Agilität als Gesundheitsrisiko? - Dr. Stephanie Porschen-Hueck - Karlsruher Entwicklertag

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Agilität als Gesundheitsrisiko? - Dr. Stephanie Porschen-Hueck - Karlsruher Entwicklertag
Dr. Stephanie Porschen-Hueck

Agilität als Gesundheitsrisiko                                                                             ?
Frankfurter Entwicklertag 2018
21. Februar - Conference Day
Goethe Universität, Frankfurt

          Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung
          und Forschung (BMBF) im Rahmen des FuE-Programms „Zukunft der Arbeit“ als Teil des
          Dachprogramms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“
          gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt
          dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.
Agilität als Gesundheitsrisiko? - Dr. Stephanie Porschen-Hueck - Karlsruher Entwicklertag
Agilität als Gesundheitsrisiko?

                                      Blick von außen auf neue Entwicklungstrends
                                        in der Arbeit: Agilität als Chance oder/und
                                                 (Gesundheits-)Risiko…?

                                  Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 2
Agilität als Gesundheitsrisiko? - Dr. Stephanie Porschen-Hueck - Karlsruher Entwicklertag
Was nehmen wir uns vor (to do)?

1.   Agilität in aller Munde!

2.   Belastungen in der technischen Entwicklung – „alte Bekannte“

3.   Agilität als Entlastung und/oder Belastung?

4.   Das Projekt PräFo „Prävention von Belastungen bei formalisierter Arbeit
     in der technischen Entwicklung“

5.   Neue Belastungskonstellationen – Ambivalenzen und widersprüchliche
     Arbeitsanforderungen

6.   Lessons learned:
     Agile Umsetzung der agilen Methoden, Prozesse, Organisation

                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 3
Agilität als Gesundheitsrisiko? - Dr. Stephanie Porschen-Hueck - Karlsruher Entwicklertag
1. Agilität in aller Munde                                                         VU

                                                                                KA
                                                                                       Arbeits
                                                                                        -welt
                                                                                                   VUKA-Arbeitswelt
                                                      Manifesto

                            Design Thinking                              Methods in Large Scale
                                                                         Transformation
                                Arbeit 4.0                               Teams
   … in plan driven organization                                         Lean project management
                          Scrum Kanban                                   XP          Feature Driven Development
                    Selbstorganisation                                   Leadership

                       FRAGILE                                           Organisation
                                                         Scaling

Veränderungen/Schwankungen + / geringere Vorhersagbarkeit, Planbarkeit - / Unbestimmtheit + / Mehrdeutigkeit von Phänomenen/Zuständen

                                                                     Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 4
Agilität als Gesundheitsrisiko? - Dr. Stephanie Porschen-Hueck - Karlsruher Entwicklertag
1. Agilität in aller Munde
   Agilität: Aktualität, Verbreitung, Bedeutung

● Agile Methoden haben sich neben dem klassischen Projektmanagement –
  auch außerhalb der IT – etabliert
      ●    Nutzung in der Softwareentwicklung dominiert, aber 40 % setzen agile Methoden in
           „nur“ IT-nahen Themen ein, 34 % in Themen ohne IT-Bezug.
      ●    Bei drei Viertel der Befragten aber erst seit ca. vier Jahren ein (also seit 2012)
      ●    Nutzung agiler Methoden hat in den letzten Jahren über die IT hinaus deutlich
           zugenommen (obwohl z. B. die Scrum-Methode in ihren Grundzügen bereits seit 1995
           bekannt ist.)!

2016 am BPM-Labor der Hochschule Koblenz in Zusammenarbeit mit der GPM Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement und der IPMA –
International Project Management Association, Studie mit über 1.000 Teinehmern in mehr als 30 Ländern: http://www.status-quo-agile.de/
Abschlussbericht: Status Quo Agile 2016/2017; Prof. Dr. Ayelt Komus

                                                                         Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 5
1. Agilität in aller Munde
   Agilität: Aktualität, Verbreitung, Bedeutung

● Die Mehrheit setzt agile Methoden nicht in Reinform, sondern in hybrider
  oder selektiver Form ein
      ●    20 % arbeiten vollständig nach einer agilen Methode (die zweitkleinste der
           unterschiedenen vier Gruppen)
      ●    12% arbeiten durchgängig nach klassischen Projektmanagementmethoden (kleinste
           Gruppe)
      ●    Vorherrschende Einsatzformen sind vor allem Anwendungen in hybrider 37 % und in
           selektiver Form 31 %

2016 am BPM-Labor der Hochschule Koblenz in Zusammenarbeit mit der GPM Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement und der IPMA –
International Project Management Association, Studie mit über 1.000 Teinehmern in mehr als 30 Ländern: http://www.status-quo-agile.de/
Abschlussbericht: Status Quo Agile 2016/2017; Prof. Dr. Ayelt Komus

                                                                         Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 6
1. Agilität in aller Munde
   Agilität: Aktualität, Verbreitung, Bedeutung

● Meistgenutzte Methoden sind Scrum (57%), Kanban (24%) und Lean
● Agile Methoden werden von ihren Anwendern äußerst positiv bewertet
      ●    73 % sehen Ergebnis- und Effizienzverbesserungen durch agile Methoden und damit
           höhere Erfolgsquoten als durch klassisches Projektmanagement
      ●    Dabei weist der
                   Einsatz agiler Methoden in Reinform höchste Erfolgsquote auf
                   und die Vermischung von agilen und klassischen Projektmanagementmethoden (hybride
                    Form agiler Methoden) erzielt einen deutlich höheren Erfolg als der durchgängige Einsatz
                    des klassischen Projektmanagements.

           (Nur 20 % der Teilnehmer nutzen agile Methoden „by the book“; hybride und selektive
           Methodennutzung dominieren.)

