Aakkttuueellll - akt uell

 
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 Ausgabe Mai 2020

 Die Problemstute mit Endometritis:
 Diagnostische Hilfsmittel aus dem Labor

                                                                 nach unterschiedlichen Gesichtspunkten
                                                                 eingeteilt werden:

                                                                 1 Klinisches Erscheinungsbild
                                                                 1.1 Akute katarrhalische Endometri-
                                                                 tiden gehen mit einer graduell variablen
                                                                 Flüssigkeitsbildung einher, die klinisch
                                                                 mittels rektaler Palpation des Uterus, so­
                                                                 nografischer Untersuchung oder durch
                                                                 die grobsinnliche und/oder zytologische
                                                                 Untersuchung von Vaginalausfluss nach­
   Foto: A. Reiher                                               gewiesen werden kann.

 Vor oder zu Beginn der Zuchtsaison                              1.2 Die chronische lymphoplasmazel-
 wird besonderes Augenmerk auf die                               lulär dominierte Endometritis (Endo­
 Stuten gerichtet, die im vergangenen                            metritis sicca) entzieht sich der klinischen
 Jahr nicht aufgenommen oder verfohlt                            Diagnostik, da sie keine Exsudation von
 haben. Die Endometritis stellt in diesem                        Entzündungszellen in das Uteruslumen
 Zusammenhang neben der Endo­metrose                             hinein erzeugt. Weiterhin verläuft die
 die am häufigsten diagnostizierte Gynä­                         bakteriologische Untersuchung häufig
 kopathie der Pferdestute dar, sodass der                        mit negativem Ergebnis, da es sich ur­
 umfassenden Abklärung ihrer Ursachen                            sächlich um eine chronische lokale im­
 eine besondere Bedeutung zukommt.                               munologische Dysregulation zu handeln
                                                                 scheint. Der Goldstandard für die umfas­
 Leukozyteninfiltrate in der Uterus­                             sende Diagnose einer Endometritis sicca
 schleimhaut stellen allerdings nicht per                        ist damit die histologische Untersuchung
 se einen pathologischen Befund dar; so                          eines Endometriumbioptats (s.u.).
 kommt es z.B. nach der Belegung/Besa­
 mung regelmäßig zu einer transienten                            2 Ätiologie
 Entzündungsreaktion, die innerhalb von
 24 – 48 Stunden post inseminationem                             2.1 Zu den infektiösen Endometritiden
 wieder abgeklungen ist.                                         zählen die venerischen Infektio­    nen,
                                                                 wie z.B. die Beschälseuche der Pferde,
 Als Endometritis werden daher alle                              hervorgerufen durch Trypanosoma equi-
 Entzündungsprozesse bezeichnet, die                             perdum, die jedoch aktuell in Mittel­
 über die physiologische Selbstreinigung                         europa als getilgt gilt. Die kontagiöse
 des Endometriums hinausgehen, unab­                             equine Metritis (CEM) wird durch das
 hängig von ihrer Ätiologie. Das Allge­                          Bakterium Taylorella equigenitalis ver­
 meinbefinden der Stuten ist dabei in den                        ursacht und ist eine meldepflichtige Er­
 meisten Fällen ungestört.                                       krankung. Der Nachweis erfolgt entwe­
 Die      Entzündungsreaktionen                können            der kulturell oder mittels PCR. Darüber

