15 Jahre für das Miteinander - Jubiläumsmagazin Förderverein Begegnungen 2005 e.V.
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3 Unsere Arbeit, auch im Rahmen der Schulso- zialarbeit, ist gerade in Zeiten von Lockdowns und fehlender sozialer Interaktion wichtiger denn je! Die bewusste oder unbewusste Weitergabe von Vorurteilen, Diskriminierung und Antisemitismus, das Entstehen inter- kultureller und religiöser Spannungen beginnt bereits in frühen Kindesjahren – und zwar immer stärker auch im Netz. Die Fähigkeit zur Toleranz ist in unseren digitalisierten Gesellschaften von zunehmend fundamentaler Bedeutung. Die virtuellen Begegnungen, die unsere Projekte in diesem Jahr schaffen, können den Grundstein für ein spä- teres stabiles Beziehungsfundament legen. Junge Menschen und Multiplikator:innen, die wir heute über ein digitales Programm zusammenbringen, können sich hoffentlich im nächsten Jahr schon gegenseitig die Hand reichen. Jedenfalls müssten sie ihre Telefonnummer und Emailadressen nicht mehr austauschen – das haben sie jetzt nämlich bereits getan. Vorwort Wir beobachten einen engagierten, kreativen und herzlichen Austausch über so einfach Mittel wie ein Mobiltelefon. Es scheint ein wenig so, als ob die Generation der „Digital Natives“ auch deshalb so genannt werden kann, weil sie in der Lage dazu sind, Beziehungen über weite Distanzen Wir schreiben das Jahr zweitausendeinundzwanzig. mit einem kleinen rechteckigen Bildschirm zu pflegen, sich Wer rechnen kann, dem fällt schnell auf: eigentlich müssten auszutauschen und sich als Menschen mit offenen Herzen wir das sechzehnjährige Jubiläum unseres Vereins feiern. und auf Augenhöhe zu begegnen. Aber da die Folgen der weltweiten Corona-Pandemie auch Das ist es, wofür sich unser seit über fünfzehn vor uns nicht Halt gemacht haben, und sich auch bei uns Jahren erfolgreich eingesetzt hat und auch in Zukunft einige Projekte verzögert haben, die schon letztes Jahr hätten einsetzten wird. stattfinden sollen, finden wir es dem Zeitgeschehen nur angemessen, dieses kleine aber feine Magazin mit einem halben Jahr Verzögerung herauszubringen. Heutzutage ist eben alles ein wenig anders. Anders ist auch die Art und Weise, wie wir derzeit unsere Projekte denken: Begegnungen finden fast ausschließ- lich online statt. Aber wie können junge Menschen sich wahrhaftig begegnen, ohne am selben Ort zu sein? Noch vor kurzer Zeit hätten wir gesagt, dass das nicht möglich ist. Kein Computer der Welt kann eine Tour durch die Altstadt von Jerusalem – und schon gar nicht den Genuss einer hausgemachten Falaffel am Strand von Tel Aviv ersetzen. Aber dennoch:
4 In Gedenken In Gedenken an Dr. Paul Spiegel, April 2006 Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und „Hugo Spiegel [Vater von Schirmherr von Begegnungen 2005 e.V. Paul Spiegel], hat sein Zuhause nie verlassen. Meine Familie, unsere Mit großer Anteilnahme haben wir vom Tode unseres Schirmherrn Gemeinde und ich sind erfahren. Begegnungen 2005 e.V. wird sich auch weiterhin für die Ziele und Vorstellungen von Paul Spiegel einsetzen. dabei, wieder heim- Die Lesung aus dem Buch “Wieder zu Hause? Erinnerungen” von Paul zukehren – wenn die Spiegel ist bei unseren Veranstaltungen für die Jugend von zentraler Bedeutung. Dadurch wird unsere Vergangenheit wieder lebendig. Wir wollen über den nichtjüdischen Deutschen Verstand hinaus den jungen Menschen auch gefühlsmäßig über das Geschehene in es wollen. Ich bin davon der NS-Zeit ansprechen, sodass Vorurteile über Menschen anderer Kulturen oder Antisemitismus keine Chance mehr haben. überzeugt.“ Foto: Privat
5 Inhalt Unser Team 6 Über Begegnungen e.V. 8 Unsere Gründungsmitglieder 9 Projekte Die Reise ins Land des Feuers 10 Remembering the Past 12 We Connect X Ensemble 18 Friends in Music 22 To Find a Way 24 Dialog der Bilder 29 PACT Deutschland - Parents and Children together 30 Grußwort von Herrn Armin Laschet 33 The Art of Recycling - Kunst trifft Plastikmüll 34 Neues Europäisches Bauhaus 38 Impressum 42
6 Unser Team Michael Krebs Maike Berger Mehtap Zorer Es ist kein Geheimnis, dass Michael Als Tochter polnischer Immigrant:in- Als Dozentin für Interkulturelle Krebs als ältestes Mitglied des Ver- nen setzt sie sich mit Kreativität für Kommunikation entwickelte sie seit eins, auf die bewegte Geschichte der Toleranz, Respekt und Selbstbestim- 2016 zahlreiche internationale Projekte deutschen Demokratie zurückschaut. mung ein. Sie ist davon überzeugt, für den Verein. Sie leitete Jugend- Durch diese Perspektive ist es ihm ein dass Kunst eine universelles Medium austauschprojekte mit Israel und der Herzensanliegen, Projekte für inter- ist, dass Herzen öffnet und zu einem Türkei. Sie ist unsere Schnittstelle für kulturelle Verständigung zu initiieren. Verständnis über Worte hinaus führen die Öffentlichkeitsarbeit und berät den Er stammt mütterlicherseits aus einer kann. Verein in Fragen zu Online-Umsetzung Bauhaus-Familie und engagiert sich Maike ist Kunst- und Kulturpädagogin, von Prozessen. seit Gründung des Vereins für die Dozentin für Deutsch als Fremd- Mehtap studierte International Busi- demokratischen Grundwerte, für sprache und systemische Beraterin i.A. ness in Maastricht und war beruflich Toleranz, Respekt und ein Miteinander Ihre Leidenschaft sind Community Art in Belgien, den Niederlanden, México, auf Augenhöhe. Projekte im Bereich Text, Performance Groß Britannien und China tätig. und Kunst im öffentlichen Raum.
