Exkursion Kassel - Münster - 16. Juni 2017 - Institut für Kulturmanagement
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2 JohannaKleinAnnaGohlaHenrikeNebel IsabelGimberJohannaGrohmannSarah SchuhbauerNicoleGörnerLauraThomas L u i s a B a n h a r d t R o m i n a K u n z Ya n n i k ScheurerJuttaDrygallLenaFornolKatharina W ü r g a u L i n d a Ro b e n s A r n e D r a h e i m PiaLohmannEvaWeissmüllerFionaEbser MarkwardWittmannCarolinKnotzProf DrThomasKnubbenDrChristianeDätsch JulianeFlittnerFranziskaViehbacher
Programm 4 Vorwort Montag, 12. Juni Mittwoch, 14. Juni Spaziergänge auf der l sse documenta - Eine Erfahrung 6 In einem Märchenland 20 vor unserer Zeit Zu Besuch bei der HNA Gespräch mit Susanne Völker, Ka Gespräch mit Dr. Mark-Christian von Geschäftsführerin der Grimmwelt Kassel Busse, Feuilleton-Redakteur der 9 Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen Auf den Spuren von Herkules - Welterbemanagement im Dienstag, 13. Juni 24 Bergpark Wilhelmshöhe Gespräch mit dem Direktor Prof. Dr. Bernd Küster Ein Blick hinter die Kulissen des Kunstspektakels 28 Ein Streifzug durch den Gespräch mit Annette Kulenkampff, Bergpark Wilhelmshöhe 12 Geschäftsführerin der documenta 14 mit Ekkehard Jürgens Donnerstag, 15. Juni 3 „Ich bin doch kein Erklärbär!“ Vom Aasee bis zum 15 Gespräch mit Henriette Gallus, 32 Prinzipalmarkt Leiterin der Kommunikation der Eine klassische Stadtführung documenta 14 durch Münster Die Ausstellungs- Begegnungen mit koordination: 36 Skulptur Projekten Das Herzstück der Eine Fahrradtour durch Münster 17 documenta Gespräch mit Kirsten Wandschneider 42 Match Point! und Tilmann Hatje Gespräch mit Michael Letmathe, Dramaturg des Theater Münster Freitag, 16. Juni 46 „Zu 92 % ein Kunstmuseum ...“ Gespräch mit Dr. Hermann Arnhold, Leiter des LWL-Museums für Kunst und Kultur Münsterl r ste 49 Ein Künstler der ersten Liga? Gespräch mit „Totalkünstler“ ün Timm Ulrichs M 51 Impressum
Vorwort I n diesem Sommersemester verschlug es die 23 angehenden Kulturmanager des Jahrgangs 2016/2017 gleich an zwei Orte: die diesjährigen Kulturhotspots Kassel und Münster, die ver- schiedener nicht sein könnten. Kassel, einst Fachwerkeldorado, das im Zweiten Weltkrieg nahezu völlig zerstört und beim Wie- deraufbau zu einer, unter damaligen Gesichtspunkten, modernen Autostadt umfunktioniert wurde. Und Münster, das westfälische Studentenstädtchen, das in ähnlicher Weise verwüstet, jedoch nach dem Krieg nach historischem Vorbild wiedererrichtet wurde. Erstes Ziel der Wochenexkursion war die Weltkunstausstellung documenta 14, deren Name als Synonym der nordhessischen Kunstmetropole gilt. Auf dem Programm standen nicht nur zahlreiche Gespräche mit den Machern der weltweit bedeutendsten Ausstellung zur Gegenwartskunst, son- dern auch die Besichtigung der Weltkulturerbestätte Bergpark Wilhelmshöhe, der 2015 eröffneten Grimmwelt sowie ein Besuch bei der Kulturredaktion der dort ansässigen Tageszeitung Hessische Niedersächsische Allgemeine (HNA). 4 Zweites Ziel waren die Münsteraner Skulptur Projekte 2017, eine weltweit renommierte Großaus- stellung im öffentlichen Raum, die nur alle zehn Jahre stattfindet und Münster über einen Zeitraum von 100 Tagen in ein Museum unter freiem Himmel verwandelt. Zu Fuß und auf dem Rad erkun- deten die Kulturmanagent-Studierenden die vielfältigen Skulpturen, lernten das Theater Münster sowie abschließend das LWL-Museum für Kunst und Kultur kennen, wo sie auf ein echtes Original der deutschen Kunstszene trafen. Nun viel Vergnügen beim Schmökern und Schwelgen in den Erinnerungen an eine unvergessliche Exkursionswoche! Eure Redaktion Dezember 2017
Spaziergänge auf der documenta - Eine Erfahrung N ach erfolgreichem Zimmer- aus verschiedensten Mitgliedern, von Stamatis Schizakis und Tina bezug waren unsere ersten die mit unterschiedlichsten Voraus- Pandi insgesamt 180 Kunstwerke Programmpunkte in Kassel setzungen und Herangehenswei- von 82 Künstlern aus, die in Kas- zwei Spaziergänge der documenta sen die Spaziergänge begleiteten. sel präsentiert wurden. Die Aus- am Vormittag. Diese Spaziergän- So wurde der erste Spaziergang im stellung behandelte Themen wie ge waren Teil des Vermittlungspro- Fridericianum von Diane Rothang Grenzüberschreitung, Diaspora, 6 gramms der documenta 14. Unter geleitet, die Musikwissenschaft kulturellen Austausch, Mythologie dem Titel „Eine Erfahrung“ boten und Geschichte studiert hatte und sowie persönliche und kollektive Er- etwa 200 sogenannte „Choristen“ als Verlagslektorin arbeitete. Dort innerungen. Es war das erste Mal, an, mit Gruppen Teile der Ausstel- war die Ausstellung „ANTIDO- dass die Sammlung des EMST au- lung zu besuchen. Dabei handelte RON. Die Sammlung des EMST“ ßerhalb von Griechenland gezeigt es sich nicht um klassische Führun- zu sehen. Ausgestellt wurden Ex- wurde. Im Gegenzug war das EMST gen, bei denen die Guides mit Ex- ponate aus der Sammlung des einer der Hauptausstellungsorte pertenwissen als Vermittler der Wer- Nationalen Museums für Zeitge- der documenta 14 in Athen. Das ke dienen, sondern mehr um das nössische Kunst (EMST) in Athen. Museum konnte 2014 in den Ge- gemeinsame Erschließen und Er- Die Kuratorin des EMST Katerina bäudekomplex einer ehemaligen fahren der Kunst. Der Chor bestand Koskina wählte mit Unterstützung Brauerei einziehen. Zuvor wurde die seit 2000 aufgebaute Samm- lung griechischer und internationa- ler Künstlerinnen und Künstler von den 1960er Jahren bis in die Ge- genwart an verschiedenen Orten immer nur temporär gezeigt. Aus finanziellen Gründen fand erst im Oktober 2017 eine Teileröffnung des Museums statt, ursprünglich ge- plant war diese für das Jahr 2004. Eines der Werke, die bei der Füh- rung durch das Fridericianum be- sprochen wurden, war Andreas Lo- lis‘ „Shelter“. Auf den ersten Blick sah man nur einen Haufen Verpa-
ckungsmaterial. Die Choristin wies der Bü- uns aber darauf hin, dass es sich cher“ oder keineswegs um Pappe und Styropor „Expiration handelte, sondern um Marmor aus Movement“ von Carrara. Der albanische Künstler Daniel Knorr, das spielt mit dem Kontrast von Marmor, mit seiner konstanten der für Denkmäler verwendet wird, Rauchfahne für viele be- und billigem Verpackungsmaterial, sorgte Anrufe bei der Kas- mit dem er eine Notunterkunft ge- seler Feuerwehr gesorgt hatte. baut hat, wie es der Name „Shelter“ In der documenta-Halle selbst nahelegt. Ganz oben im Zwehren- begegneten uns unter anderem turm fanden wir einen Raum vol- Masken von Beau Dick, Zeich- ler Scherben vor. Der griechische nungen von Miriam Cahn und Künstler Costas Varotsos lies Glas- Textilien von Aboubakar Fofana. platten mit den unterschiedlichsten Flaggen bedrucken und verteilte Es war der erste Spaziergang für sie im ganzen Raum. Ursprünglich unseren Choristen. Seine Ideen war geplant, dass die Besucher durch den Raum laufen und die Offe nhei t Glasplatten so zerstören. Da die der Besu- Glasplatten beim Besucheransturm cher. Auch der documenta 14 aber zu schnell die Pluralität zermahlen gewesen wären, durften der Choristen wir den Raum schon nicht mehr be- und deren ver- treten. Genau das ist aber das Ziel schiedene Ansätze des Künstlers gewesen: Die Flaggen während der Spa- sollten sich mit der Zeit auflösen. ziergänge machen 7 Den anderen Spaziergang leitete zwar jeden Besuch ein junger Politikwissenschaftler, der einzigartig, aber auch auch selbst als Lichtkünstler aktiv ist. im Vorfeld schwer ein- Er zeigte sich vom Vermittlungskon- und Erklärungen konnten ganz im zuschätzen und nicht vergleichbar. zept der documenta ähnlich irritiert Sinne des documenta-Vermittlungs- Diese