Abstracts zur 33. Jahrestagung der GNP und Mitgliederversammlung vom 11. bis 13.10.2018 in Bielefeld-Bethel

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Abstracts
zur 33. Jahrestagung der GNP und Mitgliederversammlung
vom 11. bis 13.10.2018 in Bielefeld-Bethel

0001                                                        0002
Selbstfindung nach Koma – Studie zur                         Psychische Störungen bei Menschen
Selbstkonzeptfindung mit Bezug auf die                       mit Epilepsien
Krankheitsverarbeitung nach einem durch
Schädel-Hirn-Trauma induzierten Koma                        K. Labudda1
                                                            1
                                                             Universität Bielefeld, Klinische Neuropsychologie
                                                            mit dem Schwerpunkt Epilepsieforschung, Bielefeld,
S. Hoellen1,2
1
                                                            Deutschland
  Universität Klagenfurt, Merzig, Deutschland
2
  Universität, Psychologie, Klagenfurt, Österreich
                                                            Im Symposium werden neue Erkenntnisse zu Ursachen
                                                            und Folgen der erhöhten Prävalenzen von psychischen Stö-
Die Selbstkonzeptfindung gehört zu den grundlegenden        rungen bei Menschen mit Epilepsien vorgestellt. Im ersten
Mechanismen der individuellen Entwicklung eines Men-        Vortrag (D. Illies: Frühe Misshandlungserfahrungen als Ri-
schen. Nach einem schwerwiegenden Schädel-Hirn-             sikofaktor für die Entstehung von psychischen Störungen
Trauma und einer überstandenen komatösen Phase              bei Epilepsiepatienten) wird ein Überblick über Risikofak-
kommt es häufig zu starken Einschränkungen, welche für      toren für psychische Störungen bei Epilepsiepatienten ge-
eine gebotene Orientierung im sozialen Feld äußerst be-     geben. Zudem werden eigene Daten vorgestellt, die zei-
lastend sind und somit die Selbstfindung erkennbar er-      gen, dass Epilepsiepatienten häufiger aversive Erfahrungen
schweren. Für diese Studie erhielten 51 Schädel-Hirn-       in der Kindheit erleben und dass dies die Entstehung von
Trauma Patienten mit erlebter komatöser Episode fünf        psychischen Störungen begünstigt. Im zweiten Vortrag (S.
Fragebögen zur Beurteilung des Selbstfindungsprozes-        Koch-Stoecker: Präoperative Psychopathologie als Risiko-
ses, der Krankheitsverarbeitung, der globalen Befindlich-   faktor für eine reduzierte Chance auf postoperative An-
keit, möglichen Depressions- bzw. Angststörungen sowie      fallsfreiheit) wird anhand eigener Studienergebnisse ver-
des gesundheitlichen Gesamtzustandes. Die Auswertung        deutlicht, dass das Vorliegen einer psychischen Störung vor
wurde mit parametrischen Verfahren durchgeführt und         einem epilepsiechirurgischen Eingriff zu einem schlechte-
lässt Rückschlüsse darüber zu, dass der psychische Ein-     ren postoperativen Anfallsoutcome führt. Implikationen
fluss einen höheren Stellenwert für das Selbstkonzept hat   für die Behandlung werden diskutiert. Im dritten Vortrag
als der subjektiv empfundene physische Gesundheitszu-       (K. Labudda: Stress, psychische Störungen und Epilepsien)
stand. Die physische Befindlichkeit steht in keinem Zu-     wird vorgestellt, inwiefern Störungen der Cortisolregula-
sammenhang mit der Selbstfindung oder der Krankheits-       tion sowohl die Entstehung psychischer Störungen als auch
bewältigung. Die psychische Befindlichkeit hingegen         die Epileptogenese begünstigen können. Es werden eigene
korreliert mit dem Selbstfindungsprozess und einer nega-    Daten zu möglichen Zusammenhängen zwischen Stress-
tiv-emotionalen Krankheitsbewältigung. Im Vergleich zu      wahrnehmung, Stresshormonen und psychischen Störun-
den entsprechenden Normstichproben zeigen die Pro-          gen bei Epilepsiepatienten referiert. Der vierte Vortrag (R.
banden generell höhere Ausprägungen hinsichtlich De-        Michaelis: Psychologische Interventionen für Menschen
pressions- bzw. Angststörungen und ungünstigere Werte       mit Epilepsie) befasst sich mit psychoedukativen/-thera-
bei der globalen Befindlichkeit und dem gesundheitli-       peutischen Interventionen zur Förderung epilepsiebezoge-
chen Gesamtzustand.                                         ner Lebensqualität sowie Behandlung psychiatrischer Ko-
                                                            morbidität und anfallsbezogener Parameter. Es wird ein
                                                            Überblick über das Evidenzniveau von Studien zur Wirk-
                                                            samkeit solcher Interventionen gegeben und Impulse für
                                                            die Praxis abgeleitet.

Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209                                                  © 2018 Hogrefe
https://doi.org/10.1024/1016-264X/a000228
Abstracts                                                                                                                       169

0003                                                            0004
Psychologische Interventionen                                   Stress, psychische Störungen
für Menschen mit Epilepsie                                      und Epilepsien

R. Michaelis1                                                   K. Labudda1
1                                                               1
 Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, Neurologie,                  Universität Bielefeld, Klinische Neuropsychologie
Herdecke, Deutschland                                           mit dem Schwerpunkt Epilepsieforschung, Bielefeld,
                                                                Deutschland
Der Beitrag wird auf einem Cochrane-Review und Evi-
denz-basierten Empfehlungen beruhen:                            Einführend wird ein Überblick über die Rolle von Stress-
   Fragestellung: An evaluation of the current evidence is      erleben und biologischen Stressmarker für die Entstehung
needed to assess the effects of psychological treatments        von Anfällen gegeben. Es werden zudem eigene Ergeb-
for people with epilepsy (PWE) on Health Related Quality        nisse einer Studie vorgestellt, in der der Zusammenhang
of Life (HRQoL) outcomes to inform future therapeutic           zwischen psychischen Störungen, aktuellem Stresserleben
recommendations and research designs. Methoden: A sys-          und Cortisolspiegeln bei Epilepsiepatienten eruiert wird.
tematic literature search was conducted in line with               Bislang wurden 46 Epilepsiepatienten mittels eines
Cochrane criteria for randomized controlled trials (RCTs)       strukturierten klinischen Interviews, Fragebögen zur Er-
and quasi-RCTs investigating psychological treatments           fassung der aktuellen Stressbelastung, des Umgangs mit
and using HRQoL outcome measures as primary or secon-           Stress (Stress und Coping Inventar) und von frühen be-
dary outcome measures. Standard methodological proce-           lastenden Lebenserfahrungen (Childhood Trauma Ques-
dures required by the Cochrane Collaboration were used          tionnaire) untersucht. Zudem wurden Speichel-Cortisol-
for data collection and analysis. In order to provide practi-   Tagesprofile entnommen.
cal guidance to service providers, we provide ratings on           Eine aktuelle psychische Störung lag bei 13 der 46 Pati-
study research designs based on 1) the American Academy         enten vor. Patienten mit und ohne psychische Störung un-
of Neurology”s (AAN) Level of Evidence system and 2) the        terschieden sich hinsichtlich ihrer Cortisolprofile (MANO-
Grading of Recommendations, Assessment, Development             VA: Interaktion Cortsiol x Gruppe: F = 3.82, p < .01), d. h.
and Evaluation (GRADE) system. Ergebnisse: Results:             Patienten mit psychischer Störung wiesen einen geringe-
Twenty-four completed RCTs were included in this review         ren morgendlichen Cortisolanstieg auf (p = .05) und hat-
(2439 participants). Based on satisfactory methodological       ten einen geringeren Abfall der Cortisolspiegel im Verlauf
homogeneity, data from 9 studies (468 participants) provi-      der nächsten Stunde (p = .03) als Patienten ohne psychi-
ding Quality of Life in Epilepsy-31 (QOLIE-31) outcomes         sche Störung. Patienten mit psychischer Störung gaben
were pooled for meta-analyses, showing significant mean         tendenziell mehr aktuelle Stresssymptome (p = .07) und
changes for QOLIE-31 total score and 6 subscales.The            mehr maladaptives Coping an (p = .04). Die Cortisolwerte
strongest evidence for psychological interventions was          korrelierten z. T. mit der Stressbelastung und mit dem
identified for the most common mental health problems,          Stresscoping. Aktuelles Stresserleben und -coping waren
including depression, neurocognitive disturbances, and          wiederrum korreliert mit Misshandlungserfahrungen in
medication adherence. Schlussfolgerung: These results pro-      der Kindheit (z. B. emotionaler Missbrauch und Stresssymp-
vide moderate-quality evidence that psychological treat-        tome: r = .32, p = .04).
ments for adults with epilepsy may enhance HRQoL in                Die Ergebnisse werden abschließend in den Kontext
PWE. There is a range of psychological strategies which         der aktuellen Diskussion darüber eingeordnet, inwiefern
show promise for improving the lives of PWE.                    Störungen der Cortisolregulation, z. B. bedingt durch bio-
                                                                graphische Belastungen, sowohl die Entstehung psychi-
                                                                scher Störungen als auch die Epileptogenese begünstigen
                                                                könnten.

