ADAC Handlungsempfehlungen zur Europawahl 2014 - Mobilität nachhaltig gestalten Positionspapier

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ADAC Handlungsempfehlungen zur Europawahl 2014 - Mobilität nachhaltig gestalten Positionspapier
Positionspapier

ADAC Handlungsempfehlungen
zur Europawahl 2014
Mobilität nachhaltig gestalten
ADAC Handlungsempfehlungen zur Europawahl 2014 - Mobilität nachhaltig gestalten Positionspapier
Inhalt

         Inhalt

         3	Vorwort
         4–6     Mobilität für alle Bürger bezahlbar gestalten
                 K Infrastruktur für Europa: Die transeuropäischen Netze
                 K Mobilität bezahlbar gestalten: Negative Effekte an der Quelle bekämpfen
                 K Steuerbelastung mit Augenmaß: Reform der Energiesteuerrichtlinie
         7 – 9	Sicherheit als zentrale Aufgabe der Verkehrspolitik begreifen
                 K Sicherheit junger Fahrer verbessern
                 K Herausforderungen des demographischen Wandels begegnen
                 K Grenzenlose Verkehrssicherheit: Bekämpfung des Führerscheintourismus
                 K Innovation für mehr Verkehrssicherheit: Assistenzsysteme und Rettungskarte
                 K Verkehrsgefährdung durch Lang-Lkw minimieren
         10 – 11 Innovation durch vernetzte Mobilität
                 K Vernetztes Fahrzeug: Wahlfreiheit und Privatsphäre sichern
                 K Intelligente Verkehrssysteme fördern
                 K Bereitstellung von Verkehrsinformationen in Echtzeit voranbringen
         12 – 13 Mobilität nachhaltig ausrichten
                 K Umweltfreundliche Fahrzeuge fördern – realitätsnahe Prüfzyklen etablieren
                 K Infrastruktur für alternative Antriebe ausbauen
                 K Anreize für einen stadtverträglichen Straßenverkehr schaffen
                 K Luftqualität verbessern, Emissionen an der Quelle reduzieren
         14 – 18 Binnenmarkt verbraucherfreundlich gestalten
                 K Rechtssicherheit bei Unfällen im Ausland stärken
                 K EU - weite Halterhaftung verhindern
                 K Unterstützung bei kleineren Rechtsstreitigkeiten
                 K Verbraucherrechte auf Reisen stärken
                 K Verbraucherschutz durch mehr Wettbewerb sichern
                 K Tachomanipulation bekämpfen

                 Herausgeber:
                 Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V., Ressort Verkehr
                 Hansastraße 19, 80686 München
                 Internet: www.adac.de/infotestrat/ratgeber-verkehr und im weiteren
                 Verlauf Fachinformationen/Kosten der Mobilität/Interessenvertretung
                 Blog: forummobilitaet.wordpress.com

                 Vertrieb:
                 Die Broschüre kann mit Angabe der Artikelnummer 2842742
                 direkt beim ADAC e.V., Ressort Verkehr, Hansastraße 19, 80686 München,
                 Fax (089) 76 76 45 67, E-Mail: verkehr.team@adac.de, bezogen werden.

                 Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe,
                 auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des ADAC e.V.

                 © 2014 ADAC e.V., München

                 Bildnachweise:
                 fotolia: Titel, S. 16

                 Alle anderen Bilder sind Eigentum des ADAC e.V.
ADAC Handlungsempfehlungen zur Europawahl 2014 - Mobilität nachhaltig gestalten Positionspapier
Vorwort

Vorwort

Europa: Dieser Begriff steht – neben seiner politischen Bedeutung – vor
allem für eines: Offene Grenzen. Der Wegfall von Schlagbaum und Zollhäus-
chen ist nicht nur elementare Voraussetzung für Handel und wirtschaftliche
Prosperität, sondern auch ein Garant für Friede und Freiheit in Europa.

Dass Mobilität ein Impulsgeber für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Kon-
tinents ist, belegt ein Blick auf die Zahlen: Alleine der Pkw-Verkehr erwirtschaftet
in Europa über eine Billion Euro pro Jahr. 350 Milliarden Euro – und damit acht
Prozent der gesamten Steuereinnahmen der EU-Staaten – fließen aus dem
Mobilitätssektor an die öffentliche Hand. Auch die Beschäftigungseffekte sind
beeindruckend. Sieben Prozent der Erwerbstätigen in Europa sind unmittelbar
aufgrund des Pkw-Verkehrs beschäftigt. In absoluten Zahlen sind das 16 Millio-
nen Menschen – das entspricht der Einwohnerzahl der Niederlande.

Den zwischenmenschlichen und politischen Wert von Mobilität lassen diese
nüchternen Zahlen nur erahnen. Offene Grenzen ermöglichen grenzüberschrei-
tende Mobilität und verbinden Menschen unterschiedlicher Herkunft. Mobilität
ist somit die Grundlage für Freizügigkeit, für Austausch und gegenseitiges Ken-
nenlernen. Mobilität bringt Menschen zusammen und ist die Voraussetzung für
ein friedliches Europa, das in Zukunft noch enger zusammenwächst.

Gleichzeitig ist Mobilität ein vielschichtiges und facettenreiches Thema: Tag-
täglich sind wir mit der Frage konfrontiert, wie Mobilität heute gestaltet wer-
den muss, um den Anforderungen von morgen gerecht zu werden. Verkehrs-
und Mobilitätspolitik wird dabei zunehmend in Brüssel entschieden und
von den Nationalstaaten umgesetzt. Im Sinne seiner Mitglieder bringt der
Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC e.V.) die Interessen der Verbrau-
cher deshalb auch seit vielen Jahren auf europäischer Ebene ein.

Eines ist dabei sicher: Mobilität muss in Zukunft nachhaltig gedacht werden.
Aus Sicht des ADAC ist dies dann der Fall, wenn sich Mobilität an den Be-
dürfnissen der Verkehrsteilnehmer und Verbraucher orientiert und wenn das
Automobil dank technischem Fortschritt sicherer und umweltfreundlicher
wird. Gleichzeitig darf Mobilität keine Frage des Geldbeutels sein. Sie muss
vielmehr für alle Bürger bezahlbar bleiben. Die Politik kann die Rahmenbe-
dingungen für einen funktionierenden Wettbewerb und für zukunftsträchtige
Innovationen setzen. Dies sind aus Sicht des ADAC die Treiber für nachhaltige
und verbraucherfreundliche Mobilität von morgen.

Ulrich Klaus Becker
ADAC Vize­präsident für Verkehr

                                                                         ADAC Handlungsempfehlungen   3
Bezahlbar

                                         Mobilität für alle Bürger
                                         bezahlbar gestalten
                                         Ein prosperierendes Europa basiert auf einer modernen, ar-
                                         beitsteiligen Gesellschaft. Mobilität zählt in diesem Kontext zu
                                         den entscheidenden Voraussetzungen. Die Grundlage hierfür
                                         bildet eine leistungsfähige Infrastruktur. Davon profitieren nicht
                                         nur sämtliche Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen
                                         europaweit handeln, sondern auch Arbeitnehmer, die täglich
                                         zu ihrem Arbeitsplatz pendeln. Neben der ökonomischen Be-
                                         deutung darf jedoch auch der zwischenmenschliche Mehrwert
                                         nicht vergessen werden: Mobilität verbindet Menschen! Dies gilt
                                         gleichsam für Bewohner des ländlichen Raums wie für Bürger
                                         aus Ballungszentren. Das trifft auf junge Menschen zu, für die
                                         Flexibilität und Mobilität ganz selbstverständlich zum Alltag
                                         gehören sowie für Senioren, die bis ins hohe Alter mobil bleiben
                                         wollen. Voraussetzung dafür ist, dass Mobilität keine Frage des
                                         Geldbeutels ist. Der ADAC setzt sich deshalb dafür ein, dass
                                         Automobilität nicht zum Luxusgut wird und für die europäischen
                                         Bürger bezahlbar bleibt.