Verschiedenheit erfuhren wir wie viele Besucher: „Ich habe mich ansatzes durch unsere Vorrecher- auch selbst, denn die Gruppe des eigentlich nur als Chorist beworben, chen dialogisch ergänzt werden. ersten Spaziergangs zeigte sich weil ich dachte, man würde da sin- Der Ansatz, ohne erklärende Be- deutlich zufriedener mit der Ver- gen“, scherzte er. Ums Singen ka- schreibungen und im Austausch mit- mittlungsleistung ihrer „Erfahrung“. men wir alle herum. Auch darum, einander die Ausstellung zu erfassen, als Chor „die Linienführung in der ohne vorgefertigte Aussagen, ist si- von Isabel Gimber und Architektur zum Anlass zu nehmen, cher lobenswert. Andererseits fordert Yannik Scheurer auf die Bewegung des Körpers, auf dieses Konzept eine hohe Eigenleis- das Gehen selbst, auf Rhythmus und tung sowie Dialogbereitschaft und Stimme einzugehen“, wie es auf der Webseite der documenta zu diesem Spaziergang zu lesen ist. Stattdessen Daniel Knorrs waren die öffentlich zugänglichen Werke auf dem Friedrichsplatz und „Expiration dem Vorplatz der documenta-Halle Movement“ ließ Thema sowie die Ausstellung inner- viele Kasseler halb der Halle. Wir diskutierten und assoziierten zum Schriftzug „being Bürger die 112 safe is scary“, der den eigentlichen wählen. Schriftzug am Giebel des Frideri- cianums ersetzte, den „Parthenon
Zu Besuch bei der HNA Gespräch mit Dr. Mark-Christian von Busse Feuilleton-Redakteur der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen 9 A m ersten Abend der Exkursi- als Printmedium. Größter Konkurrent So sollen brandneue Nachrichten on, führte uns unser Weg zum vor Ort ist der Hessische Rundfunk. sofort nach Bekanntwerden bei “Kas- Sitz der Hessischen Nieder- Seit dem Jahr 2002 gehört die HNA sel Live” erscheinen. Diese werden sächsischen Allgemeinen (HNA). Im der Ippen-Verlagsgruppe an, die un- von HNA-Redakteuren und Repor- Foyer des Verlagshauses wurden wir ter anderem den Münchner Merkur tern immer zeitnah - auch von unter- von Herrn Dr. Mark-Christian von besitzt. Alleinstellungsmerkmal der wegs aus - eingestellt. Es ist der Ver- Busse, Redakteur der Kulturredak- Zeitung ist ihr Lokalteil, der, anders such, das bunte und umfangreiche tion, in Empfang genommen. Von als gewohnt, auf der ersten Seite der Leben der Stadt in jedem Moment Busse arbeitet seit fast 20 Jahren Zeitung erscheint und dem damit abzubilden und somit dem Leser ei- als Redakteur bei der HNA und hat gleichzeitig weitaus mehr Platz als nen noch besseren und aktuelleren uns gerne und ausgiebig von seiner gewöhnlich eingeräumt wird. Diese Service bieten zu können. Daraus Arbeit im Verlagshaus berichtet. Vor- Begebenheit lässt die HNA einzig- resultiert die mögliche Problematik, nehmlich haben wir mit ihm über artig und konkurrenzlos gegenüber dass es keine scharfe Trennung zwi- die Arbeit der Kulturredaktion wäh- anderen Lokalzeitungen erscheinen schen Privatem und Beruflichem für rend der documenta gesprochen. und macht die Stärke der HNA aus. die Redakteure und Reporter gibt. Die wichtigsten Fakten Online-Angebot - “Kassel Live” Die Arbeit der Kulturredaktion über die HNA An die Zeitung anknüpfend, verfügt während der documenta Die Hessische Niedersächsische All- die HNA über ein breites Angebot Die Kulturredaktion besteht aus gemeine ist eine Regionalzeitung, die an Online-Programmen, wie bei- insgesamt fünf Festangestellten so- in einer Auflage von 130.000 Stück spielsweise die Servicefunktion “Kas- wie zwei Volontären und einigen von Montag bis Samstag erscheint. sel Live“. Diese wird von der Bevöl- freien Mitarbeitern. Der Mehrauf- Dabei bedient die HNA neben der kerung sehr gut angenommen. Der wand im “documenta-Jahr”, wird Stadt Kassel auch das umliegende tägliche HNA-Liveticker möchte sei- mit Hilfe einer weiteren Kollegin Land und verfügt im Bereich Nord- ne Leser schnell und übersichtlich mit bewältigt. Die HNA verfügt als Re- hessen über eine Monopolstellung relevanten Nachrichten versorgen. gionalzeitung in Kassel über das
Privileg, die documenta an 100 Ta- und Leser, das Übersetzungsarbeit Von Busses Worten zufolge kenne gen Ausstellungsdauer permanent leisten soll, um die Kunstwerke den die Kulturredaktion die documen- begleiten und in das Geschehen Menschen näher zu bringen. Sie ta am Ende in und auswendig. vor Ort eintauchen zu können. Die veröffentlicht daher keine klassi- Kulturredaktion der HNA kann da- schen Kunstkritiken, sondern be- Die Zusammenarbeit mit der Pres- durch sehr intensiv über die Welt- trachtet aus verschiedenen Blick- seabteilung der documenta 14 kunstausstellung berichten, was punkten verschiedene Aspekte der verläuft nicht immer spannungs- anderen Zeitungen verwehrt bleibt. Kunst und hinterfragt und beleuch- frei. Das läge, so von Busse, in der Ein erstes Bild über die documenta tet sie. Dadurch soll die Kunst dem Natur der Sache. Aber auch darin, 14 haben sich die Kulturredakteu- Leser verständlich gemacht werden. dass unterschiedliche Interessen auf- re bei der Eröffnungspressekonfe- Grundsätzlich soll Kassel ein kunst- einanderprallten: Die HNA wolle renz am 7. Juni 2017 verschaffen freundliches bzw. kunstaffines Pub- möglichst viel über die Schau, und likum sein. So sind beispielsweise das auch im Voraus, erfahren. Die bei der documenta 13 etwa 10.000 Presseabteilung der documenta gab Dauerkarten in der Region Kassel Informationen allerdings vorzugs- verkauft worden. Dennoch gibt es weise nicht auf Anfrage, sondern auch viele Bewohner, welche mit zu selbst bestimmten Zeitpunkten der Kunstausstellung nicht viel an- heraus. Unser Gespräch mit Frau fangen können. Deshalb besteht, Gallus, Pressesprecherin der docu- laut von Busse, die Aufgabe der menta 14, hat diese Aussage bestä- Zeitung darin, diesen Spagat zwi- tigt. Von Busse ist davon überzeugt, schen beiden Positionen abzubilden: dass die documenta auf die HNA Man will jeden Leser ansprechen. angewiesen sei, um Publikum zu Für von Busse ist die Schau ein High- generieren. Daher ist eine erfolg- light, auch wenn 100 Tage Ausstel- reiche Zusammenarbeit zwischen HNA und der Presseabteilung der 10 können. Die vielzähligen Orte der Am Ende kennt die documenta unbedingt erforderlich. Ausstellung teilen die HNA Redak- Kulturredaktion die teure unter sich auf, sodass Informa- Zwei Stunden intensives Gespräch tionen über das breite Angebot an documenta in und mit Herrn von Busse haben uns in- Kunst gewährleistet werden können. auswendig. teressante Einblicke in die Arbeit Zu Beginn der Ausstellung hat der Kulturredaktion vor und wäh- die Zeitung eine 20-seitige Bei- lung sehr viel Arbeit bereithalten. Alle rend der documenta gegeben. lage veröffentlicht, die die Schau fünf Jahre dominiert die documenta und ihre künstlerischen Beiträge Kassel und verwandelt die Stadt. Ku- von Juliane Flittner und Anna Gohla in den Fokus rückt. Weiterhin wird ratoren und Galeristen reisen aus aller Welt an, um das Spektakel zu erleben. Die Schau prägt das Stadt- Generell versteht sich bild zunehmend und ist nach all den die Readaktion als Jahren zu einer Tradition geworden. Sprachrohr zwischen Von Busse ist außerdem mit zwei weiteren Kolle- Kunst und Leser. gen nach Athen gereist, um auch jeden Tag eine neue Seite über von dort aus über die documenta erscheinen. Unter die documen- der Rubrik „Lieblingskunstwerke” ta zu berichten. stellt nach und nach jeder Mit- Wie er selbst sag- arbeiter der Kulturredaktion sei- te, war es eine nen persönlichen Favoriten vor. mühsame, aber lohnenswerte Ar- Generell versteht sich die Redakti- beit und hat das on als Sprachrohr zwischen Kunst Bild der Schau vervollständigt.
