Wald und Klimaschutz in NRW - Beitrag des NRW Clusters ForstHolz zum Klimaschutz - Kurzfassung der Studie
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Wald und Klimaschutz in NRW Beitrag des NRW Clusters ForstHolz zum Klimaschutz – Kurzfassung der Studie www.umwelt.nrw.de www.nachhaltigkeit.nrw.de
6 1Kurzfassung der Studie Klimaschutzleistung Wald–Holz in NRW 2009/2010 (Verminderung der CO2-Emissionen) Im Waldspeicher und Holzspeicher sind insgesamt ca. 1,2 Mrd. t CO2 gebunden Emissionsreduktion durch Speicher und Substitution ca. 18 Mio. t CO2 pro Jahr 6 % der Treibhausgasemissionen in NRW (vgl. Leitmodell II, Tabelle 4, Seite 20) Wald in NRW C-Speicher Wald 880 Mio. t. CO2 gesamt gebunden 4 Mio. t. CO2 Zunahme pro Jahr Energie aus Holz in NRW Substitution anderer Energien 5 Mio. t. CO2 pro Jahr C-Speicher Holzprodukte in NRW Holzwirtschaft in NRW 330 Mio. t. CO2 gesamt gebunden Substitution anderer Materialien 3,3 Mio. t. CO2 Zunahme pro Jahr 7,9 Mio. t. CO2 pro Jahr 1,1 Mio. t. CO2 Zunahme pro Jahr (auf Basis Holz aus NRW) Abbildung 1
7 1 Kurzfassung der Studie 1 Kurzfassung der Studie „Beitrag des nordrhein-westfälischen Clusters ForstHolz zum Klimaschutz“ Der Wald spielt für den Klimaschutz eine wichtige Rolle. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie: Er verbessert durch Temperatur- und Feuchteausgleich das lokale Klima, gleichzeitig nimmt er durch Photosyn- I. Durch Waldwachstum und Holznutzung werden die these und Holzzuwachs atmosphärischen Kohlenstoff CO2-Emissionen in NRW um ca. 18 Mio. t pro Jahr re- (CO2) auf und speichert ihn langfristig (Waldspeicher). duziert. Das sind ca. 6 % der nordrhein-westfälischen Bei der Holzverwendung z. B. in Möbeln oder im Bauwe- Treibhausgasemissionen (Stand 2010). 22 % dieser sen bleibt der gebundene Kohlenstoff in den Produkten Emissionsreduktion sind auf die Senkenleistung des erhalten (Holzspeicher). Durch die Holznutzung werden Waldes zurückzuführen, 78 % auf die Effekte aus der fossile Energieträger ersetzt – zum einen durch die ener- Holznutzung. Dabei hat die Substitution fossiler Ener getische Holzverwertung, zum anderen dadurch, dass gieträger durch die Verwendung von Holzprodukten Holzprodukte in der Regel weniger Energie bei ihrer Her- und die energetische Nutzung von Holz den weitaus stellung benötigen als Produkte aus anderen Materialien. größten Anteil. Die vorliegende Broschüre beschäftigt sich ausführlich II. Die Simulation bis 2100 zeigt, dass die Klimaschutzleis mit den Aspekten des Klimaschutzes durch die Forst- und tung des Clusters ForstHolz nur als Gesamtsystem mit Holzwirtschaft. Grundlage dafür ist eine Ende 2011 vom ganzheitlichem Ansatz sachgerecht beurteilt werden Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, kann. Die alleinige Betrachtung des Waldspeichers führt Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein- zu unvollständigen Bewertungen. In allen untersuchten Westfalen (MKULNV) und vom Landesbetrieb Wald und Szenarien wird der Wald wegen seiner Altersentwick- Holz NRW in Auftrag gegebene wissenschaftliche Studie, lung bis 2100 zeitweise zu einer Kohlenstoffquelle. Kli- deren wichtigste Ergebnisse an dieser Stelle zusammen- maschutzleistungen durch Substitution fossiler Energie- gefasst werden. träger bei der Erzeugung von Energie und Herstellung von Holzprodukten werden dauerhaft erbracht. Daher Die Studie „Beitrag des nordrhein-westfälischen Clusters bleibt die Gesamtklimaschutzleistung einer nachhal- ForstHolz zum Klimaschutz“ 1 untersucht, in welchem tigen Forstwirtschaft in allen Szenarien positiv. Umfang die Forst- und Holzwirtschaft in NRW zur Ver- minderung der CO2-Emissionen in NRW beiträgt und wie III. Die heutige Klimaschutzleistung kann durch Maßnah- sich dieser Beitrag in Zukunft erhöhen lässt. men in Forst- und Holzwirtschaft weiter verbessert werden. Maßnahmen der Waldbewirtschaftung haben In der Studie werden die Senkenleistung des Waldes, der in dem untersuchten Rahmen einer nachhaltigen, Holzproduktespeicher und die Emissionseinsparungen multifunktionalen Waldwirtschaft einen geringeren durch Ersatz (Substitution) fossiler Energieträger und Einfluss auf die Klimaschutzleistung als Maßnahmen energieaufwändiger Bau- und Werkstoffe durch die Holz- zur Verbesserung der Holzverwendung. Besonders verwendung analysiert. Die Ergebnisse werden vor dem sinnvoll ist es, Holz zunächst stofflich zu nutzen und Hintergrund der aktuellen Forschung und der politischen erst nach Gebrauch energetisch zu verwerten (= Kas- Entwicklungen (Post-Kyoto-Prozess) beschrieben. Neben kadennutzung). der Erhebung aktueller Zahlen für Nordrhein-Westfalen werden auf Grundlage einer waldbaulichen Simulation IV. Insgesamt stellt der Cluster ForstHolz seine Produkte Szenarien bis zum Jahr 2100 für verschiedene Bewirt- nicht nur (netto) CO2-frei zur Verfügung, sondern schaftungs- und Nutzungsformen nordrhein-westfälischer erbringt darüber hinaus noch einen bedeutenden Wälder entwickelt. positiven Beitrag zum Klimaschutz. Der positive Beitrag ist mehrfach höher als die zeitweise eigenen CO2-Emis- sionen. Der Forst-Holz-Sektor verbindet soziale (Erho- lung, Wasser, Luft etc.), ökologische und ökonomische (Arbeitsplätze, Wertschöpfung) Vorteile mit einem posi tiven Beitrag zum Klimaschutz. Damit kann ein CO2- einsparendes Wirtschaftswachstum erreicht werden.
