Rheinhessen-Nahe 2020 - ausgewählte Ergebnisse der Raumbeobachtung zur Sicherung der Daseinsvorsorge in der Region Rheinhessen-Nahe ...
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Rheinhessen-Nahe 2020 ausgewählte Ergebnisse der Raumbeobachtung zur Sicherung der Daseinsvorsorge in der Region Rheinhessen-Nahe PLANUNGSGEMEINSCHAFT RHEINHESSEN-NAHE
Impressum Herausgeber: Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe Redaktion: Geschäftsstelle der Körperschaft des öffentlichen Rechts Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe Lauterenstr. 37 Erscheinungsjahr: 2009 55116 Mainz Tel. 06131 / 48018 - 40 Fax 06131 / 48018 - 99 Vorsitzender: Ernst Walter Görisch Landrat des Landkreises Alzey-Worms Internet www.pg-rheinhessen-nahe.de E-mail geschaeftsstelle@pg-rheinhessen-nahe.de Leitende Planerin: Christiane Donnerstag Projektleitung: Dr. Jamill Sabbagh / Christiane Donnerstag
Inhalt Vorwort ........................................................................................................................... 3 Einleitung ....................................................................................................................... 5 1. Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse ................................. 3 2. Raumstruktur und demographische Entwicklung ............................................. 5 3. Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung ....................................... 13 3.1. Zentrale-Orte-Konzept...............................................................................................16 3.2. Wohnen .....................................................................................................................19 3.3. Einzelhandel..............................................................................................................20 3.4. Erreichbarkeit – ÖPNV und MIV................................................................................23 4. Weitere Bereiche der Daseinsvorsorge ............................................................ 26 4.1. Kinderbetreuung........................................................................................................26 4.2. Bildung ......................................................................................................................29 4.3. Gesundheit und Pflege..............................................................................................32 4.3.1. Medizinische Versorgung.............................................................................32 4.3.2. Altenpflege ...................................................................................................32 4.4. Technische Infrastruktur............................................................................................35 4.4.1. Energieversorgung, Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung .....35 4.4.2. Telekommunikation......................................................................................35 4.5. Freizeit, Kultur und Sport...........................................................................................38 5. Ausblick ............................................................................................................... 39 Anhang ......................................................................................................................... 43 Literatur ........................................................................................................................ 47
.................................................................. .........................Einleitung  Vorwort Landrat Ernst Walter Görisch  Trends und Entwicklungen 1
Vorwort Vorsitzender Landrat Ernst Walter Görisch Vorwort Das Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) hat mit seinen Vorgaben über die Ziele und Grundsätze der Raumordnung die Weichen für die Ausgestal- tung der nächsten regionalen Raumordnungspläne gestellt. Die regionalen Raumordnungspläne sollen die Inhalte des LEP IV konkretisie- ren. Hierzu übernehmen sie die Funktion der räumlichen Steuerung raumbe- deutsamer Vorhaben und Maßnahmen. Deshalb stellen sie u.a. besondere Funktionen der Gemeinden, Grundzentren oder auch besonders planungsbe- dürftige Räume dar. Grundlagen für diese Ausweisungen bietet eine zielge- richtete themenorientierte Raumbeobachtung. Dabei werden, ohne das Ge- samtsystem aus dem Blick zu verlieren, vorwiegend die Aspekte betrachtet, die auch einer räumlichen Steuerung unterzogen werden können. Im Hinblick auf den anstehenden regionalen Raumordnungsplan wird die Planungsgemeinschaft Rheinhes- sen-Nahe einzelne themenbezogene Informationsschriften herausgeben und so eine Plattform bereitstellen, mit der sich die Kommunen im Vorgriff auf den regionalen Raumordnungsplan themenorientiert mit Frage- stellungen beispielsweise zur Daseinsvorsorge, dem Einzelhandel oder den Schwellenwerten auseinander setzen können. Diese Handreichungen vertiefen die Kooperation und den Dialog innerhalb der Region und tragen somit zu einer breiten Akzeptanz des späteren regionalen Raumordnungsplanes bei. Denn insbeson- dere gemeinsam gefundene Lösungen liefern allen einen deutlich erkennbaren Mehrwert, weil durch das Bündeln der Kräfte ein eigenständiges Profil der Region entwickelt und sukzessive umgesetzt werden kann. Die erste Informationsschrift ist die vorliegende ausgewählte Raumbeobachtung zur Daseinsvorsorge. Denn dieses Thema ist auf der Grundlage des LEP IV ausführlich im regionalen Raumordnungsplan abzuhandeln. Im Vordergrund steht die Sicherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der gesamten Region. Dabei sind der demographische Wandel und die damit verbundene wirtschaftliche Auslastung der Infrastruktur zu beachten. Dieser Aufgabe kann die Regionalplanung nur in Kooperation mit den Kommunen und den Ein- richtungsträgern gerecht werden. Ernst Walter Görisch Landrat des Landkreises Alzey-Worms und Vorsitzender der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe 3
