"30 Jahre fabriggli - und so weiter - Das Werdenberger Kleintheater in einem etwas unüberschaubar gewordenen Umfeld
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256_263 15.11.10 16:46 Seite 256 «30 Jahre fabriggli – und so weiter ...» Das Werdenberger Kleintheater in einem etwas unüberschaubar gewordenen Umfeld Hans Jakob Reich S elbstbewusst hat das Werdenberger Kleintheater fabriggli sein im Jahr 2010 gefeiertes Jubiläum unter das wurde, hat sich rasch zu einer für Buchs und die ganze Region bedeutenden kulturellen Institution entwickelt. gehend ehrenamtlich engagierten Mit- arbeitenden will sich selber treu und die eigenständige, freie, von Idealisten Motto «30 Jahre fabriggli – und so Auch ein Quentchen Trotz steckt im mit Herzblut geführte Kleinkunstbüh- weiter …» gestellt. Dass sich Stolz ins «und so weiter …»: Das fabriggli-Team ne bleiben, wie sie aus eigener Kraft der Selbstbewusstsein mischt, ist berech- lässt sich nicht beirren von den «Kultur- Region entstanden und gewachsen ist. tigt. Was Ende der 1970er Jahre wegen impulsen», die der Kanton St.Gallen Subsumiert unter «das Schloss und fehlender Räumlichkeiten für Schul- vom «Kulturschloss» Werdenberg her- seine Bühnen»: Das hätte nicht mehr theateraufführungen von Buchser Leh- ab aus vollem Füllhorn über der Region den – manchmal auch scharfkantigen – rern initiiert und am 9. November 1979 ausschüttet und die dutzendweise und Charme des Kleintheaters, das liefe mit der Gründung des Vereins «fabrig- auch ausserhalb des Schlosses neue Gefahr, austauschbar und beliebig gli, werdenberger kleintheater» und Kulturangebote spriessen lassen. Das zu werden – das wäre nicht mehr viel Idealismus auf die Beine gestellt fabriggli mit seinen rund vierzig, weit- fabriggli. Der «rote Faden» durchs Jubiläumsjahr 2010: das rote fabriggli-Jubiläumssofa. Darauf haben Platz genommen (von links): Katharina Schertler Secli, Präsidentin fabriggli-Verein; Hedy Sutter, Co-Theaterleitung; Peter Eggenberger, Co-Theaterleitung; Gardi Hutter; Peter Sutter, einer der Gründerväter. Foto Hansruedi Rohrer, Buchs 256
256_263 15.11.10 16:46 Seite 257 Was das fabriggli will und seit 30 Jahren lebt Art. 2 der Statuten des Vereins «fa- briggli, werdenberger kleintheater» be- stimmt: «Der Verein bezweckt die Förde- rung des kulturellen Lebens in der Region Werdenberg, vor allem in den Bereichen des Theaters und der Kleinkunst, der Musik, der visuellen und angewandten Künste und der Literatur. Einerseits soll der Bevölke- rung jeglichen Alters Gelegenheit und Impulse zu eigener kultureller und kreativer Betätigung gegeben, andererseits das regionale Kultur- leben durch Gastspiele und Ausstel- lungen auswärtiger KünstlerInnen bereichert werden.» Mit einem Konzert von Doppelbock mit Christine Lauterburg und Barbara Berger starte- te das fabriggli am 1. Januar ins Jahr 30. Foto Pius Bamert, Buchs Die ersten beiden Jahrzehnte war nach den beiden ersten Betriebsjah- keiten, eine gute Infrastruktur, eine breite Den Start ermöglicht haben damals ren keine Frage: Der Versuch war er- Unterstützung in der Bevölkerung sowie vor dreissig Jahren die Schulgemeinde folgreich, das fabriggli musste weiterbe- wohlwollende Behörden sichern eine zu- Buchs, die das leer stehende, in ihrem stehen. Die in der Aufbauphase geschaf- kunftsorientierte Arbeitsweise. Ein Ausru- Besitz befindliche Fabrikgebäude an fenen Strukturen erwiesen sich auch als hen auf Lorbeeren gibt es aber nicht. Das der Schulhausstrasse zur Verfügung stark genug, dass die anschliessend bis Erreichte muss immer wieder kritisch hin- stellte, die Politische Gemeinde Buchs etwa 1985 schwierige Zeit mit Diskussio- terfragt