© 2018 Hogrefe                                                               Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209
170                                                                                                                 Abstracts

0005                                                            stroke survivors, they reduce rehabilitation outcome and
Frühe Misshandlungserfahrungen als                              quality of life of the affected patients, and require increa-
                                                                sed efforts by formal as well as informal caregivers. Howe-
Risikofaktor für die Entstehung von psy-                        ver, compared to the broad body of research accumulated
chischen Störungen bei Epilepsiepatienten                       about affective disorders in general, our knowledge about
                                                                depression after stroke is astonishingly small.
D. Illies1                                                         The current, internationally composed symposium aims
1
 Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland                  to present recent knowledge about diagnosis, pathogene-
                                                                sis and intervention of depressive disorders by tracking the
Frühe Misshandlungserfahrungen sind in der Allgemein-           chain of rehabilitation stages. Innovative strategies for
bevölkerung Risikofaktoren für die Entwicklung psychi-          early assessment and management of depressive symp-
scher Störungen. Obwohl Epilepsiepatienten häufig psy-          toms in acute and postacute stroke and for timely identifi-
chische Erkrankungen aufweisen, ist bislang unklar, in          cation of patients at risk for later depressive disorders will
welchem Ausmaß sie von frühen Misshandlungserfahrun-            be presented. Concerning later outpatient phases, the use
gen betroffen sind und ob diese einen Risikofaktor für das      of different kinds of interventions and candidate factors
Vorliegen einer psychischen Komorbidität darstellen. Dies       for successful prevention of depressive disorders will be
war Gegenstand der vorliegenden Studie.                         considered. Besides giving an overview of current evi-
   Frühe Misshandlungserfahrungen wurden mittels zwei-          dence, the participants will delineate subjects for future
er Selbstbeurteilungsfragebögen (Childhood Trauma               research and good clinical practice.
Questionnaire und Fragebogen zu belastenden Sozialer-
fahrungen in der Peergroup) in einer Stichprobe von 125
Patienten des Epilepsie-Zentrum Bethel erhoben. Das Vor-        0007
liegen von Achse-I-Störungen wurde mittels eines struktu-       Diagnosis and Treatment of an Obsessive-
rierten Interviews (Mini International Neuropsychiatric         Compulsive Disorder Following Traumatic
Interview) erfasst. Die Ergebnisse der Epilepsiepatienten
                                                                Brain Injury: Specific characteristics
zu frühen Misshandlungserfahrungen wurden mit denen
einer gematchten Allgemeinbevölkerungsstichprobe ver-
glichen. Der Einfluss von frühen Misshandlungserfahrun-         H. Hofer1, S. Frigerio2
                                                                1
gen auf das Vorliegen einer aktuellen psychischen Störung        Universitätsspital Bern, Neuroreahbilitation,
wurde regressionsanalytisch überprüft.                          Bern, Schweiz
                                                                2
   Im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung berichteten         Spital Olten, Neurologie, Olten, Schweiz
die Epilepsiepatienten von mehr frühen sexuellen (p = .005),
emotionalen (p < .001) und sozialen (p = .005) Misshand-        Introduction: Although the appearance of OCD after TBI is
lungserfahrungen. Frühe Misshandlungserfahrungen erwie-         well documented, evidence referring to diagnostic or psy-
sen sich zudem als unabhängige Prädiktoren für das Vorlie-      chotherapeutic guidelines is sparse. Assessing OCD after
gen einer psychischen Störung bei den Patienten (p = .004).     TBI is a delicate task due to the fact that OCD symptoma-
   Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Epilepsiepatienten       tology and the cognitive impairments following TBI partly
in besonderem Ausmaß von frühen Misshandlungserfah-             overlap. Research questions: In this single case study, the
rungen betroffen sind und dass frühe Misshandlungser-           diagnostic procedure and the effectiveness of cognitive
fahrungen einen relevanten Risikofaktor für psychische          behavioral therapy and additional pharmacotherapy in
Komorbiditäten bei Epilepsiepatienten darstellen.               managing OCD after TBI were investigated. Method: A
                                                                27-year-old patient with traumatic brain injury and neuro-
                                                                psychiatric symptoms fitting OCD was investigated. A psy-
0006                                                            chological and a comprehensive neuropsychological as-
Affective Disorders after Stroke                                sessment was performed before starting OCD therapy.
                                                                State-of-the-art psychotherapeutic treatment for OCD
K. Werheid1                                                     (combining prolonged exposure to distressing situations,
1
  Humboldt-Universität, Institut für Psychologie, Berlin,       objects, or thoughts with the simultaneous prevention of
Deutschland                                                     compulsive acts) was provided. Results: Main Outcome
                                                                Measure was the Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale
                                                                at pre- and post-treatment and at six months follow-up.
Affective disorders, especially depression after stroke are a   The combination of pharmacotherapy and psychotherapy
common phenomenon. Affecting about one third of all             resulted in lower intensity and frequency of symptoms.

Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209                                                       © 2018 Hogrefe
Abstracts                                                                                                                      171