Einleitung Trends und Entwicklung Einleitung Allerorts ist vom gesellschaftlichen Wandel die Rede. Nicht nur, dass sich die Alters- strukturen auf dramatische Weise verändern, es gibt etliche ablesbare Trends, welche die bisherigen Wertevorstellungen und Strukturen auf den Kopf stellen könnten. Diese machen natürlich nicht an den Grenzen der Kommunen halt und es ist dringend gebo- ten, sich mit diesen absehbaren Veränderungen kontinuierlich auseinander zu setzen. gesellschaftlicher Die unterschiedlichsten und häufig auch gegenläufigen Ansprüche der einzelnen ge- Wandel sellschaftlichen Gruppen haben nicht nur Auswirkungen auf den Umgang miteinander. Auch wird die Ausstattung an vorgehaltener Infrastruktur mit völlig veränderten Grund- annahmen zu hinterfragen sein. Neben dem sich bereits länger vollziehenden Wandel von der Produktion zur produk- tionsorientierten Dienstleistung gibt es weitere Trends, die teilweise genau gegenläu- fig sind. Eines sollte bei den nachfolgend beschriebenen Trends im Hinterkopf bleiben - es gibt dabei auch immer größere Gesellschaftsgruppen, die so gar nicht in das je- weils beschriebene Bild passen. Zum einen weil nicht alle Menschen diesen angebli- Auswirkungen von chen Trends hinterlaufen und unbedingt "hipp & in" sein wollen. Zum anderen weil Einkommen und/oder gesellschaftliche Stellung eine Teilnahme überhaupt nicht zulas- arm und reich sen. Hier spielt das oft zitierte Stichwort 2/3-Gesellschaft eine wichtige Rolle. Dabei kann nur ein Drittel der Gesellschaft am vielschichtigen Konsum vor allem im Hinblick auf die von der Werbung propagierten Luxusgüter teilhaben (Freizeit & Erholung, Fernreisen, Teilnahme an der Medienwelt, sonstige Luxusgüter etc.) und zwei Drittel der Gesellschaft bewegen sich im Hinblick auf soziale Stellung, Schulbildung und Fortbildungsmöglichkeiten, Lohngefüge, Versorgung und vieles mehr lediglich im Um- feld des Existenzminimums. Bei den Trends werden meist zwei große Gesellschaftsgruppen betrachtet. Da gibt es einmal die angeblich jung-dynamischen Singles – ein Blick hinter die Zahlen erlaubt diese Formulierung, weil vor allem in den älteren Altersgruppen mindestens ebenso viele Singles vertreten sind, die aber bei dieser Argumentation selten berücksichtigt werden. Bei dieser lang schon von der Werbung entdeckten Zielgruppe liegen die In- teressen laut Marktforschung vorrangig bei Fun & Freizeit, dem Leben auf der Über- zunehmender Anteil an holspur, ausschließlich temporären meist zunächst im Zeitalter der Medien anonymen Singles Kontakten, wenigen und nur schwachen sozialen Bindungen. In der Konsumwelt nur schwimmend auf der Erlebniswelle – getreu dem Motto alles sofort und jederzeit. Wenn dies wirklich ein gesellschaftlicher Trend ist, dann hat er Auswirkungen auf so- ziale Strukturen, Ortsgemeinschaften bis hin zu den Vereinstätigkeiten. Eine weitere und ebenso wenig zu unterschätzende Entwicklung ist das steigende Durchschnittsalter der Gesellschaft. Das Bundesministerium für Familie etc. spricht hier schon bereitwillig vom sogenannten "Silbermarkt". Es wird zeitnah und kontinuier- lich eine zunehmend größere und überaus aktive Bevölkerungsschicht gesetzteren Al- ters geben. Diese wird qualitativ hohe Ansprüche an Service und Dienstleistungen al- ler Art stellen und sich angeblich dies auch bereitwillig etwas kosten lassen. Von der ältere Mitbürger – Werbung wird diese Zielgruppe als Pioniere neuer Werte und Märkte gefeiert. Immer infrastrukturelle Aus- wieder wird die Revolution auf leisen Sohlen angekündigt. Diese Bevölkerungsgruppe wirkungen will keinesfalls nur hinnehmen, sondern sich aktiv und dauerhaft in die Entscheidungs- prozesse einbinden. Das erfordert von allen Seiten ein Umdenken und ein Einbinden des enormen Potenzials, weil der gemeinsame Prozess zu allseits akzeptierten Lö- sungen führen wird. Diese Trends schlagen sich sicherlich in den Städten und im ländlichen Raum unter- schiedlich nieder. Manche Kommunen sind schon von der einen oder anderen Welle erfasst. Bei anderen wiederum sind Tendenzen erkennbar. Die vorliegende Raumbe- obachtung mit ausgewählten Ergebnissen zur Daseinsvorsorge soll die Aufmerksam- keit auf das wichtige Thema lenken und Handlungsmöglichkeiten für eine erfolgreiche Bewältigung dieser gesellschaftlichen Veränderungen in der Region Rheinhessen- Nahe entwickeln helfen. Daseinsvorsorge bedeutet, der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung und zu er- Trends und Tendenzen schwinglichen Preisen den gleichberechtigten Zugang zur sozialen, kulturellen und 5
Trends und Entwicklungen Einleitung Definition technischen Infrastruktur zu ermöglichen. Die spezifischen Mobilitätsansprüche der Bevölkerung sind generationenübergreifend zu berücksichtigen. Dabei erfahren die Rahmenbedingungen der Daseinsvorsorge seit Jahren umfassende Veränderungen. Die infrastrukturbezogene Diskussion kreist aktuell um zwei Aspekte des demogra- phischen Wandels. Dies ist zum einen der quantitative Wandel der Nachfrage in Folge rückläufiger Gesamtbevölkerung und zum anderen der qualitative Strukturwandel bzw. qualitativer Struktur- die Verschiebung der Nachfrage. Der Übergang der Bevölkerungsentwicklung auf ei- wandel nen Schrumpfungskurs, von dem langfristig auch die Teilräume erfasst werden, in de- nen heute noch Bevölkerungswachstum zu verzeichnen ist, führt dauerhaft zu einem Rückgang zentraler Nachfragegruppen. Während auf der einen Seite in dünn besie- Nachfrageverschie- delten Räumen Einrichtungen der Daseinsvorsorge im Bildungs- und Gesundheits- bungen wesen aber auch im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an Auslastungs- und Finanzierungsgrenzen stoßen, treffen neue Herausforderungen wie beispielsweise die Versorgung älterer oder pflegebedürftiger Menschen auf unzureichende Angebots- strukturen. Eine weitere gesellschaftliche Herausforderung bergen die veränderten Haushaltsstrukturen, der erkennbare Wertewandel und die damit verbundenen Verän- derungen gesellschaftlicher Präferenzen. Neben der demographischen Entwicklung unterliegt die weitreichende öffentliche Ver- antwortung zur Sicherung der Daseinsvorsorge seit einigen Jahren einem grundle- Arbeitsteilung von genden Strukturwandel. Nach vielfältigen Liberalisierungs- und Privatisierungsaktivitä- privatem und öffentli- ten werden Leistungen der Daseinsvorsorge zunehmend in einer Arbeitsteilung zwi- schen privatem und öffentlichem Sektor erbracht. Angesichts des zunehmenden chem Sektor Wettbewerbdrucks überdenken gewinnorientierte Anbieter ihre Versorgungsleistungen in Räumen mit rückläufiger Nachfrage. Auch wegen der zunehmenden Knappheit öf- fentlicher Mittel wird die Beantwortung der Frage, welche Angebote der Daseinsvor- sorge künftig tragbar sind, wesentlich von den finanziellen Rahmenbedingungen ab- hängen. Zukünftig geht es vor allem um die Sicherung einer Grundausstattung sowie um eine Sicherung der bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Daseinsvorsorge. Die Herausforderung für die Grundausstattung Raumordnung liegt darin, den Anpassungsprozess möglichst raumverträglich zu ge- stalten und zu begleiten. Die Regionalplanung steht dabei vor der Herausforderung, ihre ursprünglich vor allem an Zuwachs orientierten Planungsinstrumente stärker auf Um- bzw. Rückbauprozesse, auf Bestandsmanagement und auf die Anpassung an rückläufige Bedarfe auszurichten. Dazu bedarf es innovativer Planungsansätze und einer institutionellen Stärkung inter- kommunaler Kooperation bzw. regionaler Zusammenarbeit. Die Planungsgemein- gemeinsame Bewälti- schaft Rheinhessen-Nahe möchte die Bewältigung der künftigen Herausforderungen gung der Herausforde- der Daseinsvorsorge aktiv unterstützen. Hierzu dienen die vorliegenden ausgewählten rungen Ergebnisse der Raumbeobachtung zur Daseinsvorsorge in der Region sowie die Dar- stellung eines Überblicks über mögliche Strategien, die von Fachplanungen und Kommunen entwickelt wurden. Der Bericht stellt eine wichtige Grundlage zur Fort- schreibung des Regionalen Raumordnungsplanes 2020 dar. 6