werden. Neuen Ideen muss Platz und weitere Institutionen, die Beiträge nen über die programmliche Orientie- gegeben werden. Engagement und Kreati- für einen zweijährigen Versuchsbetrieb rung und Wechseln im Team die Exi- vität werden dauernd gefragt sein. An zusicherten, und vor allem Lehrkräfte stenz des Unternehmens nicht in Frage den Zielsetzungen wird sich in Zukunft und Schüler, die das Gebäude in ihrer stellte. Bis zum zehnten Geburtstag am kaum Grundsätzliches ändern. Das fa- Freizeit in unzähligen Fronarbeitsstun- 9. Februar 1990 waren in der Statistik briggli wird weiterhin mit einem breit den zu einem Theater umbauten, zu ei- rund 77 000 Besucher und 717 Veran- gefächerten Angebot Klein und Gross un- ner multifunktionalen Kleinbühne, die staltungen (mit Wiederholungen 900) terhalten und mitreissen, verführen und ausser für Theater- und Konzertauffüh- verzeichnet.1 teilhaben lassen, erregen und aufregen, rungen auch für Ausstellungen, Diskus- Zum zwanzigjährigen Bestehen hielt Diskussionen auslösen, überraschen und sions- und Tanzanlässe, für Lesungen Co-Theaterleiter Peter Eggenberger aufrütteln. Die ‘Kulturtäter/innen’ des oder sonstige gesellschaftliche Anlässe fest: «Das fabriggli hat sein zweites Jahr- fabriggli werden ihre Verantwortung als genutzt werden konnte. zehnt nicht einfach überlebt, nein, viel- Scharnier zwischen Kunstschaffenden Am 9. Februar 1980, drei Monate mehr in vollen Zügen gelebt, mit Höhen und Bevölkerung lustvoll wahrneh- nach der Vereinsgründung, fand die und Tiefen, und ein Ende ist nicht abzu- men und damit zur Lebensqualität im Eröffnungsfeier statt mit dem Luzerner sehen. Einem engagierten Team ist es ge- Werdenberg und darüber hinaus bei- Kabarettisten Emil Steinberger als lungen, die Stellung und die Bedeutung tragen.»3 Theater-Götti. Schon im ersten Jahr des Kleintheaters im Bezirk und darüber wurden 46 verschiedene Anlässe gebo- hinaus zu festigen und auszubauen.»2 ten, mit den Wiederholungen 79, im Mit Blick aufs dritte Jahrzehnt führte er zweiten Jahr waren es 75 beziehungswei- aus: «Das Werdenberger Kleintheater fa- 1 Zu den ersten zehn Jahren vgl. Schwende- ner 1991. se 90. Die Zahl der Besucherinnen und briggli als Kultur- und Begegnungszen- Besucher bestätigte das Bedürfnis: 8533 trum steht auf solidem Fundament. Ein 2 Eggenberger 2001, S. 252. im ersten und 8890 im zweiten Jahr. Es engagiertes Team, gesicherte Räumlich- 3 Eggenberger 2001, S. 255. WERDENBERGER JAHRBUCH 2011/24 257
256_263 15.11.10 16:46 Seite 258 Eigenproduktionen von 2001 bis 2010 2001 «Güdelmäntig» von Thomas Hürlimann, Regie Sepp Gäh- wiler. 2002 «Des Königs Schlafmütze» von Marie-Luise Wilhelmi, Regie Barbara Saluz (Kindertheater- werkstatt). «Gerüchte … Gerüchte …» von Neil Simon, Regie Peter Sutter (Jugendtheatergruppe). 2003 «Sophia sucht den Löwen- könig» nach Gebrüder Grimm, Regie Barbara Saluz/Brigitte Frei (Kindertheaterwerkstatt). «Die Kaktusblüte» von Pierre Barillet/Jean Pierre Grédy, Im fabriggli die Karriere gestartet und auch an der Geburtstagsfeier vom 9. Februar Regie Peter Sutter. 2010 dabei: die Clownin Gardi Hutter als «tapfere Hanna». Foto Hansruedi Rohrer, Buchs 2004 Schachtelgeschichten, Regie Barbara Saluz/Brigitte Frei (Kindertheaterwerkstatt). Das dritte Jahrzehnt ken trug der Kanton St.Gallen (Lotte- «Eiszeit» von Kuno Bont, Regie riefonds) bei, gut 275 000 Franken die Kuno Bont/Bernarda Mattle Grosszügig unterstützter Umbau Politische Gemeinde Buchs, etwas über 2005 «Die Benachrichtigung» von Das Jahr 2001 steht als Meilenstein in 163 000 Franken die übrigen fünf Wer- Vaclav Havel, Regie Brigitte Frei. der Geschichte des fabriggli. Mit einem