8 1 Kurzfassung der Studie Beispiele „Der Wald in NRW im Klimawandel“ Sturmwurfrisiko: Neue Dimensionen Extremereignisse werden in Zukunft häufiger und intensiver auftreten. Die Karte zeigt Regionen, die „Kyrill“ im Jahr 2007 stark getroffen hat. Besonders gefährdet sind die meist mit Nadelbäumen bestockten Hochlagen. (Quelle: MKULNV, nach PIK 2009)2 Der Orkan Kyrill hat in Nordrhein-Westfalen, insbesondere im Sauerland, schwere Schäden hinterlasssen. Sehr gering Gering Mittel Hoch Sehr hoch Abbildung 2 Sturmwurfrisiko in NRW2 Klimawandel: Mehr Buchen, weniger Fichten Die flächenmäßigen Anteile einzelner Baumarten in den Wäldern Nord- rhein-Westfalens werden sich durch den Klimawandel verändern. Die Fichte steht zunehmend unter Wärmestress. Die Buche als natürliche Hauptbaumart wird sich weiter ausbreiten. Standortgerechte fremdländische Baumarten, wie die Douglasie, werden anstelle der Fichte an Bedeutung gewinnen und sich weiter ausbreiten.2 2008 2030 Douglasie Eiche Buche Fichte 1% 16 % 18 % 36 % Tendenz Abbildung 3 Veränderung der Baumarten in nordrhein-westfälischen Wäldern 2
9 2 Der Wald in NRW im Klimawandel 2 Der Wald in NRW im Klimawandel Das Klima verändert sich. Seit ca. 30 Jahren erwärmt der Atmosphäre ist es möglich, dass die Photosynthese sich die Atmosphäre stärker, als es natürliche Schwan- gesteigert und so z. B. mehr Biomasse produziert wird. kungen erklären. Die durchschnittliche Temperatur liegt seit 1980 deutlich oberhalb des langjährigen Mittels. Die Aufgabe der Forstwirtschaft ist es, die Risiken aus dem Ursache für die weltweite Erhöhung der Temperaturen Klimawandel für die Wälder durch eine geeignete (Um-) (Treibhauseffekt) ist der vermehrte Ausstoß klimawirk- Gestaltung zu klimastabilen Wäldern zu minimieren. samer Treibhausgase, insbesondere von Kohlendioxid Diese Klimaanpassung der Wälder ist eine komplexe ge- (CO2).3 Der Mensch ist aufgrund seines hohen Energie- meinsame Aufgabe von Wissenschaft, Politik, Waldbesitz verbrauches der Hauptverursacher dieser Klimaverände- und Forstverwaltung. Angesichts der Herausforderungen rung. Daher muss der Ausstoß der Klimagase drastisch müssen in den nächsten Jahren sehr wichtige, zukunfts- gesenkt werden. orientierte Entscheidungen für „den richtigen Waldbau“ getroffen werden. Auf Basis von Klimamodellen, die einen Auch in Nordrhein-Westfalen kann man die Folgen des Zeitraum von 100 Jahren und länger im Blick haben, Klimawandels heute schon feststellen 4 : wird das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Land- wirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Die durchschnittlichen Lufttemperaturen sind seit Nordrhein-Westfalen (MKULNV) zusammen mit den Beginn des 20. Jahrhunderts um ca. 1,1 °C gestiegen, Fachbehörden Anpassungsstrategien entwickeln, wie mit die Anzahl der Frosttage hat abgenommen, die Anzahl den Risiken durch den Klimawandel in der Waldwirtschaft der Sommertage zugenommen, umgegangen werden kann. Forstliche Anpassungsstrate- es fallen heute durchschnittlich ca. 15 % mehr Nieder- gien sind z. B.: schläge als vor 100 Jahren, v. a. im Winterhalbjahr, die Anzahl von Tagen mit Starkregen (Extremnieder- Verbesserung der Vitalität und Stabilität der Wälder schläge) hat leicht zugenommen. („der richtige Baum am richtigen Platz“), Ausbau des Risikomanagements (für Extremereig- Langfristige Projektionen zeigen, dass sich Tempera- nisse wie Stürme), tur und Niederschlag auch in Zukunft weiter verändern Erhöhung der Biodiversität („Vielfalt als Anpassungs- werden.3 Selbst wenn es durch drastische Maßnahmen maßnahme“). im Klimaschutz gelingt, die Emissionen in den kom- menden Jahren zu begrenzen, werden die klimatischen Eine umfangreiche Darstellung dazu gibt die Broschüre Veränderungen in den nächsten Jahrzehnten generell so „Wald im Klimawandel“ des MKULNV.2 stark sein, dass auch der Wald in NRW vom Klimawandel betroffen sein wird.4 Die Anpassung des Waldes an den Klimawandel und an eine größere Naturnähe hat in den letzten Jahren begon- Die negativen Folgen sind beispielsweise ein wesent- nen und wird in den nächsten Jahrzehnten auch stärker lich höheres Risiko für Sturmwürfe (wie z. B. der Orkan sichtbar werden. Die Fichte als Baumart auf feucht-küh- Kyrill 2007, vgl. Abbildung 2) oder die erhöhte Gefahr len Standorten wird vermutlich ihre dominante Rolle im durch mehr und neue Forstschädlinge, die zum Teil bei nordrhein-westfälischen Wald und damit im Landschafts- höheren Temperaturen bessere Lebensbedingungen fin- bild verlieren und durch andere Baumarten, vor allem den (z. B. der Borkenkäfer). Neben den Risiken des Kli- Laubbaumarten wie Buche, Eiche oder geeignete fremd- mawandels kann der Klimawandel auch positive Auswir- ländische Baumarten, wie die Douglasie, ersetzt werden kungen auf die Waldwirtschaft haben. Durch die längere (siehe Abbildung 3).5 Vegetationsperiode und eine höhere CO2-Konzentration in
10 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Die nordrhein-westfälische Wald- und Forstwirtschaft auch zum Klimaschutz direkt bei. Waldwachstum und arbeitet daran, den Wald auf die klimatischen Verän- Holznutzung führen zur Minderung der CO2-Emissionen derungen vorzubereiten (Klimaanpassung). Neben der bzw. zur Reduzierung der Treibhausgaskonzentration in Klimaanpassung tragen Forst- und Holzwirtschaft aber der Atmosphäre. Cluster ForstHolz Raum). Im Cluster ForstHolz in Nordrhein-Westfalen INFO sind ca. 180.000 Menschen beschäftigt. Es wird ein Die 2013 veröffentlichte Studie „Beitrag des nord- Umsatz von insgesamt 38 Mrd. Euro erwirtschaftet (vgl. rhein-westfälischen Clusters ForstHolz zum Klima- dazu die Clusterstudie NRW) 6. Damit liegt die volks- schutz“1 verwendet statt des Begriffs der Forst- und wirtschaftliche Bedeutung des nordrhein-westfälischen Holzwirtschaft den Begriff des Clusters ForstHolz. Clusters ForstHolz in der gleichen Größenordnung wie Die Betrachtung von Clustern ist ein wirtschafts- und die des Maschinenbaus.7 regionalpolitischer Ansatz. Der Begriff Cluster geht auf den amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Michael Der Cluster ForstHolz ist ein wichtiger Bestandteil der Porter zurück. Umweltwirtschaftsstrategie. Die Landesregierung un- terstützt die Weiterentwicklung des Clusters durch die Der Cluster ForstHolz (oder Cluster Forst und Holz) be- Förderung eines landesweiten Clustermanagements und rücksichtigt die gesamten sozioökonomischen Wirkun- regionale Clusterinitiativen. gen des Sektors (z. B. Arbeitsplätze, auch im ländlichen
