135 50 JAHRE Kantonsspital in liestal
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135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal Grusswort von Peter Zwick, Regierungspräsident 5 Vorwort von Heinz Schneider, CEO 7 Gespräche mit Mitarbeiter/innen 8 Kurze Chronik von Dominique Spirgi 19 Gespräche mit Mitarbeiter/innen 25 Bildessay 32 Gespräche mit Mitarbeiter/innen 50 Bildessay 58
Grusswort Grusswort 5 Eine Erfolgsgeschichte Diese Entwicklung ist sagenhaft: Vor 135 Jahren war das heutige Kantonsspital Liestal das erste Spital im Kanton. 1877 nahm das damalige Kantonale Krankenhaus (auch «Martin Birmann-Spital» genannt) seinen Betrieb auf. Das Krankenhaus war auf 75 PatientInnen konzipiert, was sich schon bald als zu wenig erwies, wurden doch fast doppelt so viele Personen darin untergebracht. Heute stehen rund 400 Betten bereit und 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten mit ganz unterschiedlichen Aufgaben und verschiedenen Arbeitspensen jeden Tag rund um die Uhr einen tollen Einsatz zugunsten der Patientinnen und Patienten. Heute werden über 15 000 Menschen jährlich stationär behandelt. Seit dem 1. Januar 2012 ist das Kantonsspital Liestal nun Teil der selbständigen Organisation Kantonsspital Baselland. Damit wurde ein wichtiger Schritt in die Zukunft unternommen. Auf diesem nicht immer ein- fachen Weg in die Zukunft wünsche ich dem Standort Liestal des Kantonsspitals Baselland alles Gute und gratuliere ganz herzlich zum runden Geburtstag. Peter Zwick, Regierungspräsident, Vorsteher Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Basel-Landschaft
Vorwort Vorwort 7 Liebe Leserinnen, liebe Leser 135 Jahre Kantonsspital Liestal, 50 Jahre am jetzigen Standort, sich täglich gemeinsam für die Gesundheit einzusetzen und damit einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft und zur Prosperität unserer Bevölkerung geleistet zu haben, darf sich sehen lassen. Dieses Buch ermöglicht dem Leser/ der Leserin eine geschichtliche Betrachtung zur Gesundheitsentwicklung des Kantons Basel-Landschaft aus der Optik des Kantonsspitals Liestal. Persönliche Eindrücke über das Erlebte ergänzen historische Informationen und ergeben so ein gelebtes Ganzes. Ein Spital betreiben heisst, sich ständig in einem Veränderungsprozess zu befinden. Es hat keinen Anfang und kein Ende. Die Bedürfnisse von heute sind nicht mehr die Bedürfnisse von morgen. Die Entwicklung in der Diagnostik, den Therapien und in der Pflege nimmt der Forschung entsprechend stetig zu. Was auf der einen Seite für Patienten gut ist und ein hohes Alter ermöglichen kann, verlangt auf der anderen Seite von allen Mitarbeitern im Gesundheitswesen, sich diesem Wandel zu stellen. Die Anspruchshaltung unserer Gesellschaft geht zusammen mit der Medizinischen Entwicklung und mit den wachsenden Kosten im Gesundheitswesen einher. Was dem Wandel getrotzt hat, ist die Art und Weise, wie sich Kranke, Ärzte und Pflegende erfolgreich begegnen. Mit einem freundschaftlichen und partnerschaftlichen Verhältnis entsteht zwischen Patient und Behandlungsteam Nähe und Wärme. Man ist verblüfft, welche Emotionalität die Beziehung so kennzeichnen kann. Diese Sympathie, die zwischen Patienten, Ärzten und Pflegediensten gewachsen ist, drückt sich immer wieder in den Rückmeldungen der Patienten aus. So war es früher, so ist es heute noch. «Nur in der Bewegung, so schmerzlich sie sei, ist Leben», sagte einmal Jakob Burckhart. So kann sich auch das Kantonsspital Liestal der Entwicklung im Gesundheitswesen nicht entziehen. Im Verbund der Baselbieter Kantonsspitäler werden weiterhin grosse Anstrengungen notwendig sein. Die Erfolgs- geschichte Kantonsspital Liestal kann so auch im Kantonsspital Baselland fortgeschrieben werden. Denn, moderne Spitalführung geht heute einher mit der unverändert gültigen Mission von der sympathischen Sorge um unsere Patientinnen und Patienten. Heinz Schneider, CEO
6 135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal «Ich denke, dass man früher mehr Zeit hatte, auf die Patienten einzugehen.» Marco Müller Mitarbeiter Elektrotechnik, seit 2008 Marco Müller, wie würden Sie Ihre Aufgabe am Kantonsspital Liestal beschreiben? Ich muss Bereiche der elektrischen Installationen betreuen: die Brandmeldeanlage etwa und viele weitere Sicherheitsanlagen. Ich muss garantie- ren, dass diese gewartet und unterhalten werden. Dazu kommt die Begleitung der Arbeiten, die von externen Firmen ausgeführt werden. Und natür- lich der Pikettdienst. Dieser bedeutet auch mal, ein WC entstopfen oder Probleme bei der Lüftung Wie sehen Sie Ihre Rolle gegenüber den Können Sie ein positives Erlebnis oder Ereignis lösen oder sonst ein Programm, das nicht richtig Patienten? von Ihrer Berufstätigkeit beschreiben? funktioniert, wieder in Gang bringen. Ich kann etwas dazu beitragen, dass sich die Pa- Sehr positiv ist der Teamgeist, der ist wirklich Was würden Sie im Kantonsspital als typisch tienten wohlfühlen. Das können kleine Sachen gewaltig. Das habe ich so noch nie erlebt. Man bezeichnen? Worin unterscheidet sich das sein: Manche sind glücklich, wenn wir rasch zur kann in allen Situationen auf jemanden zählen, Spital von anderen Anbietern / Arbeitgebern? Stelle sind, wenn der Fernseher oder die Be- auch auf Ärzte, die einem helfen und die man Das Kantonsspital ist sehr kompakt gebaut, die leuchtung im WC nicht funktionieren. Manchmal auch nachts anrufen kann. Jeder ist immer be- Wege sind kurz, die verschiedenen Abteilungen reicht es auch, einfach nur zuzuhören. Es kommt reit, dem anderen zu helfen. durch die zahlreichen Personenaufzüge schnell, oft vor, dass die Leute das Bedürfnis haben, et- Fällt Ihnen ein negatives Erlebnis oder sicher und gut zu erreichen. Auch die Spontan- was zu erzählen und sie sich freuen, wenn ihnen Ereignis ein? transportanlage STA, also das automatische Trans jemand zuhört – das kann auch ich sein, ein Als ich ganz frisch hier arbeitete, ist jemand ge- portsystem des Hauses, ist eine grosse Hilfe für Handwerker. kommen, um die Unterbruchsfreie Stromversor- schnelle Arbeitsabläufe. Das trägt dazu bei, dass Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf gung USV zu warten. Ich ging Mittagessen, und wir hier in Liestal speditiver arbeiten können als zu erlernen? Wird diese Erwartung hier erfüllt? um halb eins sagt mir jemand aus dem Büro, das in anderen Spitälern, wo man viel weitere Wege Als ich klein war, war klar: Ich werde bei meinem Telefon funktioniere nicht mehr. Ich schaute mir zurücklegen muss. Ich habe vorher in der Tele Onkel eine Lehre als Maurer machen. Als aber das Leitsystem an und bemerkte, dass dieses fonie gearbeitet. Hier im Spital sind andere Auf- mein Bruder mit einer Lehre als Elektromonteur ‹abgestürzt› war. Mir wurde mulmig, denn ich gaben dazugekommen, zum Teil ganz neue Sa- begann, folgte ich ihm. Grosse Gedanken über die dachte, dass es zum Stromunterbruch gekommen chen. Aber hier habe ich die Gelegenheit, das, was Zukunft machte ich mir damals nicht, ich bin aber sein müsse, mir kamen die Patienten, Operations ich als Instandhaltungsfachmann gelernt habe, glücklich, dass ich Elektriker gelernt habe. Dieser säle und weiss was alles sonst noch in den praktisch umzusetzen. Beruf bietet die grössten Perspektiven. Hier im Sinn... Ich ging zur Leitzentrale, und dort hat jedes Glauben Sie, die Haltung gegenüber Spital haben sich meine Erwartungen vollauf er- rote Lämpchen geleuchtet. Es war aber schluss- den Kranken ist heute anders als früher? füllt. Ich war zunächst natürlich sehr gefordert endlich nur ein kleiner Fehler, der sich leicht be- Ich denke, dass man früher mehr Zeit hatte, auf und bin es auch jetzt immer wieder. Stets kommt heben liess. Glücklicherweise ist nichts Schlim- die Patienten einzugehen. Aber die ganze Gesell- Neues auf einen zu, und das Spital erwartet na- mes passiert, denn die lebenswichtigen Geräte schaft hat sich verändert; man redet nicht mehr türlich, dass wir alles beherrschen, was nicht im- sind alle mit einer USV bestückt. so gerne miteinander, man hat ein anderes Ver- mer einfach ist. Und ich dachte mir, dass ich mehr hältnis zur Kommunikation als früher. Heute mit Patienten zu tun haben werde. Ich befürchtete, kommuniziert man eher über soziale Netzwerke, dass ich hinzukomme, wenn jemand am Boden nicht mehr persönlich. Natürlich liegt das teil- liegt oder so ähnlich; mir wurde aber gleich ge- weise auch gar nicht mehr drin, weil der admi- sagt, dass ich da nichts zu befürchten hätte, dass nistrative Aufwand grösser geworden ist. das Sache der Pflege sei.