denberger Gemeinden und 50 000 2006 «Die acht Frauen» von Robert sorgfältig vorbereiteten Um- und Aus- Franken die Ortsgemeinden Buchs, Se- Thomas, Regie Elena Ganten- bau konnten die nach zwanzig Betriebs- velen und Wartau. Die Beiträge von Pri- bein-Colaianni. jahren längst nicht mehr genügenden vaten beliefen sich auf gut 307 000 2007 «Der Gehülfe» von Robert Wal- räumlichen und betrieblichen Verhält- Franken. Das fabriggli selber konnte Ei- ser, Regie Brigitte Walk. nisse verbessert werden. Auf Theater genmittel von 55 531 Franken einbrin- 2008 «Biedermann und die Brand- verzichten wollte und musste man aber gen sowie Fronarbeit im Wert von stifter» von Max Frisch, Regie trotz des beachtlichen Bauvorhabens 80 000 Franken (zirka 2000 Arbeits- Urs Kaufmann. mit Investitionen im Umfang von 1,187 stunden à 40 Franken).6 «Meta(morphose)amore», Millionen Franken nicht: «Ein halbes Damit der fabriggli-Verein als Bauherr Kindertheaterwerkstatt, Regie Jahr Programm – ein halbes Jahr Umbau» auftreten konnte, musste das Mietver- Kristin Ludin. war die Devise.4 Und für das fabriggli- hältnis mit der Schulgemeinde Buchs 2009 «Endlich wieder ein Fall, der Team war klar: Das Vorhaben musste aufgelöst und durch einen Baurechtsver- mit einer Leiche beginnt. Da ohne Verschuldung des Vereins reali- trag ersetzt werden. In diesem Zusam- weiss man wenigstens, was man siert werden. «Erste Kontakte mit Vertre- menhang überliess die Schulgemeinde hat», Regie Brigitte Frei. tern der öffentlichen Hand von Region dem fabriggli das Gebäude unentgeltlich 2010 «Hotel zu den zwei Welten» und Kanton ermutigten uns […]. Das zu Eigentum «mit dem Recht und der von Eric-Emmanuel Schmitt, Endergebnis unserer Gesuche an Gemein- Pflicht, das Gebäude weiterhin als Theater Inszenierung Kristin Ludin. den und Kanton sowie an Private (Ein- zu nutzen und auf der baurechtsbelasteten zelpersonen, Firmen, Stiftungen) um fi- Grundstücksfläche einen Erweiterungsbau nanzielle Unterstützung war mehr als er- zu erstellen». In den Schulratsverhand- Anerkennung fürs «geliebte Kind» freulich. Wir durften eine breite Solidari- lungen wurde dazu festgehalten: «Das Am Tag des Spatenstichs für den Um- tät aus dem Werdenberg und darüber fabriggli kann damit einen grossen Schritt bau und den Erweiterungsbau, am hinaus erfahren.»5 Die öffentliche in die Zukunft tun. Kultur in Buchs, in 22. Juni 2001, wurde das «alte» fabriggli Hand beteiligte sich zu insgesamt 62 unserer Region, erhält – wörtlich und im nochmals zur Bühne eines besonderen Prozent an den Kosten: 255 000 Fran- übertragenen Sinn – mehr Raum!»7 Ereignisses: Das fabriggli-Team konnte 258
256_263 15.11.10 16:46 Seite 259 von der St.Gallischen Kulturstiftung einen Anerkennungspreis von 15 000 Franken entgegennehmen. «Geistreich, innovativ, selbstbewusst und von attrak- tivem Äusserem präsentiert sich das gelieb- te Kind, das fabriggli», heisst es in der dazu überreichten Urkunde. «Für ihre Achtsamkeit, Weitsicht, ihren Humor und den unerschütterlichen Glauben bei der Begleitung seines Wachstums klopft die St.Gallische Kulturstiftung den Grün- dern und unzähligen Ziehmüttern und -vätern anerkennend und freudestrah- lend auf die Schultern.»8 Am 26. November 2004 ehrte auch die Standortgemeinde ihr Kleinthea- ter. «Was wäre das Buchser, ja das Kul- turleben der ganzen Region ohne ‘unser’ fabriggli», zitiert die Theaterleitung aus der Laudatio der Kulturkommission An der Jubiläums-Hauptversammlung vom 6. März 2010 spielte das «Appenzeller der Gemeinde Buchs zur Verleihung Echo» auf. Foto Reto Neurauter, Grabs des ersten Buchser Kulturpreises.9 Wurscht und Bürli und ein Stück einem Leiterwagen