Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

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Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
1. Quartal 2021; ISSN 1435-4098; Einzelpreis: € 5,–

aktuell                                                 1|2021
                                                        Ausgabe 128

Ein Wald – viele Leistungen

Das Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
im Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Inhalt

             		 Dienstleister Wald                                                                       		 Wald & Mehr
               6 Was kann der Wald?                                                                       31 Waldpflege im Klimawandel
             		 Ulrich Stetter und Roland Schörry                                                        		 Ottmar Ruppert, Wolfram Rothkegel und Stefan Tretter

               9 Was suchen Waldbesucher?                                                                36 BeechSAT – Geschädigte Buchen
             		 Christoph Schulz und Markus Meyer
                                                                                                         		 mit Fernerkundungsdaten kartieren
                                                                                                         		 Christoph Straub, Javier Gonzalez, Rudolf Seitz, Bettina Felten,
              12 Was Waldbesucher im Wald finden                                                         		 Ragasree Polepally, Peter Schauer und Nicole Schmeitzner
             		 Michael Suda, Anika Gaggermeier, Kilian Ramisch und Nancy Koller
                                                                                                         40 Elsbeeren aus Bayern
              15 Holz – schafft Werte und Arbeit                                                         		 Muhidin Šeho, Darius Kavaliauskas, Karl Heinz Mellert
             		 Sebastian Gößwein                                                                        		 und Barbara Fussi

             19 Kontrovers diskutiert: Der Klimaschutzbeitrag                                            43 Habichtskauz im Anflug
             		 der Forst- und Holzwirtschaft                                                            		 Interview mit Michaela Domeyer und Johannes Bradtka
             		 Christoph Schulz und Gabriele Weber-Blaschke
                                                                                                         46 Südosteuropäische Eichenarten –
                                                                                                         		 Hoffnung im Klimawandel?
                                                                                                         		 Olaf Schmidt

                                                                                                         49 Oberpfalz-Kiefern im »Langzeit-Monitoring«
                                                                                                         		 Jörg Prietzel, Birgit Reger und Wolfgang Falk

                                                                                                         52 Weiterer Band der LWF-Praxishilfe
                                                                                                         		»Klima–Boden–Baumartenwahl«
                                                                                                         		 Manuela Forster, Wolfgang Falk, Birgit Reger, Karl-Heinz Mellert,
                                                                                                         		 Jörg Kunz, Muhidin Šeho, Olaf Schmidt und Hans-Joachim Klemmt

6                                                                              15
Was kann der Wald? Wald liefert Holz, schafft Arbeits-                        Holz – schafft Werte und Arbeit: 40 Milliarden Euro setzte der Cluster Forst und
plätze und dient der Gesellschaft als Ort der Erholung.                       Holz 2019 in Bayern um und stellte für 164.000 Menschen einen sozialversicherungs-
Die Waldfunktionsplanung beschreibt und die Wald-                             pflichtigen Arbeitsplatz zur Verfügung. Foto: BACH Holzbau, Leidersbach
funktionskarte zeigt, was der Wald in Bayern wo leisten
kann. Foto: R. Schörry, AELF Fürstenfeldbruck

             Titelseite: So vielfältig wie sich der Wald
             zwischen Karwendel und Spessart zeigt,
             so vielfältig sind auch seine Leistungen,
             die er uns Menschen und der gesamten
             Umwelt zur Verfügung stellt.
             Foto: Rainer Sturm, pixelio.de

2    LWF aktuell 1|2021
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Editorial

		Rubriken
                                           Kalender Seite 25
 4 Meldungen                              Forstliche Veranstaltungen
                                           auf einen Blick

23 Zentrum Wald-Forst-Holz

27 Amt für Waldgenetik

54 Holzwerkstatt

56 Waldklimastationen

59 Medien

60 Impressum
                                                                        Liebe Leserinnen und Leser,

                                                                        ich freue mich aufrichtig, Sie auf der ersten Seite von LWF aktuell
                                                                        persönlich begrüßen zu dürfen und darf Ihnen für das neue Jahr
                                                                        2021 alles Gute wünschen.

                                                                        Ich möchte aber auch die Tradition unserer Zeitschrift fortsetzen,
                                                                        Sie in einem kurzen Editorial auf das Schwerpunktthema dieser
                                                                        Ausgabe hinzuführen. Dabei versuche ich das eine oder andere
                                                                        zu erläutern oder einfach nur meine Sicht der Dinge zu skizzieren.
                                                                        Diese Aufgabe hat in den letzten beiden Ausgaben dankenswer-
                                                                        terweise Michael Mößnang, unser langjähriger Chefredakteur
                                                                        übernommen: Das eine Mal zur Verabschiedung von Präsident Olaf
                                                                        Schmidt, der über 20 Jahre lang die Bayerische Landesanstalt für
                                                                        Wald und Forstwirtschaft erfolgreich leitete, und im letzten Heft zu
                                                                        meinem »Start« als neuer Leiter dieser großartigen Landesanstalt.

                                                                        Heute halten Sie die erste Ausgabe des Jahres 2021 in Händen,
                                                                        die sich mit den vielfältigen Leistungen des Waldes für unsere
                                                                        Gesellschaft beschäftigt. Das Thema ist nicht neu und eigentlich
                                                                        sollte es allen forstlich Ausgebildeten und allen an der Umwelt
                                                                        Interessierten durchaus geläufig sein. In den Diskussionen über
                                                                        den Wald kann jedoch der Eindruck entstehen, als wäre jeweils nur
                                                                        eine einzige (dabei aber durchaus wechselnde) Waldfunktion von
                                                                        Bedeutung. Uns Forstleute macht jedoch aus, die Gesamtschau
                                                                        über alle Funktionen zu behalten und dabei den langfristigen
                                                                        Gesamtnutzen für die Gesellschaft zu optimieren. Wir wollen
                                                                        Ihnen daher in dieser Ausgabe einen Eindruck verschaffen, wie es

46
                                                                        um die Leistungen und Funktionen unseres Waldes derzeit be-
                                                                        stellt ist: Wir geben einen Überblick über den aktuellen Stand der
                                                                        Waldfunktionsplanung in Bayern, welche die vielfältigen Schutz-,
                                                                        Nutz- und Erholungsfunktionen der Wälder sowie ihre Bedeutung
                                                                        für die biologische Vielfalt dargestellt und bewertet. Wir beleuch-
                                                                        ten den ökonomischen Aspekt aus dem Blickwinkel des Clusters
Südosteuropäische Eichenarten – Hoffnung im Klimawandel?                Forst und Holz, wir berichten über aktuelle Forschungsergebnisse
Sie sind an Trockenheit, Hitze, Kälte und Schnee angepasst –
die Eichen aus den griechischen Rhodopen. Und sie wären
                                                                        aus dem Bereich »Wald und Erholung« und diskutieren unter-
durchaus eine Alternative für unsere mitteleuropäischen                 schiedliche Standpunkte zum Klimaschutzbeitrag der Holz- und
Wälder. Foto: M. Schölch, HSWT                                          Forstwirtschaft.

                                                                        Ihr

                                                                        Dr. Peter Pröbstle

                                                                                                                    1 |2021 LWF aktuell       3
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Meldungen

