Stakeholder Peer Review Deutschland intelligent vernetzt - Status- und Fortschrittsbericht 2015

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Stakeholder Peer Review
      Deutschland intelligent vernetzt
      Status- und Fortschrittsbericht 2015

Nationaler IT-Gipfel
Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
www.div-report.de
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

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Inhalt

Vorworte                                                                      4

Executive Summary                                                             6

Ausgangslage und Vorgehen                                                     14

Wie liest sich die Bewertung der Experten?                                    17

Intelligente Vernetzung in Deutschland – Die Gesamtsicht                      18

Intelligente Energienetze                                                     20
Status und Fortschritt priorisierter Handlungsfelder                          22

Intelligente Gesundheitsnetze                                                 26
Status und Fortschritt priorisierter Handlungsfelder                          28

Intelligente Verkehrsnetze                                                    32
Status und Fortschritt priorisierter Handlungsfelder                          34

Intelligente Bildungsnetze                                                    38
Status und Fortschritt priorisierter Handlungsfelder                          41

Intelligente Verwaltungnetze                                                  44
Status und Fortschritt priorisierter Handlungsfelder                          46

Smart Cities/Smart Regions – Digitale Strategien für den urbanen Raum         50

Smart Data – Erprobungsräume für datenbasierte Dienste und Geschäftsmodelle   52

M2M/Internet der Dinge – Zukunftsanwendungen für die digitale Gesellschaft    54

Status und Fortschritt der intelligenten Vernetzung – Nach Strategieebenen    56
Intelligente Energienetze                                                     60
Intelligente Gesundheitsnetze                                                 65
Intelligente Verkehrsnetze                                                    70
Intelligente Bildungsnetze                                                    75
Intelligente Verwaltungnetze                                                  80

Mitglieder und Mitwirkende                                                    86
Mitglieder der Fokusgruppe Intelligente Vernetzung                            88
Mitwirkende Experten                                                          89

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                            3
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

Vorworte
                         Brigitte Zypries
                         Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie

                         Vor gut einem Jahr hat die Bundesregierung mit der Digitalen Agenda 2014-2017 Schwer-
                         punkte für eine moderne Wirtschafts- und Digitalpolitik gesetzt und eine „digitale Offensive“
                         ausgerufen. Deutschland soll bei der Digitalisierung das führende Land in Europa werden und
                         sich in eine vernetzte Gesellschaft wandeln. Die Digitalisierung verändert unser alltägliches
                         Leben, unser Wirtschaften und unser Arbeiten. Wir wollen die Chancen dieser digitalen Trans-
                         formation gemeinsam nutzen und die großen volkswirtschaftlichen Potenziale erschließen.
                         Seither hat die Bundesregierung viele Maßnahmen auf den Weg gebracht und einige bereits
                         umgesetzt, mit dem die Intelligente Vernetzung vorangebracht wird. Mit der im September
                         verabschiedeten „Strategie Intelligente Vernetzung“ hat sie den politischen Chapeau für
                         die Digitalisierung in den Infrastruktursektoren Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und
                         Verwaltung beschlossen. Die Strategie wird nun gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und
                         Gesellschaft umgesetzt.

                         Die hierzu ins Leben gerufene „Initiative Intelligente Vernetzung“ treibt die Umsetzung
                         konkret voran. Sie führt Befragungen durch, veröffentlicht Studien, betreibt eine Open-Inno-
                         vation-Plattform, geht auf eine bundesweite Roadshow und ist Anlaufstelle für jede Art von
                         Fragen. Getragen wird sie von einem Netzwerk starker Umsetzungspartner, um unter dem
                         Motto „Netze neu nutzen“ dazu beizutragen, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
                         Chancen der Digitalisierung auszuschöpfen.

                         Die IT-Gipfel-Fokusgruppe „Intelligente Vernetzung“ begleitet die Entwicklung an der Naht­
                         stelle von Politik und Wirtschaft und liefert seit Jahren wichtige Beiträge für die öffentliche
                         Debatte. Auch in diesem Jahr ist dies mit dem Stakeholder Peer Review gelungen. Im Dialog
                         konnten Fortschritte, aber auch weiterhin bestehender Handlungsbedarf identifiziert werden.
                         Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, Unternehmen ein Umfeld zu schaffen, das Innovationen
                         unterstützt und Investitionen ermöglicht. Die neuen Potenziale auszuschöpfen, ist in erster
                         Linie Aufgabe der Wirtschaft selbst. Damit alle ihren bestmöglichen Beitrag leisten, setzen
                         wir weiter auf einen intensiven Dialog zwischen Wirtschaft und Politik, Gewerkschaften, Wis-
                         senschaft und gesellschaftliche Gruppen.

                         Mein Dank gilt allen, die an dem Status- und Fortschrittsbericht 2015 mit großem persön-
                         lichen Einsatz gearbeitet haben. Dieses Engagement wird am besten gewürdigt, wenn die
                         Empfehlungen mit gedanklicher Offenheit und Bereitschaft zur Veränderung gelesen werden.
                         Das diesjährige Gipfel-Motto „Digitale Zukunft gestalten – innovativ_sicher_leistungsstark“
                         betont diesen Gestaltungsanspruch. In diesem Sinne wünsche ich eine anregende Lektüre!

                         Ihre
                         Brigitte Zypries

4
Reinhard Clemens
                             Vorstandsmitglied Deutsche Telekom AG

                             Das Wissen um die Bedeutung von Infrastrukturen für den Wohlstand und die wirtschaftliche
                             Leistungsfähigkeit eines Landes gehört von jeher zum ökonomischen und politischen Einmal-
                             eins. Und doch scheint es zuweilen so, dass die für unser Land so wichtige Digitalisierung
                             der Infrastruktur­sektoren Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung noch immer
                             nicht die Wahrnehmung erhält, die es braucht, um Deutschland im internationalen Wettbewerb
                             zukunftssicher aufzustellen.

                             Ja, es zeigt sich Bewegung, gerade in diesem Jahr – aber wir sind noch immer zu langsam.

                             Insbesondere bei der spezifischen Ausgestaltung der Rechts- und Regulierungsrahmen und
                             ihrer Durchsetzung darf es keine Verzögerungen mehr geben, wenn wir Deutschland in eine
                             Führungsposition bringen und Investitionen unserer Wirtschaft zu Erträgen werden lassen
                             wollen. Hier braucht es durchsetzungsstarken politischen Willen. Um nur zwei Beispiele zu
                             nennen: Bis heute können Ärzte keine standardisierten Arztbriefe oder Patienten­akten austau-
                             schen – obwohl dies bereits 2003 vom Gesetzgeber verabschiedet wurde. Und warum braucht
                             es mehr als sechs Jahre, bis ein Richtlinien­paket der EU, das die gesetzlichen Einbauverpflich-
                             tungen für intelligente Messsysteme im Energiebereich vorsieht, in Deutschland in nationales
                             Recht überführt wird? Wenn wir bei der Umsetzung jetzt nicht Gas geben, ­werden annähernd
                             10 Jahre vergangen sein, bis der Rollout der für intelligente E­ nergienetze grundlegenden Smart
                             Meter richtig in Gang kommt.

                             Bisher ist unsere Ausgangsposition gut. Innovationskraft und Erfindergeist treiben Unter-
                             nehmen und Wissenschaft in Deutschland auch in der Digitalisierung an. Und die Digitale
                             Agenda setzt ein wichtiges politisches Signal. Doch während wir noch über die Grundlagen
                             für den Rollout am Markt diskutieren, werden andernorts bereits erfolgreich Plattformen
                             und Geschäfts­mo­delle der intelligenten Vernetzung etabliert. Wenn die Rahmenbedingungen
                             zu Hindernissen und Nachteilen im internationalen Wettbewerb zu werden drohen, dann ist
                             zügiges und konsequentes Handeln auf allen Ebenen gefordert. Das ist die Botschaft dieses
                             aus der Praxis heraus erarbeiteten Berichts. Er ist das Ergebnis eines erstmals durchgeführten
                             Stakeholder Peer Reviews, das sich als koordinierendes Instrument des branchen-, unterneh-
                             mens- und ­ressortübergreifenden Dialogs auf Augenhöhe bewährt hat.