Verteilung auf die land-                 Infrastruktur für Europa: Die transeuropäischen Netze
seitigen Verkehrsträger.
Wie reisen die Europäer?                 Um den gemeinsamen Binnenmarkt zu vollenden, braucht Europa eine zuver-
                                         lässige, leistungsfähige und sichere Verkehrsinfrastruktur. Die Mitgliedstaaten
                                92 %     legen naturgemäß ihren Fokus besonders auf die innerstaatlichen Trassen.
                                Straße   Insofern ist es zu begrüßen, dass die EU-Kommission ein transeuropäisches
                                         Verkehrsnetz (Trans-European Networks, TEN-T) definiert hat. Dieses Netz
                                         umfasst die bedeutendsten innereuropäischen Verbindungen und stellt das
               8%                        Rückgrat für Transport und Mobilität in Europa dar. Ziel der EU - Kommission
               Schiene                   ist es, bis zum Jahr 2030 das TEN-T Kernnetz fertig zu stellen.

Quelle: Eurostat, 2011, EU 27            Die Ausgestaltung dieses grundsätzlich positiven Vorhabens sollte jedoch
                                         in einigen Punkten hinterfragt werden: Unter den 30 Schlüsselprojek-
                                         ten, die bis 2020 fertig gestellt werden sollen, betreffen lediglich drei
                                         Projekte die Straßeninfrastruktur im Rahmen sogenannter gemischter
                                         Schienen-Straßen-Projekte. Der Fokus liegt dagegen auf dem Verkehrs-
                                         träger Schiene.

                                         Eine verbesserte Schieneninfrastruktur kann jedoch nur einen sehr be-
                                         grenzten Beitrag zur Verkehrsverlagerung leisten. Europaweit wurden im
                                         Jahr 2011 81 Prozent (European Commission, Transport in Figures, 2012)
                                         der Transportleistung im landseitigen Verkehr auf der Straße erbracht. Im
                                         Personenverkehr waren es sogar 92 Prozent. Um die Transportleistung auf
                                         der Straße um 20 Prozent zu reduzieren, müsste die Schiene ihre heutige
                                         Transportleistung nahezu verdoppeln. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim

4     ADAC Handlungsempfehlungen
Bezahlbar

                                                      Personenverkehr: Um die Straße um 10 Prozent zu entlasten, müsste die
                                                      Schiene ihre Transportleistung um rund 109 Prozent erhöhen. Diese Erwar-
                                                      tungen kann die Schiene kaum erfüllen. Verkehrspolitik sollte sich aber
                                                      an der Realität orientieren. Der ADAC empfiehlt daher, den Ausbau des
                                                      transeuropäischen Straßennetzes (TERN) praxisnah und frei von Ideologie
                                                      zu gestalten. Dazu zählt, die Vielzahl der bestehenden Engpässe auf der
                                                      Straße prioritär zu beseitigen.

Verlagerung von Personenverkehrsleistungen
von der Straße auf die Schiene?

5.500
                                       –546 Mrd. Pkm                –10%
                                                                    auf der
                                                                    Straße
                                                                  Um die Straße um
                                                                  10% ihrer Verkehrs-
                       Straße                                     leistung zu entlasten,
     Mrd. Pkm

                       2011:                                      müsste die Schiene                  +109%
                       5.457Mrd.                                  ihre Verkehrsleistung               auf der
                       Pkm                                        um 109% erhöhen                     Schiene

                                                                                                +546 Mrd. Pkm

                                                                                       2011: 500 Mrd. Pkm
       0
                                             Straße                                                Schiene
                Quelle: E
                         uropean Commission, eigene Berechnung

350 Mrd. €
zahlen die europäischen Auto-
                                                      Mobilität bezahlbar gestalten: Negative Effekte
                                                      an der Quelle bekämpfen

                                                      Eine leistungsfähige Infrastruktur kostet Geld. Deshalb schließt sich bei
fahrer jährlich an Steuern.                           den Themen Erhalt, Aus- und Neubau der Straßeninfrastruktur unweigerlich

8%
                                                      die Frage nach deren Finanzierung an. Mit der Revision der Eurovignetten-
                                                      richtlinie (1999/62/EG) plant die EU-Kommission, die Nutzer stärker an
                                                      den Kosten zu beteiligen. Dies soll durch die Anlastung externer Kosten
                                                      geschehen, zu denen laut EU-Kommission neben Lärm und Luftverschmut-
                                                      zung auch Staus zählen sollen. Die Umsetzung dieser Richtlinie könnte
                                                      dazu führen, dass in Staaten, die bis heute ohne Straßenverkehrsmaut
                                                      auskommen, eine Straßenbenutzungsgebühr für Pkw eingeführt wird. Der
                                                      ADAC vertritt in diesem Punkt eine differenzierte Ansicht. Ein wichtiges
der Steuereinnahmen der EU-Mit-                       Ziel ist die Reduzierung der negativen Effekte durch Lärm und Luftver-
gliedstaaten resultieren aus dem                      schmutzung an der Quelle, wie beispielsweise durch lärmarme Straßenbe-
Pkw-Verkehr.                                          läge oder verbesserte Antriebstechnologien. Im Unterschied zu Lärm- und
                                                      Schadstoffemissionen entstehen durch Staus aber keine gesellschaft-
                                                      lichen Kosten. In anderen Worten: Wenn Verkehrsteilnehmer im Stau

                                                                                                    ADAC Handlungsempfehlungen    5
Bezahlbar

                                           stehen, tragen sie die Konsequenzen bereits selbst, etwa durch Zeitverluste
                                           oder Personal- und Betriebskosten. Auch unter Gesichtspunkten der Ge-
                                           rechtigkeit ist die Anlastung von Staukosten fragwürdig. Während verlorene
                                           Zeit von allen Verkehrsteilnehmern zu gleichen Teilen zu tragen ist, belasten
                                           hohe Nutzungsentgelte vor allem einkommensschwache Bevölkerungs-
                                           schichten. Darüber hinaus werden falsche Anreize gesetzt: So kann der
                                           Staat als Bereitsteller der Infrastruktur mit einer gezielten Unterversorgung
                                           seine Einnahmen über Stauaufschläge maximieren.

                                           Der ADAC spricht sich gegen eine weitere Verteuerung der Mobilität aus.
                                           Bereits heute zahlen in vielen EU-Staaten die Autofahrer über Kfz-, Energie-
                                           steuer und Straßenbenutzungsgebühren deutlich mehr, als für die Infra-
                                           struktur ausgegeben wird. So steuern die Autofahrer in Deutschland jährlich
                                           etwa 53 Milliarden Euro über spezifische Abgaben zum Staatshaushalt bei.
                                           Die jährlichen Ausgaben für die Straßeninfrastruktur belaufen sich dagegen
                                           lediglich auf rund 19 Milliarden Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt).
                                           Die Anlastung von Staukosten würde diese Schieflage noch verstärken.

