2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land

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2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
2.21

                          ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDLICHE ENTWICKLUNG

                                                                                                                  Ländliche Entwicklung

                                                                                    0E
                                                                                                                  Der Weg vom Programm LE 14–20

                                                                                0 0
                                                                               1 JEKT
                                                                                                                  zum GAP-Strategieplan

                                                                              PRO    n f t s raumte
                                                                                                ek
                                                                                                   land
                                                                                                          .at /

                                                                                 zuku proj

                                                                                                                  Biologische Vielfalt
                                                                                                                  Wie erfolgreich sind
                                                                                                                  Naturschutzprojekte?

                                                                                                                  Über die Bedeutung
                                                                                                                  von LEADER
www.zukunftsraumland.at

                                                                                                                  Mehr als die Förderung von Projekten

                                                                                                                  Netzwerk-­
                                                                                                                  Projektdatenbank
                                                                                                                  1000 Projekte der ländlichen
                                                                                                                  Entwicklung LE 14–20

                          Österreichische Post AG / 20Z042101 M
                          ARGE Vernetzungsstelle LE 14–20, Schauflergasse 6, 1015 Wien
                          Retouren an Postfach 100, 1350 Wien
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
02                      Inhalt // Intro // Abbildungsnachweis

		INHALT
                                                                                                                Steinberg am Rofan:
    02 _       Coworkation in 400 Jahre altem                                                                   Coworkation in 400 Jahre altem Bauernhof
		             Bauernhof // Aus der Praxis der
		             Netzwerkarbeit                                                                                   Einen Retreat für vorrangig gemeinschaftliches Arbeiten (Coworkation)
    03 _       LE konkret // Geleitwort                                                                         hat Georg Gasteiger in Steinberg am Rofan in Tirol in seinem 400 Jahre
04 / 05 _      Der Weg vom ländlichen Entwicklungs-                                                             alten Bauernhof eingerichtet. Das Know-how hat sich Gasteiger nach
		             programm zum GAP-Strategieplan                                                                   ­seiner Ausbildung an der Wirtschaftsuniversität Wien in verschiedenen
06 / 07 _      Direktvermarktung: Keine Chance ohne 		                                                           Unternehmen geholt. Für das Projekt Mesnerhof-C (das C steht für
		             Risiko!                                                                                           ­Community) wurden ­umfangreiche Investitionen getätigt, die unter ande-
    07 _       Aus der Praxis: Neue Vertriebswege 		                                                              rem über die LE-Maßnahme „­ Zusammenarbeit“ unterstützt wurden. Die
		             im COVID-Härtetest                                                                                 Kundinnen und Kunden kommen aus aller Welt, zwischenzeitlich sind
08 / 09 _      Biologische Vielfalt: Wie erfolgreich                                                              ­bereits fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Mesnerhof-C tätig.
		             sind Naturschutzprojekte?
    09 _       Evaluierung der Naturschutz-
		             maßnahmen // Evaluierung 2015–2018:

                                                                              Aus der Praxis der Netzwerkarbeit
		             Zahlen und Fakten
    10 _       LEADER ist mehr als nur die Förderung
		             von Projekten im ländlichen Raum
     11 _      Von der Strategie zum Projekt:                                 Im Mai konnten wir in der Projektdatenbank                         Pioniere“ des Netzwerks Kulinarik. Seit zwei
		             Ein Bericht aus der LEADER-Praxis //                           der Vernetzungsstelle das tausendste Projekt                       Jahren präsentieren die beiden Netzwerke
		             Aus den LEADER-Regionen                                        dieser Programmperiode veröffent­lichen.                           ihre Projekte gemeinsam. In einer eigenen
 12/ 13 _      Standpunkte: 1000 Projekte: Qualitative                        Auch wenn diese Projekte nur einen Bruch­                          Rubrik der Projektdatenbank werden die
		             und quantitative Innovationstreiber                            teil des Programms LE 14–20 ­repräsentieren,                       ­kulinarischen Initiativen gesammelt, aktuell
     14 _      Mit unserem Herzensprojekt zurück aufs 		                      zeigen sie doch die Vielfalt der Themen­                            125 an der Zahl.
		             Land // Binnenwanderung in Österreich                          stellungen. Von agrarischen ­Leitprojekten                               Mit Freude erfüllt uns das Faktum,
     15 _      Zuwachs bei Neugründungen im Handel //                         bis zur Breitbandversorgung, von der Ent­                           dass drei der sechs österreichischen
		             Rohrbach-Bergs persönlicher Bioladen 		                        wicklung regionaler Leitbilder bis zu Berufs­                       LE-Projekte, die wir bei den europäischen
		             „LieblingsSpeis“                                               qualifizierungen, von kulturellen Initiativen                       Rural Inspiration Awards 2021 eingereicht
    16 _       Projekte als Motor der ländlichen ­		                          aller Art bis zur Renaturierung wertvoller                          haben, in die Endrunde gekommen sind
		             Entwicklung                                                    Biotope finden Sie in der Datenbank alles,                          und „Green Care – Wo Menschen aufblühen“
     17 _      Das tausendste Projekt: Profis lernen                          was am Land von B   ­ edeutung ist.                                 sogar einen Siegerplatz erreichen konnte.
		             von Profis // Österreichische LEADER-­		                             Das tausendste Projekt greift auch eine                       Dass eines der österreichischen Projekte
		             Projekte im europäischen Blickpunkt //                         aktuelle Herausforderung am Land auf.                               schon zum dritten Mal hintereinander eine
		             Green Care Österreich gewinnt Kategorie 		                     Die Direktvermarktung hat durch die COVID-­                         Kate­gorie gewinnen konnte, mag ein Hin­
		             „Soziale Inklusion“                                            19-Pandemie viel R ­ ückenwind e ­ r­halten.                        weis darauf sein, dass diese in Europa hoch
 18/ 19 _      Expertinnen- und Expertenforum: ­			                           ­Dauerhaft halten ­werden sich die neuen                            angesehen sind (siehe Seite 17).
		             Klimawandel und Fleischkonsum –                                 ­Vertriebsformen aber nur, wenn sie professi­                      Ihr Netzwerkteam: Karl Bauer //
		             wohin geht die Reise?                                            onell und n
                                                                                          ­ achhaltig aufgestellt sind.                           Luis Fidlschuster // Michael Fischer //
    20 _       Europa // Impressum                                              Damit befasst sich auch das Projekt „10 mal                       Georg Keuschnigg // Gertraud Leimüller //
                                                                                5 Minuten – die Bühne der Kulinarik-­                             Gerald Pfiffinger // Johanna Rohrhofer

            ABBILDUNGSNACHWEIS Cover: iStock/Kemter | Seite 2: links oben: Werner Neururer | Seite 3: Porträt: BMNT/Paul Gruber, oben: Ewald Neffe, unten: djwg | Seite 4: iStock/Kemter, ­
            Porträt: BMLRT William Tadros | Seite 5: iStock/Kemter | Seite 6: iStock/mactrunk, Porträt: LK NÖ/Franz Gleiß | Seite 7: iStock/mactrunk | Seite 8: iStock/filmfoto, Porträt: privat |
            Seite 9: iStock/filmfoto | Seite 10: iStock/enjoynz | Seite 11: rechts unten: Orff-Institut | Seite 12: Andrea Neuwirth, Illustrationen: iStock/appleuzr, Porträt oben: LAG Vorderland-Walgau-­
            Bludenz, Porträt unten: privat | Seite 13: Andrea Neuwirth, Illustrationen: iStock/appleuzr, Porträt oben: privat, Porträt Mitte: Nadine Staudinger, Porträt unten: Regionalmanagement
            Südweststeiermark GmbH | Seite 14: oben: Nadia El Ayachi, Porträt: Nadia El Ayachi | Seite 15: rechts unten: Nadia El Ayachi | Seite 16: iStock/simpson33 | Seite 17: iStock/simpson33 |
                                     ­ orträt links: Katrin Denkewitz, Porträt rechts: privat | Seite 19: iStock/pidjoe, Porträt links: Rebel Meat GmbH, Porträt rechts: privat | Seite 20: iStock/republica
            Seite 18: iStock/pidjoe, P
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
LE konkret // Aus dem Netzwerk // Geleitwort                                   03

LE konkret
                                               ­ ählen zu den Schwerpunkten. Die Ver­
                                               z
                                               arbeitung erfolgt überwiegend bei einem
                                               der Mitgliedsbetriebe über Kooperations­
                                               vereinbarungen. www.djwg.at