                             Ich danke allen Mitwirkenden der Fokusgruppe und allen Gesprächspartnern für das sehr
                             ehrliche Lagebild in den Gesprächen und in diesem Bericht. Was zu tun ist, ist allen Beteiligten
                             bewusst. Lassen Sie uns gemeinsam anpacken!

                             Ihr
                             Reinhard Clemens

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                        5
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

Executive Summary
Digitalisierung der Infrastrukturen als Standortfaktor – Jetzt
die intelligente Vernetzung in Deutschland voranbringen!

Deutschland ist auf dem Weg in die digital vernetzte                                       Die problematischste Situation zeigt sich bran-
Gesellschaft. Der Transformationsprozess hat quer                                          chenübergreifend in der rechtlich/regulatorischen
durch alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche Fahrt                                           Ebene. In vier von fünf Branchen wurde der Sta-
aufgenommen. Das ist spürbar. Und doch befindet                                            tus in diesem Bereich als kritisch mit besonderer
sich Deutschland noch nicht auf der Überholspur.                                           Dringlichkeit bewertet. Die Prozess-Ebene folgt mit
Drei von fünf Branchenampeln der digitalen Vernet-                                         kritischer Bewertung in drei Branchen. Besonders kri-
zung zeigen einen kritischen Status. In allen Bereichen                                    tisch wird der Status und der Umsetzungsfortschritt im
­sehen die Experten der Fokusgruppe „Intelligente Ver-                                     Bereich Intelligenter Bildungsnetze (speziell Hochschul-
 netzung“ des Nationalen IT-Gipfels weitere Maßnahmen                                      netze) bewertet. In vier von fünf strategischen Ebenen
 als erforderlich an.                                                                      wurden dort durch die Experten rote Ampeln gesetzt. In
                                                                                           drei Ebenen befindet sich die Umsetzung erst am An-
                                                                                           fang. Keine andere Branche zeigt ein so hohes Umset-
                                                                                           zungs- und Fortschrittsdefizit (siehe Übersicht S. 58).

               Energie                       Gesundheit                             Verkehr                          Bildung                         Verwaltung

     Die intelligente Vernetzung im   Fehlende Abrechnungsmög-           Die drei Hemmnisse fehlender      E-Learning-Systeme, Platt-        In zentralen Politikfeldern der
    ­Bereich der Energie­wirt­-       lichkeiten behindern den           Rechts-/Regulierungsrah-          formen und Anwendungen            Verwaltungsmodernisierung
     schaft kommt in Deutsch­         Ausbau von Telemedizin.            men, Breitbandverfügbarkeit       der ersten Generation sind        sind weitere Anstren­gungen
     land kaum voran. Es fehlen       Die unzureichende Anwen-           und Netzcharakteristik mit        heute integraler Bestandteil      notwendig. Aktuell ist bei-
     die wesentlichen Rahmen­         dung von (internationalen)         einheitlicher Architektur sowie   digi­taler Infrastruk­turen an    spielsweise nicht erkennbar,
     bedingungen. Dies be­hin­dert    Standards behindert die            die fehlende gesellschaftliche    Hochschulen. Eine strate­         wie das gesetzliche Ziel einer
     die Aktivitäten in diesem Be-    Inter­operabilität. Eine elek­     ­Akzeptanz verhindern die         gische, nachhaltige, innovative   elektronischen Akte bis 2020
     reich nachhaltig. Das aktuelle   tronische Patienten­akte wird       Umsetzung bis 2020.              und operative Einbindung i. S.    erreicht werden kann.
     Gesetzgebungsverfahren muss      benötigt für eine intersektora-                                      intelligenter Bildungsnetze im
     nun schnell abgeschlossen        le Versorgung.                                                       Hochschulverbund fehlt.
     werden.

Status:       kritisch,     weitere Maßnahmen erforderlich,       unkritisch

Abbildung: Der Status Intelligenter Vernetzung in Deutschland

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Was macht die Situation besonders?

Anders als die Digitalisierung des privaten Lebens durch      Die Krux: Je später in Deutschland ansässige Un-
Smartphone- und Internetnutzung, wo Apps, Startupkul-         ternehmen Ihre Lösungen in die Märkte bringen
tur und internationale Plattformen wie Facebook, Google       können, desto mehr werden sie im internationalen
oder Amazon im freien Wettbewerb Dynamik ent­falten,          Wettbewerb geschwächt. Je später Lösungen der in-
ist die Digitalisierung der Infrastrukturen in einen natio-   telligenten Vernetzung in Deutschland flächendeckend
nal reglementierten Rahmen eingefasst. Technisch mög­         ausgerollt werden, desto mehr werden die Standards
liche Innovationen können nicht ohne Weiteres mit freien      andernorts bestimmt und gehen damit Markteinfluss
Marktkräften umgesetzt werden. Diese Rahmengebung             und Überlebensfähigkeit verloren. In Deutschland exis-
erfolgt aus der Notwendigkeit heraus, hohe Anforde-           tieren zu viele Projekte, die mit proprietärer Technolo-
rungen an die Funktion von Infrastrukturen als Teil der       gie auch dort arbeiten, wo internationale Standards zur
allgemeinen Daseinsfürsorge und öffentlicher Aufgaben         Verfügung stehen. Oft sogar mit öffentlichen Mitteln
zu wahren.                                                    gefördert. Die Konsequenz von Lösungen mit regional
                                                              begrenztem Wirkungskreis zeigt sich beispielsweise im
Entscheidend für das Erreichen einer Marktdynamik             Bildungsbereich. Im internationalen Wettbewerb um die
durch privatwirtschaftliche Investitionen und Leistungs-      besten Lösungen für Intelligente Bildungsnetze spielt
angebote ist hierbei das Vorhandensein und die Eignung        Deutschland heute nur eine Nebenrolle und läuft in
rechtlicher und regulatorischer Regelungen. Sie müssen        naher Zukunft Gefahr, ausschließlich Kunde inter­nation­
eine grundlegende Rechtmäßigkeit z. B. zur Nutzung und        al agierender Anbieter von Bildungstechnologien zu
zum Austausch von Daten oder zum Einsatz technischer          werden, nicht aber ein den internationalen – oder auch
Systeme sicherstellen. Zudem müssen sie ein Mindest-          nur europäischen – Markt prägender oder füh­render
maß an Planungssicherheit gewähren, damit die erfor-          Anbieter.
derliche Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens erreicht und
Investitionsentscheidungen getroffen werden können.           Die intelligente Vernetzung wird letztlich zu internatio-
                                                              nalen Plattformmärkten führen. Es entscheidet sich
Infrastrukturinvestitionen sind zumeist mit hohen             heute, ob Anbieter aus Deutschland rechtzeitig eine
Finanzierungssummen und -anforderungen verbunden.             starke Position erlangen können, um mittel- und
Kein Unternehmen kann es sich erlauben, diese auf             langfristig zu bestehen. Aber auch auf Anwenderseite
unsi­cherer rechtlicher oder wirtschaftlicher Grundlage       führt der Digitalisierungswettbewerb zu Zeitdruck. Der
zu tätigen. Hinzu kommt, dass Infrastrukturprojekte oft       ökonomische und gesellschaftliche Schaden durch zu
keinen eindeutigen Investitions-Nutzen-Beziehungen un-        späte Digitalisierung droht unermesslich groß zu wer-
terliegen. Nicht immer hat derjenige den unmittelbaren        den, wenn sich die Hebelwirkung von Produktivitäts-,
wirtschaftlichen Nutzen, der die Investition zu schultern     Effizienz- und Qualitätsvorteilen der Digitalisierung
hat. In diesen Fällen sind Investitionsanreize oder Ände-     im Wettbewerb der Volkswirtschaften zu Ungunsten
rungen der Markt- und Rollenmodelle erforderlich.             Deutschlands entwickelt. Ebenso groß wiegen die
                                                              Chancen. Der Tenor der Expertenmeinungen: Noch ist
Ein dickes Brett also, das gebohrt werden muss.               es nicht zu spät, die Chance zu ergreifen.

