wenn seine Großeltern, Paten, Freunde der Familie oder Bekannte Glaubende sind Außer den Eltern spielen dabei die Großeltern, und sich aktiv beteiligen. Hier bedeutet das gelebte Patinnen und Paten sowie die anderen gläubigen Vorbild mehr als alle Worte. Ein schöner Brauch Menschen im Umfeld des Kindes eine entscheidende besteht darin, mit dem Kind zusammen eine Kirche Rolle. „Erzähl mir von Gott!“, bittet das Kommuni- zu besuchen, dort still zu beten oder eine Kerze an- onkind häufig konkret, wenn es von den Kommu- zuzünden. In der Weihnachtszeit laden die Krippen nionstunden, -treffen und Gottesdiensten berichtet. zum Betrachten und Erzählen ein. Das Gebet am „Was glaubst du? Wie stehst du zu Jesus?“, fragt es. Morgen, vor dem Essen und am Abend ist ein gutes Schön, wenn Kinder auf auskunftswillige Erwachse- Ritual, ebenso das Segnen des Kindes mit Weihwas- ne stoßen. Viele von uns haben wenig Übung darin, ser. mit eigenen Worten auf die Fragen zu antworten. Hier ist Ehrlichkeit angesagt, denn ein Kind spürt Häufig wohnen Großeltern oder Paten nicht im genau, ob wir es ernst nehmen. „Lebe das wenige selben Ort wie das Kommunionkind. Dann sind vom Evangelium, was du begriffen hast, aber lebe Flexibilität und Kreativität gefragt, um miteinander es“, meinte Frère Roger, der Gründer der Gemein- im Kontakt zu sein. schaft von Taizé. Auch wer sich kirchlich nicht gebunden fühlt, kann mit dem Kind darüber spre- Katharina, 24 Jahre, studiert Deutsch, Mathematik chen, woran sie oder er glaubt und worauf es im Le- und Religion auf Grundschullehramt. Sie sieht ihr ben ankommt. Persönliche Meinungen zählen und Patenkind wegen der Entfernung zu seinem Wohn- bewirken mehr als angelerntes Wissen oder aus- ort recht selten. Trotzdem begleitet sie Jonathan weichende Antworten. So manches Mal können wir während seiner Kommunionvorbereitung zur Ein- staunen, wie Kinder über Gott und die Welt, über führungsmesse und zu Weggottesdiensten. Er freut Leben und Tod denken. In vielerlei Hinsicht können sich, dass seine Patentante sich für ihn interessiert wir von ihnen lernen und sie im Nachdenken über und extra angefahren kommt. Gerne erzählt er ihr diese Themen unterstützen. von den Gruppentreffen, den Liedern, die er gelernt hat, und von dem, was ihn bewegt. Katharina ist Eine Großmutter sagt: „Vielleicht kann ich als Oma ganz Ohr, und er kann ihr seine Fragen stellen. Spä- ein bisschen von meinen Erfahrungen weitergeben, ter wird zusammen gespielt. dass Höhen und Tiefen im Leben dazugehören. Es ist schön, meinen Enkelkindern von Gott zu er- Gegenseitige Besuche, auch in den Ferien, gemein- zählen in der Hoffnung, dass sie ihren eigenen Weg same Ausflüge, Briefe, Telefonate und auch die Nut- finden, dass sie an einen Gott glauben können, der zung der neuen sozialen Medien bieten vielfältige uns alle in seinen Händen hält! Möglichkeiten, sodass ein Kommunionkind bitten Wichtig ist es, seine Ohren zu spitzen, herauszufin- kann: „Erzähl mir von Gott!“ den, wo Gott spürbar ist! Mit einem gemeinsamen Lied, mit dem Gebet zum Mittagessen, mit dem Allen Kommunionkindern wünsche ich Großeltern, Bestaunen eines Käfers, der über die Wiese krabbelt. Patinnen und Paten sowie Verwandte und Erwach- Ich bin fest davon überzeugt, wenn wir die Ohren sene in ihrem Umfeld mit offenen Augen und spitzen, lernen wir viel mit unseren Enkelkindern offenen Herzen, die gerne Auskunft geben über die über die große Liebe Gottes zu den Menschen.“ Hoffnung, die sie trägt – wie der Apostel Paulus im Diese Großmutter nahm ihre Enkelinnen von klein Brief an die Gemeinde von Ephesus schreibt (Eph auf mit in die Messe und zu anderen Gottesdiens- 1,18). ten. Eine Enkelin, die gerne singt, begleitet sie zum Kinderchor, denn die Musik ist eine wunderbare Weise, um Gott zu begegnen. Die Bibel ist voller Erfahrungen, die Menschen mit AUTORIN Gott gemacht haben. Mit dem Kind in eine Kinderbi- Margret Keusgen Gemeindereferentin, bel zu schauen, ihm vorzulesen oder es selbst lesen Religionspädagogin, Erstkommu- zu lassen, kann ein guter Einstieg ins Gespräch sein. nionvorbereitungskreis Köln-Rom- Religiöse Bücher und Filme eignen sich ebenfalls merskirchen dazu. Interessierte Nachfragen der Erwachsenen zu Veranstaltungen der Kommunionkinder und natür- 19
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