13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald

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13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
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                    Schwerpunkt:
                Wasserversorgung
                   aus dem Wald

Z   Ü   R   C   H   E    R
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
Inhalt                                                                                               ZÜRCHER WALD 3/2020

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                   Wasserversorgung          4        Wasserversorgung im Kanton Zürich Paul Ruckstuhl
                      aus dem Wald           10       Wald und Wasser – eine enge Beziehung Gerhard Bichsel und
                                                      Olivier Bieri
Reicht das Was-                              12       Folgen von Grundwasserschutzzonen auf die Waldbe-
 ser auch in der                                      wirtschaftung Annette Jenny und Urs Kamm
       Zukunft?                              18       Umfrage – Privatwald auf Grundwasserschutzzonen
               4                                      Felix Keller
                                             22       Finanzbeiträge an die Pflege von Grundwasserschutzwäl-
                                                      dern – das wäre sinnvoll investiert Urs Rutishauser
                                             25       Partnerschaften für Trinkwasser aus dem Wald
                                                      Clémence Dirac, Pierre Alfter und François Godi

    Folgen des              Naturnahe        28       Quellen – die etwas anderen Gewässer                Verena Lubini
 Grundwasser-                 Quellen
   schutzes im
         Wald                    Saison      33       Naturnahe Waldquellen erhalten und schützen
            12                                        Verena Lubini

                            Holzmarkt        34       Preisentwicklung Rundholz Kanton Zürich
                                             37       Holzmarktlage für die Ostschweiz weiterhin sehr ange-
                                                      spannt
    Naturnahe                                38       Holzmarkt-Information Marco Gubser
Quellen – wert-
  voll, bedroht          MItteilungen        41       Mitteilungen aus der Abteilung Wald
 und meistens              Abt. Wald
        im Wald
             28            Forstkreise       43       Nachruf Henry Fenner

                         Mitteilungen        44
                          WaldZürich

                    Mitteilungen VZF         45

                    Kurzmitteilungen         46

                   Agenda/Vorschau           51       Agenda

       Titelbild (l) Kalksinterquelle «Tüfels Chilen» bei Kollbrunn (Foto: ur)
                   (r) Strömendes Wasser (Foto: ur)
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
ZÜRCHER WALD 3/2020                                                                                        Editorial
                                                                                                            Editorial
                                                                                                                   3

Unter unseren Füssen fliesst ein sehr                  gewässerschonender Waldbau sowie die
wertvoller Rohstoff. Nein, es ist weder                gebotene Vorsicht bei der Bewirtschaftung
Gold noch Erdöl. Gemeint ist der Rohstoff              helfen, Grundwasserbeeinträchtigungen zu
Grundwasser. Im Kanton Zürich werden                   vermeiden. Zudem hilft der Waldboden als
gut 60% des genutzten Trinkwassers aus                 bioaktiver Filter für Regenwasser bei der
Grund- und Quellwasser gewonnen. Doch                  Sauberhaltung der Ressource und im Ge-
diese Ressource ist stetigem Druck ausge-              genzug bedienen sich die Bäume im Wald
setzt. Immer mehr Gebäude reichen immer                beim Grundwasser für deren Bewässerung.
tiefer in den Untergrund und machen dem                Ein Paradebeispiel für eine gelungene Sym-
Grundwasser den Platz streitig. Aus der                biose in der Zürcher Umwelt.
Industrie und der Landwirtschaft gelangen
Schadstoffe (Chemikalien, Abbauprodukte                Diesem Zusammenspiel ist grösste Sorge
von Pflanzenschutzmitteln) in die Umwelt,              zu tragen, damit wir auch in Zukunft nicht
die immer wieder den Weg ins Grundwas-                 nur einen schönen, naturnahen Wald,
ser finden. Daher ist der Schutz des Grund-            sondern auch ein sicheres und qualitativ
wassers ein überaus wichtiges Anliegen, das            hervorragendes Trinkwasser geniessen
der gesamten Umwelt und der Bevölkerung                können.
zugutekommt.
                                                                                    Marco Ghelfi,
Ein wichtiges Element zur Sicherung eines                Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft,
qualitativ und quantitativ einwandfreien                          Sektionsleiter Grundwasser und
Grundwasservorkommens ist der plane-                                             Wasserversorgung
rische Schutz der Ressource. Mit sogenann-
ten Grundwasserschutzzonen rund um
bestehende Grund- und Quellfassungen
lassen sich bakteriologische Verschmut-
zungen im Trinkwassernetz planerisch re-
duzieren. Einen grossen Anteil an der guten
Grundwasserqualität im Kanton Zürich
hat selbstverständlich auch der Wald. Ein

Impressum Zürcher Wald 3/20 (Juni 2020)                Redaktor
52. Jahrgang, erscheint jeden zweiten Monat            Urs Rutishauser (ur), Forsting. ETH, IWA
                                                       Stellvertretung: Felix Keller, Forsting. ETH, IWA
Herausgeber / Verbandsorgan
Herausgeber ist der Verband Zürcher Forstpersonal      Gestaltung und Satz
VZF; die Zeitschrift ist zugleich Verbandsorgan von    IWA – Wald und Landschaft AG
WaldZürich Verband der Waldeigentümer                  Adressänderungen und Abonnemente
Trägerschaft                                           an die Redaktionsadresse oder                           VERBAND ZÜRCHER
VZF und WaldZürich sowie Abteilung Wald des Amtes      www.zueriwald.ch                                       FORSTPERSONAL
für Landschaft und Natur, Baudirektion Kanton Zürich   Inserate
Redaktionskommission                                   Fabio Gass, Hegnauerstrasse 10, 8604 Volketswil
Fabio Gass, Präsident, Förster, Vertreter VZF          Tel. 044 910 23 43, fabio.gass@volketswil.ch
Markus Schertenleib, Vertreter WaldZürich              Papier
Hanspeter Isler, Forstwartvorarbeiter, Vertreter VZF   Refutura FSC und Recycling
Nathalie Barengo, Forsting., Vertreterin Abt. Wald
Ruedi Weilenmann, Förster, Vertreter VZF               Auflage
Urs Rutishauser, Forsting., Redaktor                   Auflage 1‘300

Redaktionsadresse                                      Druck
IWA – Wald und Landschaft AG                           Mattenbach AG, 8411 Winterthur
Hintergasse 19, Postfach 159, 8353 Elgg                Online
Tel. 052 364 02 22 E-Mail: redaktion@zueriwald.ch      www.zueriwald.ch/zeitschrift
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
Wasserversorgung aus dem Wald                                                           ZÜRCHER WALD 3/2020
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Wasserversorgung im Kanton Zürich
Im Durchschnitt werden rund 400’000 m3 Trinkwasser pro Tag im Kanton Zürich verbraucht.
Das saubere Wasser aus dem Wasserhahn ist für viele eine Selbstverständlichkeit. Um die
Trinkwasserversorgung sicherzustellen, sind die kommunalen Infrastrukturen sowohl regional
als auch überregional gut miteinander vernetzt. So kann man sich gegenseitig aushelfen und
allfällige lokale Engpässe ausgleichen. Wie die Wasserversorgung im Kanton Zürich aussieht
und welchen Stellenwert dabei der Wald hat, wird in diesem Artikel dargestellt.
von Paul Ruckstuhl, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Gruppenleiter Wasserversorgung