Stechpalme – Baum des Jahres 2021
                                                                 sie im Klimawandel vieler-
                                                                 orts neue, ihr zusagende Ni-
                                                                 schen finden. Vegetations-
                                                                 kundler diskutieren als Folge
                                                                 des Klimawandels die soge-             Die Deutsche Wildtierstiftung verkündete
                                                                                                        den Fischotter zum »Wildtier« des Jahres
                                                                 nannte »Laurophyllisierung«            2021. Foto: Naturfoto Hofmann
                                                                 mitteleuropäischer Wälder.
                                                                 So profitieren viele immer-
                                                                 grüne Gehölze wie Efeu,                Natur des Jahres 2021
                                                                 Mistel oder Stechpalme vom
                                                                 Klimawandel und breiten                Noch sind längst nicht alle »Jah-
                                                                 sich deutlich aus. In den              reswesen« des Jahres 2021 ge-
                                                                 Wäldern der Alpensüdseite              wählt, aber von den mehr als 30
                                                                 sind es immergrüne Laubge-             Natur-des-Jahres-Objekten sind
                                                                 hölze wie Kampferbaum,                 bereits über 20 verkündet worden.
                                                                 Hanfpalme, Großblütige Ma-             Begonnen hat alles 1971, als der
Foto: G. Aas
                                                                 gnolie und Kirschlorbeer, die          Wanderfalken zum »Vogel des
Im November 2020 hat die         West- und Mitteleuropa so-      häufig aus Gärten oder                 Jahres« gewählt wurde.
Dr. Silvius Wodarz Stiftung      wie im Mittelmeerraum. Ob-      Grünanlagen in die Wälder              Über die zahlreichen »Jahreswe-
die Europäische Stechpalme       wohl der Stechpalme klima-      verwildern. Es könnten sich            sen« gibt der Naturschutzbund
(Ilex aquifolium) zum Baum       tische Extreme nicht sehr       daher wieder den tertiären             Deutschland e.V. NABU einen sehr
des Jahres 2021 gekürt. Die      zusagen – Sommertrocken-        Lorbeerwäldern      ähnliche           guten Überblick. So ist der Fisch-
meisten kennen die Stech-        heit und Winterkälte be-        Wälder mit sommergrünen                otter das »Wildtier« des Jahres,
palme als Strauch oder Baum      grenzen ihre Verbreitung –      und wintergrünen Laub­                 der Grünling der »Pilz« des Jahres
in unseren Gärten oder als       gilt sie doch als recht zäh­    baumarten mit neuer Arten-             oder der Hartholz-Auenwald die
Weihnachtsschmuck. Aller-        lebig, sofern die Früh- und     zusammensetzung bilden.red            »Pflanzengesellschaft« des Jah-
dings ist sie auch ein einhei-   Spätfrostgefahr nicht zu ex-    www.baum-des-jahres.de                 res. Die Ivenacker Eichen in Meck-
mischer, wenn auch seltener      trem ist und der Boden nicht    www.lwf.bayern.de                      lenburg-Vorpommern sind für die
Waldbaum, der bis zu 15 m        allzu sehr austrocknet. Nicht                                          Jahre 2020 und 2021 das »Waldge-
hoch und 300 Jahre alt wer-      zuletzt wegen der zuneh-                                               biet« des Jahres und Mitte Januar
den kann. Sie wächst in          mend milderen Winter wird                                              2021 werden der NABU und der
                                                                                                        Landesbund für Vogelschutz nach
                                                                                                        einer öffentlichen Wahl den 50.
                                                                                                        »Vogel des Jahres« ausrufen.  red
                                                                                                        www.deutschewildtierstiftung.de
    Windkraftanlagen aus Holz                                                                           www.vogeldesjahres.de
    Mehr »nachhaltige Windenergie« geht           Der Windenergieturm von Björkö entstand               www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/
    schon fast nicht mehr. Im Jahr 2020 wurde     in enger Zusammenarbeit mit dem Svenskt               aktionen-und-projekte/natur-
                                                                                                        des-jahres/2021.html
    in Schweden ein erster hölzerner Wind-        Vindkraftstekniskt Centrum an der Techni-
    energieturm errichtet. Der Turm mit einer     schen Hochschule Chalmers. Finanziert
    Höhe von 30 m steht auf der Insel Björkö      wird das Windkraftprojekt von der schwe-
    vor Göteborg. Die Holzkonstruktion soll       dischen Energieverwaltung, der Region
    zeigen, dass Windkraftanlagen von Anfang      Västra Götaland und dem EU-Programm
    an klimaneutral sein können. Der auf Björkö   Horizon 2020.                         red
                                                                                                 In der Produktionshalle werden die Einzelteile der
    errichtete Windenergieturm dient vor allem    www.modvion.com                                Anlage vorproduziert und erst am endgültigen
    Forschungszwecken und soll den Weg für                                                       Standort zusammengesetzt. Fotos: modvion.com
    Windkraftanlagen der nächsten Generation
    ebnen. Baumaterial ist Verbundholz, das
    bei gleichem Gewicht stärker und stabiler
    ist als Stahl. Das Konzept des modularen
    Aufbaus ermöglicht es, noch deutlich hö-
    here Windkraftanlagen zu errichten. Schon
    2022 soll der erste Holzturm zu kommerzi-
    ellen Zwecken aufgestellt werden. Das Gö-
    teborger Unternehmen Modvion, das an-
    spruchsvolle Konstruktionen aus Verbund-
    holz entwickelt, beabsichtigt, in zwei
    Jahren für zwei schwedische Energieunter-
    nehmen mehrere 110 bis 150 m hohe Wind-
    kraftanlagen zu errichten.

4      LWF aktuell 1|2021
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Meldungen

Wald in Frauenhänden
In Bayern gibt es 1,4 Mio. Hektar Privat-        ländlicher Räume. Frauen haben schon
wald. 220.000 ha davon sind im Allein­           jetzt einen großen Anteil daran. Fem4-
eigentum von Frauen, weitere 222.000 ha          Forest wird sie darin unterstützten, ihre
gehören Eheleuten und Erbengemein-               Potenziale noch besser zu nutzen und
schaften. Jedoch sind Frauen in der Bay-         sich verstärkt einzubringen. Hierfür ar-
erischen Forstverwaltung, bei den Bay­           beitet die Bayerische Landesanstalt für     Noch immer sind Frauen im Forstsektor deutlich
                                                                                             unterrepräsentiert. »Fem4Forest« will gegen-
erischen Staatsforsten und den Forst­            Wald und Forstwirtschaft (LWF) mit 14       steuern. Foto: AELF Ebersberg
lichen Zusammenschlüssen deutlich                Partnern aus zehn Ländern im Do­
we­niger vertreten als es die Zahlen zur         nauraum zusammen. Für die evidenz-          das bestehende Angebot neu konzipiert
Waldbesitzverteilung und dem Anteil              basierte Grundlagenarbeit im ersten Ar-     und erweitert, um Frauen in ihren Regio-
von Frauen bei den Absolventen forstli-          beitspaket sind Dr. Kathrin Böhling und     nen gezielter, praxisnäher und thema-
cher Studiengänge vermuten ließe. Das            Roland Schreiber verantwortlich. Parallel   tisch umfassender anzusprechen.
Interreg-Projekt »Fem4Forest – Wald in           hat die LWF bereits einige Projektaktivi-                                Dr. Kathrin Böhling, LWF
Frauenhände« will die Sichtbarkeit und           täten für Bayern initiiert, wie zum Bei-    www.interreg.de/INTERREG2014/DE/Interreg/
Teilhabe von Frauen im Forstsektor stär-         spiel die Weiterentwicklung des Fortbil-    SechsProgrammraeume/Donauraum/
ken. Wälder und die Waldbewirtschaf-             dungsangebots für Waldbesitzerinnen.        donauraum-node.html
tung sind zentral für die Entwicklung            Zusammen mit der Forstverwaltung wird

                                                                                                                 Feuersalamander mit Bsal-typischen
                                                                                                                 rötlichen, dunkel umrandeten Haut­
     Folienlagerung erhält Holzqualität                                                                          geschwüren Foto: Vanessa Schulz

                                                                                                Salamanderpest – Was tun?
                                                                                                Seit einigen Jahren wissen wir in Europa von
                                                                                                einer neuartigen Amphibien-Krankheit, der
                                                                                                »Salamanderpest«. Sie wird durch den vermut­
                                                                                                lich aus Asien eingeschleppten Hautpilz Ba­-
                                                                                                tra­chochytrium salamandrivorans (Bsal) her-
                                                                                                vorgerufen, der vor allem für unsere Salaman-
                                                                                                der und Molche gefährlich ist. Die Salamander-
      Foto: Wald und Holz NRW
                                                                                                pest wurde in mehreren europäischen Ländern
     Bei fachgerechter Anwendung ist die Lagerung von Holz in Folie                             nachgewiesen, doch anscheinend breitet sie
     eine geeignete Maßnahme, um die Werthaltigkeit von aktuell am                              sich nirgends so stark aus wie in Deutschland.
     Markt nicht absetzbarem Fichtenholz über eine gewisse Zeit zu                              Besonders betroffen ist der Feuersalamander,
     erhalten. Das bestätigte die Öffnung eines unter Luftabschluss                             bei dem es zu lokalen Massensterben kommt.
     eingeschweißten, foliengeschützten Holzpolters bei Wald und                                Die Salamanderpest ist eine enorme Bedro-
     Holz NRW. Im Mai 2019 hatte man im Arnsberger Wald zehn Folien-                            hung für die gesamte europäische Amphibien-
     Testlager mit je rund 300 m³ Fichtenholz angelegt. Bei der Öffnung                         fauna. Nun hat die Deutsche Gesellschaft für
     wiesen die 5 m langen, eingeschweißten Fichtenstämme auch                                  Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT e. V.)
     nach 1,5 Jahren noch eine sehr gute Qualität auf. Zwar zeigte sich                         eine Informationsbroschüre und ein Themen-
     im äußeren Bereich der Fichtenstämme Pilzbefall. Im Holzinneren                            heft zur Salamanderpest herausgegeben mit
     trat dieser aber nicht auf. Das Holz sei wie frisch gefällt, so erklärt                    Basisinformationen und wichtigen Handlungs-
     Wald und Holz NRW. Fazit nach 1,5 Jahren: Folienlager seien aus                            empfehlungen zum Umgang mit seuchenartig
     wirtschaftlicher Sicht eine interessante, aber nicht risikolose Wet-                       verlaufenden Amphibienkrankheiten in der
     te auf die Zukunft. Bleibe die Folie dicht und die Holzqualität hoch,                      Terraristik und im Freiland. Damit soll die Aus-
     könne sich die Investition lohnen, denn nach der Borkenkäferkrise                          breitung gestoppt oder zumindest verlang-
     rechneten Experten wieder mit steigenden Holzpreisen. Wird das                             samt werden. Die 16-seitige Broschüre kann
     Lager jedoch undicht, verliere man das Holz und die Investition in                         unter anderem als PDF kostenlos auf den Ser-
     das Lager.                                           Quelle: Holz-Zentralblatt             vice-Seiten der DGHT heruntergeladen oder
     Zu diesem Thema ist auch eine Broschüre erschienen:                                        dort bestellt werden.                        red

     www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Publikationen/Broschueren/                              www.dght.de/service
     20201025_wuh_broschuere_folienlager_web.pdf