   Conclusions: The change in the symptoms of OCD as              Conclusion: The DePreS shows a good ability to detect
well as the achievement of the individually formulated         patients with a low risk for depression after stroke. This li-
therapy goals support the notion that psychothera-             mits the burden of structural diagnostic follow-up only to
peutic interventions are promising. Due to the acquired        patients with a high risk. Using routine data, the instru-
brain injury and its consequences, a full response should      ment enables clinicians to estimate the risk of PSD in the
not be the main goal. A realistic goal is the achievement      first week following a stroke.
of a partial response. Even with a partial response, pa-          This study was registered prospectively (DRKS000
tients may benefit from psychotherapeutic interventions        11546).
in terms of re-establishing more satisfactory life circum-
stances.
                                                               0009
                                                               The influence of self-efficacy
0008
                                                               beliefs on post-stroke depression:
Prognostic value of the DePreS – a predic-
                                                               A longitudinal analysis
tion scale for depression after stroke:
results of the binational study ValiDePreS                     M. Volz1, M. Völkle1,2, K. Werheid3
                                                               1
                                                                Humboldt-Universität zu Berlin, Klinische Gerontopsy-
J. Hirt1, L. van Meijeren2, S. Saal1, G. Meyer1,               chologie, Berlin, Deutschland
J. M. de Man-van Ginkel2                                       2
                                                                Max Planck Institute for Human Development, Center
1
 Martin Luther University Halle-Wittenberg, Faculty of         for Lifespan Psychology, Berlin, Deutschland
                                                               3
Medicine, Institute for Health and Nursing Science,             Ernst von Bergmann Klinikum, Klinik für Neurologie,
Halle (Saale), Deutschland                                     Potsdam, Deutschland
2
 University Medical Centre Utrecht, Julius Center for
Health Sciences and Primary Care, Nursing Science,             Background: Post-stroke depression (PSD) is the most
Utrecht, Niederlande                                           common psychiatric condition after stroke, affecting one
                                                               third of survivors. Despite identification of meaningful
Background: Post-Stroke Depression (PSD) is a common           predictors, knowledge about the interplay between these
complication. Early treatment might improve recovery.          factors remains fragmentary. General self-efficacy (GSE)
In the Netherlands, the Post-stroke Depression Predic-         is closely linked to PSD, yet direction and magnitude of
tion Scale (DePreS) was developed to predict the risk for      this relationship remains unclear. The authors assessed
PSD during the first week following a stroke. The instru-      the relationship between GSE and depression during the
ment shows good predictive performance with an area            first two years post-stroke while controlling for stable in-
under the curve of 0.78 (95 % CI 0.72–0.85). The aim of        ter-individual differences. Method: Patients of two Ger-
this study was to determine the prognostic value of the        man rehabilitation centres (N = 294, mean age = 63.78
DePreS in a new sample of stroke patients. Methods: The        years, SD = 10.83) were assessed six weeks after ischemic
DePreS was applied to stroke patients within the first         stroke and at four follow-ups covering two years. GSE
week following a stroke in three stroke units in the           Scale and Geriatric Depression Scale (GDS) were used to
Netherlands and Germany (index test). Patients” inclusi-       assess GSE and depression. Continuous time (CT) struc-
on criteria were no severe cognitive and psychiatric disor-    tural equation modelling (SEM) was used to estimate
ders at stroke onset and the ability to communicate ade-       within-person cross-effects by controlling for stable in-
quately. After six weeks, a structured diagnostic interview    ter-individual differences. Results: CT-analysis revealed
(Composite International Diagnostic Interview) was con-        significantly higher within-person cross-effects of GSE
ducted to detect a PSD (reference test). The researchers       on GDS (a21 = −.29) than vice versa (a12 = −.17) during the
were blinded towards the results of the index test. Results:   whole two-year period. Maximal cross-lagged effects
A total of 93 stroke patients were included, of which 17       were estimated six months post-stroke. Discussion: Our
(18.3 %) showed symptoms of major depressive disorder.         results show that decreasing GSE led to increasing de-
With a cut-off value of ≥ 0 the DePreS performed best          pressiveness, and only to a smaller extent vice versa. This
with a sensitivity of 0.65 (95 % CI 0.42–0.87), a specifici-   suggests that fostering GSE by strengthening perceived
ty of 0.74 (95 % CI 0.64–0.84), a positive predictive value    control after stroke can counter PSD emersion and exa-
of 0.35 (95 % CI 0.19–0.52), and a negative predictive         cerbation. Six months post-stroke, when patients face so-
value of 0.90 (95 % CI 0.80–1.00). The AUC was 0.71            cial re-integration, programmes focusing on GSE could
(95 % CI 0.56–0.86).                                           potentially help to prevent later PSD.

© 2018 Hogrefe                                                              Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209
172                                                                                                          Abstracts

0010                                                        0011
Symposium Bewusstseinsstörungen                             Neuropsychologie der Sprachverarbeitung
                                                            und Sprachproduktion
I. Steppacher1, J. Kissler1
1
 Universität Bielefeld, Psychologie, Bielefeld,             M. Wegrzyn1
Deutschland                                                 1
                                                             Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland

Dr. Kaps – Der Weg zurück aus dem Koma: Verbessern          Im Symposium werden neue Erkenntnisse zur Diagnostik
neue diagnostische und therapeutische Verfahren die         von Sprachfunktionen und Möglichkeiten zur Intervention
Behandlung?                                                 vorgestellt.
Dr. Inga Steppacher – Multivariate logistische Prognose-       Im ersten Vortrag (M. Hielscher-Fastabend: Differen-
vorhersage in Syndromen der schweren Bewusstseins-          zierte Aphasiediagnostik in der Akut- und Postakutphase
störungen                                                   nach Schlaganfall) wird der Einsatz des Bielefeld Aphaise-
Prof. Johanna Kissler – Langzeitreliabilität verschiede-    screenings (BiAS) als Testinstrument für die Erfassung der
ner kognitiver Ereigniskorrelierter Potentiale von Pa-      Aphasiesymptomatik in der Akutphase und Post-Akutpha-
tienten mit schweren Bewusstseinsstörungen                  se bei Schlaganfallpatienten vorgestellt.
Prof. Boris Kotchoubey – Polysomnographische Unter-            Der zweite Vortrag (K. Labudda: Übereinstimmung
suchungen von Patienten mitschweren Bewusstseins-           zwischen Sprachlokalisation mittels fMRT und Elektro-
störungen                                                   corticostimulation) befasst sich mit der invasiven und
                                                            nicht-invasiven Lokalisation von Spracharealen. Es wer-
Wer an einer schweren Bewusstseinsstörung leidet befin-     den Ergebnisse einer Fallserie von Epilepsiepatienten
det sich in einem von zwei Zuständen: dem Zustand der       vorgestellt und dargelegt, inwiefern die Resektion von
Reaktionslosen Wachheit (UWS) oder dem Minimallen           Arealen mit präoperativen Sprach-fMRT Aktivierungen
Bewusstseinszustand (MCS). Beide Syndrome können als        mit Veränderungen der Wortflüssigkeit einher gingen.
Zwischenstadien im Prozess einer Erholung aus dem           Implikationen für die Planung eines epilepsiechirurgi-
Koma auftreten oder aber chronifizieren.                    schen Eingriffs werden diskutiert.
  Verlässliche Daten sind über die Prävalenz der schwe-        Im dritten Vortrag (M. Wegrzyn: Vorhersage der
ren Bewusstseinsstörungen sind für Deutschland nicht er-    Sprachlateralisation bei Epilepsiepatienten mittels funk-
hoben, legt man jedoch die Schätzung einer Wiener Präva-    tioneller MRT und Wada-Test) wird vorgestellt, inwiefern
lenzstudie zugrunde, so dürften sich derzeit etwa 17 000    das fMRT mit dem Wada-Test, dem Goldstandard zur
Menschen in anhaltenden Zuständen fehlenden Bewusst-        Sprachlateralisation, in Übereinstimmung gebracht wer-
seins befinden (Prävalenz UWS ca. 19 Patienten pro Milli-   den kann.
on Einwohner, MCS etwa 10 mal so hoch). Generell wird          Im vierten Vortrag (S. Weiss: Modifikation von Sprach-
die Lebenserwartung in UWS oder MCS mit im Durch-           leistung und Lateralisation durch transkranielle Elektro-
schnitt sieben Jahren angegeben, jedoch sind mit heutigen   stimulation) wird vorgestellt, welchen Einfluss die trans-
medizinischen Mitteln Fälle von über 20 Jahren keine Sel-   kranielle Elektrostimulation relevanter Regionen auf
tenheit mehr.                                               die Sprachverarbeitung und das verbale Arbeitsgedächt-
  Aufgrund steigender Patientenzahlen und langer Le-        nis von jungen und älteren Personen sowie Patienten
benserwartungen wird es immer wichtiger verlässliche        mit Sprachbeeinträchtigungen haben kann. Hier stehen
Prognosefaktoren zu ermitteln und angemessene Therapi-      Methoden der nicht-invasiven Elektrostimulation im
en anzubieten um vorhandenes Rehabilitationspotential       Vordergrund (tDCS und tACS), die Sprachlateralisation
optimal zu nutzen. Hierbei können ereigniskorrelierte Po-   wird mittels fTCD gemessen.
tential helfen, die verbleibenden kognitiven Mechanis-
men aufzudecken und den Rehaverlauf zu unterstützen.

Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209                                                © 2018 Hogrefe
Abstracts                                                                                                                     173

0012                                                          0013
Vorhersage der Sprachlateralisation mittels                   Negative Antwortverzerrungen im
funktioneller MRT und Wada-Test                               heilkundlichen Kontext

M. Wegrzyn1, M. Mertens2, L. Hopf2, C. G. Bien2,              S. Bodenburg1
F. Woermann2, K. Labudda1                                     1
                                                               Neuropsychologische Praxis, Hamburg, Deutschland
1
 Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
2
 Epilepsie-Zentrum Bethel, Krankenhaus Mara,                  Negative Antwortverzerrungen werden quantitativ mit
Bielefeld, Deutschland                                        expliziten Beschwerdenvalidierungstests oder mit einge-
                                                              betteten Parametern untersucht. Als ein eingebetteter
Fragestellung: Im Rahmen der prächirurgischen Epilepsie-      Parameter haben sich die Standardabweichungen einfa-
diagnostik ist es wichtig herauszufinden, in welcher Hirn-    cher Reaktionszeiten negativer Antwortverzerrungen be-
hemisphäre die Sprachfunktionen einer Person lokali-          währt. Dabei stellt die Beschwerdenvalidierung nicht nur
siert sind. Als Goldstandard für die Sprachlateralisation     im gutachtlichen Kontext eine wichtige zu beantworten-
wird der invasive Wada-Test betrachtet, bei dem jeweils       de Frage dar. Auch im heilkundlichen Kontext finden sich
eine Hemisphäre narkotisiert wird, um sodann die Hemi-        gelegentlich Testresultate oder -profile, die nicht theorie-
sphärendominanz für Sprachfunktionen zu überprüfen.           und leitliniengerecht eingeordnet werden können. In die-
In der vorliegenden Studie soll analysiert werden, welche     ser Studie (N = 486) wurden nicht nur gutachtlich unter-
fMRT-Aktivierungsmuster aus einer Sprach-fMRT-Auf-            suchte Probanden hinsichtlich der Beschwerdenvalidität
gabe besonders gut geeignet sind, um die Sprachlaterali-      überprüft, sondern auch Patienten, die um heilkundliche
sation des Wada-Tests vorherzusagen. Methoden: Bei der        Untersuchung und Behandlung nachsuchten. Es handel-
retrospektiven Analyse wurden Daten von 75 Epilepsie-         te sich insgesamt um 285 Fälle mit gesicherten Hirner-
patienten ausgewertet, bei denen neben dem Wada-Test          krankungen und fraglichen neuropsychologischen Stö-
auch ein fMRT-Wortflüssigkeitsparadigma durchgeführt          rungen (ICD-10, F0; EG:n = 183; KG:n = 102) sowie um
wurde. Um herauszufinden, welche fMRT-Parameter die           201 Fälle ohne Hirnerkrankung aber mit fraglichen psy-
beste Vorhersage der mittels des Wada-Tests ermittelten       chopathologischen Störungen (ICD-10, F3 oder F4;
Sprachlateralisation erlauben, wurden verschiedene            EG;n = 175; KG:n = 26). Abhängige Variable war die Stan-
Kombinationen von Hirnregionen und Aktivierungs-              dardabweichung der Reaktionszeiten (Untertest Alert-
schwellen betrachtet. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen,      ness, Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung). Die
dass mit Aktivierungen in frontalen Arealen, insbesonde-      Rohwerte des Strukturierten Fragebogens Simulierter
re der Broca-Region, die höchste Übereinstimmung zwi-         Symptome (SFSS), die Reliable Digit Span und der Word
schen fMRT und Wada-Testergebnis erzielt werden kann.         Memory Test (WMT) sowie die Anzahl klinisch fassbarer
Dies ist insbesondere der Fall, wenn moderate Aktivie-        Auffälligkeiten der Aufmerksamkeit und psychopatholo-
rungsstärken (t = 2 bis t = 4) zur Vorhersage der Sprachla-   gischer Auffälligkeiten wurden in die deskriptiven Aus-
teralisation genutzt werden. Schlussfolgerungen: Die vor-     wertungen einbezogen. Probanden mit einer geringen
liegenden Ergebnisse bestätigen die Eignung des fMRTs         Anzahl richtiger Antworten im WMT und höherer Werte
als nicht-invasive Methode zur Sprachlateralisation.Es        im SFSS zeigten hochsignifikant größere Standardabwei-
wird diskutiert, inwiefern die Wahl der berücksichtigen       chungen. Eine Korrelation zu klinisch fassbaren Auffällig-
Hirnregionen und des Aktivierungsniveaus optimiert            keiten fand sich nicht. 8,8 % der behandelten Patienten
werden können. Ideen zur Integration des vorgestellten        hatten im WMT Auffälligkeiten. Die Implikationen für
Vorgehens in den klinischen Alltag werden vorgestellt,        heilkundliche Tätigkeit werden diskutiert.
um zur Verbesserung der Lateralisation von Sprachfunk-
tionen im Einzelfall beizutragen.

© 2018 Hogrefe                                                             Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209
174                                                                                                             Abstracts

0014                                                           ren Verkehrsteilnehmern, diagnostische Möglichkeiten
Präoperative Psychopathologie als                              sowie die Effektivität von Trainingsmaßnahmen. Ein wei-
                                                               terer Schwerpunkt liegt auf der Beratung älterer Fahrer
Risikofaktor für eine reduzierte Chance
                                                               mit beginnender dementieller Erkrankung.
auf postoperative Anfallsfreiheit                                 Nach einer kurzen Einleitung in das Thema durch Herrn
                                                               PD Dr. Alexander Brunnauer und Herrn PD Dr. Max Töp-
S. Koch-Stoecker1                                              per wird Herr Philipp Schulz (MSc) aus der Forschungs-
1
 Evangelisches Klinikum Bethel, Klinik für Psychiatrie         abteilung des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB) ein
und Psychotherapie, Bielefeld, Deutschland                     ökonomisches multifaktorielles Diagnostikinstrument zur
                                                               Objektivierung fahrtauglichkeitsrelevanter Risikofaktoren
Fragestellung: In der vorgestellten Studie wird der Frage      vorstellen sowie die Ergebnisse einer Validierungsstudie.
nachgegangen, ob vorbestehende psychiatrische Komorbi-            Im Anschluss stellt Frau Dr. Melanie Karthaus vom
dität ein Risikofaktor für eine reduzierte Chance auf post-    Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dort-
operative Anfallsfreiheit nach epilepsiechirurgischen Tem-     mund (IfADo) eine Längsschnittstudie vor, die den zeit-
porallappenresektionen besitzt. Methode: 434 erwachsene        lichen Verlauf mobilitätsbezogener Personenmerkmale,
Patienten, die zwischen 1991 und 2009 in Bethel eine           mögliche Merkmalskonstellationen und Einflussfaktoren
Temporallappenteilresektion erhielten, wurden präopera-        untersucht, um das Unfallrisiko im höheren Lebensalter
tiv psychiatrisch untersucht. Klassifikation der psychischen   einschätzen zu können.
Störungen: 1. Psychiatrische Syndrome (PS): Psychose; De-         Herr Prof. Dr. Michael Falkenstein vom Institut für Ar-
pression; andere; 2. Persönlichkeitsstörungen (Pst): DSM       beiten, Lernen, Altern (ALA) in Bochum referiert über die
Cluster A, B, C, organisch; andere). Zwei Jahre nach der       Effektivität unterschiedlicher Trainingsmaßnahmen bei
Operation wurde ihr Anfallsergebnis überprüft und zu den       älteren Verkehrsteilnehmern.
präoperativen psychiatrischen Befunden als mögliche Prä-          Herr Mag. Maximilian Eder von der Schuhfried AG
diktoren in Beziehung gesetzt. Ergebnisse: Anfallsfreiheit     wird die Ergebnisse eines Forschungsprojekts zum Trai-
war signifikant höher (p < 0.001) bei Patienten ohne Vorge-    ning fahrrelevanter kognitiver Funktionen bei gesunden
schichte von PS oder Pst als bei denjenigen mit PS oder Pst.   älteren Verkehrsteilnehmern vorstellen und dabei insbe-
Besonders niedrige Anfallsfreiheitsraten hatten Patienten      sondere den Einfluss des Trainings auf die Leistung in
mit Psychose, organischer Pst oder einer Doppeldiagnose        Fahrverhaltensbeobachtungen.
PS plus Pst. Schlussfolgerungen: Psychiatrische Komorbidi-        Abschließend diskutiert Herr Dr. Stefan Spannhorst aus
tät verschlechtert die Prognose postoperativer Anfallsfrei-    der Abteilung für Gerontopsychiatrie des Evangelischen
heit bei Temporallappenresektionen. Die Ergebnisse der         Klinikums Bethel (EvKB) ethische, juristische und medizi-
Anfallsfreiheit unterscheiden sich hinsichtlich Art und        nische Herausforderungen der Fahreignungsberatung ins-
Ausmaß der psychischen Vorbelastung. Das Ergebnis un-          besondere bei Patienten mit Demenz.
terstreicht die Notwendigkeit einer präoperativen psychia-
trischen Evaluation zur Prognoseeinschätzung. Wichtig ist
aber festzuhalten, dass trotz dieser Ergebnisse auch Pa-       0016
tienten mit psychischen Störungen von dem Eingriff profi-      Multiprofessionelle Expertise als Antwort
tieren können. Grundlagenwissenschaftlich unterstützen         auf ethische, juristische und medizinische
die vorliegenden Ergebnisse die Hypothese, dass psychi-
                                                               Herausforderungen in der Fahreignungs-
schen Störungen und der Epilepsie gemeinsame pathoge-
netische Mechanismen zugrunde liegen könnten.                  beratung bei kognitiven Einschränkungen