                                               Auszeithof-Plakette für
                                               ersten zertifizierten Green-­
                                               Care-Betrieb Österreichs                          Geleitwort
                                                Die sozialen und pädagogischen Angebote
                                                am ersten Green-Care-zertifizierten Aus­
                                                zeithof ­Österreichs, dem Kitzbüheler Betrieb    Für ein kräftiges Comeback am Land!
Naturpark des Jahres 2021:                      „Wald am See“, sind vielfältig. Neben der
­Heidenreichsteiner Moor                        ­Außenstelle einer Sonderschule werden           Die Coronavirus-Krise hat uns alle vor enorme
Das Heidenreichsteiner Moor wurde                ­tiergestützte Pädagogik und Kompetenz­         Herausforderungen gestellt. Von der Pandemie-
vom Verband der Naturparke Österreichs            förderung im Einzel- und Gruppensetting,       bekämpfung über die Unterstützungsleistungen
zum Naturpark des Jahres 2021 gekürt.             „Schule am Bauernhof“ sowie Workshops          bis hin zum Comeback-Plan, an dem wir aktuell
Das im nördlichen Waldviertel gelegene            und Projekttage angeboten. Nun wurde           arbeiten, hat uns die Pandemie bisher keine freie
Moor ist 31 Hektar groß, ein Drittel davon     das Programm um gesundheitsfördernde              Minute gelassen. Das Licht am Ende des Tunnels
ist offenes Hochmoor. Beurteilt wurden         Aktivitäten ­erweitert. Im Februar wurde die      ist schon sehr hell. Darauf aufbauend konnten
­Aktivitäten und Angebote in den Kategorien    ­Plakette Green-Care-Auszeithof überreicht.       wir erste Öffnungsschritte setzen, wodurch viele
 Schutz, Bildung, Erholung, Regionalentwick­    www.waldamsee.at                                 Branchen wieder aufatmen können.
 lung und Marketing. In Österreich gibt                                                                   Dass Kreativität und Innovationsgeist im
 es derzeit 47 Naturparke, beim Heidenreich­   Biodiversitätsmonitoring von                      ländlichen Raum ungebrochen waren und sind,
 steiner Moor ist auch die grenzüberschrei­    700 bäuerlichen Betrieben                         davon zeugt die Vielfalt jener Projekte, die im
 tende Naturschutzarbeit mit ­Tschechien       Rund 700 Landwirtinnen und Landwirte              Rahmen des Programms für ländliche Entwick-
von Bedeutung.                                 in ganz Österreich nehmen seit 2007 unter         lung umgesetzt werden. Vor Kurzem wurde
www.naturpark-heidenreichsteiner-moor.at       dem Motto „Wir schauen auf unsere Wiesen          in die Projektdatenbank das tausendste Projekt
                                               und Almen!“ am Biodiversitätsmonitoring           auf­genommen. Ich lade alle Interessierten
Innovationen im Gemüsebau:                     teil. Der Projekttitel steht für den sorg­samen   ein, sich selbst ein Bild zu machen und sich
Die jungen WILDEN Gemüse­                      Umgang der Bäuerinnen und Bauern mit              Inspira­tion und Anregungen zu holen.
Bäuerinnen | Bauern                            ­ihrem artenreichen Grünland und das Doku­                 Nach der Einigung zur finanziellen Aus­
15 junge steirische Gemüsebäuerinnen            mentieren der Entwicklung von typischen          gestaltung der künftigen Gemeinsamen Agrar­
und -bauern haben sich 2016 zur Ver­            Zeigerarten. Insgesamt ist die Anzahl            politik werden derzeit deren Rahmenbedingun-
marktungsgemeinschaft „Die jungen ­             dieser Zeigerarten – von kleinen jährlichen      gen intensiv diskutiert. Ein rascher Abschluss
WILDEN GemüseBäuerinnen | Bauern “              Schwankungen abgesehen – k     ­ onstant und     ist wichtig, damit die Umsetzung starten kann.
­zusammengeschlossen. Produziert wird           erlaubt so einen Hinweis auf den ökolo­          Österreich hat den Vorteil, dass es bei den
 die gesamte Palette an Gemüsesorten.           gischen Zustand der beobachteten Wiesen.         ­Umweltleistungen der Land- und Forstwirtschaft
 ­Paradeiser-Spezialprodukte wie Saft           www.wiese.biodiversitaetsmonitoring.at/           bereits Vorreiter in ganz Europa ist. Mit der
und Ketchup sowie Spargel und Ingwer            index.php/de                                      ­Grünen Architektur steht anderen Mitglied­
                                                                                                   staaten ein Transformationsprozess bevor,
                                                                                                   den wir über die Jahre schon erfolgreich auf den
                                               Die jungen WILDEN GemüseBäuerinnen |                Weg gebracht haben und weiterführen werden.
                                               Bauern in der Steiermark.                                  Wichtig bei solchen Prozessen ist, dass
                                                                                                   wir die Bäuerinnen und Bauern auf dem Weg
                                                                                                   mitnehmen und somit die gesellschaftlichen
                                                                                                   ­Herausforderungen gemeinsam meistern.
                                                                                                    Ich bedanke mich daher bei all jenen, die sich
                                                                                                    ­bislang bereits aktiv in diesen Dialog
                                                                                                     eingebracht haben und dies weiterhin tun!

                                                                                                 Elisabeth Köstinger
                                                                                                 Bundesministerin für Landwirtschaft,
                                                                                                 Regionen und Tourismus
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
04   GAP-Strategieplan

Der Weg vom ländlichen
Entwicklungsprogramm
zum GAP-Strategieplan

        Mit der Aufnahme des tausendsten Projekts in die             Programmverlängerung und
        ­Projektdatenbank von Netzwerk Zukunftsraum Land             verzögerter Strategieplanstart
                                                                     Nachdem absehbar wurde, dass sich die Ver­
         wurde ein weiterer Meilenstein in der Umsetzung             handlungen zur Ausgestaltung der Gemein­
         des Öster­reichischen Programms für ländliche Entwick-      samen Agrarpolitik (GAP) für die Jahre nach
         lung 2014–2020 erreicht – insbesondere, wenn man            2020 aufgrund der turnusmäßigen Auflösung
                                                                     des Europäischen Parlaments und nicht zu­
         ­bedenkt, dass es sich ­dabei nur um einen Bruchteil
                                                                     letzt auch aufgrund des Ausbruchs der Coro­
          aller Projekte handelt, die hier­zulande im Rahmen         na-Pandemie verzögern werden, haben die
          des ­Programms ­unterstützt werden! Bislang wurden         Mitgliedstaaten eine zweijährige Übergangs­
                                                                     phase vereinbart. In dieser Zeit werden nun
          für ­Projektmaßnahmen rund 96 Prozent aller dafür
                                                                     die ländlichen Entwicklungsprogramme,
          ­verfügbaren Gesamtmittel ­genehmigt (Stand 31.05.2021),   die eigentlich mit Ende letzten Jahres hätten
           was e­ inem sehr guten Programmfortschritt entspricht.    auslaufen sollen, für zwei weitere Jahre bis
                                                                     2022 weitergeführt. Das dafür erforderliche
                                                                     Budget stammt einerseits aus dem Mehrjäh­
                                                                     rigen Finanzrahmen für 2021 bis 2027 und

      0E
                                                                     andererseits aus dem Aufbauinstrument

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 1 JEKT
                                                                     „NextGenerationEU“. Damit sollen vorrangig
                                                                     Maßnahmen finanziert werden, die einen
                                                                     Beitrag zur Abfederung der pandemiebe­

 PRO                       .at /                                     dingten Schäden in Europa sowie zur Erho­
                    land
        f t s raumte                                                 lung von Wirtschaft und Gesellschaft leisten.
      n          ek
  zuku proj                                                          Die Umsetzung der GAP nach 2020 startet
                                                                     ­somit erst ab 2023 in Form von nationalen
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
GAP-Strategieplan                        05

                                                                                        Letzte offene Punkte auf dem Weg
                                                                                        zur Einigung

                                                                                        Nachdem ein Supertrilog Ende Mai ohne finale Einigung
                                                                                        zur GAP-Reform zu Ende ging, sollen die letzten noch
                                                                                        ­offenen Punkte im Juni unter portugiesischem Vorsitz
                                                                                         ­geklärt werden. Diese betreffen unter anderem folgende
                                                                                          Themen:
                                                                                          — Ökoregelungen: Ausgestaltung der Lernphase
                                                                                               für die Mitgliedstaaten und Flexibilität für nicht
                                                                                              ­genutzte Mittel
                                                                                          — Guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand
                                                                                               (GLÖZ): Definition bestimmter GLÖZ-Standards
                                                                                              ­(Mindestbodenbedeckung, Fruchtwechsel,
                                                                                              ­Landschaftselemente)
                                                                                          — Zielgerichtete Verteilung der Direktzahlungen:
                                                                                              ­Verpflichtende Umverteilungszahlungen
                                                                                               ­beziehungsweise Bedingungen für Mitgliedstaaten,
                                                                                                um davon abzuweichen
                                                                                          — Soziale Dimension: Berücksichtigung des
                                                                                              ­Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes
                                                                                               in der GAP