                                                                                                                          1 |2021 LWF aktuell         5
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Dienstleister Wald

Was kann der Wald?
Waldfunktionspläne und Waldfunktions­
karten zeigen, was der Wald in Bayern
für die Gesellschaft leistet

        Ulrich Stetter und Roland Schörry
        Der Wald hat besondere Bedeutung für den Schutz
        von Klima, Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflan-
        zen, für die Landschaft und den Naturhaushalt. Er
        hat ferner landeskulturelle, wirtschaftliche, soziale
        sowie gesundheitliche Aufgaben zu erfüllen. So
        steht es sinngemäß in Art. 1 des Bayerischen Wald-
        gesetzes. Die Waldfunktionspläne der Bayerischen
        Forstverwaltung stellen die Wälder mit besonderer
        Bedeutung für den Schutz der lebenswichtigen
        Ressourcen Wasser, Boden, Klima, für die Erholung
        und die biologische Vielfalt dar.

Bis in die 1970er Jahre war der Wald           Waldfunktionskartierung                                       In den Waldfunktionskarten wird die
begehrte, weil preiswerte Flächenreser-        Die Schutz- und Erholungsfunktionen                           Nutzfunktion nicht eigens dargestellt. Sie
ve für Siedlungen, Industrie, Gewerbe          der Wälder sowie ihre Bedeutung für                           wird – von Ausnahmen abgesehen (i. W.
und Infrastrukturen. Der Verlust großer        die biologische Vielfalt wurden erstmals                      Naturwaldreservat, Nationalpark, Natur-
Waldgebiete vor allem in Ballungsräu-          in den Jahren nach 1973 kartiert. In der                      wald) – grundsätzlich überall, wenn auch
men rief schließlich den Widerstand en-        Folge sind die Waldfunktionskarten in                         mit unterschiedlicher Intensität, ausgeübt.
gagierter Bürger hervor, weil die Wohl-        den Jahren nach 1992 und erneut im We-
fahrtswirkungen des Waldes zunehmend           sentlichen zwischen den Jahren 2007 und                       Nutzfunktion
ins Bewusstsein der modernen Gesell-           2017 aktualisiert worden. Die Waldfunkti-                     Die Nutzfunktionen umfassen die Roh-
schaft rückten. Schließlich schuf das Bay-     onskarten stehen der Öffentlichkeit über                      stoff-, Arbeits- und Vermögensfunktion.
erische Waldgesetz die Grundlagen für ei-      das Geoportal Bayern (BayernAtlas) zur                        Wald liefert Holz und andere Naturgüter.
nen besseren Schutz der Wälder und eta-        Verfügung. Digitale Daten können von                          Die dritte Bundeswaldinventur von 2012
blierte die Waldfunktionsplanung.              der Bayerischen Landesanstalt für Wald                        weist für Bayern einen Holzvorrat von
                                               und Forstwirtschaft bezogen werden. Die                       987 Millionen Vorratsfestmetern (fm) aus.
Waldfunktionsplanung                           Waldfunktionskartierung der Forstver-                         Das sind fast 400 fm/ha. Genutzt wurden
Das übergeordnete Ziel der Waldfunkti-         waltung wird ergänzt durch Flächenda-                         im Betrachtungszeitraum rund 28 Millio-
onsplanung ist die Erhaltung und erfor-        ten anderer Verwaltungen. Dabei handelt                       nen Festmeter pro Jahr (LWF 2014). Wald
derlichenfalls Mehrung der Waldfläche.         es sich vor allem um Schutzgebiete nach                       stellt Arbeitsplätze für alle bereit, die
Seit der Änderung des Planungsrechts           dem Wald-, Wasser- und Naturschutz-                           ständig oder vorübergehend, haupt- oder
und der Anpassung des Bayerischen              recht.
Waldgesetzes (BayWaldG) im Jahr 2005
hat die Waldfunktionsplanung den Rang                                                  Flächen der Waldfunktionen in Bayern
einer internen Fachplanung der Forstver-                             Wasserschutz
waltung (Art. 5 und 6 BayWaldG). Sie ist
                                                                      Bodenschutz
eine wichtige Grundlage für die Erstel-
lung forstfachlicher Stellungnahmen bei                             Lawinenschutz

der Inanspruchnahme von Wald. Wald-                Klima-, Immissions-, Lärmschutz
funktionspläne wurden für die 18 Pla-                       Erholung Stufen I und II
nungsregionen Bayerns erstellt und sol-
                                                      Lebensraum, Landschaftsbild
len auch in Zukunft fortgeschrieben wer-
den.                                                   ohne besondere Funktionen
                    1 Viele Wälder erfüllen                                            0   100   200   300   400   500   600   700   800     900   1000
                   mehrere Funktionen auf
                                                                                                                                           Tsd. Hektar
                   ein und derselben Fläche.
                   Stand: August 2020

6   LWF aktuell 1 |2021
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Dienstleister Wald

                                                2 Der Wald ist Erholungs-
                                               und Erlebnisraum für viel-
                                               fältige Ansprüche. Foto: R.
                                               Schörry, AELF Fürstenfeldbruck

                                               Überschwemmungsgebieten und wasser-          vor allem von großen zusammenhängen-
                                               sensiblen Bereichen. Dort beeinflusst der    den Waldgebieten, dass sie das Klima in
                                               Wald den Wasserrückhalt in der Regel         einer für den Menschen positiven Weise
                                               positiv. Etwa ein Viertel der Waldfläche     beeinflussen (Latif 2009 in Projektgrup-
                                               Bayerns (ca. 684 Tsd. Hektar) erfüllt so     pe WFK 2015). Wald mit besonderer Be-
                                               die Waldfunktion Wasserschutz.               deutung für den regionalen Klimaschutz
                                                                                            soll in Verdichtungsräumen das Klima
                                               Boden- und Lawinenschutz                     durch großräumigen Luftaustausch ver-
                                               Wald mit besonderer Bedeutung für den        bessern. Davon profitieren die Wohn-
                                               Bodenschutz schützt gefährdete Stand-        und Erholungsgebiete großer Städte.
                                               orte sowie benachbarte Flächen vor den       Wald mit besonderer Bedeutung für
                                               Auswirkungen von Wasser- und Windero-        den lokalen Klimaschutz verbessert das
                                               sion, Rutschungen, Steinschlag, Aushage-     Klima in der Nähe von Siedlungen und
                                               rung und Humusabbau. In den Hoch- und        empfindlichen Kulturen durch den Aus-
                                               Kammlagen der Alpen und der Mittelge-        gleich von Temperaturextremen, Wind­   -
                                               birge dient er darüber hinaus auch der       bremsung und indem er das Abfließen
                                               Waldregeneration. Etwa 19 % der Wälder       von Kaltluft aus Hanglagen hemmt.
                                               in Bayern haben besondere Bedeutung          Lokaler Immissionsschutzwald mindert
                                               für den Bodenschutz. Naturgemäß ist der      schädliche Einwirkungen und Belastun-
                                               Flächenanteil in den Bayerischen Alpen       gen durch Gase, Stäube oder Aerosole.
nebenberuflich im Dienste der Waldbesit-       (WG 15) aufgrund des ausgeprägten Re-        Er verbessert dadurch die Luftqualität
zer, von Unternehmern oder Käufern von         liefs besonders hoch. Dort sind es etwa      für Siedlungen, Erholungsgebiete sowie
Walderzeugnissen oder als Selbständige         78 %, während der mittlere Anteil im üb-     land- und forstwirtschaftliche Nutzflä-
im Wald tätig sind. Im Jahr 2013 umfass-       rigen Bayern bei etwa 11 % liegt.            chen. Er liegt zwischen den Emittenten
te der Cluster Forst, Holz und Papier in       Wälder mit besonderer Bedeutung für          und schutzbedürftigen Objekten.
Bayern knapp 200.000 erwerbstätige Per-        den Lawinenschutz gibt es in Bayern nur      Lärmschutzwald schützt Objekte wie
sonen (Knauf et al. 2016).                     in den Alpen (WG 15). Sie vermindern         Wohn-, Arbeits- und Erholungsbereiche
                                               die Gefahr von Lawinenanrissen und           sowie Krankenhäuser vor Lärmbelästi-
Wasserschutz                                   schützen damit Siedlungen und Infra-         gung. Er dämpft den Lärm durch Absen-
Wald mit besonderer Bedeutung für den          strukturen, aber auch tiefer gelegene Wäl-   ken des Schalldruckpegels.
Wasserschutz sichert und verbessert die        der. Sie hemmen zudem das Schneekrie-        Rund 14 % Prozent der bayerischen Wald-
Qualität des Grundwassers sowie stehen-        chen und -gleiten, welche die Waldver-       fläche erfüllen in besonderem Maße min-
der und fließender Oberflächengewäs-           jüngung erheblich erschweren. In lichten     destens eine dieser Funktionen.
ser. Grundwasser, das unter Wald gebil-        Schutzwäldern sind daher zur Sanierung
det wird, ist qualitativ häufig so gut, dass   vorübergehende aufwändige technische         Erholung
eine Aufbereitung im Rahmen der Trink-         Verbauungen erforderlich. Als Lawinen-       Das Betreten des Waldes zum Zweck des
wasserversorgung nicht mehr notwen-            schutzwald wurden kartiert: Wälder in        Genusses der Naturschönheiten und zur
dig ist. Waldböden mit ihren ausgepräg-        Hanglagen mit mehr als 30 Grad Neigung       Erholung ist jedermann unentgeltlich ge-
ten Porensystemen und der intensiven           und im Bereich von Lawinengassen.            stattet (Art. 13 BayWaldG). Damit ist im
Durchwurzelung weisen eine hohe In-                                                         Grunde genommen jeder Wald, soweit es
filtrations- und Wasserspeicherkapazität       Klimaschutz, Immissions- und                 keine ausdrücklichen Beschränkungen
auf. Dadurch gelangt Wasser auch in tie-       Lärmschutz                                   des Betretungsrechts gibt, potenzieller
fere Bodenschichten und legt einen län-        Der Klimawandel und seine Auswirkun-         Erholungswald. Die Waldfunktionskar-
geren Weg bei der Versickerung zurück.         gen gehören zu den wesentlichen Heraus-      tierung stellt diejenigen Wälder dar, die
Auf diese Weise erhöht der Wald die Ste-       forderungen unserer Zeit. Wälder sollen      in besonderem, also überdurchschnitt-
tigkeit der Wasserspende und vermindert        als Kohlenstoffspeicher und als Produzen-    lichem Maße der Erholung dienen. Da-
die Gefahr von Hochwasser (Projekt-            ten des nachwachsenden klimaneutralen        bei werden zwei Intensitätsstufen unter-
gruppe WFK 2015).                              Rohstoffs Holz zur Lösung des Problems       schieden: Stufe I wird vor allem in der
Wald mit besonderer Bedeutung für den          beitragen. Daneben haben die Wälder          Umgebung und im Siedlungsbereich von
Wasserschutz ist Wald in Trinkwasser-          eine weitere wichtige Aufgabe zu erfül-      Städten, Fremdenverkehrs- und Kurorten
und Heilquellenschutzgebieten, in Vor-         len: Aufgrund ihrer Transpiration und        sowie an Schwerpunkten des Erholungs-
rang- und Vorbehaltsgebieten der Was-          Schattenbildung bleiben Wälder auch bei      verkehrs erfasst. Stufe II wird ebenfalls
serversorgung sowie in Wildbacheinzugs-        hohen sommerlichen Temperaturen ver-         stark, jedoch nicht in gleichem Maße wie
gebieten. Hinzugerechnet wird Wald in          hältnismäßig kühl. Daher erwartet man        Stufe I besucht.