11 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Klimaschutz – Wald und Holz in Post-Kyoto Wälder haben im Kyoto-Prozess eine herausragende Be- die Anlage neuer Waldflächen sind im Kyoto-Protokoll deutung – denn die Zerstörung der Wälder (insbesondere anerkannte Minderungsmaßnahmen. In der sogenannten des tropischen Regenwaldes) trägt zu 15 bis 20 % zum zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls, die weltweiten Treibhauseffekt bei.8 in Katar im Dezember 2012 beschlossen wurde, soll auch der Holz(produkte)speicher (Harvested Wood Products, Die Bewertung und Anrechnung von Wäldern erfolgt im HWP) in die Kohlenstoffbilanzierung mit einbezogen Kyoto-Prozess im Sektor „Land Use, Land Use Change werden. Zukünftig wird sich die Berichterstattung an and Forestry“ LULUCF (Landnutzung, Landnutzungsän- dem sogenannten forstlichen Referenzlevel FMRL (Forest derung, Forstwirtschaft). Die internationalen Entschei- Management Reference Level) orientieren. Mit Hilfe des dungen in LULUCF sind davon geleitet, dass sie einen forstlichen Referenzlevels wird die Veränderung des institutionellen Rahmen schaffen, um das gravierende Wald- und Holzspeichers bewertet.9 Problem der Zerstörung der Natur- und Primärwälder zu stoppen. Sie waren und sind daher auch nur bedingt auf Die Nutzung von Holz hat ihren größten Effekt jedoch da- die Bedürfnisse einer nachhaltigen Forstwirtschaft, wie rin, dass Holzprodukte bei ihrer Herstellung wenig Ener sie in Deutschland praktiziert wird, ausgerichtet. gie benötigen und Holz als Energieträger fossile Ener- gieträger ersetzen kann (vgl. Seiten 14-18). Diese Effekte Im Protokoll von Kyoto spielt der Wald wegen der werden im Kyoto-Protokoll nicht direkt berücksichtigt, Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre (durch Pho- sondern über den Minderverbrauch an (fossiler) Energie tosynthese und Waldwachstum) und der langfristigen und die damit verbundenen reduzierten CO2-Emissionen Einlagerung des Kohlenstoffs (Kohlenstoffspeicher) eine honoriert. Sie kommen damit anrechnungstechnisch wichtige Rolle. Die Steigerung des Vorrates an Biomasse anderen Sektoren wie Energie und Industrie zugute. (erhöhte Kohlenstoffbindung im bestehenden Wald) und Wälder – n atürliche Solaranlagen mit Energie- und Kohlenstoffspeicherfunktion Die internationale Klimaberichterstattung unterscheidet Der Waldspeicher zwischen Quellen und Senken für Treibhausgase. Wälder sind CO2-Senken, indem sie über Photosynthese und Vom nachwachsenden Holz verbleibt in Nordrhein-West- Holzbildung atmosphärischen Kohlenstoff aus CO2 bin- falen zurzeit ca. ein Viertel im Wald – der Kohlenstoff den. Durch biologische Abbauprozesse kann gebundener bleibt in den (wachsenden) Bäumen gebunden. Man Kohlenstoff entweder in den Bodenspeicher überführt spricht vom Waldspeicher. Er umfasst gemäß IPCC-Richt- oder als CO2 in die Atmosphäre freigesetzt werden (CO2- linien alle Kohlenstoffspeicher des Waldes (oberirdische Quelle). Man kann den Wald als natürliche Solaranlage lebende Biomasse, unterirdische lebende Biomasse, bezeichnen, die durch Photosynthese solare Energie auf- Totholz, Streu, Bodenkohlenstoff). nimmt, verarbeitet und speichert, gleichzeitig Kohlenstoff aus dem CO2 der Atmosphäre aufnimmt und speichert Die Quantifizierung des Waldspeichers ist bis zum Vor- sowie Sauerstoff (O2) freisetzt. liegen einer aktuellen Waldinventur mit Unsicherheiten behaftet. Der Waldspeicher in NRW (ohne Bodenspei- Der Einschlag von Holz führt nicht zu einer unmittelbaren cher) umfasst ca. 165 Mio. t Kohlenstoff (C). Bezieht man Freisetzung von CO2, da es weiter in Holzprodukten ge- den Kohlenstoffspeicher des Waldbodens (ca. 76 Mio. t C) speichert wird. In den Holzprodukten wird der Kohlenstoff mit ein, so sind im Wald mehr als 240 Mio. t Kohlen- so lange gespeichert, bis das Holz der Produkte verrottet stoff (C) gespeichert.10 Damit sind der Atmosphäre oder verbrannt wird und damit CO2 freigesetzt wird. ca. 880 Mio. t CO2 entzogen, die Menge an CO2eq, die in Nordrhein-Westfalen in 2,8 Jahren emittiert wird. Wichtiger als die absolute Größe des Waldspeichers ist dessen jährliche Veränderung. Die Ableitung einer jähr- lichen Senkenleistung für Nordrhein-Westfalen kann nur durch den Vergleich zweier Waldinventuren erfolgen. Da
12 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess INFO 1 m3 Holz, gemischt, abs. trocken; 540 kg 1 t CO2 ° ca. 1,10 m3 Holz, gemischt, waldfrisch 1 m3 Buchenholz, abs. trocken, 680 kg 1,25 t CO2 ° ca. 1,15 m3 Buchenholz, waldfrisch 1 m3 Fichtenholz, abs. trocken, 450 kg 0,825 t CO2 ° ca. 1,10 m3 Fichtenholz, waldfrisch die letzte Bundeswaldinventur (BWI 2) 2002 durchgeführt wurde und die Ergebnisse der nächsten Bundeswaldin- Wichtige Formeln Bildung von Pflanzensubstanz durch Photosynthese ventur (BWI 3) erst 2015 vorliegen, kann aktuell nur eine 6 CO2 + 6 H2O --> C6H12O6 + 6 O2 vorläufige Abschätzung erfolgen. Die Bestimmung und Kohlendioxid + Wasser --> Zucker + Sauerstoff Modellierung der Vorratsentwicklung seit 2002 ist aller- Unterschiedliche Zucker sind die Grundstoffe für Holz. dings wegen des Sturms Kyrill (2007) mit Unsicherheiten behaftet. Auf Grundlage der Modellierung und Simulation Holz besteht zu 50 % aus Kohlenstoff (C). (Kapitel 4) lässt sich für den Zeitraum von 2002 – 2010 1 kg C entsprechen 3,67 kg CO2. jedoch abschätzen, dass man bis zum Vorliegen der BWI 3 von einem Anstieg des Waldspeichers von ca. 1,1 Mio. t C/ Jahr (entspricht 4,0 Mio. t C/Jahr) ausgehen kann. Holznutzung für dauerhaften Klimaschutz – Erweiterung des Waldspeichers im Holzspeicher Gelegentlich wird die Empfehlung geäußert, die kom- Durch die Baumentnahme wird Raum für weiteres plette Biomasse aus Klimaschutzgründen im Wald zu Wachstum geschaffen. Der jeweils aktuelle Vorrat des belassen und dadurch den Waldspeicher noch stärker bewirtschafteten Waldes liegt zwar immer unter dem zu erhöhen. Dieser Empfehlung stehen zwei Aspekte des nicht bewirtschafteten Waldes, die Menge und vor entgegen: allem die positive Klimawirkung des entnommenen Holzes übersteigt die Vorratsunterschiede im Wald 1. E in nichtgenutzter Wald befindet sich langfristig in und deren CO2-Wirkung jedoch langfristig bei Weitem. einem biologischen Gleichgewicht (Biomasseaufbau und -abbau sind gleich), so dass der Waldspeicher 2. Die Klimaschutzwirkung des entnommenen Holzes konstant bleibt. D. h., in einem Wald, der sich selbst resultiert aus der Speicherwirkung der Holzprodukte überlassen bleibt, werden sich langfristig Zuwachs und ihren Substitutionswirkungen. Mit der Holzver- und biologischer Abbau die Waage halten. Ein solcher wendung sind also weitere positive Klimaschutzeffekte Wald erfüllt zwar eine Speicherfunktion, aber bindet verbunden, die in einer ganzheitlichen Betrachtung langfristig kein zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre berücksichtigt werden müssen. Langlebige Holzpro- (Netto-Senkenleistung). Um die Kohlenstoffbilanz dukte haben einen doppelten Vorteil: Sie speichern weiter zu verbessern, ist es sinnvoll, Bäume zu den Kohlenstoff über längere Zeiträume und müssen entnehmen und deren Holz/Biomasse zu Produkten seltener ersetzt werden, was Energie zur Herstellung zu verarbeiten, am besten zu langlebigen Holzpro- von Ersatzprodukten spart. dukten mit hohem Substitutionsfaktor (vgl. Seite 14).