2016 am BPM-Labor der Hochschule Koblenz in Zusammenarbeit mit der GPM Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement und der IPMA –
International Project Management Association, Studie mit über 1.000 Teinehmern in mehr als 30 Ländern: http://www.status-quo-agile.de/
Abschlussbericht: Status Quo Agile 2016/2017; Prof. Dr. Ayelt Komus

                                                                         Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 7
1. Agilität in aller Munde
   Agilität: Aktualität, Verbreitung, Bedeutung

● Agil statt nach dem Wasserfallmodell entwickeln:
   weniger Integrationsprobleme der Teilentwicklungen, geringere Fehlerzahlen
   kurz vor dem Release-Termin, laufende Kommunikation Team, Kunden, Ergebnis-,
   Effizienzsteigerung, höhere Erfolgsquote …

                   = ENTLASTUNG …          !
                      Also … ALLES GUT ?

                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 8
2. Belastungen in der technischen Entwicklung –
   „alte Bekannte“

● Straffe interne Marktsteuerung der Projektarbeit in IT-Unternehmen …
      … birgt tendenziell die Gefahren einer Belastungskombination aus einer oftmals
        vorhandenen Extensivierung von Arbeitszeiten und einer zunehmenden
        Intensivierung der Arbeit.

 ● Gesundheitsbezogene Risiko-
   potenziale ergeben sich auch
   aus den dominanten organisato-
   rischen Veränderungskonzepten
   und ihrer innerbetrieblichen
   Umsetzung

Gerlmaier, Anja; Latniak, Erich (2013): Psychische Belastungen in der IT-Projektarbeit – betriebliche Ansatzpunkte der Gestaltung und ihre
Grenzen, in: Junghanns, Gisa; Morschhäuser, Martina (Hrsg.): Immer schneller, immer mehr : Psychische Belastung bei Wissens- und
Dienstleistungsarbeit. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 2013, S. 165 - 193

                                                                               Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 9
2. Belastungen in der technischen Entwicklung –
   „alte Bekannte“

● Ursachen für die psychischen Belastungen
      ●     Ursachen für die Intensivierung der Arbeit:
                  Personalabbau
                  Neue Kapazitätsplanungssysteme (der Einzelne ist in verschiedenen Projekten
                   parallel eingesetzt, um eine „volle Auslastung“ zu erreichen)
      ●     Ursachen für Arbeitsunterbrechungen:
                  „Service-Level-Agreements“ (SLAs) (Bearbeiten von SLAs führt zu
                   Arbeitsunterbrechungen)

● Eine Mehrheit ist von Mehrfachbelastungen betroffen
      ●     Mehrfachbelastungen wirken sich „aufschaukelnd“ mit Blick auf erlebte
            (negative) Beanspruchungsfolgen aus.

Gerlmaier, Anja; Latniak, Erich (2013): Psychische Belastungen in der IT-Projektarbeit – betriebliche Ansatzpunkte der Gestaltung und ihre
Grenzen, in: Junghanns, Gisa; Morschhäuser, Martina (Hrsg.): Immer schneller, immer mehr : Psychische Belastung bei Wissens- und
Dienstleistungsarbeit. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 2013, S. 165 - 193

                                                                              Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 10
2. Belastungen in der technischen Entwicklung –
   „alte Bekannte“

● Häufige Stressfaktoren bei der Projektarbeit in Entwicklungsprozessen
  über Zeitdruck hinaus:

      ●     Zeitdruck                                      Gefahr, Ziele hinsichtlich Qualität, Kosten und
                                                           Termine nicht einzuhalten à Überstunden,
                                                           Selbstausbeutung etc.
      ●     Optionsstress                                  Entscheidungen aus Vielfalt der Optionen beim
                                                           Entwickeln; verstärkt durch Zeit- und
                                                           Ressourcenknappheit
      ●     Kooperationsbelastungen                        Aushandlungs-, Verständigungs-, und
                                                           Lernprozesse, v.a. mit anderen Unternehmen

Kalkowski, P., & Mickler, O. (2015): Kooperative Produktentwicklung, Fallstudien aus der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und der
IT-Industrie, Nomos Verlag

                                                                            Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 11
2. Belastungen in der technischen Entwicklung –
   „alte Bekannte“

 ● Demografischer Wandel und Prävention in der IT-Branche – Gesundheit
   am seidenen Faden
        ●      Auch in der ‚jungen‘ Innovationsbranche IT werden die Mitarbeiter älter…
        ●      Veränderung der betrieblichen Sozialordnungen
        ●      Unsicherheit und permanente Bewährung
        ●      Leistungsverdichtung
        ●      Paradoxien neuer Managementkonzepte

                         Verlust von Kohärenzsinn

Andreas Boes, Tobias Kämpf, Katrin Trinks (2009): Gesundheit am seidenen Faden – Zur Gesundheits- und Belastungssituation in der IT-Industrie.
In: ver.di (Hg.): Hochseilakt - Leben und Arbeiten in der IT-Branche. Ein Reader. Berlin, S. 53-64.

                                                                                    Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 12
2. Belastungen in der technischen Entwicklung –
   „alte Bekannte“

● Belastungen in der Innovationsarbeit, vor allem dann, wenn …
       … keine Erfolgserlebnisse eintreten
       … keine ausreichenden Regenerationsphasen vorhanden sind
       … und die Kernaufgaben in der Arbeitszeit überwiegend nicht erfüllt werden können

● Problematisch ist es auch, wenn …
       … formelle Prozesse nicht zu Arbeitsrealität passen und zu Mehrarbeit führen
       … Dokumentationsaufgaben überhand nehmen
       … „geerbte Aufgaben“ erledigt werden müssen
       … Meetings formal aufgesetzt sind und den Kern des Informations- und
         Wissensaustausches einschränken.

Wühr, D., Pfeiffer, S., Schütt, P., & Huchler, N. (2012). Innovation an der Grenze. In Smarte Innovation, VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 141-164.

                                                                                       Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 13
3. Führen die neuen Formen des agilen Projekt-
   managements zu weniger Arbeitsbelastung?