                                                                                                              1 |2021 LWF aktuell   7
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Dienstleister Wald

            3 Wälder haben große Bedeutung
           als Lebensraum und für die biologi-
           sche Vielfalt. Vor allem Totholz steckt
           voller Leben. Foto: R. Schörry, AELF
           Fürstenfeldbruck

Laut einer Erhebung in Deutschland geht
etwa die Hälfte der Bevölkerung (Alter
> 20 Jahre) mindestens einmal im Mo-
nat in den Wald, rund ein Viertel sogar
mindestens einmal wöchentlich (Klein-
hückelkotten et al. 2009). Eine Studie aus
der Schweiz untersuchte, wie lange sich
bestimmte Besuchergruppen jährlich im
Wald aufhielten. Auf ca. 760 Stunden
kam die Aktivität »Hund ausführen«, ge-
folgt von »Natur beobachten« 430 h, »Rei-
ten« 330 h, »Spazierengehen« 230 h, »Jog-
gen« 140 h, »Wandern« 140 h und »Rad-
sport betreiben« 120 h (Bernasconi &
Schroff 2008).
Bayernweit ist knapp ein Viertel der
Waldfläche Erholungswald i. S. der Wald-
funktionsplanung. 4 % der Waldfläche
sind der Stufe I, 19 % der Stufe II zuzuord-
nen. Der Anteil der Stufe I ist in den Pla-
nungsregionen München und Nürnberg
mit deutlich über 10 % besonders hoch.               andere Wälder, die prägende Elemente                Literatur
                                                     charakteristischer Landschaften sind.               LWF - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
                                                                                                         (2014): Nachhaltig und naturnah. Wald und Forstwirtschaft in Bay-
Lebensraum, biologische Vielfalt und                 Etwa 770.000 ha und etwa ein Drittel der            ern. Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur. Freising
                                                                                                         Bayerische Landesamt für Statistik (2020): GENESIS-Online Da-
Landschaftsbild                                      Wälder Bayerns haben in diesem Sinne                tenbank, Tabelle 33111-001r mit dem Stand 31.12.2018. Abgerufen
Eine möglichst naturnahe Waldbewirt-                 besondere Bedeutung als Lebensraum                  im Juli 2020 von https://www.statistikdaten.bayern.de/genesis/
                                                                                                         online/logon
schaftung ist ein wichtiger Beitrag für die          und für die biologische Vielfalt oder sind          StMELF - Bayerisches Staatsministerium für Ernährung Land-
biologische Vielfalt, weil sie verschieden-          von besonderer Bedeutung für das Land-              wirtschaft und Forsten (2015): Arbeitsanweisung für die Aktuali-
                                                                                                         sierung der Waldfunktionspläne. München
artige Lebensräume für unterschiedlichs-             schaftsbild.                                        Bernasconi, A.; Schroff, U. (2008): Freizeit und Erholung im Wald.
                                                                                                         Grundlagen, Instrumente, Beispiele. Umwelt-Wissen Nr. 0819. Bun-
te Arten zur Verfügung stellt. Von großer                                                                desamt für Umwelt, Bern. 69 S.
Bedeutung sind Wälder in NATU­          RA           Zusammenfassung                                     Kleinhückelkotten, S.; Calmbach, M.; Glahe, J.; Neitzke, H.-P.;
                                                                                                         Stöcker, R.; Wippermann, C.; Wippermann, K. (2009): Kommu-
2000-Gebieten, Nationalparken, Natur-                Es gibt in Bayern rund 2,5 Millionen Hektar Wald.   nikation für eine nachhaltige Waldwirtschaft. Forschungsverbund
schutzgebieten, Natur­   denkmälern, ge-             Das entspricht einem Waldanteil von gut einem       Mensch & Wald, M&W-Bericht 09/01, Hannover
                                                     Drittel der Gesamtfläche. Wälder haben Nutz-,       Knauf, M.; Hunkemöller, R.; Friedrich, S.; Mai, W.; Borchert, H.;
schützten Landschaftsbestandteilen, Na­-                                                                 Bauer, J. (2016): Clusterstudie Forst, Holz und Papier in Bayern
                                                     Schutz- und Erholungsfunktionen und sie be-         2015. Abschlussbericht. Langfassung. Juni 2016, Freising
turwaldreservaten und die Naturwälder.               reichern die biologische Vielfalt. Die Bayerische   Projektgruppe WKF – Waldfunktionenkartierung der AG Forst-
Die Waldfunktionskartierung stellt au-               Forstverwaltung erstellt Waldfunktionspläne als     einrichtung (Hrsg.) (2015): Leitfaden zur Kartierung der Schutz-
                                                                                                         und Erholungsfunktionen des Waldes. Waldfunktionenkartierung
ßerhalb dieser Schutzgebiete weitere                 interne Fachplanung für alle 18 Planungsregionen.   (WFK), Freiburg
Waldlebensräume dar, die aufgrund ihrer              Sie sind eine wichtige Grundlage für Stellungnah-
                                                     men der Forstbehörden zu Planungen und Maß-
standörtlichen Voraussetzungen oder ih-
                                                     nahmen, die den Wald betreffen. Die Waldfunkti-
rer Struktur dem Erhalt schützenswerter              onskarten stellen abgesehen von der Nutzfunktion
                                                                                                                          Autoren
                                                                                                                          Ulrich Stetter ist Mitarbeiter in der Abteilung
Lebensräume und seltener Arten dienen.               die Waldfunktionen in ganz Bayern dar. Die Wald-                     »Waldbesitz, Beratung, Forstpolitik« der Baye-
Eine flächenscharfe Abgrenzung ge-                   funktionskarten können von jedermann im Geo-                         rischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-
                                                                                                                          schaft. Roland Schörry ist Ansprechpartner der
schützter Biotope ist damit nicht beab-              portal Bayern (BayernAtlas) eingesehen werden.
                                                                                                                          Bayerischen Forstverwaltung für die Waldfunk-
                                                     Die größten Anteile an der Waldfläche Bayerns
sichtigt und wäre im Kartierungsmaß-                                                                                      tionsplanung und Mitarbeiter des Amtes für
                                                     haben der Reihe nach die Funktionen Lebensraum                       Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürs-
stab 1:50.000 auch nicht möglich. Auch               einschließlich Landschaftsbild, Wasserschutz, Er-                    tenfeldbruck.
                                                                                                                          Kontakt: Ulrich.Stetter@lwf.bayern.de
historische Forstnutzungen wie Nieder-,              holung, Bodenschutz. Dabei erfüllen viele Wälder                     Roland.Schoerry@aelf-ff.bayern.de
Mittel- und Plenterwald gehören in diese             mehrere Funktionen auf ein und derselben Fläche.
Kategorie, weil sie einen Beitrag zur Di-            Auf 36 % der Waldfläche sind keine besonderen                        Links
                                                     Waldfunktionen kartiert. Die Erläuterungen der                       https://www.stmelf.bayern.de/wald/wald-
versität der Wälder leisten.                                                                                              funktionen/waldfunktionsplanung/
                                                     Waldfunktionen im Text folgen der Arbeitsanwei-
Darüber hinaus prägt der Wald das Land-              sung für die Aktualisierung der Waldfunktionsplä-
                                                                                                                          index.php https://geoportal.bayern.de/
                                                                                                                          bayernatlas
schaftsbild unserer Heimat ganz wesent-              ne (BayStMELF Stand 2015) und dem Leitfaden zur
lich mit. Von besonderer Bedeutung sind              Kartierung der Schutz- und Erholungsfunktionen
Waldränder, exponierte Wälder in Kup-                des Waldes der Projektgruppe Waldfunktionenkar-
                                                     tierung der AG Forsteinrichtung (2015).
penlagen oder Hanglagen, Auwälder und