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Steubenstraße 4 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 0971-72020 • Fax: 0971-68546 • E-Mail: info@laboklin.com • www.laboklin.com
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hinaus können aber auch verschiedene          48 Stunden dank einer effektiven
andere Bakteriengattungen an der Ent­         uterinen Clearance abgeklungen ist.
stehung oder der Aufrechterhaltung
                                              Bei einigen Stuten liegt jedoch eine
einer Endometritis beteiligt sein.
                                              erhöhte Empfänglichkeit für die Ent­
Aus 6291 Uterustupfern, die Laboklin im       wicklung einer persistierenden bele­
Jahr 2019 zur bakteriologischen Unter­        gungsinduzierten Endometritis vor (sog.
suchung eingesandt wurden, konnten in         „susceptible mares“), sodass es nach
ca. 26 % der Proben pathogene Keime           dem Kontakt des Endometriums mit dem
nachgewiesen werden. Hierbei handel­          Sperma zu einer Entzündung mit mas­
te es sich zum größten Teil (84 %) um         siver Flüssigkeitsakkumulation kommt,
ß-hämolysierende Streptokokken, selte­        die nicht aus dem Uterus abtransportiert
ner konnten Klebsiella sp. (5,5 %), E. coli   werden kann. Somit entwickelt sich eine
var. haemolytica (5,19 %), Staph. aureus      persistierende Endometritis, die zu dem
(2,63 %) oder Pseudomonas aeruginosa          Verlust der Fruchtanlage führt.
(2,15 %) nachgewiesen werden.
Insbesondere Pseudomonaden und                3 Labordiagnostik
E. coli besitzen die Fähigkeit zur Bildung    Bakteriologische, zytologische und
von Biofilmen im Uterus, woraus ein           molekulargenetische Untersuchungen:
vermindertes Ansprechen auf eine Anti­
biotikatherapie resultieren kann.             Werden im Rahmen der speziellen
                                              klinisch-gynäkologischen Untersuchung
Seltener sind Pilzinfektionen die Ursa­       vaginaler Ausfluss oder Sekretspuren
che einer Endometritis, allerdings sollte     im Bereich des äußeren Genitale nach­
z.B. nach einer lang andauernden Anti­        gewiesen, die auf eine exsudative Ent­
biotikatherapie auch die mykologische         zündung im Genitaltrakt hinweisen, emp­
Untersuchung eines Uterustupfers an­          fiehlt sich die Entnahme eines sterilen
gefordert werden. Die größte Rolle in         Uterusabstrichs und die Untersuchung
diesem Zusammenhang spielen Hefen             von zytologischen Proben.
der Gattung Candida, seltener werden
Schimmelpilze wie Aspergillus sp. nach­       Die Entnahme eines sterilen Uterus­
gewiesen.                                     tupfers für die bakteriologische Unter-
                                              suchung erfolgt optimalerweise instru­
2.2 Prädisponierend für das Auft­reten        mentell mittels Spekulum, Zervixfass­
                                              zange und Tupferentnahme­systemen,
einer nicht-infektiösen Endometritis
                                              da bei dieser Methode die Gefahr
sind anatomische Veränderungen des
                                              einer Kontamination durch die bakterielle
äußeren Genitales, z.B. ein mangel­
                                              Flora der Vagina oder des äußeren Ge­
hafter Schamschluss, Vernarbungen
                                              nitale am geringsten ist. Weiterhin wird
nach Schwergeburten, ein nach kra­
                                              auf diese Weise eine hohe Aussagekraft
nial eingesunkener Anus infolge eines
                                              der bakteriologischen Untersuchung ge­
reduzierten Körperfettanteils etc., die
                                              währleistet. Unmittelbar nach der Ent­
das Eindringen von Luft oder Urin in die
                                              nahme sollte der Tupfer in ein Transport­
Vagina oder sogar den Uterus begünsti­
                                              medium (Amies-Medium) überführt und
gen.
                                              beschriftet werden, um Verwechslungen
Die häufigste Ursache einer nicht-infek­      zu vermeiden. Der Transport sollte ge­
tiösen Endometritis ist allerdings eine       kühlt über Nacht in das Labor erfolgen.
Belegung/Besamung, die eine entzündli­        Anschließend an die Entnahme des Ute­
che Reaktion des Endometriums hervor­         rustupfers ist eine Beprobung des Endo­
ruft (belegungsinduzierte Endometritis).      metriums für eine zytologische (und ggf.
Physiologischerweise handelt es sich          histologische) Untersuchung sinnvoll.
um eine transiente Entzündung, die nach
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 Für den Nachweis von Taylorella                                 zu identifizieren, da es sich um nicht-
 equigenitalis ist kein Abstrich aus dem                         invasive Probenentnahmetechniken
 Uterus, sondern ein Doppeltupfer (in                            handelt.
 Amies-Medium mit Aktivkohlezusatz)                              Im Gegensatz dazu können Ent­
 aus der Fossa clitoridis und dem Sinus                          zündungsprozesse,       die   nicht   mit
 clitoridis zu entnehmen (laut Richtlinie                        einer Exsudation von Leukozyten in das
 92/65/EWG).                                                     Uteruslumen hinein verbunden sind,
                                                                 klinisch, bakteriologisch und zytologisch
 Die unverzügliche Einsendung des
 Tupfers nach der Beprobung ist immer                            nicht diagnostiziert werden.
 zu bevorzugen; grundsätzlich sollten
 bis zum Beginn der bakteriologischen                            Endometriumbioptate (Histologie)
 Untersuchung nicht mehr als 24 und für                          Die Methode der Wahl für eine um­
 einen PCR-Test nicht mehr als 48 Stun­                          fassende Aussage über chronische und/
 den vergehen. Bei der Kombination bei­                          oder tief im Endometrium lokalisier­
 der Methoden ist zu beachten, dass für                          te Entzündungsprozesse ist die histo­
 den PCR-Test und die kulturelle Unter-                          pathologische Untersuchung von Uterus­
 suchung jeweils ein separater Tupfer                            bioptaten. Daher ist die Biopsie bei
 eingesandt werden muss.                                         güsten Stuten zu Beginn der Saison in
 Die Zytologie gibt Aufschluss über den                          Kombination mit einer bakteriologischen
 Charakter des Sekrets. Vorteil dieser                           Untersuchung empfehlenswert.
 Methode ist, dass sie schnell, einfach                          Die Entnahme der Gewebeproben aus
 und nicht-invasiv durchzuführen ist. Mit                        dem Endometrium erfolgt vaginal mit­
 einem doppelt geschützten Entnahme­                             tels Biopsiezange. Die Probe der Ge­
 system und einer Zytologiebürste werden­                        bärmutterschleimhaut wird sofort in
 Sekret und Zellen von der Ober­fläche                           10 %iges gepuffertes Formalin überführt
 des Endometriums aufgenommen und                                (Abb. 1). Auch wenn es sich um eine (ge­
 auf einem Objektträger ausgerollt, der                          ring) invasive Methode handelt, zeigen
 luftgetrocknet und im Labor mittels Diff-                       die Stuten in den meisten Fällen keine
 Quik-Färbung mikroskopisch beurteilt                            Reaktion auf die Entnahme, da die
 wird. Das Vorhandensein von großen                              Uterusschleimhaut zu den Geweben mit
 Schleimmengen im Ausstrich kann das                             hoher Regenerations­kapazität zählt.
 Vorliegen einer Mukometra anzeigen.
 Der Nachweis neutrophiler Granulozyten
 sowie eventuell auch von Bakterien oder
 Pilzen spricht für eine eitrige Entzündung
 und demzufolge für eine Infektion.
 Vorteil der Kombination einer bakteriolo­
 gischen und zytologischen Unter­suchung
 ist eine deutlich erhöhte diagnostische
 Sensitivität sowie die Möglichkeit der
 besseren Einschätzung falsch-negativer
 bakteriologischer Ergebnisse (z.B. infol­
 ge einer nichtrepräsentativen Proben­
                                                                 Abb. 1: Mittels einer Uterusbiopsiezange (oben links)
 entnahme).                                                      werden Proben des Endometriums mit einem Durchmesser
                                                                 von ca. 0,5 cm gewonnen (oben rechts) und sofort nach der
 Die bis hierher dargestellten Unter­                            Entnahme in 10 %igem gepuffertem Formalin fixiert (unten
 suchungsmethoden        sind geeignet,                          links). Nach der Aufarbeitung der Proben im Labor ist eine
                                                                 histologische Charakterisierung der Entzündungsprozesse
 eine katarrhalisch-eitrige Endometritis                         möglich (unten rechts).

