16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel

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16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
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                      Schwerpunkt:
                Risiken reduzieren –
                mit Versicherungen?

Z   Ü   R   C   H     E     R
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
Inhalt                                                                                    ZÜRCHER WALD 6/2016

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                         Gefahren-    4    Risikoreduktion als Verbundaufgabe                Benjamin Lange und
 Schutzwald –           prävention         Arthur Sandri
 auch für Ver-                        7    Der Tobelwald – Mindestanforderung an die Waldpflege
  sicherungen                              Brigitt Hunziker Kempf und Nathalie Barengo
       wichtig                        10   Pflegemassnahmen im Schutzwald – Investitionen mit
             4                             wachsender Bedeutung Hansjörg Ryser

                     Waldversiche-    12   Versicherung für den Zürcher Wald? Konrad Noetzli im Interview
                           rungen     13   Gundstückversicherung «Wald» im Kanton Baselland
                                           Raphael Häner, Peter Bächtold und Ueli Meier
                                      16   Waldversicherung aus Sicht eines globalen Rückversiche-
                                           rers Peter Welten
Eine Waldver-
sicherung falls      Haftpflicht im   20   Haftung bei waldtypischen Gefahren                Swen Walker und
   es stürmt?                 Wald         Samuel Wegmann
            12                        23   Haftungsfragen bei Rundholzlagern im Wald Swen Walker
                                      25   Die Kollektiv Haftpflichtversicherung der Berner Wald-
                                           besitzer Stefan Flückiger
                                      27   Unabhängige Baum-Sicherheitsbeurteilung und
                                           Elementarschadendeckung Matthias Brunner

   Eine Haft-          Waldpflege     28   Wertastung mit der Distelleiter        Roman Schnyder
 pflichtversi-
 cherung für                Saison    30   Aktuell im Wald vom Dezember bis Januar
waldtypische
  Gefahren?         Weiterbildung     31   Dendrologie hat Interesse geweckt              Brigitt Hunziker Kempf
           20
                        Holzmarkt     32   Rundholzsortierung richtig gemacht Philipp Binder
                                      34   Preisentwicklung Rundholz Kanton Zürich
                                      36   Holzmarkt-Information Beat Riget
                                      39   Wertholzsubmission 2017

                        Leserforum    41

                    Mitteilung WVZ    42

                     Mitteilung VZF   44

                    Mitteilung OdA    45

                  Kurzmitteilungen    47

                  Agenda/Vorschau     51

                          Titelbild   (l) Lothar Sturmschadenfläche im Kanton Zürich; Foto: Archiv ZW
                                      (r) Dürrast Entfernung mit Hebebühne; Foto: Ruedi Weilenmann
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
ZÜRCHER WALD 6/2016                                                                                      Editorial
                                                                                                          Editorial
                                                                                                                 3