8   LWF aktuell 1 |2021
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Dienstleister Wald

Was suchen Waldbesucher?
Die Besonderheiten der Ökosystemdienstleistung
»Naherholung« – Ergebnisse eines LWF-Projekts

        Christoph Schulz und Markus Meyer
        Die Erholung im Wald ist komplex und schwer zu fassen. Immerhin
        geht es um viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichs-
        ten Ansprüchen. Wissenschaftliche Untersuchungen zu den ge-
        wünschten, idealen Vorstellungen des Waldes müssen dabei nicht
        unbedingt mit dem alltäglichen Verhalten übereinstimmen.

Mit dem Konzept der Ökosystemdienst-          ken [8, 10–13]. Beispielsweise wird Tot-
leistungen kann der Frage nachgegangen        holz von Jüngeren und Gebildeteren häu-
werden, wie Ökosysteme zum menschli-          figer positiv bewertet, während Ältere
chen Wohlbefinden beitragen [1]. Dazu         eher zu »ordentlichen« Waldbildern nei-
kann auch das räumliche Verhältnis vom        gen [10, 14]. Trotz der Vielfalt der Wün-
Ort der Bereitstellung einer Leistung zum     sche zeigen die Untersuchungen jedoch,
Ort des Nutzens analysiert werden [2].        dass es spezifische Waldstrukturen gibt,
Die Erholungsleistung zeigt dabei eine        die tendenziell von vielen Besuchern be-
grundlegende Besonderheit: Sie wird           vorzugt werden: ältere, strukturreiche,
vom Wald ermöglicht (bereitstellt) und        nicht zu dichte Bestände, Mischungen
sie wird auch direkt vor Ort »abgeholt«       von Laub- und Nadelbäumen sowie be-
(genutzt). Bei fast allen sonstigen Ökosys-   messene Totholzmengen – lieber stehend
temdienstleistungen ist das anders: Sie       als liegend (z. B. [8, 10, 11, 15–18]). Es
werden zwar vom Wald geliefert, aber au-      wird aber nicht nur Vielfalt innerhalb ei-
ßerhalb des Waldes genutzt. Das gilt für      nes Bestandes geschätzt, sondern auch
alle versorgenden Leistungen (z. B. Holz,     Abwechslung zwischen den Beständen
Trinkwasser, Wildbret, Pilze oder Honig)      [19]. Die genannten Strukturen entspre-
                                                                                             1 Erholungsnutzung im Stadtwald Augsburg:
und die meisten regulierenden Leistun-        chen weitgehend einem modernen Wald-
                                                                                            Die fünf Farbabstufungen reichen von intensiver
gen (z. B. Lärm-, Lawinen- oder Hoch-         bau und sind generell auch positiv für        (dunkelrot) bis seltener (rosa) Nutzung der Wege­
wasserschutz). Das menschliche Wohl-          Biodiversität oder die Bereitstellung an-     abschnitte. Schwarz gezeichnete Wege wurden
befinden stellt sich bei der Erholung sehr    derer Ökosystemdienstleistungen [3, 17,       von den Befragten nicht genutzt.

unmittelbar und intuitiv ein [3] und er-      20, 21].
klärt die besondere Wertschätzung [4, 5],     Es gibt jedoch weitere Faktoren der Erho-     schaften oder Prozessen der Ökosyste-
aber auch das Konfliktpotenzial [6, 7] der    lungsnutzung, die nicht unmittelbar mit       me, die sich negativ auf das menschliche
Erholung im Wald.                             dem Ökosystem Wald verbunden sind.            Wohlbefinden auswirken können.
                                              Waldbesucher brauchen eine Infrastruk-
Was suchen Waldbesucher?                      tur, insbesondere Waldwege, aber auch         »Abschalten« bei der Naherholung
Nun ist es naheliegend zu untersuchen,        Parkplätze, Bänke, Schutzhütten, Spiel-       Eine eigene Untersuchung in einem Wald
was die Waldbesucher wünschen und             plätze usw. [8]. Zudem sind Störungen         der Stadt Augsburg zeigt einen weiteren,
brauchen. Seit den 1970er Jahren gibt es      ein wichtiger Faktor. Das kann sich auf       ganz anders gelagerten Aspekt der Nah-
Studien zu den verschiedenen Faktoren,        forstlichen Maßnahmen beziehen, wie           erholung: Waldbesucher gehen in den
die die Attraktivität von Wäldern aus-        gefällte Bäume, verschmutzte Wege und         Wald, um »abzuschalten«!
machen, und es wird deutlich, dass diese      Lärm von Forstmaschinen, oder auf Kon-        Im Rahmen eines Forschungsprojekts zu
Faktoren mannigfaltig und alles andere        flikte unter den Waldbesuchern, zum           verschiedenen Ökosystemdienstleistun-
als eindeutig sind [8]. Das fängt damit an,   Beispiel zwischen Radfahrern und Spa-         gen eines 1.700 ha großen, stadtnahen
dass es keinen durchschnittlichen Wald-       ziergängern [7, 12, 22–25]. Eher unauf-       Waldgebiets wurden unter anderem auf-
besucher gibt und folglich keinen idealen     fällig läuft die Verkehrssicherungspflicht,   wändige Erhebungen zur Erholungsnut-
Muster-Wald, der alle Besucher gleicher-      durch die Waldbesucher von Waldbesit-         zung gemacht [27]. An zwei Sommerta-
maßen zufriedenstellt [9]. Es zeigt sich      zern und Forstleuten zumindest vor aty-       gen (Freitag und Sonntag) im Juli 2016
vielmehr, dass sich die Art der Tätigkeit     pischen Gefahren des Waldes geschützt         und vier Wintertagen (Dezember 2016
(Spazieren, Radfahren, Joggen usw.) so-       werden. Im Sinne der Ökosystemdienst-         und Januar 2017) wurden an allen maß-
wie demografische Faktoren (Alter, Ge-        leistungen handelt es sich dabei um die       geblichen Waldeingängen für acht Stun-
schlecht, Herkunft, Tradition, Wohlstand      Minimierung von Fehlleistungen (»Dis-         den insgesamt 478 Waldbesucher zu ih-
oder Bildung) auf die Wünsche auswir-         services« [26]) der Natur, d. h. von Eigen-   ren Gewohnheiten, erwünschten Nutzen

                                                                                                                   1 |2021 LWF aktuell          9
Aktuell Ein Wald - viele Leistungen - 1|2021 - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Dienstleister Wald