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Im Rahmen der histopathologischen                          Tab. 1: Kategorisierung basierend auf histopathologischen
                                                           Befunden am Endometrium nach Kenney und Doig (1986)
Unter­suchung der Bioptate werden Grad,
Charakter, Lokalisation, Ausdehnung                        Kategorie           Abfohlwahrscheinlichkeit
und zeitlicher Verlauf der Entzündungs­
reaktion erfasst. Dies dient erstens einer­                I		80 – 90 %
gerichteten Ermittlung der Ursache (z.B.                   IIa		50 – 80 %
eitrige Entzündung – bakteriell/Pilze;                     IIb		10 – 50 %
eosinophile Entzündung – Sperma­      ver­                 III		< 10 %
dünner, Spülung, Fremdkörper; lympho­­
                                                           Die Kategorisierung stellt eine zum
plasmazelluläre Entzündung (Abb. 2) –
                                                           jeweiligen Zeitpunkt aktuelle Einschät­
chronische lokale Immunreaktion),
                                                           zung des zu erwartenden Zuchterfolges
weiter­hin sind die Kriterien für eine
                                                           dar; wichtig ist jedoch, dass – abhängig
epikritische Beurteilung der Läsionen
­
                                                           von der Art der Endometritis und dem Er­
hinsichtlich des Erfolgs einer Therapie
                                                           folg einer Therapie – eine Verbesserung
und letztendlich der Fertilitätsprognose
                                                           der Kategorie erfolgen kann (s. Abb. 3).
relevant.
                                                           Bei der epikritischen Beurteilung der histo­
                                                           pathologischen Befunde werden daher
                                                           z.B. auch das Alter der Stute, die Güst­
                                                           zeit, die Lokalisation der Endometritis
                                                           und ihr Charakter mit einbezogen, um
                                                           eine Einschätzungshilfe für die praktisch
                                                           tätigen Kolleg*innen zu liefern, ob eine
                                                           gezielte Therapie Aussicht auf Erfolg
                                                           haben kann oder nicht.