Gespräch Gespräch 7 «Wenn man seine ‹Sache› machte, hatte man seine Ruhe.» Willy Meier Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf zu Fällt Ihnen ein negatives Erlebnis oder Ereignis pensionierter Betriebshandwerker, erlernen? Wurde diese Erwartung im KSL ein? 1962 bis 1996 erfüllt? Ein schlimmes Erlebnis war, als – ich weiss nicht Ich habe diesen Beruf gewählt, um eine Lehre zu mehr wo – bei einer Spülmaschine ein Teil abge- Willy Meier, Sie arbeiteten 34 Jahre im Spital. machen. Damals warst du froh, wenn du eine fallen war und der ganze Boden im Röntgen unter Was hat sich während dieser Zeit an Ihrer Lehrstelle hattest. Du gingst zusammen mit dem warmem Wasser stand – das waren alles Hohl- Arbeit geändert? Vater zum Lehrmeister. Dort wurde alles abge- böden! Man rief mich an, der ganze Raum stand Früher war ich als Elektriker allein tätig, wir wa- klärt. Dann konnte ich mit meiner Lehre begin- unter Wasser. Ich fragte: «Warum haben Sie die ren überhaupt viel weniger Leute, aber man hatte nen. Hier im Spital gefiel es mir, es war vielseitig. Spülmaschine denn nicht abgestellt?» Man hätte trotzdem alles, was anfiel, erledigt. Gut war, dass man sich hier in vielerlei Hinsicht ganz einfach reingehen und die Maschine abstel- Was würden Sie im Kantonsspital als typisch weiterbilden konnte. Mir gefiel auch, dass wir in len können. Das musste ich dann tun. Wir riefen bezeichnen? Worin unterscheidet sich das unserer Arbeit frei waren – vielleicht fast etwas dann die Feuerwehr, die haben alles in Ordnung Spital von anderen Anbietern / Arbeitgebern? zu frei. Aber mit unserer Erziehung war das kein gebracht. Aber das Schlimmste, was ich erlebt Das Kantonsspital Liestal ist ein sehr guter Ar- Problem. Wir wurden so erzogen, dass man seine habe, war, als mein Team-Mitarbeiter Heinz beitgeber. Wenn man seine ‹Sache› machte, hatte Sache macht und zwar richtig, dass man ehrlich starb. Das war schlimm für mich. Es schmerzte man seine Ruhe. Ob sich das Kantonsspital Lies- und aufrichtig ist. Sauberkeit und Gründlichkeit: mich sehr, als Heinz so plötzlich starb. tal von anderen Spitälern unterscheidet, kann ich das haben wir daheim gelernt. nicht beurteilen. In der Privatindustrie aber wird Können Sie ein positives Erlebnis oder Ereignis mehr auf das geachtet, was gemacht wird. Man von Ihrer Berufstätigkeit hier im Spital steht mehr unter Kontrolle. beschreiben? Glauben Sie, die Haltung gegenüber den Kran- Positive Erinnerungen habe ich viele, hauptsäch- ken ist heute anders als früher? lich betreffen sie das Personal, von Abteilungs- Die Beziehung zwischen den Patienten und dem schwestern bis zu Ärzten. Und wenn wir einmal Personal war früher einfacher. Erstens waren die Streit hatten, war das nicht persönlich. Es passier- Leute bescheidener, hatten nicht so viele Wün- te einfach und ging vorüber. Von mir hiess es: sche. Heute haben alle Autos, Radio, Fernseher, «‹Meier› wenn man dich anruft, bist du Minuten haben Computer, und trotzdem sind sie nicht zu- später hier.» Das haben sie an mir sehr ge- frieden. Das Pflegepersonal geht heute anders schätzt. Ich kam auch, wenn ich gerade beschäf- mit den Patienten um. Sicher geben alle ihr Bes- tigt war. Ich habe viel Positives erlebt. Auch ein tes, aber oft hat man das Gefühl, dass sie zuwenig paar Jahre später nach der Pension, wenn ich Zeit für die Patienten haben, dass sie viel zu viel Leute angetroffen habe sagten diese: «Ja, wir Schreibarbeit und dergleichen erledigen müssen. denken oft an Sie. Wenn man sie anrief, kamen sie, brachten alles in Ordnung, waren immer freundlich.» Ja, das waren positive Erlebnisse.