                                                                                                                  2 Von den 478 Befragten gab
                                                        Motivation für begangenen Weg                            der Großteil waldunspezifische
                                                                                                                 Gründe für die Auswahl des ge-
                                 Zufall/Spontaneität                                                             nutzten Weges an.
                                         Gewohnheit
                              Nähe/Zweckmäßigkeit                                                                plätze ausschlaggebend, in 20 Fällen wur-
       Transit (z.B. Weg zur Arbeit oder Biergarten)                                                             de dabei konkret die gute Beschaffenheit
                bevorzugte Dauer/Länge des Weges                                     waldunspezifisch            des Weges genannt. 58 Antworten (12 %)
                                                                                     (46%)
                                soziale Beziehungen                                                              bezogen sich schlicht auf die ausgeübten
     Schönheit (unspezifisch: 32 x »schöner Weg«)
                                                                                                                 Tätigkeiten wie Sport oder Hund ausfüh-
                               Ruhe/Lärm entgehen                                    allg. Wald-
                                        Klimawirkung                                 eigenschaften (22%)         ren. Nur in 23 Antworten (5 %) wurden
                                     Bäche und Seen                                                              spezifische Waldeigenschaften erwähnt.
                        Aufsuchen bestimmter Orte                                    waldfremde Orte oder        Dabei wurden häufig die Heideflächen,
                     gute Beschaffenheit des Weges                                   Eigenschaften (16%)
                                                                                                                 also stark aufgelichtete, teils baumfreie
                Sport (Jogging, Radfahren, Walking)
                                                                                     Tätigkeit (12%)
                                                                                                                 Bereiche genannt, sieben Mal wurde kon-
                                     Hund ausführen
                                      Naturelemente
                                                                                                                 kret die dort wachsende Sumpfgladiole
             Freizeitaktivitäten (z.B. Fotografieren)                                spezifische Wald-           (Galdiolus palustris) erwähnt. Ansonsten
                    Nahrungsmittel (Pilze) sammeln                                   eigenschaften (5%)          wurde Totholz, Mischwald, einmal auch
                                                        0    10   20   30   40     50     60      70       80    Nadelwald als Grund für die Wegewahl
                                                                                 Anzahl der Nennungen            genannt.
                                                                                                                 Bei den Befragten handelte es sich maß-
des Waldbesuchs (z. B. Ruhe, Naturer-                       starke Differenzierung der Wegenutzung               geblich um Bewohner von Augsburg und
fahrung, Gesundheit) und wahrgenom-                         nach Nutzergruppen, d. h. Spaziergän-                Königsbrunn (83 %), weitere elf Prozent
menen Waldeigenschaften befragt. Die                        ger, Radfahrer, Jogger usw. unterscheiden            kamen aus dem Großraum Augsburg.
Befragten wurden auch aufgefordert, die                     sich wenig in der Auswahl der Wege und               Nur sechs Prozent der Befragten waren
genutzten Wege in Karten einzutragen                        scheinen sich auch nicht aus dem Weg zu              aus dem Großraum München sowie ver-
und den Grund für die Wegeauswahl an-                       gehen. Die bei der Befragung genannten               einzelt aus anderen Regionen Deutsch-
zugeben. Neben den befragten Waldbe-                        bevorzugten Nutzen führten auch nicht                lands. Die Ergebnisse beziehen sich folg-
suchern wurde auch die Gesamtzahl der                       zu einer unterscheidbaren Wegewahl der               lich auf Naherholung, was auch dadurch
Waldbesucher an den Waldeingängen ge-                       Waldbesucher; nur in der südöstlichen                deutlich wird, dass über die Hälfte der
zählt, so dass Karten der Nutzungsinten-                    Kiefernheide hat die Naturerfahrung                  Befragten angab, täglich oder mehrmals
sität für einzelne Wegeabschnitte erstellt                  eine leicht höhere Bedeutung als in ande-            pro Woche in den Wald zu gehen.
werden konnten. Die Antworten der Be-                       ren Bereichen (für Details siehe [27]).              Die Antworten der Waldbesucher weisen
fragung wurden statistisch ausgewertet                                                                           darauf hin, dass die Entspannung (das
und über Clusteranalysen den genutzten                      Nach welchen Kriterien werden Wege                   »Abschalten«) bei dieser Form der Erho-
Wegen zugeordnet, um die Muster der Er-                     ausgewählt ?                                         lung eine zentrale Rolle spielt, was dazu
holungsnutzung zu analysieren (für De-                      Besonders aufschlussreich sind die ge-               führt, dass die Aufmerksamkeit reduziert
tails siehe [27]).                                          nannten Gründe für die Wahl der Wege                 ist und spezifische Waldstrukturen wenig
Abbildung 1 zeigt die Intensität der Er-                    (Abbildung 2). Die Antworten auf diese               Beachtung finden. Allgemeine Waldeigen-
holungsnutzung im untersuchten Wald-                        offene Frage wurden danach klassifiziert,            schaften wie die bloße Bereitstellung von
gebiet. Als Waldfläche, die für die Er-                     wie sie sich auf den Wald beziehen. Fast             Raum, vorteilhafte Klimaeffekte oder die
holung relevant ist, wurde der Bereich                      die Hälfte der Antworten (n = 218; 46 %)             Abwesenheit von Lärm haben eine größe-
der Verkehrssicherungspflicht von 40 m                      bezogen sich gar nicht auf den Wald, son-
beidseitig der Wege angenommen. Die-                        dern erklärten die Wegewahl mit Sponta-
se Fläche dürfte den von den Waldbesu-                      neität, Gewohnheit oder Praktikabilität,
chern wahrgenommenen (und damit ge-                         in geringem Ausmaß auch mit gemein-
nutzten) Bereichen des Waldes weitestge-                    samen Erleben (»soziale Beziehungen«).
hend entsprechen bzw. tendenziell sogar                     In 105 Antworten (22 %) wurden allge-
überschätzen. Die Karte zeigt deutliche                     meine Waldeigenschaften wie Schönheit,
Schwerpunkte der Erholungsnutzung im                        Klimawirkung (Schatten, Kühle, gute
nördlichen, zentrumsnahen Bereich, im                       Luft) oder die Abwesenheit von Lärm als
Osten entlang des Lechs sowie im Süd-                       Grund für die Wegewahl genannt. Für
westen, wo sich teils stark aufgelichte-                    16 % der Befragten (n = 75) waren be-
te Schneeheide-Kiefern-Wälder finden.                       stimmte Orte wie Bäche, Seen oder Spiel-
Nun könnte man erwarten, dass solche
Schwerpunkte der Erholung mit einem                                               3 Die Augsburger Erho-
besonderen Nutzen für die Besucher er-                                           lungsstudie machte deutlich,
klärt werden können. Die Auswertung                                              dass die meisten Waldbesu-
                                                                                 cher bei ihrem Aufenthalt im
der Daten erbrachte jedoch wenig eindeu-                                         Wald vor allem eins suchen:
tige Zusammenhänge: Es zeigt sich keine                                          »Abschalten«. Foto: P. Fliegl