11 Dienstag, 13. Juni
Ein Blick hinter die Kulissen des Kunstspektakels Gespräch mit Annette Kulenkampff Geschäftsführerin der documenta 14 12 A m zweiten Tag der Exkursion der Bundeskunsthalle in Bonn gelei- wie das Budget, das Personal und nach Kassel und Münster hat- tet hatte, wurde sie 1997 Geschäfts- die Versicherungen, verantwort- ten wir die Ehre, mit Annette führerin der Verlagsgemeinschaft lich war. So gewann zum Beispiel Kulenkampff über ihr spannendes Hatje Cantz Verlag in Ostfildern. Dort auch das Thema Sicherheit bei der Arbeitsfeld im Rahmen der Realisie- entstehen jährlich etwa 200 Neuer- documenta 14 aufgrund der ak- rung der documenta 14 zu sprechen. scheinungen, seit 1992 unter an- tuellen politischen Geschehnisse derem die Kataloge der documen- erstmalig an Relevanz: Es wurde Zur Person ta. 2014 wechselte sie schließlich ein detailliertes Sicherheitskonzept Annette Kulenkampff ist seit dem vom Verlag zur documenta selbst. entwickelt und Frau Kulenkampff 1. Juli 2014 die Geschäftsfüh- rerin der documenta und Mu- Klare Rollenverteilung „Künstlerische Frei- seum Fridericianum gGmbH. Die Rolle von Frau Kulenkampff heit endet da, wo das Sie wurde 1957 in Hannover ge- als Geschäftsführerin ist klar ab- boren und studierte Kunstgeschich- zugrenzen von jener der künstleri- Budget zu Ende ist.“ te, Germanistik und Archäologie in schen Leitung, die Adam Szymczyk betonte, dass diese enorme Verant- Frankfurt am Main. Nachdem sie übernahm. Dieser beschäftigte sich wortung bei ihr selbst liege. neun Jahre lang Teilhaberin der Ga- mit der Konzeption und der Künst- Beide Bereiche - künstlerische und lerie Gering-Kulenkampff in Frank- lerauswahl, also der Ausstellung an organisatorische Leitung - verfolgten furt am Main gewesen war und sechs sich, während Frau Kulenkampff jedoch stets das oberste Prinzip, die Jahre lang die Publikationsabteilung für alle organisatorischen Fragen künstlerische Freiheit zu ermöglichen.
Diese Trennung zwischen künst- Kulenkampff selbst ge- lerischer Leitung und Geschäfts- wann das Motto „Lear- führung musste immer wieder in ning from Athens” der einzelnen Situationen neu ausge- diesjährigen documenta handelt werden und erforderte viel insofern an Relevanz, Vertrauen – „künstlerische Freiheit als dass sie lernte, dass endet da, wo das Budget zu Ende auch eine etwas weniger ist“, so Kulenkampff. Sie selbst hat- strukturierte Zusammen- te während der Vorbereitung der arbeit mit externen Part- documenta wenig direkten Kon- nern wie jene mit den takt zu den Künstlern, stattdessen Organisatoren in Athen zu Adam Szymczyk, den Kuratoren letztlich zum Ziel führt. und den kuratorischen Assistenten, die den konkreten Ablauf planten. Kunst als Hoffnungs- träger Learning from Athens? Während ihrer Arbeit Die diesjährige Premiere mit Athen machten sich insbeson- als zweitem Ausstellungsort be- dere das extreme Elend schrieb Frau Kulenkampff als ein und die Hoffnungslo- „Abenteuer“. Das zentrale Prob- sigkeit in Griechenland lem dabei war natürlich die frem- bemerkbar, doch Frau de Sprache und Schrift, aber auch Kulenkampff stellte die kulturellen Unterschiede zwi- klar, dass Kunst auch in schen den Griechen einerseits sowie schwierigen Zeiten Hoffnung geben Künstler gezeigt werden, was aller- den Deutschen andererseits. Das kann. Das Ermöglichen von Kunst, dings nicht dem Konzept der Ausstel- Team arbeitete drei Jahre lang an selbst unter widrigen Umständen, lungsreihe entspricht. Trotzdem sei der Umsetzung dieser Premiere. In und das fertige Ergebnis – zu sehen, die documenta in Athen angekom- 13 Athen musste überhaupt erst eine wie die Künstler und das Publikum men, sie „funktioniert in dem Maße, Infrastruktur aufgebaut und Büros über die Kunst sprechen – definierte in dem man das erwarten kann“ gesucht werden, doch letztendlich Frau Kulenkampff schließlich als das und sei immerhin in der Kunstszene hat es funktioniert – viele Ideen und Beste an ihrer Arbeit. Nach eigener anerkannt. Gleichzeitig ermöglichte Konzepte auf inhaltlicher Ebene ent- Aussage hat die Geschäftsführerin die diesjährige documenta die Stär- standen dabei in Athen selbst. Für dementsprechend die Entschei- kung bereits bestehender Kunstins- dung, von der Verlags- titutionen in Athen. So vollzog sich branche zur documenta im Rahmen der Großausstellung zu wechseln, nie bereut. die Eröffnung des EMST, welches als einer der wichtigsten Schauplät- Anlaufschwierigkeiten ze des Kunstspektakels eine ent- und Chancen der do- cumenta 14 Kulenkampff folgend kön- Der gesamte Etat ne die documenta einen musste zu 50 Pro- extremen Aufschwung in zent selbst erwirt- der griechischen Kunst- szene bewirken. Bis die schaftet werden. Ausstellung in Kassel wirk- lich „geliebt“ wurde, hat sprechende Beachtung innerhalb es seine Zeit gedauert, der Kunstszene erfahren konnte. und diesen Vorlauf gab es in Athen natürlich nicht. Finanzielle Hürden Die Erwartungshaltung Auf finanzieller Ebene ist die do- war hier anfangs, dass cumenta dazu angehalten, einen vorrangig griechische fünfjährigen Wirtschaftsplan einzu-