Versicherungen im Wald, das wäre vor                  wäre abzuklären, ob und wie sich eine
30 Jahren kaum eine Zeile wert gewesen.               Gebäudeversicherung im Kanton Zürich
Damals waren gewinnreiche Holzschläge                 zu diesen Fragen stellt. Ich bin da aus
noch möglich und man konnte eigene                    Waldbesitzersicht eher skeptisch.
Reserven bilden. Dadurch waren die                    Anders sieht es bei der Haftung im Wald
Waldbesitzer als freie Unternehmer                    aus. Hier hat der Gesetzgeber im ZGB
auch bereit das Risiko eines Schadens                 Art. 699 klar festgehalten, dass in den
bei Naturkatastrophen zu tragen. Diese                Schweizer Wäldern ein freies Betre-
Situation hat sich mit den heutigen                   tungsrecht gilt. Über Haftungsfragen
Holzpreisen geändert.                                 äussert sich das Gesetz aber nicht – in
Man muss unterscheiden zwischen                       jener Zeit war es auch kein Thema, dass
Sachversicherungen und Haftpflichtver-                jemand für einen Schaden haften und
sicherungen im Wald.                                  Schadenersatz zahlen soll. Wir wissen
Die Thematik um Sachversicherungen                    bis heute nur wenig darüber, wie die
im Wald gewinnt mit der fortschreiten-                Gerichte den Einzelfall mit Verletzungen
den Klimaveränderung an Bedeutung.                    an Leib und Leben beurteilen. Es sollte
Nachbarländer und auch ein Schweizer                  aber auch nicht sein, dass wir warten
Kanton kennen Versicherungslösungen.                  müssen, bis etwas gravierendes passiert,
Bei uns ginge es vor allem um Sturm-                  um die Gerichtspraxis kennen zu lernen.
schäden, weniger um solche durch                      Hier bin ich klar der Meinung, eine
Wasser oder Waldbrände. Schäden                       pauschale solidarische Haftpflichtver-
durch tierische Schädlinge sind gar nicht             sicherung für die Waldbesitzer könnte
versicherbar. In einem Sturmschadenfall               viele Unsicherheiten beseitigen und uns
wird die Versicherung nur eine Diffe-                 vor unangenehmen Überraschungen und
renz zwischen Holzerlös und dem Wert                  Schadenersatzforderungen schützen. Wir
einer Normalnutzung plus Mehrauf-                     müssen uns mit diesen Themen ausein-
wendungen bezahlen. Hier sehe ich die                 andersetzen und Lösungen suchen.
grösste Herausforderung, dass die Er-                 Ich wünsche allen eine unfallfreie Holzer-
mittlung des Schadens nicht unangemes-                saison
sen hoch, kompliziert und teuer wird. Es                     Kaspar Reutimann, Präsident WVZ

Impressum 6/16 – Dezember 2016                        Redaktionskommission
Zürcher Wald                                          August Erni, Präsident, Förster, Vertreter VZF
48. Jahrgang, erscheint jeden zweiten Monat           Nathalie Barengo, Forsting., Vertreterin Abt. Wald
                                                      Alex Freihofer, Privatwaldeigentümer, Vertreter WVZ
Herausgeber / Verbandsorgan                           Hanspeter Isler, Forstwartvorarbeiter, Vertreter VZF
Herausgeber ist der Verband Zürcher Forstpersonal     Ruedi Weilenmann, Förster, Vertreter VZF
VZF. Die Zeitschrift ist zugleich Verbandsorgan des
Waldwirtschaftsverbandes des Kantons Zürich WVZ       Adressänderungen und Abonnemente
                                                      an die Redaktionsadresse oder                            VERBAND ZÜRCHER
Trägerschaft                                                                                                  FORSTPERSONAL
                                                      www.zueriwald.ch
VZF und WVZ sowie Abteilung Wald, ALN, Baudi-
rektion Kanton Zürich                                 Inserate
                                                      August Erni, Forsthaus im Dreispitz, 8304 Wallisellen
Redaktionsadresse                                     Tel. 044 836 59 65, erni@forsthu.ch
IWA – Wald und Landschaft AG
Hintergasse 19, Postfach 159, 8353 Elgg               Papier
Tel. 052 364 02 22                                    Cocoon FSC und Recycling
E-Mail: redaktion@zueriwald.ch                        Auflage
Redaktor                                              1‘250 Exemplare
Urs Rutishauser (ur), Forsting. ETH, IWA              Druck
Stellvertretung: Felix Keller, Forsting. ETH, IWA     Mattenbach AG, 8411 Winterthur
Gestaltung und Satz                                   Online
IWA – Wald und Landschaft AG                          www.zueriwald.ch/zeitschrift
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
Gefahrenprävention                                                                          ZÜRCHER WALD 6/2016
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Risikoreduktion als Verbundaufgabe
Sicherheit vor gravitativen Naturgefahren – In der Schweiz sind die Risiken von Rutschungen,
Steinschlag, Lawinen und Erosion dauerhafte Begleiter. Die öffentliche Hand, Versicherungen
und Private müssen die Risiken gemeinsam tragen und bestimmen, wie weit Restrisiken zu
akzeptieren sind. Der Beitrag zeigt, wie die Schutzwaldpflege eingebunden ist in ein «inte-
grales Risikomanagement», das allen Akteuren Verantwortungsbereiche zuteilt.
von Benjamin Lange und Arthur Sandri, Abteilung Gefahrenprävention, Bundesamt für Umwelt BAFU