13 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Holzprodukte sind Kohlenstoffspeicher men sind in Wald- und Holzproduktespeicher mehr als 330 Mio. t C gebunden. Die entsprechende Menge an Wenn das dem Wald entnommene Holz nicht als Brenn- CO2 (ca. 1,2 Mrd. t) entspricht knapp dem 4-fachen der holz genutzt wird, wird es zu Holzprodukten verarbeitet aktuellen jährlichen nordrhein-westfälischen Treibhaus- (stoffliche Holznutzung). Dadurch bleibt der Kohlenstoff gasemissionen. weiterhin gebunden. Man unterscheidet Produkte mit langer Lebensdauer (z. B. Schnittholz, das im Holzbau Auch der Holzproduktespeicher wächst: Jedes Jahr wer- eingesetzt wird), Produkte mit mittlerer Lebensdauer den mehr Holzprodukte in den Speicher eingelagert als (z. B. Laminatfußboden, Möbel) oder mit kurzer Lebens- ausscheiden. Der Holzproduktespeicher in NRW nimmt dauer (z. B. Papier).11 zurzeit jährlich um ca. 0,9 Mio. t C zu. Damit werden jähr- lich 3,3 Mio. t CO2 gebunden (mehr als 1 % der derzei- Insgesamt sind in Nordrhein-Westfalen ca. 90 Mio. t Koh- tigen Gesamtemissionen in NRW). lenstoff in Holzprodukten gebunden. Im Waldspeicher sind es ca. 240 Mio. t Kohlenstoff. Das heißt, zusam- Masse Holz Holzspeicher/Senke ... Jahre CO2-Emission pro [kg] [CO2eq] Einwohner Deutschlands* Einfamilienhaus in Holzrahmenbau 20.000 36.700 3,67 Einfamilienhaus Stein 5.000 9.170 0,92 100 m2 Parkett 1.000 1.830 0,18 Möbel für 3-Zimmer-Wohnung 1.500 2.750 0,28 Kleiderschrank 2-türig 120 220 0,02 Esszimmertisch, 4 Stühle 80 140 0,01 Hauseingangstür aus Holz 100 185 0,02 Gartenbank (solide) 30 55 0,01 Einfamilienhaus aus Holz, 30.000 55.050 5,50 komplett eingerichtet * Basis: 10 t CO2 pro Jahr/Einwohner Tabelle 1 Holzprodukte – Beispiele für die Kohlenstoffspeicherung in Holzprodukten
14 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Holznutzung für dauerhaften Klimaschutz – stoffliche Substitution Neben der Senkenleistung durch den Wald- und Pro- dukten, Prozessen und Leistungen. Im Bezug auf die Kli- duktspeicher hat die Holznutzung noch weitere bedeu- maschutzwirkung wird das sogenannte Treibhauspoten- tende Klimawirkungen. Einen besonderen Effekt hat die zial ausgewiesen. Eine weitere Quelle für Informationen sogenannte stoffliche Substitution bzw. Materialsub- zum Energieaufwand zur Herstellung von Bauprodukten stitution. Dieser Begriff beschreibt, dass Holzprodukte sind Ökologische Produktbeschreibungen für Baupro- zur Herstellung meist weniger Energie (Primärenergie) dukte (engl. Environmental Product Declaration – EPD), benötigen als ihre Materialwettbewerber (z. B. viele Pro- die derzeit für nahezu alle Bauprodukte erstellt wer- dukte aus Beton, Aluminium oder Kunststoff). Mit dem den.12 In einer Studie an den Universitäten Hamburg und geringeren Primärenergiebedarf ist auch eine geringere Stuttgart wurden verschiedene Bausysteme aus Holz mit CO2-Emission verbunden. Die Primärenergie der Nicht- denen aus Nichtholz verglichen.13 Abbildung 4 zeigt als holzprodukte wird zudem überwiegend aus fossiler Ener- ein Ergebnis der Studie den ökobilanziellen Vergleich gie bereitgestellt, für Holzprodukte zu einem erheblichen verschiedener Hausaußenwände und Fußböden für Teil aus Holzenergie. die beiden Wirkungskategorien Primärenergieaufwand (fossil) und Treibhauspotenzial. Die Vorteilhaftigkeit von Holzprodukten lässt sich bestim- men, indem man die Energieaufwendungen von Holz- Ausgehend von vergleichenden Energiestudien bzw. Öko- produkten mit denen von Nichtholzprodukten vergleicht. bilanzen lässt sich vereinfachend ein Substitutionsfaktor Diese Daten werden z. B. in Ökobilanzen dargestellt. Eine für die stoffliche Substitution/Materialsubstitution wie Ökobilanz ermittelt die Umweltauswirkung von Pro- folgt herleiten: C-Emission stoffliche Nutzung Nichtholzprodukt – C-Emission stoffliche Nutzung Holzprodukt Formel SFMA = C-Gehalt Holzprodukt Berechnung der stofflichen Substitution (ca. 4 m3 Holz) werden CO2-Emissionen von 1,5 t C (entspricht ca. 5,5 t CO2) vermieden. In der Studie „Beitrag des nordrhein-westfälischen Clusters ForstHolz zum Klimaschutz“ wurde auf Basis Zur Veranschaulichung: Werden in Deutschland einer fachlichen Bewertung von mehr als 100 Veröf- in einem Jahr Holzprodukte mit einer Masse von fentlichungen14 und der Analyse des deutschen Holz- ca. 20 Mio. t eingesetzt (10 Mio. t C; entspricht marktes15 ein durchschnittlicher Substitutionsfaktor ca. 40 Mio. m3), so errechnet sich auf Basis des Faktors SFMA=1,5 t C/t C hergeleitet. Er quantifiziert, welche SFMA=1,5 t C/t C eine stoffliche Substitution von insge- CO2-Emissionen vermieden werden, wenn ein durch- samt 15 Mio. t C pro Jahr. Dies entspricht einer CO2- schnittliches Holzprodukt statt eines Nichtholzprodukts Emissionsreduktion von 55 Mio. t CO2 pro Jahr. hergestellt wird: Je Holzprodukt mit 1 t Kohlenstoff
15 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Außenwandsysteme im Vergleich Beispiel: Außenwand eines Einfamilienhauses mit einer Grundfläche von 108 m2 Das Treibhauspotenzial der Holzaußenwand beträgt nur ca. 7 %, der Primärenergieaufwand nur ca. 1 % der Werte für die Massivaußenwand (Hohlziegel oder Porenbeton). 0 5.000 10.000 15.000 20.000 [kg CO2-Äquiv.] 12.632 Außenwand Massivbau 161.887 Außenwand 842 Holzbau (Rahmenbau) 1.741 0 50.000 100.000 150.000 200.000 [MJ] Treibhauspotenzial [kg CO2-Äquiv.] Primärenergiebedarf fossil [MJ] Die Ausführung eines kleinen Einfamilienhauses leichtem Heizöl (Primärenergie) oder die Emission von (108 m2 Grundfläche) in Holz statt in Massivbau erspart ca. 11,8 t CO2. Umweltlasten aus der Verwertung von ca. 3.800 Liter Fußböden im Vergleich Beispiel: Fläche von 97 m2 (für das Haus mit 108 m2) -400 0 400 800 1.200 1.600 2.000 2.400 2.800 3.200 3.600 4.000 4.400 [kg CO2-Äquiv.] Parkett -150 5.544 606 Laminat 13.173 3.405 Teppich 39.581 2.658 PVC 32.621 427 Fliesen 6.960 -4.000 0 4.000 8.000 12.000 16.000 20.000 24.000 28.000 32.000 36.000 40.000 44.000 [MJ] Treibhauspotenzial [kg CO2-Äquiv.] Primärenergiebedarf fossil [MJ] Die Entscheidung für einen Fußboden aus Holz (Mix aus Umweltlasten aus der Verwertung von ca. 480 Liter Parkett und Laminat) statt für einen durchschnittlichen leichtem Heizöl (Primärenergie) und die Emission von Nicht-Holzboden (Einfamilienhaus 97 m2) erspart bei ca. 2,3 t CO2. der Betrachtung eines Nutzungszeitraums von 25 Jahren Abbildung 4 Ökobilanzieller Vergleich von Hausaußenwänden und Fußböden für die Wirkungskategorien Primär energieaufwand PE (fossil) und Treibhauspotenzial, Einfamilienhaus (108 m2) (Daten aus Projekt Ökopot)13
16 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Holznutzung für dauerhaften Klimaschutz – energetische Substitution Wenn Holz verbrannt oder anders energetisch verwertet mgerechnet auf Holzvolumen lässt sich dies veran- U wird (Vergasung, Verflüssigung), werden fossile Brenn- schaulichen: Die energetische Nutzung eines Kubik- stoffe ersetzt. Dadurch werden die CO2-Emissionen meters absolut trockenen Buchenholzes vermeidet als vermieden, die bei der alternativen Verbrennung fossiler Substitutionseffekt durchschnittlich die Emission von Energieträger (Gas, Kohle, Öl) entstehen. Man spricht von ca. 840 kg CO2; bei Fichte sind es 550 kg CO2. der Substitution (Ersatz) fossiler Energieträger oder von energetischer Substitution. Faustformel Mit der energetischen Verbrennung von 1 m3 Holz Bei der Verbrennung von Holz entsteht ebenso CO2 wie ist eine Emissionseinsparung von 500 bis 800 kg bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Der Unter- CO2 verbunden. schied: Holz wächst nach. Für einen nachwachsenden Rohstoff wie Holz wird davon ausgegangen, dass bei Dieser Wert ist abhängig von Holzart und Art der der Verbrennung so viel CO2 emittiert wird, wie beim Verbrennung. Bei nassem Holz und ineffizienten Baumwachstum der Atmosphäre zuvor an CO2 entzogen Feuerungsanlagen