                                           Steuerbelastung mit Augenmaß: Reform der
                                           Energiesteuerrichtlinie

    Auf einen Blick                        Steigende Kosten für die Autofahrer drohen auch von anderer Seite – etwa
    K Wirtschaftliche Prosperität und     durch die angekündigte Reform der Energiesteuerrichtlinie (2003/96/EG).
       grenzüberschreitende Mobilität      Der Vorschlag sieht vor, dass sich der Diesel-Mindeststeuersatz künftig
       hängen von einer leistungs-         nicht mehr am Volumen, sondern am Energiegehalt und den CO2-Emis-
       fähigen Infrastruktur ab.           sionen orientiert. In Deutschland würde dies dazu führen, dass Diesel
    K Die Autofahrer in Europa zahlen     aufgrund des höheren Energiegehalts deutlich teurer werden könnte. Der
       bereits heute deutlich mehr         ADAC sieht diese Pläne der EU-Kommission mit Sorge. In vielen europä-
       als in Erhalt und Ausbau der        ischen Staaten sind die Steuersysteme fein justiert und auf nationale
       Straßeninfrastruktur investiert     Besonderheiten abgestimmt. Dies findet im Vorschlag der EU-Kommission
       wird. Eine Ausweitung der Nut-      keine Berücksichtigung. Der in Deutschland geltende, im Vergleich zu
       zerfinanzierung ist daher nicht     Benzin niedrigere Energiesteuersatz auf Dieselkraftstoff, stellt beispiels-
       gerechtfertigt.                     weise keine Begünstigung des Diesels dar. Vielmehr wird dieser durch eine
    K Mobilität darf kein Luxusgut        deutlich höhere Kfz-Steuer für Diesel-Pkw ausgeglichen. Darüber hinaus
       werden. Deshalb setzt sich der      hat Deutschland bereits im Jahr 1999 eine Ökosteuer als Bestandteil
       ADAC gegen weitere finanzielle      der Energiesteuer eingeführt, die den Liter Benzin und Dieselkraftstoff für
       Belastungen der Autofahrer          den Endabnehmer um insgesamt 18,3 Cent verteuert. Die Autofahrer in
       ein – dies gilt für die Anlastung   Deutschland tragen somit schon seit über zehn Jahren eine explizit ökolo-
       externer Kosten ebenso wie für      gisch begründete, über den Kraftstoffverbrauch direkt an den CO2-Emissio-
       steigende Steuern.                  nen ansetzende Zusatzsteuerlast, die nach Auffassung des ADAC zwingend
                                           berücksichtigt, beziehungsweise angerechnet werden müsste.

6      ADAC Handlungsempfehlungen
Sicher

                                             Sicherheit als zentrale
                                             Aufgabe der Verkehrs-
                                             politik begreifen
Entwicklung der                              Um die Unfallzahlen auf Europas Straßen weiter senken zu kön-
Verkehrstoten in                             nen, bedarf es intensiver Anstrengungen. Deshalb setzt sich der
Europa (EU 27)                               ADAC kontinuierlich dafür ein, den Straßenverkehr sicherer zu
45000                                        gestalten. Moderne Fahrzeuge und sichere Straßen können helfen,
40000                                        Unfälle zu vermeiden. Elektronische Assistenzsysteme – wie etwa
35000
                                             eCall – bieten zudem die Möglichkeit, die Rettung Verunglückter
30000
25000                                        zu beschleunigen. Das A und O der Verkehrssicherheit sind jedoch
20000                                        gut ausgebildete Verkehrsteilnehmer, die für die Risiken des
        2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013   Straßenverkehrs sensibilisiert sind.
               Getöte
        Quelle: S
                 tatistisches Bundesamt
                                             Sicherheit junger Fahrer verbessern

                                             Eine optimale Fahrausbildung ist die ideale Grundlage für eine sichere
                                             Teilnahme am Straßenverkehr. Auffallend ist, dass europaweit vor allem
                                             junge Fahrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren häufig im Straßenverkehr
                                             verunglücken. In Deutschland macht diese Altersgruppe nur knapp zehn
                                             Prozent der Bevölkerung aus, sie verursachen als Pkw-Fahrer aber mehr
                                             als ein Viertel aller tödlichen Unfälle (Quelle: Statistisches Bundesamt).

1.448.317
                                             Eine optimale Fahrausbildung kann helfen, das Risiko eines Verkehrsunfalls
                                             zu senken. Bis heute organisieren die europäischen Mitgliedstaaten ihre
                                             Fahrausbildungssysteme sehr unterschiedlich – von der Laienausbildung
Menschen wurden 2011 in Europa               in Großbritannien bis zur Mehrphasenausbildung in Österreich. Der ADAC
bei einem Straßenverkehrsunfall              empfiehlt den Mitgliedstaaten, sich im Sinne von Best-Practice-Modellen
verletzt.                                    auch an erfolgreichen Methoden aus den anderen Ländern zu orientieren.

26.200
                                             So bietet etwa die in Österreich erprobte mehrstufige Fahrausbildung viel-
                                             versprechende Ergebnisse. In Ländern, in denen ähnliche Voraussetzungen
                                             gegeben sind – etwa in Deutschland – bietet es sich an, in einem Feldver-
                                             such die Übertragbarkeit eines solchen Systems zu evaluieren.

Menschen kamen 2013 auf den                  Die Europäische Union könnte in diesem Fall einen entscheidenden Mehr-
Straßen in Europa ums Leben.                 wert bieten, indem sie ein Benchmark-System aufstellt und den Austausch
                                             von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten fördert.

                                             Herausforderungen des demographischen Wandels begegnen

                                             Neben den jungen Fahrern stehen immer häufiger auch ältere Verkehrsteil-
                                             nehmer im Fokus der Verkehrssicherheitsarbeit. Das liegt nicht zuletzt am
                                             demographischen Wandel, der sich zunehmend auch auf Fragen der Mobili-
                                             tät auswirkt. So werden in Zukunft deutlich mehr ältere Fahrer am Straßen-
                                             verkehr teilnehmen.

                                                                                           ADAC Handlungsempfehlungen     7
Sicher

Teilnehmer-Urkunde                Die europäischen Mitgliedstaaten gehen mit dieser Herausforderung sehr
ADAC FahrFitnessCheck             differenziert um. Insbesondere die Überprüfung der Fahreignung ist unter-
                                  schiedlich geregelt. Sollte der Umgang mit älteren Fahrzeugführern in der
                                  EU harmonisiert werden, so spricht sich der ADAC gegen die Einführung
                                  verpflichtender Fahreignungsprüfungen aus. Ältere Menschen stellen nach
                                  Ansicht des Clubs keineswegs eine Problemgruppe im Straßenverkehr dar.
                                  Im Gegenteil: Senioren verursachen seltener Unfälle mit Personenschäden
                                  als andere Altersgruppen (Quelle: Statistisches Bundesamt). Als Fußgänger
                                  oder Radfahrer sind sie dagegen besonders gefährdet. Der ADAC setzt auf
                                  Aufklärung und Sensibilisierung. Insbesondere durch öffentlichkeitswirksa-
                                  me Kampagnen sollte europaweit auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht
                                  werden, an freiwilligen Gesundheitschecks teilzunehmen und zum Erhalt der
                                  Fahrkompetenz vorhandene Trainingsangebote aktiv zu nutzen. Die Entscheider
                                  auf europäischer Ebene sollten dieses Thema in Zukunft stärker in die
                                  eigene Verkehrssicherheitsarbeit einfließen lassen.