Potenziale …
… des agilen Manifestes
       ●     Versuch, Softwareentwicklung von bürokratischen Hürden wie überbordenden
             Dokumentationsanforderungen und Vertragswerken sowie unrealistisch detaillierten
             Planungen und Bevormundung zu befreien
                    Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen
                    Funktionierende Software steht über einer umfassenden Dokumentation
                    Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der Vertragsverhandlung
                    Reagieren auf Veränderung steht über dem Befolgen eines Plans http://agilemanifesto.org/

… des am weitesten verbreiteten Ansatzes Scrum
       ●     Sprint Planning als empowernde Selbstorganisation
       ●     Sprint als Schutzraum
       ●     Daily Scrum als „schnelle“ Abspracheplattform (vs. langatmige Meetings)
       ●     Kollaboration als strukturelle wie personale Voraussetzung

Sauer, Stefan (2017): Agile Project Management as a Generator of Stress Relief and Efficiency? http://dx.doi.org/10.18374/IJSM-17-2.5. In: International Journal of
Strategic Management, Heft Volume 17, Issue 2, pp. 64-74.

                                                                                     Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 14
3. Führen die neuen Formen des agilen Projekt-
   managements (Scrum) zu weniger Arbeitsbelastung?

●     Häufige(re)s Erleben von Erfolgen, bzw. weniger Misserfolgen da Wert auf kurzzyklische
      Iterationsphasen und die Herstellung frühzeitig demonstrierbarer Zwischenergebnisse gelegt
      wird, die ein schnelles Feedback aus dem Nutzungskontext erlauben. (Die Konzentration
      auf Länge des Projektsprints und nicht auf gesamten Projektgegenstand kann zudem
      Komplexitätsstress reduzieren)
●     Prinzipiell Möglichkeit für Regenerationsphasen, die gegen Ansprüche von außen gesichert
      sind, da das Team während der kurzen Iterationsphasen in den agilen Projekten selbst plant
      und gemeinsam schätzt, was in dieser Phase realistisch an Arbeit geleistet werden kann
●     Option auf Entlastung von arbeitsausgelagerten Kommunikationsaufwänden besteht,
      da arbeitsorientierte Treffen auf kurze Zeiträume begrenzt sind und übergeordnete
      Abstimmungserfordernisse an Akteure außerhalb des Meetings/des Teams delegiert werden
●     Prinzipielle Chance auf weitgehende Fokussierung auf die Kernarbeit und auf die Erfahr-
      barkeit der Gebrauchswertorientierung der eigenen Arbeit, da agiles Projektmanagement
      das Team weitgehend von Aufwänden für übergeordnete Controlling- und Steuerungs-
      ansprüche befreit

    Pfeiffer, Sabine; Sauer, Stefan; Ritter, Tobias (2014): Agile Methoden als Werkzeug des Belastungsmanagements? Eine arbeitsvermögenbasierte
    Perspektive. In: ARBEIT. Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik, Heft 23 (2), S. 119-132.

                                                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 15
3. Unterstützen die agilen Methoden die
   Mitarbeiterzufriedenheit und das Teamplay?

● Agile Methoden werden bei dem Teilkriterium „Mitarbeitermotivation“
  besser bewertet als klassische Projektmanagementmethoden
● Bei Teammotivation und Teamwork werden besonders positiv bewertet
  Scrum, Kanban, XP und Design Thinking

Vgl. BPM-Labor, Prof. Dr. A. Komus, Internationale Studie: Status Quo Agile 2014. www.status-quo-agile.de

                                                                            Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 16
3. Agilität als Entlastung! Ja ___ aber …

                         „Agilität ist ein Mindset.
                         Bei ihrer Transition weg von alten Arbeitsweisen
                         halten sich die meisten Unternehmen an den Mythos
                         „Agile anzuwenden“. Es ist ein großer Unterschied,
                         „Agile anzuwenden“ oder „Agile zu sein.“

https://www.scrum.de/die-herausforderungen-bei-scaling-agile/

                                                                Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 17
4. „Gesundheitsrisiko“
   Innovations-/Entwicklungsarbeit im agilen Umfeld

    Häufiges Scheitern an der Art der Realisierung, an der Passung,
    am fehlenden Schutzraum in der Gesamtorganisation sowie
    an der Sozialdynamik im agilen Team!

                                                                                      …         PräFo Empirie

                                      Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 18
4. „Prävention von Belastungen bei formalisierter
   Arbeit in der technischen Entwicklung“ (PräFo)

                                                             Untersuchungsdesign ...

                                   Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 19
4. Das Projekt PräFo

● Spannungsfeld zwischen formalen ergebnisorientieren Arbeitsstrukturen
  sowie Freiräumen für selbstorganisiertes und informelles Handeln
● Herausforderungen und Belastungen, die sich z.B. aus agilen
  Vorgehensweisen einerseits und der Formalisierung von (auch) diesen
  Prozessen sowie überprüfbaren Ergebnissen andererseits bilden
● Gestaltungsmaßnahmen für ein partizipatives Präventionsmanagement,
  das in agile Methoden des Projektmanagements integriert wird

    Also nicht Ent-, sondern Belastungen bei AGILITÄT?

                                      Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 20
4. Agile Methoden und Einsatzlogik:
   Flexibilisierung oder Formalisierung?