GAP-Strategieplänen, die erstmals ­beide        aufgrund der nach wie vor geltenden                und Parlament im Rahmen der sogenannten
­Säulen der GAP unter einem gemeinsamen         ­Beschränkungen zur Eindämmung von                 Triloge ausverhandelt. Sobald bei den noch
 Dach vereinen werden. Trotz des ver­            ­COVID-19 mehrheitlich online stattfinden         offenen Themen Einvernehmen e     ­ rzielt wird
 zögerten Beginns wurde mit den Planungen         mussten. Darüber hinaus werden wesent­           (Details dazu siehe ­Infobox) und die formelle
 für den österreichischen GAP-Strategieplan       liche Teile des Strategieplans auch öffentlich   Beschlussfassung im Herbst ­erfolgt, können
 bereits im Jahr 2019 begonnen. Den Start­        konsultiert: Bisher konnte bereits zu den        auf nationaler Ebene die letzten Arbeiten in
 schuss dafür bildete eine Auftaktkonferenz,      Entwürfen der SWOT- und der Bedarfs­             Angriff genommen und die Inhalte des
 die gleichzeitig auch einen breit angelegten     analyse sowie den Fachent­würfen zu den          GAP-Strategieplans auf Basis der Vorgaben
 Dialog mit der Landwirtschaft und allen          ­geplanten Interventionen Stellung               und Rückmeldungen ­finalisiert werden.
 im und für den ländlichen Raum engagierten        ­genommen werden. Weitere Beteiligungs­             Auf einer eigens für den Erstellungspro­
 Akteurinnen und Akteuren einläutete.               möglichkeiten werden noch folgen.              zess eingerichteten Webseite und über einen
 In vierzehn Expertinnen- und Experten­                                                            regelmäßig erscheinenden Newsletter wird
 gruppen wurde seither – nach thematischen      Weiterer Fahrplan und letzte                       laufend über die neuesten Entwicklungen
 Bereichen gegliedert – an den Inhalten         Hürden                                             auf nationaler und europäischer Ebene so­
 des zukünftigen GAP-Strategieplans für         Ziel ist die Einreichung des GAP-Strategie­        wie den Stand der Bearbeitung informiert. q
 ­Österreich gearbeitet.                        plans bei der Europäischen Kommission bis          https://info.bmlrt.gv.at/themen/landwirtschaft/
                                                Ende des Jahres 2021. Damit soll der Kom­          eu-agrarpolitik-foerderungen/nationaler-­
Einbindung der Stakeholder                      mission ausreichend Zeit für den Genehmi­          strategieplan.html
Formate zur Einbindung aller Interessierten     gungsprozess gegeben sowie sichergestellt
und Betroffenen begleiten den Erstellungs­      werden, dass der Plan wie vorgesehen ab
prozess. Eine Konferenz, ein Online-Stake­      2023 national umgesetzt werden kann.
holder-Dialog sowie sechs themenspezifi­        Davor bedarf es allerdings noch der Einigung       Martin Leitner ist Mitarbeiter des Bundes­
sche Fachdialoge gaben bislang über 2200        auf die erforderlichen rechtlichen Rahmen­         ministeriums für Landwirtschaft, Regionen
Personen die Möglichkeit, sich aktiv ein­       bedingungen auf europäischer Ebene. Diese          und Tourismus, Abteilung II/2: Koordination
zubringen – auch wenn die Veranstaltungen       werden derzeit zwischen Kommission, Rat            ­ländliche Entwicklung und Fischereifonds.
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
06                Land- und Forstwirtschaft

            Direktvermarktung im Trend:

            Keine Chance ohne Risiko!
                        Die COVID-Pandemie hat für regionale Produkte im Allgemeinen und für
                        die bäuerliche Direktvermarktung im Besonderen viel R­ ückenwind gebracht.
                        Die Digitalisierung hat ­zudem den Weg für neue Formen der Vermarktung
                        geebnet. Netzwerk Zukunftsraum Land hat mit Alexandra Bichler, Referentin
                        für Direktvermarktung und Urlaub am ­Bauernhof bei der Landwirtschafts­
                        kammer ­Niederösterreich, das folgende Gespräch ­geführt.

Frau Bichler, in Corona-Zeiten haben neue       ­ elche H
                                                W       ­ ygienebestimmungen sind zu              zur Kundschaft und damit das ­direkte
Formen der Direktvermarktung Rücken-            ­befolgen? Wo und wie können Kundinnen            ­Feedback der Konsumentinnen und Konsu­
wind erhalten. Was muss man beim Einstieg        und Kunden mein Produkt kaufen?                   menten. Es ist darauf zu achten, dass
in die Direktvermarktung beachten?               Wie mache ich auf mich aufmerksam?                ­ge­werbe-, steuer-, sozial- und bau­rechtliche
Zuallererst eine kurze Definition: Direkt­                                                          Rahmenbedingungen ein­gehalten werden,
vermarktung bedeutet, eigene Produkte           Welche Vermarktungsformen haben                     Lebensmittel hygienisch zum ­Verkauf
zu erzeugen, diese gegebenenfalls zu            die größte Bedeutung?                               ­angeboten werden und die Etikettierung
­verarbeiten und anschließend zu vermark­       So vielfältig die am Bauernhof erzeugten             der ­verpackten Produkte vorschriftsmäßig
 ten. Der Verkauf erfolgt im eigenen Namen,     Produkte sind, so vielfältig sind auch               erfolgt.
 auf eigene Rechnung und auf eigene             die Formen der Direktvermarktung. Nach                     Der Onlinehandel kann mittels Online­
 ­Verantwortung.                                wie vor ist der Ab-Hof-Verkauf der wichtigste        shop auf der eigenen Website oder über
        Landwirtschaftliche Betriebe beginnen   Weg. Nun erweitern viele diese Schiene               eine Onlineverkaufsplattform abgewickelt
  oftmals mit der Direktvermarktung, weil       durch Selbstbedienungsläden und/oder                 werden. Zu bedenken ist, dass sich nicht
  sie ihren Betrieb wirtschaftlich absichern    ­Onlineverkauf. Jede Vermarktungsform                alle Produkte für den Onlinehandel eignen.
  wollen. Die positive Haltung der Kundinnen     birgt Chancen, aber auch die Risiken sollten        Die Chancen der Vermarktung über einen
  und Kunden ­gegenüber Produkten direkt         gut überlegt sein.                                  Webshop sind die zeitunabhängige Vermark­
  vom Bauernhof ist deutlich spürbar. Das                                                            tung, verlängerte Angebotszeiten, die
  freut uns.                                    Wo liegen die Tücken bei diesen neuen                ­Ansprache neuer Kundschaft, der ein anony­
        Wenn man plant, in den Betriebszweig    ­Vertriebsformen?                                     mer, schneller Einkauf wichtig ist, sowie die
  Direktvermarktung einzusteigen, sind viele     Bei der Direktvermarktung über einen                 große Reichweite. Aber auch hier fehlt wie
  Fragen zu beantworten – hier nur einige        Selbstbedienungsladen verringert                     bei der Selbstbedienung der direkte Kontakt.
  ­wenige: Welche rechtlichen Voraussetzun­      sich für die Direktvermarkterinnen und               Zudem muss ein gut durchdachtes Logis­
   gen müssen eingehalten werden? Welche         -vermarkter der Zeitaufwand für den                  tiksystem aufgebaut werden. Die Erfüllung
   Produkte sollen vermarktet werden –           ­Verkauf. Die ­Arbeitszeit für Befüllung und         der ­recht­lichen Voraussetzungen sowie der
   ist es Fleisch, ist es Obst, sind es Eier?     Reinigung bleibt. Was fehlt, ist der ­Kontakt       Umgang mit dem ­Thema D   ­ atenschutz stellen
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
Land- und Forstwirtschaft                            07