8 135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal «Für stationäre Patienten muss die Umgebung heute wie in einem Hotel sein.» Stefan Sick Leiter Bauprojekte seit 2008 Was würden Sie als typisch bezeichnen für das Kantonsspital Liestal? Speziell für das Spital ist, dass es, obwohl es mit Stefan Sick bringt mit meist 1700 Mitarbeitern ein relativ grosser Arbeitgeber deutlich sichtbaren Veränderungen das Spital ist, ein sehr persönliches Umfeld bietet. Man in die Zukunft. grüsst sich gegenseitig, geht freundlich mitein- ander um, hilft einander, und es herrscht eine gute Stimmung. Ich bin ein wenig ein Exot hier, weil ich Architekt bin. Wie kamen Sie zum Kantonsspital Liestal? Ich wollte als Bauherrenvertretung bei einer Versicherung, einer Bank oder einer anderen vorfinden und von optimalen Betriebsabläufen Ein Erlebnis herauszugreifen, ist schwierig. Ich Branche arbeiten. Dann sah ich das Stelleninse- profitieren können, zum Beispiel möglichst kurze kann ganz viele positive Erlebnisse aufzählen. rat des Kantonsspitals, das mich sehr ansprach. Wartezeiten haben. Die Pflegenden und Ärzte Positiv ist es vor allem dann, wenn man Baupro- Hier kann ich das Spital gegenüber Fachplanern sind heute mehr Dienstleistende. Sie haben noch jekte abschliessen kann, wenn man Projekte und Bauunternehmern oder, sofern wir die Ar- immer die Aufgabe, die Patienten zu heilen, aber übergeben kann von denen man weiss, dass sie beiten nicht selbst erledigen, gegenüber einem heute geht die Arbeit im Spital weit darüber funktionieren, den Nutzern dienen und Freude anderen Architekten vertreten. Zudem hatte ich hinaus. bereiten. In besonderer Erinnerung ist der Modul die Möglichkeit, eine bestehende Abteilung zu Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf zu bau von 2009. Das war eine ausserordentliche übernehmen und eine eigene Ausführungs- und erlernen? Wird diese Erwartung hier im Spital Geschichte. Es brauchte ein grosses Engagement Planungsabteilung, ein kleines Architekturbüro erfüllt? von allen Beteiligten, dass man ein solch grosses aufzubauen. Meine Hauptmotivation war, einen Beruf zu er- Projekt so schnell realisieren konnte – ein inno- Sie bezeichnen sich als Exot im Spital. lernen, der sichtbare Resultate bringt, bei dem vatives Projekt, das auch entsprechende Wellen Meinen Sie gegenüber den Patienten und dem ich kreativ und analytisch tätig sein und ich sagen geschlagen hat. medizinischen Personal? kann: ‹Schau, da habe ich mitgearbeitet.› Und ich Erhalten Sie Feedbacks von Patienten? Mit Patienten hatte ich in meinem Arbeitsumfeld wollte einen Beruf ergreifen, der klare Strukturen Ja, vor allem über die Patientenumfragen. Wir vorher nichts zu tun, also mit Patienten, die ge- und Abläufe kennt. Darüber hinaus geht es mir erhalten ganz unterschiedliche Rückmeldungen, wissermassen Kunden oder Nutzer sind. Wir sind darum, menschengerecht bauen zu können; nicht positive und konstruktive, Vorschläge, was man Dienstleister und müssen bei der Umsetzung der in erster Linie schöne Fassaden und schönes De- noch besser oder anders machen könnte. Positiv Projekte das Optimum erreichen, das Optimum sign, sondern Bauten, in denen sich der Mensch wird zum Beispiel vermerkt, dass das Kantons- für die Patienten und natürlich die Mitarbeiten- wohl fühlt und in denen er gut leben und arbeiten spital zu einer baulichen Einheit geworden ist und den. Wir müssen die baulichen Voraussetzungen kann. Das war die Hauptmotivation, Architekt zu somit Vertrauen vermittelt, keine Pflästerliarchi- schaffen, dass hier drin eine gute Atmosphäre lernen. Hier im Spital wurden meine Erwartun- tektur ist. herrscht. gen erfüllt, sogar mehr als das. Ich kam hier in Glauben Sie, die Haltung gegenüber den ein Team und in ein Umfeld, in dem man äusserst Kranken ist heute anders als früher? erfolgreich zusammenarbeiten kann und Ent- Ja natürlich. Der Patient kommt heute ins Spital, scheidungen extrem schnell und auch professi- um zu genesen, um sich zu erholen, und er will onell gefällt werden. Hier konnte ich das, was ich nicht mehr mit diesem Krankenhausgeruch, wie machen wollte, umsetzen: eine Abteilung auf- man ihn früher kannte, konfrontiert werden. Für bauen, Projekte mit Menschen für Menschen stationäre Patienten muss die Umgebung heute umsetzen. wie in einem Hotel sein, Patienten aus dem am- Können Sie ein positives Erlebnis oder Ereignis bulanten Bereich sollen schöne Räumlichkeiten von Ihrer Berufstätigkeit beschreiben?
Gespräch Gespräch 9 «Ich hatte immer ein wenig Angst, dass meinem Kind auch so etwas passieren könnte.» Max Grieder, auch an aufgegangen in meinem Beruf als Krankenwa- Festen ein gern gesehener genfahrer, wie man damals noch sagte. Unterhalter. Fällt Ihnen ein negatives Erlebnis oder Ereignis von Ihrer Berufstätigkeit im KSL ein? Negative Erlebnisse betrafen zur Hauptsache schwere Unfälle mit kleinen Kindern, Unfälle die manchmal zum Tode führten. Und weil ich selber Kinder hatte, hatte ich immer ein wenig Angst davor, dass dem eigenen Kind auch so etwas pas- Max Grieder Das ist ein gesellschaftliches Problem heute: Die sieren könnte. Bei Drogensüchtigen oder Alkohol Rettungssanitäter Erwartungen werden immer grösser, und man kranken musste ich oft daran denken, was in den bis 1995 hat immer weniger Zeit für die Patienten. Familien dieser Süchtigen alles abgeht. Das hat Wenn Sie heute vergleichen: Was hat sich in der mich immer etwas traurig gestimmt und nach- Wie lange arbeiteten Sie im Kantonsspital Sanität geändert? denklich gemacht. Liestal? Die Anforderungen an die Rettungssanitäter sind Fällt Ihnen ein positives Erlebnis oder Ereignis Ich habe 25,5 Jahre als Krankenwagenfahrer im natürlich heute viel höher und intensiver. Es sind von Ihrer Berufstätigkeit im KSL ein? KSL gearbeitet. Später habe ich als erster Basel- immer mehr Transporte. Früher hatte man zwi- Das positive Erlebnis, das ich noch am besten in bieter die Sanitäterschule absolviert und 1989 schendurch noch Zeit, um Materialtransport- Erinnerung habe, war ein 45jähriger Chauffeur, abgeschlossen. 1995 bin ich dann aus dem Spital dienste zu erledigen, für das hat man heute keine der Herzschmerzen bekam und in eine Arztpraxis ausgetreten. Zeit mehr. ging. Dort «machte» er einen Herzstillstand. Der Was würden Sie im Kantonsspital als typisch Ist die Belastung grösser? Arzt begann sogleich mit Herzmassage und alar- bezeichnen? Worin unterscheidet sich das Sie ist vielleicht etwas grösser heute. Aber früher mierte uns. Wir sind so schnell es ging hingefah- Spital von anderen Anbietern / Arbeitgebern? musste man mit der Belastung selber fertig wer- ren und haben abwechslungsweise Herzmassa- Es ist noch immer ein familiärer Arbeitgeber. den. Heute werden schnell Psychologen oder Psy ge gemacht und mit dem Defibrillator gearbeitet. Wenn man ein Problem hat, wird man gut beraten. chiater beigezogen, um den Leuten bei schwie- Volle 20 Minuten machten wir das, bis das Herz Der Unterschied zu privaten Arbeitgebern liegt rigen Fällen beizustehen. wieder angefangen hat zu arbeiten. Zu einem darin, dass bei Privaten Arbeit und Zeit meistens Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf späteren Zeitpunkt, als dieser Mann im Spital vorgegeben sind. Bei der Rettung hat man es mit zu erlernen? Wurde diese Erwartung im Spital war, habe ich