                  Trinkwasser – Lebensgrundlage                    Durchführen von Untersuchungen über
                  Dank beständigem Engagement zum Schutz           die Wasserbeschaffung
                  der unter- und oberirdischen Gewässer steht    • Übergeordnete Planungen
                  Wasser in genügender Menge und guter           • Förderung von regionalen und überregi-
                  Qualität zur Verfügung. Wasser wird nicht        onalen Anlagen
                  nur für die Trinkwasserversorgung genutzt.     Da in der Mitte des letzten Jahrhunderts
                  Auch für landwirtschaftliche Bewässerung,      viele Versorgungen an die Grenzen ihrer Lei-
                  gewerbliche und industrielle Produktion,       stungsfähigkeit stiessen, wurden im ganzen
                  Nahrungsmittelherstellung, Energiege-          Kanton Gruppenwasserversorgungen ge-
                  winnung, Kühlen, Brandbekämpfung usw,          gründet, mit dem Ziel, gemeinsam neue
                  braucht es Wasser, das gewisse Qualitäts-      Ressourcen zu erschliessen oder Wasser in
                  kriterien erfüllen muss.                       ressourcenarme Gegenden zu transportieren.
Heute wird die    Mit anhaltendem Bevölkerungswachstum           Heute wird die kommunale Wasserver-
kommunale         und Wohlstand steht die Trinkwasserver-        sorgung durch 142 Gemeindewerke, 32
Wasserversor-
gung durch
                  sorgung immer öfter in Konkurrenz zu           private Genossenschaften und 10 Aktienge-
142 Gemein-       diesen Nutzungen und zu Besiedlung und         sellschaften sichergestellt. Ergänzend dazu
dewerke, 32       Infrastrukturanlagen, die durch Grundwas-      existieren rund 29 Gruppenwasserversor-
private Genos-    sergebiete führen. Mit den vorhandenen         gungen (Gemeindeverbände, vgl. Abb. 1).
senschaften
und 10 Aktien-
                  Wasserressourcen muss deshalb schonend         Durch die Gruppenwasserversorgungen
gesellschaften    umgegangen werden.                             sind die kommunalen Wasserversorgungen
sichergestellt.                                                  untereinander vernetzt, was vor allem im
                  Wasserversorgung heute                         Störfall Vorteile bietet und das Zusammen-
                  Die Aufgabenverteilung bei der Wasser-         brechen einzelner Versorgungen verhindert.
                  versorgung ist im kantonalen Wasserwirt-
                  schaftsgesetz geregelt. Die Gemeinden sind     Wieviel Wasser verbraucht die Be-
                  zuständig für die Sicherstellung der Trink-,   völkerung
                  Brauch- und Löschwasserversorgung in-          Der Wasserverbrauch errechnet sich aus der
                  nerhalb des Gemeindegebietes. Sie bauen        Bevölkerungszahl und einem Verbrauch pro
                  die Wasserversorgung nach Massgabe             Einwohner und Tag (spezifischer Wasserbe-
                  des Generellen Wasserversorgungsprojekts       darf). Hier inbegriffen sind die Wasserbe-
                  aus. Sie können die Sicherstellung der         züge von Gewerbe und Industrie, Bezüge
                  Wasserversorgung aber auch an private          der Landwirtschaft, ungemessene Wasser-
                  Genossenschaften oder Aktiengesellschaf-       verbräuche wie der Eigenverbrauch einer
                  ten auslagern. Der Kanton ist im Bereich       Gemeinde und der Wasserversorgung sowie
                  der Wasserversorgung verantwortlich für:       die Verluste über das Leitungsnetz, die sich
                  • Oberaufsicht und Koordination                im Kanton Zürich um 10% bewegen.
                  • Grundlagenbeschaffung, Planung und           Seit 1850 hat sich die Einwohnerzahl im
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
ZÜRCHER WALD 3/2020                           Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                       5

Kanton Zürich von gut 250‘000 auf heute
über 1.4 Mio. mehr als verfünffacht. Weil
der spezifische Bedarf seit 1970 gesunken
ist, ist der Wasserverbrauch trotz Bevöl-
kerungswachstum seit diesem Zeitpunkt
pro Jahr leicht rückläufig. Gründe dafür
sind u.a. das Verschwinden von wasserin-
tensiven Industrie- und Gewerbebetrieben,
die Reduktion von Wasserverlusten im
Leitungsnetz und die Installation von was-
sersparenden Armaturen. Der Kanton geht
davon aus, dass sich die sinkende Tendenz
des Wasserverbrauches stabilisiert, weshalb
der mittlere Wasserverbrauch auch in Zu-
kunft nicht wesentlich über dem heutigen
Tageswert von 400‘000 m3 liegen dürfte.
Anders verhält es sich mit den maximalen
Wasserverbräuchen. Extrem trockene, hei-
sse Sommer wie 2003 und 2018 können
zu Spitzenwerten führen. Die Gründe sind
vielfältig: Mehrverbrauch in Haushalten
und Industrie, zunehmende Gartenbewässe-                                                  Wasserbezug
                                                                                          über Anschluss-
rungen und vor allem die immer intensivere
                                                                                          vertrag
landwirtschaftliche Bewässerung. Der ma-
ximale Tagesverbrauch dürfte sich deshalb                                                 überlagerte
von heute 600‘000 m3 langfristig auf ca.                                                  Wasserbezüge
900‘000 m3 erhöhen.                                                                       Wasserbezug mit
                                                                                          Notverbindung
Woher kommt das Trinkwasser?                                                              Seewasserwerk
Die Gewinnung von jährlich rund 140 Mio. m3    Abbildung 1: Übersicht über die Gruppenwasserversorgungen;
Trinkwasser erfolgt mit Seewasser, Grund-      es gibt rund 29 Gemeindeverbände, in denen die kommunalen
wasser und Quellwasser, in der Regel mit       Wasserversorgungen untereinander vernetzt sind.
den in Abbildung 2 dargestellen Anteilen.
Die wichtigsten Herkünfte sind der Zürich-
see und die reichhaltigen Grundwasservor-
kommen der vielen Schottertäler wie Rhein,
Limmat- und Tösstal. Im Jahr 2018 sank der                                                 Der maximale
Anteil Quellwasser infolge Trockenheit auf                                                 Tagesver-
                                                                                           brauch dürfte
15%. Der Anteil Grundwasser betrug 43%
                                                                                           sich von heute
und der Anteil Seewasser 42%.                                                              600‘000 m3
                                                                                           langfristig auf
Seewasser                                                                                  ca. 900‘000 m3
                                                                                           erhöhen.
Vom Volumen des Zürichsees von
3‘900‘000’000 m3 werden jedes Jahr rund
2% für die Trinkwasserversorgung ver-
wendet. Das Rohwasser wird in 9 Seewas-
serwerken in aufwändigen, mehrstufigen         Abbildung 2 Herkunft des Trinkwassers im
Verfahren zu einwandfreiem Trinkwasser         Kanton Zürich
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
Wasserversorgung aus dem Wald                                                            ZÜRCHER WALD 3/2020
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           Rhein-Grundwasser-                                      Staatswald und Wald im Besitz des Bundes.
           strom Rheinau                                           Quellen im Wald geniessen den Ruf, Wasser
                                                                   von einwandfreier Qualität zu schüttten.

Rhein-Grundwasser-                                                 Grundwasser
strom Rafz-Weiach                                                  Die Wasserversorgungen im Kanton Zü-
                                                                   rich betreiben total über 100 grössere
                                                                   Grundwasserpumpwerke, mit welchen die
                                                                   Grundwasserressourcen genutzt werden.
                                                                   Die ergiebigsten Grundwasserressourcen
                                               Töss-Grundwasser-
                                                                   liegen entlang des Rheins, der Limmat und
                                               strom               der Töss (Abbildung 3).
                                                                   Mit dem Bevölkerungswachstum und wei-
                                                                   teren anthropogenen Beeinflussungen wirkt
Limmat-Grundwasser-
                                                                   ein grosser Nutzungsdruck auf die Wasser-
strom                                                              ressourcen. Im Kanton Zürich ist in den
                                                                   vergangenen Jahrzehnten eine zunehmende
                                                                   Gefährdung durch Siedlungen, Verkehr,
                                                                   Industrie und Landwirtschaft festzustel-
                                                                   len. Zumeist sind es diffuse Einträge von
                                Zürichsee
                                                                   Schadstoffen wie z.B. Pflanzenschutzmittel,
                                                                   welche die Wasserqualität belasten.
                                                                   Dank den Grundwasserschutzmassnahmen
                                                                   und weiteren vielfältigen Anstrengungen im
                                                                   Gewässerschutz (Reinigung von Abwasser,
                                                                   Erhaltung der Durchflusskapazität von
    Schotter-Grundwasservorkommen in Tälern                        Grundwasservorkommen, Sanierung von
    Schotter-Grundwasservorkommen über den Tälern                  Altlasten, betrieblicher Umweltschutz etc.)
    Seen                                                           ist aber die Wasserqualität der ober- und
                                                                   unterirdischen Gewässer derart, dass ein
Abbildung 3: Bedeutendste Trinkwasserressourcen im Kanton          gutes Trinkwasser gewonnen werden kann.
Zürich
                                                                   Grundwasserschutz
                     aufbereitet. Die beiden grössten Werke mit    Im Gewässerschutzgesetz ist festgelegt,
                     einer Kapazität von ca. 300‘000 m3 pro Tag    dass um die Fassungen der Trinkwasser-
                     befinden sich in der Stadt Zürich.            versorgung Schutzzonen auszuscheiden
                                                                   sind. Nutzungseinschränkungen wie z.B.
                     Quellwasser                                   ein Bauverbot in der Schutzzone S2 helfen,
                     Ergiebige Quellen entspringen vor allem in    die Qualität des geförderten Wassers zu
                     Gegenden des Zürcher Oberlands, im Tös-       schützen.
                     stal, Kohlfirst, Pfannenstiel, Zimmerberg     Zum Schutz von Grundwassergebieten kön-
                     und Weinland. Total werden die öffent-        nen Schutzareale ausgeschieden werden, die
                     lichen Wasserversorgungen von ca. 800         für die künftige Nutzung und Anreicherung
                     Quellgruppen gespiesen. Davon befinden        von Grundwasservorkommen von Bedeu-
                     sich die Hälfte im Wald. Der flächenmäs-      tung sind. In diesen Arealen dürfen keine
                     sig grösste Anteil liegt im Gemeindewald,     Bauten und Anlagen erstellt oder Arbeiten
                     gefolgt vom Privatwald und vom Korpo-         ausgeführt werden, die künftige Nutzungs-
                     rationswald. Der Rest verteilt sich auf den   und Anreicherungsanlagen beeinträchtigen
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
ZÜRCHER WALD 3/2020                           Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                          7

                                               Wer darf Wasser nutzen?