10   LWF aktuell 1 |2021
Dienstleister Wald

re Bedeutung. Auch Sonderstrukturen,        Wege) oder Lärm (z. B. durch Forstma-                                  [14] Pastorella, F.; Avdagić, A.; Čabaravdić, A.; Mraković, A.;
                                                                                                                   Osmanović, M.; Paletto, A. (2016): Tourists’ perception of dead-
die nicht unmittelbar dem Wald zuge-        schinen) sind Beispiele für Störungen,                                 wood in mountain forests. Ann. For. Res. (Annals of Forest Re-
schrieben werden können, sind für einige    die weit mehr Emotionen hervorrufen [7]                                search) 59(1): S. 311–326. doi:10.15287/afr.2016.482
                                                                                                                   [15] Edwards, D.; Jay, M.; Jensen, F.; Lucas, B.; Marzano, M.;
Waldbesucher bedeutsamer als besonde-       als eine erwünschte, aber nicht vorgefun-                              Montagne, C.; Peace, A.; Weiss, G. (2010): Public preferences for
                                                                                                                   silvicul-tural attributes of European forests. EFORWOOD Report
re Waldstrukturen. Das kann sich auf In-    dene Waldstruktur.                                                     D2.3.3.
frastrukturelemente wie Spielplätze, auf    In urbanen Verdichtungsräumen gehört                                   [16] Referowska-Chodak (2019): Management and Social Problems
                                                                                                                   Linked to the Human Use of European Urban and Suburban Forests.
Gewässer oder auch auf Abwechslungen        das Management der Erholung im Wald                                    Forests 10(11):964. doi:10.3390/f10110964
zum gewohnten Waldbild wie die Heide-       zur täglichen Praxis. Neben der Verkehrs-                              [17] Giergiczny, M.; Czajkowski, M.; Żylicz, T.; Angelstam, P.
                                                                                                                   (2015): Choice experiment assessment of public preferences
flächen beziehen [27].                      sicherungspflicht und der Vermeidung                                   for forest structural attributes. Ecological Economics 119:8–23.
                                                                                                                   doi:10.1016/j.ecolecon.2015.07.032
                                            von Störungen ist die Kommunikation                                    [18] Ribe, R.G. (2009): In-stand scenic beauty of variable reten-
Management der Naherholung                  dabei von zunehmender Bedeutung [7,                                    tion harvests and mature forests in the U.S. Pacific Northwest.
                                                                                                                   The effects of basal area, density, retention pattern and down
Die geringe Nennung spezifischer Wald-      22]. Wenn forstliche Maßnahmen nötig                                   wood. J. Environ. Manage. 91(1): S. 245–260. doi:10.1016/j.jenv-
strukturen in der Augsburger Studie soll-   sind, die absehbar von vielen Waldbe-                                  man.2009.08.014
                                                                                                                   [19] Filyushkina, A.; Agimass, F.; Lundhede, T.; Strange, N.; Jacob-
te nicht dazu verleiten, die eingangs er-   suchern als Störung empfunden werden                                   sen, J.B. (2017): Preferences for variation in forest characteristics.
                                                                                                                   Does diversity between stands matter? Ecological Economics 140:
wähnten, erwünschten Waldeigenschaf-        könnten, ist eine frühzeitige Ankündi-                                 S. 22–29. doi:10.1016/j.ecolecon.2017.04.010
ten im forstlichen Management völlig zu     gung, Erläuterung, fallweise auch eine                                 [20] Schall, P.; Gossner, M.M.; Heinrichs, S.; Fischer, M.; Boch, S.;
                                                                                                                   Prati, D.; Jung, K.; Baumgartner, V.; Blaser, S.; Böhm, S.; Buscot,
missachten. Eine umfassende Studie in       Diskussion der Maßnahmen oder gar                                      F.; Daniel, R.; Goldmann, K.; Kaiser, K.; Kahl, T.; Lange, M.; Mül-
Baden-Württemberg in drei stadtnahen        eine Beteiligung bei der Entscheidungs-                                ler, J.; Overmann, J.; Renner, S.C.; Schulze, E.-D.; Sikorski, J.;
                                                                                                                   Tschapka, M.; Türke, M.; Weisser, W.W.; Wemheuer, B.; Wubet, T.;
Wäldern macht deutlich, dass dort wald-     findung hilfreich.                                                     Ammer, C.; Mori, A. (2017): The impact of even-aged and uneven-
                                                                                                                   aged fo-rest management on regional biodiversity of multiple taxa
baulich steuerbare Strukturen ein Faktor    Grundsätzlich sollten Anlässe vermieden                                in European beech forests. J Appl Ecol 109:17495. doi:10.1111/1365-
für bevorzugt genutzte Wege und Orte        werden, die bei Waldbesuchern vom »Ab-                                 2664.12950
                                                                                                                   [21] van der Plas, F.; Manning, P.; Soliveres, S. et al. (2016): Biotic
im Wald sind [28, 29]. Spezifische Wald-    schalten« zum »Aufdrehen« führen. Es                                   homogenization can decrease landscape-scale forest multi-func-
strukturen sollten deshalb als ein Bau-     sollte aber auch klar sein, dass das forst-                            tionality. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. doi:10.1073/pnas.1517903113
                                                                                                                   [22] Arzberger, M.; Gaggermeier, A.; Suda, M. (2015): Der Wald: ein
stein angesehen werden, um den Wald als     liche Management all den verschiedenen                                 Wohlfühlraum. LWF aktuell 107, S. 9–13
                                                                                                                   [23] Wilkes-Allemann, J.; Hanewinkel, M.; Pütz, M. (2017): Forest
»überzeugende Kulisse für Naturerleben«     Ansprüchen und Wünschen der Waldbe-                                    recreation as a governance problem. Four case studies from Swit-
[7] zu erhalten und zu fördern, zumal sie   sucher nicht immer gerecht werden kann.                                zerland. Eur J Forest Res 2(1):25. doi:10.1007/s10342-017-1049-0
                                                                                                                   [24] Koep, M.; Palm, T.; Bethmann, S.; Schraml, U. (2019): Begeg-
– wie oben bereits erwähnt – meist mit                                                                             nungen im Wald – Immer konfliktgeprägt? FVA-einblick (1)
den heutigen waldbaulichen Verfahren        Literatur                                                              [25] Arnberger, A. (2006): Recreation use of urban forests: An
                                                                                                                   inter-area comparison. Urban Forestry & Urban Greening 4(3-4): S.
                                            [1] Groot, R. de (2010): Integrating the ecological and economic
einhergehen.                                dimensions in biodiversity and ecosystem service valuation. In:
                                                                                                                   135–144. doi:10.1016/j.ufug.2006.01.004
                                                                                                                   [26] Shackleton, C.M.; Ruwanza, S.; Sinasson Sanni, G.K.; Bennett,
Spezifische Waldstrukturen und allge-       Kumar P (Hrsg) TEEB - The economics of ecosystems and biodi-
                                                                                                                   S.; Lacy, P. de; Modipa, R.; Mtati, N.; Sachikonye, M.; Thondhla-
                                            versity. Ecological and economic foundations. Earth-scan, London,
meine Waldeigenschaften sind neben          Washington, DC
                                                                                                                   na, G. (2016): Unpacking Pandora’s Box. Understanding and Cate-
                                                                                                                   gorising Ecosystem Disservices for Environmental Ma-nagement
dem Erhalt und der Förderung von Son-       [2] Fisher, B.; Turner, R.K.; Morling, P. (2009): Defining and clas-
                                                                                                                   and Human Wellbeing. Ecosystems 19(4): S. 587–600. doi:10.1007/
                                            sifying ecosystem services for decision making. Ecological Eco-no-
derstrukturen wie Wasserflächen, Offen-     mics 68(3): S. 643–653. doi:10.1016/j.ecolecon.2008.09.014
                                                                                                                   s10021-015-9952-z
                                                                                                                   [27] Meyer, M.A.; Rathmann, J.; Schulz, C. (2019): Spatially-explicit
                                            [3] Daniel, T.C.; Muhar, A.; Arnberger, A.; Aznar, O.; Boyd, J.W.;
land, Sporteinrichtungen usw. die Po-       Kai, M.A. Chan; Costanza, R.; Elmqvist, T.; Flint, C.G.; Gobst-
                                                                                                                   mapping of forest benefits and analysis of motivations for every-
                                                                                                                   day-life’s visitors on forest pathways in urban and rural contexts.
sitivfaktoren für die Erholung in Wald.     er, P.H.; Grêt-Regamey, A.; Lave, R.; Muhar, S.; Penker, M.; Ribe,
                                                                                                                   Landscape and Urban Planning (185): S. 83–95
                                            R.G.; Schauppenlehner, T.; Sikor, T.; Soloviy, I.; Spierenburg, M.;
Im täglichen Management stadtnaher          Taczanowska, K.; Tam, J.; von der Dunk, A. (2012): Contributions
                                                                                                                   [28] Baumeister, C.F.; Gerstenberg, T.; Plieninger, T.; Schraml,
                                                                                                                   U. (2020): Exploring cultural ecosystem service hotspots. Linking
Wälder weit wichtiger ist jedoch die Ver-   of cultural services to the ecosystem services agenda. Proc. Natl.
                                                                                                                   multiple urban forest features with public participation mapping
                                            Acad. Sci. U.S.A. 109(23): S. 8812–8819. doi:10.1073/pnas.1114773109
meidung oder Reduktion von Negativ-         [4] Elsasser, P.; Weller, P. (2013): Aktuelle und potentielle Erho-
                                                                                                                   data. Urban Forestry & Urban Greening 48:126561. doi:10.1016/j.
                                                                                                                   ufug.2019.126561
                                            lungsleistung der Wälder in Deutschland: Monetärer Nutzen der Er-
faktoren: Abweichungen vom Gewohn-          holung im Wald aus Sicht der Bevolkerung. AFJZ 184(3/4): S. 84–96
                                                                                                                   [29] Gerstenberg, T.; Baumeister, C.F.; Schraml, U.; Plieninger, T.
                                                                                                                   (2020): Hot routes in urban forests: The impact of multiple land-
ten (z. B. gefällte Bäume, neu angelegte    [5] Kleinhückelkotten, S.; Neitzke, H.-P.; Wippermann, C. (2009):
                                                                                                                   scape features on recreational use intensity. Landscape and Urban
                                            Einstellungen der Deutschen zu Wald und Forstwirtschaft. Forst
Rückegassen, gesperrte oder verdreckte      und Holz 64(4): S. 12–19
                                                                                                                   Planning (203)
                                            [6] Konijnendijk, C.C. (2003): A decade of urban forestry in Euro-
                                            pe. Forest Policy and Economics 5(2): S. 173–186. doi:10.1016/S1389-
                                            9341(03)00023-6                                                        Autoren
                                            [7] Bethmann, S.; Wurster, M. (2016): Zum Image der Forstwirt-         Christoph Schulz arbeitet in der Abteilung »Waldbesitz, Beratung,
                                            schaft. AFZ/DerWald (3): S. 38–42                                      Forstpolitik« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-
                                            [8] Ciesielski, M.; Stereńczak, K. (2018): What do we expect from      wirtschaft (LWF) und leitete das Kuratoriumsprojekt G39. Dr. Mar-
                                            forests? The European view of public demands. J. Environ. Manage.      kus Meyer war 2016 und 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in
                                            209: S. 139–151. doi:10.1016/j.jenvman.2017.12.032                     der Abteilung als Projektbearbeiter tätig.
                                            [9] Jensen, F.S.; Koch, N.E. (2000): Measuring Forest Preferen-        Kontakt: Christoph.Schulz@lwf.bayern.de
                                            ces of the Population - A Danish Approach. Swiss Forestry Journal
                                            151(1): S. 11–16. doi:10.3188/szf.2000.0011
                                            [10] Kühne, O.; Jenal, C.; Currin, A. (2014): Längsschnittstudie zur
                                                                                                                   Projekt
                                            Wahrnehmung von Alt- und Totholz sowie zur symbolischen Kon-           Im Kuratoriums-Projekt G39 »Prüfung des Konzeptes der Ökosys-
                                            notation von Wald. Zwischenbericht Phase 1 - Erstellt im Auftrag       temdienstleistungen als forstliches Planungs- und Kommunikati-
                                            des NABU Saarland                                                      onsinstrument an einem Fallbeispiel« untersuchte die Bayerischen
                                            [11] Edwards, D.; Jay, M.; Jensen, F.; Lucas, B.; Marzano, M.; Mon-    Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im kommunalen Forst-
                                            tagne, C.; Peace, A.; Weiss, G. (2010): Assessment of the recrea-      betrieb Augsburg die Anwendbarkeit des Ökosystemdienstleis-
                                            tional value of European forest management alternatives. EFOR-         tungs-Ansatzes für forstliche Planungs- und Kommunikationspro-
                                            WOOD Report D2.3.6.                                                    zesse. Laufzeit: 15.03.2016 bis 31.03.2019; Finanzierung: Bayerisches
                                            [12] Aasetre, J.; Gundersen, V.; Vistad, O.I.; Holtrop, E.J. (2016):   Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
                                            Recreational preferences along a naturalness-development conti-
                                            nuum. Results from surveys in two unequal urban forests in Eu-         Link
                                            rope. Journal of Outdoor Recreation and Tourism 16: S. 58–68.
                                                                                                                   www.lwf.bayern.de/waldbesitz-forstpolitik/forstpolitik/158764/
                                            doi:10.1016/j.jort.2016.09.006
                                                                                                                   index.php
                                            [13] Taye, F.A.; Abildtrup, J.; Mayer, M.; Ščasný, M.; Strange, N.;
                                            Lundhede, T. (2019): Childhood experience in forest recreation
                                            prac-tices. Evidence from nine European countries. Urban Forestry
                                            & Urban Greening 46:126471. doi:10.1016/j.ufug.2019.126471