                                 Agile Methoden
      Flexibilisierung                                                      Formalisierung

                                 … agil einsetzen

     Schwergewichtiger Prozess                            Vorgehen ohne definierte Methode
             formal                                                  informal

   ● Projektmanagement zwischen „hierarchischen Tankern“ und
     „hemdsärmeligem Vorgehen“
   ● Agiles Projektmanagement als ‚rahmende Öffnung‘ und ‚maßvolle
     Formalisierung‘

                                             Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 21
4. Agilität und Implementierungslogik

                                Lehrbuch
                               theoretisierend            “[…]agile project means that you work
                                                          under pressure and every delay has
                                                          impact on the delivery […] In waterfall you
                                                          are more relaxed. You do not have time
                                                          pressure, so you have all dependencies
                                                          from other team because you have your
          Kontrolllogik                                      Arbeitsprozesslogik
                                                          task which you can do a long time and you
        instrumentalisierend                                          rahmend
                                                          can switch tasks   maybe in your calendar, if
                                                          you are stuck with something. This is why I
                                                          say waterfall is a more relaxed project. “
   ● Scrum als Prozessbeschleuniger und Belastungsminimierer?
   ● Heterogene Umsetzung/Ausgestaltung von Agilität zwischen Lehrbuch-,
     Kontroll- und Arbeitsprozesslogik
   ● Unterschiedliche Grade der Vermischung mit konventionellen Konzepten /
     verschiedener agiler Ansätze

                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 22
5. Agilität im Spannungsfeld: Selbstverausgabung,
   Teamdruck und Stress durch die Verhältnisse
                                                                           Formelle/informelle Standards
                                                                                (von DIN Normen bis
                                                                                „Entwicklerszene“) 
                                                                                                                                              Unternehmensorganisation
                     Fremd- und
                                                                           nachvollziehbar unverständlich                                           und -kultur
             Selbstorganisation  Agile
                   Scaling (dezentral)
                Hierarchie - Stab- und            Reorganisation
              Linienorganisation (zentral)

                                                 Agiles Projektmanagement                                                         Projektorganisation
                                                                                Schätzen im                                                            Standortübergreifende
                Multiprojektmanagement 
                                                                                   Team                        Kundenfeedback                             Zusammenarbeit
                Zusammenhängende Projekte
                                                                                Komplexität                    Kooperation /                            Remote Teams
                   Strategie- Zielkonflikte
                                                       Timeboxing               Überplanung                      Orientierung                               Face to face-
                                                  Orientierungsrahmen                                        Maßlosigkeit in den                        Verbindlichkeit?
                                                     unangemessener                                             Anforderungen
                                                         Zeitdruck
       Kundenorientierung                                                 Selbstorganisation und
          Orientierung am                                                                                                                Retrospektive
          Standardprodukt                                                      professionelle                                          Reflexion der agilen
         Individualisierung                   Leistungssteuerung
                                                                                Informalität                                           Arbeitsprozesse 
                                               durch Transparenz                                                                         Kampfbühne,
                                                                                                                                          Machtbühne

                                                         Sprint               Daily Scrum                Rollendefinitionen
                                                      Schutzraum            wechselseitige              Verantwortlichkeit
                  Projektmanagement-                                          Hilfestellung
                  formen (Stage Gate,                 Taylorisierung                                       und Klarheit
                                                                               Kontrolle,                kontraproduktive
                   Scrum, IT-Kanban)                                        Selbstdarstellung,
                     Vereinbarkeit /                                                                      Überstilisierung
                                                                              sinnentleerte                   (forcierte
                     Synchronisation                                             Routine
                    Widersprüche/                                                                        Rollenerfüllung)

                                                    Paperwork
                                                  (administrative
                                                  Tätigkeiten) on
                                                        top                   Aufgaben
                                                                              aus alten                      Embedded Entwicklungen
               Betriebsklima  offen                                         Projekten
                     geschlossen
                                                                                                                                                            Ambivalenzen /
                                                                                                                                                           widersprüchliche
                                                                                                                                                            Anforderungen

                                                                                     Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 23
5. Agilität und Belastungen:
    Selbstverausgabung und Teamdruck
                                                                                                     „Ich glaube, dass ich mir den [Druck]
                                                                                                     selber mache. Man kriegt schon mit, von
                                                                                                     wegen Leute warten auf gewisse Sachen,
                                                                                                     also es ist ein bisschen da, aber mehr so
                                                                                                     aus der Natur der Sache, fachlich ist es
                                                                                                     einfach so gegeben, dass es
                                                                                                     Abhängigkeiten gibt, wir können erst das
                                                                                                     machen wenn das da ist oder man weiß,
                                                                                                     das soll für den Kunden fertig sein und
                                                                                                     hat eine Deadline. Also es kommt nicht
                                                                                                     von den Kollegen, sondern aus den
„…, dass sich viele erst mal mehr Aufgaben                                                           Aufgaben selber sage ich mal…“
aufhalsen, als sie eigentlich machen können.                Selbstorganisation und
Gerade eben aufgrund von dieser Motivation                      professionelle
auch, die allein mal dadurch entsteht, dass ich                  Informalität
selber planen darf. […] Wie viel allein das
ausmacht […], dass ich mal nicht mehr der bin,
der irgendwie so Befehlsempfänger ist
sozusagen, sondern sagt hey, ich darf jetzt hier
mal selbstständig schauen, was mache ich
eigentlich…“

                                                                                                                                   Ambivalenzen /
                                                                                                                                  widersprüchliche
  Siehe zu dieser Form der Belastung auch: Moosbrugger, Jeanette (2008): Subjektivierung von Arbeit:                               Anforderungen
  Freiwillige Selbstausbeutung. Ein Erklärungsmodell für die Verausgabungsbereitschaft von Hochqualifizierten. Wiesbaden.

                                                                            Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 24
5. Belastung im agilen Team (Fallbeispiel)

Agiles Entwicklerteam in einem osteuropäischen Projekt (Fallskizze)
●   Agiles Team mit zunächst 6 sehr guten Entwicklern wurde aus einem Mitarbeiterpool
    zusammengestellt: Gute Teamdynamik!
●   Das agile Team schrumpft auf 4 Mitarbeiter, da der Auftrag nach einer Zeit weniger
    Kapazitäten erforderte: Veränderung der Teamdynamik!
●   Das agile Team schrumpft sich selbst, mit Blessuren für ein Teammitglied: Kaputte
    Teamdynamik!