.................................................................. ............ Daseinsvorsorge  Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse  Raumstruktur und demographische Entwicklung  Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung  Weitere Bereiche der Daseinsvorsorge  Ausblick 1
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Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensbedingungen 1. Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse Zur Daseinsvorsorge zählen all jene Güter und Dienstleistungen, an deren Angebot ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Im Bereich der technischen Infrastruk- tur sind dies Leistungen, die der Versorgung mit Energie, Wasser, Telekommunika- Definition tion, öffentlichem Nah- und Fernverkehr, Post, Abfall- und Abwasserentsorgung die- nen. Im sozialen Bereich werden Kulturangebote, Gesundheitsdienste, Kinderbetreu- ung, Schulausbildung und Altenpflege zur Daseinsvorsorge gerechnet. Daseinsvorsorge Soziale Infrastruktur Technische Infrastruktur Bildung, Kultur, Gesundheit Wohnen Dienstleistungen ÖPNV Tele- Ver-/ Entsorgung Freizeit Pflege Einzelhandel Indiv.verkehr kommunikation W asser, Energie, Abfall © PGRN 2009 Das Leistungsangebot der öffentlichen Daseinsvorsorge repräsentiert dabei den vom Staat unmittelbar gestaltbaren Ausschnitt der Lebensverhältnisse. Die Verpflichtung des Staates zur Gewährleistung von im öffentlichen Interesse stehenden Aufgaben vom Leistungs- zum enthält jedoch nicht die Art und Weise der Leistungserbringung, so dass diese auch Gewährleistungsstaat durch private Unternehmen erbracht werden kann. Nach zahlreichen Liberalisierungen und Privatisierungen liegt die Versorgung inzwischen nicht mehr allein in öffentlicher Hand und es wird bereits von einem Übergang vom Leistungs- zum Gewährleistungs- staat gesprochen. Die Ausstattung der Daseinsvorsorge basiert üblicherweise auf Fachanforderungen, der Finanzierbarkeit und einer politischen und fachlichen Wertung zwischen diesen Ausstattung der beiden Eckpunkten. Insofern sind die Standards der Daseinsvorsorge immer vor dem Daseinsvorsorge Hintergrund der Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft, einer Region, einer Kommune und nicht zuletzt vor den verfügbaren Versorgungsmöglichkeiten (z.B. Internet) zu se- hen. Die Diskussion um die Sicherung und Weiterentwicklung der öffentlichen Daseins- vorsorge wird derzeit vor allem von den Veränderungen durch den demographischen Wandel und der Frage beherrscht, inwieweit das Hinwirken auf gleichwertige Lebens- Unterschiede bei Zu- bedingungen noch den heutigen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden gang und Qualität statt kann. Gerade bei der infrastrukturellen Daseinsvorsorge gibt es beträchtliche regiona- gleichwertiger le Unterschiede in der Zugänglichkeit und der Qualität der angebotenen Leistungen. In Lebensbedingungen Anbetracht des hohen Aufwandes und des begrenzten Erfolges sowie der Mittel- knappheit des Staates wird die Ausrichtung auf gleichwertige Lebensbedingungen in jüngster Zeit erneut und zunehmend diskutiert. Die Schaffung bzw. der Erhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse ergibt sich bereits aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 sowie dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes. Allen Bürgerinnen und Bürgern soll die gleiche Chance verbrieftes Recht: zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit gegeben werden. Im Raumordnungsrecht (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 ROG) werden die gleichwertigen Lebensverhältnisse zur aktiven Handlungsan- Chance zur Entfaltung weisung, indem sie „in allen Teilräumen herzustellen“ sind. Das Bundesraumord- der Persönlichkeit nungsgesetz schreibt die Herstellung und Aufrechterhaltung „gleichwertiger Lebens- verhältnisse“ als Leitbild der Raumordnung und der Strukturförderung verpflichtend Mindeststandards fest, lässt aber den Landesgesetzgebern und der Landesplanung einen weiten Gestal- tungs- und Entscheidungsspielraum. Gleichwertigkeit bedeutet dabei nicht, dass über- all die gleichen Versorgungsstandards zur Geltung kommen. Gefordert sind regional- spezifische Mindeststandards, die sozial akzeptabel, umweltverträglich und finanziell tragfähig sind. 3
Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensbedingungen Während sich das Anliegen der Gleichwertigkeit ursprünglich vor allem auf den Aus- gleich der Lebensbedingungen in ländlichen Räumen und hier insbesondere in staatli- cher Randlage gegenüber denen in den Städten und Verdichtungsräumen ausgerich- tet war, konzentriert sich das Ausgleichsziel inzwischen vor allem auf struktur- Strukturentwicklung schwache Räume. Ein Ergebnis dieses Wandels waren die neuen raumordnungspoli- in ländlichen Räumen tischen Leitbilder welche sich die MKRO mit ihrem Beschluss vom 30.06.2006 über „Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ zu Ei- gen gemacht hat (Ministerkonferenz für Raumordnung 2005, 2006, 2008). Entschei- dend dabei ist, dass die drei Leitbilder gleichberechtigt nebeneinander stehen. Da- MKRO-Leitbilder durch ist gewährleistet, dass alle Teilräume mit ihren spezifischen Begabungen glei- chermaßen berücksichtigt werden. 1 Raumordnungspolitische Leitbilder Wachstum und Innovation Wachstum und Das Leitbild unterscheidet drei Raumtypen, Metropolräume, dynamische Wachs- Innovation tumsräume außerhalb der engeren metropolitanen Verflechtungsräume sowie Sta- bilisierungsräume, die sich überwiegend in peripherer Lage befinden. Entschei- dend ist, dass auch in den wachstumsschwachen Räumen Mindeststandards ge- wahrt bleiben sollen. Gleichwohl wird inzwischen keine Förderung der Stabilisie- rungsräume auf der Grundlage einer Wachstumsorientierung angestrebt, da diese von außen angestoßenen Umverteilungsprozesse erkennbar keine nachhaltige Wirkung gezeigt haben. Daseinsvorsorge sichern Basis des Leitbildes ist die Tragfähigkeit vorhandener zentraler Orte. Daraus wird ersichtlich, dass das Zentrale-Orte-Konzept weiterhin als das Instrument zur Steu- erung der Raumentwicklung angesehen wird, wobei es zu einer Akzentverschie- Daseinsvorsorge bung kommt – von der grund- und kleinzentralen Ebene hin zur mittel- und ober- sichern zentralen Ebene. Folge für die genannten Stabilisierungsräume ist der Ansatz ei- ner „Stabilisierung durch Konzentration“ der Infrastruktur bzw. Sicherstellung der Daseinsvorsorge. Deshalb geht es vorrangig um die Definition von Standards zur Versorgung und Erreichbarkeit. Zwangsläufig wird diese Definition letztendlich auch zu einem gestrafftem System von Mittel- und Oberzentren führen soll. 1 Das dritte Leitbild „Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten“ wird hier nicht weiter erläutert, da der Bezug zur Daseinsvor- sorge nicht gegeben ist. 4
Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensbedingungen Zukünftig geht es vor allem um die Sicherung einer Kernausstattung sowie um eine angemessene, bedürfnisgerechte, qualitative Weiterentwicklung der Daseinsvorsorge. Es gilt, das Infrastrukturangebot auf Bedarfsänderungen zu finanziell tragbaren Bedin- flexibles Infrastruktur- gungen auszurichten. Was die konzeptionellen Handlungsstrategien für den Erhalt angebot erforderlich und die Weiterentwicklung einer angemessenen Versorgungsinfrastruktur betrifft, bie- ten sich im Wesentlichen drei Strategien an: Rückbau bzw. Konzentration, innovative konzeptionelle Veränderungen sowie Veränderungen der Trägerschaft. Nach einem Überblick über die demographische Entwicklung in der Region Rheinhes- sen-Nahe sollen in den folgenden Kapiteln die Problematik erläutert und die damit in Verbindung stehenden wichtigsten Vorgaben des Landesentwicklungsprogramms Struktur der Rheinland-Pfalz IV (LEP IV) für die verschiedenen Bereiche der Daseinsvorsorge vor- folgenden Kapitel: gestellt sowie Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Die Situation in der Region - Problemstellung Rheinhessen-Nahe wird anhand von Daten zur vergangenen, aktuellen und zukünfti- - LEP IV-Bezug gen Entwicklung der Daseinsvorsorge in den Gebietskörperschaften dargestellt. Die - Lösungsansätze Bereiche Wohnen, Einzelhandel sowie Verkehr haben unmittelbare regionalplaneri- sche Relevanz bzw. Einflussmöglichkeiten. Sie werden deshalb zusammen mit dem Zentralen-Orte-Konzept in einem separaten Kapitel behandelt. 2. Raumstruktur und demographische Entwicklung Eingebettet zwischen Rhein, Hunsrück, Taunushöhen und Donnersberg liegt die rheinland-pfälzische Region Rheinhessen-Nahe. Sie setzt sich aus den Teilräumen Rheinhessen und dem Naheraum zusammen, deren naturräumlichen Unterschiede die räumlichen Strukturen und Entwicklungen prägen. Die vier Landkreise Alzey- Region Worms, Bad Kreuznach, Birkenfeld und Mainz-Bingen bestehen aus dem Zusammen- Rheinhessen-Nahe schluss von acht verbandsfreien Gemeinden bzw. Städten sowie 26 Verbandsge- meinden, die sich wiederum aus 342 Ortsgemeinden zusammensetzen. Mit den kreis- freien Städten Mainz und Worms umfasst die Region Rheinhessen-Nahe somit 352 Städte und Gemeinden. Ende 2007 lebten in der Region Rheinhessen-Nahe 851.496 Menschen auf einer Flä- che von 3.041 km². Der Landkreis Mainz-Bingen stellt mit seinen 201.451 Einwohnern die bevölkerungsreichste Gebietskörperschaft dar. Demgegenüber hat die kreisfreie Stadt Worms mit 82.290 Einwohnern die niedrigste Bevölkerungszahl. In den letzten 280 Einwohner / km² 15 Jahren ist die Bevölkerungsdichte der Region von 253 auf 280 Einwohner pro km² angestiegen. 5
Raumstruktur und demographische Entwicklung Bevölkerung und Fläche der Region Rheinhessen-Nahe 2007 Mainz 97,7 km² LK Mainz- Wor ms M ainz LK M ainz- Bingen 108,7 km² 198 .118 B ing en 605,8 km² LK Alzey- 20 1.4 51 Bevölkerungs- und Worms 588,1km² Flächenanteil Bevölkerung Fläche LK 851.496 W o rms 3.041 km² B irkenf eld Einwohner 82 .2 90 LK 86 .4 69 Birkenf eld 776,6 km² LK Bad LK A lzey- LK B ad Kr euznach W orms Kreuznach 863,7 km² 12 5.6 97 157.471 Datengrundlage: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz © PGRN 2009 fast 65 % Bevölkerung Region LK Alzey- LK Bad LK Birken- LK Mainz- gesamt Worms Kreuznach feld Bingen der Kommunen unter 1000 Einwohner (Größenklassen) Anzahl Ortsgemeinden bzw. verbandsfreie Städte und Gemeinden >=10.000 E; 0 - 500 134 11 56 64 3 5.001- 10.000 E; 2,0% 501 - 1000 94 23 27 24 20 4,0% 1.001 - 1.500 31 8 12 3 8 1.501 - 2.000 25 10 10 0 5 2.001 - 2.500 15 4 5 1 5 2.001- 5.000 E; 13,4% 2.501 - 5.000 32 9 6 2 15 5.001 - 10.000 14 3 2 1 8
Raumstruktur und demographische Entwicklung ausschließlich für die mittlere Berechnungsvariante, die aufgrund der LEP IV-Vorgabe Basis für die räumliche Steuerung ist. Die Bevölkerungsvorausberechnungen basieren zu einem wesentlichen Teil auf der Fortschreibung vergangener Entwicklungen. Das Statistische Landesamt weist darauf hin, dass kleinräumige Bevölkerungsberechnun- gen für einen mittelfristigen Zeitraum gute Planungsgrundlagen liefern können, wenn sie von den Nutzern interpretiert und um Vor-Ort-Kenntnisse ergänzt werden (Böck- mann et al. 2008, S. 672). Nach der zweiten regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung (mittlere Variante) soll die Bevölkerungszahl der Region Rheinhessen-Nahe bis 2050 um knapp 105.000 Einwohner (-12,3%) abnehmen. Dieser Wert liegt etwas unter dem Landesdurch- schnitt von -14,3%. Während die Bevölkerung in den Landkreisen Birkenfeld (seit Bevölkerung: 1996) und Bad Kreuznach (seit 2004) bereits zurückgeht, wird sie in den übrigen Ge- - 12,3 % bis 2050 bietskörperschaften noch für einen kürzeren oder mittelfristigen Zeitraum zunehmen. In der Stadt Mainz soll der Höhepunkt der Bevölkerungskurve bereits im Jahr 2006, in der Stadt Worms im Jahr 2010 erreicht sein. In den beiden rheinhessischen Landkrei- sen wird noch bis 2015 (Landkreis Alzey-Worms) bzw. 2020 (Landkreis Mainz-Bingen) mit einem Bevölkerungszuwachs gerechnet. Entsprechend unterscheidet sich die In- Landkreis Birkenfeld tensität der Bevölkerungsabnahme: Im Landkreis Mainz-Bingen soll die Bevölkerung Hauptbetroffener vom bis 2050 um 4,4%, im Landkreis Birkenfeld dagegen um knapp ein Viertel (-24,1%) Rückgang abnehmen. Be völk e rungs e ntw ick lung und -voraus be re chnung 1980-2050 (Basisjahr 2006) 10% vergang ene Ent wicklung V o rausb erechnung Veränderung zum Jahr 2006 in % 5% 0% 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 -5% -10% -15% -20% -25% M ainz Wo rm s LK A lzey-Wo rm s LK B ad Kreuznach LK B irkenfeld LK M ainz-B ingen R heinhessen-N ahe Datengrundlage: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz © PGRN 2009 Noch stärker variieren die Ergebnisse der kleinräumigen Berechnungen. Auf der Ebe- ne der verbandsfreien und Verbandsgemeinden werden bis 2020 Bevölkerungsverän- derungen zwischen +10,7% (Nieder-Olm, Landkreis Mainz-Bingen) und -13,0% (Ost- Nieder-Olm +10,7% hofen, Landkreis Alzey-Worms) bzw. -11,1% (Idar-Oberstein, Landkreis Birkenfeld) erwartet. In der Stadt Osthofen wird damit der stärkste Rückgang in Rheinland-Pfalz Osthofen -13,0% erwartet. Während die Bevölkerung der Verbandsgemeinden im Landkreis Alzey- Worms bis 2020 nur minimal zunehmen wird (Verbandsgemeinde-Durchschnitt 0,01%) liegt die durchschnittliche Zunahme der Verbandsgemeinden im Landkreis Mainz-Bingen bei 6,6%. In den beiden Landkreisen des Naheraumes geht das Statis- tische Landesamt von einem durchschnittlichen Rückgang der Bevölkerung in den Verbandsgemeinden von -3,0 (Bad Kreuznach) bzw. 11,0% (Birkenfeld) aus. Der Durchschnitt aller 36 Verbandsgemeinden (incl. verbands- und kreisfreie Städte) der Region Rheinhessen-Nahe liegt bei einer Bevölkerungsabnahme von knapp -0,3%, der Landesdurchschnitt in Rheinland-Pfalz beträgt -3,2% (siehe Anhang). 7