mit ihm geredet, er hatte keinen Patienten zu tun, da sind die Vorgaben nicht so klar. erfüllt? psychischen Nachteil davongetragen. Einzig die Glauben Sie, die Haltung gegenüber den Ich habe Autolackierer gelernt. Ich habe gerne Brust schmerzte ihn wegen der Herzmassage. Kranken ist heute anders als früher? mit Farben gearbeitet und ich habe gerne genau Ein anderes positives Erlebnis hatte ich nach ei- Die Wünsche und Erwartungen der Patienten und vertrauenswürdig gearbeitet – zur Zufrie- nem schweren Unfall in der Autobahngalerie sind heute natürlich grösser als früher. Sie stellen denheit der Kundschaft. Aber in meinem Kopf Schweizerhalle. Mehrere Autos waren beteiligt, an die Medizin und Chirurgie höhere Anforderun- war immer der Wunsch, Menschen zu helfen. Da- teilweise brannten sie. Es war ein Grosseinsatz gen – auch in Bezug auf das Essen und alles rum habe ich mich auf die ausgeschriebene Stel- mit drei Sanitätswagen, Feuerwehr und Polizei. andere. le als Krankenwagenfahrer gemeldet. Ich wurde Ein Beteiligter an diesem Unfalls lobte danach in Und wie steht es mit dem Verhalten von uns angestellt und in Erster Hilfe ausgebildet. Und so einem Brief an den Regierungsrat, dass wir Not- als Dienstleister zu den Patienten? kam die Freude und Motivation, den Patienten helfer ruhig und zur vollen Zufriedenheit gear- Man muss heute viel mehr Papierkram erledigen. helfen zu können – bei Unfällen und in medizini- beitet hätten. Darum hat man nicht mehr so viel Zeit, sich mit schen Fällen. Das hat mein Leben erfüllt. Hun- den Patienten näher und persönlich zu befassen. dertprozentig. Ich war vollauf zufrieden und bin
10 135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal «Ich versuche jeden Tag, ein positives Erlebnis für mich herauszuholen.» Katrin Weibel, auch mal als Model beim Werben für den Sanitätsnotruf im Einsatz. Kathrin Weibel ganze Administration. Ich persönlich versuche Fällt Ihnen ein positives Erlebnis oder Ereignis Rettungssanitäterin, trotzdem, den Patienten diesen Zeitdruck unter von Ihrer Berufstätigkeit ein? seit 2002 keinen Umständen spüren zu lassen. Ich versuche jeden Tag, ein positives Erlebnis für Und umgekehrt, vom Patienten zum Personal? mich herauszuholen. Generell gesagt: Wenn ich Wie lange arbeiten Sie bereits im Kantonsspital Nicht bei allen, aber im Durchschnitt hat die Er- spüre, dass ich jemandem die Angst nehmen Liestal? wartungshaltung der Patienten zugenommen. konnte, dass jemand froh ist, dass man ihm hel- Ich arbeite seit zehn Jahren im Rettungsdienst Vom Rettungsdienst erwartet man stets, dass wir fen konnte – und sei es auch nur, weil er daheim und seit Beginn als Rettungssanitäterin. Ich war noch drei Minuten schneller beim Patienten sind, nicht mehr alleine aufstehen konnte – das sind immer im Gesundheitswesen tätig, zuletzt bei ei- noch bessere Arbeit leisten oder schlicht das Un- für mich die schönsten Erlebnisse. nem privaten Rettungsdienst, aber es war die mögliche möglich machen. Und das gelingt uns Fällt Ihnen ein negatives Erlebnis oder Ereignis gleiche Dienstleistung wie hier. natürlich nicht immer. Es gibt aber grosse Unter- ein? Was würden Sie persönlich als typisch schiede, wenn ich junge Patienten hole oder äl- Ich bin ein Mensch, der sich von negativen Sachen bezeichnen für das Kantonsspital Liestal. Worin tere. Ältere sind nie so anspruchsvoll wie jüngere zu distanzieren versucht. Ich versuche, diese zu unterscheidet sich das KSL von anderen Patienten. vergessen. Besonders negativ ist natürlich, wenn Anbietern / Arbeitgebern? Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf zu wir draussen im Dienst einen Todesfall haben, Das Kantonsspital Liestal zeichnet sich durch erlernen? wenn wir einen Fall haben, bei dem wir uns fra- seinen Standort aus. Es steht – verglichen mit der Für mich war es ein Kindheitstraum. Ich wollte gen müssen, ob wir das Richtige und unsere Ar- Stadt – in einer ländlichen Gegend. Das Spital ist das schon immer. Warum, weiss ich nicht mehr beit gut genug gemacht haben. Aber das sind all- familiär und freundlich geblieben. Ich glaube, man genau, die Krankenwagen haben mich einfach gemeine Bemerkungen; ein spezielles, negatives spürt hier das Land schon noch. fasziniert. Je älter ich wurde, je mehr es auf die Erlebnis habe ich nicht in Erinnerung. Glauben Sie, die Haltung des Spitalpersonals Ausbildung zuging, umso mehr wurde mir be- gegenüber den Kranken ist heute anders wusst: Ich will gerne meinen Mitmenschen hel- als früher? fen können, ich möchte sie ein Stück weit aus Ich denke schon, dass sie sich verändert hat. Die ihrer Not herausholen können. Haltung gegenüber den Patienten ist heute sicher Sind Ihre Erwartungen in der Praxis erfüllt von einem grösseren Zeitdruck geprägt, als vor worden? zwanzig Jahren, als ich angefangen habe. Da- Ja, das sind sie. Ich erwartete einen zeitgerech- mals hatte man mehr Zeit für ein Gespräch. Heu- ten Rettungsdienst, gutes Material zum Arbeiten, te sind es klar mehr Einsätze, dazu kommt die schöne Autos, Kameradschaftlichkeit – das alles haben wir.
Gespräch Gespräch 11 «Innerhalb der letzten zwanzig, dreissig Jahre hat ein enormer Technologieschub stattgefunden.» Beat Meyer der Haustechnik über 50 Prozent. Wenn man nun Architekt, Hochbauamt BL, noch die ganze Medizintechnik dazunimmt, dann pensioniert stellt man fest, dass sich innerhalb von zwanzig Jahren wahnsinnig viel verändert hat. Sie arbeiteten im Hochbauamt des Kantons Fällt Ihnen ein positives Erlebnis oder Ereignis Basel-Landschaft. Wie und was hatten Sie mit ein im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit mit den dem Kantonsspital Liestal zu tun? Spitalprojekten? Ich war im Hochbauamt in der Gesamtleitung, Die Zusammenarbeit mit dem KSL habe ich ei- dem Projektmanagement für grosse komplexe gentlich immer als fruchtbare Tätigkeit empfun- Projekte im Zusammenhang von kantonalen Hoch den. Sehr geschätzt habe ich, dass die Mitarbei- bauinvestitionen tätig. Meine wesentliche Funk- ter des Spitals immer zu einer konstruktiven, tion lag im Formulieren von Nutzungsabsichten, positiven Teamarbeit bereit waren und auch häu- in der Erarbeitung und Entwicklung von Planungs fig mit Vorschlägen und Anregungen konstruktiv grundlagen für die Spitalbauprojekte. Das bein- zur Projektentwicklung beitrugen. haltete die Kostenplanung, die Ausarbeitung der Und ein negatives Erlebnis? Vorlagen an das Parlament sowie die fachliche Ich denke da an eines meiner letzten Projekte im Vertretung der Vorlagen vor den jeweiligen vor- Zusammenhang mit dem KSL. Die ursprüngliche beratenden parlamentarischen Kommissionen. Aufgabenstellung war: Umbau, Entwickeln einer Was würden Sie als typisch bezeichnen für Interdisziplinären Notfallstation, inkl. Sanierung das Kantonsspital Liestal? Worin unterscheidet der gesamten Haustechnik im Behandlungs- es sich von anderen Institutionen? trakt. Zu Beginn verliefen die Planungsarbeiten Schwer zu sagen, weil ich während meiner zwan- im normalen Rahmen. Das Ergebnis entsprach zigjährigen Tätigkeit im Hochbauamt in dieser dann aber nicht dem, was sich das Spital ur- Ausführlichkeit nur mit dem Kantonsspital Lies- sprünglich vorgestellt hatte. Nach intensiver tal zu tun hatte. Gutachtertätigkeit kam man zum Schluss, dass Und wenn Sie Ihre Funktion als Mitarbeiter des sich die Aufgabe, so wie