    Was ist geschehen?
     Selbstgemachter Leistungsdruck
     Leistungsdivergenz im Team
     Kohäsion und Chemie im Team?
     Scrummaster – wo und wie?

                                             Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 25
5. Belastung im agilen Team (Fallbeispiel)

Leistungskultur „von innen getrieben“
●   Highperformer treibt hohes Tempo im Team („Maßstab im Planning Meeting
    hochgehängt!“)
    ●   Entwicklungsgeschwindigkeit konnte einer mittragen (erste Qualitätseinbußen), zwei trotz
        produktiver Arbeit nicht
           Abgehängt 1: Immer weniger aber noch ordentliche Arbeitsergebnisse. Irgendwann sind
            aber keine Codezeilen mehr von ihm in das Produkt eingeflossen  der Highperformer
            hat ihn mitgezogen
           Abgehängt 2: Komplett abgehängt und in sich zusammengefallen. Nichts von dem, was
            er einbringen wollte, wurde angenommen. Wurde fallen gelassen!

    ●   Selbsterzeugter Leistungsdruck im Team und persönliche Beziehungen (Koalitionen) mit
        entscheidend
           Abgehängt 2:
            • Zu dem Zeitpunkt – schwierige Jobverhältnisse, Verlust – hoher persönlicher Druck!
            • Druck im Team zu groß, schlechtere Joboption: Mobbing und Gesichtsverlust!

                                                   Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 26
5. Belastung im agilen Team (Fallbeispiel)

Rolle des Scrum-Masters?
 Als Scrummaster war ein Manager benannt
 Scrummaster war nicht aktiv, um das Team zu schützen (hatte das Team nicht im Griff)
 Angst, dass Highperformer das Unternehmen verlässt – obwohl sich dieser viel erlaubt
 Motivation des Highperfomers nicht ergründet (keine Akzeptanz für Codes, die er nicht
  selbst geschrieben hat)

●   Gruppendynamische Prozesse müssen begleitet werden
●   Highperformer nicht immer die besten Teamplayer – Agilität Verbesserung der
    Kollaboration?

                                            Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 27
5. Agilität und Belastungen:
   Ambivalenzen im agilen Projektmanagement (Bsp. Scrum)

                                                             Kundenfeedback
                                                              Kooperation /
                            Timeboxing
                                                             Orientierung
                            Orientierungsrahmen
                                                              Maßlosigkeit in
                             unangemessener                                               Retrospektive
                                                             den Anforderungen
                            Zeitdruck                                                       Reflexion der agilen
                                                                                           Arbeitsprozesse
              Daily Scrum
                                                                                            Kampf-,Machtbühne
               wechselseitige
              Hilfestellung                Selbstorganisation
               Kontrolle,
              Selbstdarstellung,           und professionelle                                 Leistungssteuerung
              sinnentleerte                  Informalität ?                                   durch Transparenz
              Routine
                                                                             Rollendefinitionen
                                                                             Verantwortlich-
                        Planning und
                                                   Sprint                    keit und Klarheit
                        Estimation Poker
                                                    Schutzraum               leere „Labels“
                        Realistische
                                                    Taylorisierung
                        Planung im Team
                        (Komplexität,
                        Überplanung

                        “Kompetenz-
                        /Leistungscheck“

                                                                                                                  Ambivalenzen /
                                                                                                                 widersprüchliche
                                                                                                                  Anforderungen