eine riesige Geburts- tin «vom Kultursprung 2006 oder wie Torte zum 25. Geburtstag … tagstorte mit 25 Kerzen mit. Am Samstag, s fabriggli vor Freud gumpet»: «[…] als Im Jahresbericht 2005 des fabriggli-Ver- 12. Februar, luden wir zum Geburtstags- Ende November feststand, dass das fa- eins, dem ersten von Katharina Schert- fest ins fabriggli. Margrit Gysin spielte am briggli vom Kanton anstelle der bisherigen ler Secli, die Anfang Jahr die Nachfolge Nachmittag für die Kleinen ‘Mimi und 15 000 Franken12 für die nächsten beiden von Ueli Siegenthaler angetreten hatte, Brumm feiern ein Fest’. Am Abend boten Jahre mit 60 000 Franken unterstützt gab es Geburtstägliches zu berichten: das Duo ‘Ohne Rolf’ mit seinen gedruck- wird, fühlten wir uns schon beinahe «Am 13. April wurde dem fabriggli-Team ten Worten und das musikalisch-komö- reich. Die einzige Auflage beim zusätz- eine grosse Ehre zuteil. Wir wurden alle- diantisch-virtuose Trio ‘Los Chicos Perfi- lichen Geldfluss ist, dass wir ein spezifi- samt von Frau Regierungsrätin Kathrin dos’ glänzende Unterhaltung. Anschlies- ziertes Budget erstellen, das die Mehraus- Hilber anlässlich des 25. Geburtstags des send war Beizli- und Barbetrieb mit dem fabrigglis zu einem Empfang in den Pianisten Christian Wagner.»11 Staatskeller eingeladen. Bei St.Galler 4 Sutter/Eggenberger 2001. Bratwurst mit Bürli, dem Mahl, das in … und «vor Freud gumpet» diesem Raum auch gekrönten Häuptern Das Jahr 2005 war das Jahr, in dem der 5 Baubericht 2003, S. 3. serviert wird, wurde uns für unsere Arbeit Kanton St.Gallen, beflügelt von den aus 6 Baubericht 2003, S. 8. – Vorbereitet und be- im Bereich der Kultur und Kleinkunst ge- dem Goldverkauf der Nationalbank gleitet wurde der Um- und Erweiterungsbau von der Baukommission mit Hedy Sutter (Prä- dankt.» Anlässlich der jährlich stattfin- zufliessenden Millionen, zum «Kultur- sidentin; Co-Theaterleiterin), Martin Bach- denden kantonalen Kulturkonferenz sprung 2006» abhob, zu einer kulturpo- mann, Peter Eggenberger (Co-Theaterleiter), vom 25. Juni gab es fürs fabriggli zum litischen Neuausrichtung. Im Novem- Sepp Gähwiler, Thomas Gusset und Ueli Sie- Geburtstag dann auch noch ein künst- ber 2005 startete das Projekt «Südkul- genthaler (1998–2004 Präsident des fabriggli- Vereins). lerisch gestaltetes Tortenstück.10 tur», das eine bessere Koordination der 7 Baubericht 2003, S. 9. In Buchs war vom fabriggli schon An- Kultur im südlichen Kantonsteil er- fang Jahr standesgemäss, sprich: thea- möglichen und die administrativen Ab- 8 Sutter/Eggenberger 2001. tral, gefeiert worden: «Am Mittwoch, läufe vereinfachen sollte. Zuvor schon 9 Sutter/Eggenberger 2004. 9. Februar [2005], dem Geburtstag, hatte der Kanton angekündigt, dass 10 Schertler Secli 2005. machten wir uns mit einer speziellen Ak- verschiedene kulturelle Institutionen 11 Sutter/Eggenberger 2005. tion auf der Bahnhofstrasse bemerkbar: mehr Geld bekommen sollten. An der 12 Anlässlich des Umbaus von 2001 hatte der Wir verteilten 600 kleine Geburtstagsku- Hauptversammlung des Vereins vom Kanton St.Gallen den Beitrag von 10 000 auf chen an PassantInnen und führten auf 31. März 2006 berichtete die Präsiden- 15 000 Franken erhöht. WERDENBERGER JAHRBUCH 2011/24 259