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                  7
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

                                                                                                   Digitale Agenda des BMWi „Impulse für die Digitalisierung
                                                                                                   der deutschen Wirtschaft“ (Vorabversion)

                                                         Antrag CDU/CSU- und SPD-Fraktionen                                                  Kabinettsbe-
                                                                                                        Kabinettsbeschluss Strategie
              Regierungsprogramm                         zur Stärkung der Digitalen Bildung                                                  schluss Förder-
                                                                                                        „Intelligente Vernetzung“
              Digitale Verwaltung 2020                                                                                                       programm zum
                                                                                                                                             Breitbandausbau
                                                                                         BMWi-Weißbuch „Ein Strom-
      Kursbuch Netzausbau der                                                            markt für die Energiewende”
                                                        BMWi-Eckpunktepapier                                               BMVI-Strategie „Automatisiertes
      BMVI-initiierten „Netzallianz
                                                        Strommarkt                                                         und vernetztes Fahren“
      Digitales Deutschland“
                                                                                         E-Health-Gesetz (1. Lesung)
                                                                                                                                            Gesetz zur
              Kabinettsbeschluss                                                                                                            Digitalisierung der
              Hightech-Strategie            BMWi-Technologieprogramme           Start der BMWi-­Initiative      Inkrafttreten IT-­          Energiewende
                                            Smart Data                          Intelligente Vernetzung         Sicherheitsgesetz          ­(Kabinettsentwurf)
                                            Smart Service Welt
                                            IKT für Elektromobilität II
     Kabinettsbeschluss                     Autonomik für Industrie 4.0                  BMWi/BMJV-Maßnahmenprogramm „Mehr Sicherheit, Souveränität
     Digitale Agenda                        Trusted Cloud                                und Selbstbestimmung in der digitalen Wirtschaft“

      AUG      SEP        OKT         NOV      DEZ      JAN     FEB       MRZ      APR       MAI       JUN      JUL       AUG        SEP      OKT       NOV
      2014                                             2015

                                  Laufende Verhandlungen zur DatenschutzgrundVO (unter Beteiligung von BMJV, BMI & BMWi)

                                                                  BMWi-Initiative IT-Sicherheit

Abbildung: Chronologie der für die intelligente Vernetzung der Infrastrukturen relevanten Aktivitäten der Bundesregierung seit Vorlage der
Digitalen Agenda (Auszug)

Wichtige Impulse durch die Digitale Agenda – aber das reicht nicht

Der Handlungsbedarf wurde durch die Bundesregie-                                  Für die Wirtschaft kommt die Anpassung grundle-
rung erkannt. Das unterstreicht die Anzahl an rele-                               gender Rechtsrahmen nicht schnell genug voran
vanten Beschlüssen und Vorlagen seit der Veröffent-                               oder droht an wichtigen Punkten hinter den Mög-
lichung der Digitalen Agenda. Hervorzuheben sind hier                             lichkeiten zurück zu bleiben. Dies verdeutlicht ein-
mit unmittelbarem Belang für die intelligente Vernetzung                          drücklich die Gegenüberstellung priorisierter p­ ositiver
insbesondere der im Mai 2015 vorgelegte Regierungs-                               und kritischer Bewertungen der Experten für die im
entwurf zum E-Health-Gesetz, die am 16. September                                 Stakeholder Peer Review betrachteten Infrastruktur-
veröffentlichten Strategien „Intelligente Vernetzung“                             sektoren Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und
und „Automatisiertes und vernetztes Fahren“ sowie der                             Verwaltung.
im November 2015 vorgelegte Kabinettsentwurf für ein
Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende.                                      Insbesondere die Energiewende liefert den Lackmus-
                                                                                  test dafür, inwieweit es gelingt, den Ordnungsrahmen
Die Aktivitäten der Bundesregierung weisen in die rich-                           für die Digitalisierung einer kritischen Infrastruktur zu
tige Richtung, sollten zur Beschleunigung der Digitali-                           setzen, der nachfolgend von den Unternehmen im Wett-
sierung der Infrastrukturbereiche Energie, Gesundheit,                            bewerb um die effizientesten Lösungen ausgefüllt wird.
Verkehr, Bildung und Verwaltung jedoch noch deutlich
weitreichender und konsequenter ausfallen.

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Der Gesetzentwurf der Bundes­              Die Verzögerungen in den
                                               regierung vom November 2015                letzten Jahren und die anhal­
    Intelligente                               setzt positive Signale und                 tende Unsicherheit über den
    Energienetze                               schafft Voraussetzungen für eine           Rechts­rahmen haben zu einer
                                               ­erfolgreiche Digitali­sierung der         besorgnis­erregenden Investi­
                                                Energiewende.                             tionszurückhaltung geführt.

                                               Der Entwurf des E-Health-­Ge­               Die für 2006 vorgesehene eGK1
                                               setzes enthält gute Ansätze und             samt Telematikinfrastruktur
    Intelligente                               ist bei Vergütung, ­Interoperabilität      ­verzögert sich weiter. Die Ab­
    Gesundheitsnetze                           und der elektronischen Patienten­           rechnung von Telemedizin im
                                               akte noch e­ rweiterungsfähig.             ­Versorgungsstärkungsgesetz von
                                                                                           2012 ist nicht umgesetzt.

                                               Die Verfügbarkeit der ersten               Umfassende Maßnahmen zur
                                               inter­modalen Mobilitäts­                  Schaffung eines Rechts­
    Intelligente                               lösungen lässt eine Steigerung             rahmens in Bezug auf Privat­
    Verkehrsnetze                              der Lebensqualität erwarten.               sphäre, Datensicherheit und die
                                                                                          Nutzung von M­ obilitätsdaten
                                                                                          sind nicht erfolgt.

                                               Start-ups stimulieren die Ent­             Digitale Bildungsnetze stehen
                                               wicklung Intelligenter Bildungs­           der gesetzlichen Regelung zur
    Intelligente                               netze. Erste Bundesländer                  Zusammenarbeit zwischen Bund
    Bildungsnetze                              er­proben vernetzte Infrastruk­            und Ländern sowie mangelhafter
                                               turen an Hochschulen und in                politischer Unterstützung von
                                               Hochschulverbänden.                        Kooperationen gegenüber.

                                               Mit E-Government-Gesetzen                  Aufgrund des digitalen Wandels
                                               ­haben Bund und zahlreiche                 steht die öffent­liche Verwaltung
    Intelligente                                Länder wichtige Voraussetzungen           und deren gut 200 Jahre altes
    Verwaltungsnetze                            für eine ressortübergreifende             aufgabenorientiertes Organi­
                                                Zusammenarbeit auf Basis elek­            sationsmodell vor fundamen­
                                                tronischer Prozesse geschaffen.           talen Veränderungen.

Abbildung: Priorisierte Statements der Experten zur Digitalisierung der Infrastrukturen

1    Elektronische Gesundheitskarte

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                           9
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

In allen Bereichen wurden erste Schritte gemacht, aber weitere Anstrengungen sind erforderlich

 Deutschland mangelt es nicht an Erkenntnis, sondern wir haben ein Umsetzungsdefizit.

 Haupthindernis zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland stellt die Rechtsunsicherheit
  durch fehlende oder für die Digitalisierung der Sektoren nicht ausreichend geeignete rechtliche
  Rahmenbedingungen dar.

 Es zeigt sich Bewegung in die richtige Richtung, unter anderem mit dem im Mai 2015 vorgeleg-
  ten Regierungsentwurf zum E-Health-Gesetz, den am 16. September veröffentlichten Strategien
  „Intelligente Vernetzung“ und „Automatisiertes und vernetztes Fahren“ sowie dem im November
  2015 vorgelegten Kabinettsentwurf für ein Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende.