                                                           Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 28
5. Belastungen im agilen Projektmanagement am Beispiel
     von Scrum
  „Es ist halt so, diese Prio-Listen, die da jede Woche auch
                                                             „Und das sehe ich im Moment
                                                             wirklich als riesen Problem an.
   rum geschickt werden, das ist sowieso immer, da könnte                       Da geht bei mir alles auf
   man locker zwei Wochen mit füllen, es ist halt immer für                     Blockade und auf Schutz,                          „Eine wichtige Sache bei der
                       eine Woche.“                                             Schutzmechanismen und weg                         Fehlerkultur ist meines Erachtens,
                                                                                und lass, ich höre dann vorbei.“                  wenn man mal mit dem Team anfängt,
                                                                                                                                  dass man die Retrospektive zum
                                                                           Kundenfeedback                                         Beispiel als einzigen Ort sieht, der nicht
                                                                            Kooperation /                                        transparent ist. Also es gehört auch ein
                                                                           Orientierung                            Retrospektive Ort dazu, der geschützt sein muss. Und
„Woran liegt das, dass die Schätzungen    so abweichen von
                                   Timeboxing                               Maßlosigkeit in den                    Reflexion derda ganz klar, das ist die Retrospektive.
der Zeit, die wirklich gebraucht wird? …  B1:   Das liegt auch             Anforderungen                           agilen         Und da muss man wirklich aufpassen,
                                   Orientierungsrahmen
daran, dass manche Technologie neu     ist, das heißt wir haben
                                    unangemessener                                                                Arbeitsprozessedas
                                                                                                                                    was in der Retro gesagt wird, dass
keine Erfahrung vorher. Und es wurde geschätzt, okay, zwei                                                                        das nicht nach außen dringt. Und da
                                   Zeitdruck                                                                       Kampfbühne,
Wochen, aber man muss dann vorher auch etwas lesen um                                                                             muss der Coach sehr stark drauf achten
                                                                     Selbstorganisation                            Machtbühne und muss auch Dinge, die er dann aus
das Prinzip zu verstehen, dann dauert es länger.“
                                                                     und professionelle                                           der Retrospektive rausträgt fragen, ist
                          Daily Scrum                                                                                             das jetzt okay…“
                                                                       Informalität ?                                       Leistungssteuerung
                           wechselseitige
„Und, aber an diesem Endtermin      hat sich nichts
                                                                                                                                durch Transparenz
geändert, also der Endtermin   ist fest. Der wird sich
                          Hilfestellung
                                                                                                   “…One date is the sprint delivery, … Well, here we have this stress for two
auch nicht ändern lassen. Also  wir müssen den
                              Kontrolle,                                                           days every sprint …”
Endtermin stemmen, egalSelbstdarstellung,
                            wie, egal mit welchen
Ressourcen. So ist der Plan. Das wir zu wenig sind im
                          sinnentleerte
Team das ist ja allgemein bekannt, auch Single
                          Routine                                                                                Rollendefinitionen
Source wird immer schwieriger wenn einer zum Planning„Also   und […] mein Eindruck war, die
                                                                                                                 Verantwortlichkeit
Beispiel unser Hardwareentwickler ist komplett Estimation   meisten haben diese Sprint
                                                                                   […] 15 Minuten
                                                                                                                 und Klarheit
alleine. Wenn er ausfällt, das ist ein Problem. „ Poker abgesessen und gesagt,   Schutzraum
                                                                                      ich mach
                                                            heute das und ich mache    heute das,                 kontraproduktive
                                                    Realistische                Taylorisierung
                                                    Planung und
                                                            im also man, es kam zu wenig von                „DasÜberstilisierung
                                                                                                                   sagt ja der Kollege .. auch, jetzt mal auf diesen
     „Also das durchschnittliche                            diesem Team,  von   dieser Teamidee             Scrum(forcierte
                                                                                                                     Prozess bezogen. Also er kannte eher Projekte, wo
                                                    Team
   Belastungsniveau ist in einem                            rüber.                                               Rollenerfüllung)
                                                                                                            danach    dann immer auch noch so eine Testphase kam,
                                                                                                            wo  ja  auch   dieses Scrum Entwicklungsteam dann mal ein
 Teamprojekt sicher höher, weil du                  “Kompetenz
  einfach ständig unter Strom bist                                                                          Stückweit    durchatmen    konnte und dann mehr so ein
                                                    -check“          „[…]der Product Owner schreibt eigentlich keine User
   mit der Prämisse, jeden Sprint                                                                           Bugfixing    machte,   und im Moment challengen wir die
                                                                     Storys, sondern so Mini-Spezifikationen, wirft die über
einmal zu liefern, aber was du nicht                                                                        mehr,   also   ein Entwicklungsthema    nach dem anderen
                                                                      den Zaun und das Team soll das dann machen. Es ist
   hast ist, dass du dann am Ende                                                                           und  erwarten,     dass es dann auch  noch getestet und
                                                                        auch meistens so, der schreibt das und dann soll
einfach diesen Big Bang hast. Diese                                                                         zeigbar   ist. Und  das, also der ächzt im Moment   ein
                                                                     danach geschätzt werden. Es wird immer so dieses …
          komplette Krise. „                                                                                bisschen    hörbar.“
                                                                         es ist eigentlich, als ob man Wasserfall nur auf
                                                                                         Miniatur hat.“
                                                                                        Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 29
5. Agilität und Belastungen:
       Ambivalenzen konventionelles-agiles Projektmanagement und
       Zusammenarbeit im Rahmen unterschiedlicher Projektlogiken

                                                                                                                                 Projektorganisation

                                                         Embedded Entwicklungen

                         Multiprojektmanagement
                                                                  Agiles Projektmanagement
                                                                                                       Kundenfeedback
                                                                                                        Kooperation /
                                                    Timeboxing                                         Orientierung
                                                    Orientierungsrahmen                                Maßlosigkeit in den
                                                     unangemessener                                   Anforderungen
               Kundenorientierung                   Zeitdruck
                                                                             Selbstorganisation                                Retrospektive
                Orientierung am
               Standardprodukt                                               und professionelle                                 Reflexion der
                                                  Leistungssteuerung                                                           agilen Arbeitsprozesse
               Individualisierung
                                                  durch Transparenz
                                                                                Informalität
                                                                                                                                Kampfbühne,
                                                                                                                               Machtbühne
                                                        Sprint             Daily Scrum                Rollendefinitionen
                         Projektmanagement               Schutzraum        wechselseitige            Verantwortlichkeit
                         -formen (Stage Gate,            Taylorisierung   Hilfestellung              und Klarheit
                         Scrum, IT-Kanban)                                  Kontrolle,                 leere „Labels“
                          Vereinbarkeit /                                 Selbstdarstellung,
                         Synchronisation                                   sinnentleerte
                         Widersprüche/                                    Routine

                                                                                       Aufgaben
                                                Paperwork
„Und muss dann entsprechend als Projektleiter      diese Teammeetingsausund
                                                (administrative
                                                                              alten die
                                                                          Projekten
Meetings mit den Gatekeepern dann vorbereiten         und on
                                                Tätigkeiten) Präsentationen, Folien
                                                top
und habe noch als Aufgabe als Entwicklungsleiter diese ganzen Lastenhefte
                                                                                                                                                    Ambivalenzen /
und Pflichtenhefte zu erstellen. D. h. im Prinzip habe ich als Entwicklungs-
                                                                                                                                                   widersprüchliche
leiter zu wenig Zeit, da ich die anderen Aufgaben noch hier bewerkstelligen
                                                                                                                                                    Anforderungen
muss.“

                                                                                     Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 30
5. Agilität und Belastungen:
   Ambivalenzen konventionelles-agiles Projektmanagement und
   Zusammenarbeit im Rahmen unterschiedlicher Projektlogiken (Fallbsp.)