                          Aus der Praxis: Neue Vertriebswege im COVID-Härtetest

                          Andreas Giner stammt aus einer bekannten Bauernfamilie         Haben die Ausfallszahlungen der Regierung für deinen
                          in Thaur in Tirol. Während Bruder Romed den elterlichen       ­Betrieb gepasst?
                          Gemüsebaubetrieb übernommen hat, hat sich Andreas              Am Papier war das okay, jedoch habe ich bis dato (25.05.21)
                          mit seinem Einzelunternehmen GINER Agrarprodukte auf           nur den Fixkostenzuschuss bekommen, der Verlustersatz
                          die Belieferung der Gastronomie mit Gemüse und anderen         fehlt leider noch.
                          regionalen Lebensmitteln spezialisiert:
                                                                                        Wie hast du betrieblich auf die Krise reagiert?
                          Du kommst von einem Bauernhof, bist du auch                   Den Kopf in den Sand stecken war für mich keine Option,
                          selbst noch Bauer?                                            mit vielen neuen Ideen und Projekten konnten wir den
                          Ja, ich führe einen Biogemüsebaubetrieb.                      ­Betrieb zumindest aufrechterhalten. Wir haben auch inner-
                                                                                         betriebliche Optimierungen durchgeführt, um den Betrieb
                          Was macht dein Betrieb genau?                                  nicht einstellen zu müssen.
                          Hauptsächlich beliefern wir die Tiroler Gastronomie
                          mit Lebensmitteln aus der Region, aber auch aus                Mit GUSTL hast du nun auch eine Nahversorgungsschiene
                          der ­nahen Ferne. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie           ­aufgemacht? Was ist GUSTL?
                          ­haben wir versucht, mehrere Standbeine aufzubauen.            GUSTL ist ein Verkaufscontainer, der 7 Tage die Woche
                           Sehr gut haben sich unser Onlineshop und das                  24 Stunden geöffnet hat und vor allem mit regionalen
                           Kochkistl am E-Commerce-Markt platzieren können.              ­Lebensmitteln bestückt ist.
                           Den stärksten Neustart legte unser Verkaufscontainer
                           GUSTL hin.                                                   Wie ist GUSTL rechtlich aufgestellt?
                                                                                        Die Kassensystem ist fiskalisiert und direkt mit dem
                          Wer sind deine Lieferantinnen und Lieferanten?                ­Finanzamt verbunden. Ebenso wurden sämtliche
                          Unsere Lieferanten kommen hauptsächlich aus Tirol und          ­Anforderungen der Lebensmittelaufsicht berücksichtigt,
                          anderen Teilen Österreichs. Wenn es Produkte in Tirol           ­damit wir rechtlich abgesichert sind.
                          gibt, müssen diese bei uns, egal über welchen Kanal,
                          ­verfügbar und für die Tiroler Bevölkerung zugänglich sein.   Hat die GUSTL-Absatzschiene von der Pandemie profitiert?
                                                                                        Ja. Lebensmittel, die rund um die Uhr verfügbar sind
                          Die COVID-Krise hat dich hart getroffen?                      und aus dem ­eigenen Dorf oder der Umgebung kommen,
                          Ja, leider. Wir hätten uns das nie gedacht, dass es           werden a­ llgemein sehr geschätzt.
                          ­irgendwann einmal passieren kann, dass wir an einem
                           Tag fast alle unsere Kundinnen und Kunden verlieren.         www.gemuese-giner.at

zusätzliche Risiken dar. Nichts verkauft sich online von       gab es ­davon einen enormen Anstieg. Wir vertiefen
selbst – die ­Aktualität des Onlineshops und der ­damit        uns gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen
verbundenen Website sind Grundvoraussetzung.                   der Rechtsabteilungen und verschiedener Bundesländer
                                                               in die M­ aterie und erarbeiten konkrete Antworten.
Warum ist bei der Selbstbedienung und der Online­              ­Heuer h ­ aben wir vor allem durch Webinare die neuen
vermarktung der fehlende Kontakt zur Kundschaft               ­Informationen an die Bäuerinnen und Bauern weiter­
eine Herausforderung?                                          gegeben. Bei unseren vielen Beratungen h  ­ aben wir aber
Es findet ja kein direktes Verkaufsgespräch statt. Beson­       auch oft beobachtet, dass das Basiswissen zur Direkt­
derheiten der Produkte wie b  ­ eispielsweise Haltung           vermarktung fehlt ­beziehungsweise lückenhaft ist.
und Fütterung der Tiere oder Anwendung eines traditio­          ­Daher können wir jedem Betrieb nur empfehlen,
nellen Herstellungsverfahrens beim Käse m   ­ üssen über         unsere Bildungs- und Beratungsangebote, wie etwa
andere Wege kommu­niziert werden.                                die Einstiegsberatung Direkt­vermarktung, in Anspruch
                                                                 zu nehmen. q
Wie reagiert die Beratung auf diese neuen
­Herausforderungen?
 Neue Entwicklungen werfen natürlich auch eine ­              Nähere Infos unter:
 Vielzahl neuer Fragen auf. Besonders in der Beratung         noe.lko.at/beratung und noe.lfi.at
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08               Natur und Umwelt

           Biologische Vielfalt:

           Wie erfolgreich sind
           Naturschutzprojekte?
           Die Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der
           ­biologischen Vielfalt ist ein wesentliches Ziel des Programms
            für ländliche Entwicklung. Die Evaluierung der LE-Projekt­
            förderungen im Naturschutzbereich spricht sich für
            eine ­stärkere Betonung direkter Biodiversitätswirkungen
            in der Zukunft aus. Nina Weber

Laut Strategie des Österreichischen Pro­      Drei Hauptwirkungen ­wurden identifiziert:
gramms für ländliche Entwicklung 2014–        — Der größte Anteil eingesetzter Ressour­
2020 verfolgen LE-Projektförderungen              cen (Zahlungen, Anzahl der Projekte)
im Naturschutzbereich insgesamt das über­         wirkt sich auf eine Verbesserung
geordnete Ziel der „Wiederherstellung,            von ­Bewusstseinsbildung und Öffent­
­Erhaltung und Verbesserung der biologi­          lichkeitsarbeit aus.
 schen Vielfalt […]“.                         — Der zweitgrößte Wirkungsstrom betrifft
      Im Hinblick auf den Umgang mit natur­       den „Erhalt von Arten und Lebensräu­
 schutzfachlich wertvollen Flächen oder           men“, wobei hier bei circa der Hälfte
 ­Arten sind zusammengefasst folgende ope­        der Projekte (zum Beispiel bei Grund­
  rationale Ziele formuliert:                     lagenarbeiten wie Plänen und Konzepten
  — Erhaltung, Verbesserung und Wieder­           oder Gebietsbetreuungen) von einer
      herstellung                                 ­indirekten Wirkung auf Biodiversität
  — Erstellung wissenschaftlicher oder             ausgegangen werden kann. Die andere
      ­praxisorientierter Grundlagen               Hälfte der Ressourcen für diesen
  — Entwicklung von Kompetenzen                    ­Wirkungsstrom betrifft konkrete Arten­
       für ­Naturraummanagement                     schutzprojekte, Flächensicherungen
  — Motivation und Bewusstseinsbildung              ­beziehungsweise standortangepasstes
  — Management und Entwicklung                       Management zur Lebensraumerhaltung.
       von Schutzgebieten                            Hier kann von einer direkten positiven
                                                     Wirkung auf Biodiversität im Naturraum
Zusätzlich bestehen zur Erhaltung und                aus­gegangen werden.
­Entwicklung der Kulturlandschaft zusam­      — Der drittgrößte Wirkungsstrom betrifft
 mengefasst folgende operationale Ziele:             die „Verbesserung des Wissenstandes
 — Sicherung, Wiederherstellung oder                 und den Ausbau von Biodiversitäts­
    ­Verbesserung der Funktionsfähigkeit             forschung und Monitoring“.
 — Aufrechterhaltung von Präventiv-
     und Schutzaufgaben gegen Natur­          Weitere, jedoch im Vergleich sehr unter­
     gewalten […]                             geordnete Wirkungen betreffen die Etablie­
 — Vermeidung der Intensivierung              rung von Synergien zwischen Land- und
     und ­Bewirtschaftungsaufgabe […]         Forstwirtschaft und Biodiversität, die Ge­
                                              staltung von Tourismus und Freizeitnutzung
In der programmbegleitenden Evaluierung       im Einklang mit Biodiversitätszielen,
von LE-Projektförderungen im Natur­           eine angepasste Jagd und Fischerei und
schutzbereich wurde daher folgender           die Eindämmung negativer Auswirkungen
Frage nachgegangen: „In welchem Umfang        invasiver Arten.
wurde durch Maßnahmen im Rahmen von                Trotz der Wichtigkeit und Notwendig­
LE-Projektförderungen im Naturschutz­         keit von Grundlagenarbeiten und der
bereich die ­Wiederherstellung, Erhaltung     ­Schaffung von guten Rahmenbedingungen
und Verbesserung der biologischen Vielfalt     für die Biodiversität steht der Anteil abge­
unterstützt?“                                  schlossener Projekte mit direkten Biodiver­
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
Natur und Umwelt                                09