7 Pieter Aya Nisan Dr. Ruthie Veenman Eitan Sie ist eine junge Designerin mit einem Geboren in Alphen a/d Rijn, Nieder- Ruthie Eitan ist Historikerin und lehrte Hintergrund in Bildung und Kunst. Sie lande. Als Mitglied einer neunköpfigen am IDC Herzliya, an der Ben-Gurion- arbeitet in unserer Organisation und Familie setzt er sich gegen Rassismus, Universität des Negev und am Sapir ist verantwortlich für die Kontakte zu für kulturelle Diversität und für College in Israel. Seit 1982 engagiert unseren Partnern in Israel und den internationale Zusammenarbeit unter sie sich aktiv für den interkulturellen jüdischen Gemeinden in Deutschland Jugendlichen ein. Er partizipierte in- Jugendaustausch zwischen Deutschland und Europa im Allgemeinen. und organisierte mit Begegnungen 2005 und Israel. Sie ist an internationalen Aya hat eine starke Verbindung zu mehrere Austausche mit Israelischen Holocaust-Studien als pädagogische ihren jüdischen Wurzeln und glaubt Jugendlichen und gründete das Musik und historische Beraterin tätig und be- an die Integration und Verbindung Ensemble „We Connect X“, welches das gleitete mit Begegungen2005 zahlreiche von Juden und Israelis mit Kultur und Ziel verfolgt, mittels der Musik multi- Austauschprojekte. Leben in Europa mit Hilfe der Integra- kulturelle Zusammenarbeit zu fördern. tion der Jugend in Bildungsprogramme mit demokratischen Botschaften.
8 Foto: Privat Über Begegnungen 2005 e.V. Der Förderverein Begegnungen 2005 e.V. ist seit dem Jahr 2005 erfolg- reich tätig auf dem Gebiet der internationalen Jugendbegegnung. Der Verein agiert bundesweit mit lokalen Kooperationspartnern in den einzelnen Bundesländern und international mit Partnern aus Israel, Türkei und den Niederlanden. Die Projekte von Begegnungen 2005 e.V. sind von sehr großer Nach- haltigkeit geprägt – sowohl zwischen den Jugendlichen als auch zwischen den jeweiligen Kooperationspartnern, mit denen der Verein seit vielen Jahren sehr erfolgreich zusammenarbeite. So wurde der Förderverein für das bundesweite Integrationsprojekt „PACT- Parents And Children Together“ (2009-2011) vom Bündnis für Demokratie und Toleranz als Preisträger 2011 ausgezeichnet. Ziel des Projektes war es, das gegenseitige Verständnis zwischen Aufnahmegesellschaft und Zuwanderern zu verbessern und dabei die Jugendlichen für diese Ziele aktiv einzubinden.
9 Unsere Gründungs- mitglieder Dr. Karl Adenauer Prof. Günter Ruedell Vorsitzender von Begegnungen2005 e.V. Bildungswissenschaftler, Dirigent „Ich möchte gerne durch meine Tätigkeit im Verein Günther Rüdell trägt als Gründungsmitglied des Begegnungen2005 im Sinne der Völkerverständigung Vereins seit über fünfzehn Jahren zum Erfolg unserer Arbeit mitwirken. Hier sehe ich – mit vielen, vielen Menschen bei. Als Bildungswissenschaftler berät der den Verein in pä- gemeinsam – die Fortsetzung der Politik meines Großvaters dagogischen Fragen. Als Dirigent hat er wesentliche Impulse Konrad Adenauer, der sich nach dem Krieg erfolgreich für bei der Planung und Durchführung unserer musikalischen eine Wiederannäherung zwischen der damals noch jungen Projekte geben können. Er ist Leiter des Eastern Artists Bundesrepublik und dem ebenfalls noch jungen Staat Israel Ensembles. eingesetzt hat. Besonders liegen mir die wundervollen Begegnungen zwischen den jungen Menschen aus Deutschland, Israel sowie den moslemischen Ländern wie z.B. der Türkei, am Herzen! Denn – Erfahrung zeigt: Der Völkerfrieden kommt in erster Linie aus Begegnungen von jungen Menschen.“ Marita Dazinnis Iris Berben Vorstand Begegnungen2005 e.V. Schauspielerin, Friedensaktivistin Andreas Schmidt- Schaller Schauspieler, Friedensaktivist
10 Die Reise ins Land des Feuers Online-Projekt Das medienpädagogische Projekt „Die Reise ins Land des Feuers“ ist im deutschsprachigen Raum ein Pilotprojekt, das im Rahmen einer “hybriden Abenteuerreise” für Kinder und Multiplikator:innen innovative Technologien, wie Augmented Reality, und neue pädagogische Ansätze wie die Gamification einsetzt, um demokratische Werte und die Anerkennung des Anderen bei Kindern sowie Pädagog:innen zu stärken. Mit dem Projekt verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz, der sich nicht nur auf die Kinder und Jugendlichen konzentriert, sondern gleichermaßen beteiligte Pädagog:innen mit einbezieht. Das Format des Projekts entspricht dabei einer „Quest” zur Stärkung demokratischer Werte und zur Dekonstruktion des Fremden. Es ist also eine Art Abenteuerreise, welche die Kinder sowohl digital, als auch analog und mit Ele- menten der Augmented Reality erleben und dabei tolerantes Denken und Handeln erfahren. Ganz nebenbei trainieren sie auch noch ihre Englischkenntnisse und ihre digitalen Kompetenzen. Der Fokus des Projekts liegt zu gleichen Teilen auf der Weiterbildung von Pädagog:innen als Multiplikator:innen für einen sozialen Wandel, und auf der Einbindung der Kinder und Jugendlichen. Beide Gruppen werden darin geschult, Gamification-Elemente und innovativen Technologien Projektbeginn 2021 kreativ zu nutzen. Für uns ist ein solches „hybrides“ Projekt absolutes Neuland - und wir Partner freuen uns gerade deshalb so darüber, „Die Reise ins Land des Feuers“ durchzu- Die Firma Insight Sparks