halten, im Rahmen dessen aufgrund rend in Athen ledig- der Rechtsform der gGmbH keine lich die Anzahl der Gewinne generiert werden dürfen. Besuche der einzelnen Kulenkampff bezeichnet diese Auf- Kunststätten dokumen- lage als unrealistisch, da bei den tiert werden könnte. Bei der bereits abgeschlossenen Großaus- Evaluation der diesjährigen stellungen bislang immer Über- documenta wurde mit der Kas- schüsse erzielt worden seien. Bei der seler Universität, die beispielswei- 14 diesjährigen documenta standen se Besucherbefragungen in Athen der Geschäftsführerin dementspre- durchführte, zusammengearbeitet. chend drei Millionen Euro aus dem Überschuss der documenta 13 zur Von Anlaufschwierigkeiten in Athen Verfügung. Der gesamte Etat, be- über Fragen der Evaluation einer stehend aus zusätzlichen 34 Milli- Großausstellung - die Themen- onen Euro, musste zu 50 Prozent spektren, mit denen sich die Ge- selbst erwirtschaftet werden. Der schäftsführung der documenta Fehlbedarf wiederum wird durch auseinandersetzen muss, sind viel- die Stadt Kassel, das Land Hessen gestaltig. Für uns als angehende sowie die Kulturstiftung des Bundes KulturmanagerInnen verlangt eine beigesteuert. Kulenkampff selbst solche Position somit sicherlich den empfindet die Herausforderung, Mut, sich immer wieder auch mit die Hälfte des Etats durch Eigen- bislang unbekannten Herausfor- einnahmen abzudecken, als Zu- derungen auseinanderzusetzen. mutung. In Athen hingegen dürften, der Geschäftsführerin zufolge, keine von Einnahmen generiert werden. Dem- Lena Fornal und Luisa Ban- entsprechend fließen die Eintrittsgel- hardt der direkt in die Nutzung des EMST ein, ohne Gewinne zu erzeugen. Das Publikum der documenta Im Hinblick auf die Messung der Publikumsresonanz erläuterte Ku- lenkampff, dass in Kassel die Mög- lichkeit gegeben sei, die genauen Besucherzahlen zu erfassen, wäh-
„Ich bin doch kein Erklärbär!“ Gespräch mit Henriette Gallus Leiterin der Kommunikation der documenta 14 tung der Kommunikation. nicht weiter ausgebaut worden sei. Vor ihrer Anstellung bei der documenta arbei- In Gallus‘ Arbeit hat der Schutz der tete Gallus als Lektorin. Künstler oberste Priorität. So machte sie es sich unter anderem zur Auf- Zu Beginn des Ge- gabe, die Frustrationen der Künstler sprächs betonte sie, dass abzubauen, die bis dato schlech- sie keine Kommunika- te Erfahrungen mit der Presse ge- tions- oder Marketing- macht hatten. Um von den Medien expertin im klassischen so dargestellt zu werden, wie von Sinne sei – ihre Arbeit den Künstlern beabsichtigt, bot sie sei stark inhaltlich ge- ihnen eine intensive Begleitung an. prägt. So erklärte sie Gallus bewertet ihre Arbeit dann auch, dass die Kommu- als positiv, wenn die Künstler zu- nikationsabteilung der frieden seien, die Berichte nicht nur documenta 14 keinen auf Nationalität oder Geschlecht Masterplan bereithalte. abzielten und wenn sie über eine 15 Besonders tagesaktuelle europäische Perspektive hinausgin- Reaktionen seien wich- gen. So sah Gallus beispielswei- tig, da aufgrund aktueller se einen Bericht in der Tagesschau politischer Veränderun- über Künstler aus Nigeria und Mali gen, von denen auch als einen bedeutenden Teilerfolg an. teilweise die Künstler betroffen seien, keine Gallus weigerte sich, der Presse im kontinuierliche Kommu- Vorhinein eine Liste aller documen- nikationsstrategie ver- ta-Künstler auszuhändigen – dies D as Gespräch mit Henriette folgt werden könne. Die steht paradigmatisch für ihre Arbeit. Gallus schloss sich direkt Planung sei von einem kriselnden In unserem Gespräch zeichnete sie an das mit Annette Kulen- Europa begleitet worden, sodass ein Bild von sich, das dem einer Be- kampff an. Nachdem Gallus auf oftmals vorher Festgelegtes revidiert schützerin der Künstler gleichkam, der documenta 13 die Position der werden musste. Auch aus diesem welche die gängigen Praktiken der Pressesprecherin innegehabt hatte, Grund könne die documenta 14 (Kunst-)Berichterstattung in Frage übernahm sie in diesem Jahr die Lei- keine einheitliche visuelle Kom- stellte. Hierbei war es ihr wichtig, munikation vorweisen. Als Beispiel die Fahne für jene hochzuhalten, nannte Gallus die graphische Ge- die nicht die „luxuriöse“ Position in- Einen Masterplan staltung der Website: Die Linie auf nehätten, sich gegen die Presse und hielt die Kommuni- der Startseite hatte ursprünglich den die Medien wehren zu können. Die- Weg von Kassel nach Athen sym- sen Standpunkt vertrat sie mit großer kationsabteilung bolisieren sollen. Eine Woche nach Überzeugung und zitierte passgenau nicht bereit. deren Veröffentlichung nahmen Che Guevara: „400 Prozent for- die Flüchtlingszahlen dramatisch dern, um 50 Prozent umzusetzen“. zu, und der Linienverlauf wurde Nicht nur die Journalisten, sondern mit der Balkanroute in Verbindung auch die Leser sollten sich intensiv gebracht, weshalb das Design mit den Inhalten auseinandersetzen.