256_263 15.11.10 16:46 Seite 260 Szenenbilder aus der fabriggli-Eigenproduktion 2010 «Hotel zu den zwei Welten», links von der Hauptprobe, rechts von der Premiere am 8. Mai. Fotos Sabine Büsser, Räfis, und Reinhold Meier, Azmoos gaben erklärt. Dies wird uns kaum sen Ska- und Punkkonzerte und kein ein- sammengestellt und unterhielten Jung schwerfallen.»13 Seit 2008 ist der jähr- ziges Mal kam es zu einem ernsthaften und Alt aufs Beste. Das fabriggli bildete liche Kantonsbeitrag von 60 000 Fran- oder eskalierenden Zwischenfall. Da kann als Verpflegungsposten den ruhenden ken in einer Leistungsvereinbarung man nur sagen: ‘Hut ab vor dieser Leis- Pool und verwöhnte alle in gewohnter verankert. tung!’ Danke, Jungs und Mädels, für Manier. Als Abschluss für die Kinder euren friedlichen und langjährigen Ein- boten die Musikclowns ‘Gogol und Mäx’ Noch ein Preis: für die Jugendkultur satz für unsere Jugendkultur.»15 auf der fabriggli-Bühne eine Show der Ein Beispiel für die in den Statuten ent- Superlative. Am Abend zeigten unsere haltene Bestimmung, der Bevölkerung Chancengleichheit für alle Kinder Poggcorner zusammen mit den Kremplern jeglichen Alters Gelegenheit und Im- Jugendarbeit und die Zusammenarbeit und den Pontonieren im Krempel ein Pro- pulse zu eigener kultureller und kreati- mit den Schulen und den in der Ju- gramm für Junge und Junggebliebene.»17 ver Betätigung zu geben, ist die ins fa- gendarbeit aktiven Organisationen ha- briggli integrierte Organisation «pogg- ben im fabriggli einen hohen Stellen- Gut besucht, solid fundiert corner», die sich seit 1999 im Bereich wert. «Seit Jahren haben wir das Netz aus- und breit unterstützt «musikalische Kultur für Junge und gebaut, das es uns ermöglicht, möglichst Bis Ende seines dreissigsten Jahres Junggebliebene» engagiert. Dem Orga- schnell und auf direktem Weg mit den werden insgesamt etwa 245 000 Perso- nisationsteam mit Vorlieben für Punk Schulhäusern, den Lehrerteams und den nen einen Anlass im fabriggli besucht und Ska ist wichtig, kreativen Bands aus einzelnen Lehrkräften zu kommunizieren. haben. Zwar muss wie in jedem ande- der Region im fabriggli eine Plattform So können wir auf einfachem Weg für un- ren Theater von Jahr zu Jahr mit nicht zu bieten und zu einem Auftritt zu ver- sere Kinder- und Jugendstücke werben immer leicht erklärbaren Publikums- helfen. und das mit zurückgekehrtem Erfolg. schwankungen gerechnet werden. Im Im November 2007 ehrte die Ge- Praktisch alle geschlossenen Schulvorstel- Schnitt der Jahre 2001 bis 2010 bringt meinde Buchs auch das poggcorner- lungen des letzten Jahres wurden gebucht es das Werdenberger Kleintheater mit Team mit dem Buchser Kulturpreis – und fanden vor vollem Haus statt. Das ist jährlich zirka 100 Veranstaltungen aber einer Auszeichnung, die die «Alt- uns eine wahre Freude und im Sinne der doch auf je rund 8200 Besucherinnen fabrigglianer» «mit Stolz […] neben jene, Chancengleichheit für alle Kinder enorm und Besucher. In den Jahren 2008 und die das fabriggli vor vier Jahren erhalten wichtig.»16 2009 waren es leicht überdurchschnitt- hat», hängten.14 Im Jahresbericht 2008 Ebenfalls in der Durchführung des liche 8647 beziehungsweise 8539.18 Ver- vermerkte die Vereinspräsidentin: Buchser Kinder- und Jugendtages ist einspräsidentin Katharina Schertler «Unsere poggcorner dürfen demnächst ihr das Kleintheater involviert. 2008 zum Secli sprach an der 30. Hauptversamm- zehnjähriges Bestehen feiern. Tausende Beispiel fand er vor der Haustür an der lung vom 6. März 2010 angesichts des von jungen Menschen wurden von ihnen Schulhausstrasse statt: «Die Strasse rauf «im Schnitt sehr gut» besuchten Pro- und ihren Konzerten beglückt. Tausende und runter wurde gespielt, gebastelt, geju- gramms denn auch vom «Glück, nicht von jungen Menschen gehen seit zehn Jah- belt und gekämpft. Über 20 Vereine hatten allein im Theatersaal zu sitzen». Wenn ren in diesem Theater ein und aus, genies- ein abwechslungsreiches Programm zu- sie damit einen Wunsch verband, liegt 260