führen. Unsere Idee basiert auf dem in Israel durchgeführten Pilotprojekt “The Allen Ross, CEO, Jewish Federation Journey to the Land of Fire”. Es wurden von Insight Sparks in Zusammenarbeit of the Quad Cities, USA mit dem Accord Center - Social Psychology for Social Change der Hebräischen Jüdische Gemeinden in Deutschland, Universität Jerusalem entwickelt. Zentraler Teil des israelischen Projekts ist die Jugendvereine in Deutschland Begegnung von Kindern unterschiedlicher ethnischer und religiöser Gruppen, zwischen denen im israelischen Bildungssystem (anders als in Deutschland) eine Team institutionelle Trennung vorherrscht. Die Israelische Grundlagenforschung die Maike Berger, Aya Nisan, Pieter Veenman, zu dem Programm angestellt wurde, lässt uns hoffen, dass wir mit diesem Ansatz Dr. Ruthie Eitan, Prof. Günter Ruedel auch in Deutschland einen nachhaltige Methode entwickeln konnten, die sich
11 Foto: Insight Sparks auf spielerische Art und Weise mit Toleranz und der Anerkennung des Anderen beschäftigt. Genau das sind auch die Werte, für die unser Verein sich seit mehr als fünfzehn Jahren einsetzte: für das gemeinsame Miteinander und die Begegnung auf Augenhöhe, ungeachtet von nationaler, kultureller oder religiöser Zugehörig- keit. Schockiert und besorgt schauten wir deshalb auf die jüngsten, rassistisch und antisemitisch motivierten Anschläge von Hanau und Halle. Sie machen einen anhaltenden Anstieg von Hasskriminalität sichtbar, der sich auch im digitalen Raum entwickelt. Auch die Bundesregierung reagiert auf diese Entwicklung und verabschiedete 2020 ein Maßnahmenpaket Hasskriminalität im Netz. Der Umstand, dass sich durch die Corona-Pandemie ein Großteil des sozialen Lebens für junge Menschen auf den digitalen Raum verlagern musste, und somit auch viele Projekte der Freien Jugendarbeit ausgefallen sind, verdringlicht den Bedarf an hybriden Projekten, die sowohl die Kompetenz im Umgang mit einem digitalisier- ten Alltag der Jugendlichen stärkt, als als auch Teilhabe und Zusammenhalt in den Fokus rückt. Wir sehen daher aktuell die große Notwendigkeit unsere Aktivitäten zur Stärkung der demokratischen Werte auch vermehrt auf den digitalen Raum auszuweiten. Vor dem Hintergrund dieses Handlungsbedarfs im Bereich hybrider Bildungsangebote haben wir in dem israelischen Projekt „The Journey to the Land of Fire“ von der Organisation Insight Sparks ein inspirierendes Partnerprojekt gefunden. Wir sehen großes Potential in einem multimedial verankerten Bildungs- konzept, welches Hand in Hand mit binationalen Austausch geht.
12 Remembering the Past Internationales Jugendprojekt zu Erinnerungskultur Ursprung des Projekts In den ersten Jahren unserer Vereinstätigkeit haben wir in Zinno- witz/Usedom Treffen von Schauspielstudenten aus Tel Aviv und Deutschland organisiert. Im Mittelpunkt dieser wunderbaren Treffen standen interpersonelle Aussprachen über den Holocaust. Kamerastudenten der Universität Tel Aviv haben dieses Treffen filmisch festgehalten, um ein deutsch-israelisches Stück Erinne- rungskultur der 3.Generation geschaffen. Hier kamen besonders die Gefühle jener dritten Generation der Holocaust-Überlebenden zum Ausdruck, die gerade in einer Zeit, in der sich langsam ein Vergessen einstellen könnte, besonders wichtig sind. Diese intensiven Gespräche der Jungend Menschen und die tiefe Auseinan- dersetzung mit einem gesamt-europäischen Thema hat uns dazu motiviert, weitere Treffen dieser Art für eine breitere Gruppe Jugendlicher zu ermöglichen - und so eine Beitrag zu einer lebendigen Erinnerungskultur zu leisten. Essenz des Projekts Israelische und Deutsche Jugendliche begegnen sich und begegnen gemeinsam Zeitzeug:innen und Überlebenden des Holocaust der 2. und der 3. Generation. Gemeinsam tauschen sie sich über die europäische, deutsche und israelische Geschichte aus und erarbeiten ihre Vision für einen Weg zu einer demokratischen und friedensvermittelnden Zukunft. Ausgangspunkt ist die Frage, wie das Interesse und das Erinnern an den Holocaust mit dem Ziel des gegenseitigen Verstehens lebendig gestaltet werden kann. Wie kann bei den Jugendlichen der europäische Gedanke gefördert werden? Wie kann der Frieden Projektbeginn 2009 im Nahen Osten erreicht werden?
13 „Gemeinsam mit den Jugendlichen stellen wir die Frage: Welche Erfahrungen brauchen junge Menschen, um die gemeinsamen europäischen Vergangenheit zu verstehen und daraus für die Zukunft zu lernen?“
14 Yad Vashem. Foto: Private Gemeinsam mit den Jugendlichen stellen wir die Frage: Welche Erfah- rungen brauchen junge Menschen, um die gemeinsame europäische Vergangenheit zu verstehen und daraus für die Zukunft zu lernen? Die Teilnehmenden entwickeln künstlerische Konzepte, um den Holo- caust über die geschichtliche Dimension hinaus begreifbar zu machen. Dabei erweitern sie ihren jeweiligen persönlichen und national geprägten Blickwinkel auf die Geschichte, durch das persönliche Erleben von jungen Menschen der „anderen Seite“ und nicht zuletzt durch das Treffen von Zeitzeug:innen der 2. Generation. So kann das demokratische Bewusstsein und die Achtung der Menschenrechte gestärkt werden und die Teilnehmenden werden zu Botschafter:innen der demo- kratischen Menschenrechte.