                                                               S. Spannhorst1, M. Töpper1, P. Schulz2, T. Beblo2,
0015
                                                               S. Kreisel1, M. Driessen3
Fahrtauglichkeit im höheren Lebensalter                        1
                                                                Evangelisches Klinikum Bethel, Gerontopsychiatrie,
                                                               Bielefeld, Deutschland
M. Töpper1, A. Brunnauer1                                      2
                                                                Evangelisches Klinikum Bethel, Forschungsabteilung,
1
 Evangelisches Klinikum Bethel, Klinik für Psychiatrie         Bielefeld, Deutschland
und Psychotherapie, Forschungsabteilung, Bielefeld,            3
                                                                Evangelisches Klinikum Bethel, Chefarzt Klinik f.
Deutschland                                                    Psychiatrie und Psychotherapie, Bielefeld, Deutschland

In dem Symposium „Fahrtauglichkeit im höheren Lebens-          Die professionelle Fahreignungsberatung älterer Verkehrs-
alter“ geht es um fahreignungsrelevante Risiken bei älte-      teilnehmer in der Gedächtnissprechstunde sowie in der

Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209                                                   © 2018 Hogrefe
Abstracts                                                                                                                                175

ärztlichen Berufspraxis allgemein stellt nach wie vor hohe               schlechte Fahrer ein längeres Training benötigten. Trai-
Anforderungen an die Abwägung zwischen Autonomie                         nings am Fahrsimulator erbringen ebenfalls klare Verbes-
und Sicherheit des Patienten. Kenntnisse über Aufmerk-                   serungen des Fahrverhaltens Älterer; sie sind jedoch tech-
samkeits- und Handlungsparameter älterer Verkehrsteil-                   nisch aufwändiger als das Fahrtraining im Realverkehr.
nehmer bilden eine wichtige Grundlage für die Beratung.                  Trainings spezifischer Fertigkeiten wie die Erkennung von
Ein eigener Risikoerfassungsbogen („SAFE“) (1) wird im                   Gefahrensituationen können nicht nur im Realverkehr son-
Alltag der Gedächtnissprechstunde des Evangelischen Kli-                 dern auch am PC durchgeführt werden. Kognitive und kör-
nikums Bethel eingesetzt und derzeit anhand einer Studie                 perliche Funktionstrainings zielen auf die Verbesserung
mittels Fahrverhaltensbeobachtungen validiert. Allerdings                wichtiger Grundfunktionen, die für das Fahren essenziell
werden Beurteilungsskalen allein das komplexe Konstrukt                  sind, wie Aufmerksamkeit und exekutive Funktionen. Sie
der Fahreignung sowie ethisch diffizile Empfehlungen zur                 haben den Vorteil, dass sie sehr einfach und nach Einwei-
Fahreignung nicht abbilden können. In einem eigenen                      sung auch ohne Trainer durchzuführen sind. Etliche Studi-
Case report (2) wurden ethische, juristische und medizini-               en zeigen, dass ein PC-basiertes kognitives Training bei
sche Herausforderungen der Fahreignungsberatung bei                      Älteren solche Funktionen verbessern kann; bei einigen
kognitiven Einschränkungen im Alter dargestellt. Anhand                  Studien zeigen sich auch Verbesserungen des Fahrverhal-
des dort dargestellten Falles und weiterer Beispiele soll                tens. Motorisches und koordinatives Training bewirkt bei
ausgeführt werden, dass eine einerseits standardisierte,                 Älteren nicht nur motorisch-koordinative, sondern auch
andererseits genügend individualisierte Herangehenswei-                  kognitive Verbesserungen. Zur Wirkung auf das Fahrver-
se wichtig ist. Die Beratung sollte multiprofessionell ange-             halten sind weitere Studien notwendig.
legt sein und ethischen Standards (3) genügen.

                                                                         0018
                                                                         Einfluss von Verarbeitungstempo und
Literatur                                                                kognitiver Flexibilität auf verschiedene
1 Schulz P.; Spannhorst, S.; Beblo T. ;,Thomas, C.; Kreisel, S; Dries-   Bereiche des sozialen Funktionsniveaus bei
  sen, M.; Toepper, M: Preliminary Validation of a Questionnaire
  Covering Risk Factors for Impaired Driving Skills in Elderly Pati-     unterschiedlichen
  ents. Geriatrics 2016, 1,5.                                            psychischen Erkrankungen
2 Spannhorst S.; Toepper, M.; Schulz, P.; Wenzel, G.; Driessen, M.;
  Kreisel, S. : Advice for Elderly Drivers in a German Memory Cli-
  nic: A Case Report on Medical, Ethical and Legal Consequences.         L. B. Dehn1, J. Grochtmann1, E. Prestin1, P. Schulz1,
  Geriatrics 2016, 1.9.                                                  M. Driessen1, T. Beblo1
3 Beachamp,T.; Childress, J.: Principles of biomedical ethics, 7.        1
  Ausgabe 2012, Oxford University Press, Oxford/new York
                                                                           Ev. Klinikum Bethel, Klinik für Psychiatrie und Psycho-
                                                                         therapie, Forschungsabteilung, Bielefeld, Deutschland

0017
                                                                         Einleitung: Psychische Erkrankungen sind häufig mit neu-
Trainingsmaßnahmen für ältere Fahrer
                                                                         ropsychologischen Defiziten verbunden, die Alltag und
                                                                         Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigen. Es soll
M. Falkenstein1                                                          hier untersucht werden, wie sich kognitive Leistungen
1
Inst für Arbeiten Lernen Altern, Bochum, Deutschland                     bei unterschiedlichen Patientengruppen auf verschiede-
                                                                         ne Bereiche der sozialen Funktionsfähigkeit auswirken.
Zu den wichtigsten Maßnahmen zur Förderung der Fahr-                     Methode: Die Daten stammen von 99 Patienten (Alter:
tüchtigkeit Älterer gehören individuelle Trainingsmaßnah-                M = 40±12 Jahre) aus 3 Diagnosegruppen (Substanzbezo-
men. Fahrsicherheitstrainings auf dem Übungsplatz sind                   gene Störungen: n = 35, Schizophrenien: n = 31, Affektive
nützlich, verändern aber nicht das für Ältere schwierige                 Störungen: n = 33), die in der Studie „Wirksamkeit der
Fahren in schwierigen Situationen im realen Verkehr. Dies                Eingliederungshilfe Wohnen für Menschen mit seeli-
wird am besten durch ein Fahrtraining im Realverkehr ein-                schen Behinderungen“ erhoben wurden. Erfasst wurde
geübt. Eine einschlägige Trainingsstudie im deutschspra-                 u. a. das kognitive Verarbeitungstempo (TMT-A), die kog-
chigen Raum ist die Dortmunder Fahrtrainingsstudie.                      nitive Flexibilität (TMT-B), die psychische Symptombe-
Nach dem Training erreichten die älteren (70+) Fahrer das                lastung (SCL-K-9) sowie das soziale Funktionsniveau
Leistungsniveau, welches untrainierte Autofahrer mittle-                 (Social Functioning Scale, SFS) mit 7 Facetten: Rückzug/
ren Alters auf der Teststrecke zeigten. Relativ gute Fahrer              Soziale Eingebundenheit (R), Interpersonelle Kommuni-
benötigten nur wenige Trainingsfahrten, während relativ                  kation (I), soziale Aktivitäten (S), Freizeitgestaltung (F),