256_263 15.11.10 16:46 Seite 261 Das Gschichte-Chischte-Fäscht vom 5. September – im Bild links mit Masha Dimitri auf dem Schlappseil – war «jubiläumsversüsst». Fotos Sabine Büsser, Räfis das daran, dass sich eine Kleinkunst- ● Vom «Glück, Geld zu bekommen und es Franken) und die Politische Gemein- bühne nicht einfach nur als «Main- sinnvoll investieren zu dürfen». Bezug de/Schulgemeinde Buchs (52 324 stream»-Unternehmen sehen kann nehmend auf das desolate Geschehen Franken); die restlichen 15 500 Fran- und darf und diesen Anspruch in einer in der Wirtschaftswelt, insbesondere im ken leisteten die Ortsgemeinde Buchs, zunehmend beliebig geschmacks- und Investmentbanking, heisst es im Jahres- die Politische Gemeinde/Schulge- eventorientierten Kulturszene auch ab bericht 2009 der Präsidentin: «[…] wer meinde Grabs, die Politische Gemein- und zu in Erinnerung rufen muss: in diese Fabrik [das fabriggli] investiert, de/Schulgemeinde Sevelen und die «[…] doch wünschten wir uns manch- tut es aus gutem Grund. Wir bieten ein Politischen Gemeinden Gams, Senn- mal ein Publikum, das offener ist für grundsolides Management mit einem wald und Wartau. Neues, Unbekanntes, Junges. Was wären hochmotivierten Mitarbeiterinnen- und all die Grossen, wenn sie nicht auf kleinen Mitarbeiterstab. Gutes Handwerk verbun- Das fabriggli im Jahr 30 … Bühnen hätten starten können? Wer hat den mit wunderbaren Produkten und Gesprochen wurde an der Hauptver- Ursus und Nadeschkin hier auf der fa- bunte Zinsen während des ganzen Jahres. sammlung 2010 auch «vom Glück, ein briggli-Bühne gesehen und hat damals In diesem Sinn gratulieren wir dem Kan- Jubiläum feiern zu können – oder von der noch nicht ahnen können, wie berühmt ton St.Gallen, den Politischen Gemeinden vielen Arbeit, die ein solches Jubiläum die zwei einmal sein werden? Wer hat des Werdenbergs, dem Verein Südkultur, macht».23 Schon Anfang 2009 war eine Gardi Hutter vor bald 30 Jahren hier be- der Ortsgemeinde Buchs, unseren Gön- sucht und hat sich damals mutig auf nern, der Pro Helvetia, dem Kulturpro- etwas ganz Neues eingelassen? Wer hat zent des Migros Genossenschafts Bundes, 13 Schertler Secli 2005. schon einmal einen zukünftigen Star der Migros Ostschweiz und der Pro Juven- 14 Schertler Secli 2007. nichts ahnend auf unserer kleinen Bühne tute Werdenberg, kurz all unseren Geld- beklatscht? In diesem Sinn wünschen wir gebern, für ihr kluges Investieren in einen 15 Schertler Secli 2008. Ihnen, liebes Publikum, viele neu zu ent- sicheren Wert.»20 16 Schertler Secli 2008. deckende Perlen in unserem Theater und Die Jahresrechnung 2009 schloss mit 17 Schertler Secli 2008. uns wünschen wir ein neugieriges Publi- einem Betriebsaufwand von 469 185 18 Sutter/Eggenberger 2001–2009. kum, das bereit ist, Neues zu entdecken.»19 Franken und einem Betriebsertrag von 19 Schertler Secli 2009. Auch sonst war an der Jubiläums- 228 988 Franken.21 Das sich daraus er- 20 Schertler Secli 2009. Hauptversammlung viel vom Glück die gebende Defizit von 240 197 Franken Rede: deckten Beiträge der öffentlichen 21 Der Betriebsertrag setzte sich wie folgt zu- sammen: Veranstaltungen Fr. 129 730.65, Beiz- ● Vom «Glück, nicht allein im Boot zu Hand von insgesamt 127 824 Franken li Fr. 60 255.30, Mitglieder-/Gönnerbeiträge sitzen», sondern «gemeinsam mit rund und der Honorarverzicht des fabriggli- Fr. 25 615.– und übriger Ertrag Fr. 13 387.– 650 Theaterinteressierten und Theater- Teams im Umfang von 109 471 Fran- 22 Der in der Jahresrechnung 2009 ausgewie- verrückten [den Mitgliedern des fa- ken22, wodurch noch ein Gewinn von sene Honorarverzicht entspricht 4378 ehren- briggli-Vereins] über das Meer der Klein- 2902 Franken verblieb. Hauptgeldge- amtlich geleisteten Arbeitsstunden à Fr. 25.– kunst» zu schippern. ber waren der Kanton St.Gallen (60 000 23 Schertler Secli 2009. WERDENBERGER JAHRBUCH 2011/24 261