                                  Grenzenlose Verkehrssicherheit: Bekämpfung des
                                  Führerscheintourismus

                                  Ist der Führerschein wegen eines Verkehrsverstoßes verloren, versuchen ihn
                                  viele Fahrer schnellstmöglich wieder zu erlangen. Hier werden die Risiken ei-
                                  nes grenzenlosen Europas sichtbar, denn die Voraussetzungen für eine Wie-
                                  dererteilung des Führerscheins nach schweren Delikten im Straßenverkehr
                                  sind in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich geregelt. Während manche
                                  Länder beispielsweise nach Alkohol- und Drogenfahrten mehrjährige Sperr-
                                  fristen mit automatischer Neuerteilung vorsehen, wird in Deutschland eine
                                  kürzere Sperrfrist mit individueller Eignungsfeststellung verhängt. Häufig
                                  ist dafür eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich,
                                  die in anderen EU-Staaten unbekannt ist. Um die MPU zu umgehen, wird
                                  oftmals der Führerschein im Ausland mit einem Scheinwohnsitz erworben.
                                  Die Folge: Tausende ungeeignete Fahrer mit EU-Führerscheinen müssen auf
Rettungskarte                     den Straßen geduldet werden, bis sie erneut auffällig werden. Hier besteht
                                  aus Sicht des ADAC dringender Handlungsbedarf. Der ADAC spricht sich im
                                  Sinne der Verkehrssicherheit daher für eine rasche und rechtsverbindliche
                                  Neuregelung der Neuerteilungsanforderungen aus.

                                  Innovation für mehr Verkehrssicherheit:
                                  Assistenzsysteme und Rettungskarte

                                  Auch der sicherste Fahrer ist vor Fehlern im Straßenverkehr nicht gänzlich
                                  gefeit. In diesem Fall können technische Assistenzsysteme einen entschei-
                                  denden Mehrwert bieten. Dies trifft beispielsweise auf den eCall-Dienst
                                  zu, der im Falle eines Unglücks einen automatischen Notruf absendet.
                                  Der ADAC begrüßt ausdrücklich die Absicht der EU-Kommission, den Ein-
                                  satz des europaweiten eCall-Dienstes zur Pflicht zu machen. Schätzungen
                                  gehen davon aus, dass durch die verkürzten Reaktionszeiten der Notdiens-
                                  te jedes Jahr bis zu 2.500 Menschenleben gerettet werden können und
                                  Verletzte in 15 Prozent der Fälle deutlich geringere Folgeschäden erleiden
                                  (Quelle: EU-Kommission).

                                  Neben eCall werden weitere sicherheitsrelevante Funktionen durch neue
                                  Telematik-Technologien möglich, so etwa für Car-to-Car oder Car-to-Infra-

8    ADAC Handlungsempfehlungen
Sicher

2.500
                                        structure-Kommunikation. Dadurch werden Angebote wie Echtzeit-Verkehrs-
                                        informationen oder Warnungen vor einem Stauende möglich. Der ADAC
                                        unterstützt die Pläne der EU zur Einführung weiterer sicherheitsrelevanter
                                        Angebote. Allerdings müssen im Sinne des Verbraucherschutzes Themen
                                        wie Datenschutz und Haftungsfragen fundiert behandelt werden.
Menschenleben könnten durch den
Einsatz des eCall europaweit pro        Moderne Automobiltechnik kann bei einem Unfall ebenfalls die Überle-
Jahr gerettet werden.                   benschancen deutlich erhöhen. Stabilere Karosserien erschweren aber
                                        teilweise die rasche Befreiung der Insassen nach schweren Unfällen. Die
                                        vom ADAC eingeführte modellspezifische Rettungskarte zeigt den Hilfskräf-
                                        ten vor Ort, wo an der Karosserie Spreizer und Schere anzusetzen sind.
                                        Um eine schnelle Verbreitung der Rettungskarte zu sichern, kann der Ver-
                                        braucher sich diese zurzeit online ausdrucken. Der ADAC schlägt darüber
                                        hinaus vor, eine EU-weite elektronische Übermittlung der Rettungsdaten an
 Auf einen Blick                        die Retter möglich zu machen. So könnte beispielsweise der mit eCall ver-
 K Die Verbesserung der Verkehrs-      sendete Datensatz um Informationen zur Rettungskarte ergänzt werden.
    sicherheit ist von zentraler
    Bedeutung. Eine optimierte          Verkehrsgefährdung durch Lang-Lkw minimieren
    Fahrausbildung kann hier
    einen entscheidenden                Immer wieder treten in der Verkehrspolitik Zielkonflikte auf. Die Aspekte
    Mehrwert bieten.                    der Verkehrssicherheit, Ökologie, Ökonomie sowie soziale Belange müssen
 K Ältere Verkehrsteilnehmer           im Einzelfall betrachtet und angemessen berücksichtigt werden. Dies gilt
    sollten für die Folgen des Älter-   im Besonderen für die Revision der Richtlinie 96/53/EG, die Länge und
    werdens sensibilisiert und auf      Gewichte von Lkw in Europa regelt. Grundsätzlich zielt das Revisionsvorha-
    die Möglichkeit freiwilliger Ge-    ben darauf, die Aerodynamik von Lkw zu optimieren, um die Energieeffizi-
    sundheitschecks aufmerksam          enz zu steigern und weniger CO2 zu emittieren. Diese Ziele unterstützt der
    gemacht werden.                     ADAC uneingeschränkt.
 K Wird der Führerschein aufgrund
    eines Verkehrsdeliktes eingezo-     Erreicht werden kann dies bereits durch eine maßvolle Anpassung der
    gen, sollte es den Fahrern nicht    zulässigen Länge, etwa zur Optimierung von Fahrerhäusern und einer gerin-
    möglich sein, diesen umgehend       gen Erhöhung des erlaubten Gesamtgewichts beim Einsatz alternativer An-
    im Ausland neu zu beantragen.       triebe. Eine volumenmäßige Vergrößerung der Fahrzeuge auf bis zu 25,25
 K Die Einführung elektronischer       m zulässige Gesamtlänge muss den Anforderungen der Verkehrssicherheit
    Assistenzsysteme wie eCall          genügen. Aus Sicht des ADAC könnten sie vornehmlich auf geeigneten
    kann Leben retten.                  festgelegten Verbindungen, wie z.B. zwischen Seehäfen, Kombibahnhöfen,
 K Im Sinne der Verkehrssicherheit     Binnenhäfen und Logistikzentren, effizienter und verkehrsentlastend ein-
    sollten Länge und Gewichte von      gesetzt werden. Eine Erhöhung des Ladungsgewichtes würde dagegen die
    Lkw nur maßvoll erhöht werden.      Verkehrssicherheit und die Substanz von Straßen und Brücken erheblich
                                        gefährden und wird deshalb vom ADAC abgelehnt.

                                                                                      ADAC Handlungsempfehlungen     9
Innovativ

                                             Innovation durch vernetzte
                                             Mobilität
                                             Vernetzte Mobilität ist als Schlagwort in aller Munde. Ein Grund
                                             für die zunehmende Bedeutung dieses Phänomens ist die fort-
                                             schreitende Digitalisierung. Große Datenmengen werden heute
                                             automatisch erfasst und verarbeitet. Kommunikationsnetze sind
                                             nahezu überall verfügbar und ermöglichen den Zugang zu neuar-
                                             tigen, auf Informationen aufbauende Dienstleistungen – an jedem
                                             Ort, zu jeder Zeit. Um den Mehrwert der neuen Entwicklung zu
                                             nutzen, muss nicht nur in die Fahrzeuge, sondern auch in die Stra-
                                             ßeninfrastruktur investiert werden. Nur so kann die Kompatibilität
                                             sichergestellt werden. Darüber hinaus gilt es immer mehr, die Pri-
                                             vatsphäre des Einzelnen zu schützen und datenschutzrechtliche
                                             Aspekte stärker in den Vordergrund zu rücken.

Vernetzte Mobilität                          Vernetztes Fahrzeug: Wahlfreiheit und Privatsphäre sichern

Kommunikation                Infrastruktur   Die Autos auf unseren Straßen werden immer mehr zu mobilen Sensoren.
                                             Sie sammeln Daten über sich, ihren Nutzer sowie die Umgebung, in der sie
                                             sich bewegen. Der Autofahrer – aber auch sein Umfeld – kann von dieser
                                             Entwicklung erheblich profitieren, etwa durch sicherheitsrelevante Hinweise
                                             oder Verkehrsinformationen in Echtzeit. Der technologische Fortschritt bietet
                                             allerdings nicht nur Vorteile, sondern schafft auch Risiken. Deshalb sollten
                                             die politischen Entscheider mit diesem Thema sehr sensibel umgehen und
                                             die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung im Sinne des Verbrau-
                                             cherschutzes ausgestalten.