Die „listenbasierte“ Kommunikation fachliches Niveau verfüge, wel- stelle für sie nur eine schnelle, ober- ches man nicht unterschätzen solle. flächliche Befriedigung dar – einen Dennoch räumte sie ein, ihr sei be- schnellen Kommunikationskapita- wusst, dass die Besucherorientie- lismus, dem sie sich entgegenstelle. rung im Hinblick auf vermittelnde Gallus sagte, es sei ihr wichtig, nicht Momente teilweise zu kurz käme. nur als Dienstleisterin der Presse und So waren beispielsweise die Werk- der Medien zu arbeiten, sie wolle beschriftungen in den Ausstellungs- solch eine „Copy-and-paste-Repro- räumen stark reduziert und gaben duzierbarkeit“ nicht unterstützen. keinerlei Hintergrundinformationen Ausschließlich der Inhalt diktiere preis. Dies sei, so Gallus, unter an- auf der documenta 14, was wann derem einem Zeitmangel geschul- kommuniziert würde. Informationen det. Vermitteln müssten ihrer Mei- würden erst dann herausgegeben, nung nach ohnehin vielmehr die wenn ihrer und Adam Szymszyks Kunstmagazine, da die Kapazitäten Meinung nach der richtige Zeit- der Kommunikationsabteilung hier- punkt gekommen sei. Diese Art von für nicht ausreichten. Aufgabe ihrer Kommunikationsarbeit stieß jedoch Presseabteilung sei es, vor allem in von Seiten der Presse eher auf Un- Problemfällen, schnell und kompe- verständnis, was Gallus in ihrem tent zu kommunizieren, die Situation Arbeitsansatz wiederum bestätigte: zu beruhigen und Lösungen anzubie- Gegen die schlechte Presse weh- ten. Alles was darüber hinaus gehe, zähle nicht zu ihrem Aufgabenspek- trum: sie sei ja kein „Erklärbär“. Gallus meint, die Besucher der docu- Gallus hatte klare Ziele vor Augen: 16 menta verfügten über den Schutz der Künstler und ein Hin- terfragen der Zusammenarbeit von ein nicht zu unterschät- Presseabteilungen und den Medi- zendes fachliches und en. Hierbei rückte die Vermittlungs- intellektuelles Niveau. arbeit jedoch in den Hintergrund. Henriette Gallus‘ Ansätze wurden nicht nur in den Medien, sondern re sie sich und sie sei zu „bockig“, auch im Anschluss an das Gespräch um auf solche näher einzugehen. unter den Kulturmanagement- Der Inhalt diktiere und würde nicht Studierenden kontrovers diskutiert. zusätzlich für den Besucher „her- untergebrochen“. Schließlich war von Eva Weissmüller Gallus übrzeugt, dass der Besucher über ein hohes intellektuelles und
Die Ausstellungskoordination: Das Herzstück der documenta Gespräch mit Kirsten Wandschneider und Tilmann Hatje D as Gespräch mit den Lei- ment an und wird gerne als „black mit die Chance, ihre künstlerischen 17 tern der Ausstellungskoordi- box“ oder „Flaschenhals“ der do- Ideen vorzustellen und einen der nation, Tilmann Hatje und cumenta beschrieben, da hier alle begehrten Ausstellerplätze auf der Kirsten Wandschneider, fand zu Fäden zusammenlaufen. Die Koor- documenta zu erhalten. Während Beginn in den Arbeitsräumen der dination fungiert als Herzstück der ihres Aufenthalts in Kassel werden Abteilung Projektmanagement der Kunstmesse und ist kurz vor Aus- diese von der Assistenz der Kurato- documenta 14 statt, einer zu Büro- stellungseröffnung auf alle helfen- ren und der Abteilung Ausstellungs- räumen umgebauten und umgestal- den Hände angewiesen. In dieser management betreut und begleitet. teten kleinen Sporthalle mit Bühne. Zeit stehen die Telefone nicht mehr Sind die Künstler für die documenta Die Ausstellungskoordination ist still, und die Ausstellungskoordina- zugelassen, ist es ihnen in diesem organisatorisch unter dem Kurator tion befindet sich in der wichtigsten Jahr freigestellt, selbst auszuwählen, angesiedelt und kümmert sich vor Phase ihrer Arbeit. So ist eine der in welcher der beiden documen- allem um die Künstler und deren wesentlichen Aufgaben im Projekt- ta-Städte sie ausstellen möchten. Wünsche. Da, von der Verwaltung management zu Beginn der Pla- im Fridericianum Kassel abgese- nung die Ausschreibung und das Eine weitere Aufgabe der Ausstel- hen, jede verwaltende und orga- lungskoordination beinhaltet die nisierende Einheit der documenta Die berufliche Zukunft Kostenkontrolle, das Budgeting und alle fünf Jahre neu erstellt wird, ist der beiden Projektma- die „bad cop“-Rolle des Entschei- nicht nur die Ausstellungskoordina- dens über die Höhe der finanziel- tion von einem sehr schnelllebigen nager nach der docu- len Unterstützung einzelner Künstler Personaleinsatz geprägt. Mitarbeiter menta steht noch in und Werke. Diese Aufgabe lässt sich kommen und Mitarbeiter gehen, den Sternen. nicht vermeiden. Oft bekommen die welche berufliche Zukunft nach der Koordinatoren daher die Betitelung documenta auf die Projektmanager Einholen von Künstlerangeboten. des „Nein-Sagers“ zu hören, doch wartet, steht noch in den Sternen. Am Anfang müssen hierzu 150 auch einer weltweit bekannten Aus- Künstler aus aller Welt eingeladen stellung wie der documenta steht nur Die Ausstellungskoordination glie- werden. Diese vom Kuratorenteam ein begrenztes Budget zur Verfügung. dert sich an das Exhibition depart- ausgewählten Künstler haben so-
Die Künstler der documenta werden ausschließlich mit Geldern aus dem „pool-funding“ unterstützt; es erfolgt keinerlei Hilfe durch private Gelder. Dies kann sich häufig als schwierig herausstellen, da Herr Tilman Hat- je und Frau Kirsten Wandschneider oftmals erst sehr spät erfahren, wie der Künstler sein Werk gerne um- setzen möchte, und welche Res- sourcen dafür benötigt werden. Während des Gesprächs lässt sich rem Aufgabenbereich vorgestellt. immer wieder feststellen, dass Zeit ein wichtiger Faktor ist. Die Künst- Die Arbeitsatmosphäre wirkt ge- ler versorgen ihre Auftraggeber oft- schäftig und locker zugleich, die mals viel zu spät mit Informationen, jungen Mitarbeiter duzen sich. Ähn- wodurch eine direkte Budgetrech- lich locker und gleichzeitig wenig nung kaum möglich ist. Nach Herrn strukturiert verläuft auch das Ge- Hatje handelt es sich hier in jedem spräch mit den beiden Projektmana- einzelnen Fall um einen Entwick- gern, weshalb es den angehenden lungsprozess, während erste Kalku- Kulturmanagern zeitweise schwer- lationen anfangs oft noch aus dem fällt, einen umfassenden Über- Bauch heraus geschätzt werden. blick über die Struktur der Ausstel- Herrn Hatjes weitere Aufgaben um- lungskoordination zu bekommen. fassen die Umsetzung sämtlicher 18 Medieninstallationen der Spielstät- von Johanna Grohmann Die Ausstellungskoor- dination entscheidet, welcher Künstler wie- viel finanzielle Unter- stützung erhält. ten in Kassel und Athen, die Budget- kontrolle, die technische Umsetzung und eine dauernde Rücksprache mit allen einbezogenen Künstlern, Assistenten, Mitarbeitern und dem Kurator. Die Zusammenarbeit und der Austausch von Datenmateri- al verläuft weitgehend über Drop- box und Filemaker, während auch persönliche Besuche stattfinden und so ein direkter Draht zu den Künstlern geschaffen werden kann. Im Laufe des Gesprächs hu- schen immer wieder Mitarbeiter durch das Bild, werden von Herrn Hatje und Frau Wandschnei- der kurz aufgehalten und in ih-
19 Mittwoch, 14. Juni