256_263 15.11.10 16:46 Seite 262 zierung sieht Eigenleistung in der Höhe 30 Jahre fabriggli: die besonderen Anlässe von rund 54 000 Franken vor, weitere 1. Januar: Auftakt Jubiläumsjahr, Apé- 30. Oktober: Treffpunkt die 80er. Disco Geldmittel in der Höhe von rund 70 000 ro und Konzert von Doppelbock mit Night mit DJ Fred Dee. Franken sollen Gönner, Sponsoren und Christine Lauterburg und Barbara 6. November: Treffpunkt die 80er. Mo- die Gemeinde Buchs beitragen. Der Kan- Berger: «Voodoo Jodel», Living Ur- vie Night auf 35 mm. ton St.Gallen unterstützt das fabriggli- ban Swiss Folkmusic. 14. November: Emil «Drei Engel!». Jubiläum mit einem Beitrag von 1. Januar bis 31. Dezember: «Nehmen fabriggli-Götti Emil (Steinberger) Fr. 40 000.–, gratuliert und freut sich Sie Platz auf dem roten fabriggli-Jubi- beehrt sein Patenkind zum 30-Jahr- auf die nächsten dreissig Jahre.»24 läumssofa». Jubiläum. 9. Februar: Gardi Hutter am 30. fa- 27. November: Breitbild (CH). Hip- … und so weiter? briggli-Geburtstag mit «Die tapfere Hop. Support: Plasma (CH), Elektro- Das «Glück, Geld zu bekommen und Hanna», Regie Ferruccio Cainero. rock. es sinnvoll investieren zu dürfen» war 6. März: Jubiläums-Hauptversamm- 12. Dezember: Gerhard Polt & Biermösl dem fabriggli also auch im Jubiläums- lung. Imbiss und Appenzeller Echo. Blosn. jahr hold und das fabriggli-Team war 20. März: Indisches Kulinarium um- 15. Dezember: (Qu)engel, (B)engel dankbar und freute sich, mit Unterstüt- rahmt von Musik und einer Geschich- und Engel. Adventlicher Bastel- und zung der öffentlichen Hand seinem Pu- te aus Indien. Theaternachmittag für Kinder ab vier blikum «Mehrwert» bieten zu können. 5. Juni: Sommerparty mit Rocola Ba- Jahren. Das mit dem «Kultursprung 2006» calao und Luca Little, Gartenbeiz mit 17. Dezember: The Duša Orchestra & ausgelöste verstärkte Engagement des Grill und Salatbuffet, Cocktailbar. Friends. Balkanspektakel mit 12 Musi- Kantons in der Förderung regionaler 26. Juni: Hoftheater, «Zwei wie Bon- kerInnen. Jazz, Gypsy, Balkanbeats, Kulturinstitutionen ist erfreulich. Zu nie und Clyde». Gaunerkomödie von World. hinterfragen sind jedoch die Relatio- Tom Müller und Sabine Misiorny. 31. Dezember: «Silvester – und so wei- nen der kantonalen Geldflüsse und die 5. September: Gschichte-Chischte- ter …». Mit Haruls Top Service, der damit vom Kanton teils vorgegebenen Fäscht 10. Spielposten, Masha Dimitri, Band BandaNova und einem feinen Anspruchshaltungen. Auf der Liste der Théâtre de la Toupine, Beizlibetrieb. Buffet aus der fabriggli-Küche. Empfänger von jährlichen Beiträgen 11. September: Spektakelnacht. Rigolo Jubiläumsaktionen: Am 19. Februar sind drei Werdenberger Kulturinstitu- Nouveau Cirque, Pyromantik, The konnten Leute aus der Region Wer- tionen aufgeführt, die aus regionalen Pussywarmers, Ausstellung «Kunstflug- denberg mit der Hausnummer 30 gra- Initiativen entstanden, gewachsen und stuhlskulpturen» mit Versteigerung. tis ins fabriggli, am 18. März Leute, in der Region gut verankert sind: das 16. Oktober: Herbstfest. Schmackhafte die 2010 ein 30-Jahr-Jubiläum feierten, Werdenberger Kleintheater fabriggli Kulinarik, Musikerkollektiv blehmu- und am 16. September Leute, die an (jährlich rund 8200 Besucher) mit zik, DJ Doc Kurtis. bestimmten Strassen wohnen (je eine 60 000 Franken, die Werdenberger 16. Oktober bis 9. Dezember: Grundkurs pro Dorf im Werdenberg). Diese Ak- Schloss-Festspiele (2010: 4682 Besu- Improvisationstheater. Ein Übungs- tionen galten jeweils für die ersten cher) mit 40 000 Franken und das Or- raum für Jugendliche von 14 bis 17 30 Reservationen für den jeweiligen chester Liechtenstein-Werdenberg mit Jahren. Anlass. 