15 Wie kann Erinnerungskultur gelingen? Uns sind bei der Erinnerungskultur zwei Aspekte besonders wichtig: Erstens sollten wir nicht nur über das Vergangene, das Geschehene sprechen, sondern uns viel mehr fragen: wie können wir junge Menschen gemeinsam dazu einladen, der Vergangenheit mit dem Herzen zu begegnen? Oder um es mit den Worten von Antoine de Saint-Exupéry zu sagen: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Gute Erinnerungskultur, auch in der 3. Generation, hat also immer mit einer intensiven Begegnung von Menschen und ihren Narrativen zu tun. Und am Ende eines Jugendprojektes zur Erinnerungskultur steht für uns immer ein gemeinsames „Produkt“. Etwas, das einen konkreten Gegenentwurf zu dem darstellt, an das wir uns gemeinsam erinnern. So haben wir die Möglichkeit unsere gemeinsame Zukunft neu zu formen.
16 Earth People Ensemble Deutsch-israelisches Jugend- Musikensemble Herr Krebs, Sie sind seit Gründung des Vereins bei vielen der Projekten selbst beteiligt. Auch bei der Gründung des Earth People Ensembles waren sie nicht ganz unbeteiligt. Woher kam die Idee, und woher der Name des Ensembles? Durch die vielen Jugendaustausche, die ich über den Verein miterlebt habe, durfte ich nicht nur wunderbare Menschen sondern auch wunderbare Musik kennenlernen. Besonders begeistert haben mich die Musik, die im Bildungs- zentrum Hakfar Hayarok in Ramat HaSharon gemacht wird - da lang eigentlich Projektbeginn 2009 den ganzen Tag eine Melodie in der Luft, und ständig musizierten junge Menschen einfach so miteinander. Das hat uns dazu inspiriert, diese Kultur des gemeinsa- Leitung und Partner men Musizierens jenseits von festgeschriebenen Partituren in ein internationales Amir Ben Alon Jugendensemble einzubringen. Das ist für uns eine Metapher für die Begegnung Dr. Toni Basila zwischen verschiedenen ethnischen Zugehörigkeiten, welche - ohne die Musik - so vielleicht nicht stattfinden würde. Schirmherren 2009 Im Jahr 2009 haben wir dann junge arabische und jüdische Musiker:in- Dr. Heinrich Mussinghoff, Bischof nen aus Israel nach Aachen für das Projekt „Instruments of Peace – Aachen“ von Aachen und Armin Laschet, eingeladen. Die Teilnehmenden haben sich wirklich erst im Flugzeug kennen- Minister für Generationen, Familie, gelernt. Das war ganz schön aufregend für uns alle! Unsere damalige Regisseurin Frauen und Integration des war die Studentin Maytal Ben-Hamo des Seminar-Kibbuzim Tel Aviv. Sie war Landes Nordrhein-Westfalen auch der Namensgeber von „Earth People“. Die musikalische Leitung übernahm
17 Foto: Privat Amir Ben Alon vom Bildungszentrum Hakfar Hayarok. Am Projekt „Instruments of Peace – Aachen“ waren ebenso Jugendliche aus Taiwan und deutsche Jugend- liche, mit unterschiedlichen familiären Herkunftssprachen beteiligt. Aus einem zunächst einmaligen Konzert entstand der Wunsch ein regelmäßiges agierendes, internationales Jugendensemble zu gründen. Unser Ensemble war in den letzten elf Jahren sehr erfolgreich und konnte nachhaltig für ein Miteinander von jungen Menschen werben. Seit 2009 machen jetzt schon junge Menschen unterschied- licher Religions- und Kulturzugehörigkeit gemeinsam in Deutschland und Israel Musik. Dabei verbinden sie folkloristische Elemente mit aktuellen Stücken und kreieren gemeinsame Konzertreihen. Der Geist eine internationalen Jugendaustausches verbindet sich mit der kreativen Kraft der Musik. Die Konzertreihen findet statt in Kirchen, Synagogen, Schulen, Konzerthäusern, in Deutschland und in Israel.