© 2018 Hogrefe                                                                        Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209
176                                                                                                             Abstracts

Unabhängigkeit-Kompetenz (U-K), Unabhängigkeit-Per-         tienten mit zerebraler Hypoxie gibt die Diffusionswich-
formanz (U-P), Arbeit/Beschäftigung (A). Für jede Grup-     tung im MRT Hinweise auf „late awakeners“ in der
pe wurden lineare Regressionen (kontrolliert für Alter,     Postakutphase. Therapeutisch spielen neben der akti-
Geschlecht und SCL-K-9) berechnet. Ergebnisse: Bei Schi-    vierenden rehabilitativen Therapie neuropharmakolo-
zophrenien und affektiven Störungen erwiesen sich           gische Ansätze eine große Rolle. Durch transkranielle
TMT-A bzw. -B als signifikante Prädiktoren für den SFS-     Stimulation des Kortex u. a. mit Gleichstrom kann die
Gesamtwert und 3 Subskalen (I, S, A). Die TMT-Regressi-     Rückbildung der Bewusstseinsstörung gefördert werden
onsgewichte waren dabei höher als die der SCL-K-9. In       kann. Die Kombination der diagnostischen und thera-
der Gruppe F10–19 zeigten sich keine signifikanten Zu-      peutischen Verfahren wird die Behandlung weiter ver-
sammenhänge. Schlussfolgerung: Im Gegensatz zu subs-        bessern.
tanzbezogenen Störungen hing bei Schizophrenien bzw.
affektiven Störungen (88 % Depressionen) das Verarbei-
tungstempo sowie die kognitive Flexibilität mit dem sozi-   0020
alen Funktionsniveau der Patienten zusammen, v. a. in       Klinische Validität etablierter
den Bereichen interpersonelle Kommunikation, soziale        Testverfahren bei Epilepsiepatienten –
Aktivitäten und Arbeit/Beschäftigung.
                                                            eine Faktorenanalyse

0019                                                        N. Conradi1, M. Behrens2, T. Kannemann1, N. Merkel1,
Der Weg zurück aus dem Koma:                                A. Strzelczyk1, F. Rosenow1, A. Hermsen1
                                                            1
                                                              Universitätsklinikum Frankfurt, Epilepsiezentrum
Verbessern neue diagnostische und
                                                            Frankfurt Rhein-Main, Frankfurt am Main, Deutschland
therapeutische Verfahren die Behandlung?                    2
                                                              Universitätsklinikum Frankfurt, Zentrum der
                                                            Neurologie und Neurochirurgie, Frankfurt am Main,
M. Kaps1                                                    Deutschland
1
Kliniken Schmieder, Frührehabilitation, Allensbach,
Deutschland                                                 Einleitung und Fragestellung: Die ausführliche neuropsy-
                                                            chologische Diagnostik mithilfe standardisierter Test-
Durch Fortschritte in der Intensivmedizin in den letzten    verfahren ist seit Langem fester Bestandteil der prächirur-
25 Jahren überleben mehr Patienten mit schweren Be-         gischen Epilepsiediagnostik. Die neuropsychologische
wusstseinsstörungen, die nach der Akutphase in der neu-     Kommission der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie
rologischen Frührehabilitation behandelt werden. Die        (DGfE) hat einen Standard der zu untersuchenden kogni-
klinische Beurteilung der Patienten ist immer noch mit      tiven Domänen zusammengestellt und entsprechende
einer hohen Rate an Fehldiagnosen verbunden. Wieder-        Testverfahren empfohlen (Brückner, 2012). Europaweit
holte klinische Untersuchungen erhöhen die Aussage-         zeigte sich zwischen verschiedenen Epilepsiezentren eine
kraft. Durch Weiterentwicklung der funktionellen bild-      hohe Übereinstimmung bezüglich dieser Domänen, ins-
gebenden und elektrophysiologischen Verfahren ist es        gesamt fällt jedoch auf, dass die klinische Validität der ver-
möglich geworden, die prognostische Einschätzung deut-      wendeten Testverfahren nur selten an Epilepsiepatienten
lich zu verbessern. Dazu gehören die Magnetresonanzto-      untersucht worden ist (Vogt et al., 2017). Methoden: Die
mographie (MRT) mit Diffusion Tensor Imaging (DTI)          empfohlene Standard-Testbatterie wurde bei 224 Epilep-
und Resting State MRT, die 18 F-Fluordesoxyglucose          siepatienten durchgeführt und die zugrundeliegende Fak-
Positronenemissionstomographie und die Elektroenze-         torenstruktur der neuropsychologischen Testwerte mittels
phalographie mit ereigniskorrelierten und motorisch         Hauptkomponentenanalyse und Varimax-Rotation analy-
evozierten Potentialen. Es bestehen selten auch Hin-        siert. Faktorenladungen unter ± .40 wurden nicht berück-
weise auf eine motorisch-kognitive Dissoziation. Der kli-   sichtigt. Ergebnisse: Die Faktorenanalyse ergab die folgen-
nische Untersuchungsbefund des Patienten entspricht         den zehn interpretierbaren Faktoren, welche 65.8 % der
dann dem Befund eines Wachkomas, in der funktionellen       Varianz erklären: Wortflüssigkeit, geteilte Aufmerksam-
Diagnostik zeigen sich dagegen Hinweise auf ein partiell    keit, Verbalgedächtnis, verbal-logisches Gedächtnis, Kurz-
erhaltenes Bewusstsein. Bei Patienten mit schwerem          zeit- und Arbeitsgedächtnis, verbales Lernen, visuospatia-
Schädelhirntrauma deutet eine möglichst geringe Un-         le Funktionen, Figuralgedächtnis, Abrufmonitoring und
terbrechung der gerichteten Diffusionsbewegung von          Exekutivfunktionen. Schlussfolgerungen: Inhaltlich ent-
Wassermolekülen in subkortikalen Bahnsystemen in der        sprachen die gefundenen Faktoren den zu untersuchen-
DTI Sequenz eine gute Chance zur Erholung an. Für Pa-       den Domänen kognitiver Leistungsfähigkeit und waren

Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209                                                   © 2018 Hogrefe
Abstracts                                                                                                                    177

jeweils einem Testverfahren aus der empfohlenen Stan-         0022
dard-Testbatterie zuzuordnen. Trotz des Umfangs der           Symposium: Motorische Kognition
Testbatterie zeigten sich keine Redundanzen zwischen
den Faktoren, was für die Durchführung aller enthalten-
                                                              und Klinische Korrelate
den Testverfahren spricht.
                                                              J. Randerath1
                                                              1
                                                               Universität Konstanz, Konstanz, Deutschland
0021
Übereinstimmung zwischen                                      Die Motorische Kognition ist ein breites Feld mit vielen
Sprachlokalisation mittels fMRT                               Teilleistungen. Fähigkeiten reichen von der Vorhersage
                                                              einfacher Bewegungsabfolgen bis hin zur Nutzung von
und Elektrocorticostimulation
                                                              Werkzeugen und Objekten sowie Entscheidungen, ob bei-
                                                              spielsweise eine Straße überquerbar ist. Das gesunde Ge-
K. Labudda1, F. G. Woermann2                                  hirn greift entsprechend auf ein großes bilaterales Netz-
1
 Universität Bielefeld, Klinische Neuropsychologie            werk zurück. Das Symposium „Motorische Kognition und
mit dem Schwerpunkt Epilepsieforschung, Bielefeld,            Klinische Korrelate“ liefert einen Einblick zu dem Einfluss
Deutschland                                                   von Beeinträchtigungen kognitiv-motorischer Fähigkeiten
2
 Krankenhaus Mara, MRT, Bielefeld, Deutschland                in verschiedenen neurologischen Patienten-Populationen.
                                                              Ima Trempler stellt in ihrem Vortrag „Beeinträchtigungen
Bei Patienten mit Frontallappenepilepsie (FLE) ist die Lo-    der Prädiktion beim idiopathischen Parkinson-Syndrom“ vor.
kalisation von spracheloquentem Cortex ein wichtiger Be-      Hierbei wird mittels Daten der Bildgebung die Rolle von
standteil der prächirurgischen Diagnostik. Neben der          funktionellen und strukturellen Veränderungen frontostri-
Elektrocorticostimulation (ES) mit subduralen Platten         ataler Schleifen diskutiert. Ilka Buchmann beschreibt in
wird die fMRT als Alternative zur Identifikation sprachre-    ihrem Vortrag „Profile der Gliedmaßenapraxie bei Patienten
levanter Cortexareale diskutiert. Ziel dieses Beitrags ist    mit verschiedenen neurologischen Krankheitsbildern“ die
ein Vergleich beider Methoden innerhalb einer kleinen Pa-     Ausprägung der Probleme mit Imitation, der pantomimi-
tientengruppe und die Exploration von Zusammenhängen          schen Darstellung oder auch dem tatsächlichen Gebrauch
zwischen präoperativen ES- sowie fMRT-Ergebnissen und         von Objekten und Werkzeugen bei Demenz, Schlaganfall,
postoperativen Veränderung der Wortflüssigkeit.               Multipler Sklerose sowie Schädel-Hirntrauma. In ihrer
   Es werden 5 FLE-Patienten vorgestellt, bei denen prä-      Präsentation beschreibt Lisa Finkel Defizite in der kom-
operativ sowohl eine ES als auf ein Sprach-fMRT durchge-      plexen Fähigkeit der Einschätzung von Handlungsmög-
führt wurde. Die Divergenz/Konvergenz hinsichtlich der        lichkeiten „Liegt das in Reichweite? – Beeinträchtige Af-
Lokalisation von Spracharealen mittels beider Methoden        fordanzwahrnehmung nach Schlaganfall“. Sie erklärt, wie
wird dargestellt und mit der postoperativen Veränderung       unterschiedliche Teilleistungen je nach Aufgabenstellung
der Wortflüssigkeit in Bezug gesetzt.                         einen Schwerpunkt erhalten können und diskutiert das
   Mittels ES konnte bei 3 der 5 Patienten spracheloquen-     bisher heterogene Bild bei diesem Funktionsdefizit und
ter Cortex identifiziert werden. Bei diesen Patienten         neuronalen Korrelaten.
zeigte sich ein Spracharrest bei Stimulation derjenigen          Zum Abschluss diskutiert Jennifer Randerath, anhand
Elektrode(n), die im Bereich maximaler fMRT-Aktivie-          des Beispiels von „Regel- vs. planbasierte Handlungen“, Er-
rung lagen. Sechs Monate nach OP fand sich bei 3 Patien-      gebnisse aus der Grundlagenforschung und ihre Imple-
ten eine Verschlechterung der verbalen Flüssigkeit. Bei       mentierungsmöglichkeiten in der Rehabilitation.
allen 3 Patienten wurden frontale Areale reseziert, in de-
nen sich präoperativ Sprachaktivierungen zeigten. Diese
Verschlechterung war am stärksten ausgeprägt bei einem
Patienten, bei dem die Resektion bis ins Broca-Areal
reichte und die präoperative ES keine sichere Identifikati-
on von Sprachareale erlaubte.
   Die Ergebnisse zeigen, dass mittels ES identifizierte
Sprachareale mit Clustern maximaler fMRT-Aktivierung
übereinstimmen. Es erscheint sinnvoll, die Ergebnisse von
fMRT-Sprachaktivierungen bei der OP-Planung zu be-
rücksichtigen, insbesondere wenn die ES nicht zu konklu-
siven Ergebnissen geführt hat.

© 2018 Hogrefe                                                            Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209
178                                                                                                            Abstracts

0023                                                         0024
Evaluation eines kombinierten                                Fahrtauglichkeitsdiagnostik
Sportprogramms zur Therapie                                  bei Senioren mit und ohne
depressiver Erkrankungen                                     kognitive Beeinträchtigung

A. Berwinkel1, M. Driessen2, T. Beblo2, S. Hey3,             P. Schulz1, S. Spannhorst2, V. Bertke3, S. Kreisel2,
M. Weigelt1                                                  T. Beblo1, M. Driessen4, M. Töpper1
1                                                            1
  Universität Paderborn, Psychologie und Bewegung,            Evangelisches Klinikum Bethel, Klinik für Psychiatrie
Paderborn, Deutschland                                       und Psychotherapie, Forschungsabteilung, Bielefeld,
2
  Evangelisches Klinikum Bethel, Bielefeld, Deutschland      Deutschland
3                                                            2
  movisens GmbH, Karlsruhe, Deutschland                       Evangelisches Klinikum Bethel, Klinik für Psychiatrie
                                                             und Psychotherapie, Abteilung für Gerontopsychiatrie,
                                                             Bielefeld, Deutschland
Einleitung: Wissenschaftliche Studien zur Sporttherapie      3
                                                              DEKRA Automobil GmbH, Begutachtungsstelle
bei depressiven Erkrankungen beschäftigten sich über-        für Fahreignung, Detmold, Deutschland
wiegend mit aeroben Ausdauertrainings (Weigelt &             4
                                                              Evangelisches Klinikum Bethel, Klinik für Psychiatrie
Berwinkel, 2017). Kombinierte Sportprogramme bieten          und Psychotherapie, Bielefeld, Deutschland
den Vorteil der stärkeren Ressourcenorientierung, wes-
halb in dieser Interventionsstudie die Wirksamkeit eines
kombinierten Sportprogramms mit der eines Ausdauer-          Einleitung: Normales Altern und beginnende dementielle
trainings verglichen wird. Methode: 62 depressive Pati-      Erkrankungen werden von kognitiven, sensorischen und
enten in tagesklinischer Behandlung wurden quasi-ran-        physischen Veränderungen begleitet, die die Fahrtaug-
domisiert einer Experimentalgruppe (KoTG; n = 31; Alter:     lichkeit beeinträchtigen können. Da einzelne neuropsy-
43 ± 12 J.) und einer Kontrollgruppe (AdTG; n = 31; Alter:   chologische Testverfahren nur ungenau zwischen siche-
41 ± 12 J.) zugeteilt und im Prä-Posttest-Design vergli-     ren und unsicheren älteren Fahrern differenzieren, wird
chen. Die KoTG absolvierte ein kombiniertes Trainings-       zunehmend eine multifaktorielle Herangehensweise zur
programm (Qi Gong, Nordic Walking, PMR, allg. Bewe-          Diagnostik der Fahrtauglichkeit empfohlen. Methode:
gungstherapie) und die AdTG ein Ausdauertraining             N = 70 ältere Kraftfahrer mit und ohne kognitive Defizi-
(Nordic Walking) über den Zeitraum der Behandlung            te absolvierten eine ausführliche Fahranamnese/Test-
(je 3 h/Woche, Ø 4 Wochen). Eine umfangreiche psycho-        diagnostik sowie eine standardisierte Fahrverhaltens-
logische Diagnostik [u. a. Beck-Depressionsinventar (BDI-    beobachtung im realen Straßenverkehr. Zudem wurde
II), Symptom-Checkliste (SCL-9-K), Multidimensionaler        ein neues multifaktorielles Instrument zur Einschätzung
Selbstwertfragebogen (MSWS)] wurde eingesetzt. Der           der Fahrtauglichkeit (SAFE; Seniorenberatung Aufgrund
Kcal-Verbrauch wurde über Akzelerometer (movisens            Fahreignungsrelevanter Einschränkungen) eingesetzt.
GmbH) erfasst. Ergebnisse: Die statistische Auswertung       Die diagnostische Genauigkeit des SAFE wurde mithilfe
erfolgte mittels Varianzanalysen für die Faktoren „Mess-     von Korrelations-, Regressions- sowie Sensitivitäts- und
zeitpunkt“ × „Gruppe“. Es ergaben sich signifikante          Spezifitätsanalysen berechnet. Ergebnisse: Die Ergebnisse
Haupteffekte für den Messzeitpunkt (alle p“s < .05). Eine    zeigten signifikante Korrelationen zwischen dem durch
Interaktion von „Messzeitpunkt“ × „Gruppe“ zeigte sich       den SAFE erfassten Risiko und der Fahrtauglichkeitsein-
nicht durchgängig. Der Kcal-Verbrauch der AdTG war           schätzung, während eine Vielzahl von Screening-Tests
höher (p < .05). Diskussion: Vor dem Hintergrund der psy-    nicht mit der Fahrtauglichkeit korrelierten. Darüber hin-
chologischen Diagnostik scheinen beide Interventionen        aus wies der SAFE eine zufriedenstellende Sensitivität
einen vergleichbar positiven Effekt zu haben. Die Unter-     bei begrenzter Spezifität auf. Eine modifizierte Version
schiede im Kcal-Verbrauch deuten jedoch auf eine inten-      des SAFE geht mit einer erhöhten diagnostischen Genau-
sitätsunabhängige Verbesserung hin und bieten wichtige       igkeit einher. Schlussfolgerung: Die vorläufigen Ergebnisse
Implikationen für die klinische Praxis.                      weisen darauf hin, dass der SAFE fahrtauglichkeitsrele-
                                                             vante Risiken von Senioren quantifizieren und im klini-
                                                             schen Setting eine Beratungsgrundlage bilden kann. Zu-
                                                             dem scheint der SAFE einzelnen Screening-Testverfahren
                                                             überlegen zu sein. Auf Basis der Studienergebnisse wird
                                                             eine Modifikation des SAFE angestrebt, um die diagnos-
                                                             tische Güte weiter zu erhöhen.

Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209                                                  © 2018 Hogrefe
Abstracts                                                                                                                    179

0025                                                         0026
Digitalisierung in Diagnostik und Therapie –                 Polysomnographische
Neuropsychologische Konzepte, innovative                     Untersuchungen von Patienten mit
Technologien und Anwendungsbeispiele                         schweren Bewusstseinsstörungen

S. V. Müller1, *A. Thöne-Otto2                               B. Kotchoubey1, Y. G. Pavlov1,2, I. Nopper1,3, C. Barner1,
1
 Ostfalia Hochschule, Fakultät Soziale Arbeit,               F. Müller3, S. Diekelmann1
                                                             1
Wolfenbüttel, Deutschland                                     Universität Tübingen, Medizinischen Psychologie,
2
 Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Kognitive      Tübingen, Deutschland
                                                             2
Neurologie, Leipzig, Deutschland                              Ural Federal University, Psychologie, Ekaterinburg,
                                                             Russische Föderation
                                                             3
                                                              Schoen-Klinik, Bad Aibling, Deutschland
In diesem Symposium werden erste Anwendungsbeispie-
le für die Nutzung innovativer Technologien in der neuro-
psychologischen Diagnostik und Therapie vorgestellt,         Schwere Bewusstseinsstörungen (Diagnosen Unresponsive
sowie Chancen und Herausforderungen diskutiert. Der          Wakefulness Syndrome [UWS] und Minimally Conscious
erste Teil befasst sich mit der Anwendung Virtueller Rea-    State [MCS]) werden durch sehr starke Schlafstörungen
lität (VR). Zunächst wird von J. Belger et al. der Prozess   charakterisiert. Es ist allerdings unklar, inwieweit unspezifi-
der „Immersion“ untersucht und Beispiele für die An-         sche Faktoren (Krankenhausumgebung, Immobilität, evtl.
wendung virtueller Realität (VR) in der Rehabilitation       Schmerzen, störende Pflegeeingriffe in der Nacht usw.) da-
senso-motorischer Fähigkeiten vorgestellt. In dem Bei-       für verantwortlich gemacht werden können. 24-Std. Poly-
trag von E. Quinque et al. wird eine Übersicht über aktu-    somnographie (EEG, Elektrookulogram, Elektromyogram)
elle VR-Entwicklungen zur Untersuchung sowie zum             wurde bei 42 Patienten mit schweren Verletzungen des zen-
Training kognitiver Funktionen gegeben. Im Zentrum           tralen Nervensystems registriert, davon 16 Patienten mit
dabei stehen Verfahren zur Untersuchung räumlicher Na-       UWS, 16 mit MCS und 10 mit schwersten spinalen Läsionen
vigation sowie von Exekutivfunktionen. P. Chojecki gibt      aber im vollen Bewusstsein (Kontrollgruppe). Zirkadiane
eine Übersicht über technische Lösungsansätze, wie Per-      Veränderungen neurophysiologischer Parameter wurden
sonen in VR dargestellt werden (Selbstrepräsentation)        bei allen Patienten beobachtet. Bei zwei UWS-Patienten
und wie sie virtuell interagieren können. Dabei werden       gab es keinerlei Veränderungen des EEG in der Nacht, aber
auch Möglichkeiten vorgestellt, um sog. Cybersickness,       deutliche Anzeichen des Schlafes (inkl. REM-Schlaf) am
ein Unwohlsein, das manche Menschen nach der Interak-        Tag, was darüber hinweist, dass die entsprechenden Unter-
tion mit VR beschreiben, zu vermeiden. Im zweiten Teil       suchungen mindestens 24 Std. umfassen müssen. Die drei
wird F. Ertas die Realisierung eines Therapieverfahrens      Patientengruppen unterschieden sich sowohl in der Ge-
zur Behandlung exekutiver Dysfunktion, das Goal-Ma-          samtdauer der Schlafzeiten (Kontrolle > MCS > UWS) als
nagement-Training, in Form einer App vorstellen. An-         auch in der Differenz zwischen dem Schaf am Tag (8 bis 20
hand zweier Einzelfälle wird der Einsatz im Alltag und in    Uhr) und in der Nacht (20 bis 8 Uhr). UWS-Patienten
der beruflichen Rehabilitation demonstriert. I. Schiering    schliefen im Durchschnitt 134,2+101,5 min am Tag und
stellt schließlich das Spannungsfeld zwischen dem Inno-      174+160,4 min in der Nacht, MCS-Patienten 164+96,6 min
vationspotential von Smart Devices und Augmented Rea-        am Tag und 240,7+109,9 min in der Nacht, Kontrollpatien-
lity Anwendungen und den Datenschutz-Risiken für die         ten 95,9+76 min am Tag und 366,5+91,6 min in der Nacht.
Betroffenen dar. Anhand konkreter Anwendungsbeispie-         Offensichtlich können die Schlafstörungen bei UWS und
le werden Konzepte des Privacy by Design skizziert und       MCS nur in einem sehr geringen Maß durch unspezifische
Möglichkeiten des Erhalts der informationellen Selbstbe-     Faktoren erklärt werden, da diese Faktoren alle drei Grup-
stimmung der Menschen in diesem sensiblen Umfeld.            pen betrafen; vielmehr sind die Ursachen dieser Schlafstö-
                                                             rungen in den spezifischen Faktoren (d. h. Hirnläsionen)
                                                             von UWS- und MCS-Pateinten zu suchen.

© 2018 Hogrefe                                                            Zeitschrift für Neuropsychologie (2018), 28 (3), 168–209
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