 Die Anpassung grundlegender Rechtsrahmen kommt jedoch für die Wirtschaft insgesamt nicht
  schnell genug voran oder droht an wichtigen Punkten hinter den Möglichkeiten zurück zu bleiben.

 Teilweise behindern fehlende Investitionsanreize oder Finanzmittel die Umsetzung.

 Eine größere Dynamik ist möglich, wenn Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen. Eine
  stärkere Gesamtkoordination und eine klare Mandatierung gemeinsamer Gremien sind hierfür
  der Schlüssel.

Digitalisierung braucht den Dialog und ­Akzeptanz

Ein Dialog zur Digitalisierung findet nur in Ansätzen        zu konkretisieren und zu vereinheitlichen, insbeson-
statt. Weder von der Wirtschaft noch von der Bun-            dere auch mit Blick auf internationale Datenschutz­
despolitik wurden größere Informationsmaßnahmen              abkommen. So werden in anderen Ländern Smart-­
gestartet, die breite Bevölkerungsschichten errei-           Data-Lösungen für Aufgaben eingesetzt, bei denen die
chen könnten. Die digitale Transformation der Infra-         bestehenden Regelungen in Deutschland einem Einsatz
struktursektoren bleibt damit ein Fachthema, obwohl          entgegenstehen. Es bedarf eines umfassenden gesell-
alle Experten der Fokusgruppe „Intelligente Netze“           schaftlichen Dialogs, in dem die Tauglichkeit geltender
einen frühen Dialog mit den Nutzern als essenziell           Prinzipien für das Smart-Data-Zeitalter der vernetzten
bewerten. Industrie und Politik müssen hier gemeinsam        Gesellschaft hinterfragt und diese weiterentwickelt
die Weichen stellen.                                         werden. Eine modernes Datenschutzrecht, das
                                                             den tatsächlichen Gepflogenheiten der Gegenwart
Ein entscheidender Schlüssel zur Akzeptanz sind              Rechnung trägt und einen Rahmen auf europäischer
Daten­schutz und Datensicherheit. Geltende Daten­            Ebene definiert, muss das zeitnahe Ziel sein.
schutz­regeln sind für die Umsetzung Intelligenter Netze

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Die nachfolgenden Empfehlungen benennen Ansatzpunkte für die politische Weichenstellung und
­Verankerung einer fortzuschreibenden Digitalen Agenda der Bundesregierung.

1. Intelligente Vernetzung der Infrastrukturen in der Digitalen Agenda stärker verankern

   Die Digitale Agenda in ihrer heutigen Fassung            die erforderliche Aufmerksamkeit und eine digitale
   greift im Themenfeld „Intelligente Vernetzung“           Aufbruchsstimmung in Kernbranchen der Wirtschaft
   deutlich zu kurz. Ausgehend von der Strategie            erzeugt. Der nachhaltige Erfolg der Digitalisierungs-
   „Intelligente Vernetzung“ sollte die Digitale            strategie der Bundesregierung kann jedoch nur
   Agenda an diesem entscheidenden Punkt stär-              durch die rasche digitale Ertüchtigung und intelli­
   ker gewichtet und fortentwickelt werden.                 gente Vernetzung der grundlegenden Basisinfrastruk-
   Der Digitalisierung der Basissektoren Energie,           turen gesichert werden. Dies ermöglicht erhebliche
   Verkehr, Gesundheit, Bildung und Verwaltung kommt        positive Effekte für weitere politische Handlungs-
   eine Schlüsselrolle für die erfolgreiche Digitali-       schwerpunkte wie etwa Energiewende, Klimaschutz-
   sierung des Landes insgesamt zu. Die intensive           ziele, demographischer Wandel und Digitalisierung in
   Diskussion zu „Industrie 4.0“ hat in Deutschland         Städten und Regionen.

2. Ressortübergreifenden Steuerungskreis und Handlungsprogramm „Intelligente
   Vernetzung“ in der Digitalen Agenda etablieren

   Die digitale Transformation wird heute noch              und gemeinsamen Projektierung geschaffen und
   zu sehr durch mangelnde Koordination, Eigen­             unterstützt werden, branchenübergreifend und in
   interessen, kurzfristiges Erfolgsdenken und              ­Public-Private-Partnerships. Die beteiligten Minis-
   Zaudern behindert. Die Umsetzung kommt zu                 terien sollten in Abstimmung mit den relevanten
   langsam voran.                                            Akteuren verbindliche Zeitpläne zur Umsetzung mit
   Um die Ziele der Digitalen Agenda für die intelligente    definierten Projektabschnitten erarbeiten und sich in
   Vernetzung zu verwirklichen, muss das Zusammen-           einem Steuerungskreis regelmäßig zum Fortschritt
   wirken von Politik und Wirtschaft konkret, spezifisch     der Aktivitäten austauschen. Die Pläne sollten
   und schnell erfolgen. Für den erforderlichen koope-       öffentlich zugänglich sein und einem regelmäßigen
   rativen Auf- und Ausbau digitalisierter und vernetzter    Monitoring unterliegen.
   Infrastrukturen müssen Plattformen zur Kooperation

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                  11
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

3. Ambitionierte Ausbauziele für die intelligente Vernetzung in Deutschland
   festlegen und konsequent verfolgen

     Für die fünf Anwendungssektoren der intelligen-         – Intelligente Verkehrsnetze: Bis 2020 sollen die
     ten Vernetzung sind Ausbauziele mit besonderer            rechtlichen Rahmenbedingungen für die Daten-
     gesellschaftlicher Relevanz und hoher Messbar-            nutzung und den Wirtschaftsschutz sowie die
     keit zu definieren. Diese können sein:                    technischen Voraussetzungen für die Nutzung
     – Intelligente Energienetze: Bis zum Jahr 2025            von Intelligenten Verkehrsnetzen innerhalb des
       sollen alle Haushalte mit entsprechendem Flexi-         flächendeckend ausgebauten Breitbandnetzes
       bilitätspotenzial (Energieerzeugung, Energiespei-       umgesetzt sein.
       cherung, Energieverbrauch) aktiv am Strommarkt        – Intelligente Verwaltungsnetze: Bis 2020 sollen
       teilnehmen.                                             alle Leistungen der öffentlichen Verwaltungen in
     – Intelligente Gesundheitsnetze: Die Abrechen-            Deutschland vollständig über das Internet abgewi-
       barkeit von Telemedizin-/Telekonsultations-Leis-        ckelt werden können.
       tungen, die heute nur punktuell gegeben ist, soll     – Intelligente Bildungsnetze: Bis zum Jahr 2020
       bis 2018 flächendeckend für alle medizinischen          sollen Intelligente Bildungsnetze in Deutschland
       Fachgebiete im Rahmen der Regelversorgung               flächendeckend verfügbar sein mit digitalen In­
       möglich sein.                                           halten, Diensten und Analyseverfahren für die Aus-
                                                               und Weiterbildung sowie die berufsbeglei­tende
                                                               Qualifizierung von Fach- und Führungskräften.