kann er deutlich niedriger wurde. Insofern gleichen sich Holzwachstum (CO2-Senke) liegen. und Holzverbrennung (CO2-Quelle) aus: Holz ist deshalb als Energieträger CO2-neutral. Bedingung dabei ist, dass Waldwachstum und Waldbewirtschaftung nachhaltig Weil Holz ein klimafreundlicher Energieträger ist und erfolgen. viele Menschen mit seiner Nutzung eine angenehme Wärme verbinden (z. B. bei Kaminöfen), ist der Einsatz Im praktischen Fall werden für Waldbewirtschaftung, von Holz als Brennstoff in Privathaushalten stark gestie- Holzernte, Holztransport und Aufbereitung der Brenn- gen: von ca. 12 Mio. m3 im Jahr 2000 auf 34 Mio. m3 im stoffe auch fossile Energieträger eingesetzt. Dieser Anteil Jahr 2010.17 Ein Erfolg für den Klimaschutz, werden doch ist aber im Vergleich zum Heizwert des Holzes klein. so Emissionen von bundesweit ca. 25 Mio. t CO2 durch Untersuchungen beziffern ihn mit 2–5 %, in Einzelfällen Substitution fossiler Energieträger vermieden. Daneben bis zu 10 %.16 muss noch die Nutzung von Resthölzern aus der Holzbe- arbeitung und von Althölzern (Produkte nach Gebrauch) Vergleicht man Holz als Energieträger mit fossilen Ener- berücksichtigt werden. So kann man davon ausgehen, gieträgern, sind die Kohlenstoffgehalte und Heizwerte der dass in Deutschland mehr als 60 Mio. m3 Holz pro Jahr verschiedenen Energieträger wie auch die Wirkungsgrade energetisch verwertet werden.18 Die damit verbundene der Verbrennungstechnologien zu berücksichtigen. Diese energetische Substitution führt zu einer Emissionsminde- Bewertungen gehen in die Berechnung des sogenann- rung von ca. 40 Mio. t CO2 pro Jahr (ca. 5 % der bundes- ten Substitutionsfaktors für die energetische Nutzung deutschen CO2-Emissionen). des Holzes SFEN ein. Der energetische Substitutions- faktor wird allgemein mit SFEN = 0,67 t C/t C bestimmt. Doch die verstärkte Nutzung von Holz hat einen schwer- Er beschreibt, welche CO2-Emissionen durchschnittlich wiegenden Nachteil für die Holzindustrie und einen vermieden werden, wenn statt fossiler Energieträger Holz noch stärkeren Klimaschutzeffekt. Holz für die stoffliche als Energieträger eingesetzt wird. SFEN = 0,67 t C/t C Nutzung wird knapp und dadurch gehen die Potenziale bedeutet, dass bei Einsatz von 2 t Holz (absolut trocken) Holzproduktspeicher und stoffliche Substitution verloren. als Energieträger (entspricht 1 t C) CO2-Emissionen Trotz dieser Nutzungskonkurrenz gibt es eine intelligente aus 0,67 t C (entspricht 2,46 t CO2) vermieden werden. Lösung – die Kaskadennutzung.
17 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Kaskadennutzung – die beste Lösung Zunehmend wird Holz energetisch eingesetzt. Diese Nutzungskonkurrenz um Holz stellt sich die Frage: Welche Entwicklung betrifft nicht nur Resthölzer der Holzbe- Nutzungsstrategie ist die beste? Die energetische oder arbeitung und Althölzer (Produkte nach Gebrauch), die stoffliche Verwertung? Die Antwort lautet: Es gibt kein sondern auch Waldholz. Bevorzugt wird in Kaminen und Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch: Die größte Kaminöfen im privaten Bereich Laubholz, für Pellet- und Klimawirkung wird erzielt, indem Holz zunächst stofflich Hackschnitzheizungen kommen auch Nadelhölzer zum als Produkt und anschließend energetisch genutzt wird. Einsatz. 2010 wurden 34 Mio. m3 Holz in Privathaushal- Im Vergleich zu einer direkten Verbrennung verbessert ten verbrannt (s. o.). Es wird geschätzt, dass es sowohl in sich die Emissionsbilanz um das Dreifache, wenn Holz Deutschland als auch in Europa bis 2020 ein Holzdefizit erst stofflich und dann energetisch genutzt wird. Diese geben wird. Eine europaweite Studie beziffert dieses De- Form der Nutzung wird als Kaskadennutzung bezeichnet. fizit für 2020 auf ca. 50 Mio. m3, bis 2030 sogar auf ca. 260 Mio. m3 (Abbildung 5).19 Kaskadennutzung beschreibt die Strategie, Rohstoffe oder daraus hergestellte Produkte so lange wie möglich im Die Möglichkeiten, die Holznutzung bzw. -bereitstellung Wirtschaftssystem zu nutzen. Dabei werden Nutzungskas- in Deutschland deutlich auszuweiten, sind beschränkt kaden durchlaufen, die vom hohen Wertschöpfungsniveau und mittlerweile auch in vielen Regionen ausgeschöpft. schrittweise in tiefere Niveaus münden. Bei einer Kas- Daher ist es aus ökonomischen und ökologischen Grün- kadennutzung wird die Wertschöpfung insgesamt erhöht den notwendig, die Rohstoffeffizienz zu steigern. Mit der und die positive Umweltwirkung deutlich v erbessert.20 686 Forstwirtschaft 308 Sonstige Rohstoff- potenzial 2010 458 Holzwirtschaft 346 Energie 190 Rohstoffüberschuss Rohstoff- bedarf 678 Forstwirtschaft 370 Sonstige 54 Rohstoffdefizit 2020 529 Holzwirtschaft 573 Energie 681 Forstwirtschaft 429 Sonstige 262 Rohstoffdefizit 2030 620 Holzwirtschaft 752 Energie 0 300 600 900 1.200 1.500 Abbildung 5 Veränderung von Überschuss und Defizit bei der Holzbereitstellung [Mio. m3] in Europa EU 27 zwischen 2010 und 2030, Projekt EUWood19 (Darstellungsweise nach Egger Holzwerkstoffe)21 Wald Primäre Nutzung Sekundäre Nutzung Endnutzung Energie Reststoffe Reststoffe Reststoffe Abbildung 6 Prinzip des Kaskadenkreislaufs der Holznutzung
18 3 Wald und Holz im Klimaschutzprozess Beispiele Klimaschutzeffekt durch Holznutzung (Kaskadennutzung) KASKADENNUTZUNG Masse Holz Stoffliche Stoffliche Energetische Klimaschutzeffekt ... Jahre CO2- Holz speicher/ Substitution Substitution Substitution aus Kaskaden Emission pro Senke aus Recycling nach Gebrauch* nutzung gesamt Einwohner von 20 % des Deutsch- Gebrauchtholzes lands*** [kg] [CO2eq] [kg CO2eq] [kg CO2eq] [kg CO2eq] [kg CO2eq] Einfamilienhaus 20.000 36.700 55.050 11.010 17.210 83.270-91.750** 8,3-9,2 in Holzrahmenbau Einfamilienhaus 5.000 9.175 13.760 2.750 4.300 20.820-22.940 2,1-2,3 Stein 100 m Parkett 2 1.000 1.830 2.750 550 860 4.160-4.590 0,4 Möbel für 1.500 2.750 4.130 830 1.290 6.240-6.880 0,6-0,7 3-Zimmer-Wohnung Kleiderschrank 120 220 330 66 103 500-550 0,05 2-türig Esszimmertisch, 80 1540 220 44 69 330-370 0,03 4 Stühle Hauseingangstür 100 185 275 55 86 410-460 0,04 aus Holz Gartenbank (solide) 30 55 83 17 26 120-140 0,01 Einfamilienhaus aus Holz, komplett 30.000 55.050 82.575 16.515 25.818 124.900-137.630 12,5-13,8 eingerichtet Tabelle 2 Holzprodukte – Beispiele für die Klimaschutzleistung bei Kaskadennutzung * Holz geht der energetischen Verwertung verloren, weil nicht alle Produkte komplett energetisch genutzt werden. Es wird unterstellt, dass das Altholz zu 70 % energetisch genutzt wird. ** Der untere Wert der Spanne erfasst die Klimaschutzleistung des gesamten Lebensweges ohne Holzproduktespeicher, der obere Wert auch die Spei- cherwirkung für die Zeit der Produktnutzung. *** Basis: 10 t CO2 pro Jahr/Einwohner Vorteil der Kaskadennutzung: 3,4- bis 3,7-fach besser als direkte energetische Nutzung Vorteil Kaskadennutzung DIREKTE ENERGETISCHE KASKADENNUTZUNG gegenüber direkter NUTZUNG energetischer Nutzung Masse Holz Klimaschutzeffekt aus Klimaschutzeffekt aus Faktor berechnet Kaskadennutzung gesamt ausschließlich energetischer aus CO2-Bilanz Nutzung der gleichen Holzmasse [kg] [kg CO2eq] [kg CO2eq] Einfamilienhaus 20.000 83.270-91.750* 24.590 in Holzrahmenbau Einfamilienhaus 5.000 20.820-22.940 6.150 Stein 100 m Parkett 2 1.000 4.160-4.590 1.230 Möbel für 1.500 6.240-6.880 1.850 3-Zimmer-Wohnung Kleiderschrank 120 500-550 150 2-türig 3,4 bis 3,7 Esszimmertisch, 80 330-370 100 4 Stühle Hauseingangstür 100 410-460 120 aus Holz Gartenbank (solide) 30 120-140 37 Einfamilienhaus aus Holz, komplett 30.000 124.900-137.630 36.880 eingerichtet Tabelle 3 Holzprodukte – Beispiele: Vergleich der Klimaschutzwirkung von Kaskadennutzung mit direkter energetischer Verwertung * Der untere Wert der Spanne erfasst die Klimaschutzleistung des gesamten Lebensweges ohne Holzproduktespeicher, der obere Wert auch die Speicherwirkung für die Zeit der Produktnutzung.