● Teamdynamik konventionelle Entwicklung/PM und agiler Entwicklung
   ●   Gegenseitiges Verstehen ist schwierig
   ●   Abgleiten in gegenseitige Vorwürfe, z.B. über verschiedene Standorte
   ●   „Traditionelle“ Entwickler fühlen sich überrumpelt, abgewertet und haben Ängste
       bis hin zum Arbeitsplatzverlust
   ●   „Agile“ Entwickler sehen sich missverstanden und ausgebremst

● Bei der Einführung als Herausforderung benannt
   ●   Ansprüche in agilen Entwicklungsprozessen wie „zusammen Reden“ und
       „Teamcomittment“
   ●   Anspruch an das Team, Verantwortung für die Planung(sschritte) zu übernehmen
   ●   Verbreiterung des Aufgaben- und Anforderungsspektrums
   ●   Arbeitsunterbrechungen durch KundInnen und KollegInnen
   ●   Emotionale Belastungen durch Kundenkommunikation
   ●   Integration widersprüchlicher Anforderungen

                                             Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 31
5. Agilität und Belastungen
   WAA Selbstorganisiertes PM – formale Organisation

                                                         Formelle/informelle
                                                         Standards (von DIN Normen
                                                         bis „Entwicklerszene“) 
                                                         nachvollziehbar
          Fremd- und
                                                         unverständlich
                                                                                                               Unternehmensorganisation
          Selbstorganisation                                                                                         und -kultur
          Agile Scaling
           Hierarchie - Stab- und
          Linienorganisation
                                                                                     Projektorganisation
                                         „Und was ich da erlebe, mal als Beispiel in einer Firma,   einem mittelständischen
                                                                                             Kundenorientierung
       Multiprojektmanagement         Unternehmen, hat die Führungskräfte, die Geschäftsführer        unser
                                                                                              Orientierung  am Jahresseminar, wo
                                                                                             Standardprodukt
                                      die ganze Firma eingeladen ist, das soll jetzt mal … sollen     die Mitarbeiter mal selber
                                                                                             Individualisierung
                                        organisieren und wollten sozusagen mal loslassen, sollen die selber organisieren.
          Aufgaben                   Und dann eine Woche oder zwei Wochen, bevor dann dieses Seminar war, haben sie
          aus alten                   sich mal zeigen lassen, wie ist denn euer Konzept, und dann hat es ihnen überhaupt
          Projekten
                                     nicht gefallen. Total eskaliert und dann haben sie auf den Tisch gehauen und dann so
                                     nach dem Motto, ja, wir haben es ja gleich gewusst, dieses ganze autonome Arbeiten
                                     funktioniert nicht. Und da habe ich gesagt, naja, also da habt ihr ein komplett falsches
               Projektmanageme
               nt-formen (Stage          Verständnis von autonomem Arbeiten. Weil wenn die Leute nicht wissen, was ihr
               Gate, Scrum, IT-        wollt, dann können die das sicher auch nicht ausrichten. […] Weil es ergibt natürlich
               Kanban) 
               Vereinbarkeit /          einen Zusammenhang und natürlich ist das Team in einem größeren Kontext. Und
               Synchronisation        jetzt ist sozusagen die neue Aufgabe, wie verhandeln wir jetzt unsere Motivationen?“
               Widersprüche/

             Betriebsklima                                                        „Wir haben auch schon zum Scherz gefragt,
             offen  geschlossen           Paperwork/Controlling
                                           (administrative                         ja, wohin buchen wir die Zeit, die wir fürs
                                           Tätigkeiten) on top                     Buchen brauchen. Da hat es keine Antwort
                                                                                   gegeben.“

                                                                   Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 32
5. Zwischen Entlastung (Empowerment) und Belastungen
   durch Subjektivierung sowie Entsubjektivierung von Arbeit

● Entlastung durch Freiräume, Verfügbarkeit und Einflussnahme über
  (zeitliche) Arbeitsressourcen und Vermeidung von Überfrachtung…
Aber „alte bekannte“ und neue Belastungen…
● Breites Spektrum unterschiedlicher Anforderungen an das Selbst bei
  widersprüchlichen Arbeitsanforderungen und „Scrum im Schnellkurs“
● Selbstobjektivierung und -rationalisierung (Böhle et al. 2011)
● Unhinterfragte Selbstorganisationsreife: Wo steht das Team, wo die
  Organisation?
● Anerkennung als neuralgischer Punkt: Karriereparcours, Entlohnung,
  Wertschätzung

Böhle, Fritz, Sabine Pfeiffer, Stephanie Porschen (2011): Herrschaft durch Objektivierung; in: Wolfgang, Bonß, Christoph Lau (Hg.): Macht und Herrschaft
in der reflexiven Moderne. Weilerswist, 244 -283

                                                                              Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 33
5. Zwischen Entlastung (Empowerment) und Belastungen
   durch Subjektivierung sowie Entsubjektivierung von Arbeit

● Transparenz ermöglicht neue Formen der Leistungskontrolle 
  Verschärfung durch Softwarewerkzeuge wie JIRA!
● Taktung / Sprints … Arbeitsextensivierung und -intensivierung,
  Arbeitshetze!
 Gefahr…
● Agilität als „Gelddruckmaschine“ ‚unter falscher Flagge‘ ohne Verständnis
  für das „Prinzip Agilität“

                                        Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 34
5. Gesundheitsrisiken?

● Viele agil Arbeitenden gehen regelmäßig an die Grenzen ihrer
  Leistungsfähigkeit – (sehr) starke Belastung (Arbeit nicht mehr als
  Herausforderung!)
● Hohe Arbeitsbelastung geht mit Stresssymptomen einher – beginnend damit,
  dass das Abschalten in der arbeitsfreien Zeit immer schwieriger wird…

 „Psychische Gesundheit von Erwerbstätigen ist immer Ausdruck eines komplexen
    Zusammenspiels vielfältiger externer Anforderungen und individueller
    Dispositionen, Ressourcen und Bewältigungsformen.“

Dunkel, Wolfgang; Kratzer, Nick; Menz, Wolfgang (2010): Psychische Belastungen durch neue Steuerungsformen. Befunde aus dem Projekt
PARGEMA. In: Heiner Keupp; Helga Dill (Hrsg.): Erschöpfende Arbeit. Gesundheit und Prävention in der flexiblen Arbeitswelt, Transcript,
Bielefeld, S. 100

                                                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 35
6. Lessons learned: Belastung im agilen Team

● Sustainable Pace

      “The Agile mindset views recourse to overtime, other than on an exceptional
    basis, as detrimental to productivity rather than enhancing it. Overtime tends to
     mask schedule, management or quality deficiencies; the Agile approach favors
    exposing these deficiencies as early as possible and remedying their underlying
                   causes, rather than merely treating the symptoms.”