                                               Die Abgrenzung zwischen öffentlichen und privaten Grund-
                                               und Quellwasservorkommen wird durch die Kantone gere-
                                               gelt. Im Kanton Zürich sind Grundwasservorkommen und
                                               daraus aufstossende Quellen nach §18 a der Konzessions-
                                               verordnung zum Wasserwirtschaftsgesetz öffentlich, wenn
                                               die Ergiebigkeit des Wasservorkommens auch in Trocken-
                                               perioden noch über 10 l/min beträgt. Die Abgrenzung stellt
                                               sicher, dass die unterirdischen Wasservorkommen und ihre
                                               Quellen weitgehend unter der Hoheit des Staats stehen. Dies
                                               ist wichtig, um die beschränkt verfügbaren Wasserressour-
                                               cen bestmöglich für das öffentliche Wohl und insbesondere
                                               die Trinkwassergewinnung nutzen zu können. Mit einem
                                               Wasserfluss von 10 l/min kann ein Weiler (30-50 Personen)
                                               mit Trinkwasser versorgt werden. Grundwasservorkommen
                                               mit weniger als 10 l/min unterstehen dem Zivilgesetzbuch
Abbildung 4: Grundwasserschutzareal Rhei-      des Bundes und gehören zum Boden, auf dem sie entsprin-
nau (violett)                                  gen. Für die Nutzung solcher Vorkommen muss trotzdem
                                               beim Staat eine Bewilligung eingeholt werden. Grössere
könnten. Grundwasserschutzareale sind in       Grundwasservorkommen unterstehen dem kantonalen
den Gebieten Rheinau, Weiach-Rafzerfeld        Wasserwirtschaftsgesetz. Für deren Nutzung muss beim
und im Limmattal ausgeschieden worden.         Staat eine Konzession beantragt werden.
Sie sind die Wasserreserven des Kantons
Zürich für kommende Generationen. Im           das Trinkwasser in den verschiedenen
bedeutendsten Areal Rheinau wirkt sich         Wasserversorgungen regelmässig beprobt,
die Lage im Wald positiv aus, sind doch        analysiert und die nötigen Massnahmen
da sehr wenige Zuflüsse von Schadstoffen       wie z.B. eine Abkochvorschrift erlässt,
zu erwarten.                                   damit belastetes Trinkwasser wieder die
Während die Schutzzonen und Schutzare-         Qualitätskriterien erfüllt.
ale hygienische Verunreinigungen von der       Seit knapp einem Jahr sind chemische            Seit knapp
Fassung fernhalten, dienen die Zuström-        Verunreinigungen durch Pflanzenschutz-          einem Jahr
                                                                                               sind chemische
bereiche Z U auch dem Verhindern von           mittel ein grosses Thema. Es wird ver-          Verunreini-
chemischen Verunreinigungen. ZU ist das        mutet, dass der als Pflanzenschutzmittel        gungen durch
«Einzugsgebiet» der Fassung, aus dem 90%       eingesetzte Wirkstoff Chlorothalonil eine       Pflanzen-
des zuströmenden Rohwassers stammen. In        krebserregende Wirkung hat. Darum hat           schutzmittel
                                                                                               ein grosses
ZU können zum Schutz der Fassung eben-         das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit        Thema.
falls Nutzungsbeschränkungen, vor allem in     und Veterinärwesen BLV den Einsatz dieses
der Landwirtschaft, erlassen werden.           Wirkstoffes per Ende 2019 verboten und die
                                               Abbauprodukte (Metaboliten) als relevant
Wasserqualität                                 erklärt. Das heisst, dass Wasser, das für die
Trinkwasser ist ein Lebensmittel, weshalb      Trinkwasserversorgung verwendet wird,
Wasserversorgungen der Lebensmittelge-         eine Höchstkonzentration dieser Stoffe
setzgebung unterliegen und über ein System     von 100 Milliardstel Gramm einhalten
zur Qualitätssicherung verfügen müssen.        muss. Im Kanton Zürich überschreiten
Als Lebensmittelbetrieb unterstehen sie der    etliche Fassungen diesen Höchstwert. Im
Gesundheitsdirektion. Die verantwortliche      Gespräch mit dem BLV, dem zur Gesund-
Behörde ist das Kantonale Labor, welches       heitsdirektion gehörigen Kantonalen Labor,
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
Wasserversorgung aus dem Wald                                                           ZÜRCHER WALD 3/2020
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                                                                 von leistungsfähigen Vorflutern gespiesen
                                                                 werden. Dies ist im Limmattal der Fall, aber
                                                                 auch im Tösstal ist in trockenen Sommern
                                                                 trotz grosser Grundwasserspiegelabsen-
                                                                 kungen genügend Grundwasser vorhanden.

                                                                 Verteilung
                                                                 Wasser ist im Kanton mehr als genug vor-
                                                                 handen. Die Herausforderung ist dessen
                                                                 gerechte Verteilung an die Gemeinden. Mit
                                                                 einem System von über 900 Grund- und
                                                                 Quellfassungen, 9 Seewasserwerken, mehr
                                                                 als 8‘000 km Transport-, Haupt- und Ver-
                                                                 sorgungsleitungen, ungefähr 700 Reservoirs
                                                                 mit einem Gesamtvolumen von 800’000 m3
                                                                 werden der Normal- und Spitzenbedarf an
                                                                 Trinkwasser heute und auch in Zukunft
                                                                 vollständig abgedeckt und eine leistungs-
                                                                 fähige Löschwasserversorgung garantiert.
                                                                 Da die Wasserressourcen nicht gleichmä-
                                                                 ssig über das Kantonsgebiet verteilt sind,
                                                                 braucht es das leistungsfähige, überregio-
                                                                 nale Verteilnetz des Kantonalen Trinkwas-
                                                                 serverbundes, das die grossen Wasserge-
                                                                 winnungsorte (Seewasserwerke der Stadt
         bestehende Leitungen mit Durchmesser in Millimeter
                                                                 Zürich und ergiebige Grundwasservorkom-
         1. Ausbauetappe: Leitungen mit Durchmesser und Nummer
                                                                 men) mit den grossen Verbrauchszentren
         2. Ausbauetappe
                                                                 (Städte) verbindet (Abbildung 5). Gerade
         3. Ausbauetappe
                                                                 bei Störfällen, wenn eine wichtige Was-
Abbildung 5: Leitungen des kantonalen Trinkwasserverbundes,      serressource ausfällt oder die Ergiebigkeit
Stand 2018                                                       von Wassergewinnungsanlagen abnimmt,
                                                                 muss einwandfreies Trinkwasser von einem
                  den Fassungseigentümern und dem AWEL           anderen, unabhängigen Gebiet bezogen
                  müssen nun Lösungen wie das Mischen mit        werden können. Aufgrund der langen
                  unbelastetem Wasser oder die Beschaffung       Nutzungsdauer der Leitungen und Anlagen
                  von Ersatzwasser gesucht werden.               dieses Verteilsystems von 50 bis 80 Jahren
                                                                 soll deren Planung und Realisierung auch
Wasser ist im     Klima                                          langfristige Entwicklungen – Bevölkerungs-
Kanton mehr       Der Klimawandel mit immer längeren Tro-        wachstum, Klimawandel, wirtschaftliche
als genug
                  ckenperioden im Sommerhalbjahr (2003,          Entwicklung und Änderungen der Gewohn-
vorhanden. Die
Herausforde-      2015 und 2018) bei gleichzeitig steigenden     heiten der Nutzer – soweit möglich be-
rung ist dessen   Wasserverbräuchen wirkt sich besonders         rücksichtigen. Die Anlagen wurden in den
gerechte Ver-     kritisch auf kleinere, lokale Quell- und       Kantonalen Richtplan aufgenommen und
teilung an die
                  Grundwasservorkommen aus. Ein Beispiel         sind ungefähr zu zwei Dritteln realisiert.
Gemeinden.
                  im Kanton Zürich ist das untere Tal der        Angesichts der grossen Herausforderungen
                  Kempt. Weniger anfällig auf trockene           der Zukunft (Bevölkerungswachstum,
                  Sommerperioden sind die Grundwasservor-        Klimawandel, Eintrag von Schadstoffen in
                  kommen in den grossen Schottertälern, die      die Ressourcen) braucht es eine umfassende
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
ZÜRCHER WALD 3/2020                            Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                           9