                                             Der ADAC empfiehlt in diesem Kontext, drei Schlüsselprinzipien sicherzu-
                                             stellen: Erstens sollten Datenschutz und Privatsphäre des Einzelnen eine
                                             deutliche Aufwertung erfahren. So sollten die europäischen Autofahrer jeder-
                                             zeit wissen, welche Daten über sie gesammelt, und zu welchem Zweck diese
                                             weiterverwendet werden. Dieser Grundsatz sollte auch für Pläne der EU-Kom-
                                             mission gelten, die eine grenzüberschreitende Kfz-Zulassung vereinfachen
                                             möchte. Der ADAC befürwortet eine solche Vereinfachung. Zweifelhaft sind je-
                                             doch Forderungen, die eine Einführung von RFID-Chips (Radio-Frequency Identi-
                andere Kfz                   fication Device) an Kennzeichen beinhalten. Diese Technologie ermöglicht es,
Quelle: ADAC
                                             Daten berührungslos und unsichtbar zu übertragen – ohne eine entsprechen-
                                             de Eingrenzung würde dies eine vollständige Überwachung des Fahrzeugs so-
                                             wie des Fahrers ermöglichen. Vor dem Hintergrund des Datenschutzes spricht
                                             sich der ADAC gegen eine derartige Praxis aus. Vielmehr muss das Recht der
                                             Verbraucher auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt bleiben.

                                             Zweitens gilt es, die Wahlfreiheit der Verbraucher sicherzustellen. Den Auto-
                                             fahrern sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, selbst zu entscheiden, bei
                                             welchem Anbieter sie ihr Fahrzeug – und insbesondere die telematischen
                                             Komponenten – warten und reparieren lassen. Um diese Wahlfreiheit zu ge-

10    ADAC Handlungsempfehlungen
Innovativ

                                       währleisten, muss als drittes Schlüsselprinzip ein diskriminierungsfreier Zugang
                                       zu Fahrzeugdaten garantiert werden. Andernfalls haben unabhängige Betreiber
                                       keine Möglichkeit auf das Fahrzeug zuzugreifen und ihre Dienste anzubieten. Der
                                       freie Markt, basierend auf offenen und standardisierten Zugängen, wird einen
                                       innovativen und preisfairen Absatzmarkt fördern. Dadurch kann eine große Pro-
                                       duktvielfalt und -qualität ermöglicht werden. Das ist im Sinne des Verbrauchers.

                                       Intelligente Verkehrssysteme fördern

                                       Vernetzte Mobilität beschränkt sich nicht alleine auf technische Entwicklungen
                                       im Fahrzeug. Vielmehr schließt der Begriff weitere Aspekte wie intelligente
                                       Verkehrssysteme oder eine kommunizierende Infrastruktur mit ein. In der soge-
                                       nannten ITS-Richtlinie (2010/40/EU) werden insgesamt sechs Themenfelder
                                       definiert. Dazu zählen vorbereitende Maßnahmen für den Einsatz des EU-weiten
                                       eCall, die unentgeltliche Übermittlung von sicherheitsrelevanten Verkehrsinfor-
                                       mationen sowie die Bereitstellung von Informationen für sichere Lkw-Parkplätze.

                                       Mit Hilfe von delegierten Rechtsakten sind darüber hinaus die Bereitstellung
                                       multimodaler Reise-Informationsdienste sowie Echtzeit-Verkehrsinformations-
                                       dienste und Reservierungsdienste für sichere Lkw-Parkplätze geplant. Der
                                       ADAC unterstützt die Bemühungen um europaweite Kompatibilität, Interope-
                                       rabilität und Kontinuität in den genannten Technologiefeldern. Bei der Umset-
                                       zung ist jedoch die Subsidiarität der Mitgliedstaaten zu beachten. Die Mitwir-
                                       kung in den Beratergremien der EU-Kommission muss allen interessierten
                                       Interessensvertretern offen stehen. Spezifikationen sollten technologie- und
                                       herstellerneutral formuliert und die fachlich zuständigen Standardisierungs-
                                       gremien (CEN, ETSI) eingebunden werden. Um die demokratische Legitimati-
                                       on sicherzustellen, sind delegierte Verordnungen mit erheblichen finanziellen
                                       Auswirkungen für die Mitgliedstaaten durch das Europäische Parlament und
                                       den Rat zu beschließen.

                                       Bereitstellung von Verkehrsinformationen
                                       in Echtzeit voranbringen
Auf einen Blick
K Die Rahmenbedingungen beim          Im Rahmen der ITS-Richtlinie ist die Bereitstellung umfassender, zuverlässiger
   vernetzten Fahrzeug sollten so      und aktueller Verkehrsinformationen von besonderer Bedeutung. Hierin liegt das
   ausgestaltet werden, dass Pri-      Potential für eine Vielzahl innovativer Dienstleistungen der vernetzten Mobilität.
   vatsphäre und Wahlfreiheit der      Die Europäische Kommission beabsichtigt in einem delegierten Rechtsakt
   Verbraucher gewährleistet sind.     die Rollen, Aufgaben und Verpflichtungen der öffentlichen und privaten Akteu-
K Bei der Entwicklung intelligenter   re in der Wertschöpfungskette zu regeln. Der ADAC plädiert dafür, dass allen
   Verkehrssysteme sollte darauf       Verkehrsteilnehmern auch über sicherheitsrelevante Gefahrenwarnungen
   geachtet werden, dass alle          hinaus ein Basisangebot kostenfreier Verkehrsinformationen zur Verfügung
   Stimmen gehört werden und           steht. Da die Zahlungsbereitschaft für solche Dienste bei den Verbrauchern
   die demokratische Legitimation      gering ist, setzt sich der ADAC dafür ein, dass die öffentliche Hand Verkehrs-
   gewahrt bleibt.                     daten und Verkehrsinformationen privater Akteure leistungsgerecht vergütet.
K Keine Zwei-Klassen-Gesellschaft     Andernfalls werden keine tragfähigen Geschäftsmodelle Realität werden. Der
   bei der Verkehrssicherheit:         Zugang der privaten Dienstanbieter zu Daten und Informationen, die mit öf-
   Sicherheitsrelevante Verkehrs-      fentlichen Mitteln erstellt oder erhoben werden, sollte in diesem Zusammen-
   informationen sollten auch wei-     hang vereinfacht werden. Der Club schlägt vor, dass Anbieter im öffentlichen
   terhin allen Verkehrsteilnehmer     und privaten Verkehr vertraglich verpflichtet werden, Echtzeit-Informationen
   kostenfrei zur Verfügung stehen.    über ihr Verkehrsangebot, ihre Verkehrsqualität und Störungen anderen
                                       Akteuren diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen.

                                                                                        ADAC Handlungsempfehlungen    11
Umweltfreundlich

                                           Mobilität nachhaltig
                                           ausrichten
                                           Mobilität stößt dort an Grenzen, wo ihre Auswirkungen keine
                                           gesellschaftliche Akzeptanz finden. Städte und Metropolregionen
                                           stellen in diesem Zusammenhang eine besondere Herausforde-
                                           rung dar. Hier gilt es, einen Ausgleich zwischen den divergierenden
                                           Interessen zu schaffen. Dazu muss der Verkehr leiser und saube-
                                           rer, sprich stadtverträglicher, werden. In der Vergangenheit wurden
                                           bereits Schritte in die richtige Richtung unternommen. So konnte
                                           der Schadstoffausstoß im Straßenverkehr erheblich verringert wer-
                                           den – trotz steigender Fahrleistung. Die europäische Politik kann
                                           diese erfolgreiche Entwicklung unterstützen, indem sie verlässli-
                                           che Rahmenbedingungen für strenge Emissionslimits, innovative
                                           Antriebe und alternative Kraftstoffe gewährleistet.