                                                                                                                                                  1 |2021 LWF aktuell                  11
Dienstleister Wald

        Was Waldbesucher                                                                  Die Corona-Pandemie hat erhebliche Ver-
                                                                                          änderungen für das öffentliche Leben

        im Wald finden
                                                                                          und die Bewegungsmöglichkeiten der
                                                                                          Menschen im Freien mit sich gebracht.
                                                                                          Durch die Ausgangsbeschränkungen
                                                                                          wurden städtische, aber auch ländliche
        Befragung von über 1.000 Waldbesuchern                                            Naturräume wie zum Beispiel der Wald,
        während der Corona-Pandemie                                                       zu den wenigen verbleibenden Orten,
                                                                                          die einen Aufenthalt außerhalb des ei-
                                                                                          genen Wohnumfelds ermöglichten. Mit
        Michael Suda, Anika Gaggermeier, Kilian Ramisch und Nancy Koller                  Hilfe der Befragung von Waldbesuchern
        Mit Hilfe einer Online-Befragung von Waldbesucherinnen und Wald-                  wollten wir herausfinden, wie Menschen
        besuchern ist der TUM-Lehrstuhl »Wald- und Umweltpolitik« der                     den Wald während der Pandemie wahr-
        Frage nachgegangen, welche Bedeutung der Wald als Erholungsraum                   nehmen und ob sich etwas an ihren Nut-
        für die Menschen während der Corona-Pandemie hat und inwiefern                    zungsverhalten, zum Beispiel die Häu-
        der Wald als frei betretbarer Raum eine natürliche Alternative zum                figkeit der Waldbesuche, verändert hat.
        häuslichen Lockdown bietet. Gehen die Menschen häufiger in den                    Insbesondere hat uns interessiert, ob die
        Wald und zu welchen Waldorten fühlen sie sich hingezogen?                         Menschen gerade in Krisenzeiten auf der
                                                                                          »Suche« nach bestimmten Waldorten
                                                                                          sind, die Abwechslung und Zerstreuung
»Ich ging im Wald so für mich hin, und       sem Kontext ist es wichtig, dass sich die    bieten.
nichts zu suchen, das war mein Sinn.«        Wissenschaft bei ihrer Entwicklung von       In Kooperation mit den lokalen Forst-
Was der große Dichter Johann Wolfgang        Erklärungsmodellen nicht von dem Kon-        behörden stellten wir ab Beginn der ers-
von Goethe hier mit wenigen Worten in        strukt eines Besuchers irreleiten lässt,     ten Lockerungsmaßnahmen Ende April
seinem Gedicht »Gefunden« zum Aus-           der sich im Wald auf einer aktiven Suche     2020 in zahlreichen Waldgebieten Schil-
druck bringt, steht im Widerspruch zu        nach dem schönsten und besten Erho-          der (Abbildung 1) mit der Internetadres-
zahl­reichen Forschungsanstrengungen         lungsort befindet. Wenn sich die Wissen-     se zu unserer Online-Umfrage auf. Insge-
der Wissenschaftsdisziplin der Walderho-     schaft bei ihrer Modellentwicklung aus-      samt nahmen 1.083 Waldbesucherinnen
lung der letzten Jahrzehnte. Hier hat sich   schließlich dem »Suchvorgang« widmet,        und Waldbesucher aus 96 Landkreisen
der Begriff des »Erholungssuchenden«         so läuft sie Gefahr etwas zu konstruieren,   in ganz Deutschland an der Online-Be-
zur Beschreibung derjenigen Personen         was im Waldalltagserleben der Menschen       fragung teil. An einer Vielzahl an Or-
etabliert, die zur Entspannung und Rege-     keine oder nur eine untergeordnete Rolle     ten (u.a. Freising, Augsburg, Vogelsberg,
neration den Wald besuchen.                  spielt.                                      Bamberg) trafen Waldbesucher auf das
                                                                                          Hinweisschild »Ruft der Wald?« und wur-
Waldbesucher vs. Erholungssuchende           1.000 Waldbesucher befragt                   den mit Hilfe eines QR-Codes gebeten, an
Dieser Begriff »Erholungssuchende« ver-      Um »mehr Licht ins Dunkel« des For-          der Umfrage teilzunehmen. Neben Fra-
deutlicht die gegensätzliche Sichtweise      schungsfeldes der Erholung und Gesund-       gen nach Assoziationen zur Freude und
auf den Prozess der Erholung. Geht die       heit im Wald zu bringen, hat ein vier-       Ärger (»Bei meinem letzten Waldbesuch
Walderholungsforschung davon aus, dass       köpfiges Forscherteam am Lehrstuhl           habe ich mich gefreut/geärgert über ...«)
Menschen aktiv auf der Suche nach Ent-       für Wald- und Umweltpolitik der Techni-      sollten die Befragten auch die Bedeutung
spannung im Wald sind, steht bei Johann      schen Universität München (TUM) eine         des Waldes für sich selbst seit der Coro-
Wolfgang von Goethe gerade das Zurück-       Online-Befragung von Waldbesucherin-         na-Epidemie einschätzen (»Seit Corona
lassen von allem willentlichen Streben im    nen und Waldbesuchern während der            ist der Wald für mich …«). Zusätzlich
Wald im Vordergrund. Die aktuelle me-        Pandemie durchgeführt.                       wurden folgende Fragen gestellt: »Gehen
dizinische Forschung im Bereich »Wald                                                     Sie häufiger oder seltener in den Wald?«
und Gesundheit« bestätigt Johann Wolf-                                                    »Was sind die Gründe für Ihre Waldbe-
gang von Goethes Walderleben. Men-                                                        suche (Wohnumfeld verlassen, in der Na-
schen wollen im Wald Erholung finden,                                                     tur sein, Abschalten)?« Es folgten die üb-
die Natur entdecken und nicht bestimm-                                                    lichen sozio-demografischen Fragen nach
te Waldbilder suchen. Bislang ist wissen-                                                 den genutzten Verkehrsmitteln, der Ent-
schaftlich noch nicht eindeutig geklärt,                                                  fernung des Waldes vom Wohnort, der
was genau den sogenannten »Erholungs-                                                     Gruppengröße während des Waldbesu-
effekt« im Wald auslöst. Als mögliche                                                     ches, dem Alter und Geschlecht.
Wirkmechanismen werden das beson-
dere Waldinnenklima, das Vorhanden-
sein bestimmter Baumarten oder Wald-
strukturen, aber auch die Abwesenheit                                                      1 »Ruft der Wald?« Mit Schildern
                                                                                          wie diesem wurden Waldbesucher
von Störungen wie zum Beispiel Luft-                                                      aufgerufen, sich zu äußern, wie sie
schadstoffe oder Lärm erforscht. In die-                                                  den Wald wahrnehmen. Foto: N. Koller

12   LWF aktuell 1 |2021
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