4. Anforderungen der intelligenten Vernetzung bei der Fortschreibung der
   Datenpolitik stärker berücksichtigen

     Der Austausch von Daten, ihre Analyse und die           I­nternet, Computer oder Smartphone, sondern um
     daraus gewonnenen Informationen bilden die               eine stark wachsende Anzahl vernetzter Geräte, die
     Grundlage und einen wesentlichen Mehrwert                mit anderen Geräten, Maschinen oder Personen
     intelligenter Vernetzung. Ein Auseinanderdriften         digital vernetzt kommunizieren. Der Rechtsrahmen
     des regulatorischen Rahmens muss in diesem               muss dafür sorgen, dass erforderliche und vorhan-
     Bereich von Anfang an vermieden werden.                  dene Daten für die intelligente Vernetzung innerhalb
                                                              und zwischen den Anwendungen auch praktikabel
     Die intelligente Vernetzung zwischen Branchen und        genutzt werden können. Und er muss gleichzeitig
     Anwendungen erfordert mehr als anderswo e­ inen          dafür sorgen, dass personenbezogene Daten ein
     klaren Rechtsrahmen für die Nutzbarkeit von Daten.       Höchstmaß an Schutz erfahren.
     Es geht dabei nicht allein um die Nutzung von

12
5. Förderprogramm „Intelligente Vernetzung“ und Modellregionen mit der
   Digitalen Agenda politisch initiieren

   Derzeit existieren zahlreiche Ansätze, die eine         nur auf Basis regional erfolgreicher Modelle skaliert
   intelligente Vernetzung der Basissektoren und           und repliziert werden. Das Zusammenwirken über
   sektoraler Querschnitts-Infrastrukturen unter-          sektorale Grenzen hinweg kann in Modellre­gionen
   stützen. Entscheidend ist nun der Ausbau, die           und in Smart City/Smart Regions Initiativen früh-
   systematische Zusammenführung und noch                  zeitig erfahrbar und der Nutzen Intelligenter Netze
   engere Verzahnung dieser Aktivitäten. Damit             erlebbar gemacht werden. Im Gegensatz zu isolier-
   einher geht die Fortsetzung und Vertiefung der          ten Pilot- und Leuchtturm-Projekten eröffnet diese
   Forschung in diesem Bereich.                            Kooperationsform eine umfassende Betrachtung und
                                                           Berücksichtigung komplexer Herausforderungen bei
   Intelligente Vernetzung braucht reale Orte, an denen    der Entwicklung innovativer IKT-Infrastrukturen so-
   sie in ihrem Zusammenspiel erprobt und umge-            wie darauf aufsetzender neuer Produkte und Dienst-
   setzt wird. Der branchenübergreifende Charakter         leistungen. Im Rahmen der Umsetzung der Strategie
   intelligent vernetzter Infrastrukturen erfordert das    „Intelligente Vernetzung“ kommt daher Modellre-
   Zusammenwirken einer Vielzahl von Akteuren aus          gionen eine besondere Bedeutung zu, die in ihrem
   Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung.       Auf- und Ausbau von der Bundesregierung finanziell
   Erfolgreiche Projekte und Anwendungen können            gefördert werden sollten.

6. Europäische Zusammenarbeit bei der intelligenten Vernetzung vertiefen

   Intelligente Vernetzung muss mindestens im eu-          – die Stärkung und finanzielle Unterstützung von Ini-
   ropäischen, besser im globalen Kontext gedacht            tiativen zur Förderung von Interoperabilität in den
   und ausgebaut werden.                                     Anwendungen der intelligenten Vernetzung,
                                                           – die Schaffung eines Prozesses zur Identifizierung
   Gemeinsame internationale offene IKT-Standards            und Behebung von Interoperabilitätsproblemen
   und -Strategien, aus der Umsetzung von Lösungen           auf europäischer Ebene,
   heraus entwickelt und fortentwickelt, helfen dabei,     – schnellstmögliche Umsetzung der Vorschläge aus
   die wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration     der digitalen Binnenmarktstrategie der Europä­
   Europas zu bestärken und die Skaleneffekte der            ischen Kommission zur intelligenten Vernetzung.
   Netzwerklösungen auszuschöpfen. Interoperabilität
   zwischen Lösungen aus allen Sektoren, gerade über       Wir unterstützen ausdrücklich das vom
   Landesgrenzen hinweg, macht diesen Prozess der          Deutsch-Französischen Ministerrat im März 2015
   Integration erst möglich und muss politisch unter-      beschlossene grenz­überschreitende Demonstra­
   stützt werden. Damit dies gelingen kann, bedarf es      tionsgebiet „Smart Digital Networks“ und empfeh-
   bilateraler wie multilateraler Kooperationen. Hierzu    len, dieses Projekt mit den Erprobungsräumen in
   können Maßnahmen beitragen wie:                         Deutschland zu verbinden. Gleichzeitig empfehlen
                                                           wir, vergleichbare Demonstrations- und Erprobungs-
                                                           räume mit weiteren Nachbarländern zu fördern.

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                13
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

Ausgangslage und Vorgehen
Die Digitalisierung der Infrastrukturen                                                  Den Wandel gemeinsam
­voranbringen                                                                            beschleunigen
Die Digitalisierung und intelligente Vernetzung Deutsch-                                 Verlässliche und innovationsfreundliche Rahmenbe-
lands in den Infrastruktursektoren Energie, Gesundheit,                                  dingungen sind die Grundvoraussetzung für jeglichen
Verkehr, Bildung und Verwaltung sind für die Zukunft                                     Fortschritt und marktgetriebene Entwicklung. Diese
und die Leistungsfähigkeit des Landes von elementarer                                    Rahmenbedingungen sind rasch in geeigneter Weise
Bedeutung. Intelligente Vernetzung trägt wesentlich dazu                                 weiterzuentwickeln. Die Investitionsentscheidungen
bei, bedeutende wirtschaftspolitische und gesellschaft-                                  und damit die Innovationsfähigkeit in den Bereichen der
liche Herausforderungen wie die Energiewende, den                                        intelligenten Vernetzung werden noch immer zu stark
demografischen Wandel, lebenslanges Lernen, steigende                                    gehemmt. Die Fokusgruppe „Intelligente Vernetzung“
Verkehrsmengen, Urbanisierung und Bürokratieabbau zu                                     und ihre Expertengruppen3 haben in den vergangenen
meistern. Studien belegen, dass Intelligente Netze bis                                   Jahren für die Infrastrukturbereiche Energie, Gesund-
zum Jahr 2022 Wachstumsimpulse und Effizienz­gewinne                                     heit, Verkehr, Bildung und Verwaltung Zielbilder für
von bis zu 350 Mrd. Euro schaffen können.2                                               das Jahr 2020 und Empfehlungen zu deren Erreichung
                                                                                         erarbeitet. Die Zielbilder blicken in die Zukunft und
Der Druck auf Deutschland, aktiv zu handeln, steigt. Der                                 beschreiben den für 2020 angestrebten Zustand. Die
internationale Digitalisierungswettbewerb ist spürbar.                                   Gliederung in fünf strategische Ebenen (gesellschaft­
Die digitale Transformation über eine Strategie „Intel-                                  liche Ebene, Business-Ebene, rechtlich/regulatorische
ligente Vernetzung“ zu forcieren ist ein Vorhaben im                                     Ebene, Prozess-Ebene, technische Ebene) erlaubt eine
Handlungsstrang „Digitale Wirtschaft und digitales                                       detaillierte Betrachtung. Im Rahmen des Stakeholder
Arbeiten“ der Digitalen Agenda der Bundesregierung.                                      Peer Reviews „Deutschland intelligent vernetzt“ wurden
Das Vorgehen ist über die Fokusgruppe „Intelligente                                      durch die Expertengruppen aus Wirtschaft, Wissen-
Vernetzung“ mit dem IT-Gipfel-Prozess verzahnt. Dort                                     schaft und Politik erstmals gemeinsam Bewertungen
wurden im Jahr 2012 mit Empfehlungen für eine natio-                                     zum Status und Fortschritt auf dem Weg zur Erreichung
nale Strategie Intelligente Netze der Entwurf eines Fahr-                                dieser Zielbilder vorgelegt. Kernfragen wurden im Rah-
plans zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland                                   men von Konsultationsgesprächen vertiefend kritisch
bis zum Jahr 2020 und nachfolgend Handlungsempfeh­                                       beleuchtet.
lungen und Grundlageninformationen vorgelegt.