18 We Connect X Ensemble Deutsch-Holländisches Jugend- Musikensemble Die jungen Musiker aus Deutschland und den Niederlanden wollen durch gemeinsame Konzerte von Klassik bis Pop-Musik in verschiedenen europäischen Städten weitere musikbegabte Jugendliche gewinnen und für den europäischen Gedanken begeistern. Musik und Kunst soll dabei als verbindendes Element zwischen den Menschen dienen. Diese verbindende Kraft der Musik wird durch ihre Konzerte Teil der europäischen Integrationsarbeit. Durch das gemeinsame Musizieren und Leben in Gastfamilien entstehen für die Jugendlichen neue gemeinsame Perspektiven. Auf diese Weise wird das gegenseitige Verständnis für die unterschiedlichen europäischen Kulturen geschärft. Darüber hinaus möchte das Ensemble aktiv ein Zeichen setzen gegen den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland und Europa, verstärkt nicht zuletzt durch die vermehrten Flüchtlinge aus dem arabischen Raum und das Zunehmen rechter Parteien, die diese Ressentiments schüren. Durch die Konzerte möchten wir also auch ein Zeichen setzen für unsere Verbundenheit mit allen Menschen, egal welchem Glauben sie angehören, die in Israel und Palästina leben. „Was verbindet Menschen, Herzen und Gedanken unabhängig von Kultur, Glaube oder Herkunft? Genau: die Musik. Das We Connect X ist eine Gruppe junger, talentierter Musiker die sich für eine bessere, gemeinsame und grenzüberschreitende Zukunft einsetzen. Das X verkörpert eine Variable, die alles sein könnte, denn We Connect X verbindet und überzeugt jeden Menschen und jede Kultur. Wir als We Connect X wollen uns gegen Antisemitismus einsetzen. Dieses Ziel erreichen wir durch das Schaffen einer toleranten Gemeinschaft durch Musik. Die Musik verbindet und schafft Begegnungen zwischen Kulturen die völlig verschieden sind, sodass Jugendliche mit verschiedenen Hintergründen innerhalb Europas friedlich Logo: Pieter Veenman zusammen Arbeiten und eine gemeinsame Zukunft, ohne Hass und Diskriminierung, entwickeln können. Denn nur wir gemeinsam können dafür sorgen, dass sich unsere Zukunft positiv entwickelt und die Welt davon überzeugt wird, zusammen zu arbeiten und zusammen zu halten. Denn nur gemeinsam sind wir stark!“ Partner Earth People Ensemble (Text Manon Veenman, Schülerin der Joseph Beuys Gesamtschule ist Teil des We Connect X – Ensembles)
19 „Was verbindet Menschen, Herzen und Gedanken unabhängig von Kultur, Glaube oder Herkunft? Genau: die Musik.“ Foto: Pieter Veenman
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21 „Ausgangspunkt für die Gründung des Ensembles war wie so oft ein Jugendaustausch zwischen Israel und Deutschland“ erzählt Vorstandsmitglied Michael Krebs. „In diesem Jahr habe ich die Familie Veenmann aus Kleve kennengelernt. Pieter Veenmann ist heute ja auch aktives Mitglied unseres Teams. Familie Veenmann ist eine musikalische Familie, die sich für den europäischen Gedanken einsetzt - selbst kommen sie aus den Niederlanden. Das internationale Earth People Ensemble gab damals ein Konzert in Kleve, was Manon Veenmann dazu inspiriert hat, ein deutsch-niederländisches Ensemble Foto: Privat zu gründen, das mit seiner Musik für Europa und Demokratie steht.“
22 Friends in Music Deutsch-türkische Jugendbegegnung Das deutsch-türkische Austauschprojekt „Friends in Music“ fand zum ersten mal im Jahr 2012 statt. Vom 4. bis zum 13. Juni 2012 war der türkische Jugendchor „Parafonia“ aus Izmir in Düsseldorf zu Gast. Als Schule mit musika- lischem Schwerpunkt hatte das beteiligte Humboldt-Gymnasium in Düsseldorf nicht zum ersten Mal internationale Musiker:innen zu Gast. Aber diese binationale Musik-Projektwoche war ein Highlight. Auch der Schulleiter des Humboldt-Gym- nasiums, Volker Syring, äußerte sich begeistert: „Dieser Austausch passt hervorragend zu unserer Schule. Nicht nur, dass wir uns freuen, mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen in Austausch zu Projektbeginn 2012 kommen und ein besseres gegenseitiges Verständnis Eine Kooperation des Fördervereins für andere Kulturen und religiöse Überzeugungen zu Begegnungen 2005 e. V., dem Humboldt- Gymnasium, dem Generalkonsulat erlangen. Diese Begegnung gibt unsern Schülerinnen der Türkei in Düsseldorf und dem und Schülern die Möglichkeit, einen musikalischen Freundeskreis Heinrich Heine Austausch auf höchstem Niveau zu verwirklichen. Unter der Schirmherrschaft Natürlich freuen wir uns auch sehr auf den Gegen- von Firat Sunel Generalkonsul der Türkei in Düsseldorf besuch im nächsten Jahr.“
23 Foto: Privat Ziel dieses musikalischen und kulturellen Austausches war es, türkische und deutsche Jugendliche im gemeinsamen Musizieren kennenlernen und gegenseitiges Verständnis füreinander gewinnen. Die türkischen Jugendlichen wohnten während ihres Aufenthaltes bei ihren deutschen Partnerschüler:innen in Gastfamilien und konnten dort den Alltag in Nordrhein-Westfalen kennenlernen. Am Ende der Projektwoche haben die türkischen und deutschen Jung- Musiker:innen mehrere Konzerte auf die Beine gestellt, unter anderem in der Villa Horion in Düsseldorf. Neben der musikalischen Vorbereitung hat der Verein auch moderierte Workshops zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragen mit den Jugendlichen angeboten. Foto: Privat
24 To Find a Way Fortlaufendes Jugendaustausch-Projekt mit jugendlichen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit In unserer langjährigen Arbeit schauen wir auf viele tolle und erfolgreiche Projekte zurück, die exemplarisch für die wichtige Rolle stehen könnten, die internationale Austauschprojekte für Demokratie und Toleranzbildung haben. Gerade wegen der vielen positiven Erfahrungen, scheuen wir uns nicht, genauer hinzuschauen und die Themen zu benennen, bei denen es noch ein wenig mehr an Austausch und Verständigung braucht. Wir haben erlebt, dass es Fragen gibt, die Gruppen unterschiedlicher ethnischer oder religiöser Zugehörigkeiten nicht nur unterschiedlich beantworten, sondern die in ihrer unterschiedlichen Bewertung auch zu Hindernissen in der gegenseitigen Anerkennung führen können. Gerade wenn unterschiedliche Wertvorstellungen aufeinandertreffen, kann es für alle Beteiligten herausfordernd werden. Mit dem Projekt „To Find A Way“ möchten wir uns mit Jugendlichen verschiedener kultureller und religiöser Zugehörigkeiten diesen herausfordernden Fragen nähern und gemeinsame Auseinandersetzung anstoßen. Wir wollen achtsame Gespräche führen, über Themen und Fragen, für die es nicht die „eine richtige“ Antwort gibt. Vielmehr möchten wir im gemeinsame Dialog unterschied- liche Positionen und Wertvorstellungen anschauen, jeder Perspektive einen Raum geben und über die Unterschiedlichkeiten - und die vorhandenen Gemeinsam- Projektbeginn 2011 keiten - sprechen.