19 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz Verbraucher – Holzwirtschaft – Forstwirtschaft: drei wichtige Akteure im Klimaschutz in NRW Die Klimaschutzleistung des Clusters ForstHolz in NRW Auf Basis dieser Betrachtungen sind in der Studie 1 drei kann aus verschiedenen Perspektiven beurteilt werden. Leitmodelle mit drei Fragen zur Beurteilung der Klima- So ist – neben der Senkenwirkung des nordrhein-west schutzleistung des Clusters ForstHolz abgeleitet worden: fälischen Waldes – zu bewerten, welchen Beitrag Leitmodell I = verbraucherorientiert die nordrhein-westfälischen Verbraucher/innen mit (CO2-Fußabdruck „klimaorientierter Holzeinsatz“) der Nutzung von Holzprodukten für den Klimaschutz Was leisten nordrhein-westfälischer Wald und nord leisten, rhein-westfälische Verbraucher/innen? die nordrhein-westfälische Holzwirtschaft mit den von ihr hergestellten Produkten für den Klimaschutz Leitmodell II = post-Kyoto-orientiert leistet und Was leisten nordrhein-westfälischer Wald und Holz- das aus nordrhein-westfälischen Wäldern stammende wirtschaft in NRW? Holz für den Klimaschutz leistet. Leitmodell III = wertschöpfungsorientiert Was leisten nordrhein-westfälischer Wald und daraus entnommenes Holz? Der Carbon Footprint ihr persönliches Konsumverhalten klimafreundlich zu INFO gestalten. Damit werden Wege hin zu einem klimaopti- Der CO2-Fußabdruck – Carbon Footprint – beschreibt malen bzw. klimafreundlichen Konsum aufgezeigt. Im als Gesamtmaß, welche CO2-Emissionen (direkt und Internet finden sich zahlreiche Klima- oder CO2-Rech- indirekt) bei Herstellung, Gebrauch und Entsorgung ner, mit denen der Einzelne seinen persönlichen Carbon von Produkten oder der Bereitstellung von Leistungen Footprint bestimmen kann (z. B. auf den Internetseiten entstehen. Er ist daher geeignet, Verbraucherinnen der Energieagentur NRW). und Verbrauchern zu helfen, sich zu informieren und
20 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz Jährliche Klimaschutzleistung des nordrhein-westfälischen Clusters ForstHolz Bereich der Emissionsminderung/Speicher/Senke Wald Holzspeicher Energetische Stoffliche SUMME Substitution Substitution Typen der Beurteilung Klimaschutz Klimaschutzleistung Emissionsminderung Emissionsminderung von Klimaschutzleistungen leistung Wald – Holz – durch Holzenergie durch Material Senkenleistung Senkenleistung des substitution/ des Waldes Holzspeichers Holzverwendung [CO2 /Jahr] [CO2 /Jahr] [CO2 /Jahr] [CO2 /Jahr] [CO2 /Jahr] „Was leisten nordrhein- Wald NRW Alle in NRW Alles in NRW Alle in NRW westfälischer Wald und erwendeten v energetisch erwendeten v nordrhein-westfälische Holzprodukte verwertete Holz Holzprodukte Verbraucher/innen?“ Leitmodell I: verbraucherorientiert CO2-Fußabdruck „ klimaorientierter Holzeinsatz“ (4 Mio. t) 3,3 Mio. t 5,0 Mio. t 9,1 Mio. t 21,4 Mio. t „Was leisten Wald- und Wald NRW Produkte aus Alles in NRW In NRW Holzwirtschaft in NRW?“ Holz nordrhein- energetisch be-/verarbeitetes westfälischer verwertete Holz Holz Leitmodell II: Wälder post-Kyoto-orientiert (4 Mio. t) 1,1 Mio. t 5,0 Mio. t 7,9 Mio. t 18,0 Mio. t „Was leisten nordrhein- Wald NRW Produkte aus Energetische Produkte aus westfälischer Wald und daraus Holz nordrhein- erwertung des V Holz nordrhein- entnommenes Holz?” westfälischer Holzes aus Wald westfälischer Wälder Wälder NRW Leitmodell III: wertschöpfungsorientiert (davon ca. 0,5 Mio. t nicht statistisch Basis Simulationsmodell als Holzeinschlag (Szenarien der potenziellen erfasst) Waldentwicklung bis 2100) (4 Mio. t) 1,1 Mio. t 2,5 Mio. t 3,6 Mio. t 11,2 Mio. t Tabelle 4 Matrix/Typologie zur Beurteilung von Klimaschutzleistungen eines regional abgegrenzten ForstHolz- Clusters mit Daten der aktuellen Klimaschutzleistung des nordrhein-westfälischen Clusters ForstHolz (2002–2010 bzw. 2007, 2009, 2010)22
21 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz Zur Bewertung ist der Bezug entscheidend 1,5-fach klimaschädlicher verhält als ein durchschnitt- INFO licher Einwohner Deutschlands (ca. 10 t CO2 /Einwohner Knapp 22 % der Einwohner Deutschlands leben in Nord und Jahr).23 rhein-Westfalen. Aber Nordrhein-Westfalen hat einen Anteil von ca. 30 % an den deutschen Treibhausgas Ein Beitrag zur Emissionsminderung von 18 Mio. t CO2 emissionen. Durch die in Nordrhein-Westfalen ange- pro Jahr (Leitmodell II in Tabelle 5) durch den Cluster siedelte Industrie und Energieerzeugung (überwiegend ForstHolz entspricht ca. 6 % der Treibhausgasemis aus fossilen Energieträgern), die Energie und Produkte sionen NRWs. Würde man die bundesdurchschnitt- innerdeutsch und für den Export bereitstellen, sind lichen Pro-Kopf-Emissionen zu Grunde legen, ergäbe die Emissionen NRWs überdurchschnittlich hoch. Vor sich ein Beitrag von ca. 9 %. Bezieht man sich nur auf diesem Hintergrund ist zu berücksichtigen, dass sich ein die CO2-Emissionen (ohne andere Treibhausgase), so Einwohner Nordrhein-Westfalens mit einer statistischen ergäbe sich ein Beitrag von ca. 10 %. CO2-Emission von 15 oder 16 t CO2 pro Einwohner nicht INFO Beim Vergleich der drei Leitmodelle ist zu beachten: 1. Die Waldfläche und das Holzaufkommen sind im Verhältnis zur Bevölkerungszahl klein. Durch Stei- gerung des Holzaufkommens (z. B. Vergrößerung der Waldfläche) ließe sich die Klimaschutzleistung Die Klimaschutzleistung von 21,4 Mio. t CO2 pro Jahr be- steigern. deutet, dass die (globalen) CO2-Emissionen um diesen Wert höher lägen, gäbe es keinen Beitrag zum Klimaschutz durch 2. Es sollten Strategien und Möglichkeiten der Kaska- den Wald in NRW und nordrhein-westfälische Verbraucher/ innen mit ihrer Entscheidung für Holzprodukte/Holzenergie. dennutzung stärker verfolgt werden. Die stofflich- Ohne die Klimaschutzleistungen des Clusters ForstHolz läge energetische Kaskade erbringt eine mehr als drei der Carbon Footprint nordrhein-westfälischer Verbraucher/ Mal so hohe Klimaschutzleistung wie die direkte innen heute 10 bis 11 % höher.23 energetische Verwertung (vgl. Tab 3). 