Die Fokusgruppe „Intelligente Vernetzung“ soll                                           Um die Ziele der Digitalen Agenda für die intelli-
als hochrangiges Gremium die Umsetzung der                                               gente Vernetzung zu verwirklichen, muss das Zu-
Strategie „Intelligente Vernetzung“ begleiten und                                        sammenwirken von rahmensetzender Politik und
beraten. Ziel ist die Sicherstellung einer zügigen                                       umsetzender Wirtschaft konkret, spezifisch und
Umsetzung und Weiterentwicklung der in der                                               schnell erfolgen. Das Stakeholder Peer Review gibt
­Strategie adressierten Inhalte im Sinne eines                                           dem konzertierten Handeln über Branchen- und
 Stakeholder Peer Reviews.                                                               Ressortgrenzen hinweg eine fundierte Grundlage.

2    BITKOM-Fraunhofer Gesellschaft (ISI) „Gesamtwirtschaftliche Potenziale intelligenter Netze in Deutschland“ (2012)
3    Mitglieder/Mitwirkende siehe S.88 ff

14
Konsultation und Dialog der Experten­                              diesen Themen fanden im Zeitraum von Juli bis Sep-
auf Augenhöhe                                                      tember mehrere Konsultationen statt. Von Oktober bis
                                                                   November wurden die daraus resultierenden Erkennt-
Ein gemeinsames Verständnis insbesondere von                       nisse in den vorlie­genden Bericht konsolidiert. Nachfol-
Wirtschaft und Politik in der Beurteilung von Chancen,             gend soll ein vertiefendes Gespräch mit hochrangigen
Risiken, Nutzen, Kosten und erforderlichen Rahmen-                 Entscheidern aus Politik und Wirtschaft den Empfeh-
bedingungen soll dazu beitragen, ein zügiges gemein-               lungen des Berichts den Weg zur Umsetzung ebnen.
sames Handeln und die Schaffung von geeigneten                     Ziel ist es, 2016 eine konzertierte Roadmap im Einklang
Rahmenbedingungen zu erreichen.                                    mit der Strategie „Intelligente Vernetzung“ der Bundes­
                                                                   regierung zu erarbeiten. Der Prozess ist als Regelkreis
Anfang 2015 wurden von den Expertengruppen zu-                     zu verstehen, der eine jährliche Fortschreibung des
nächst Fokus- und Schwerpunktthemen ausgewählt. Zu                 Monitorings und der Maßnahmen unterstützt.

Stakeholder Peer Reviews sind eine besondere Form des Politikdialogs. Die konstruktive Zusammen­
arbeit auf Augenhöhe (Peer-Prinzip) soll dazu dienen, ein gemeinsames Lagebild zu erhalten, um
­darauf aufbauend Vorschläge zur Beschleunigung und Maßnahmenumsetzung zu erarbeiten.

Ablauf

April–Juni 2015                                                                                        Juli–September 2015
Umsetzungshindernisse                                                                                         Stakeholder-
identifizieren und                                                                                         Konsultationen
Themen priorisieren                                                                                             durchführen

                                                        1                  2
                                                                                                           November 2015
                                                                                                             Status- und
                                                                                                      Fortschritts­bericht
                                                       Stakeholder Peer Review
                                                      „Deutschland intelligent                                    vorlegen
                                                                                      3
                                                             vernetzt“

2016                                                                                                           Nachfolgend
Konzertierte                                                                                                   High-Level
Umsetzung                                             5                   4                                     Gespräch
(Roadmap)                                                                                                           führen

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                      15
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

Konsultationsteilnehmer

Intelligente Energienetze                    Intelligente Gesundheitsnetze

Dr. Wilhelm Eschweiler                       Dr. Stefan Bales                               Oliver Schenk
Vizepräsident der Bundesnetzagentur          Referatsleiter, Bundesministerium für          Abteilungsleiter, Bundesministerium für
                                             Gesundheit                                     Gesundheit

Gerlind Heckmann
Unterabteilungsleiterin, Bundesministerium   Rainer Beckers                                 Günther Van Aalst
für Wirtschaft und Energie                   Geschäftsführer ZTG – Zentrum für Telematik    Geschäftsführer Techniker Krankenkasse
                                             und Telemedizin GmbH                           NRW

PStS Ulrich Kelber
Parlamentarischer Staatssekretär             Saskia Esken
beim Bundesminister der Justiz und           Mitglied des Bundestages (SPD), Mitglied
für Verbraucherschutz                        des Ausschusses Digitale Agenda                Intelligente Bildungsnetze

Alexander Kleemann                           Dirk Heidenblut
Referent, Bundesministerium für Wirtschaft   Mitglied des Bundestages (SPD), Mitglied       Prof. Dr. Andreas Degkwitz
und Energie                                  des Gesundheitsausschusses                     Vorsitzender DINI – Deutsche Initiative für
                                                                                            Netzwerkinformation e. V.

Sonja Kreitmair                              Rudolf Henke
Referatsleiterin, Bundesministerium der      Mitglied des Bundestages (CDU), Stellv. Vor-   Uwe Pirr
Justiz und für Verbraucherschutz             sitzender des Ausschusses für Gesundheit       Stellvertretender Vorsitzender AMH –
                                                                                            ­Arbeitsgemeinschaft der Medienzentren
                                                                                             an Hochschulen e. V.
Dr. Christine Müller                         Katja Leikert
Referentin, Bundesnetzagentur                Mitglied des Bundestages (CDU), Mitglied
                                             des Gesundheitsausschusses
                                                                                            Dr. Christoph Rensing
                                                                                            Sprecher der Fachgruppe E-Learning in der
                                                                                            GI - Gesellschaft für Informatik
Mitja Müller
Consultant, Geschäftsstelle Intelligente     Hilde Mattheis
Vernetzung c/o Roland Berger Strategy         Mitglied des Bundestages (SPD),
                                             ­Gesundheitspolitische Sprecherin
                                                                                            Martin Wimmer
Consultants GmbH                                                                             Vorsitzender ZKI – Z­ entren
                                                                                             für ­Kommunikation und
                                                                                            ­Informationsverarbeitung e. V.
Dr. Gerrit Volk                              Reiner Meier
Referatsleiter, Bundesnetzagentur            Mitglied des Bundestages (CSU), Mitglied
                                             des Gesundheitsausschusses

Dr. Maik Wiesweg
Referent, Bundesnetzagentur                  Maria Michalk
                                             Mitglied des Bundestages (CDU), Obfrau des
                                             Gesundheitsausschusses

Hinweis: Aufgrund der Veröffentlichungen der „Strategie Intelligente Vernetzung“ der Bundesregierung und der
„Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren“ des BMVI im September 2015 wurde kurzfristig entschieden, die
für September/Oktober geplante Expertenkonsultation der Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze auf A­ nfang
2016 zu verschieben, um eine ausreichend fundierte Auswertung und den detaillierten Abgleich der Inhalte zu
ermöglichen.

16
Wie liest sich die Bewertung
der Experten?
Die Bewertung erfolgte mithilfe des untenstehenden                      Die Statusbewertung erfolgte mit Blick darauf, ob das
Bewertungsschemas. Die Experten haben den Status                        Zielbild aus heutiger Sicht bis zum Jahr 2020 erreicht
2015 nach seiner Dringlichkeit in einem Ampelschema                     werden kann. Die Bewertung der Umsetzung hingegen
mit den Kategorien „kritisch“ (rot), „weitere Maßnahmen                 gibt an, wie viele der insgesamt notwendigen Schritte
erforderlich“ (gelb) und „unkritisch“ (grün) bewertet.                  bereits erfolgt sind, um das Zielbild zu erreichen.
Der Umsetzungsfortschritt wurde in den Kategorien „am
Anfang”, „fortgeschritten” und „abgeschlossen“ bewertet                 Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, wie für heute rote oder
und nachfolgend in einer Harveyball-Symbolik dargestellt.               gelbe Satusampeln bis zum Jahr 2020 ein grüner Status
Themen mit einer besonders hohen Dringlichkeit und                      erreicht werden kann. Exemplarisch demonstriert die
akutem Handlungsbedarf wurden zusätzlich mit einem                      folgende Grafik die Expertenbewertung zum aktuellen
Ausrufezeichen gekennzeichnet.                                          Status und Fortschritt Intelligenter Verkehrsnetze sowie
                                                                        den Ausblick für die Jahre 2017 und 2020 nach erfolg-
Beispiele:                                                              reicher Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen. Die
                                                                        von den Experten vorgeschlagenen Handlungsempfeh-
Ein Zielbild zur Umsetzung intelligenter Energienetze                   lungen in diesem Bericht sollen dazu führen, dass bis
bis zum Jahr 2020 wurde auf der gesellschaftlichen                      zu dem in den Empfehlungen für eine Strategie Intel-
Ebene wie folgt formuliert:                                             ligente Netze genannten Zieltermin 2020 die Aktions-
„2020 sind die gesellschaftlichen Herausforderungen                     phase und die Rollout-Phase für die Intelligenten Netze
durch den Umbau der Energieversorgung bewältigt. Die                    erfolgreich durchlaufen werden können. In diesen
Bürger und Bürgerinnen verstehen sich als eigenständig                  Handlungsempfehlungen wurden teilweise bereits
agierender Teil des Energienetzes und sind an relevanten                Meilensteine definiert, die eine bessere Steuerung der
Entscheidungen beteiligt.“                                              Umsetzung ermöglichen sollen.