sie gestellt war, nicht Hochbauamtes beiseite lassen? lösen lässt: Bei laufendem Betrieb ist es in einem Ich denke schon, dass es Unterschiede gibt – zum historisch gewachsenen Spital unmöglich, die Teil wesentliche. In Liestal war ein grosses En- Haustechnik zu sanieren. Folglich blieb nur die gagement spürbar, man merkte, dass ein Spital- Möglichkeit, alles in ein Provisorium auszulagern körper da ist, der intern sehr gut funktioniert, wo – mit Kosten in Millionenhöhe – oder, wie eine man miteinander redet, sich austauscht und wo Machbarkeitsstudie gezeigt hat, im Prinzip ein von der fachärztlichen Betreuung über Patien- Neubau. Am Schluss – und das war das eigentlich tenpflege bis zum technischen Dienst ein hohes Frustrierende – stellte der Regierungsrat fest, Mass an Kompetenz vorhanden ist. dass in den Investitionsplänen für solche Lösun- Glauben Sie, die Haltung gegenüber den gen keine Mittel vorhanden sind. Ein anderes Kranken ist heute anders als früher? Kantonsspital stand im Fokus ... Ich kann das nur von meiner Warte aus beurteilen: Innerhalb der letzten zwanzig, dreissig Jahre hat ein enormer Technologieschub stattgefunden, eine Summierung komplexer Anforderungen. Der Technisierungsgrad hat wesentlich zugenommen. Das ist bereits im Kostenbild einer Bauabrech- nung ablesbar: In einem Spital beträgt der Anteil
12 135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal «Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.» Michael Scherr Systemadministrator IT, seit 2009 Für was genau sind Sie zuständig am Kantons- spital Liestal? Ich bin als Systemadministrator für den Betrieb von Servern und PCs zuständig. Dazu gehören neu auch Mobildevices, also Handys und deren Syn- chronisation mit dem Mailserver. Das beinhaltet auch einen 24-Stunden-Pikettdienst. Was würden Sie persönlich als typisch bezeichnen für das Kantonsspital Liestal. Worin unterscheidet sich das KSL von anderen Fällt Ihnen ein positives Erlebnis oder Ereignis Anbietern / Arbeitgebern? von Ihrer Berufstätigkeit hier im Spital ein? Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Bei uns in der Ich möchte ein Projekt hervorheben, nämlich den IT hat zwar jeder seinen Aufgabenbereich, aber Bildaustausch mit Hausärzten. Da haben wir eine wir funktionieren auch als Team. sehr gute Lösung gefunden. Der Hausarzt schickt Glauben Sie, die Haltung gegenüber den Kran- uns einen Patienten zum Röntgen und nach nur ken ist heute anders als früher? drei Minuten kann er das Bild schon auf seinem Die Grundhaltung ist immer noch die gleiche. Es Monitor anschauen. Das kam bei den Hausärzten ist immer noch das Ziel, Patienten zu heilen. Das sehr gut an. Es ist eigentlich sehr simpel: Der Gesundheitswesen ist heute aber zu einem Busi- Hausarzt bekommt von uns einen Weblink, der ness geworden mit unzähligen Informationsan- aus dem System generiert wird, und er kann dann geboten. Wenn man ein kleines Wehwehchen hat, mit diversen Tools auf sein Bild zugreifen. Die schaut man im Internet nach und findet in diver- Hausärzte haben das sehr gut aufgenommen. sen Foren Informationen, was die Ursache sein Wir starteten mit 5 bis 10 ausgewählten Haus- könnte. Die Patienten wissen heute mehr. Früher ärzten, jetzt sind es um die 20 bis 30 – mit einer sagte der Arzt, was man hatte, und das war dann steigenden Tendenz. Wir können diese Dienst- auch so. leistung auch auf andere Gebiete ausweiten, zum Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf zu Beispiel auf die Orthopädie. erlernen? Was gefällt Ihnen weniger an Ihrer Stelle? Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Die Dokumentation der ganzen Projekte, die im- Wie kamen Sie denn zum Spital? mer mehr Zeit in Anspruch nimmt. Man hat halt Es hat sich zufällig ergeben. Als ich das Stellen- sehr viel Schreibkram. inserat sah, habe ich mich gleich beworben. Das KSL ist ein sehr grosses Spital mit einem ent- sprechend grossen Umfeld in der Informatik. Das hat mich sehr gereizt. Wurden Ihre Erwartungen weitgehend erfüllt? Ja. Ich bin in einer Position mit sehr viel Verant- wortung tätig. Das Integrieren von medizintech- nischen Geräten ist eine Herausforderung, da kam viel Neues auf mich zu. Ich muss mich stets weiterbilden. Aber das macht mir Spass und ist das Reizvolle an dem Job.
Gespräch Gespräch 13 Man trifft sich beim jährlichen Pensioniertenabend. Hier Walter Kobelt und Käthy Kampa. Walter Kobelt pensionierter Buchhalter / Kassier / «Damals wurde das Geld für die Löhne noch eingetütet – alles, Leiter Finanzen, 1969 bis 2005 Wie hat sich Ihre Stelle im Kantonsspital Liestal entwickelt? Ich war 36 Jahre im KSL tätig. Ich kam sieben Jah inklusive Münzen.» re nachdem es eröffnet wurde. Wir waren damals zusammen mit dem Spitalverwalter sechs Leute auf der Verwaltung. In der Hauptbuchhaltung wa- Im ländlichen Gebiet waren die Patienten pflege- grammgestaltung der Computer und beim Tarif- ren wir zu zweit. Damals wurde das Geld für die leichter, anspruchsloser und weniger kritisch. wesen mitarbeiten und mitreden konnte. Löhne noch eingetütet – alles, inklusive Münzen. Heute wissen die Leute mehr über die Behand- Können Sie uns über ein positives Erlebnis oder Dazu kam auch noch die Buchhaltung für das lungsmethoden, entsprechend sind die Ansprü- Ereignis von Ihrer Tätigkeit im Spital berichten? Fernheizwerk, die Zentralwäscherei und die Schu- che gestiegen und die Arbeit mit den Patienten Das Positivste ist, dass ich mit den Verwaltern le für Spitalberufe. Ich habe die ganze Entwick komplizierter geworden. Früher waren die Ärzte immer ein gutes Verhältnis hatte und wir im gan- lung von der Handbuchhaltung bis zur totalen und das Pflegepersonal näher beim Patienten zen Spital immer gut zusammengearbeitet haben. Online- und Dialogbuchhaltung mitgemacht. und was der Herr Professor sagte, hat gegolten, Positiv ist auch, dass wir im Spital die ganzen Um- Was würden Sie als typisch bezeichnen für ganz klar. wälzungen im technischen und administrativen das Kantonsspital Liestal? Worin unterscheidet Wie sind Sie eigentlich ans Spital gekommen? Bereich stets gut bewältigen konnten. es sich von anderen Institutionen? Zum Spital kam ich durch meine Frau, die als Fällt Ihnen ein negatives Erlebnis oder Ereignis Die Buchhaltung in einem Spital funktioniert un- Krankenschwester gearbeitet hat. Nach drei ein? gefähr gleich wie an allen anderen Orten. Was mir Jahren in einem Bezirksspital kam ich hierher. Ich hatte es sehr gut hier im Spital, das muss ich gefallen hat, war, dass wir die Buchhaltung im Mir hat es sehr gut gefallen, es war keine eintö- immer wieder sagen. Das einzige, was mich ein Rahmen der kantonalen Gesetzgebung erledi- nige Arbeit, nicht nur Zahlen biegen und so. Ich wenig nervte, war, dass man die Abschlüsse dem gen konnten, wie wir wollten. Es war ein Betrieb hatte zudem das Glück, dass ich bei der Pro- Kanton jeweils so rasch abgeben musste. Das hat mit einem grossen Spielraum. Speziell war auch, mich ab und zu ein wenig gestresst. Wenn man dass wir mit sehr vielen anderen Diensten Kon- den Termin einhalten und doch bis zu fünf Buch- takt hatten. haltungen nebeneinander abschliessen musste. Glauben Sie, die Haltung gegenüber den Kran- Aber nein: Ich hatte es sehr gut. ken ist heute anders als früher? Wir hatten es immer ein wenig besser als die im Bruderholzspital oben.