3. Für einen Ausbau der Holzwirtschaft als klima Die Klimaschutzleistung von jährlich 18,0 Mio. t CO2 ist so zu interpretieren, dass die Gesamtemissionen Nordrhein-West- positiver Wirtschaftszweig gibt es Raum: falens um diesen Wert höher lägen, gäbe es keinen Beitrag der Forst- und Holzwirtschaft zum Klimaschutz. Die Nachfrage nach Produkten (Bevölkerungs- Bezogen auf die gesamten Treibhausgasemissionen Nord rhein-Westfalens 2010 von 314 Mio. t CO2 entspricht dies zahl) ist höher als die NRW-interne Erzeugung. einem Anteil von 5,7 %. Durch stärkeres Wirtschaften in Kaskaden wird die Rohstoffverfügbarkeit für die Holzindustrie Die Klimaschutzleistung von jährlich 11,2 Mio. t CO2 be- schreibt lediglich eine Teilleistung des Clusters ForstHolz. in NRW gestärkt, u. U. kann auch das Holzauf- Dieses Modell bezieht sich auf den Wald in NRW und die kommen erhöht werden. Holzprodukte, die aus dem Holz nordrhein-westfälischer Wälder hergestellt werden. Die Klimaschutzleistung, die die Holzwirtschaft in NRW insgesamt, also auch auf Basis 4. Die Treibhausgasemissionen in NRW sollen ent- von Holz aus „Importen“ erbringt, ist nicht berücksichtigt. sprechend dem Klimaschutzgesetz NRW in den Allerdings findet der Beitrag durch Substitution positiven nächsten Jahrzehnten deutlich sinken. Entspre- Niederschlag in der THG-Bilanz von NRW. chend steigt der positive Anteil der Emissions Bei der Darstellung des Beitrags des Clusters ForstHolz in NRW zum Klimaschutz sollte daher auf die beiden zuvor minderung durch den Cluster ForstHolz. vorgestellten Leitmodelle I und II Bezug genommen werden. Dieses Leitmodell III ist insbesondere für die Frage relevant, wie die Waldbewirtschaftung und Holzvermarktung (stoff- lich und energetisch) in NRW unter Klimagesichtspunkten optimiert werden kann.
22 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz Ökologie und Ökonomie Hand in Hand von ca. 38 Mrd. Euro pro Jahr erwirtschaftet. Bei einer „Einsparung“ von 18,0 Mio. t CO2 pro Jahr und „eigenen 2009 hat der nordrhein-westfälische Cluster ForstHolz Emissionen“ von 7.3 Mio. t CO2 pro Jahr ergibt sich ein (inklusive Papierwirtschaft) 7,3 Mio. t CO2 emittiert, der „Klimaplus“ von 10,7 Mio. t CO2 pro Jahr. Bei 180.000 Be- Cluster ohne Papierwirtschaft 2,9 Mio. t CO2.23 Setzt man schäftigten sind dies ca. 60 t CO2 „Klimaplus“ pro Beschäf- diese Emissionen zu den positiven Klimaschutzleistungen tigtem. In Deutschland wurden 2010 in Energiewirtschaft, von 18,0 Mio. t CO2 (Leitmodell II) in Beziehung, dann verarbeitendem Gewerbe, GHD (Gewerbe, Handel, Dienst- bedeutet dies, dass der derzeitige Cluster ForstHolz leistung) und bei Industrieprozessen ca. 600 Mio. t CO2 seine Produkte nicht nur (netto) CO2-frei zur Verfügung emittiert 24, bei ca. 40 Mio. Beschäftigten. Dies sind stellt, sondern darüber hinaus noch einen bedeutenden ca. 15 t CO2 /Beschäftigtem („Klimaminus“) im Jahr. Dieser positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet. Die positiven Vergleich zeigt die bemerkenswerte Stellung des Clusters Effekte liegen beim 2,5-Fachen der eigenen Emissionen. ForstHolz in klimaorientierten Wirtschaftskonzepten. Gleichzeitig erbringt der Cluster ForstHolz bzw. die Forst- Fazit: Die Forst- und Holzwirtschaft stellt ihre Produkte und Holzwirtschaft auch viele andere Leistungen – sowohl CO2-neutral bzw. -mindernd zur Verfügung, erfüllt zahl- Schutzleistungen (Naturschutz, Schutz von Boden, Luft, reiche ökologische und gesellschaftliche Funktionen und Wasser etc.) als auch wirtschaftliche Leistungen. Die ist zugleich volkswirtschaftlich bedeutend. Vor diesem nordrhein-westfälische Forst- und Holzwirtschaft ist ein Hintergrund kann man die Forst- und Holzwirtschaft als bedeutender Wirtschaftsfaktor. Im Cluster ForstHolz in besonders vorteilhaft für den Klimaschutz und für ein NRW arbeiten ca. 180.000 Menschen, es wird ein Umsatz CO2-freies Wirtschaftswachstum bezeichnen. Klimaschutz durch Forst- und Holzwirtschaft in NRW: Orientierung bis 2100 Waldstrategien nehmen für Waldbewirtschaftung und (Basisperiode 2002-2010) die potenziellen Entwicklungen Forstwirtschaft lange Zeiträume in den Blick. Heute ge- des Waldes bzw. der Klimaschutzleistungen des Clusters pflanzte Bäume werden erst in 80, 120, 150 Jahren oder ForstHolz aufgezeigt.25 Im Gegensatz zu Prognosemodel- sogar noch später geerntet. Heutige Entscheidungen, len versucht die durchgeführte Szenarienanalyse nicht, z. B. über Baumartenwahl, wirken also sehr langfristig. zukünftige Entwicklungen genau abzubilden, sondern Daher ist nicht nur die heutige Klimaschutzleistung der zeigt verschiedene, alternative zukünftige Entwicklungen. Forst- und Holzwirtschaft von Interesse, sondern auch, So wird die Bandbreite zukünftiger Entwicklungen ange- welche Klimaschutzleistungen in Zukunft erzielt wer- geben, innerhalb derer sich die tatsächliche Entwicklung den und welche Bewirtschaftung und Holznutzung am wahrscheinlich bewegen wird. Die Analyse erhebt also besten geeignet ist, die höchste Klimaschutzleistung zu nicht den Anspruch einer möglichst genauen Progno- erbringen. se der zukünftigen Waldentwicklung in NRW, sondern zeigt das Potenzial der zukünftigen Klimaleistungen des Selbstverständlich ist die maximale Klimaschutzleistung Waldes in NRW für verschiedene Handlungsoptionen nicht das einzige Ziel für den Cluster ForstHolz. Anpas- (Szenarien) grundsätzlich auf, also die potenziellen Kli- sung des Waldes an Klimaveränderungen, allgemeine maschutzleistungen. Waldfunktionen (z. B. Naturschutz, Schutz des Bodens und Grundwassers) und soziökonomische Effekte sind Die Modellierung des Waldwachstums in NRW basiert ebenfalls zu berücksichtigen. im Wesentlichen auf Daten der Bundeswaldinventuren, den Einschlagsstatistiken der Landesstatistik sowie auf In einer umfangreichen Betrachtung innerhalb der Studie Ertragstafeln für die Hauptbaumarten und die IPCC Good „Beitrag des nordrhein-westfälischen Clusters ForstHolz Practice Guidance for Land Use, Land Use Change and zum Klimaschutz“ werden auf Basis von Simulationen Forestry.26