                                                                       https://www.agilealliance.org/glossary

 Gar nicht so einfach!
 Individuelle Copingstrategien können nicht alles sein…
 Kümmerer?

                                             Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 36
6. Lessons learned: Agiles Team

Der Scrum Master …
… muss anerkannte und akzeptierte Rolle einnehmen können
… braucht Standing/Durchgriff in höhere Führungsebenen, um das Projektziel
  erreichen zu können (Klarheit Zuständigkeit, Kompetenzreichweite etc. in der
  Organisation
… muss ggf. an Spielregeln erinnern, z.B. wenn Linie durchgreifen darf, um
  Anpassungen der Projektplanung (Eskalationsschema etc.) vorzunehmen
… muss Sorge tragen: „Ein Team muss als Team arbeiten können, wie ein Team…“
  und kann dafür nicht ohne weiteres mehrere Rollen im agilen Team übernehmen
  (z. B. Entwickler, Product Owner UND Scrum Master).

 Rollen wie Scrum Master und Product Owner personell UND strukturell
   sichern!

                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 37
6. Lessons learned: Ambivalenzen im agilen
   Projektmanagement

● (Arbeits-)Anforderung und relevante Fähigkeiten der Entwickler müssen
  zusammenpassen (herausfordernde, machbare Anteile des Projektgegenstands
  im jeweiligen Projektsprint)
● Agile Implementierung: Eigenlogiken teambasierter Selbstorganisation und
  Kompetenzausstattung (Zeit, Ressourcen, Durchsetzung) der Rollen (Scrum:
  Product Owner, Scrum Master) beachten (z. B. keine Kontrolllogik im Daily!…)
● Kommunikationspartner im Projektteam dürfen gewisse Anzahl nicht
  überschreiten (ideal 7, höchstens 8-10?)
● Stabiles gefestigtes soziales System (Teambuilding nicht immer von neuem
  beginnen)
● Selbstorganisierte Projektplanung bedarfsgerecht und arbeitsprozessbezogen
  durch das Team selbst ermöglichen

                                         Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 38
6. Lessons learned: Ambivalenzen im agilen
   Projektmanagement

● Kollektive Aufwandsabschätzung als kollektiven Lernprozess durch
  abschließendes Review anstoßen. Team sollte immer realistischer werden und
  durch die Reflexion freiwillige Selbstausbeutung minimieren
● D. h. fairer Umgang mit „Verschätzen“ (zu langsam arbeiten/zu viel
  vorgenommen) – Lernschleife!
● Dazu Berücksichtigung zeitlicher Passung von Schulungen (‚nicht zu früh und
  nicht zu spät‘)
● Bedarf an praxisgerechten Hilfestellungen, Coaching gerecht werden
● Sprint (=Kernarbeitszeit/eigentliche Arbeitsaufgabe) über konsequentes
  Timeboxing vor ungeplanten Zusatzaufgaben von außen schützen, d.h. u.a.
  auch Einsatz in mehreren Projekten mäßigen…
● Team arbeitet im Sprint eng zusammen und wird auch nicht von übergeordneten
  Positionen beeinflusst (Rücken frei halten!), um bedarfsgerechte und
  arbeitsprozessbezogene Planung zu ermöglichen

                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 39
6. Lessons learned: Ambivalenzen im agilen
   Projektmanagement

● Scrum Tag nicht überplanen (7/6 h für 8-Tag!?) und projektfreie Tage (auch mal
  am Produkt arbeiten…) ermöglichen. Nachhaltige Planung = Orientierung an
  gangbarer Durchschnittsbelastung, Berücksichtigung von Unwägbarkeiten und
  Mikropausenkultur!
● Sensibilität für die Gefährdung des Regenerationspuffer und „Schutzraumes“
  Sprint z. B. durch die IT-Kanban-Fließfertigung in der Wissens- und
  Innovationsarbeit!
 „Lernkurve Selbstorganisationsreife“!

                                          Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 40
6. Lessons learned: Ambivalenzen im agilen und
   klassischen Projektmanagement sowie der Organisation

● Prinzipien Regenerationspuffer und Schutzraum auch in andere Formen des
  Projektmanagements bzw. der Arbeitsorganisation implementieren (Formalitäts-
  Informalitätscheck!)

● Coachende, begleitende, unterstützende Führung jenseits patriarchaler Hierarchie
  und indirekter Steuerung über agile Teams hinaus

● Widerspruch Top-down- und Bottom-up-Logik bearbeiten
   ●   An- und Einpassung der Selbstorganisation in Strukturen mit agilem Mindset
   ●   Abstimmung verschiedener agiler und nicht-agiler Logiken als Verbindungs- statt
       Schnittstellen
          Reporting und Dokumentation bedarfsorientiert gestalten und auf Agilität abstimmen

  Aktuell und zentral: Baustelle „Reflexive Skalierung“!

                                                 Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 41
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Weitere Informationen:
Dr. Stephanie Porschen-Hueck                                Peter Maurer & Kerstin Treutner
ISF München                                               Maurer & Treutner GmbH & Co.KG
Jakob-Klar-Str. 9                                                         Leopoldstraße 14
80796 München                                              76344 Eggenstein-Leopoldshafen
+49 (0) 89 272921-0                                                    +49 (0) 7247 954550
stephanie.porschen-hueck@isf-muenchen.de                           info@maurer-treutner.de

Projekthomepage PräFo: www.arbeit-form-zukunft.de

          AutorIn1, AutorIn2: Titel des Vortrags ...........................
                                            Stephanie Porschen-Hueck: „Agilität als Gesundheitsrisiko?“, 21.02.2018 / Folie 42
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