Abb. 2: Chronische follikuläre (F) lymphoplasmazelluläre
Endometritis ohne Exsudatbildung (HE-Färbung, 200x)

Die Fertilitätsprognose nach Kenney
& Doig (1986) und nach Schoon et al.
(1992 und 1997):
Entzündliche Läsionen des Endometri­
ums fließen in die Kategorisierung nach                    Abb. 3: Schematische Darstellung einer Verbesserung der
Kenney & Doig (1986) mit ein, wobei                        Fertilitätsprognose nach erfolgreicher Therapie einer En-
                                                           dometritis unter Berücksichtigung klinisch-gynäkologischer
allerdings die Klinik der entzündli­                       Befunde. Hierbei ist histologisch in Kategorie III eine hoch-
chen Alteration, ihr histopathologischer                   gradige Entzündung, in Kategorie I hingegen eine geringe
                                                           oder klinisch nicht mehr relevante Leukozyteninfiltration des
Charakter und auch ihre Reversibilität                     Endometriums nachweisbar.
nicht berücksichtigt werden. Da diese
Faktoren aber eine wesentliche Rolle für                   Literatur:
eine umfassende Interpretation spielen,
                                                           Kenney RM, Doig, PA. Equine endometrial biopsy.
wird hierauf in der epikritischen Einschät­                In: Morrow DA (Hrsg.). Current Therapy in Theriogeno­
zung der Ergebnisse näher eingegangen                      logy. 2. Aufl. Philadelphia: WB Saunders, 1986
(Schoon et al. 1992 und 1997) (s. Abb. 3).                 Schoon HA, Schoon D, Klug E. Uterusbiopsien als
                                                           diagnostisches Hilfsmittel für Diagnose und Prognose
Die Kategorien nach Kenney & Doig                          von Fertilitätsstörungen der Stute. Pferdeheilkunde.
                                                           1992;8:355-62
1986 sind mit der statistischen Wahr­
                                                           Schoon HA, Schoon D, Klug E. Die Endometriumbiop­
scheinlichkeit korreliert, dass die Stute                  sie bei der Stute im klinisch-gynäkologischen Kontext.
konzipiert und das Fohlen erfolgreich                      Pferdeheilkunde. 1997;13:453-64
austrägt (s. Tab. 1).
                                                                                                     Dr. Kathrin Jäger
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