kantonale Strategie für die langfristige Si-    Kantonale Wasserversorgungsstrategie
cherstellung der Wasserversorgung, welche
den Schutz der Wasserressourcen und die         • Trinkwasserressourcen sind in qualitativer und quantitativer
optimale Verteilung des Wassers über das          Hinsicht vor schädlichen Einflüssen zu schützen.
Kantonsgebiet enthält.                          • Um die gesamte Bevölkerung mit genügend Trinkwasser
                                                  versorgen zu können, sind übergeordnete Versorgungsstruk-
Bedeutung des Waldes für die Was-                 turen erforderlich.
serversorgung                                   • Die heutigen Beschaffungsstrukturen – je rund 50% regio-
Dank der natürlichen Filtration, der hohen        nale/überregionale und 50 % kommunale Wassergewinnung
Wasserrückhaltung (in den obersten 10 cm          – führen zu einer hohen Versorgungssicherheit und sind
können pro m2 bis zu 50 l Wasser zurückge-        von grosser Bedeutung für die Trinkwasserversorgung in
halten werden) und der Wasserspeicherung          Notlagen. Diese Strukturen werden daher beibehalten.
hat der Wald einen bedeutenden Stellen-         • Sämtliche Ausbauten werden bedarfsgerecht umgesetzt, d.h.
wert bei der Wasserversorgung. Der Wald           erst wenn sie notwendig sind. Da die Anlagen der Wasserver-
schafft mit seinem speziellen Mikroklima          sorgungen Nutzungsdauern von 50 bis 80 Jahren aufweisen,
Bedingungen, die für den natürlichen Rei-         sind generelle Planungen frühzeitig durchzuführen.
nigungsprozess im Boden optimal sind. Im        • Falls eine Erhöhung der Trinkwasserproduktion erforder-
Vergleich zum Freiland sind dies die höhere       lich wird, ist die Abhängigkeit vom Zürichsee nicht weiter
Luftfeuchtigkeit, ausgeglichenere Tempera-        zu erhöhen. Zur besseren Risikoverteilung ist stattdessen
turen und die geringere Wassererwärmung.          die Erschliessung des ergiebigen Rheingrundwasserstoms
Gemäss Art. 18 Waldgesetz dürfen im Wald          vorzusehen.
im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Nutz-      • Andere Nutzungen der Wasserressourcen, wie z.B. für die
flächen mit wenigen Ausnahmen keine um-           Bewässerung in der Landwirtschaft, sind in beschränktem
weltgefährdenden Stoffe verwendet werden.         Umfang möglich, wenn die Trinkwassergewinnung nicht
Es kann davon ausgegangen werden, dass            tangiert wird.
Pestizidverschmutzungen von «Chlorotha-         • Bewässerungen im grossen Stil ab dem Trinkwassernetz sind
lonil» im Wald nicht vorkommen, da dieser         nicht möglich, da die Anlagen nicht auf diese Belastungen
Stoff vorwiegend im Ackerbau eingesetzt           ausgelegt sind. Auch gilt es zu verhindern, massiv überdi-
wird. Bei grossen Grundwasserfassungen            mensionierte Anlagen für wenige Spitzentage vorzuhalten
kommt die Verschmutzung mit Chlorotha-            und so die Verkeimung des Trinkwassers infolge langer
lonilmetaboliten gelegentlich vor, weil der       Aufenthaltszeiten im Verteilnetz zu fördern.
Zuströmbereich ZU der Fassung über die
Waldfläche hinaus in Gebiete mit Ackerbau
reicht. In der Regel lässt sich das Grund-
wasser aus bewaldeten Einzugsgebieten           Gesetzliche Grundlagen
ohne Aufbereitung als Trinkwasser nutzen.
                                                Bund
Quellen:                                        • Lebensmittelgesetz (LMG) vom 9. Oktober 1992
Kantonaler Trinkwasserverbund, Sicher-          • Gewässerschutzgesetz (GSchG) vom 24. Januar 1991
  stellung der künftigen Versorgung, Bro-       • Gewässerschutzverordnung (GSchV) vom 28. Oktober
  schüre AWEL Amt für Abfall, Wasser,             1998
  Energie und Luft, Dezember 2013               • Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserver-
https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/           sorgung in Notlagen (VTN) vom 1. Januar 1991
  themen/wasser/fachinformationen/zu-
  stand-der-gewaesser/zustand-des-grund-        Kanton
  wassers/grundwasser-quantitaet.html           • Wasserwirtschaftsgesetz (WWG) vom 2. Juni 1991
Kontakt:                                        • Verordnung über die Wasserversorgung (WsVV) vom 5.
Paul Ruckstuhl, paul.ruckstuhl@bd.zh.ch           Oktober 2011
13/20 Schwerpunkt: Wasserversorgung aus dem Wald - zueriwald
Wasserversorgung aus dem Wald                                                               ZÜRCHER WALD 3/2020
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Wald und Wasser – eine enge Beziehung
Zwischen dem Wald und der Wassergewinnung bestehen vielfältige und enge Verbindungen.
Der Bericht aus der Region Thurtal gibt dazu einen Einblick und zeigt dabei auch den hohen
Wert des Waldes für die Wasserversorgung.
von Gerhard Bichsel, Brunnenmeister der Gemeinde Kleinandelfingen und der Gruppenwasserversorgung Thurtal-
Andelfingen, und Olivier Bieri, Förster der Gemeinden Andelfingen, Kleinandelfingen, Thalheim und Adlikon

                   Der Niederschlag in der Schweiz beträgt in        Bewirtschaftung genommen. Die Schutzzone
                   einem normalen Jahr rund 60 Milliarden m3,        wird mehrfach im Jahr kontrolliert.
                   davon verdunstet ca. ein Drittel, knapp zwei      Weitere Grundwasserpumpwerke in der
                   Drittel fliessen über die grossen Flüsse ins      Region sind:
Der Bedarf in      Mittelmeer, die Nordsee und das Schwarze          • Seewerben im Norden der Gemeinde Rhei-
der Schweiz für Meer ab. Die Reserven in den Gletscher und             nau. Hier befinden sich die Schutzzonen
die Wasserver-
                   im Grundwasser nehmen stetig ab und be-             aber grösstenteils ausserhalb des Waldes.
sorgungen be-
trägt ca. 1 Milli- laufen sich auf knapp 250 Millionen m . Der         Der Betreiber ist die Gruppenwasserver-
                                                            3

arde m , dies
       3
                   Bedarf für die Wasserversorgungen beträgt           sorgung Kohlfirst.
entspricht etwa ca. 1 Milliarde m3, dies entspricht etwa dem         • GWPW Feldi bei Altikon. Der Betreiber
dem Inhalt des
                   Inhalt des Murtensees. Dieser Wasserbe-             dieses GWPW ist die Gruppenwasserver-
Murtensees.
                   darf wird heute zu 80% aus Grundwasser              sorgung Thurtal-Feldi.
                   und zu 20% aus Seewasser gedeckt. Beim
                   Grundwasser ist etwa die Hälfte Quellwas-         Neben den GWPW sind Quellen ein weiteres
                   ser. Dieses tritt von selbst an die Oberfläche,   wichtiges Standbein für die heutige Trink-
                   wird in sogenannten Brunnenstuben gefasst         wasserversorgung. Quellen die im Wald
                   und in die Reservoirs geleitet. Die andere        gefasst werden, haben entscheidende Vor-
                   Hälfte wird in Filterbrunnen gefasst und mit      teile gegenüber solchen im Kulturland. Das
                   Pumpen in die Reservoirs gefördert. Man           sind unter anderem weniger Einträge von
                   unterscheidet Grundsätzlich drei Typen von        Pflanzenschutzmitteln und Düngern, aber
                   Grundwasserleitern: Karst-Grundwasser vor         auch weniger übernutzte Weideflächen mit
                   allem Jura Zone, Kluft-Grundwasser kommt          entsprechendem Eintrag von wasserbelasten-
                   im Alpenbogen und Mitteland vor, sowie            den Stoffen. Ein weiterer Vorteil, den eine
                   dem Lockergesteins-Grundwasserleiter, die-        Waldbestockung mit sich bringt, ist die Was-
                   ses ist immer in der Nähe von Bächen und          serrückhaltung bei starken Niederschlägen.
                   Flüssen zu finden.                                Die vielen Blätter und Wurzeln begünstigen
                                                                     eine längere Versickerungsdauer. Als Nach-
                  Wassergewinnung und die Auswir-                    teil erwähnen kann man, dass in trockenen
Regen im          kung auf die Waldbewirtschaftung                   Jahren die Neubildung von Grundwasser
Sommer            Die Gruppenwasserversorgung Thurtal-An-            während der Vegetationszeit gegen Null
bringt für den
                  delfingen betreibt im Schmugglerweg auf dem        sinken kann. Grundwasser entsteht erst am
Grundwasser-
spiegel wenig.    Gebiet der Gemeinde Rheinau ein Grundwas-          Schluss. Wenn es im Jahr 1‘000 mm regnet,
Im Sommer         serpumpwerk (GWPW). Die Schutzzonen                fliessen zuerst 250 mm oberflächig ab, etwa
haben zuerst      mit ihren jeweiligen Auflagen (an anderer          gleich viel verdunstet, 250 mm nehmen die
alle anderen
                  Stelle in diesem Heft erläutert) befinden sich     Pflanzen und Bäume auf, erst am Schluss,
Durst ...
                  ausschliesslich im Wald. Die gesamte Fläche        wenn alles optimal läuft wird das Grundwas-
                  beträgt etwa 50 ha. Etwa 10% davon gehören         ser angereichert. Regen im Sommer bringt
                  der Gemeinde Marthalen. Ein grosser Teil des       also für den Grundwasserspiegel wenig. Im
                  Waldes in der Schutzzone 2 wurde aus der           Sommer haben zuerst alle anderen Durst.
ZÜRCHER WALD 3/2020                              Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                                         11