Raumstruktur und demographische Entwicklung Bevölkerungspyramide der Region Rheinhessen-Nahe 1987 - 2050 1987 2007 2020 2050 742.536 851.496 834.097 745.940 >=90 J. 85 J. 80 J. 75 J. 70 J. 65 J. 60 J. 55 J. 50 J. 45 J. 40 J. 35 J. 30 J. 25 J. 20 J. 15 J. 10 J. 5 J. < 1J. 7500 0 7500 Männer Frauen Datengrundlage: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz © PGRN 2009 8
Raumstruktur und demographische Entwicklung Jugend- und Altenquotient sind Kennziffern, bei denen die Zahl von Personen, die sich noch nicht bzw. nicht mehr im erwerbsfähigen Alter befinden der Zahl der Perso- Jugend- und Altenquo- nen im erwerbsfähigen Alter gegenübergestellt wird. Diese Gegenüberstellung ver- tient deutlicht das Verhältnis der erwerbstätigen Personen gegenüber den nicht erwerbstä- tigen Personen. Da die volkswirtschaftlichen Kosten von nicht erwerbstätigen Perso- nen von den erwerbstätigen Personen getragen werden, werden die Jugend- und Al- tenquotienten gelegentlich als "Lastquote" bezeichnet. Der Jugendquotient gibt die Zahl der unter 20-Jährigen bezogen auf 100 Personen im Alter zwischen 20 und 60 Personen an. Da die unter 20-Jährigen häufig noch nicht Definition erwerbstätig sind, misst diese Kennziffer die "Belastung" der erwerbsfähigen und in Jugendquotient der Regel erwerbstätigen Generation zwischen 20 und 60 Jahren durch die noch nicht erwerbstätigen Personen. Der Altenquotient gibt die Zahl der 60-jährigen und älteren Personen bezogen auf 100 Definition Personen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren an. Da die über 60-Jährigen in der Re- gel nicht mehr erwerbstätig sind, misst diese Kennziffer die "Belastung" der erwerbs- Altenquotient fähigen und in der Regel erwerbstätigen Generation zwischen 20 und 60 Jahren durch die nicht mehr erwerbstätigen Personen. In der Region Rheinhessen-Nahe stehen heute 100 Erwerbsfähigen 35 Menschen Jugendquotient gegenüber, die noch nicht im erwerbsfähigen Alter sind. Im Jahr 2020 werden es nach heute – 35 / 2020 – 33 den Berechnungen des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz nur noch 33 sein. Altenquotient Umgekehrt wird der Altenquotient von heute knapp 42 auf 55 ansteigen. heute – 41 / 2020 – 55 Neben den Veränderungen der Gesamtbevölkerung wird es zu einer deutlichen Ver- lagerung der Alterstruktur kommen. Diese wird zwangsläufig veränderte Bedarfe und Auslastungen von Infrastruktureinrichtungen mit sich bringen. Die Zahl der Über-60- Jährigen wird in der Region Rheinhessen-Nahe bis 2050 um knapp die Hälfte zuneh- men (+44,0%). Gleichzeitig wird die Zahl der Unter-20-Jährigen um knapp ein Drittel (- Verlagerung bei der 31,5%) abnehmen. Entsprechend verändern sich die Anteile der jeweiligen Alters- Altersstruktur gruppen an der Gesamtbevölkerung und dies mit allen damit verbundenen Konse- quenzen für den Arbeitsmarkt. 9
Raumstruktur und demographische Entwicklung Altersstruktur 2006 und 2020 in den Landkreisen und Verbandsgemeinden der Region Rheinhessen-Nahe 2006 2020 Region Rheinhessen-Nahe 20,0% 56,5% 23,5% 17,5% 53,2% 29,3% M ainz 16,9% 61,1% 22,0% 16,2% 56,8% 27,0% Worms 20,2% 56,0% 23,8% 18,4% 53,1% 28,6% LK Alzey-Worms 22,1% 56,2% 21,7% 18,4% 52,7% 28,9% LK Bad Kreuznach 20,5% 53,8% 25,7% 17,2% 51,2% 31,6% LK Birkenfeld 17,0% 49,5% 33,5% LK M ainz-Bingen 21,1% 56,3% 22,6% 18,2% 53,3% 28,5% Vfr Alzey 20,2% 56,4% 23,4% 18,6% 50,5% 30,8% Vf r Ost hof en 21,9% 53,0% 25,1% 21,8% 48,2% 30,1% LK Alzey-Worms Alzey-Land 22,7% 57,0% 20,3% 17,6% 54,4% 28,0% Eich 21,3% 55,5% 23,2% 18,7% 52,7% 28,6% M onsheim 21,9% 54,2% 23,9% 18,2% 52,4% 29,4% West hof en 22,5% 55,5% 22,1% 18,6% 52,0% 29,3% Wöllst ein 23,0% 58,1% 19,0% 17,7% 54,5% 27,9% Wörrst adt 23,0% 56,8% 20,3% 18,3% 53,2% 28,4% Vf r Bad Kreuznach 20,2% 53,7% 26,1% 17,1% 52,3% 30,6% Vfr Kirn 19,7% 51,8% 28,6% 18,6% 48,0% 33,4% Bad Kreuznach 21,8% 55,0% 23,3% 17,2% 53,4% 29,4% LK Bad Kreuznach Bad M ünst er a.St.E. 17,4% 51,8% 30,7% 13,5% 48,3% 38,2% Kirn-Land 19,7% 55,2% 25,1% 16,6% 51,0% 32,4% Langenlonsheim 21,2% 55,1% 23,7% 16,7% 52,2% 31,1% M eisenheim 19,6% 52,9% 27,6% 16,0% 52,1% 32,0% Rüdesheim 22,4% 54,3% 23,3% 18,9% 52,0% 29,1% Bad Sobernheim 21,0% 53,2% 25,8% 17,5% 49,1% 33,4% Stromberg 20,0% 54,4% 25,6% 17,2% 49,8% 33,0% Vfr Idar-Oberst ein 18,7% 52,0% 29,3% 16,3% 48,9% 34,7% LK Birkenfeld Baumholder 20,3% 53,9% 25,8% 17,1% 51,7% 31,2% Birkenfeld 21,4% 54,7% 23,8% 17,5% 51,3% 31,3% Herrst ein 20,1% 52,4% 27,4% 16,7% 47,6% 35,7% Rhaunen 22,2% 51,8% 26,0% 18,8% 48,6% 32,6% Vf r Bingen am Rhein 18,7% 55,1% 26,2% 16,3% 53,9% 29,8% Vf r Budenheim 19,6% 56,1% 24,3% 18,8% 53,8% 27,4% Vfr Ingelheim/ Rhein 20,2% 56,5% 23,4% 17,5% 52,8% 29,7% LK Mainz-Bingen Rhein-Nahe 19,9% 53,6% 26,5% 16,2% 52,0% 31,7% Bodenheim 20,8% 58,3% 20,9% 17,8% 52,3% 30,0% Gau-Algesheim 21,3% 55,6% 23,0% 18,0% 52,5% 29,5% Gunt ersblum 21,8% 56,2% 22,0% 18,7% 51,2% 30,0% Heidesheim am Rhein 21,1% 56,7% 22,1% 18,6% 54,1% 27,3% Nieder-Olm 21,7% 57,1% 21,2% 18,4% 54,3% 27,4% Nierstein-Oppenheim 22,9% 56,5% 20,6% 20,2% 53,6% 26,2% Sprendlingen-Gensingen 23,1% 57,0% 19,9% 19,7% 54,0% 26,4% 0% 20% 40% 60% 80% 100% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Unter-20 Jährige 20- bis Unter-60-Jährige 60-Jährige und älter Datengrundlage: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, zweite kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnung © PGRN 2009 10
Raumstruktur und demographische Entwicklung Entwicklung der Unter-20-Jährigen und Über-60-Jährigen 2006 bis 2020 in den Landkreisen und Verbandsgemeinden der Region Rheinhessen-Nahe -14,1% 22 ,4 % Region Rheinhessen-Nahe -10 ,3 % 15,2% M ainz -9,8% 18 ,8 % Worms -16,7% 33 ,3 % LK Alzey-Worms -17,7% 2 0,9% LK Bad Kreuznach -22 ,8 % 13,7% LK Birkenfeld -10,6 % 2 9,9% LK M ainz-Bingen -9,2% 29 ,1% Vfr Alzey -13,3% 4 ,2 % Vfr Osthofen LK Alzey-Worms -21,9% 38 ,9 % Alzey-Land -11,3 % 25,2 % Eich -17,7% 2 1,8 % M onsheim -18,0% 3 1,4 % Westhofen -2 1,3 % 50,3% Wöllstein -16,9% 4 5,8 % Wörrstadt -14,8 % 18 ,0% Vfr Bad Kreuznach -14 ,3 % 5,6% Vfr Kirn -13 ,3 % 3 8,2% Bad Kreuznach LK Bad Kreuznach -2 6,3% 18,2% Bad M ünster a.St.E. -19 ,4 % 2 3,1% Kirn-Land -24 ,0 % 2 6,7% Langenlonsheim -24 ,3 % 7,3 % M eisenheim -13,8% 2 7,2% Rüdesheim -21,6% 21,7% Bad Sobernheim -16 ,2 % 25,9% Stromberg -2 2,3% 5,4% Vfr Idar-Oberstein LK Birkenfeld -22 ,8 % 10 ,9 % Baumholder -2 2,4% 25,0 % Birkenfeld -24 ,4 % 19,1% Herrstein -21,7% 15,9 % Rhaunen -15,9% 9,5% Vfr Bingen am Rhein -3 ,8% 13,0% Vfr Budenheim -17,6% 2 0,6% Vfr Ingelheim/Rhein LK Mainz-Bingen -23 ,1% 13,2% Rhein-Nahe -9 ,6 % 51,2 % Bodenheim -13,6% 3 1,7% Gau-Algesheim -15,5% 3 3,7% Guntersblum -4 ,2 % 34 ,5% Heidesheim am Rhein -6,4% 43 ,0 % Nieder-Olm -4 ,2 % 3 8,1% Nierstein-Oppenheim -5,9 % 46 ,7% Sprendlingen-Gensingen -30% -20% -10% 0% 10% 20% 30% 40% 50% Unter-20-Jährige 60-Jährige und älter Datengrundlage: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, zweite kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnung © PGRN 2009 11