25 „Denn nur dadurch, dass achtsame Gespräche geführt werden, kann überhaupt ein besseres Verständnis, eine Anerkennung der Anderen aufgebaut werden.“ Foto: Private Archive
26 Foto: Privat Denn nur dadurch, dass achtsame Gespräche geführt werden, kann über- haupt ein besseres Verständnis, eine Anerkennung der Anderen aufgebaut werden. Dabei steht der Prozess im Vordergrund - „a little goes a long way“! Tief verankerte Wertvorstellungen sollen sich nicht innerhalb kürzester Zeit angleichen. Das ist nicht das Ziel. Es ist mehr als genug, wenn mit Respekt und auf Augenhöhe über die Unterschiedlichkeit gesprochen werden kann und die verschiedenen Perspektiven gegenseitig angenommen werden: eine Anerkennung als vielleicht unterschiedlich, aber in jedem Fall als gleichwertig. Das ist vielleicht ein möglicher gemeinsamer Weg, der gefunden werden kann - die Anerkennung der Anderen. So formulierte eine Teilnehmerin unseres Austausches zur Frage nach einem friedlichem Miteinander die Aussage: „we just have to finde a way“ - was unser Motto für diese Austauschreihe werden sollten. Das Projekt “To Find A Way“, das wir gemeinsam mit Jugendlichen aus Köln und Mönchengladbach sowie mit muslimisch-arabisch-christlichen und jüdi- schen Jugendlichen aus Israel erfolgreich seit 2011 durchgeführt haben, hat jetzt im Jahr 2021 seinen Fortgang in Israel mit Jugendlichen aus Nordrhein-Westfalen. Diesmal werden Jugendliche aus Mülheim an der Ruhr nach Israel fahren.
27 Inhaltlich beschäftigten sich die Jugendlichen aus Deutschland und Israel während der Projekte mit viel- schichtigen und divers diskutierten gesellschaftspolitischen Themen wie Diversität, Geschlechterrollen, dem Nah-Ost- Konflikt und seiner Bedeutung für Deutschland, aber auch im Besonderen mit der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland, sowie mit jüdischem und arabischen Leben in Deutschland und Israel. Und natürlich mit Religion und Frieden. Die gegenseitige Wertschätzung aller Teilneh- menden ist ein zentraler Aspekt bei allen Aktivitäten des Fördervereins. Durch den Einsatz und die Persönlichkeit des Vereinsvorstandes Michael Krebs, sind die Begegnungs- projekte mit Jugendlichen aus Israel und Deutschland in vielerlei Hinsicht einzigartig. Hierzu trägt maßgebend der enge persönliche Kontakt zwischen den Vereinsmitgliedern und den vielen Menschen und Institutionen in Israel und Deutschland bei.
28 Yad Vashem. Foto: private archive Foto: Privat
29 Dialog der Bilder Deutsch - Israelisches Kunstprojekt und Jugendaustausch Man kann sich bereits denken, welche Alltagsweisheit hinter unserem Projekt steht - denn ja, es stimmt wirklich, dass ein Bild mehr aussagt, als tausend Worte. Kalendersprüche haben zwar die Eigenschaft ein wenig kitschig zu sein, aber trotzdem enthalten sie zumeist ein großes Stück Wahrheit. Und so haben wir beim Projekt „Dialog der Bilder“ die Erfahrung gemacht, dass sich junge Men- schen abseits der herkömmlichen Sprache auf einen intensiven Begegnungsprozess einlassen können. Durch die gemeinsame Arbeit mit Farbe und Materialien, entstanden jenseits der Bilder vor allem tiefe, menschliche Eindrücke. Es kommt in diesem Projekt nicht so sehr darauf an, wie ein Bild am Ende aussieht, es ist von viel größerer Bedeutung, wie es sich für die beteiligten Jugendlichen anfühlt. Bei der ersten Begegnung in Deutschland haben die Teilnehmenden sich bereits aktiv mit Themen wie Toleranz, Akzeptanz und Diversität auseinander- setzt und diese bei der Erstellung der Bilder aus der eigenen Perspektive heraus zum Ausdruck gebracht. Die einzelnen Bilder wurden dann in einer Galerie zusammengefasst und bei verschiedenen Anlässen während der Projektwoche im Zeichen des interkulturellen Dialoges präsentiert. Die Bildergalerie wurde Jahr 2017 gemeinsam mit den Jugendlichen auf die Reise nach Israel geschickt, um den Dialog der Bilder weiter anzustoßen. Es wurden weitere Aspekte wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Zentrum der Begegnung gestellt. Im Rahmen des Gegenbesuches der Israelischen Jugend- lichen nach Deutschland haben die Jugendlichen ihre künstlerische Auseinander- setzung fortgeführt und eine zweite Bilderserie erstellt. Die Bilder wurden in verschieden Jugendzentren und an öffentliche Plätzen in Deutschland und Israel ausgestellt.