                 Die Schweiz hat im Umgang mit Naturge-            der Grenzen zwischen akzeptablen und nicht
                 fahren eine lange Tradition. Aus Schaden-         akzeptablen Risiken bzw. um die Frage, ob
                 ereignissen wurden immer wieder neue Er-          die Risiken für Betroffene zumutbar und
                 kenntnisse gewonnen und diese in die Praxis       tragbar sind. Für alle Naturgefahren wird
                 umgesetzt. Bereits Mitte des 19. Jahrhundert      schweizweit ein vergleichbares Sicherheits-
                 wurde erkannt, dass wirksame Massnahmen           niveau angestrebt, das ökologisch vertretbar,
                 gegen Naturgefahren nicht dem Einzelnen           ökonomisch verhältnismässig und sozial ver-
                 überlassen werden können. So wurde der            träglich sein soll (PLANAT 2004). Das ver-
                 Schutz vor gravitativen Naturgefahren be-         bleibende akzeptable Risiko für Betroffene
                 reits damals zur Verbundaufgabe von Bund          wird dabei solidarisch von der Gesellschaft
                 und Kantonen erklärt.                             getragen, z.B. indem die Mitglieder einer
                 Heute ist der Umgang mit Naturgefahren            Versicherung durch die bezahlten Prämien
                 eine gemeinsame Daueraufgabe von Betrof-          für den Schaden eines Einzelnen aufkommen.
                 fenen, Fachstellen, Versicherungen und Be-
Versicherungen   hörden (Bund, Kanton, Gemeinden). Dabei           Rolle der Beteiligten im integralen
kommen           wird eine umfassende Sichtweise angestrebt,       Risikomanagement
hauptsächlich
                 die als integrales Risikomanagement (IRM)         Die Akteure im IRM haben unterschiedliche
dann zum
Zuge, wenn       bezeichnet wird. Im IRM werden sämtliche          Aufgaben und Kompetenzen. Der Schutz von
ein Schaden      Massnahmen berücksichtigt, die das Risiko         Menschen und erheblichen Sachwerten vor
aufgrund des     für Menschen und Sachwerte reduzieren.            gravitativen Naturgefahren ist eine gesetz-
akzeptierten
                 Zum einen sind das vorbeugende Massnah-           lich verankerte Verbundaufgabe von Bund
Restrisikos
eintritt.        men wie die Raumplanung, die Erstellung           und Kantonen. Im Bereich der Prävention
                 und der Unterhalt von Schutzbauten und die        erstellt der Staat Gefahrengrundlagen und
                 Schutzwaldpflege, zum anderen auch Mass-          Schutzmassnahmen, die auf grossen Flächen
                 nahmen zur Bewältigung von Ereignissen            wirken, wie zum Beispiel Schutzwaldpflege
                 (z.B. Alarmierung, Rettung, Instandstellung       oder Hochwasserschutzmassnahmen entlang
                 von Gebäuden und Gewährleistung der               von Flüssen. Privateigentümer tragen mit
                 Versorgung) sowie die Regeneration nach           Objektschutzmassnahmen und gefahrenge-
                 Schadenereignissen (Auswertung der Ereig-         rechtem Bauen zum Schutz bei.
                 nisse und der Wiederaufbau).                      Versicherungen sind primär im Bereich der
                                                                   Regeneration nach Ereignissen tätig. Sie
                 Sicherheitsniveau als gesellschaft-               kommen hauptsächlich dann zum Zuge,
                 licher Konsens                                    wenn ein Schaden aufgrund des akzep-
                 Welches Sicherheitsniveau für Naturgefahren       tierten Restrisikos eintritt. Diese solidarische
                 angestrebt werden sollte, ist ein gesellschaft-   Leistung wird von der Gesellschaft (in
                 licher Entscheid. Dieser muss von allen           diesem Fall den Prämienzahlern) getragen.
                 Akteurinnen und Akteuren mitgetragen              Versicherungen beteiligen sich aber auch an
                 werden. Dabei geht es um die Bestimmung           präventiven Massnahmen wie zum Beispiel
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
ZÜRCHER WALD 6/2016                                                       Gefahrenprävention
                                                                                                           5