Raumstruktur und demographische Entwicklung 12
Raumstruktur und demographische Entwicklung 3. Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung Der demographische Wandel wird zu einer zentralen Herausforderung für eine zu- kunftsfähige, nachhaltige Raum- und Siedlungsstruktur. Räumliche Planung und die Herausforderung Planungsträger der öffentlichen Daseinsvorsorge und Dienstleistungen haben sich in für die regional unterschiedlichem Maße frühzeitig auf eine generelle Bevölkerungsabnahme, räumliche Steuerung Alterung und Internationalisierung der Bevölkerung einzustellen und ihre Angebote entsprechend anzupassen. Die hiervon ausgehenden Schlussfolgerungen werden be- sonders auf der kommunalen und regionalen Ebene sichtbar, da sie eine unmittelbare Wirkung auf die Lebensqualität der Menschen haben. In Fachkreisen besteht zuneh- mend Konsens, dass „die Region“ zukünftig die Handlungsebene sein wird, auf der ef- fiziente Lösungen eines regionalen Flächenmanagements realisiert werden oder auf „Region“ als der sich die Anpassung der Infrastruktur abspielen wird (BMVBS/ BBR 2006, S. 86). Handlungsebene Welches Gewicht den einzelnen Akteuren hierbei zukommt und wie der Begriff „Regi- on“ definiert wird, richtet sich nach den jeweiligen institutionellen bzw. politischen Rah- menbedingungen vor Ort und den Schwerpunktsetzungen der Akteure. Neben Freiraum- und Siedlungsstruktur gehört die Infrastruktur zum dritten Rege- lungsbereich der Raumordnung. Insofern die Regionalplanung kompetenzrechtlich keine verbindlichen Entscheidungen über Anpassungsmaßnahmen trifft ist sie auf ei- ne Kooperation mit all jenen Organisationen und Trägern angewiesen, die mit der Kooperation aller Planung und Entwicklung unterschiedlichster Einrichtungen der Daseinsvorsorge be- Organisationen und auftragt sind. Dabei sind Einrichtungen in kommunaler, staatlicher und privater Trä- Träger gerschaft zu unterscheiden. Probleme liegen hier in der eindeutigen Abgrenzung, da die Zuständigkeiten in vielen Bereichen verschwimmen. Insofern ist die im Folgenden angeführte allgemeine Zuständigkeit im Einzelfall zu konkretisieren. Katalog - Oberzentren 13
Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung Katalog - Mittelzentren Katalog - Unterzentren Katalog und Trägerschaft zentralörtlicher Einrichtungen (BMVBS/ BBR 2008, S.59f) 14
Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung Demographiebezogene Strategieelemente können in den regionalen Raumordnungs- plänen in unterschiedlicher Verbindlichkeit als Ziele und Grundsätze der Raumord- nung festgelegt oder in den Begründungen bzw. Erläuterungen dargestellt werden. Ziele und Grundsätze Ziele der Raumordnung müssen im Wesentlichen drei Parameter erfüllen. Sie haben der Raumordnung eine klaren Adressaten, sind hinreichend bestimmt oder bestimmbar und sind vom je- weiligen Planungsträger letztabgewogene Entscheidungen. Für die Ziele der Raum- ordnung gilt die Beachtenspflicht auf den nachrangigen Planungsebenen. Auch gilt die Anpassungspflicht der nachrangigen Planungsebenen an die Ziele der Raumordnung. Für Grundsätze der Raumordnung gilt eine Beachtenspflicht der nachrangigen Pla- nungsebenen. Dies können jedoch im Gegensatz zu den Zielen der Raumordnung im Rahmen der Abwägung bei hinreichender Begründung überwunden werden. Von Bedeutung sind hier insbesondere die Neuorganisation der Standortsysteme der Daseinsvorsorge, v.a. das Zentrale-Orte-Konzept, die Forderung nach interkommmna- len und regionalen Kooperationen bzw. Funktionsteilungen sowie die Einschränkung Neuorganisation der Siedlungstätigkeit außerhalb der Zentralen Orte. Die Wirksamkeit und Steuerungs- Daseinsvorsorge wirkung dieser Strategieelemente hängt neben ihrer rechtlichen Verbindlichkeit auch davon ab, inwieweit sie von den Adressaten der Landes- und Regionalplanung aufge- griffen und umgesetzt werden. Darüber hinaus kommt den informellen Instrumenten wie Modellvorhaben sowie der Erarbeitung und Moderation regionaler Entwicklungs- konzepte bzw. Anpassungsstrategien der Daseinsvorsorge mit den Gebietskörper- schaften und Trägern der Daseinsangebote bei der Bewältigung des demographi- schen Wandels ein wichtige Rolle zu (z.B. Gutsche et al. 2008). Strategien ausgewählter Länder zur Flexibilisierung des Zentrale-Orte-Systems; Quelle: BBR 2007a, S. 9 Handlungsfelder der Regionalplanung beim Umgang mit dem demographischen Wandel; Quelle: BBR 2007b, S. 31 15
Zentrale-Orte-Konzept Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung 3.1. Zentrale-Orte-Konzept Die Raumordnung thematisiert Leistungen der er öffentlichen Daseinsvorsorge traditio- nell im Rahmen ihrer Zentrale-Orte-Konzepte (ZOK). Eine klassische Aufgabe der räumliche Bündelung Zentralen Orte besteht in der räumlichen Bündelung der haushaltsorientierten Infra- haushaltsorientierter struktur. Diese dient der Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistun- Infrastruktur gen. Sie umfasst sowohl öffentliche Einrichtungen als auch private Dienstleistungen sowie den Einzelhandel, wobei zwischen Gütern und Dienstleistungen des kurz-, mit- tel- und langfristigen bzw. des täglichen, des gehobenen und des spezialisierten höhe- ren Bedarfs unterschieden wird. Welche Leistungen der Daseinsvorsorge in den zent- ralen Orten angeboten werden sollen, ist in Ausstattungskatalogen der Landespla- nung geregelt. Hier werden darüber hinaus Vorgaben zur Erreichbarkeit für einzelne Dienstleistungen oder ganze zentrale Orte festgelegt (siehe Anhang). Das Landes- entwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (LEP IV) weist ein Zentrale-Orte-System aus, das aus Ober- und Mittelzentren besteht. Zentren der Nahbereiche (Grundzentren) werden auf der Ebene der Regionalplanung ausgewiesen. In der Region Rheinhes- sen-Nahe wurden 14 Mittelzentren und 23 Grundzentren ausgewiesen. Ortsgemeinde Grundzentrum Mittelzentrum (bzw. kfr. und vfr. Städte und Verbandsgemeinde Kreis Gemeinden) i.E. = im Ergänzungsnetz Mainz, kfr. Stadt Mainz, kfr. Stadt Mainz, kfr. Stadt (Oberzentrum) Worms, kfr. Stadt Worms, kfr. Stadt Worms, kfr. Stadt MZ Alzey, Stadt Vfr Alzey MZ Osthofen, Stadt Vfr Osthofen GZ Gau-Odernheim GZ VG Alzey-Land