                        sitätswirkungen (konkreter Artenschutzpro­          auf einer öffentlich zugänglichen Plattform
                        jekte oder Projekte zum Lebensraumerhalt)           publiziert werden.
                        im Untersuchungszeitraum bis Ende 2018 in                 Die Umsetzung von LE-Projektförderun­
                        einem unausgewogenen Verhältnis (circa 1:7)         gen im Naturschutzbereich könnte zukünftig
                        zu Projekten mit indirekten Biodiversitäts­         ­etwas vereinfacht werden, indem alle in
                        wirkungen (Bewusstseinsbildung, For­                 ­diesem Evaluierungsbericht untersuchten
                        schung, Grundlagenarbeiten und Gebietsma­             Vorhabensarten zu einer Maßnahme zusam­
                        nagement).                                            mengefasst werden.
                                  Die Effizienz von LE-Projektförderungen         Der detaillierte Evaluierungsbericht zur
                        im Naturschutzbereich bezüglich des                   „Evaluierung der österreichischen Projekt­
                        ­Erhalts, der Verbesserung und der Wieder­            förderungen im Naturschutzbereich“
                         herstellung von Biodiversität könnte daher           kann online nachgelesen werden. Link:
                         ­zukünftig noch verbessert werden, indem             https://info.bmlrt.gv.at/themen/landwirtschaft/
                          der Anteil von Projekten mit direkten               eu-agrarpolitik-foerderungen/laendl_ent­
                          ­Bio­diversitätswirkungen erhöht wird               wicklung/programmbegleitung/evaluierung/­
                           (mehr konkrete Projekte zum Artenschutz            evaluierungsberichte/Evaluierungsbericht-­
                           oder zur Erhaltung von Lebensräumen              fuer-den-Duchfuehrungszeitraum-2019.html q
                           im ­Vergleich zu Grundlagenarbeiten,
                           ­Bewusstseinsbildung und Forschung).
                                  Die Wirkung auf Bewusstseinsbildung,      Nina Weber ist freiberufliche Wissenschaftlerin
                            ­Öffentlichkeitsarbeit und Forschung könnte     mit Schwerpunkt Ressourcenmanagement.
                             verbessert werden, indem zukünftig alle        Die Erstellung des Evaluierungsberichts wurde
                             ­relevanten Projektergebnisse und -berichte    von Štefan Merkač unterstützt.

                                                                                           ­­­

                                                                                                 Evaluierung 2015–2018: Zahlen und Fakten

                                                                                                 — An der Umsetzung der LE-Projektförderungen
                                                                                                    im Naturschutzbereich sind in Österreich insge-
                                                                                                    samt 17 verschiedene bewilligende Stellen der
                                                                                                    ­Bundesländer, des Bundes und der AMA beteiligt.
                                                                                                 — Zwischen 2015 und Ende 2018 wurden
                                                                                                     58,8 Millionen Euro für 359 bewilligte ­Projekte
Evaluierung der Naturschutzmaßnahmen                                                               ­ausbezahlt.
                                                                                                 — Mit Jahresende 2018 war ein Umsetzungsstand
                                                                                                     von 32 Prozent erreicht.
 LE-Projektförderungen im Naturschutzbereich                                                     — Das mittlere Projektvolumen betrug 163.790 Euro
­betreffend wurden folgende ­Vorhabensarten                                                          pro ­Naturschutzprojekt.
 des ­Österreichischen ­Programms für ländliche                                                  — Die Vorhabensart mit den meisten bewilligten
 ­Entwicklung 2014–2020 für den Zeitraum 2015                                                        ­Projekten und der insgesamt höchsten Zahlungs-
  bis 2018 evaluiert:                                                                                 summe ist die Vorhabensart 7.6.1.a ­(Studien und
  — 7.1.1.a, b: Pläne und Entwicklungskonzepte                                                        Investi­tionen zur Erhaltung, ­Wiederherstellung
        zur Erhaltung des natürlichen Erbes (Naturschutz                                              und Verbesserung des ­natürlichen ­Erbes –
        und Nationalparks)                                                                            ­Naturschutz). Circa 80 Prozent der insgesamt
  — 7.6.1.a, b: Studien und Investitionen zur Erhaltung,                                               im Rahmen von LE-Projektförderungen im
       ­Wiederherstellung und ­Verbesserung des                                                        ­Naturschutzbereich bis Ende 2018 ­ausbezahlten
        ­natürlichen Erbes (Naturschutz und Nationalparks)                                              Förderungen wurden im Rahmen dieser Vor­
  — 7.6.3: Erhaltung und Entwicklung                                                                    habensart getätigt.
         der Kulturlandschaft
  — 16.5.2.a, b, c: Stärkung der Zusammenarbeit
         von ­Akteurinnen und Akteuren und Strukturen
         zur Erhaltung des natürlichen Erbes und
       ­Umweltschutzes ­(Naturschutz, Umweltschutz
         und Nationalparks)
2.21 Ländliche Entwicklung - Der Weg vom Programm LE 14-20 zum GAP-Strategieplan - Netzwerk Zukunftsraum Land
10                 LEADER

                        LEADER ist mehr als nur
                        die Förderung von Projekten
                        im ländlichen Raum
Seit 25 Jahren wird in Österreich die LEADER-Methode eingesetzt,
in der EU gibt es sie seit 30 Jahren. Mit LEADER verfügen die
­ländlichen Regionen über ein Instrument, das Förderung mit
 ­einem erprobten Beteiligungsmodell verbindet.

LEADER ist ein Förderprogramm. Aber               Demokratie- und bildungspolitische              Umwelt- und klimapolitische Funktion:
nicht nur: LEADER ist auch eine Methode           ­Funktion: Die Bevölkerung erarbeitet mit       Ressourceneffizienz, Modernisierung und
und eine Netzwerkstelle.                           Unterstützung der LAG Lösungen für ihre        Klimawandelanpassung sind für LEADER-­
       LEADER bietet eine finanzielle Förderung    Probleme und nutzt dabei die Erfahrungen       Regionen keine Worthülsen. Vor allem
von Ideen und Vorhaben zur Entwicklung             und das Wissen aller Beteiligten.              in Kooperation mit den Klima- und Energie­
des ländlichen Raums, ist aber auch eine                                                          modellregionen werden klimarelevante
konkrete Beteiligungsform durch die Unter­            Arbeitsmarkt- und sozialpolitische          ­Vorhaben konsequent entwickelt und umge­
stützung regionaler und vielfach privater             ­Funktion: LEADER schafft Arbeitsplätze.     setzt.
Akteurinnen und Akteure.                           Es gibt rund 200 Mitarbeiterinnen und
       LEADER fördert nach einem erprobten         ­Mitarbeiter in den LAG-Managements in         Europapolitische Funktion: Wo ist die EU
Beteiligungsmodell Gemeinden, Privat­               ­Österreich, darüber hinaus über 1500 Pro­    so nahe an den Bürgerinnen und Bürgern
wirtschaft und Zivilgesellschaft. LEADER             jektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter.       wie bei LEADER? LEADER-Regionen arbeiten
passt dann, wenn Ideenfindung und                    ­LEADER schafft bedarfsorientierte soziale   in einem etablierten Netzwerk (ENRD) von
­Umsetzung durch die Betroffenen an der               Angebote und bezieht auch aktiv Personen­   3300 Aktionsgruppen in Europa zusammen.
 ­Basis gefragt sind, wenn Selbstorganisation     gruppen ein, die üblicherweise nicht an         Durch LEADER-Projekte wird europäische
  und Selbstlösungskompetenz weiterhelfen.        ­Entscheidungsprozessen teilnehmen, wie         und regionale Identität gleichermaßen
       LEADER verlangt eine öffentlich-private     etwa Jugendliche, ältere Personen, Migran­     ­gefördert. LEADER vermittelt ein bürger­
  Partnerschaft: die Lokale Aktionsgruppe         tinnen und Migranten sowie Zugezogene.           nahes Europa und fördert den transnationa­
  (LAG). Eine LAG berät in Förderfragen,                                                           len Austausch.
  ­vernetzt alle Akteurinnen und Akteure          Wirtschaftspolitische Funktion: LEADER
   und kann auch unternehmerisch tätig sein.      fördert regionale Kreisläufe, Standort­         All diese Funktionen bilden sich in LEADER-­
                                                  entwicklungen und touristische Innovatio­       geförderten Projekten und über die von
Die 5 LEADER-Funktionen                           nen. LEADER verbindet Produzentinnen            den Lokalen Aktionsgruppen initiierten
LEADER kann Funktionen und Leistungen             und Produzenten mit Konsumentinnen und          ­Prozesse ab. Es reicht also bei Weitem nicht,
für die Gesellschaft des ländlichen               Konsumenten. LEADER fördert Innovation           nur die LEADER-Statistik mit der ­Anzahl
Raums erfüllen, die in dieser Kombination         mit dem Ziel einer Diversifizierung der länd­    der geförderten Projekte zu betrachten.
einzigartig sind.                                 lichen Wirtschaft.                               ­LEADER ist wesentlich mehr. q
LEADER                 11