In einem Märchenland vor unserer Zeit Gespräch mit Susanne Völker, Geschäftsführerin der Grimmwelt Kassel 20 E s war einmal ein warmer sonni- den Märchen. Die Ausstellung ver- sprache und fünf Dialekten erzäh- ger Tag in einer Stadt irgendwo eint damit das Bild der Grimms als len lassen und vieles mehr. Auch in der Mitte Deutschlands… „Märchenonkels“ mit ihrem politi- persönliche Gegenstände aus dem schen Engagement. Trotzdem kann Leben der Gebrüder Grimm kön- Nach dem Frühstück machte sich in der Kasseler Grimmwelt nur ein nen begutachtet werden. Die Aus- eine Gruppe abenteuerlustiger Stu- kleiner Teil des Grimm’schen Nach- stellung bietet viel Interessantes und dierender mit zwei ebenso abenteu- lasses ausgestellt werden. Für For- allerlei Kurioses, das in der Kürze erlustigen Begleitern auf den Weg scher ist deshalb die Grimmwelt der Zeit leider nicht alles eingehend durch den Stadtdschungel. Nach oftmals die erste Anlaufstelle. Von wahrgenommen werden konnte, einem kurzen Spaziergang erreich- dort werden sie je nach Forschungs- denn ein weiterer Termin rief bereits. ten sie die Kasseler Grimmwelt. Dort gegenstand und -schwerpunkt von tauchten sie im Untergeschoss des den Mitarbeitern weitervermittelt. Die Verabredung mit Susanne Hauses in die Welt der Gebrüder Völker, der Geschäftsführerin der Grimm ein. Gleich zu Beginn der Grimmwelt, führte auf die Dachter- Ausstellung fand man sich inmit- Die Ausstellung bietet rasse des Gebäudes. Bei strahlen- ten des Grimm’schen Wörterbuchs viel Interessantes und dem Sonnenschein konnte man weit wieder. Das Wörterbuch war der allerlei Kurioses. in das Umland schauen, bevor wir Schwerpunkt Jacob Grimms, der uns dem interessanten Gespräch sich selbst eher als Wissenschaftler Der zweite Teil der Ausstellung steht in lockerer Atmosphäre widmeten. und Forscher sah und dessen Lei- ganz im Zeichen der Märchen. Man Frau Völker bestätigte den Eindruck, denschaft der Ordnung sowie der kann selbst durch den Märchenwald dass man in der Ausstellung viel Zeit Grammatik der deutschen Sprache irren, sich ganz der Umsetzung in verbringen konnte. Nach eigenen galt. Wilhelm Grimm dagegen wid- Filmen hingeben, sich Rumpelstilz- Erhebungen ist die Verweildauer in mete sich mehr seiner Leidenschaft, chen in 22 Sprachen, Gebärden- der Grimmwelt überdurchschnitt-
so hat auch noch die Umgebung, für die Grimmwelt schwieriger zu er- durch Verschönerungsmaßnahmen, reichen ist. Aber auch die wechseln- von dem Großprojekt profitiert. Die den Sonderausstellungen und eine Bauzeit war auf zwei Jahre angesetzt so spannend konzipierte Daueraus- und wieder geschieht etwas Sonder- stellung, dass sich ein mehrfacher bares, nach genau zwei Jahren und Besuch lohnt, schaffen es, Besu- einem Tag Bauzeit wird die Grimm- cher zu generieren und zu binden. welt am 04.09.2015 eröffnet. Ganz im Sinne der Gebrüder Grimm, den Erfindern des guten En- Nach eigenen Er- des, denn ein Märchen hat ein gu- hebungen ist die tes und gerechtes Ende, allerdings Verweildauer in der erst seit den Grimms. Sie führten auch die Kinder als Protagonisten Grimmwelt über- ein, die heldenhaft allen möglichen durchschnittlich hoch. Gefahren entgehen. Die Zeiten ha- ben sich etwas geändert, die klas- lich hoch. Die Dauerausstellung sischen Bedrohungen sind mittler- ist für Alt und Jung konzipiert, vie- Da fragt man sich doch, ob nicht ein weile weder der böse Wolf noch die le Familien verbringen eine span- wenig Magie im Spiel war… sicher Stiefmutter, doch die Besucher der nende Zeit hier und tauschen sich kann man sich dessen nicht sein, Grimmwelt genießen es nach wie über ihre Lieblingsmärchen aus. doch es trug sich noch eine weite- vor, sich in die geheimnisvolle Welt Die Grimmwelt stellt das Werk der re Zauberhaftigkeit zu. Für das erste der Märchenfiguren zu verlieren… Gebrüder in den Vordergrund. Die Jahr wurde mit einer Mindestanzahl Besucher sollen nicht mit Informati- von 80.000 Besuchern gerechnet, … und wenn sie nicht geschlossen onen erschlagen werden, sondern dieses Ziel wurde bereits ein halbes ist, so kann man die Grimmwelt es werden Anreize geschaffen, sich Jahr nach der Eröffnung erreicht und Kassel noch heute besuchen. 21 mit den verschiedenen Inhalten zu bis zum Ende des Planjahres hatten befassen. Aus diesem Grund soll- mehr als 160.000 Menschen die von Jutta Drygall und te auch die Bezeichnung Museum Ausstellung besucht. Nicht ganz so Katharina Würgau für diesen Ausstellungsort nicht ver- erfolgreich wie das erste Jahr, aber wendet werden. Stattdessen hat die doch sehr zufriedenstellend gestal- Stadt einen Namenswettbewerb ten sich die Besucherzahlen bis zum ausgeschrieben - der ursprüngliche heutigen Tage. Von großem Vorteil Arbeitstitel „Grimmwelt“ hatte die ist, dass die Grimmwelt auch ein do- Kassler Bürger so begeistert, dass cumenta-Standort ist, so wird eine der häufigste Vorschlag „Grimm- Gruppe als Besucher gewonnen, die welt Kassel“ übernommen wurde. Und wie es sich für ein Gebäude aus der Märchenwelt gehört, trugen sich bei dem Bau der Grimmwelt einige fantastische, fast schon un- glaubliche Geschehnisse zu. Das Gesamtprojekt wurde mit zwanzig Millionen Euro Budget großzügig veranschlagt. Für den Bau des Ge- bäudes wurden ziemlich genau zwölf Millionen Euro benötigt und für die Planung und Umsetzung der Ausstel- lung sechs Millionen Euro. Das Bud- get wurde tatsächlich um circa zwei Millionen Euro unterschritten und
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N och heute ist die nordhes- sische Stadt Kassel geprägt von den Hinterlassenschaf- ten der früheren Kurfürsten. Neben den Errungenschaften aus ihrer Sammelleidenschaft, welche sich in den verschiedenen Museen der Stadt bewundern lassen, taten sich die Fürsten vor allem auch als Bauher- ren und Landschaftsplaner, unter an- derem für das Schloss und den Park Wilhelmshöhe, hervor. Dass diese auch heute noch durch Bewohner und Besucher aus der ganzen Welt bewundert werden können, ist ei- nem, im Jahr 2005 durch das Hes- sische Ministerium für Wissenschaft und Kunst erdachten, „museologi- schen Masterplan“ zu verdanken. Ausschlaggebend für diesen Plan war das Vorhaben, die zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Kriegs- schäden an den historischen Hin- terlassenschaften zu beseitigen und die Museumslandschaft Kassels neu zu ordnen. Die darin enthaltenen 24 Maßnahmen umfassen einen ganz- heitlichen Plan, nach dem die Bau- denkmäler unter architektonischen, denkmalpflegerischen und techni- schen Gesichtspunkten mit ihren museologischen Sammlungen sowie den sie umgebenden Parkanlagen zu einer Einheit zusammengeführt werden sollen. Im Zuge dessen wur- den der Bergpark und das Schloss Wilhelmshöhe unter dem thema- tischen Schwerpunkt „Fürstlicher Kosmos“ als Ensemble konstruiert. Für das ab 2005 auf 10 Jahre ange- legte Projekt stellte die Landesregie- rung 200 Millionen Euro bereit. Ein Jahr darauf folgte dann die Zusam- menführung der Staatlichen Museen Auf den Spuren von Herkules - Welterbemanagement im Bergpark Wilhelmshöhe Gespräch mit dem Direktor Prof. Dr. Bernd Küster