23 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz In der Szenarienanalyse wurden in der Studie drei ver sis dieser Grundszenarien drei Kombinationsszenarien – schiedene Bewirtschaftungsalternativen (sog. „Grund Nutz-Szenario, Erhalt-Szenario und Schutz-Szenario – szenarien“) definiert: abgeleitet (Tabelle 5). Diese Kombinationsszenarien stellen grundsätzliche realistische Handlungsoptionen in Massenoptimierung: Strategie mit möglichst hoher Holz- einer multifunktionalen Waldbewirtschaftung dar. Nur auf produktion, sie wird im Weiteren eingegangen. Wertoptimierung: Langfristig auf Starkholz mit Wertzu- Für die mit den Szenarien beschriebenen Bewirtschaf- wachs ausgelegte Strategie, tungsformen wurden jeweils die Entwicklungen des Kohlenstoffvorrats im Wald und die jährlich entnom- Speicheroptimierung: (Begrenzte) Holznutzung bei menen Rohholzmengen bestimmt. Diese Rohstoffmengen gleichzeitigem Aufbau eines hohen Waldspeichers. bilden den Übergang vom System Wald zum System Holzwirtschaft. Die Rohholzmengen wurden mit Hilfe Diese Grundszenarien unterstellen, dass der gesamte eines Nutzungsschlüssels, basierend auf der heutigen Wald in NRW gleich bewirtschaftet wird. Diese Be- Nutzung, baum- bzw. holzartenspezifischen Verwen- trachtung hilft, Extreme zu bewerten. Dadurch werden dungen zugeordnet (Produkte mit langer, mittlerer und bestimmte Entwicklungen besonders deutlich. Um die kurzer Lebensdauer sowie Energieholz). Modellierung realitätsnäher zu gestalten, wurden auf Ba- Kombinationsszenarien Nutz Erhalt Schutz Massenoptimierung 50,0 % 31,7 % 20,0 % Wertoptimierung 25,0 % 31,7 % 20,0 % Speicheroptimierung 20,0 % 31,7 % 50,0 % Ohne Nutzung 5,0 % 5,0 % 10,0 % Tabelle 5 Gewichtung der Grundszenarien in den Kombinationsszenarien
24 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz Kombinationsszenarien [Mio. t C] Nutz Erhalt Schutz 1. Erhöhung Waldspeicher bis 2100 75,4 80,3 111,6 2. S umme Rohholzproduktion (2011-2100) 221,2 204,9 169,9 Summe (1.+2.) 296,6 285,2 281,5 In Prozent des Erhalt-Szenarios 104.0 % 100.0 % 98.7 % Tabelle 6 Speicherwerte und Rohholzproduktion in Mio. t C für die Kombinationsszenarien als Summe von 2011 bis 2100 Tabelle 6 zeigt, dass die Szenarien unterschiedliche z. B. übernutzt wird, sondern in Altersklasseneffekten der Speicherentwicklungen im Wald und unterschiedliche Wälder resultierend aus der natürlichen Wachstumsdy- Rohholzentnahmen aus dem Wald zur Folge haben. Die namik. Der Zeitpunkt der Altersklasseneffekte begründet Summe des Kohlenstoffs aus der Veränderung des Wald- sich im Wesentlichen in den Wiederaufforstungen nach speichers und entnommenem Rohholz liegt jedoch für dem 2. Weltkrieg. alle drei Kombinationsszenarien in der gleichen Größen- ordnung – dabei bleibt im Schutz-Szenario deutlich mehr Abbildung 8 zeigt (entsprechend Abbildung 7 ohne An- Biomasse im Wald (lebend und als Totholz) als bei den fangsplateau, jedoch inklusive der weiteren Kohlenstoff- beiden anderen Szenarien. Dafür wird deutlich weniger speicher des Waldes ohne Bodenkohlenstoff) die Verän- Holz entnommen und der Nutzung zur Verfügung gestellt. derung des Waldspeichers von 2011 bis 2100 (gepunktete Linien). Die durchgezogenen Linien addieren zum Wald- Die Abbildung 7 zeigt die Entwicklung des Speichers der speicher alle sonstigen Effekte aus der Holznutzung hinzu oberirdisch lebenden Biomasse. Man sieht, dass sich (Vergrößerung des Holzproduktespeichers, stoffliche und dieser Speicher bei allen drei Szenarien – ausgehend energetische Substitution). Die durchgezogenen Linien von dem Ausgangwert von 102 Mio. t C – noch deutlich stellen also die gesamte Klimaschutzleistung des Clusters erhöht. Die Kurven aller drei Szenarien haben jeweils ForstHolz für die verschiedenen Bewirtschaftungsoptionen ein Maximum. Das heißt für den Speicher oberirdisch bis 2100 dar. Zum besseren Verständnis und Vergleich lebende Biomasse, dass der Wald nach dem Maximum werden in den Tabellen 7 und 8 die durchschnittlichen (2060-2085, je nach Szenario) keine Senke mehr dar- jährlichen Klimaschutzleistungen in Mio. t CO2 pro Jahr stellt, sondern zu einer Quelle wird. Die Ursache liegt (und nicht in t C pro Jahr) differenziert nach Speicher und nicht darin, dass der Wald unsachgemäß bewirtschaftet, Substitution angegeben (für 2011-2050 und 2011-2100).
25 4 Beitrag Wald und Holz in NRW zum Klimaschutz 200 Schutz 175 Erhalt Mio. t C 150 Nutz 125 100 2002 2012 2022 2032 2042 2052 2062 2072 2082 2092 2100 Abbildung 7 Entwicklung des (Wald-)Speichers oberirdisch lebende Biomasse für die Kombinationsszenarien, kumuliert, Ausgangswert 2002: 102 Mio. t C 400 Waldspeicher Vorratsaufbau (Senke)/Holzspeicher/ Kombiszenario Nutz 350 plus Holznutzung Emissionsminderung Mio. t C Waldspeicher 300 Kombiszenario Erhalt plus Holznutzung 250 Waldspeicher 200 Kombiszenario Schutz plus Holznutzung 150 Waldspeicher Kombiszenario 100 Schutz Waldspeicher 50 Kombiszenario Erhalt 0 Waldspeicher 2011 2021 2031 2041 2051 2061 2071 2081 2091 2100 Kombiszenario Nutz Abbildung 8 Entwicklung (kumuliert) der Kohlenstoffspeicher (2011 bis 2100) im Wald für die Kombinations szenarien (gestrichelte Linien) und für alle Klimaschutzleistungen des Systems Wald und Holzverwendung (Wald- und Holzspeicher und Emissionseinsparung durch energetische und stoffliche Substitution; durchgezogene Linien) [Mio. t CO2 /Jahr] Waldspeicher Holzspeicher Energiesubstitution Materialsubstitution Summe Nutz 4,6 1,7 3,6 5,9 15,8 Erhalt 6,8 1,3 3.0 4,9 16,0 Schutz 9,3 0,8 2,4 3,8 16,3 Tabelle 7 Durchschnittliche jährliche Klimaschutzleistung des Clusters ForstHolz in Nordrhein-Westfalen, abhängig von der Bewirtschaftungsform (2011-2050), in Mio. t Co2 pro Jahr [Mio. t CO2 /Jahr] Waldspeicher Holzspeicher Energiesubstitution Materialsubstitution Summe Nutz 3,1 1,2 4,1 6,3 14,7 Erhalt 3,3 1,1 3,8 5,8 14,0 Schutz 4,6 0,8 3,1 4,8 13,3 Tabelle 8 Durchschnittliche jährliche Klimaschutzleistung des Clusters ForstHolz in Nordrhein-Westfalen, abhängig von der Bewirtschaftungsform (2011-2100), in Mio. t Co2 pro Jahr
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