Von der Strategie zum Projekt: Ein Bericht                                 Projektträger motiviert, etwas zu unternehmen und zu ändern:
aus der LEADER-Praxis Stefan Hackl                                         Der Verein „Mein Lehrbetrieb“ hat ein vollständig neues Format
                                                                           für die Lehrlingssuche etabliert ­(Karriere-Clubbing), und mitt­ler­
                                                                           weile sind über 60 Betriebe am ­Aufbau des Innovationshubs
Der Chef eines Leitbetriebs in unserer Region hat es mit einem             ­„Beta-Campus“ beteiligt. Auch eine „Jobsafari“ ist entstanden.
­prägnanten Satz auf den Punkt gebracht: Für gute Projekte und Initi­              Wichtig ist uns, dass wir unsere Regionsziele bei einzelnen
 ativen braucht es Leidenschaft und Leidensdruck. Die Eisenstraße           ­Projektentscheidungen immer als Richtschnur verwenden
 Niederösterreich ist durch einen starken produzierenden Sektor              und gezielt als LEADER-Region selbst Projekte initiieren, die uns
 ­geprägt, weshalb wir besonders an dem mit der demografischen Ent­          ­unseren ehrgeizigen Zielen näherbringen. Beim Thema Fachkräfte
  wicklung verbundenen Fachkräftemangel leiden. Unsere Regions­               haben wir unseren Zielwert übrigens mit Ende 2020 nicht geschafft.
  strategie dient uns in diesem Zusammenhang als Filter, um die               Wir verstehen das als Auftrag, auch künftig an diesem Thema
  ­richtigen Projekte in Angriff zu nehmen. So haben wir uns das Ziel         ­dranzubleiben. q
   gesetzt, in der Region bis zum Ende der aktuellen LEADER-Förder­
   periode 2014–2020 insgesamt 2000 junge Fachkräfte (Lehrlinge und         Stefan Hackl ist LEADER-Manager in der Region Eisenstraße
   HTL-Schülerinnen und -schüler) in Ausbildung zu haben.                  ­Niederösterreich.
        Diese klare strategische Zielsetzung hat uns geholfen, die
   ­richtigen Schritte zu setzen, und hat auch Projektträgerinnen und      www.eisenstrasse.info, leader@eisenstrasse.info

Aus den LEADER -Regionen                                                   E
www.zukunftsraumland.at/projekte

Sommer:KIK – Kultur                   grades und der Nächtigungen in       viel improvisatorischem und per-       ­einen Bewusstseins- und Beteili-
in der Region Kufstein                den ­„Radfreundlichen Betrieben“ ­   formativem Können.                   gungsprozess zum Thema „Zukunft
Sommer:KIK bietet eine spannende      haben die LEADER-Regionen            Kontakt: Michaela Frahndl,           Wohnen am Land“ erarbeitet. Drei
Entdeckungsreise rund um Kunst,       Donau NÖ-Mitte und Mostviertel-­     frahndl.regional@pongau.org          wesentliche Bestandteile davon
Kultur und Kreativität und hilft      Mitte ­gemeinsam Maßnahmen                                                sind: die Wohn_AUSSTELLUNG
gleichzeitig Lücken in der Kinder-    zur ­Digitalisierung und Angebots­   Beteiligungsprozess                  zu Vergangenheit, Gegenwart und
betreuung während der Ferien­         entwicklung realisiert. Es wurden    ­Wohnen 4.0 im                       ­Zukunft des Wohnens, das inter­
zeiten zu schließen. Kinder begeg-    eine Darstellung des Radwegs          Mostlandl Hausruck                   aktive Wohn_LABOR mit Work-
nen Kunstschaffenden und in           in der NÖ-App und eine Destinatio-   Wie wollen wir wohnen? Ein Team       shops, Vorträgen und Exkursionen
den Bereichen Handwerk, Design        nen übergreifende von Wien           von regionalen Architektinnen         und der Wohn_WAGEN, der
und Architektur Tätigen auf Augen-   ­ausgehende Fünftagesradroute         und Architekten sowie Mitgliedern     durch alle 32 Gemeinden fährt
höhe. Junge Menschen und profes-     ­erarbeitet.                          der LAG hat sich 2020 intensiv        und über Wohnen 4.0 informiert.
sionelle Fachleute arbeiten mit­      Kontakt: Petra Scholze-Simmel,       mit dieser Fragestellung auseinan-    Kontakt: Gerlinde Grubauer,
einander, lernen voneinander und      p.scholze-simmel@mostviertel-­       dergesetzt und ein Konzept für        ­grubauer@mostlandl-hausruck.at
schaffen damit ein kreatives Um-      mitte.at
feld. Die unterschiedlichen Work-
shops finden jeweils rund eine       „Spiel-Raum Musik“
­Woche lang statt. Die Ergebnisse    im Pongau
 werden öffentlich präsentiert.      „Spiel-Raum Musik“ fördert            Musizieren
 Kontakt: Andrea Silberberger,       ­Menschen mit Beeinträchtigungen,     und Tanzen
                                                                           im Pongauer
 ­silberberger@rm-kuusk.at            die sich im Rahmen einer Musik­
                                                                           Projekt
                                      therapie als musikalische und tän-   „Spiel-Raum
Steigerung der über­                  zerische Persönlichkeiten zeigen     Musik“
regionalen Bedeutung                  können. Fast alle Teilnehmenden
des ­Traisental-Radweges              sind sowohl mit elementaren
Der Traisental-Radweg führt           ­Instrumenten als auch mit Tanz­
von Traismauer durch die Wein­         improvisation als Ausdrucks- und
region Traisental-Donau über           Kommunikationsmedium vertraut.
St. Pölten und Lilienfeld durch        Begleitet und angeleitet werden
die kontrastreiche Landschaft          die Teilnehmenden von Künstlerin-
des Mostviertels bis Mariazell.        nen und Künstlern sowie Studie-
Zur Steigerung des Bekanntheits-       renden des Orff-Instituts mit
12                                                             Standpunkte

                                                                                                          0 0 0E
Qualitative und quantitative                                                                             1 JEKT
­Innovationstreiber                                                                                     PRO    n f t s raumte
                                                                                                                          ek
                                                                                                                             land
                                                                                                                                    .at /

                                                                                                           zuku proj

Projekte sind wichtige Träger der ländlichen Entwicklung. Ihr Erfolg ist
von vielen Parametern abhängig. Eines haben sie alle gemeinsam:
Sie mobilisieren die Ressourcen der ländlichen Räume, sie fördern die
individuelle und gemeinschaftliche Entwicklung und sie treiben Zusammenarbeit
und Innovation voran. Netzwerk Zukunftsraum Land hat fünf Personen
im ländlichen Raum gebeten, über ihre Erfahrungen zu berichten.

                                       LEADER-Projekte: Anspruchsvoll,
                                       aber erfolgreich
                                         EU-Fördermittel allein reichen nicht aus, um gute
                                         ­Projekte in ländlichen Regionen umzusetzen.
                                          Einen großen Anteil daran, wie diese Fördermittel
                        Karen Schillig, ­einen nachhaltigen Mehrwert für die Region bringen,
                        Managerin der hat bürgerschaftliches Engagement, gerade bei
                       LAG Vorderland-­ ­LEADER. Für Förderwerberinnen und -werber sind
                       Walgau-Bludenz
                                          die bekannten bürokratischen Herausforderungen
                                          nicht immer leicht zu bewältigen. Dass eine erfolgrei­
                                          che Projektumsetzung – nicht zuletzt durch die
                                          starke ­Unterstützung von LEADER-Managerinnen und
                                          -managern – aber durchaus möglich ist, zeigen zahl­
                                          reiche LEADER-Projekte. Entscheidend sind sorgfältige
                                          ­Planung und strukturiertes Vorgehen. Das kann als
                                           ­belastend und zäh empfunden werden. Wichtig ist,
                                            mit vollem Einsatz dranzubleiben und das Ziel
                                            im Auge zu behalten. Gerade jetzt in Corona-Zeiten!