14 135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal «Das war recht lustig, weil die ganze Arbeitsmethodik ständig wieder wechselte.» Freude über die neue Spect-CT-Anlage bei Dr. Thomas Lutz, Ferdinand Thanhofer (Mitte) und Dr. Damien Toia Ferdinand Thanhofer Glauben Sie, die Haltung gegenüber den Kran- Können Sie uns von einem positiven Erlebnis Leitender Radiologieassistent, ken ist heute anders als früher? oder Ereignis im KSL erzählen? 1971 bis 2009 Zum Teil vielleicht. Ganz früher gab es keine Positiv war, als wir einen eigenen Radiologen be- obligatorische Krankenversicherung, da war es kamen und dann nach und nach die neue Technik Wie hat sich Ihre Arbeit in der Radiologie möglich, dass ein Patient nur dann ins Spital gekommen ist. geändert? Am Anfang gab’s ja im Röntgen ging, wenn es unbedingt sein musste. Mode- oder Fällt Ihnen ein negatives Erlebnis oder Ereignis keinen ärztlichen Chef? Schickimicki-Patienten gab es bei uns im Gegen- von ein? Das war ein massgeblicher Unterschied. Bis satz zum Bruderholzspital nicht. Wir hatten den Um gleich dabei zu bleiben: Diese Wechsel ver- 1978 waren die Chef- und Oberärzte der Medizin Oberbaselbieter Patienten, der war bescheiden liefen für meine Begriffe immer zu langsam. Im- und Chirurgie auch für die Radiologie zuständig. und nicht lästig. Der hat nicht gemeckert, wenn mer lagen wir hinter den Städtern zurück. Was 1978, als die Erweiterung des Behanlungsbaus ein Salatblatt zuwenig oder eine Kartoffel zuviel zum Beispiel die CT (Computertomographie) an- schon in Sicht war, bekamen wir zusammen mit auf dem Teller war. Und wenn wir ihm nicht belangt, war das ganze Oberbaselbiet lange Zeit dem Bruderholz einen gemeinsamen Chefarzt. Schmerzen zugefügt haben beim Röntgen, dann nicht damit versorgt. Vier Radiologen wechselten sich in einem Turnus war er zufrieden und hat sich bedankt. von zwei Monaten ab. Das war recht lustig, weil Und wie sieht es heute aus? die ganze Arbeitsmethodik ständig wieder wech- Heute versuchen viele, mit einem Halbwissen selte. Der eine Radiologe wollte immer helle Bil- Eindruck zu schinden oder Spezialbehandlungen der und der andere dunkle. 1982 bekamen wir in einzufordern, nur weil sie im Internet oder in der Liestal dann einen eigenen Chefarzt und mit den Zeitung etwas gelesen haben. Das hat sich sicher Jahren wurden es dann vier Radiologen – heute geändert. Früher war der Patient – vereinfacht sind es fünf. gesagt – zufriedener und bescheidener. Heute Was würden Sie als typisch bezeichnen für sind viele überdreht. Ein Beispiel dazu: Nach den das Kantonsspital Liestal? Worin unterscheidet Schlagzeilen um Kaiseraugst und Tschernobyl es sich von anderen Institutionen? war es sehr schwierig, Patienten während den Ganz am Anfang wussten die meisten nicht, ob radiologischen Untersuchungen ruhig zu halten. es überhaupt ein Röntgen gibt. Ab den 1980er- Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf zu Jahren kam es dann zu einer zeitgemässen Ein- erlernen? Wurde diese Erwartung im richtung in der Radiologie, die aber dennoch über KSL erfüllt? sichtlich und familiär blieb. Es herrschte eine Ich war bereits in der Rekrutenschule bei der Sa- freundliche Betriebskultur, man kannte sich. In nität, was mich darin bestärkte, einen medizini- Grossbetrieben besteht die Gefahr, dass diese schen Beruf zu wählen. Verbunden mit meinem Kultur ein wenig verloren geht. Auch in unserem Faible für Technik lag die Radiologie nahe. Ich Haus, das mit den Jahren sehr gross geworden habe es nie bereut, dass ich diesen Weg gegangen ist, haben sich solche Sachen eingeschlichen. bin.
Gespräch Gespräch 15 «Wir sollten unsere Leute besser aus- und weiterbilden.» Philipp Schoch nicht eine so grosse Rolle. Ein Riesenunterschied extrem fordernd ist, sich extrem schwierige Si- Leiter Notfallstation, zu früher ist natürlich auch durch den medizini- tuationen ergeben. Doch die meiste Zeit ist es ein seit 2006 schen Fortschritt bedingt. Wir haben in unserem sehr toller Beruf; man muss zwar viel geben, be- Spital wahnsinnig viele Möglichkeiten in der Di- kommt aber auch viel zurück. Wie verlief Ihre Karriere im Kantonsspital agnostik. Und von der anderen Seite aus gese- Fällt Ihnen ein positives Erlebnis oder Ereignis Liestal? hen, haben die Patienten oftmals andere und hö- von Ihrer Berufstätigkeit im KSL ein? Ich arbeite seit 2006 hier. Fünfeinhalb Jahre war here Ansprüche als früher. Wenn man früher ins Ich habe in verschiedenen Arbeitsgruppen rund ich Leiter einer medizinischen Bettenstation und Spital kam, war man vielleicht dankbar, dass man ums Leitbild mitgearbeitet, das war ein ganz tolles seit November 2011 arbeite ich auf der Notfall- überhaupt ins Spital kommen durfte. Heute kom- Erlebnis. Ich war relativ frisch hier und konnte station als Abteilungsleiter. Ich habe einen Teil men Patienten mit sehr klaren Vorstellungen auf mich und die Pflegeseite schon recht gut einbrin- meiner Ausbildung schon hier absolviert – mein die Pflege zu und fragen, ob man hier jetzt nicht gen. Das ging auch weiter so, als wir ein Pflege- allererstes Praktikum auf der Privatstation. Dazu die oder jene Diagnostik machen könne. Die Aus- leitbild erarbeiteten. Das waren sehr spannende kamen weitere Stationen, auch die Notfallstation einandersetzung zwischen Fachperson und Pa- Prozesse und gute Zeichen für die Unternehmens- natürlich. Von der Notfallstation war ich bereits tient ist dadurch, glaube ich, eine ganz andere als kultur. während meiner Ausbildung begeistert. Und jetzt vor fünfzig Jahren. Fällt Ihnen etwas Negatives ein? bin ich wieder hier gelandet. Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf Im Zusammenhang mit der Qualität und auch der Was würden Sie als typisch bezeichnen für zu erlernen? Wird diese Erwartung hier erfüllt? Weiterentwicklung des Pflegeberufs, der Pflege- das Kantonsspital Liestal? Worin unterscheidet Ich würde meinen Berufsweg genau gleich wie- fachleute, aber auch des Assistenzpersonals, ist es sich von anderen Institutionen? der einschlagen. Ich habe zuerst einen hand- es sehr wichtig – wenn man die Qualität in Zu- Ich habe bereits in der Ausbildung gespürt, dass werklichen Beruf gelernt – Möbelschreiner –, kunft halten will und wir als Unternehmen wei- die Kultur in diesem Haus aussergewöhnlich ist. habe dann aber während der Ausbildung bereits terkommen wollen –, dass wir diese Leute besser Das hat vielleicht etwas mit der Grösse zu tun. bemerkt: ich kann mit dem Holz nicht reden. Die aus- und weiterbilden; hier im Betrieb oder auch Vielleicht auch ein bisschen mit der regionalen soziale Komponente fehlte mir. Ich bin dann zur extern. Ich denke, da wird hier am KSL zu wenig Verankerung des Liestaler Spitals. Die kurzen Berufsberaterin gegangen und die hat nach zehn getan, da müsste man mehr Geld und Zeit zur Wege, der Umstand, dass man miteinander re- Minuten bereits gesagt: «Werden Sie doch Kran- Verfügung stellen. Wir könnten als Unternehmen det, dass man zum Direktor gehen kann, wenn kenpfleger.» Ich hatte meine Zweifel, habe dann sehr viel gewinnen, wenn wir hier mehr investie- man etwas braucht: das ist das Besondere an der aber im Rahmen eines Praktikums Einblick er- ren würden. Wir könnten die Mitarbeiter motivie- Unternehmenskultur hier. halten in diesen Beruf: auf der Geriatrie im Mar- ren und sie ans Haus binden. Glauben Sie, die Haltung gegenüber den tin-Birmann-Spital. Ich kam am ersten Tag total Kranken ist heute anders als früher? geschlaucht heim, aber ich wusste: Das ist es, Ja. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens was ich machen will. Ich will mit Patienten arbei- ist natürlich ein grosses Problem. Ist jemand pri- ten, mit den Patienten zusammen ihre schwieri- vat oder allgemein versichert? Macht man beim ge Situation zu lindern versuchen, ihnen helfen, 90-jährigen Patienten noch dies und das? Die ge- sie betreuen und begleiten. Das ist es, was mich sundheitsökonomischen Fragen spielten früher heute noch motiviert – auch wenn es manchmal
16 135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal «Damals konnte man auch mal schlafen dazwischen oder auf der Abteilung oder im Notfall einen Kaffee trinken gehen.» Chantal Brülhart Leitende Biomedizinische Assistentin, seit 1998 Wie sieht Ihre Aufgabe im Zentrallabor aus? Das Zentrallabor hat verschiedene Fachbereiche, zum einen Hämatologie, klinische Chemie und Immunologie sowie Mikrobiologie. Ich habe in der Hämatologie angefangen: Dort untersuchen wir hauptsächlich verschiedene Körperflüssigkeiten. Die meisten Analysen sind einmal durch den Not- fall abzudecken, um dem Arzt zu helfen, seine Diagnose zu bestätigen. Oder vor Operationen zu schauen, ob grundsätzlich alles in Ordnung ist, Glauben Sie, die Haltung gegenüber den Kran- Fällt Ihnen ein negatives Erlebnis oder Ereignis ob der Patient nicht ein Gerinnungsproblem hat. ken ist heute anders als früher? aus Ihrer Berufstätigkeit ein? Über die Gruppenleitung der klinischen Chemie Ich denke schon. Der Patient informiert sich bei Ich finde, dass die Kommunikationswege und und die Stellvertretung der Leitung konnte ich gewissen Symptomen oder bei gewissen Erst -abläufe manchmal sehr beschwerlich sind. Das 2006 die Gesamtleitung der Zentrallabors über- diagnosen im Internet. Er kommt dann mit einer ist wahrscheinlich nicht spezifisch für das Kan- nehmen – immer in Zusammenarbeit mit der Erwartungshaltung ins Spital, die natürlich auch tonsspital Liestal. Man könnte hier einiges schnel akademischen Leitung, die für alle drei Labors in einen Druck auf die Ärzte ausübt. Diesen Druck ler und einfacher erledigen. Wenn wir im Labor Baselland zuständig ist. gibt der Arzt dann vielleicht an seine Schnittstel- neue Geräte anschaffen möchten – unsere Tech- Was würden Sie als typisch bezeichnen für len weiter. Das heisst, dass wir angehalten wer- nik ist relativ kurzlebig –, müssen wir oftmals das Kantonsspital Liestal? Worin unterscheidet den, stets noch schneller Resultate zu liefern. komplizierte Investitionsverfahren durchlaufen, es sich von anderen Institutionen? Das führt zu einer Belastung unseres 24-Stunden- die dann zu grossen Verzögerungen führen. Und Ich habe immer in kleineren Häusern gearbeitet, Dienstes. vielleicht noch eine ganz persönliche Erfahrung: weil ich immer ein wenig Respekt hatte vor der Was war die Hauptmotivation Ihren Beruf zu Sehr schwergefallen ist mir die erste Kündigung, Anonymität der grossen Häuser. Liestal ist eigent erlernen? Wird diese Erwartung im KSL erfüllt? die ich aussprechen musste. lich ein Haus mittlerer Grösse. Trotzdem ist das Für mich war klar, ich möchte im Gesundheits- familiäre Verhältnis, das man zu allen Abteilun- wesen arbeiten. Die Laufbahn in der Paramedizin gen hat, sehr gut spürbar. Man kennt seine An- ergab sich, weil ich nicht direkt am Patienten ar- sprechpartner, und es ist sehr hilfreich und unter- beiten wollte. Ich schätze den Spitalbetrieb, die stützend, dass wir jährlich an die Kaderseminare spezielle Atmosphäre vor allem im 24-Stunden- dürfen, wo explizit das Interdisziplinäre gefördert Dienst. Heute ist es aber ‹stressiger› als zu mei- wird und man seine Ansprechpartner kennen- ner Anfangszeit. Damals konnte man auch mal lernt. Grosszügig und motivierend sind die Apéros, schlafen dazwischen oder auf der Abteilung oder z.B. vor Weihnachten, wo man die Möglichkeit hat, im Notfall einen Kaffee trinken gehen. sich über die Abteilungsgrenzen hinweg auszu- Können Sie ein positives Erlebnis aus Ihrer tauschen. Wir im Labor werden auch massgeblich Berufstätigkeit schildern? darin unterstützt, uns weiter zu entwickeln. Es ist sehr toll, wie wir hier im Spital gefördert werden, dass viel Wert auf das Interdisziplinäre und den Zusammenhalt gelegt wird.
Chronik Chronik 17 Vom ländlichen Spittel zum Zentrumsspital auf dem Land «Es ist allgemein anerkannt, dass Gesundheit ein höheres Gut ist denn Geld und Geldeswerth.» Martin Birmann, Armeninspektor und Ständerat (1872) Strassennamen können täuschen. Wer an der Spitalgasse im Liestaler Zentrum nach der namensgebenden Institution sucht, befindet sich weit weg von seinem Ziel. Das Kantonsspital Liestal – oder neu: Kantonsspital in Liestal – befindet sich gut einen Kilometer weiter nordöstlich davon. An der Rheinstrasse und nicht etwa an der Spitalstrasse, die es in Liestal ebenfalls gibt. An dieser liegt das Kantonale Altersheim. Aber natürlich tru- gen beide Strassen ihre Namen einst zurecht. Dies aber vor langer Zeit, noch vor 1877, dem offiziellen Grün- dungsjahr des neuen Krankenhauses in Liestal. An der Spitalgasse und an der Spitalstrasse befanden sich die Vorgängerbauten des Kantonsspitals. Mit einem Spital nach den heutigen Vorstellungen hatten die damaligen Institutionen aber wenig zu tun. Schon gar nicht mit dem zeitgemässen regionalen Zentrumsspital von heute mit universitären Kliniken, über 1 700 Mitarbeitenden und 15 400 stationären Patienten pro Jahr (2011). Die Vorgänger-‹Spitäler› Bis zur Kantonstrennung existierten im Städtchen Liestal zwei Spitäler. Gemäss ihrer geografischen Lage wur- den sie als das obere und das untere Spital bezeichnet. Das obere Spital, es dürfte wohl bald nach der Gründung Liestals im 13. Jahrhundert entstanden sein, befand sich in der Nähe des oberen Stadttors. 1834, ein Jahr nach der Kantonstrennung, wurde es aber sogleich zur Kaserne umfunktioniert, so dass die Patienten oder Insassen im unteren Spital am Ausgang des Röserentals untergebracht werden mussten. Dieses war zu Beginn des 14. Jahrhunderts von einem der auf der Landschaft Basel regierenden Herren von Eptingen als Obdach für Aus- sätzige gestiftet worden, während das obere Spital ursprünglich als so genanntes ‹Spittel› oder Herberge für arme Durchreisende und gebrechliche Einheimische gedient hatte.