Viele Quellfassungen, die wir heute noch
nutzen, wurden vor ca. 100 bis 140 Jahren
gebaut. So wurden zum Teil mit Spitz-
hacke, Schaufel und Schubkarre Stollen
in den Sandstein gegraben. Das kostbare
Trinkwasser wurde mit Tonröhren gefasst
und mit Holztüchel in die Dorfbrunnen
geleitet. Heute wird das Quellwasser in den
Reservoirs gesammelt und ist ein wichtiger
Anteil des Trink-, Brauch und Löschwas-
sers. Die Sanierung von solchen gefassten
Quellen ist eine aufwändige und schwierige
                                                 G. Bichsel

Aufgabe und kann nur von sehr erfahrenen
Unternehmen und Geologen durchgeführt
werden. Eine solche Sanierung in Henggart
durfte Gerhard Bichsel im Jahr 2018, als                                                              In Sandstein gehauene
Brunnenmeister der Gruppenwasserversor-                                                               Stollen, 1884 erstellt
gung Thurtal-Andelfingen, begleiten. Die                                                              durch die Wasserkor-
nebenstehenden Bilder sind in bei dieser                                                              poration Henggart. Im
Gelegenheit entstanden. Wenn da heute                                                                 Jahr 2018 wurden die
wieder ohne unser Zutun zwischen 50 bis                                                               Fassungen saniert.
100 Liter in der Minute bestes Wasser in das
Reservoir fliesst, dann ist dies ein Segen der
Natur und auch eine sehr wichtige Funktion
                                                              Kontakt:
des Waldes. Diesen Wert des Waldes müssen                     Gerhard Bichsel, wasser@kleinandelfingen.ch
wir heute vermert hervorheben!                                Olivier Bieri, Olivier.Bieri@kleinandelfingen.ch
Inserat

  Einzelbaumschutz gegen
  Wildverbiss aus Schweizer Fichte
  Die umweltfreundliche, praktische und einheimische
  Alternative um den Jungwuchs vor Verbiss zu
  schützen.
  Das Fichtenholz stammt aus den Borkenkäfer geplagten Wäldern
  unserer Region. Es wird bei der Konrad Keller AG in Stammheim zu
  sägerohen Brettern eingeschnitten und im Gefängnis Winterthur
  werden die fertigen Baumschütze produziert.

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ZÜRCHER WALD 3/2020
12

Folgen von Grundwasser-                                                          Elf Fragen zur Bedeutung und zu
                                                                                 den Auswirkungen von Grundwas-
schutzzonen auf die Wald-                                                        serschutzzonen im Wald, gestellt an
                                                                                 Fachpersonen der Abteilung Gewäs-
bewirtschaftung                                                                  serschutz des AWEL und der Abtei-
                                                                                 lung Wald des ALN.

Interview mit Annette Jenny, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Abteilung Gewässerschutz
und Urs Kamm, Amt für Landschaft und Natur, Abteilung Wald

                    Nationale Untersuchungen haben gezeigt,                      Zone S2 (Engere Schutzzone) und letztlich
                    dass Wälder das qualitativ beste Grund-                      die Zone S3 (Weitere Schutzzone). In den
                    wasser liefern. Ein Grund ist, dass im Wald                  jeweiligen Zonen gelten entsprechende
                    grundsätzlich keine umweltgefährdenden                       Nutzungsbeschränkungen, welche im zuge-
                    Stoffe (z.B. Dünger, Pflanzenschutzmittel)                   hörigen Schutzzonenreglement festgehalten
                    verwendet werden dürfen. Der natürlich                       sind (grundsätzliche Vorschriften für den
                    aufgebaute Waldboden garantiert zudem                        Wald siehe Tabelle 1).
                    eine zuverlässige Filterfunktion. Gebiete
                    rund um Trinkwasserfassungen sind von                        Wie gross ist der Anteil des Trinkwas-
                    Gesetzes wegen in sogenannte Grund-                          sers aus dem Wald?
                    wasserschutzzonen eingeteilt, um eine                        Annette Jenny (AJ): Gesamtschweizerisch
                    Verschmutzung des Wassers zu verhindern                      sind 47% aller Grundwasserschutzzonen in
                    und die Qualität des Bodens zu schützen.                     Wäldern zu finden. Rund 40% des Zürcher
                    Diese Grundwasserschutzzonen sind um                         Trinkwassers stammt aus aufbereitetem See-
                    die Trinkwasserfassungen wie eine Zwiebel                    wasser, weitere 40% wird aus Grundwasser-
                    angelegt. Direkt um die Fassung liegt die                    vorkommen gewonnen. Bei den restlichen
                    Zone S1 (Fassungsbereich), angrenzend die                    20% handelt es sich um Quellwasser.

Schutzzonen S1 - S3 im Kanton Zürich

                                                                                            Unbestimmt       Bund
                              1'528 ha                                                      21 ha            8 ha
         S3
                                              3'297 ha                                      1%
ZÜRCHER WALD 3/2020                           Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                           13

Zone             Verbote                                         Empfehlungen
S1               • Einsatz von Pflanzenschutzmitteln             • Nur der Trinkwasserfassung dienende Ein-
                 • Materiallager (inkl. Holz, Asthaufen und        griffe sind erlaubt!
                   Schlagabraum)
                 • Alle Bauten und Anlagen, die nicht der Was-
                   serversorgung dienen

S1 und S2        • Rodungen, grossflächige Entfernung der        • Waldbestand erhalten, kleinflächige Verjün-
                   Bestockung                                      gung des Waldes
                 • Erstellung neuer Waldwege                     • Auflagen bei Unterhalt bestehender Wald-
                                                                   wege beachten
                 • Verwendung von RC-Kies beim Unterhalt         • Primärkies verwenden
                   bestehender Waldwegen
                 • Anlegen von forstlichen Pflanzgärten bzw.     • Ausserhalb der Zonen anlegen und betreiben
                   Baumschulen und Wildfütterungsstellen
                                                                 • Keine Asthaufen und Schlagabraum; Hacken
                                                                   und Entfernen von Schlagabraum ausserhalb
                                                                   der Zonen
S1, S2 und S3    • Behandlung von Holz / Lagerung von behan- • Zusätzlicher Transport des Holzes nach aus-
                   deltem Holz / Berieselung von Holz           serhalb S3
                 • Kein ungeschütztes Lagern und Umfüllen von • Verwendung von biologisch schnell abbau-
                   Betriebsstoffen                              bare Schmierstoffe auf pflanzli-cher Basis
                                                              • Betanken der Motorsägen mit Auffangwan-
                                                                nen oder ausserhalb S2
                 • Umsetzen der Erntemaschinen bei hoher      • Bodenschonendes Befahren, auf gefrorenem
                   Bodenfeuchte                                 oder trockenem Boden
                                                              • Erhöhung des Laubholzanteils

Tabelle 1: Übersicht zu Verboten bzw. Empfehlungen bei der Waldpflege und -bewirtschaftung
(S1 = Fassungsbereich, S2 = Engere Schutzzone, S3 = Weitere Schutzzone)