Kassel mit den historischen Garten- 23. Juni 2013 vom Welter- anlagen, welche bis dahin unter der bekomitee der UNESCO als Verwaltung der Schlösser und Gär- Weltkulturerbe anerkannt. ten Hessen in Bad Homburg stand. Der Anmeldeprozess zum Die neugegründete Dachorganisati- Weltkulturerbe, der bereits on, die „Museumslandschaft Hessen 2006 begann, wurde, so Kassel“ (mhk) ermöglicht eine direk- Küster, von einem breit zu- te Verwaltung vor Ort, im Schloss sammengestellten Team, Wilhelmshöhe, und übernimmt den hauptsächlich aus den Berei- organisatorischen Ablauf sämtlicher chen Marketing, Presse und Aktivitäten der Museumslandschaft. Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Erstaunlich ist dabei, dass für Für das auf zehn den Antrag und das Marketing keine zusätzlichen Mittel zur Jahre angelegte Pro- Verfügung standen, sondern jekt stellte die Landes- diese vielmehr aus dem Bud- regierung 200 Millio- get des ‚mhk‘ akquiriert wur- den. Küster bezifferte in unse- nen Euro bereit. rem Gespräch die Kosten auf Im Gespräch mit dem Direktor der ungefähr 100.000 Euro. Auch das Personal begleitete den Prozess durch das Welterbekomitee gehör- Museumslandschaft Hessen Kas- aus dem laufenden Betrieb heraus. te. Dieses schrieb dann einen Be- sel, Prof. Dr. Bernd Küster, ging es Der opulente Antrag wurde schon richt, der neben Bildmaterial und vor allem um den Anmeldepro- während der Bewerbung als sehr dem schon erwähnten dreiminüti- zess des Bergparks Wilhelmshöhe professionell wahrgenommen, da gen Nominierungsfilm in die end- zum Weltkulturerbe, die folgende er unter anderem einen Manage- gültige Entscheidungsrunde einging. Nominierung 2013 sowie um die 25 Folgen und Herausforderungen in mentplan enthielt. Neben diesem trug vor allem ein Nominierungsfilm, In dem vorgelegten Film des Berg- der Funktion als Weltkulturerbe. der uns während des Gesprächs mit parks wird das Ensemble der baro- den Verantwortlichen des Bergparks cken Wasserspiele sowie die über Das Ensemble des Kulturbezirks auch vorgeführt wurde, maßgeblich Jahrhunderte hinweg funktionie- Bergpark Wilhelmshöhe gehört zu zum Erfolg bei. Bei der Antragsstel- rende Ingenieurstechnik, die nötig den Highlights Kassels. Dieses Ge- lung standen das Wasser und somit ist, um dieses Schauspiel in Gang samtkunstwerk, bestehend aus ba- die Wassertechnik des Bergparks zu bringen, anschaulich dargestellt. rockem Schloss mit Gartenanlage, als Themengebiete im Vordergrund. Zudem wird auch die 8,30 Meter entstand im ausgehenden 17. Jahr- Hierbei wurde vor allem die histo- hohe Herkulesfigur, die 1713-1717 hundert unter Landgraf Karl (1654- rische Komponente der Einzigartig- als eine der ersten kupfernen Mo- 1730). Nach italienischem Vorbild keit der technischen Innovationen numentalstatuen weltweit geschaf- ließ er eine barocke Gartenanlage des Fürsten hervorgehoben. Dieser fen wurde, präsentiert. Sie steht auf mit Wasserkunst errichten und ver- entwarf zu seinen Lebzeiten, entge- einem Grottenbau, welcher den anlasste den Bau des Wahrzeichens gen jedweden politischen und stan- Ausgangspunkt für die 12 Kilome- der Stadt, den Herkules. Im späten desgemäßen Vorschriften, mit dem ter langen Wasserläufe, zahlrei- 18. Jahrhundert wurde die Garten- Herkules, den Wasserspielen und che Wasserfälle und Teiche bildet, anlage nach englischem Vorbild un- der barocken Sichtachse auf die welche schließlich in einer rund 50 ter Kurfürst Wilhelm I. (1743-1821) Stadt etwas Unvergleichbares, was Meter hohen Fontäne oberhalb zu einem großen Landschaftspark als Vorbild für die Gestalter in ganz des Schlosses Wilhelmshöhe mün- mit Philosophenweg, einem chine- Europa gelten sollte. Nachdem das den. Dieses Gebäude entstand im sischen Pavillon und Wasserfällen Konzept für die Anmeldung zum Jahr 1786 und beherbergt heute erweitert. Außerdem entstanden zu Weltkulturerbe durch das ‚mhk‘ die Gemäldegalerie „Alte Meister“. dieser Zeit das Schloss Wilhelms- bei der UNESCO vorgelegt wurde, Vom Herkules ausgehend eröffnen höhe im klassizistischen Stil und die folgte ein Entscheidungsprozess, die Wasserspiele eine Zentrala- abseits gelegene Löwenburg im Stil zu dem, nach positiver Bewertung chse, die über die Wilhelmshö- der Romantik. Das heute 560 Hek- des Konzeptes, eine Begutachtung herallee bis zur Innenstadt Kassel tar umfassende Gelände wurde am
als Sichtachse angelegt wurde. weisung wichtiger Sehenswürdig- Auf die Frage, ob die Nominie- keiten ein Geländeplan vom Berg- rung zum Weltkulturerbe seinen park entworfen. Im Bergpark selbst Arbeitsalltag maßgeblich verän- wurde die Beschilderung ausgebaut dert habe, antwortete Herr Prof. sowie das Personal im Bereich Be- Dr. Küster mit dem Fazit, dass es sucherservice und Parkaufsicht auf- durch die Kontrollmechanismen gestockt. Diese Maßnahme war vor zum einen anstrengender gewor- allem notwendig, da die Besucher den sei, es zum anderen aufgrund die zahlreichen Vorabinformatio- leichterer Reputation aber auch nen über das Internet oder über angenehmer wurde. Neben mehr Broschüren nicht in ausreichendem Besuchern und mehr Geld sehe er Maße nutzten und so zum Beispiel den wesentlichen Gewinn aus der ratlos oder enttäuscht seien, wenn Nominierung vor allem darin, dass sie das nur zu bestimmten Zeiten an- das Ensemble mit der Ernennung gebotene Spektakel der Wasserspie- dauerhaft unter Schutz gestellt sei le verpassten. Um ein offenes Ohr Kooperation, um für das Welterbe und keine „Basiskämpfe“ mehr ge- für diese Anliegen anzubieten, wur- eine einheitliche Kommunikation führt werden müssten. Den Bergpark de extra ein Beschwerdemanage- und Angebotspalette zu gewähr- bezeichnet Küster als „einen der ment für den Bergpark eingerichtet. leisten. So wird beispielsweise ein schönsten Arbeitsplätze der Welt.“ Bergparkticket für Hotels angebo- In Hinblick auf Inklusionsangebote ten, welches den Eintritt ins Museum Cornelia Ziegler, die für das Mar- für Menschen mit Gehbehinderun- Schloss Wilhelmshöhe und in den keting der ‚mhk‘ zuständig ist, hob gen existiert nun ein Shuttleservice Herkules mit einem Nahverkehrs- vor allem die starke Befürwortung im Bergpark, außerdem wurde das angebot und der Übernachtung der Bewerbung in der Region her- Schloss Wilhelmshöhe mit dem Zer- als ein Paket verknüpft. In Hinblick vor und nannte als Ziel, dass diese tifikat von „Reisen für Alle“ als bar- auf die gemeinsame, einheitliche 26 Begeisterung aufrecht gehalten wer- rierefreie Institution ausgezeichnet. Kommunikation gibt es von der den solle. Erfreut zeigte sie sich in Gemeinsam mit dem Fraunhofer- UNESCO sogar explizite Vorgaben, unserem Gespräch über die hohen Institut und der Universität Kassel zum Beispiel darf das Welterbe- Besucherzahlen nach der Ernen- entstand darüber hinaus die Idee Label nicht im Titel des Bergparks nung zum Weltkulturerbe, die sich für ein Elektromobil, welches Geh- verwendet werden. Auch im Bereich zu Beginn verdreifacht haben. Sie und Geistigbehinderten das Erlebnis von Sonderveranstaltungen und wies aber auch auf neue Herausfor- Bergpark näherbringen kann, aller- Führungen arbeiten die beiden In- derungen, Nachbesserungen und dings bedarf es nun noch einer Fir- stitutionen zusammen, um den na- Maßnahmen hin, die mit diesen Ent- ma, die dieses Fahrzeug produziert. tionalen und internationalen Markt wicklungen getätigt werden muss- qualitätsvoll bedienen zu können. ten. So wurde seitdem beispielsweise Auch zwischen der Tourismus GmbH zur besseren Orientierung und Aus- Kassel und dem ‚mhk‘ besteht eine Für die Politik gilt der Bergpark als Imageträger für Stadt und Land und als solide wirtschaftliche Einnah- mequelle. Er steigert die Besucherzahlen der Stadt und somit auch ihre Einnahmen. Dar- über hinaus erhält die Stadt Förderungen vom Bund im Zuge der Städ- teförderung für Welt- erbestätten. Diese wird vom gemeinsamen Trä- ger des Parks, der Stadt Kassel und dem Land