18 135 • 50 JAHRE Kantonsspital in Liestal 1854 wurde der Vorgängerbau des späteren Kantonsspitals eröffnet für die «andauernde Versorgung vorzugsweise von armen Ange hörigen der Gemeinden des reformirten Kantonstheils» sowie «die Unterbringung und Heilung von geistig und körperlich Kranken». Bereits 23 Jahre später, im Jahre 1877, wurde das Krankenhaus durch den ersten Neubau des Kantonsspitals Liestal ersetzt. Lahme und Irre, Vaganten und Trunksüchtige Obschon die Infektionskrankheit ‹Aussatz› (Lepra), die von Teilnehmern an den Kreuzzügen nach Jerusalem auch in die Landschaft Basel verschleppt worden war, damals schon länger keine Rolle gespielt hatte, bliebt die Bezeichnung ‹Obdach für Aussätzige› oder ‹Siechenhaus› lange bestehen. «Von mancherlei anderen Leiden befallene Menschen wurden in den Siechenhäusern untergebracht: Lahme, Epileptiker, Blinde, Taubstumme, Krüppel und Irre», wie sich der ehemalige Baselbieter Staatsarchivar Hans Sutter (1921–1988) in einem Beitrag über die «Geschichte des basellandschaftlichen Spitalwesens» im 1966 erschienenen Buch «Neubau des Kan- tonsspitals in Liestal 1957–1964» ausdrückt. Und damit noch nicht genug: «Später, im 17. und 18. Jahrhundert, wurden auch Arbeitsscheue, Liederliche, Vaganten und Trunksüchtige im Siechenhaus von Liestal versorgt.» Obschon das Haus seit 1821 die Bezeichnung ‹Spital› trug, dürfte ‹Siechenhaus› also noch einige Zeit der pas- sendere Begriff gewesen sein. Denn auch Anfang des 19. Jahrhunderts lebten die ‹Irren› zusammengepfercht mit den anderen Insassen auf engstem Raum zusammen. Erst 1816 wurden sie in speziellen ‹Narrengemäch- lein› untergebracht, die aber eher den Charakter von Kerkerzellen als von Spitalzimmern hatten. Als «eine Reihe von Verschlägen, den Schweineställen gleich», beschrieb der Armeninspektor und Ständerat Martin Bir- mann (1828–1890) die Zustände im damaligen ‹Spital›. Birmann gilt wohl nicht zuletzt aufgrund dieser Eindrü- cke als massgeblicher Promotor des Baus eines kantonalen Krankenhauses. Bei der Eröffnung des neuen Krankenhauses 1877 zeichnete er ein wahrhaft düsteres Bild der damals unmittelbaren Vergangenheit: «Wir haben sie noch gesehen, aber Wenige haben, wie der Sprechende im September 1854, gesehen, wie die Irren aus diesen Löchern gezogen wurden. Das Essen war ihnen durch einen Schieber hineingestossen worden, der Unrat war bis zu acht Tage lang nicht entfernt worden, das Lager der Armen zeigte sich als faulender Misthau- fen, ganz von Würmern durchzogen.» Über einen Umweg zum neuen Krankenhaus Dass dies unhaltbare Umstände waren, war allen klar. So beschloss der Landrat 1851 die Errichtung eines Neubaus neben dem alten Spital. Und man ging mit einem hohen Tempo zugange. 1854 bereits wurde der 228 571 Franken teure Bau, der heute das Kantonale Altersheim beherbergt, bezogen. Sehr bald schon wurde der Platz im Neubau aber zu knapp. Die engen Raumverhältnisse verunmöglichten eine saubere Trennung der verschiedenen Abteilungen. Und beim Auftreten ansteckender Krankheiten mussten jeweils Notlösungen ge- troffen werden. Diese Zustände liessen wiederum vor allem Martin Birmann keine Ruhe. Auf eigene Rechnung gab er Pläne für den Neubau eines zweckdienlichen oder wie er es selber formulierte, ‹besonderen› Spitals in
Chronik Chronik 19 Das Kantonsspital Liestal befindet sich auf dem Boden des ehemaligen Villenvororts von Liestal. Das 1767 erbaute Berrische Gut (links) und die Villa Gauss aus dem Jahre 1864, erbaut als Wohnsitz des damaligen Ständerats Martin Birmann, zeugen heute noch davon. Das älteste der historischen Gebäude ist die Feld mühle aus dem 16. Jahrhundert (Mitte), die bis ins 20. Jahrhundert hinein als Feldsäge in Betrieb war. Auftrag. Diese überreichte er sodann dem Regierungsrat als Geschenk. Darüber hinaus suchte er auch Mittel und Wege zur Finanzierung des neuen Spitals. Die Lösung fand er schliesslich in der Verschmelzung der Land armengüter des reformierten und katholischen Kantonsteils. Sein unermüdlicher und beachtenswerter Einsatz hatte Erfolg: 1875 wurde der Bau des neuen Kantonspitals beschlossen. Am 22. Juli 1877 wurde der 250 000 Franken teure Neubau eingeweiht. Es war die eigentliche Geburtsstunde des Kantonsspitals Liestal. Das neue Krankenhaus hatte knapp 100 Betten, war jedoch so geplant worden, dass spätere Erweiterungsbau- ten möglich waren. Solche gab es mit der Zeit viele: 1891/92 wurde ein ‹Absonderungshaus› für die Hospitali- sierung von Patienten mit ansteckenden Krankheiten erstellt, 1897 wurden im Estrich Dienstbotenzimmer eingebaut, 1904/05 folgte der Anbau für den Operationssaal und 1932 die Erweiterung des Empfangsraumes. 1934, auch das ein wichtiger Meilenstein in der Baselbieter Spitalgeschichte, wurden die Geisteskranken in der neuen kantonalen Heil- und Pflegeanstalt Hasenbühl untergebracht. 1951 erfolgte schliesslich ein Aufbau für die Schwesternzimmer. Und dennoch hinkte die bauliche Entwicklung dem Bevölkerungszuwachs aber auch dem wachsenden Platzbedarf durch den technischen Fortschritt in der Medizin stetig hinterher. Der rasche Zuwachs an Patienten hatte zur Folge, dass die Sechser-Säle mit zehn Patientinnen und Patienten belegt waren «und dass auch in den Korridoren immer Patienten unter primitivsten Bedingungen liegen mussten», wie Hans Rotzetter, Spitalverwalter von 1961 bis 1981, in der Jubiläumsbroschüre ‹25 Jahre Kantonsspital Liestal› schrieb. «Es fehlten Aufenthalts- und Besprechungszimmer, denn diese waren längst zu Patientenzimmer umfunktio- niert worden. Jedes Stockwerk verfügte nur über je zwei WCs und Badezimmer, und in den Krankenzimmer war kein fliessendes Wasser vorhanden.» Auch sonst vermochte das Krankenhaus die Anforderungen an ein zeitgemässes Spital mit der Zeit nur noch bedingt zu erfüllen. Denn auch personell war das Spital knapp bestückt. Bis 1954 war für die gesamte somati- sche Medizin ein einziger Chefarzt alleine verantwortlich. Zur Betreuung von rund 140 Patientinnen und Pati- enten hatte er lediglich einen Oberarzt und drei Assistenzärzte an seiner Seite. Ende 1954 wurde diese Notlage mit der Wahl eines internistischen Chefarztes und mit dem Bau eines Hilfsspitals mit 53 Betten etwas gemil- dert. Der Ruf nach einer grundlegenden Neuordnung wurde aber immer lauter. Bereits 1951 hatte sich eine Fachkommission für den Neubau eines Spitals ausgesprochen – verknüpft übrigens mit dem Vorschlag, im Unterbaselbiet ein zweites Kantonsspital zu errichten. Die Planung eines neuen Spitalgesetzes und damit auch des Spitalneubaus auf dem Areal der Villa Gauss, einst Wohnsitz von Martin Birmann, und des Berrischen Gu- tes an der Rheinstrasse kam ins Rollen.
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