30 PACT Deutsch- land - Parents and Children together Film- und Medienworkshop für neuzugewanderte Kinder und Eltern Das Projekt „PACT“ war eines unsere ersten großen Projekte, das sich jenseits des regulären internationalen Jugendaustausches für Integration und Toleranz in Deutschland einsetzte. Wir sind immer noch sehr stolz darauf, vom Bündnis für Demokratie und Toleranz beim Aktiv-Wettbewerb ausgezeichnet worden zu sein. Die Idee ist nach Vorbild eines großartigen israelischen Projekts aus der Stadt Rechovot entstanden, von dem wir bei einem unserer Austauschprojekte er- fahren haben. Das Konzept „Parents and Children Together“, bei dem auf Augen- höhe mit Eltern und Kindern gemeinsam gearbeitet wird, findet dort erfolgreich als Integrationshilfe für jüdische Immigrant:innen aus Äthiopien statt. „Diese Idee, Eltern und Kindern gleichberechtigt Gehör zu schenken, hat mich begeistert und ich dachte, das wäre auch ein Ansatz, mit dem wir in Deutsch- land ein kreatives Projekt umsetzten könnten. Wir haben uns hierfür den Film als Medium ausgewählt.“ erzählt Michael Krebs. Bildung ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Lebensweg. Über unsere Jugendarbeit haben wir die Notwendigkeit einer erweiterten Integrationsarbeit erkannt. An erster Stelle sollen die Bildungsmöglichkeiten für Projektbeginn 2009 Kinder mit Migrationshintergrund verbessert werden. Hier spielt die Überlegung
31 „Bildung ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Lebensweg.“ Foto: Agung Pandit Wiguna
32 Foto: Privat einer bilingualen Erziehung vom Kindergarten an bis in Grundschulen hinein eine wichtige Rolle. Weiterhin ist zu überlegen, wie ein für den Lernprozess günstiges Verhältnis zwischen der Anzahl der deutschen und den Kindern mit Migrations- hintergrund in den Klassen zu erreichen ist. Zu den organisatorischen Aufgaben kommt die viel schwierigere Auf- gabe, Menschen zu erreichen, die zu uns eingewandert sind, um ihr Zuhause in Deutschland, in Europa, zu finden. Das heißt, dass diese unsere demokratischen Grundwerte kennenlernen und annehmen. Anders als in Israel, gehören die zu uns Gekommenen meist einer anderen Religion als der traditionell verankerten christlichen. In der Mehrzahl sind es Muslime, die hier in Deutschland, Europa ihre neue Existenz aufbauen und aufgebaut haben. Über die Mittel der filmischen und fotografischen Auseinandersetzung wurde eine Beschäftigung mit den zentralen deutschen Grundwerten initiiert, ohne den Beigeschmack einer Belehrung „von oben herab“. Fragen nach der Machtstellung von Männern und Frauen in Deutschland und im Internationalen Vergleich wurden aufgeworfen, die Freiheit der Religionsausübung thematisiert, und Kinder und Eltern fragten sich gemeinsam, was es eigentlich für sie als Familie aber auch als Individuen Bedeutet, dass die „Würde des Menschen un- antastbar ist“ und an welchen Stellen im Alltag dieses Grundwert eine besonders hohe Bedeutung hat. Das Projekt wurde im Jahr 2011 vom Bündnis für Demokratie und Toleranz im Aktiv-Wettbewerb als Preisträger ausgezeichnet.
33 Leschet
34 The Art of Recycling - Kunst trifft Plastikmüll Deutsch-Israelisches Jugend- Kunstprojekt Es gibt Themen, die sind jenseits aller Grenzen relevant. Die weltweite Umweltkrise gehört sicherlich dazu. Bei Gesprächen mit den beiden Partnerstäd- ten Stadt Tel Aviv und Essen entstand die Idee, Jungen Menschen eine internatio- nale Austauschplattform zu den Fragen der weltweiten Umweltkrise zu bieten, und gemeinsame, internationale Perspektiven auf ein globales Thema zu entwickeln. Dass es für eine solche Auseinandersetzung ein besonderes Medium bräuchte, war auch schnell klar - und so kam es zu der Idee des „The Art of Recycling - Kunst trifft Plastikmüll“. Wie der Titel verrät, regt das Projekt junge Menschen über die künstlerische Ausdrucksformen wie Skulpturen oder Installa- tionen dazu an, die weltweite Dimension ihres eigenen Handelns zu durchschauen. Denn die Umweltkrise ist ebenso ein demokratisches Thema, eine Frage nach Respekt und Toleranz wie die anderen Fragestellungen, mit denen sich unser Projektbeginn 2021 Verein beschäftigt. Die Rahmung des Projekts entspricht einem Jugendaustausch. Aus- Partner getauscht werden aber nicht nur persönliche Erfahrungen, Sprache und Kultur sondern - ganz profan - auch der Müll, denn die Jugendlichen zuvor in ihrer Stadt Tel Aviv, Junge Menschen im Alter jeweiligen Wohnumgebung gesammelt haben. von 16-20 Jahren aus der Stadt Essen
35 Foto: Daria Shevtsova
36 Foto: Polina Tankilevitch Jugendliche aus Israel und Deutschland kreieren dann jeweils im Partnerland Kunstwerke aus dem Plastikmüll-Material, dass die jugendlichen Partner:innen für die gesammelt haben. Der sprachliche und soziale Austausch zwischen jungen Deutschen und jungen Israelis steht dann im Dienste der Aus- einandersetzung mit dem Thema Umwelt. In Workshops mit Fachleuten werden ökologische, politische und soziale Inputs zu den Fragen gegeben: Woher kommt der ganze Müll? Was können wir auf internationaler und persönlicher Ebene tun, um in Zukunft weniger Müll zu produzieren? Welche Unterschiede in der gesell- schaftlichen Besprechung der Thematik gibt es zwischen den beiden Ländern? Neben der Auseinandersetzung mit der inhaltlichen Thematik des Projekts bietet dieses künstlerische Austausch den jungen Menschen die Mög- lichkeit einer Erweiterung des persönlichen Horizonts. Die unterschiedlichen ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten der Jugendlichen steht bei diesem Projekt zwar nicht im Fokus aber ist nicht damit nicht weniger Einflussreich und Persönlichkeitsbildend. Geleitet werden die Workshops jeweils von Künstler:innen, Medienpä- dagog:innen sowie Fachstudent:innen aus den Bereichen Politik, Pädagogik und Sozialwissenschaften aus beiden Ländern. Durch diese diverse Zusammensetzung aller Teilnehmenden kann über die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Thema auch zum Abbau von Stereotypen und Bias beigetragen werden.