                                           Umweltfreundliche Fahrzeuge fördern – realitätsnahe
                                           Prüfzyklen etablieren
                                           Um Emissionen im Stadtverkehr zu senken, müssen Maßnahmen dort
                                           ansetzen, wo diese entstehen: An der Quelle. So führen beispielsweise kon-
                                           tinuierlich verschärfte Abgas- und CO2-Grenzwerte zur stetigen und effektiven
Entwicklung und Zielsetzung                Verringerung der Schadstoffemissionen. In diesem Zusammenhang ist die
der CO2-Flotten-Emissionen                 Festschreibung des CO2-Flottengrenzwertes auf 95 g/km für das Jahr 2021
in Europa                                  ein wichtiger Schritt.

                                           Da die Automobilindustrie mit langen Produktzyklen arbeitet, sollte ein
                                           Langfristziel über das Jahr 2021 hinaus definiert werden, sobald Daten
                                           hinsichtlich der Marktdurchdringung und Kostenentwicklung alternativer
                                           Antriebe vorliegen.
                 -55,2%
             172,2 g/km                    Um den Absatz umweltfreundlicher Fahrzeuge zu unterstützen, ist es be-
                           95 g/km         sonders wichtig, noch intensiver auf die Bedürfnisse und Sorgen der Ver-
                                           braucher einzugehen. Verständliche Verbraucherinformationen können hier
     2000                           2021   helfen, die Verunsicherung der Nutzer etwa beim Thema Kraftstoffverbrauch
                                           auszuräumen und damit Kaufanreize für umweltfreundliche Fahrzeuge
Quelle: Europäische Umweltagentur          zu schaffen.

                                           Der ADAC empfiehlt daher, die Energieverbrauchskennzeichnung von Pkw
                                           (1999/94/EG) dahingehend zu überarbeiten, dass sie EU-weit eine klare
                                           und einheitliche Gestaltung gewährleisten. Basieren sollten die CO2-Grenz-
                                           werte sowie das Pkw-Label auf realitätsnahen Kraftstoffangaben. Derzeit
                                           erarbeitet das zuständige internationale Gremium (UNECE) einen neuen
                                           Prüfzyklus sowie ein neues Messverfahren. Diese sollen in Zukunft den
                                           Kraftstoffverbrauch exakter abbilden. Der ADAC begrüßt diesen Schritt und
                                           bestärkt die politischen Entscheider in einer Anwendung des neuen Prüfzyk-
                                           lus ab 2017.

12    ADAC Handlungsempfehlungen
Umweltfreundlich

             Infrastruktur für alternative Antriebe ausbauen

             Im Rahmen einer verbesserten Verbraucherinformation wäre es zielfüh-
             rend, die Preisauszeichnung unterschiedlicher Antriebsarten transparent
             zu gestalten. So wäre es sinnvoll, den Preis für Erdgas an der Tankstelle
             in Euro/Liter-Äquivalent auszuzeichnen, um die Vergleichbarkeit mit an-
             deren Kraftstoffen zu erleichtern. Derzeit verhindert dies der europäische
   E85       Rechtsrahmen.
   CNG
   LPG       Der ADAC schlägt der EU-Kommission deshalb vor, die europarechtlichen
  Strom      Hürden hierfür aus dem Weg zu schaffen, um zu einer verbraucherfreund-
    H2       lichen Lösung zu kommen. Jedoch wird die Marktdurchdringung von
  Benzin     Fahrzeugen mit alternativen Antrieben nicht allein durch eine verbesserte
  Diesel     Verbraucherinformation gelingen. Viel wichtiger ist es, dass den Nutzern
Biodiesel    eine entsprechende Tank- und Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht.
Pflanzenöl
             Mit der Initiative "Clean Power for Transport" hat sich die EU-Kommission
             dieser Herausforderung angenommen. Der ADAC unterstützt die Förderung
             alternativer Kraftstoffe und beobachtet die Ausarbeitung der nationalen
             Aktionspläne sehr genau.

             Allerdings ist fraglich, ob tatsächlich für alle heute vorhandenen alterna-
             tiven Antriebe sofort verbindliche Vorgaben gesetzt werden müssen. Dies
             würde konsequenterweise bedeuten, dass zeitgleich hohe Investitionen in
             mehrere Technologien getätigt werden. Welche sich am Ende durchsetzt,
             bleibt dagegen offen.

             Kritisch bewertet wird auch die Vorgabe für eine große Anzahl von Ladesta-
             tionen im öffentlichen Raum für Elektrofahrzeuge. Die Batterien von Elektro-
             autos werden, das zeigen die Erfahrungen in Praxisversuchen, vor allem dort
             geladen, wo die Fahrzeuge lange stehen, also nachts in der Garage.

             Anreize für einen stadtverträglichen Straßenverkehr schaffen

             Im Stadtverkehr werden die Herausforderungen für Mobilität und Verkehr wie
             unter einem Brennglas sichtbar. Hier treffen divergierende Interessen auf
             besonders engem Raum aufeinander. Dabei sind die Kommunen in Euro-
             pa – je nach regionaler Begebenheit – mit ganz unterschiedlichen Herausfor-
             derungen konfrontiert. Es macht daher Sinn, die lokalen Probleme auch vor
             Ort zu lösen – ganz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips.

             Die EU kann für Städte und Gemeinden einen Mehrwert bieten, wenn sie
             als Plattform für den Austausch von Informationen und bewährter Praktiken
             zur Verfügung steht. Mit der Veröffentlichung der Mitteilung „Mobilität in
             der Stadt“ im Dezember 2013 hat sich die EU-Kommission dieses Themas
             angenommen. Darin enthalten sind viele sinnvolle Empfehlungen, die den
             Stadtverkehr sauberer, sicherer und effizienter gestalten. Der ADAC begrüßt
             Maßnahmen, die den Straßenverkehr stadtverträglicher gestalten ohne ihn
             durch Restriktionen zu gängeln.

             So können Lärm- und Schadstoffemissionen deutlich verringert werden,
             wenn der Verkehr verflüssigt wird, etwa durch die Einrichtung von „grünen

                                                            ADAC Handlungsempfehlungen     13
Verbraucherfreundlich

                                     Wellen“. Ein intelligentes Parkraummanagement, bedarfsgerechte Park &
                                     Ride-Stellplätze sowie ein leistungsfähiger und zuverlässiger öffentlicher
                                     Nahverkehr können darüber hinaus positive Effekte ausüben. Kritisch zu
                                     bewerten ist jedoch die Absicht, die Zufahrt zu Innenstädten restriktiv zu
                                     regeln. Verkehr aus den Städten auszusperren kann kein praktikables
                                     Mittel sein, um umweltpolitische Ziele zu erreichen oder die Zahl der
                                     Unfälle zu senken.

                                     Luftqualität verbessern, Emissionen an der Quelle reduzieren

                                     Die Luftqualität in den europäischen Städten hat sich in den letzten Jahr-
                                     zehnten kontinuierlich verbessert. Grund hierfür waren sowohl neue Ent-
                                     wicklungen in der Fahrzeugtechnik – etwa die Einführung von Katalysatoren
                                     und saubereren Motoren – als auch die Verringerung des Schadstoffaus-
                                     stoßes von Kraftwerken und Industrie. Trotzdem ringen die Kommunen
                                     mit Grenzüberschreitungen von Schadstofflimits, die von der EU vorge-
                                     geben wurden.