Hessen, als willkommen und not- wendig angesehen, denn die Gewin- ne, die ein Weltkulturerbe einspielt, müssen gleichermaßen in den ge- steigerten Aufwand, den Erhalt und die Nachhaltigkeit dieses besonde- ren Kulturgutes eingespeist werden. Für die Politik gilt der Bergpark als Image- träger für Stadt und Land und als solide wirtschaftliche Einnahmequelle. Sowohl Herr Prof. Dr. Küster als auch Frau Ziegler sind laut eige- nen Aussagen froh darüber, diesen Welterbeprozess begleitet zu haben und noch weiter begleiten zu dür- fen, da er zwar großes Engagement abforderte aber ebenso von vie- len neuen, spannenden Erfahrun- gen, Herausforderungen und Be- gegnungen begleitet gewesen sei. 27 von Nicole Görner und Sarah Schuhbauer
Ein Streifzug durch den Bergpark Wilhelmshöhe mit Ekkehard Jürgens 28 B ei strahlendem Sonnenschein Einfluss der englischen Gartenkunst tius (auch Grabmal des Homer tönen die Hörner der zwei im 18. Jahrhundert entstanden. Ein genannt), die der weißen Cestius- mythologischen Figuren des mit einem Gitter versehener Gang Pyramide in Rom nachempfunden „Faun“ und des „Zentaur“ durch im Fels, dem wohl kaum ein Spa- ist. Vorbei an der Eremitage des den Bergpark Wilhelmshöhe. Vom ziergänger auch nur einen Blick Sokrates, die wie ein Kulissenhäus- Schloss Wilhelmshöhe aus ist vom schenkt, ist heute einsturzgefähr- chen das Ende einer Baumschnei- Rest der Wasserspiele, die sich durch det, früher hat den Besucher je- se bildet, tosen die Wassermassen den Park schlängeln, noch nichts zu doch am Ende der Sybillen-Grotte unter der Teufelsbrücke hindurch in erkennen. Anders als die regulären den Höllenteich. Einem Alpenpano- Führungen durch den Park stehen Ekkehard Jürgens rama nachempfunden, bricht sich bei unserer Führung mit Ekkehard führt uns über teilwei- das wilde Wasser ungezähmt seinen Jürgens, ehemaligem Lehrenden am Weg über die Felsen bevor es sich Institut für Kulturmanagement, nicht se versteckte schmale weiter durch den Park schlängelt die Stationen der Wasserkünste aus Pfade zu einzelnen und wieder zwischen den Bäumen den verschiedenen Gartenbauepo- eher unscheinbaren verschwindet. Von der Teufelsbrücke chen im Fokus. Ekkehard Jürgens aus sind es nur ein paar Schritte bis führt uns über teilweise versteckte Objekten die abseits zur Plutogrotte, die den Eingang zur schmale Pfade zu einzelnen eher un- der ausgetretenen Unterwelt darstellt. Die Grotte liegt scheinbaren Objekten, die abseits Wege liegen. auf der Mittelachse des Parks, die der ausgetretenen Wege liegen. den oberen barocken Teil mit dem ein Standbild der Sybille erwartet. Herkules an seiner Spitze über das Im Tal der Philosophen machen wir Auf einer kleinen Lichtung, die nur Schloss Wilhelmshöhe und die Wil- Halt an einigen der Szene-Bauten, hangaufwärts über einen kleinen helmshöher Allee mit der Innenstadt die unter der Herrschaft des Land- Trampelpfad zu erreichen ist, be- verbindet. Gerade rechtzeitig dort grafen Friedrich II. und unter dem findet sich die Pyramide des Ces- angekommen, können wir noch
den Abschluss der Wasserspiele im vor dem Schloss gelegenen Fontä- nenteich beobachten. In einer 50 Meter hohen Fontäne schießt das Wasser in Form eines Isländischen Geysirs in die Höhe und greift so das Naturthema der englischen Gartengestaltung wieder auf. Bei einem Blick den Berg hinauf zeigen sich die barocken Wasserspiele mit dem Herkules, die unter dem itali- enischen und französischen Einfluss der Gartengestaltung entstanden sind und entgegengesetzt zu den Bestrebungen der englischen Land- schaftsgestaltung die Beherrschung der Naturgewalt des Wassers durch den Menschen betonen. Unsere nächste Station auf dem Streifzug durch den unteren Abschnitt des Bergparks ist das Aquädukt, das genau diese Naturgewalt thema- tisiert, indem das Wasser von der zerstörten Wasserleitung in die Tiefe stürzt. Leider sind die Wasserspiele schon zu Ende, sodass wir nur noch ein leichtes Tröpfeln beobachten 29 können. Dafür treffen wir auf einen anderen Liebhaber Kassels und der Wasserspiele – den Waschbären. Zurück am Schloss und fast schon auf dem Sprung in den Zug nach Müns- ter machen wir noch einen kleinen Abstecher vorbei an den Staffage- Bauten des chinesischen Dorfs „Mu- lang“ hinunter zum Lac, dem See unterhalb des Schlosses, in den das Wasser der Wasserspiele mündet. von Henrike Nebel
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Vom Aasee bis zum Prinzipalmarkt Eine klassische Stadtführung durch Münster S tation A: Jugendherberge am Aasee Der erste Tag in Münster beginnt sonnig vor unserer zweiten Ju- gendherberge für diese Woche. Wir werden von unserem heutigen Stadt- und Skulpturenausstellungs- Führer Klaus Woestmann begrüßt und erhalten erste Informationen zu den Hintergründen des künstlich an- gelegten Aasees. Dieser wurde nach einer langen Planungsphase, seit 1888, 1934 fertiggestellt. Er dient vor allem als Überschwemmungs- schutz und über ihn wird die Stadt belüftet und temperiert. Außerdem ist Münster als Fahrrad- 32 stadt berühmt und berüchtigt. Fast 40 % aller Fahrten finden hier mit dem Fahrrad statt, was auch die ca. 500.000 Fahrräder in der Stadt er- klärt. Damit diese alle Platz finden, gibt es am Bahnhof ein Fahrrad- parkhaus mit 3.500 Parkplätzen und wenn der neue Bahnhof eröffnet wird, kommen noch einmal 2.500 dazu. Wobei die Parkplatzzahlen, die uns unser Stadtführer gibt, wohl doch nicht wirklich die Masse an Fahrrädern beherbergen können. Bevor es losgeht, bekommen wir Poolballs“ sind drei riesige Billard- Stadtführer, dass die Stadt generell noch die Eckdaten der Skulpturen- Kugeln, die Claes Oldenburg 1977 für die Ausstellung aufgeräumt und ausstellung: Seit 1977 findet sie für die ersten Skulptur Projekte in hergerichtet wurde. alle zehn Jahre statt, jeder Künstler Münster geschaffen hat. Der 1929 darf sich seinen Platz aussuchen in Stockholm geborene Künstler fer- Station C: „Entente Florale“ zu und nach drei Monaten werden in tigte die Kugeln mit einem Durch- „Münster bekennt Farbe“ der Regel alle Kunstwerke wieder messer von dreieinhalb Metern aus Einen kurzen Zwischenstopp ma- abgebaut, außer die Stadt kauft ein Beton. Ursprünglich war sogar ein chen wir an der Promenade von Kunstwerk an. ganzes Billardspiel rund um den Münster. Nachdem die Stadtmauern Aasee angedacht. Dieses Kunst- 1764 abgetragen wurden, befindet Station B: „Giant Poolballs“ werk wurde extra für die diesjährige sich dort heute die sogenannte Fahr- Und schon sind wir an einem ers- Skulpturenausstellung restauriert, radautobahn. Die Grünflächenun- ten Überbleibsel der Skulpturenaus- denn normal seien diese Kugeln im- terhaltung rund um die Promenade stellung angekommen. Die „Giant mer beschmiert. Auch meint unser ist Teil der Kampagne „Münster be-
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