10 000 Franken. Schloss Werdenberg beziehungsweise «Schloss bewegt» mit den drei Programmsäulen «Opern- werkstatt», «Forum Werdenberg» und Arbeitsgruppe für die Planung, Organi- St.Gallen mit einem Lotteriefondsbei- «Museum und Geschichte» stand 2009 sation und Durchführung des Jubilä- trag bei. Im Bericht der Regierung zu- mit 560 000 Franken25 und 2010 mit umsprogramms gebildet worden. Ge- handen des Kantonsrates stand zu le- 870 000 Franken26 auf der Liste. Noch feiert wurde das ganze Jahr mit ins Pro- sen: «Die Gesamtkosten für das Jubilä- bevor offizieller Aufschluss über die ge- gramm integrierten besonderen Anläs- umsprogramm belaufen sich auf rund naue Verwendung der Gelder besteht, sen, Aktivitäten und Jubiläumsaktionen 165 000 Franken. Sie setzen sich zusam- liegt es auf der Hand, dass der Löwen- (vgl. Kasten). Gleichzeitig wurden In- men aus Personalkosten und Künstlerga- anteil in vom Kanton selber angestosse- vestitionen in die Neubestuhlung des gen über Fr. 61 500.–, Marketing- und ne, auf überregionale Wirkung bedach- Saals und in einen Neuanstrich der Ge- Werbekosten über rund 17 000 Franken te und dem kulturpolitischen Renom- bäudefassade getätigt. Zur Deckung und Sachaufwand für die Gebäudefassa- mee des Kantons dienliche Projekte des gegenüber einem «normalen» Jahr densanierung und Neubeschaffung der floss und fliesst. Anderseits hat der höheren Aufwandes trug der Kanton Bestuhlung über Fr. 86 000.–. Die Finan- Geldsegen regionale Akteure zu einer 262
256_263 15.11.10 16:46 Seite 263 Am 11. September wurde mit der Spektakelnacht Jubiläum gefeiert und die Geldsammelaktion für die Neubestuhlung lanciert: mit Mädir Eugster (Rigolo Nouveau Cirque) und Kunstflugstuhlskulpturen, von Seveler Drittklässlern aus alten fabriggli-Stühlen gefertigt. Fotos Christine Pflüger, Gams Vielzahl von zusätzlichen Kulturange- Das kantonale Engagement hat eine vom Kanton Angestossene weiterzufüh- boten animiert, die zu einem wachsen- «Achillesferse»: Der Geldsegen wird ren? Wenn nicht: Was wird an nachhal- den Teil auf «Bühnen» weitab vom sich in diesem Umfang kaum lange auf- tigen Werten bleiben? Schloss angewiesen sind. Naheliegen- rechthalten lassen und damit auch derweise führt diese Entwicklung zu nicht die daran geknüpften Ansprü- 24 Lotteriefonds 2010, S. 18. Überschneidungen mit bestehenden che. Was dann? Werden die Gemein- 25 Lotteriefonds 2009, S. 51. Angeboten. den bereit und in der Lage sein, das 26 Lotteriefonds 2010, S. 51. Quellen/Literatur Baubericht 2003: Umbau 2001. fabriggli, Wer- gierung: Anträge an den Kantonsrat vom «fabriggli, werdenberger kleintheater» für die denberger Kleintheater, Buchs 2003. 20. Oktober 2009, St.Gallen 2009. Jahre 2005ff. Lotteriefonds 2010: Lotteriefonds Kanton Schwendener 1991: SCHWENDENER, HEINI, Eggenberger 2001: EGGENBERGER, PETER, St.Gallen. Beiträge Sommer 2010. Bericht der Re- Vom Experiment zur kulturellen Institution. In: 20 Jahre – so ein Theater. In: Werdenberger Jahr- gierung: Anträge an den Kantonsrat vom Werdenberger Jahrbuch 1991, 4. Jg., S. 165–168. buch 2001, 14. Jg., S. 252–255. 27. April 2010, St.Gallen 2010. Sutter/Eggenberger: SUTTER, HEDY/EGGEN- Lotteriefonds 2009: Lotteriefonds Kanton Schertler Secli: SCHERTLER SECLI, KATHA- BERGER, PETER, Jahresberichte der Theaterlei- St.Gallen. Beiträge Winter 2009. Bericht der Re- RINA, Jahresberichte der Präsidentin des Vereins tung für die Jahre 2001ff. WERDENBERGER JAHRBUCH 2011/24 263
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