                                                                      Erprobte Zusammenarbeit von ­Forschung
                                                                      und Praxisbetrieben
                                                                      Bei EIP-Projekten wird etwas gefordert, das in der landwirtschaft­
                                                                      lichen Forschung eigentlich selbstverständlich sein sollte: dass
                                                                      Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Fragestellungen lösen,
                                                       Eva Erhart,    die Praktikerinnen und Praktiker einbringen. Das außeruniversitäre
                                                 Stellvertretende     Forschungsinstitut „Bio Forschung Austria“ tut das schon seit
                                             ­Institutsleiterin bei   ­seiner Gründung 1980. Aktuell zusammen mit zwölf Landwirtinnen
                                          Bio Forschung Austria
                                                                       und Landwirten sowie Beraterinnen und Beratern im laufenden
                                        und Projektkoordinatorin
                                                von zwei EIP-AGRI-     ­Projekt „Kreisläufe schließen“, in dem es um die Verwertung von
                                                        Projekten       ­organischen Nebenprodukten geht. Die wechselseitig nutzbringen­
                                                                         de Zusammenarbeit von „Bio Forschung Austria“ mit Praxis­
                                                                         betrieben und der rege Erfahrungs- und Wissensaustausch sind
                                                                         schon seit vielen Jahren erfolgreich. Forscherinnen und Forscher
                                                                         erarbeiten gemeinsam mit Landwirtinnen und Landwirten
                                                                         ­Problemlösungen, die dann in gemeinsamer Versuchsplanung
                                                                          und praxisgerechter Umsetzung am landwirtschaftlichen Betrieb
                                                                          entwickelt und erprobt werden.
Standpunkte                        13

                         Planung und Abwicklung der Projekte
                         braucht wesentlich mehr Zeit
                         Ich habe mit Unterstützung des Programms für länd­
                         liche Entwicklung in den letzten Jahren zuerst den
                         Almstall neu errichtet und in der Folge auch den Heim­
    Hans Troppmair,      stall um- und teils neu gebaut. Die Maßnahme der
Bauer zu Oberstegen,     ­einzelbetrieblichen Investitionsförderung gehört
    Kirchdorf in Tirol    zu den wichtigsten des LE-Programms, weil sich solche
                          Investitionen für sehr viele Höfe sonst betriebswirt­
                          schaftlich nicht rechnen würden. Auch Investitionen
                          in mehr Tierwohl, das höchste Akzeptanz der Öffent­
                          lichkeit findet, sind heute ein absolutes Muss.
                              Die Abwicklung solcher Projekte braucht gegen­
                          über früher wesentlich mehr Zeit. Die Verwaltung
                          wird ständig komplexer. Trotzdem kann ich bestätigen,
                          dass ich seitens der Gemeinde bezüglich Widmung                           Wertvolle Unterstützung
                          und Bauansuchen bestmöglich unterstützt wurde.                            bei der Projektplanung
                          Das gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter                    Ich habe in eine neuartige Trocknungs­
                          der Bezirkslandwirtschaftskammer. Hier bekommt                            anlage für Biosämereien inklusive
                          man sämtliche Informationen und Hilfestellungen zu                        Zwischen­lager investiert. Damit finden
                          den projektspezifischen Anforderungen und Vorgaben                        ­einerseits die Landwirtinnen und Land­
                          der Baumaßnahme. Auch die Förderabwicklung über                            wirte in meiner Region eine zentrale
                          die Landesregierung kann ich nur in den höchsten                           Trocknungsstelle für ihre Erzeugnisse vor,
                          ­Tönen loben.                                                              und andererseits können die heimischen
                                                                                                     Grünlandbetriebe auf in Österreich an­
                                                                                 Reinhard Zauner,    gepasste und erzeugte Qualitätssaatgut­
                                                                           Ackerbauer in Neuzeug,    mischungen zurückgreifen. Dafür wurde
                                                                              ­Gemeinde Sierning,    bereits im Jahr 2018 unter Feder­führung
                                                                                  ­Oberösterreich
                                                                                                     der HBLFA Raumberg-Gumpenstein damit
                                                                                                     begonnen, die für unser Klima am besten
                                                                                                     geeigneten Grünlandkomponenten aus­
                                                                                                     zuwählen. Nach ersten Versuchsernten war
                                                                                                     schnell klar, dass es für die nächste Ernte
                                                                                                     einer speziellen Trocknungsanlage bedarf.
                                                                                                     In der Vorbereitungsphase erhielt ich
                                                                                                     ­wertvolle Unterstützung durch das Austria
                                                                                                      Wirtschaftsservice, das durch sorgfältige
                                                                                                      Planung sehr zur erfolgreichen Umsetzung
                                                                                                      des Projekts beigetragen hat.

                                       Die Südsteiermark zukunftsfit machen
                                       Als Biodiversitätsmanager des Naturparks Südsteiermark
                                       (Teil der Regionalmanagement Südweststeiermark GmbH)
                                       habe ich in den letzten Jahren mit dem Naturpark-Management
                                       ­mehrere Projekte zur Entwicklung des ländlichen Raums
                    Johannes Stangl,    ­umgesetzt. Im Zentrum der Tätigkeiten stand immer der Erhalt
             ­Biodiversitätsmanager      der Kulturlandschaft, schließlich kann man damit sowohl
              und Naturparkbetreuer      dem Klimawandel als auch dem Biodiversitätsverlust begegnen
                in der Südsteiermark
                                         und macht damit ländliche Regionen für die Herausforderungen
                                         der Zukunft bereit. Ob wir nun Projekte zum Thema Land­
                                         schaftspflege (naturnahes Grün für Gemeinden, Landschafts­
                                         pflegeverband) oder Streuobst (Erhalt und Wertschöpfungs­
                                         steigerung) durchführen wollen, im Rahmen des Programms
                                         für ländliche Entwicklung finden wir unsere Themen wieder.
                                         Beispielsweise im Bereich der LEADER-Förderung: Bei der
                                         ­Projektvorstellung in der sogenannten Lokalen Aktionsgruppe
                                          bekommt man eine Einschätzung, wie die lokalen Stakeholder
                                          das Projekt beurteilen.
14                Innovation

            Mit unserem Herzensprojekt
            zurück aufs Land                                            Elisabeth Gumpenberger

            Die Corona-Pandemie hat eine neue Wertschätzung für den ländlichen Raum gebracht,
            im Sommer wird sich ein mehrtägiger Kongress damit befassen. Der Weg zurück aufs Land
            ist aber kein Spaziergang. Im untenstehenden Beitrag schildert Elisabeth Gumpenberger
            den Weg von der ersten Idee bis zur Realisierung eines Lebenstraums.