Flonheim GZ Eich VG Eich LK Alzey-Worms GZ Monsheim VG Monsheim GZ Westhofen VG Westhofen GZ Wöllstein VG Wöllstein GZ Wörrstadt VG Wörrstadt GZ Bad Kreuznach, Stadt Vfr Bad Kreuznach MZ Kirn, Stadt Vfr Kirn MZ aktueller Stand Bad Münster am St.E. VG Bad Münster a.St.E. GZ der zentralörtlichen Bad Sobernheim, Stadt VG Bad Sobernheim MZ iE Langenlonsheim VG Langenlonsheim LK Bad Kreuznach GZ Gliederung Meisenheim, Stadt MZ iE VG Meisenheim Waldböckelheim GZ iE Rüdesheim VG Rüdesheim GZ Stromberg, Stadt VG Stromberg GZ Idar-Oberstein, Stadt Vfr Idar-Oberstein MZ Baumholder, Stadt VG Baumholder MZ iE Birkenfeld, Stadt VG Birkenfeld LK Birkenfeld MZ Herrstein VG Herrstein GZ Rhaunen VG Rhaunen GZ Bingen a.Rhein, Stadt Vfr Bingen am Rhein MZ Budenheim Vfr Budenheim GZ Ingelheim am Rhein Vfr Ingelheim/Rhein MZ Nackenheim GZ iE VG Bodenheim Bodenheim GZ Gau-Algesheim, Stadt VG Gau-Algesheim GZ Guntersblum VG Guntersblum LK Mainz-Bingen GZ Heidesheim am Rhein VG Heidesheim am Rhein GZ Nieder-Olm, Stadt VG Nieder-Olm MZ iE Oppenheim, Stadt MZ iE VG Nierstein-Oppenheim Nierstein MZ iE Bacharach, Stadt VG Rhein-Nahe GZ Sprendlingen VG Sprendlingen-Gens. GZ Summe Region 23 14 Tabelle: Zentrenstruktur der Region Rheinhessen-Nahe 16
Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung Zentrale-Orte-Konzept / Wohnen Zukünftig können die Angebote der Daseinsvorsorge in Teilräumen der Region be- dingt durch den demographischen Wandel, insbesondere durch Verschiebungen in der Altersstruktur wie auch einem drastischen Bevölkerungsrückgang, nicht mehr auf dem heutigen Versorgungsniveau garantiert werden. Dies hat zur Folge, dass das Sy- stem der Zentralen Orte unter Anpassungsdruck gerät. Veränderungen innerhalb des Anpassungsdruck zentralörtlichen Systems müssen zwei gegenläufige Aspekte zusammenführen: die für ZOK flächendeckende Erreichbarkeit von Zentren einerseits und ihre wirtschaftliche Trag- fähigkeit durch langfristig gesicherte Auslastungspotenziale andererseits. Angesichts der unterschiedlichen demographischen Rahmenbedingungen differieren die Strate- gien der Bundesländer, was die Flexibilisierung und Anpassung des Zentrale-Orte- Systems betrifft. Während in den Ländern mit einem derzeitigen Bevölkerungswachs- tum die Zahl der Zentralen Orte noch ausgebaut und die dortigen Angebote ergänzt werden, verfolgen die Länder mit einem akuten Problemdruck eine Strategie der Straf- fung der Zahl der Ebenen bzw. die Ausdünnung des zentralörtlichen Systems. Des weiteren wird in einigen Bundesländern wie auch in Rheinland-Pfalz die Koopera- 2 tion zentraler Orte angestrebt. Die Auslastung von Infrastruktur bzw. die Sicherung von Tragfähigkeiten macht Kooperationen in deutlich zunehmendem Maße notwendig, Kooperation wird weil nicht jede Kommune für sich sämtliche Standortfaktoren und Infrastruktur bzw. verstärkte gefordert Einrichtungen der Daseinsvorsorge vorhalten kann: „Eine wettbewerbsfähige Region nach außen braucht eine intelligente und effiziente Kooperation nach innen bei der Inf- rastrukturplanung“ (BMVBS/ BBR 2006, S. 84). Die Planungsgemeinschaften können hier eine initiierende, koordinierende und moderierenden Rolle übernehmen. LEP IV Ziele und Grundsätze 2 In der Praxiserfahrungsstudie „Kooperation zentraler Orte in schrumpfenden Regionen“ wurde anhand von Fallstudien analysiert, welche Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung von Kooperationen aus- schlaggebend sind und welche Hemmnisse bestehen. Die Studie bietet einen regions- und länderüber- greifenden Vergleich von Kooperationen zentraler Orte, in der Nachzeichnung ihrer Entwicklungen im Zeitverlauf und den daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen für die Planungspraxis. Siehe BMVBS/ BBR 2008 17
Zentrale-Orte-Konzept Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung LEP IV Ziele und Grundsätze (LEP IV, Kap. 3.1.1 Zentrenstruktur, Mittelbereiche und mittelzentrale Verbünde) Während die mittelzentralen Verbünde kooperierender Zentren im LEP IV benannt Grundzentren werden (Z 40) soll die Zuordnung von grundzentralen Funktionen in Grundzentren und über Regionalplanung die Abgrenzung ihrer Nahbereiche (monozentrale Nahbereiche) durch die Regional- planung vorgenommen werden (Z 42). Die aktuelle Diskussion über mittelzentrale 18
Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung Zentrale-Orte-Konzept / Wohnen Standortoptimierung in Rheinland-Pfalz steht dabei in engem Zusammenhang zur an- gestoßenen Kommunal- und Verwaltungsreform, die bis zum Jahr 2014 umgesetzt werden soll (Sabbagh et al. 2006, S. 15). 3.2. Wohnen Demographische Entwicklung, Sicherung der Daseinsvorsorge und nachhaltige Sied- lungsentwicklung hängen eng zusammen: Schrumpfungs- und Alterungsprozesse so- wie der Wandel gesellschaftlicher Präferenzen machen es erforderlich, neu über Leit- Siedlungsflächenent- bilder der Siedlungsentwicklung und Wohnungspolitik nachzudenken. Auf den Who- wicklung ist von der nungsmärkten wird es infolge des demographischen Wandels zu einer Gleichzeitigkeit Bevölkerungsentwick- von Angebotsüberhängen bzw. Leerständen und Engpässen in dynamischen Regio- lung entkoppelt nen geben. Dabei reagiert die Siedlungs- bzw. Wohnungsentwicklung nicht quasi au- tomatisch auf einen Bevölkerungsrückgang. Im Gegenteil: Klassische Wachstumspla- nungen bzw. der kommunale Standortwettbewerb spielen auch in der Region Rhein- hessen-Nahe immer noch eine wichtige Rolle. Siedlungsfläche und Bevölkerung ent- wickeln sich längst nicht proportional zueinander. W ohnungs-, Siedlungs-/Verkehrsflächen- und Bevölkerungsentw icklung in den Landkreisen und der Region Rheinhessen-Nahe 2000-2007 12% 10% 8% LK Birkenfeld Grund: Konversions- 6% und Verkehrsflächen 4% (siehe reg. ROB PGRN 2007, S. 35) 2% 0% M ainz Wo rm s LK A lzey- LK B ad LK B irkenfeld LK M ainz- R heinhessen- Wo rm s Kreuznach B ingen N ahe -2% -4% -6% Wo hnungen Siedlungs- und Verkehrsfläche B evö lkerung Datengrundlage: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz © PGRN 2009 Die mit dieser Entwicklung einhergehende Zunahme der Siedlungs- bzw. Wohnflä- cheninanspruchnahme pro Kopf ist sicherlich ein Indikator für Wohlstand. Sie hat je- doch auch erhebliche Folgen für die Infrastrukturkosten, die in direkter Abhängigkeit zur Siedlungsstruktur bzw. Siedlungsdichte stehen und in Zukunft von immer weniger Einwohnern getragen werden müssen. Eine gering verdichtete, disperse Siedlungs- struktur verursacht im Bereich der technischen Infrastruktur erheblich mehr Aufwand und Kosten pro Einwohner als eine verdichtete Siedlungsform. Auch die Erreichbarkeit sozialer Infrastruktureinrichtungen korrespondiert eng mit der Siedlungsdichte. Gering Ausbreitung in den verdichtete Siedlungsgebiete sind mit längeren Wegstrecken und somit hohen Kosten Freiraum führt zu verbunden – hinzu kommt die geringe Leistungsdichte des öffentlichen Personennah- hohen Folgenkosten verkehrs in ländlichen Räumen. Entsprechend heißt es im LEP IV: „Eine disperse bei der Infrastruktur Siedlungsentwicklung ist nicht nachhaltig und auch langfristig nicht finanzierbar. Die weitere Siedlungsentwicklung ist daher insbesondere vor dem Hintergrund des demo- grafischen Wandels an einer langfristig tragfähigen und zu angemessenen Kosten be- treibbaren sowie ressourcenschonenden Ver- und Entsorgungsstruktur auszurichten“ (LEP IV, S. 80). 19