37 „Das heißt konkret, dass pro Teilneh- mendem Jugendlichen eine Tüte Plastik- müll aus Deutschland nach Israel und umgekehrt aus Israel nach Deutschland im Gepäck der Jugendlichen reist. Mit dieser Intervention wollen wir darauf aufmerksam machen, dass der ganze Müll ja nicht einfach verschwindet, sondern „irgendwohin“ muss. Entweder er wird recycelt, oder er wird einfach in andere Länder verschoben. Die Wertigkeit des Mülls als unser einziges Material, aus dem wir im Anschluss die Skulpturen bzw. die Installationen anfertigen, wird durch die Reise im Flugzeug noch hervorgehoben.“
38 Neues europäisches Bauhaus Interdisziplinäres Künstlerisches Projekt für junge Menschen aus Israel, Deutschland und den Niederlanden Im Herbst 2020 veröffentliche Ursula von der Leyen den Auf- ruf ein „Neues Europäisches Bauhaus“ zu entwickeln. Aus diesem Grund werden wir eine neue Europäische Bauhaus-Bewegung anstoßen – einen Raum des gemeinsamen Gestaltens und der Kreativität, in dem Architekten, Künstlerinnen, Studenten, Systemwissenschaftler, Ingenieurinnen und Designer zusammenarbeiten, um diese Vision zu verwirklichen.“ (Ursula von der Leyen, veröffentlicht am 17.10.2020 in FAZ online) Wir möchten diesem Aufruf folgen und ein dreijähriges künstlerisches, internationales Jugendprojekt initiieren, welches über die Kombination ver- schiedener künstlerischer, geistes- und sozialwissenschaftlicher sowie technischer und ökologischer Perspektiven, junge Ideen für ein „Neues Europäisches Bauhaus“ entwickelt. Phase eins unseres Projekts startet mit dem Bar Camp „Junge Visionen für ein neues, europäisches Bauhaus“. Bewegungen müssen von innen heraus wachsen. Und so wollen wir als ersten Anstoß ein BarCamp mit Interessierten Jungen Menschen aus den Niederlanden, Israel und Deutschland durchführen, um Ideen zu säen und Visionen zu sehen. Das Format des Bar Camps eignet sich durch seine geordnete und doch offene Struktur ideal, um sich mit dem Prinzip der Schwarmintellingenz aus verschiedenen Disziplinen folgenden sehr komplexen Fragestellungen - von klein nach groß - zu nähern: Welche Bedeutung hat das Bauhaus bzw. konkrete Ideen des Bauhaus für das Herkunftsland, die eigene Herkunftsstadt? Welche Ideen sind für die eigene Lebenswelt der Jugendlichen, für das eigene Studienfach, das eigene Interessens- Projektbeginn 2021 gebiet relevant? Vor welchen Herausforderungen stehe ich als Individuum, wir als
39 „Gemeinsam mit den Jugendlichen stellen wir die Frage: Welche Erfahrungen brauchen junge Menschen, um die gemeinsamen europäischen Vergangenheit zu verstehen und daraus für die Zukunft zu lernen?“ Foto: Privat
40 „Bewegungen müssen von innen heraus wachsen. Und so wollen wir als ersten Anstoß ein Bar Camp mit interessierten jungen Menschen aus den Niederlanden, Israel und Deutschland durchführen, um Ideen zu säen und Visionen zu sehen.“
41 Stadtgesellschaft, wir als Land und wir gesamteuropäische Gesellschaft, wenn wir den Green Deal umsetzten können? Welche Ideen und Techniken, Herangehens- weisen liefert das Bauhaus, um diese Herausforderungen anzugehen? Zu diesen Fragen wird das Bar Camp mit Teilnehmenden aus den drei Ländern Israel, Niederlande und Deutschland durchgeführt. Alle drei Länder sind für die Geschichte des Bauhaus von zentraler Bedeutung. Neben Weimar als Geburtsstadt des Bauhaus, finden sich starke Einflüsse der Strömung in den Niederlanden und in Israel - nicht zuletzt im UNESCO Welterbe „Weiße Stadt“ in Tel Aviv. Um bereits in dieser ersten Phase auf aktuelle, globale Herausforderun- gen zu reagieren, haben wir uns es als Ziel gesetzt also sowohl online als auch vor Ort zu ermöglichen. Die Ergebnisse des Bar Camps werden als „Positionspapier zum jungen, neuen, europäischen Bauhaus“ veröffentlicht. Hiermit wird im weiteren Projekt- verlauf gearbeitet. In Phase 2 arbeiten die gebildeten Gruppen exemplarische zu je eine Fragestellung mit künstlerischen Mitteln. Dabei werden die handwerklich-künst- lerischen Disziplinen des Bauhaus wie Malerei, Bildhauerei, Textil, Architektur, Tanz/Performance mit sowie potentielle neue Disziplinen, wie UX-Design, Virtual Reality, AI kombiniert um innovativen Lösungsansätzen für die Frage nach einem grünen und fairen Europa zu kreieren. Dabei bezieht das Projekt vor allem auch soziologische und ökologische Ansätze mit ein. Mit dem Projekt „Neues, europäisches Bauhaus“ werden wir, wie der Künstler Harry Schmidt-Schaller (1913-1988) aus Weimar es mit seinem Werk aus- drückte, den Weg zur „Menschwerdung“ suchen. Dieser war Sohn von Erich-Otto Schmidt-Schaller, Meisterschüler am Bauhaus. Während des 3. Reiches wurde er verfolgt und gefoltert und konnte nur knapp einer Deportation entkommen. Wegen seiner abstrakt-gegenstandslosen Arbeitsweise wurde er später in der DDR von den Vertretern der stalinisti- schen“Formalismusdebatte“ angefeindet und 1954 aus dem Künstlerbund der DDR ausgeschlossen. Für ihn war die zentrale Frage seines Schaffens „Wie gestaltet sich unser Weg zur „Menschwerdung“, wie ist unser Weg ins „Licht“?
43 Impressum Förderverein Begegnungen 2005 Köln e.V. Internationaler Jugendaustausch und Jugendförderung Michael Krebs – Vorstand Begegnungen 2005 e.V. Frankenstraße 54 D 50858 Köln Tel: +49 221 50 60 492 Fax: +49 221 50 60 493 info@begegnungen-2005.de www.begegnungen-2005.de Text und Redaktion: Maike Berger Layout und Design: Aya Nisan
Auch in Zukunft für das Miteinander.
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