Wie gross ist die Waldfläche in den             kann festgestellt werden, dass Grund- und
Grundwasserschutzzonen?                         Quellwasser aus bewaldeten Einzugsgebieten
Urs Kamm (UK): Rund 50% der gesamten            selten mit unerwünschten Fremdstoffen oder       Im Vergleich zu
Schutzzonenflächen der Zonen S1-S3 im           Keimen belastet ist. Die Filterwirkung der       landwirtschaft-
                                                                                                 lich genutzten
Kanton Zürich liegen im Waldareal. Das          meisten Waldböden ist aufgrund des hohen         Flächen kom-
heisst, dass 3‘034 ha Wald mit Grundwas-        Humusgehalts, den zahlreichen Bodenle-           men im Wald
serschutzzonen bedeckt sind. Auf die ge-        bewesen und der guten Durchwurzelung             praktisch keine
samte Waldfläche macht dies rund 6% aus.        optimal. Im Vergleich zu landwirtschaftlich      umweltgefähr-
                                                                                                 denden Stoffe
                                                genutzten Flächen kommen im Wald prak-           wie Dünge-
Unterscheidet sich das Trinkwasser aus          tisch keine umweltgefährdenden Stoffe wie        mittel oder
dem Wald von Trinkwasser aus anderen            Düngemittel oder Pestizide in den Boden.         Pestizide in den
Quellen, z.B. aufbereitetem Seewas-             Zudem besteht im Wald ein weit geringeres        Boden.
ser?                                            Verschmutzungsrisiko durch Unfälle, lecke
AJ: Die Grund- und Quellwasserqualität          Abwasserleitungen und den Umgang mit
wird durch geogene, klimatische aber auch       wassergefährdenden Substanzen als in Sied-
menschliche Faktoren (aus Landwirtschaft,       lungsgebieten.
Verkehr, Industrie/Gewerbe, Haushalt,
Freizeit) beeinflusst. Daher gibt es keine      Wie werden Grundwasserschutzzonen
überall geltende qualitative Unterscheidung     ausgeschieden?
für Trinkwasser aus mehrheitlich bewal-         AJ: Zuerst wird ein Gutachten mit einem
deten Einzugsgebieten. Verallgemeinert          Vorschlag für die Dimensionierung der
Wasserversorgung aus dem Wald                                                               ZÜRCHER WALD 3/2020
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                  Grundwasserschutzzonen durch eine hy-            erwähnt. Auch wenn auf den Neubau ver-
                  drogeologisch ausgebildete Fachperson            zichtet werden sollte, führen zahlreiche be-
                  verfasst. Basis dazu sind geologische und        stehende Waldstrassen durch ausgeschiedene
                  hydrogeologische Gegebenheiten (z.B. Ge-         Grundwasserschutzzonen. Bei grösseren Un-
                  ologie, Zusammensetzung und Aufbau der           terhaltsarbeiten (Abranden, neu Aufkiesen)
                  Bodenschichten, Grundwassermächtigkeit,          an solchen Strassen sind gewisse Auflagen
                  -fliessrichtung und -gefälle), Grösse und Art    zum Schutz des Grundwassers einzuhalten.
                  der Trinkwasserfassung sowie die rechtlichen     So darf nur mit Primärkies gearbeitet wer-
                  Vorgaben der Bundesgesetzgebung. Ergän-          den, d.h. die Verwendung von RC-Kies ist
                  zend dazu wird ein Schutzzonenreglement          verboten. Der zuständige Brunnenmeister
                  erstellt. Dieses stützt sich auf das Norm-       ist über die Arbeiten zu informieren und die
                  reglement des Kantons Zürich und enthält         Trinkwasserfassung ist während der Bauar-
                  die nötigen gesetzlichen Bestimmungen zum        beiten vom Trinkwassernetz zu trennen (kein
                  Schutz des Grundwassers. Diese Schutzzo-         Eintrag von bakteriellen Verunreinigungen
                  nenakten werden durch das AWEL geprüft           und Trübstoffen), sofern die Strasse durch
                  und den betroffenen Grundeigentümern             die Zone S1 oder S2 verläuft. Maschinen
                  oder Bewirtschafter meistens zur Einsicht        sind in den Grundwasserschutzzonen weder
                  zugestellt. Allfällige Rückmeldungen werden      zu reinigen, zu betanken (bzw. Motorsägen
                  geprüft und wenn möglich berücksichtigt.         mit Auffangwannen) oder zu lagern.
                  Danach werden die Grundwasserschutzzo-
                  nen durch die Standortgemeinde festgesetzt       Was ist bei der Holzernte besonders
Darum sollte      und durch das AWEL genehmigt. Diese              zu beachten? Welche Einschränkungen
die betroffene    Schutzzonenakten werden danach allen be-         gelten?
Wasserversor-
gung frühzeitig
                  troffenen Grundeigentümern per Post zum          AJ: Meiner Ansicht sind folgende Aspekte
über einen        rechtlichen Gehör eingereicht und gleichzei-     herauszuheben:
Holzschlag        tig öffentlich im Amtsblatt ausgeschrieben       a) Information Wasserversorgung: Durch die
informiert        (mit einer Auflagefrist von 30 Tagen). Nach      Holznutzung wird der Waldboden kurzfristig
werden.
                  der Erledigung allfälliger Rekurse treten die    gestört. Dadurch können vermehrt Bakterien
                  Grundwasserschutzzonen in Kraft.                 im Boden mobilisiert werden und die Ge-
                                                                   samtkeimzahlen im Grund- und Quellwasser
                  Auf was sollte bei der Waldbewirt-               kurzfristig markant ansteigen. Darum sollte
                  schaftung in Grundwasserschutzzonen              die betroffene Wasserversorgung frühzeitig
                  besonders geachtet werden?                       über einen Holzschlag informiert werden.
                  AJ: Die Bestimmungen über die Anwendung          Je nach Situation könnte ein Brunnenmei-
                  von Pflanzenschutzmitteln und Düngern sind       ster während dieser Zeit eine nahe gelegene
                  strikt zu beachten. Auf Holzlagerplätzen darf    Quellfassung vom Wasserversorgungsnetz
                  nur unbehandeltes Holz gelagert und dieses       trennen oder mit vermehrten chemischen und
                  darf nicht berieselt werden. Neue Waldwege       bakteriologischen Kontrollen das Trinkwas-
                  sollten nicht durch die Zone S2 geplant wer-     ser überwachen.
                  den. Zudem muss der Waldbestand in dieser        b) Schulung Forstarbeiter: Alle bei der Holz-
                  Zone erhalten bleiben. Die Verjüngung des        ernte beschäftigten Personen sollten über
                  Waldes sollte möglichst kleinflächig erfolgen.   das Vorhandensein einer nahe gelegenen
                  Das grossflächige Entfernen oder Rodungen        Trinkwasserfassung und Grundwasser-
                  der Bestockung, das Anlegen von forstlichen      schutzzone informiert und zu besonderer
                  Pflanzgärten bzw. Baumschulen sowie das          Vorsicht im Umgang mit Maschinen und
                  Anlegen und Betreiben von Wildfütterungs-        wassergefährdenden Stoffen angehalten wer-
                  stellen sind in der Zone S2 nicht zulässig.      den. Sollte sich trotz aller Vorsicht ein Unfall
                  UK: Annette hat bereits viele wichtige Punkte    mit wassergefährdenden Stoffen ereignen, so
ZÜRCHER WALD 3/2020                            Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                           15

sind die betroffene Wasserversorgung sowie      naturnahen Waldbau gilt der unberührte
die Polizei (unter Tel. 117) unverzüglich zu    Waldboden als Produktionsgrundlage, wel-
informieren.                                    che es zu erhalten gilt. Einfach gesagt, sind
c) Zufahrt/Befahren: Bei verschiedenen Zu-      die Prinzipien des naturnahen Waldbaus
fahrtsmöglichkeiten sollte diejenige gewählt    mit den stabilen, standörtlich angepassten
werden, welche keine Zone S1 und möglichst      Baumarten, dem wenig beeinflussten Boden
auch keinen Waldweg in der Zone S2 tan-         und dem weitgehenden Verzicht auf Pflan-
giert. Beim Befahren der Erschliessungswege     zungen aus Sicht des Gewässerschutzes als
ist den Witterungsverhältnissen Rechnung        positiv zu werten. Jedoch hat nicht nur
zu tragen. Auf durchnässten Böden dürfen        der Wald, sondern auch seine Bewirtschaf-
keine schweren Maschinen bewegt werden.         tung – also die Art und Weise des Holz-
Wegen der Gefahr der Bodenverdichtung           schlags – einen Einfluss auf die Qualität des
darf nur auf Waldwegen und Rückegassen          Grundwassers. Viele Studien zeigen, dass
gefahren werden.                                das Sickerwasser aus grösseren Freiflächen
d) Verwendung Treibstoff: Biologisch schnell    erhöhte Stickstoffkonzentrationen enthält.
abbaubare Schmierstoffe auf pflanzlicher        Je grösser die geerntete Fläche, desto stärker
Basis sind konventionellen Mineralölpro-        wirkt sich dies auf die Wasserqualität eines
dukten vorzuziehen. An Stelle von herkömm-      Grundwasservorkommens aus. Zwar geht             Je grösser
lichen Treibstoffen empfiehlt das Merkblatt     der Stickstoffgehalt des Sickerwassers mit       die geerntete
                                                                                                 Fläche, desto
«Grundwasserschutz im Wald» (Vollzug            dem Aufkommen einer neuen Vegetation             stärker wirkt
Umweltschutz, BUWAL, 2005) den Einsatz          und deren Wurzelsystem wieder auf den            sich dies auf die
von aromatenfreien Gerätebenzinen. Die          früheren Wert zurück. Dies dauert aber           Wasserqualität
ungeschützte Lagerung von Treibstoffen und      Monate oder gar Jahre und kann deshalb           eines Grund-
                                                                                                 wasservorkom-
Schmiermitteln im Wald ist zu vermeiden.        in Gebieten mit bereits erhöhter Nitrat-         mens aus.
e) Asthaufen vermeiden: Um Auswaschun-          belastung zu Problemen führen. Aus Sicht
gen von Nährstoffen zu verhindern, sollten      Grundwasserschutz sind also kleinräumige
grosse Asthaufen und Schlagabraum mög-          Eingriffe zu bevorzugen.
lichst ausserhalb der Grundwasserschutzzo-
nen S1 und S2 abgelagert werden.                Welchen Einfluss hat die Baumarten-
                                                zusammensetzung und das Alter der
Der Wald wird im Kanton Zürich nach             Bäume auf die Wasserqualität?
den Prinzipien des naturnahen Wald-             AJ: Gemäss dem Merkblatt «Grundwasser-
baus gepflegt. Was heisst das in einer          schutz im Wald» (Vollzug Umweltschutz,
Grundwasserschutzzone konkret? Wa-              BUWAL, 2005) reichern Laubmischwälder
rum lohnt sich eine Waldpflege?                 weniger Schadstoffe an als reine Nadel-
UK: Die Prinzipien des naturnahen Wald-         baumbestände und können im Boden zudem
baus orientieren sich an den natürlichen        mehr Nitrat binden. An standortgerechten
Gegebenheiten wie dem Boden und dem             Lagen sind Laubbäume den Nadelbäumen
lokalen Klima. Ein wichtigstes Planungs-        aus der Sicht des Grundwasserschutzes
instrument, welches diese Gegebenheiten         deshalb vorzuziehen. In der Zone S1 sollten
charakterisiert, ist die Pflanzensoziologie     keine tief wurzelnden Bäume stehen, um
bzw. die sogenannten Waldgesellschaften.        die Fassungsanlagen im Untergrund nicht
Die Waldgesellschaften geben für den            zu beeinträchtigen. Mit einer natürlichen
jeweiligen Standort angepasste Baumarten-       Verjüngung und mit kleinflächigen Hieben,
empfehlungen, an welchen sich der natur-        die in Fassungseinzugsgebieten einen weit-
nahe Waldbau orientiert. Zudem werden           gehend geschlossenen Bestandescharakter
natürliche Abläufe wie Naturverjüngung          bewahren, lassen sich Nitratausträge über
und Selbstdifferenzierung genutzt. Im           das Sickerwasser begrenzen.
Wasserversorgung aus dem Wald                                                                       ZÜRCHER WALD 3/2020
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Pflanzenschutzmittel und Dünger im Wald – Was gilt?