Wohnen / Einzelhandel Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung Die Notwendigkeit einer Abschätzung von Kostenfolgen alternativer Baulandstrategien bzw. Dimensionierungen neuer Baugebiete insbesondere im Bereich der infrastruktu- rellen Daseinsvorsorge sind künftig in der kommunalen und regionalen Flächenpla- nung verstärkt zu berücksichtigen. In Gemeinden mit stagnierender oder rückläufiger Ausbreitung in den Bevölkerungszahl sollte die Stabilisierung der Siedlungsdichte und Verdichtung der Freiraum führt zu bereits vorhandenen Siedlungskörper im Vordergrund stehen. Investitionen in Neuer- hohen Folgenkosten schließungen oder neue Infrastrukturen sollten nur in dem zwingend erforderlichen bei der Infrastruktur Maß erfolgen. Das bedeutet, die inneren Nutzungsreserven des Siedlungsbestandes vorrangig zu mobilisieren und auszuschöpfen. Demzufolge haben städtebauliche In- nenentwicklung, Wohnungsmodernisierung, städtebauliche Erneuerung des Wohnum- feldes sowie die Nutzung von militärischen und zivilen Konversionsflächen Vorrang vor der Neuausweisung von Flächen im Außenbereich. Ein zweiter wesentlicher Handlungsansatz liegt in der Vermeidung einer dispersen Bautätigkeit. Im LEP IV wird explizit davon gesprochen, die quantitative Flächenneuinanspruchnahme bis zum Jahr 2015 landesweit zu reduzieren sowie die notwendige Flächeninanspruchnahme durch ein Flächenmanagement qualitativ zu verbessern (Z 31). (LEP IV, Kap. 2. 4. 2 Nachhaltige Siedlungsentwicklung) Mit der deutlich steigenden Zahl älterer Menschen nimmt der Bedarf an altengerech- ten Wohnungen zu. Da viele ältere Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden wohnen möchten, ist es wichtig, nicht nur entsprechende Wohnangebote, Bedarf an neuen sondern ergänzend auch Betreuungs- und Pflegeangebote auf Quartiersebene (z.B. Wohnformen Wohnungen in Verbindung mit Wohndienstleistungen) zu schaffen. Neue Formen (z.B. Mehrgenerationen-Wohnen) und Trägerschaften (z.B. Baugemeinschaften) sind zu fördern. Auch die Ausweisung neuer Wohngebiete bzw. der Erwerb von Wohn- eigentum auch jüngerer Altersgruppen sollte baulich sowie bezüglich Verkehrsanbin- dung und Infrastrukturausstattung im Umfeld bereits auf ein Wohnen im Alter ausge- richtet sein (barrierefreies Wohnen). (LEP IV, Kap. 3.2 Nachhaltige Wahrnehmung der Daseinsgrundfunktionen, 3.2.1 Wohnen) 3.3. Einzelhandel Einzelhandel als Bau- Beim Einzelhandel und haushaltsorientierten Dienstleistungen handelt es sich zwar stein der Daseinsvor- nicht im klassischen Verständnis um Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Vielmehr sorge geht es um privatwirtschaftliche Dienstleistungen, die der Versorgung der Bevölkerung mit elementaren Gütern des kurz-, mittel- und langfristigen Bedarfes dienen. 20
Daseinsvorsorge als Aufgabe der Regionalplanung Einzelhandel Beim Einzelhandel sind derzeit gegenläufige Trends zu beobachten, die jedoch alle- samt auf brancheninterne Umverteilungsprozesse zurückgehen. Speziell bezogen auf die kleinräumige Gebietsversorgung 3 ist der Gesamtumsatz im Zeitraum zwischen 1970 und 2002 von 40 Mrd. € auf 140 Mrd. € gestiegen. Gleichzeitig erfolgten in der Gesamtbranche extreme Umstrukturierungen, denn im gleichen Zeitraum sank die Trend der Zahl der Läden zur Gebietsversorgung von 140.000 auf nur noch 50.000. Parallel Konzentration hierzu setzte sich die Konzentration der großen Verbrauchermarktketten fort. Hier spielen nicht nur konkurrierende Agglomerationen von Einzehandelsbetrieben außer- halb der Zentren eine Rolle, sondern Internethandel und insbesondere internetge- stützte Versandhandel beeinflussen die Sortiments- und Produktpalette in den Mittel- und Grundzentren. Für die gesamte Branche ist in den letzten Jahren zu beobachten, dass der Gesamtumsatz stagniert und teilweise u.a. aufgrund der globalen und natio- nalen Wirtschaftssituation rückläufige Phasen zu verzeichnen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass insbesondere Ober- und Mittelzentren in der langjährigen Wachs- tumsphase der Branche große Verkaufslächen in Randlage befürwortet haben. Über den langen Zeitraum der Gesamtwachstumsphase gab es trotz des teils direkten Ne- beneinander von Agglomerationen auf der grünen Wiese und zentralen Einkaufsberei- chen in den Innenstädten keine Konkurrenz. Erst mit dem stagnierenden oder gar rückläufigen Gesamtumsatz und dem damit verbundenen Umverteilungsprozess ent- steht insbesondere in Grund- und Mittelzentren eine Konkurrenzsituation, die größten- teils zu Lasten der zentralen Einkaufslagen geht, womit auch ein Bedeutungsverlust der Versorgungsfunktion einhergehen kann. Verstärkt wird diese Situation noch da- Umverteilungs- durch, dass diese Lagen kaum die Standortanforderungen der Verbraucherketten er- prozesse statt stetiges füllen können. Dabei ist von diesen Umstrukturierungen insbesondere der Teil der Be- Wachstum völkerung betroffen, der immobil ist, da mangels PKW oder ÖPNV-Verbindung auf eine Versorgung vor Ort angewiesen ist. Verstärkt seit den 1970er Jahren gibt es Bemühungen, durch das Bau- und Raumord- nungsrecht den städtebaulich und raumordnerisch problematischen Entwicklungen im Bereich des Einzelhandels entgegen zu wirken. Viele Gemeinden und Regionen be- mühen sich, in so genannten Einzelhandelskonzepten festzulegen, nach welchen Ge- sichtspunkten welche Einzelhandelsbetriebe an welchen Standorten geplant und an- gesiedelt werden sollen. Die 2007 in Kraft getretene Novelle des Baugesetzbuchs bietet die Möglichkeit, zentrale Versorgungsbereiche festzulegen und damit städte- baulich gewünschte Versorgungsbereiche zu schützen. Beim großflächigen Einzel- handel soll der regionale Raumordnungsplan gemäß LEP IV eine steuernde, lenkende Funktion übernehmen. Folgende Vorgaben ergeben sich aus dem LEP IV, S. 96: LEP IV Ziel und Grundsatz Eine veränderte Vorgabe aus dem LEP IV betrifft den Bezug zur Verkaufsfläche an- Verkaufsfläche stelle des bisherigen Bezugs zur Geschossflächenzahl. Darüber hinaus wurde im Z 57 die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel in Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion bei mehr als 3.000 Einwohnern zugelassen. 3 Gebietsversorgung – solche Läden werden im Volksmund auch „Tante-Emma-Laden“ genannt. 21
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