Zurück aufs Land? Diese Frage stellte sich        ziehen? Stets stellte sich auch die Frage:          vorschwebte. Ende 2019 machten wir unse­
lange weder für Armin Steinwandter noch           Was war leistbar? Wir träumten von einem            ren Plan publik. Nun gab es kein Zurück
für mich. Wir beide zogen 2003 und 2004           kleinen Garten und sehnten uns nach                 mehr: Wir würden 2020 nach Rohrbach-Berg
zum Studieren nach Wien. Armin stammt             Wald und Wiesen direkt vor der Haustür.             ziehen und dort den Sprung in die Selbst­
aus Toblach, einer kleinen Gemeinde in Süd­                                                           ständigkeit wagen. Doch wie entstand
tirol, ich komme aus der Kleinstadt Rohr­         Das Undenkbare wird denkbar                         ­eigentlich unser Traum vom Bioladen?
bach-Berg im Oberen Mühlviertel. Wir lern­        Wir waren selbst überrascht, als der Umzug
ten uns gegen Ende unserer Studiums               zu meinen Eltern, 17 Jahre nach meinem Aus­         Von der Foodcoop zum Bioladen
kennen – Armin studierte Wirtschaftsinfor­        zug, dann plötzlich zur vorstellbaren Option        Bereits in Wien hatten wir uns mit der Frage
matik, ich Sinologie und Internationale           wurde. Eines Tages sprach einer von uns aus,        beschäftigt, wie wir möglichst direkt bei
­Entwicklung – und waren uns einig, dass          was auch der andere schon länger im Kopf            ­Biolandwirtinnen und -landwirten einkaufen
 wir in Wien bleiben würden. Hier hatten          hatte: Wenn wir in meinen Heimatort ziehen,          könnten. Es war uns ein Anliegen, genau
 wir u­ nseren Freundeskreis, genossen die        dann müssen wir diesen Umzug unbedingt               zu wissen, woher unsere Lebensmittel kom­
 ­Freizeitmöglichkeiten und die Anonymität.       nutzen, um unser Herzensprojekt, einen               men, wie sie hergestellt werden und dass
  Uns genügte es vollkommen, alle paar            ­eigenen Bioladen, Wirklichkeit werden zu            die Arbeit der Produzentinnen und Produ­
  ­Wochen aufs Land zu fahren.                     lassen! Nur in Rohrbach-Berg hätten wir             zenten fair entlohnt wird. Darüber hinaus
                                                   großelterliche Unterstützung bei der Kinder­        wollten wir mit bedeutend weniger
Sehnsucht nach mehr Grün                           betreuung und geringe Fixkosten fürs Woh­           ­Ver­packung einkaufen. 2013 initiierten
2015 bekamen wir unser erstes Kind. Für            nen – also endlich die richtigen Startbedin­         wir deshalb die Gründung der Foodcoop
uns war weiterhin klar: Wir bleiben in Wien,       gungen für das Start-up, das uns schon lange         Klappertopf ­(einer als Verein organisierten
auch mit Kind. Unser Kind wurde größer,
das zweite folgte. Langsam begannen wir
Wien als Wohnort zu hinterfragen. War             Binnenwanderung in Österreich
eine Kindheit in der Großstadt wirklich das,      112.222 Personen zogen im Jahr 2019 gemäß Statistik Austria von e­ inem Bundesland
was wir uns für unsere Kinder vorstellten?        in ein anderes, unternahmen also eine bundeslandübergreifende Binnenwanderung.
Es war während meiner dritten Schwanger­          ­Besonders umzugsfreudig zeigen sich die 20- bis 34-Jährigen. Während 2002 das
schaft, als wir uns dann intensiv mit der          ­Verhältnis Stadt : Land noch bei 50 : 50 lag, leben mittlerweile mehr Menschen in städtischen
Wahl des Wohnorts auseinander­zusetzen              Gebieten (2018: 52,8 Prozent). Auffällig ist, dass vor allem gut ausgebildete Frauen
begannen. Sollten wir in der Stadt bleiben,         ­strukturschwache Regionen ­verlassen, da es dort an qualifizierten Jobs, Kinderbetreuungs-
in den Speckgürtel ziehen, irgendwo am               und Bildungseinrichtungen sowie adäquaten Mobilitätsangeboten mangelt.
Land völlig neu anfangen, zu unserer F ­ amilie
Innovation                       15

Lebensmittel-Einkaufsgemeinschaft) in
­Wien-Landstraße und bauten ein Netzwerk          Zuwachs bei Neugründungen im Handel
 mit Biolandwirtinnen und -landwirten             Die Sparte Handel verzeichnete 2020 gemäß Daten der Wirtschaftskammer Österreich
 in ­Österreich und Italien auf. Die köstlichen   den zweithöchsten Anteil bei Neugründungen (nach Gewerbe und Handwerk).
 Bioprodukte der Foodcoop gaben uns das           Im Corona-Jahr 2020 gab es mit 9962 neuen Unternehmen überdurchschnittlich
 Gefühl, bewusst und sinnvoll zu konsumie­        viele Neugründungen in diesem Bereich. Eine Motivumfrage der Wirtschaftskammer
 ren. Daraus ­entstand das Bedürfnis, diese       zeigte, dass für 70 Prozent der Neugründerinnen und Neugründer im Vordergrund
 Bioprodukte mehr Menschen in Form eines          steht, dass sie ihr eigener Chef sind. Etwas weniger nennen die flexiblere Zeit- und
 Bioladens ­zugänglich zu machen. 2019 mach­      ­Lebensgestaltung als Gründungsgrund.
 ten wir diesen Wunsch zur Wirklichkeit.

Der Traum wird Wirklichkeit
Das Jahr 2020 stand im Zeichen der Vorbe­
reitungen: Schritt für Schritt erarbeiteten         Rohrbach-Bergs persönlicher Bioladen „LieblingsSpeis“
wir das Konzept unseres Bioladens. Unseren
zukünftigen Kundinnen und Kunden das
beste Angebot bieten zu können wollte gut           Die „LieblingsSpeis“, Rohrbach-Bergs              Armin Steinwandter und Elisabeth Gumpen­
vorbereitet sein. Hierfür führten wir un­           persön­licher Bioladen mit Vorbestelloption,      berger ist es ein Anliegen, dass sich ihr ­
zählige Gespräche mit Freundinnen, Freun­           versorgt ihre Kundinnen und Kunden mit           Angebot nicht auf den Verkauf hochwertiger
den und Familie, besichtigten verfügbare            handver­lesenen Bioprodukten aus der Region      Biolebensmittel aus der Region b   ­ eschränkt.
Geschäftslokale in Rohrbach-Berg und                und ­darüber hinaus. Der Schwerpunkt liegt       Sie möchten auch die Geschichte ihrer ­
­befragten im Rahmen einer Marktstudie              auf Biolebensmitteln. Armin Steinwandter         Produkte und der landwirtschaftlichen ­Betriebe
 ausgewählte Personen vor Ort. Wir besuch­          und Elisabeth Gumpenberger (beide 36)            dahinter erzählen, sodass die ­Lebensmittel
 ten etwa 30 Bioläden in Wien und Oberös­           ist wichtig, dass sie ihr Angebot direkt         „ein Gesicht“ bekommen.
 terreich und lernten von den Erfahrungen           von den derzeit 55 Bioproduzentinnen und               Aus diesem Grund planen sie ab Sommer
 der B ­ etreiberinnen und Betreiber. Darüber       -produzenten beziehen und diesen faire,          2021 regel­mäßige „LieblingsSpeis“-Reisen
 hinaus stellten wir ausführliche Recherchen        ­angemessene Preise bezahlen.                    zu ihren ­Betrieben, sodass die Kundinnen und
 an, machten ein Bioladen-Praktikum und                    Die Kundinnen und Kunden können           ­Kunden mit den Produzentinnen und Produzen-
 ­besuchten Fortbildungen. Es war echte              ihren Einkauf vorab online im Webshop zu-        ten ihrer Lebensmittel in direkten Austausch
  ­Knochenarbeit, die uns oft an unsere Gren­        sammenstellen und ihn dann ganz entspannt        treten können.
   zen brachte. Wir kamen auch immer wieder          am Freitag, dem Öffnungstag der „Lieblings-           Die „LieblingsSpeis“ ist ein gefördertes
   ins Zweifeln: Würden wir gute Räumlich­           Speis“, abholen. Alternativ können sie         ­LEADER-Projekt.
   keiten finden? Würde unser Start-up Erfolg        auch einfach am Freitag direkt in der „Lieb-
   haben und in Rohrbach-Berg gut angenom­           lingsSpeis“ einkaufen und hierbei aus
   men werden? Bei allen Zweifeln überwog            einem e­ twas kleineren Sortiment wählen.      LieblingsSpeis
   die Vorfreude auf unseren eigenen Bioladen.             Etwa 50 der Bioprodukte werden un­       Stadtplatz 16
   Ende des Jahres 2020 hatten wir dann              verpackt angeboten, um Verpackungsmüll         4150 Rohrbach-Berg
   das passende Geschäftslokal gefunden und          zu vermeiden. Das heißt, dass die Kundinnen    www.lieblingsspeis.at
   ein zu uns und dem Lokal passendes Ge­            und Kunden genau die Menge einkaufen           Vorbestellung unter
   schäftsmodell erarbeitet. Nun ging es an die      ­können, die sie tatsächlich benötigen,        https://shop.lieblingsspeis.at
   Umsetzung: Einrichtung, Produktauswahl,            und gerne eigene Behältnisse für die          Abholung beziehungsweise Einkauf
   Webauftritt, Marketing, Rechtliches ‒              ­Abfüllung mitbringen können.                 jeden Freitag 10–18 Uhr
   und endlich die Eröffnung …

Seit März 2021 ist unser Bioladen, die „Lieb­                                                       Die „LieblingsSpeis“: mehr als ein Bioladen
lingsSpeis“, nun offen. Doch das Ziel ­unseres
Herzensprojekts ist noch nicht ­erreicht:
Wir möchten die „LieblingsSpeis“ in Rohr­
bach-Berg etablieren, sie weiterentwickeln
und mit dem Thema „biologisch nahver­
sorgt“ mehr Raum einnehmen. An Ideen
und Motivation mangelt es nicht! q

Elisabeth Gumpenberger, studierte Sinologin,
ist Open Innovation-Beraterin und führt mit
­ihrem Partner den Bioladen „LieblingsSpeis“.

Weitere Informationen:
www.zukunftsraumland.at/projekte/2810
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