Das Schweizerische Waldgesetz verbietet grundsätzlich die Anwendung von umweltgefährdenden Stoffen (z.B.
Pflanzenschutzmittel und Dünger) im Wald (Artikel 18, Waldgesetz). Steht in einem Gesetz «grundsätzlich»,
bedeutet dies immer, dass es auch Ausnahmen gibt. Die Ausnahmen, in welchen umweltgefährdende Stoffe im
Wald verwendet werden dürfen, sind in der Chemikaliengesetzgebung geregelt.

Dünger: Sie dürfen in forstlichen Pflanzgärten, für wissenschaftliche Versuche, bei Begrünungen von Waldbö-
schungen oder bei Neuanpflanzungen ausnahmsweise verwendet werden, sofern sich die Fläche nicht in einer
Grundwasserschutzzone befindet. Dafür ist immer eine Bewilligung des Kantons erforderlich.

Pflanzenschutzmittel: Wenn es für die Erhaltung des Waldes unerlässlich ist, dürften im Ausnahmefall Schädlinge
direkt mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden (z.B. gegen Prozessionsspinner, wie dies in Deutschland
praktiziert wird). Dies ist bis heute glücklicherweise im Zürcher Wald nicht notwendig. Herbizide dürfen in
forstlichen Pflanzgärten eingesetzt werden, wenn diese ausserhalb von Grundwasserschutzzonen liegen. Zudem
dürfen chemische Wildabhaltemittel (z.B. Caprecol SF) eingesetzt werden. Die mengenmässig relevanteste
Ausnahme ist die Behandlung von geschlagenem Rundholz mit Insektiziden (sog. «Rundholzspritzung»). Das
Rundholz muss sich dafür auf geeigneten Lagerplätzen befinden, die ausserhalb von Grundwasserschutzzone
liegen. Seit einer Gesetzesrevision 2012 wäre die Rundholzspritzung in der Zone S3 zugelassen, sofern wirk-
same Massnahmen gegen das Versickern und das Abschwemmen der Mittel getroffen werden. Da der Bund
den kantonalen Fachstellen (AWEL, ALN Abt. Wald) bis heute nicht darlegen konnte, was er unter wirksamen
Massnahmen versteht, bleibt das Rundholzspritzen in der Zone S3 im Kanton ZH weiterhin verboten. Auf die
Holzlagerung in Grundwasserschutzzonen sollte nach Möglichkeit verzichtet werden.
Da alle zugelassenen Rundholzspritzmittel für Wasserlebewesen sehr toxisch sind, sind die Abstandsvorschriften
zu Oberflächengewässern strikt einzuhalten. Als Oberflächengewässer gelten im Wald alle Gerinne, die häufig
Wasser führen.
Dank der restriktiven Regelungen im Wald gibt es einen sehr geringen Eintrag von Pflanzenschutzmitteln und
Düngern in Trinkwasserfassungen im Wald. Das Grundwasser aus Schweizer Wäldern lässt sich daher meist
ohne teure Behandlung als Trinkwasser nutzen.

            Oberflächengewässer
            Alle häufig wasserführenden Gerinne
            Abstandsvorschriften bei Rundholzspritzung einhalten,
            Cypermethrin > 20m, Storanet > 6 m                                Zone S1 (Fassungsbereich)
                                                                              Totalverbot für Pflanzenschutzmittel
                                                                              und Dünger
                                                                              Holzlagerung verboten
     Gewässerschutzbereich AU          AU                           S1
     Rundholzspritzung erlaubt
     Pflanzgärten erlaubt

                                                                                 Zone S2 (Engere Schutzzone)
        Zone S3 (Weitere Schutzzone)                                     S2      Holzlagerplätze – Bewilligung Kanton
        Holzlagerplätze – Bewilligung Kanton                                     Pflanzgärten verboten
        Pflanzgärten – Bewilligung Kanton                                        Rundholzspritzung und Berieselung
        Rundholzspritzung und Berieselung        S3                              verboten
        verboten

Was ist erlaubt? Es gibt die Gewässerschutzbereiche AU und AO sowie die übrigen Bereiche (weiss auf
Gewässerschutzkarte). Grundwasserschutzzonen überlagern diese Bereiche.
Quelle: Gewässserschutzkarte, GIS-Browser Kanton Zürich, https://maps.zh.ch
ZÜRCHER WALD 3/2020                             Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                        17

In der langfristigen Strategie der Abtei-        wie kenntlich zu machen, vor allem dort,
lung Wald, dem Waldentwicklungsplan              wo relevante Nutzungseinschränkungen
(WEP), wurde als Hauptziel festgelegt,           zum Tragen kommen (z.B. entlang von
dass die Grundwasserzonen dauernd                Waldstrassen/-wegen, an denen regelmässig     Eine eindeu-
bestockt sein sollen. Vom Gesetz                 Holzlager erstellt werden). Die Markie-       tige Mar-
                                                                                               kierung im
her sind Rodungen und Kahlschläge                rung ist im Kanton Zürich jedoch keine
                                                                                               Gelände wäre
verboten. Kann der Experte bei einer             Pflicht. Ein Bewirtschafter kann bei der      aber für die
Wasseranalyse erkennen, ob es sich um            Wasserversorgung jedoch eine Markierung       Waldbewirt-
eine Kahlfläche oder um eine bestockte           beantragen.                                   schafter sicher
                                                                                               sinnvoll.
Fläche handelt?                                  UK: Eine Praktikumsarbeit im östlichen
AJ: Nein, das kann er nicht. Direkt nach         Kantonsteil zeigte, dass nur die Hälfte der
Kahlschlägen könnten die Gesamtkeim-             Grundwasserschutzzonen und ein Viertel
zahlen im Grund- und Quellwasser erhöht          der Quellfassungen markiert sind. Eine ein-
sein, was jedoch auch eine andere Ursache        deutige Markierung im Gelände wäre aber
haben könnte.                                    für die Waldbewirtschafter sicher sinnvoll.

Sind Holzlagerplätze in Grundwasser-             Quelle:
schutzzonen erlaubt? Gibt es Ein-                Merkblatt «Grundwasserschutz im Wald»
schränkungen bei der Holzlagerung?               (Vollzug Umweltschutz, BUWAL, 2005)
AJ: Holzlagerplätze sind in den Zonen S2
und S3 zugelassen, wenn darauf nur un-
                                                 Kontakt:
behandeltes Holz gelagert und dieses nicht       Annette Jenny, annette.jenny@bd.zh.ch
berieselt wird. In der Zone S1 sind jegliche     Urs Kamm, urs.kamm@bd.zh.ch
Materiallager (inkl. Holz) unzulässig.
Gemäss der Chemikalienrisikoreduktions-
Verordnung (ChemRRV) wären in der Zone
S3 auch Holzlager zulässig, wenn das Holz
behandelt wird. Es müssten jedoch «bauliche
Massnahmen gegen das Versickern und das
Abschwemmen der Mittel» getroffen werden.
Da das BAFU bis heute nicht mitteilen konn-
te, um welche baulichen Massnahmen es
sich handelt, und die denkbaren dichten und
entwässerten Plätze im Wald nicht umsetzbar
sind, sieht das AWEL in Absprache mit dem
ALN (Abt. Wald) vorläufig auch in der Zone
S3 ein Verbot zur Holzbehandlung vor.