   Status                                        Strategieebene         Zielbild                              2015    2017     2020

                                                 Fokusthema 1            Vernetzter Datenaustausch für eine
          kritisch                                                      ­intelligente Mobilität

          weitere Maßnahmen erforderlich         Fokusthema 2           Multimodalität durch Kompatibilität
                                                                        und Transparenz
          unkritisch
                                                 Gesellschaft           Beteiligung aller Akteure

   Umsetzung
                                                 Recht/Regulierung      Privatsphäre und Sicherheit sind im
                                                                        ­Rechtsrahmen Verkehr geregelt
          am Anfang
                                                 Business               Durchgängiges Mobilitätsmange-
          fortgeschritten                                               ment

                                                 Prozesse               Multimodalität durch Kompatibilität
          abgeschlossen
                                                                        und Transparenz

                                                 Technik                 Vernetzter Datenaustausch für eine
   Aktuell                                                              ­Intelligente Mobilität

          hohe Dringlichkeit
                                                 Abbildung: Stakeholder Peer Review – Bewertung von Status- und Fortschritt
                                                 mit Ausblick zur Umsetzung bis 2020 am Beispiel Intelligenter Verkehrsnetze

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                                   17
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

Intelligente Vernetzung in Deutschland
Die Gesamtsicht

                                                                              Energie                      Gesundheit
    STATUS                                                Die intelligente Vernetzung im         Die für 2006 per Gesetz vorge­
                                                          ­Bereich der Energiewirtschaft         sehene Einführung der elektro-
                                                           kommt in Deutschland bislang          nischen Gesundheitskarte samt
                                                           kaum voran. Es fehlen die grund-      Telematikinfrastruktur verzögert
                                                           legenden rechtlich/regulato­          sich weiter. Das GKV-Versorgungs-
                                                           rischen Rahmenbedingungen.            strukturgesetz4 von 2012 fordert
                                                           Dies behindert die Aktivitäten in     Abrechnungsmöglichkeiten für tele-
                                                           diesem Bereich nachhaltig.            medizinische Leistungen, bis heute
                                                                                                 vergeblich.

    FORTSCHRITT                                           Der Gesetzentwurf der Bundesre-        Der von der Bundesregierung vor-
                                                          gierung vom November 2015 setzt        gelegte Entwurf eines E-Health-­
                                                          positive Signale zu wichtigen The-     Gesetzes enthält gute Ansätze,
                                                          men und schafft Voraussetzungen        bleibt jedoch bei Vergütung, Inter­
                                                          für die erfolgreiche Digitalisierung   operabilität und der elektronischen
                                                          der Energiewende. Das Gesetzge-        Patientenakte hinter den Möglich-
                                                          bungsverfahren muss nun schnell        keiten zurück.
                                                          abgeschlossen werden.

    ZENTRALE HANDLUNGS-                                   – Abschluss des Gesetzgebungs-         – Flächendeckende Abrechen-
    EMPFEHLUNGEN                                            verfahrens bis Anfang 2016, um         barkeit von Telemedizin und
                                                            Start des Rollouts zu ermöglichen      Telekonsultation
                                                          – Überarbeitung der Anreizregu­        – Sichern von Interoperabilität mit
                                                            lierungsverordnung, um Finan­          internationalen Standards in der
                                                            zierung von Investitionen in           Telematikinfrastruktur
                                                            Digi­talisierung sicherzustellen     – Einführung einer elektronischen
                                                          – Bürger in den Dialog zur Digitali­     Patientenakte als Schlüssel­
                                                            sierung der Energiewirtschaft          anwendung für intersektorale
                                                            stärker einbinden                      Versorgung und Brücke zur
                                                                                                   Smartphone-Welt

4    Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung

Status:    kritisch,    weitere Maßnahmen erforderlich,      unkritisch

18
Verkehr                                     Bildung        6
                                                                                                   Verwaltung
Die drei Hemmnisse                               Eine strategische, nachhaltige,         In zentralen Politikfeldern der
—— fehlender spezifischer                        innovative und opera­tive Einbin-       Verwaltungsmodernisierung sind
   Rechts-/Regulierungsrahmen,                   dung i. S. Intelligenter Bildungs-      weitere Anstrengungen notwen-
—— fehlende Breitbandverfügbarkeit               netze im Hochschulverbund               dig. Aktuell ist beispielsweise nicht
   und Netzcharakteristik mit ein-               fehlt. Bildung 4.0 und Hoch­            erkennbar, wie das gesetzliche Ziel
   heitlicher Architektur sowie                  schule 4.0 i. S. eines „Integrierten    einer elektronischen Akte bis 2020
—— die fehlende gesellschaft­liche               Informations­managements“ liegen        erreicht werden kann.
   Akzeptanz                                     bestenfalls konzeptionell vor.
verhindern die Umsetzung bis 2020.

Der Breitbandausbau findet ohne                  Bildungstechnologien an Hoch­           Mit dem E-Government-Gesetz des
die essenziellen Anforderungen                   schulen werden zunehmend kolla-         Bundes und den entsprechenden
der Intelligenten Verkehrsnetze                  borativ, mobil und vernetzt genutzt.    Gesetzen der Bundesländer wurden
statt. Zaghafte Fortschritte bei der             E-Learning-Systeme, Plattformen         wichtige Rahmenbedingungen ge­
Nutzung des Mobilitätsdatenmarkt-                und Anwendungen der ersten              schaffen. Positiv sind zudem die Ent­
platzes (MDM) sind erkennbar.                    Generation sind heute integraler        wicklungen zur stärkeren Berücksich­ti­
Es gibt keine verabschiedete                     Bestandteil digitaler Infrastrukturen   gung von Erprobungsräumen als Orten
­Gesamtarchitektur für IVS5.                     an Hochschulen.                         der Innovation und Transformation.