                                     Die EU hat ihren Schwerpunkt bisher vor allem auf die Reduktion der
 Auf einen Blick                     Immissionen gelegt. Zum Einsatz kamen dabei restriktive Maßnahmen wie
 K Um schädliche Emissionen des     Tempolimits oder Einfahrverbote in Innenstädte. Der ADAC plädiert jedoch
    Straßenverkehrs zu reduzieren,   dafür, effizientere und praktikable Lösungen einzusetzen. Diese zielen auf
    müssen diese dort verringert     eine Reduktion der Emissionen ab und setzen an der Schadstoffquelle an.
    werden, wo sie entstehen:
    An der Quelle.                   In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Straßenverkehr lediglich
 K Basieren sollten die CO2-        für einen Teil der emittierten Schadstoffe verantwortlich ist. Um die Luftqua-
   Grenzwerte sowie das Pkw-         lität in Städten nachhaltig zu verbessern, müssen Konzepte alle Schadstoff-
   Label auf realitätsnahen          quellen – insbesondere auch Industrie- und Privathaushalte – berücksichtigen
   Kraftstoffangaben.                und tragfähige Lösungen entwickeln.
 K Statt restriktiver Maßnah-
    men sollten positive Anreize     Instrumente, die auf eine Reduktion der Emissionen zielen, vereinen dabei
    geschaffen werden, um den        zwei Ziele: Zum einen bleiben die Innenstädte erreichbar und lebendig, zum
    Absatz sauberer Fahrzeuge        anderen wird der Ausstoß von Schadstoffen reduziert. Der ADAC setzt sich
    zu fördern.                      dafür ein, diese Paradigmen bei der Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie
                                     (2008/50/EG) zu berücksichtigen.

14   ADAC Handlungsempfehlungen
Verbraucherfreundlich

                              Binnenmarkt verbraucher-
                              freundlich gestalten
                              Damit die europäischen Mitgliedstaaten in Zukunft noch enger
                              zusammenwachsen, braucht es Vertrauen zwischen ihren Bür-
                              gern. Dieses Vertrauen wird sich jedoch nur entwickeln, wenn
                              sich die Menschen darauf verlassen können, dass sie im euro-
                              päischen Ausland nicht übervorteilt werden. Deshalb wird es in
                              der Zukunft eine wichtige politische Aufgabe sein, die Rechte
                              der Verbraucher grenzüberschreitend besser zu schützen. Der
                              ADAC bestärkt die Europäische Kommission darin, bei dieser
                              Aufgabe als Impulsgeber zu fungieren und ihr Engagement
                              weiter zu intensivieren.

                              Rechtssicherheit bei Unfällen im Ausland stärken

                              Rechtssicherheit ist für die europäischen Verbraucher ein hohes Gut –
                              vor allem in emotional belastenden Situationen wie einem Verkehrsun-
Der europäische Binnenmarkt   fall fernab der Heimat. Diverse Initiativen des Europäischen Parlaments
                              haben in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, die Abwicklung von
                              grenzüberschreitenden Verkehrsunfällen erheblich zu erleichtern. Aller-
                              dings gibt es immer noch Punkte, für die künftig eine EU-weite Lösung
                              gefunden werden sollte.

                              Beispielsweise haben Geschädigte in einigen EU-Ländern nur wenig Zeit,
                              um ihre Schadenersatzansprüche einzureichen. Der ADAC plädiert dafür, in
                              diesem Fall eine einheitliche Verjährungsfrist von drei Jahren einzuführen.
                              Darüber hinaus dürfen Geschädigte in Fragen der Entschädigung nicht ge-
                              genüber Opfern aus Inlandsunfällen benachteiligt werden. Die gerechteste
                              Lösung wäre es, in diesen Fällen das Heimatrecht des Geschädigten und
                              nicht wie bisher das Recht des Unfalllandes anzuwenden.

                              Ein weiterer Aspekt: In vielen Ländern müssen selbst bei unverschuldeten
                              Verkehrsunfällen die Anwaltskosten nicht von der Gegenseite erstattet wer-
                              den. Dies hält viele davon ab, berechtigte Schadenersatzansprüche geltend
                              zu machen. Der ADAC empfiehlt deshalb eine EU-einheitliche Regelung, um
                              außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten bei Auslandsunfällen erstattbar
                              zu machen. Dies würde es den Geschädigten erleichtern, zu ihrem Recht
                              zu kommen.

                              EU-weite Halterhaftung verhindern

                              Ein europaweiter Verbraucherschutz impliziert nicht nur, dass die Bürger
                              im Ausland zu ihrem Recht kommen, sondern dass sie auch vor unge-
                              rechtfertigten Angriffen geschützt werden. Einen kritischen Aspekt stellt
                              in diesem Zusammenhang die Halterhaftung dar, die auch gerne als

                                                                             ADAC Handlungsempfehlungen     15
Verbraucherfreundlich

                                  Argument zur Steigerung der Verkehrssicherheit herangezogen wird. Seit
                                  2010 können Bußgelder für Verkehrsverstöße, die in anderen EU-Staaten
                                  begangen wurden, in Deutschland vollstreckt werden. Seit 2013 macht
                                  ein verbesserter Austausch von Halterdaten zwischen den EU-Staaten die
                                  Verfolgung von Verkehrssündern effektiver.

                                  Bewährt haben sich aus Sicht des ADAC sogenannte Vollstreckungshin-
                                  dernisse: Diese greifen beispielsweise dann, wenn das Verfahren nicht in
                                  deutscher Sprache geführt oder der Fahrzeughalter verantwortlich gemacht
                                  wird. Der künftige EU-Halterdatenaustausch wird Licht und Schatten mit
                                  sich bringen: Zum einen wird es für deutsche Behörden leichter, ausländi-
                                  sche Verkehrssünder zu verfolgen. Zum anderen ist jedoch zu befürchten,
                                  dass die Neuregelung für ausländische Behörden Anreiz sein wird, bei
                                  Verstößen deutscher Autofahrer im Ausland verstärkt den Fahrzeughalter
                                  in die Verantwortung zu nehmen.

                                  Der Club setzt sich dafür ein, dass auch in Zukunft bei der grenzüber-
                                  schreitenden Verfolgung von Verkehrsverstößen fundamentale Grundsätze
                                  des deutschen Rechts sichergestellt sind: Dazu zählt auch die Unschulds-
                                  vermutung. Eine EU-weite Halterhaftung würde dies unterminieren und
                                  zudem in keiner Weise zur Steigerung der Verkehrssicherheit beitragen,
                                  da der Fahrer, der den Verstoß verursacht, straflos bleibt.

                                  Unterstützung bei kleineren Rechtsstreitigkeiten

                                  Bei kleineren Rechtsstreitigkeiten greift das europäische Verfahren für
                                  geringfügige Forderungen. Grenzüberschreitende Streitigkeiten in Zivil- und
                                  Handelssachen sollen hierdurch erleichtert und die Kosten solcher Verfah-
                                  ren gesenkt werden. Der ADAC bewertet die Verordnung 861/2007/EG
                                  grundsätzlich positiv, denn mit diesem Verfahren sollen vom Verbraucher
                                  Forderungen bis 2.000 Euro ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts leichter
                                  eingeklagt und durchgesetzt werden können. Problematisch ist jedoch,
                                  dass das Verfahren den Gerichten kaum bekannt und die notwendige
                                  Unterstützung bei der Ausfüllung der Formulare für den Verbraucher kaum
                                                                         gegeben ist. Aus Sicht des ADAC
                                                                         gibt es hier noch Handlungsbedarf,
                                                                         damit die Verbraucher die erforderli-
                                                                         che Hilfestellung erhalten.