Wird eine Markierung der Grundwas-
serschutzzonen diskutiert und ange-
strebt – auch im Wald?
AJ: Im Normreglement des Kantons Zü-
rich heisst es: «Die Zone S1 ist im Gelände
zweckmässig zu markieren.» Der Kanton
kontrolliert das nicht, der Vollzug liegt bei
                                                 Silvana Wölfle

den Gemeinden. Es kann durchaus sinnvoll
sein, Fassungsbereiche (Zonen S1) bzw.
auch die Zonen S2 und S3 im Wald irgend-
Wasserversorgung aus dem Wald                                                        ZÜRCHER WALD 3/2020
18

Umfrage – Privatwald auf Grundwasserschutzzonen
Herausforderungen und Entschädigung
Die Zürcher Forstreviere wurden im Rahmen einer Umfrage zu den Herausforderungen bei
der Bewirtschaftung von Grundwasserschutzzonen im Privatwald befragt. Ist auf Grund-
wasserschutzzonen im Privatwald das waldbauliche Ziel von dauernd stabilen Waldbestän-
den noch zu erreichen und wie könnte ein einfaches Abgeltungsmodell aussehen?
von Felix Keller, Geschäftsstelle WaldZürich

                Die Bevölkerung verlangt qualitativ ein-      1. Welche konkreten Herausforderungen /
                wandfreies Trinkwasser. Der Wald erbringt        Probleme gibt es bei der Bewirtschaftung
                Leistungen zu Schutze des Grundwassers, mit      von Privatwald auf Gewässerschutzzonen
                erheblichem Nutzen für die Öffentlichkeit,       in Ihrem Forstrevier?
                bisher mehrheitlich ohne Entschädigung des    2. Kann das Ziel, stabile dauernd bestockte
                Mehraufwandes. So steht es im kantonalen         Bestände auf Grundwasserschutzzonen im
                Waldentwicklungsplan WEP. Als Sollzustand        Privatwald ohne öffentliche Unterstützung
                fordert der WEP stabile, dauernd bestockte       noch erreicht werden?
                Wälder und eine Abgeltung des Mehrauf-        3. Was halten Sie vom Ansatz über «Grund-
                wandes der Waldeigentümer. Gut 3‘000             und Trinkwasserschutzwälder» alle betrof-
                Hektaren Zürcher Wald liegen in einer            fenen Waldeigentümer ohne Steuerhoheit
                Grundwasserschutzzone. Davon gehören             durch die Nutzniesser (Gemeinden) via
                anteilsmässig knapp 1‘600 Hektaren Wald-         Pauschalen für Massnahmen wie in den
                eigentümern ohne Steuerhoheit.                   Schutzwäldern zu entschädigen?
                In der Landwirtschaftszone gibt es Entschä-
                digungen für Einschränkungen und Mehr-        Rücklauf
                aufwendungen in Grundwasserschutzzonen.       Insgesamt haben 42 Revierförster an der
                Die analoge gemeinwirtschaftliche Leistung    Umfrage teilgenommen. Das ist ein Rück-
                muss den Waldeigentümern auch abgegolten      lauf von ca. 60% und sehr erfreulich. Ein
                werden.                                       herzliches Dankeschön an alle, die sich an
                Aber davon müssen die Öffentlichkeit, bzw.    der Umfrage beteiligt haben.
                die Nutzniesser erst noch überzeugt werden.
                Der Mehraufwand zur dauernden Gewähr-         Frage 1: Welche konkreten Herausfor-
                leistung der erwarteten Wasserqualität aus    derungen/Probleme gibt es bei der
                dem Wald wird heute in der Regel nicht        Bewirtschaftung von Privatwald auf
                entschädigt.                                  Gewässerschutzzonen im Forstrevier?
                Die Umfrage bei den Zürcher Revierförstern    (vgl. Abb. 1)
                hatte zum Ziel den aktuellen Zustand und      25% der Forstreviere geben an, keine Pro-
                Probleme zu beschreiben und ein mögliches,    bleme bei der Bewirtschaftung von Privat-
                einfaches Abgeltungsmodell für Mehr-          wald auf Gewässerschutzzonen zu haben.
                aufwendungen der Waldeigentümer ohne          Etwa die Hälfte davon vermerken, dass die
                Steuerhoheit zu diskutieren. Die empirische   Gewässerschutzzonen in ihrem Revier gar
                Umfrage erhebt keinerlei wissenschaftlichen   nicht im Privatwald liegen.
                Anspruch.                                     Die Hauptherausforderung und Probleme
                                                              bei der Bewirtschaftung von Privatwald auf
                Methode                                       Gewässerschutzzonen können dem Mehr-
                Die Umfrage umfasste drei offen formulierte   aufwand bei der Holzernte und Lagerung
                Fragen:                                       zugeordnet werden:
ZÜRCHER WALD 3/2020                              Wasserversorgung aus dem Wald
                                                                                                                                                                                                   19

 Ständige Gewährleistung der Zugänglich-         Welche Probleme gibt es bei der Bewirtschaftung
  keit von Brunnenstuben und Pumpwerken.          von Privatwald auf Gewässerschutzzonen im Forst-
  Zufahrtsstrassen müssen im einwandfreien        revier?
  Zustand sein. Dadurch auch Mehrauf-
  wand bei Strassenentwässerungen.
 Regelmässiges Einholen von Bewilligungen
                                                                           60%
  zum Befahren von Privatwaldparzellen
  durch die Wasserversorgung für den Un-
                                                                           50%
  terhalt der Quellen.

                                                  Häufigkeit der Nennung
 Umfangreiche Planung der Holzerntear-                                    40%
  beiten.
 Aufwändige Fällung und Bringung direkt                                   30%
  um Brunnenstuben.
 Lagerung: Mehraufwand für Transport.                                     20%
  Kein Einsatz von Holzschutzmitteln mög-
  lich.                                                                    10%
 Weitere Rückewege, indem Parzellen nicht
  optimal befahren werden können.                                          0%
                                                                                                Waldeigentümer

                                                                                                                                                          Waldeigentümer

                                                                                                                                                                           Käferschäden und
                                                                                                                                       Erholungsnutzung
                                                                                                                   Bewirtschaftungs-
                                                                                 Bodenschutz/

                                                                                                                                                                                              Grundwasserzonen
                                                                                                                                                                                              nicht im Privatwald
                                                                                                nicht informiert

 Fahrzeuge und Maschinen: Auflagen bei

                                                                                                                                                                                               Keine Probleme /
                                                                                                                    wünsche Wald-
                                                                                  Holzernte/

                                                                                   Lagerung

                                                                                                                     eigentümer

                                                                                                                                                             Haftung
  der Betankung, Abstellen von Maschinen

                                                                                                                                                                                Stürme
  über Nacht.
 Bodenverdichtung durch Einsatz von alten
  Landwirtschaftstraktoren und Befahren
  von Waldboden neben Rückegassennetz.            Abbildung 1: Herausforderungen bei der Bewirtschaftung
                                                  von Privatwald auf Gewässerschutzzonen nach Häufigkeit
Beachtenswert ist, dass 12% das Haupt-            der Nennung.
problem darin sehen, dass die Privatwal-
deigentümerInnen nicht informiert sind,           Ist eine dauernde, stabile Bestock-
oder sich nicht informiert haben, dass ihr        ung auf Grundwasserschutzzonen
Wald in einer Grundwasserschutzzone               im Privatwald gewährleistet?
liegt. Somit ist ihnen nicht bewusst, dass sie
Auflagen einzuhalten haben. Es kann auch
vorkommen, dass Eigentümer nicht über
Zonenvergrösserungen informiert werden.
Weitere Herausforderungen in Grundwas-                                                   Nein                                Ja
serschutzzonen ergeben sich aus Bewirtschaf-                                             26%                                29%
tungswünschen der Eigentümer, Haftungs-
fragen, im Zusammenhang mit Käfer- und
Sturmschäden und der Erholungsfunktion.                                                             "Jein"
                                                                                                     45%
Frage 2: Kann das Ziel stabile dauernd
bestockte Bestände auf Grundwas-
serschutzzonen im Privatwald ohne
öffentliche Unterstützung noch erreicht           Abbildung 2: Antworten auf die Frage «kön-
werden? (vgl. Abb. 2)                             nen stabile dauernd bestockte Bestände auf
Im kantonalen Waldentwicklungsplan WEP            Grundwasserschutzzonen im Privatwald
ist als Hauptziel formuliert: Grundwasser-        ohne öffentliche Unterstützung noch erreicht
schutzzonen sind mit stabilen Beständen           werden?»
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