Im Rahmen der Maßnahme 14                        – Aufbau eines Ökosystems mit           – Ausreichende Finanzmittel
der Strategie „Intelligente Ver-                   150 Mio. Euro Förderung pro             für grundlegende Moderni­
netzung“ auf Basis der IT-Gipfel-                  Jahr von Bund und Ländern               sierungsprojekte (z. B. elektro­
Empfeh­lungen 2012 bis 2015 und                  – Fortschreibung und Optimierung          nische Akte) bereitstellen
des IVS-Aktionsplans:                              des Hochschul-, Urheber- und          – Stärkere Berücksichtigung
—— Einsetzung einer interdiszi­­                   Datenschutzrechts                       organisatorischer Gestaltungs-
   plinären Arbeitsgruppe                        – Kooperative Nutzung, Qualitäts­         potenziale durch IKT
—— Erarbeitung, Ausgestaltung und                  sicherung und Verrechnung digi-       – Größere Anstrengungen in den
   Umsetzung einer Roadmap                         taler Bildungsinhalte ermöglichen       Bereichen Cloud Computing
—— Ausweitung der Maßnahme 14                    – Kooperation von Wissenschaft            und Mobile Government
   auf den Individualverkehr                       und Wirtschaft, Beratung von
                                                   Bund und Ländern fördern

5   Intelligente Verkehrssysteme
6   Schwerpunkt Hochschulen

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                          19
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
Stakeholder Peer Review – Deutschland intelligent vernetzt
Status- und Fortschrittsbericht 2015

       Intelligente Energienetze

     Insgesamt zeigt sich, dass es bereits eine Vielzahl       Verschiedene Studien haben deutlich aufgezeigt,
     innovativer Ideen und Geschäftsmodelle für Intel-         dass die Digitalisierung des Energiemarkts zentral
     ligente Energienetzte im Markt gibt, die jedoch           für das Gelingen der Energiewende ist.
     zum Durchbruch klare staatliche Rahmenbedin-
     gungen beim Datenschutz, bei der Anreizregulie-
     rung und beim Rollout intelligenter Messsysteme         Die Energiewende liefert den Lackmustest dafür,
     benötigen. Liegen diese Rahmenbedingungen               inwieweit es gelingt, den Ordnungsrahmen für die
     vor, wird im Markt ein Wettbewerb um die effizi­        Digitalisierung einer kritischen Infrastruktur zu set-
     entesten Lösungen entfacht werden.                      zen, der nachfolgend von den Unternehmen im Wett-
                                                             bewerb um die effizientesten Lösungen ausgefüllt wird.
                                                             So könnten Anreize entstehen, innovative Lösungen für
 Digitalisierung der Energienetze                            kritische und datensensitive Anwendungen über Spar-
                                                             ten und Branchen hinweg in Deutschland zu etablieren.
 Der Ausbau der erneuerbaren Energien schreitet konti­
 nuierlich voran. Heute sind fast alle Anlagen zur Erzeu-
 gung erneuerbarer Energien über Stromverteil­netze          Investitionsanreize für digitale Infrastrukturen
 angeschlossen. Das entspricht einer Windkraft- und
 Photovoltaikleistung von etwa 75 GW, die vor Ort in    Wesentlicher Baustein der Digitalisierung ist der
 der Regel nicht verbraucht wird. Dezentralität, Klein- Aufbau und sichere Betrieb neuer Infrastrukturen
 teiligkeit und Volatilität der Erzeugung dieser Anlagenim Bereich des Messens, Steuerns und Kontrollie-
 erhöhen die Komplexität der Energieversorgung.         rens von Netz­elementen, Erzeugungsanlagen, Energie­
                                                        speichern und Verbrauchsanlagen. Erst wenn es ge-
 Mit der Zunahme dezentraler Erzeugungsanlagen          lingt, die für die Stromversorgung zentralen El­emente
 wird sich diese Situation regional weiter verschär-    miteinander sicher und stabil zu vernetzen, können
 fen. Da es nicht wirtschaftlich ist, die Netze für die Flexibilitäts­märkte und Stromeinsparungspotenziale
 letzte erzeugte Kilowattstunde auszubauen, müssen      entstehen, die in Kombination die Kosten beim Netz-
 neue, innovative Wege gefunden werden, die erneuer- ausbau und Betrieb dämpfen. Damit die Vernetzung
 baren Energien in die Netze und in den Energiemarkt zu gelingt, müssen die Unternehmen in neue Technolo-
 integrieren. Informations- und Kommunikationstechno- gien und Infrastrukturen investieren. Diese Investi-
 logien (IKT) können in Verbindung mit neuen Planungs- tionen setzen jedoch die Anpassung des gesetzlichen
 ansätzen einen signifikanten Beitrag dazu leisten, die Rahmens sowie der Regulierung einschließlich rele­
 zunehmende Komplexität in der Stromversorgung stabil vanter Marktprozesse voraus. Ziel muss es sein, bereits
 und sicher beherrschbar zu machen. So können IKT       kurzfristig die Investitionen anzureizen, die langfristig
 beispielsweise als „Enabler“ für ein Einspeisemanage- ein effizientes und sicheres Stromversorgungssystem
 ment den konventionellen Netzausbau begrenzen und      gewährleisten.
 so zu Kosteneinsparungen führen.

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Aktuelle Anpassungsprozesse                                                        3. Branchenübergreifende Errichtung und
                                                                                   Nutzung der IKT-Infrastruktur
Die durch die Energiewende ausgelösten Anpassungs-
prozesse in den Bereichen Staat, Markt und Gesell-                                 Mit der verzögerten, jedoch nunmehr absehbaren
schaft fallen sehr unterschiedlich aus:                                            Einführung intelligenter Messsysteme im Bereich
                                                                                   der Stromversorgung besteht die Option, eine
                                                                                   sparten- und branchenübergreifende Plattform für
1. Anreizregulierung für (IKT)-Investitionen                                       kritische Anwendungen sowie Anwendungen mit
                                                                                   einem hohen Datenschutzniveau (z. B. Smart Home)
Erste Vorschläge zur Überarbeitung des Rechtsrah-                                  in Deutschland zu etablieren. Insofern bietet die
mens und der Anreizregulierung werden seit Anfang                                  Energiewende Anreize, in neue Infrastrukturen zu inves-
2015 diskutiert. Es ist aber noch nicht absehbar,                                  tieren, die sich durch ein hohes Sicherheitsniveau und
dass beispielsweise die Novellierung der Anreizre-                                 eine hohe systemische Verfügbarkeit auszeichnen und
gulierung tatsächlich dazu führt, dass auf Ebene der                               mit dem Smart Meter Gateway über einen Anschluss-
Verteilnetze Investitionen in neue, intelligente Infra­                            punkt für verschiedene Dienste verfügen, der einen
strukturen und Produkte ermöglicht werden. Von                                     hohen Datenschutz für Kunden gewährleistet. Dies
besonderer Bedeutung ist hier, dass die Transformation                             sollte bei der Abfassung des gesetzlichen Rahmens
des Marktes und der Netze mit Unsicherheiten, mithin                               für das intelligente Messwesen berücksichtigt werden.
Risiken verbunden ist, die angemessen im Rechts- und                               Deutschland könnte so einen Beitrag für mehr „digitale
Regulierungsrahmen zu berücksichtigen sind.                                        Souveränität“ von Bürgern leisten.

2. Rechtliche Rahmensetzung für Marktrollen                                        4. Nutzen und Akzeptanz intelligenter
                                                                                   ­Energienetze
Die Digitalisierung des Energiemarktes führt zu einer
veränderten Marktarchitektur mit neuen Funktionen                                  Entscheidend für die Akzeptanz der Digitalisierung ist
und Verantwortlichkeiten. Seitens des Gesetzgebers                                 der unmittelbare Nutzen beim Verbraucher. Politik und
ist zu prüfen, inwieweit bestehende Marktrollen mit                                Industrie müssen hier gemeinsam die richtigen Wei-
neuen Aufgaben ausgestattet werden müssen oder                                     chen stellen. Datenschutz und Datensicherheit sind
ob es erforderlich ist, neue, zusätzliche wettbe-                                  ein weiterer Schlüssel zur Akzeptanz.
werbliche Marktrollen zu definieren. Mit der Vorlage
des Regierungsentwurfs für ein Gesetz zur Digitalisie-
rung der Energiewende7 sowie dem Weißbuch8 liegen
konkrete Vorschläge zur notwendigen Anpassung des
rechtlichen Rahmens vor.

7   Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/entwurf-eines-gesetzes-zur-digitalisierung-der-energiewen-
    de,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf
8   Ein Strommarkt für die Energiewende. Ergebnispapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (Weißbuch) http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publi-
    kationen/weissbuch,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

Plattform Innovative Digitalisierung der Wirtschaft                                                                                                             21
Fokusgruppe Intelligente Vernetzung
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