                                                                          Verbraucherrechte
                                                                          auf Reisen stärken

                                                                          Für die meisten Europäer ist ihr
                                                                          Kontinent gleichzeitig das belieb-
                                                                          teste Reiseziel. Gerade im Urlaub
                                                                          sind Rechtsstreitigkeiten besonders
                                                                          ärgerlich. Pauschalurlauber profi-
                                                                          tieren seit 1990 während ihres Ur-
                                                                          laubs vom Schutz des europäischen
                                                                          Pauschalreiserechts. Reisemängel,
                                                                          Reiserücktritt oder die Insolvenz
                                                                          des Veranstalters werden über

16   ADAC Handlungsempfehlungen
Verbraucherfreundlich

                                        dieses Gesetz abgedeckt. Technologische Entwicklungen, wie etwa
Auf einen Blick                         die zunehmende Reisebuchung über das Internet, erfordern jedoch
K Rechtssicherheit ist für die         eine Modernisierung der Gesetzestexte. Dies hat die EU-Kommission
   europäischen Verbraucher ein         erkannt.
   hohes Gut – im In- und Ausland.
   Die Regelung von Verkehrsun-         In ihrem Richtlinienentwurf schlägt sie eine an moderne Buchungsfor-
   fällen im Ausland sollte in dieser   men angepasste Formulierung sowie eine europaweite Harmonisierung
   Hinsicht für die Geschädigten        des Pauschalreiserechts vor. Nach Ansicht des ADAC besteht allerdings
   freundlicher gestaltet werden.       die Gefahr, dass dadurch verbraucherfreundliche Vorgaben des deut-
K Einer EU-weiten Halterhaftung        schen Pauschalreiserechts ausgehebelt werden. Das gilt insbesondere
   sollte eine Absage erteilt           für das in Deutschland praktizierte System der Reisepreisminderung.
   werden, da sie fundamentalen         Dieses besagt, dass der Veranstalter auch für Reisemängel haftet, die
   Rechtsgrundsätzen wie etwa           er nicht selbst verschuldet hat. Der ADAC spricht sich in diesem Fall
   der Unschuldsvermutung ent-          im Sinne des Verbraucherschutzes für eine Minimalharmonisierung des
   gegensteht und keinen Beitrag        europäischen Rechts aus. Damit würde den Mitgliedstaaten die Freiheit
   zur Verbesserung der Verkehrs-       eingeräumt, auf nationaler Ebene ein höheres Verbraucherschutzniveau
   sicherheit leistet.                  zu erhalten.
K Das Reiserecht – insbesonde-
   re bei Pauschalreisen – sollte       Viele Urlauber sind jedoch schon bei der Anreise zum Urlaubsziel auf
   neuen technologischen Entwick-       juristischen Beistand angewiesen, etwa bei Flugverspätungen oder -aus-
   lungen angepasst werden, um          fällen. Die rechtliche Praxis zeigt, dass die Fluggastrechteverordnung
   die Verbraucher wirksam              (261/2004/EG) viele Verbraucher verwirrt. Ein überarbeiteter Vorschlag
   zu schützen.                         der EU-Kommission sieht Sanktionen nicht wie bisher ab einer drei-
K Monopole führen in der Regel zu      stündigen Verspätung vor, sondern erst ab fünf, sieben oder bei langen
   überteuerten Preisen. Deshalb        Flugstrecken sogar erst ab zwölf Stunden. Der Großteil der von ADAC
   sollte der Wettbewerb im Sinne       Mitgliedern monierten Verspätungen wäre damit nicht mehr vom Schutz
   des Verbraucherschutzes ange-        der Verordnung umfasst. Der ADAC plädiert dafür, diese Regelung im
   kurbelt werden – etwa auf dem        Sinne des Verbraucherschutzes zu überdenken, da im Falle der Um-
   Markt für sichtbare Ersatzteile.     setzung Ausgleichszahlungen für Verspätungen nur noch in seltenen,
KT achomanipulation gilt es zu ver-    extremen Fällen erfolgen würden.
  hindern, da die Verbraucher in
  hohem Maß geschädigt werden.          Verbraucherschutz durch mehr Wettbewerb sichern

                                        Verbraucherschutz bedeutet auch, dass die Bürger beim Kauf von
                                        Leistungen und Produkten zwischen mehreren Anbietern wählen kön-
                                        nen. Monopole haben dagegen fast immer negative Auswirkungen für
                                        die Verbraucher, führen sie in der Regel doch zu überhöhten Preisen.
                                        Dies gilt auch auf dem Markt für sichtbare Kfz-Ersatzteile. In einigen
                                        EU-Staaten gibt es für Kotflügel, Seitenspiegel oder Scheinwerfer eine
                                        Reparaturklausel im Geschmacksmusterrecht. Andere Mitgliedstaa-
                                        ten gewähren dagegen den Fahrzeugherstellern ein Quasi-Monopol
                                        auf sichtbare Ersatzteile. Gerade bei älteren Fahrzeugen kann ein
                                        kleiner Unfallschaden in diesem Fall teuer werden. Den Preis da-
                                        für zahlt am Ende der Verbraucher. Aus Sicht des ADAC sollte jeder
                                        Konsument selbst entscheiden können, ob er sein Auto mit Original-
                                        Ersatzteilen oder mit Ersatzteilen anderer Lieferanten reparieren
                                        lassen möchte. Die EU-Kommission hat versucht, diesen Missstand
                                        zu beenden, allerdings blockieren die Mitgliedstaaten bislang eine
                                        entsprechende gesetzliche Regelung. Der ADAC spricht sich dafür
                                        aus, dieses Thema nicht ruhen zu lassen, sondern erneut auf die
                                        Agenda zu setzen, um einen verbraucherfreundlichen Binnenmarkt
                                        durchzusetzen.

                                                                                      ADAC Handlungsempfehlungen     17
Verbraucherfreundlich

                                       Tachomanipulation bekämpfen

                                       Der Tacho wird laut Berechnungen der Polizei an jedem dritten in
                                       Deutschland verkauften Gebrauchtwagen manipuliert. Der verfälschte
                                       Kilometerstand führt pro Fahrzeug im Durchschnitt zu einer illegalen
                                       Wertsteigerung von 3.000 Euro. Das bedeutet allein in Deutschland
                                       einen jährlichen Schaden von fast sechs Milliarden Euro. Opfer sind
                                       in erster Linie die privaten Gebrauchtwagen-Käufer.

                                       Die „Dienstleister“ verwenden handliche Manipulationsgeräte, die zu
                                       Preisen ab 200 Euro frei verfügbar und teilweise auch vom Fahrzeug-
                                       besitzer selbst bedienbar sind. Damit können die meisten Autos bin-

6 Mrd. €
                                       nen weniger Minuten auf einen beliebigen Kilometerstand manipuliert
                                       werden – meist ohne Spuren zu hinterlassen. Im Sinne des Verbrau-
                                       cherschutzes wie auch der Verkehrssicherheit sollte die Politik dieses
                                       Thema auf ihre Agenda setzen. Darüber hinaus empfiehlt der ADAC
                                       den Entscheidern, Druck auf die Automobilhersteller auszuüben, um
beträgt der wirtschaftliche Schaden,   die Fahrzeuge zeitgemäß vor Tachomanipulation zu schützen. Teilweise
der in Deutschland jährlich durch      werden geeignete Technologien bereits verbaut, aber nicht zum Schutz
Tachomanipulation entsteht.            gegen Tachobetrug angewendet.

18   ADAC Handlungsempfehlungen
Für Ihre Notizen

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2842742/04.14/5’

Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (ADAC)
Hansastraße 19
80686 München
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