die Information und Beratung zu baulichen       Verantwortungsträger Verantwortungsgebiet
Schutzmassnahmen oder der Finanzierung          Öffentliche Bund und Rechtliche Vorgaben
von Aufforstungen im Schutzwald. Welche         Hand        Kantone Schutz öffentlicher Infrastruktur
Aufgaben die öffentliche Hand, die Versi-                            Flächenschutz (Siedlungen)
cherungen und Private im Bereich des IRM                             Raumplanung
wahrnehmen, ist auszugsweise in Tabelle 1                            Gefahren und Risikogrundlagen
zusammengefasst.                                                     Vorsorge (z.B. Notfallplanung, Warnsy-
                                                                     steme, Alarmierungen)
Was kostet die Sicherheit?                                  Gemein- Nutzungsplan und Baureglement
                                                            den      Bauherrschaft für Schutzmassnahmen
Wieviel Geld jährlich für den Schutz vor
Naturgefahren von den verschiedenen                                  Einsatzkräfte (z.B. Rettung, Führungs-
                                                                     organe, Feuerwehr)
Akteuren insgesamt investiert wird, ist nur
                                                Versicherungen       Finanzielle Absicherung potentieller
annähernd zu erfassen. Im Moment steht
                                                                     Schäden
noch keine vollständige Datengrundlage zur
                                                                     Versicherungsleistung im Ereignisfall
Verfügung. Einzig die Nationale Plattform                            Förderung vorsorglicher Massnahmen
Naturgefahren PLANAT hat 2007 eine              Private              Objektschutz
solche Gesamtsicht erstellt. Aus dieser geht                         Versicherungsschutz
hervor, dass in der Schweiz dazumal pro                              Angepasstes Verhalten im Ereignisfall
Jahr rund 2.9 Mrd. CHF in den Schutz vor
Naturgefahren investiert wurde. Mehr als die    Tabelle 1: Verantwortlichkeiten der öffentlichen Hand, der
Hälfte davon, d.h. 1.7 Mrd. CHF, wurde von      Versicherungen und Privaten gemäss Bericht «Umgang mit
(halb-)privaten Unternehmen wie Infrastruk-     Naturgefahren in der Schweiz»
turbetreibern und den Haushalten getragen.
Die verbleibenden CHF 1.2 Mrd. wurden           von 4 Mrd. CHF verhindert werden und sich
zu ähnlichen Teilen von Bund, Kantonen          die getätigten Investitionen von rund 180      Gemäss Schät-
und Gemeinden übernommen. Abbildung 1           Mio. CHF pro Jahr im Bereich Schutzwald        zungen werden
                                                                                               durch die
zeigt die prozentualen Aufwände der Ak-         vielfach auszahlen! In Einzelfällen ist auch   Wirkung des
teure für den Schutz vor Naturgefahren als      eine Abschätzung der verhinderten Scha-        Schutzwaldes
Durchschnittswert der Jahre 2000 bis 2005.      denskosten möglich. So wurden zum Beispiel     jährlich Scha-
Fast die Hälfte dieser Mittel wurde für die     für bauliche Massnahmen zum Schutz der         denskosten von
                                                                                               4 Mrd. CHF
Prävention verwendet. Der nächstgrössere        Gemeinde Buochs (NW) vor Überschwem-           verhindert.
Posten ist mit gut einem Drittel die Vorsorge   mungen durch die Engelberger Aa rund 26
für die Regeneration, wobei 75% davon auf       Mio. CHF investiert. Beim Hochwasser
Versicherungsbeiträge entfallen. Die rest-      2005 konnten damit Schäden im Umfang
lichen Mittel wurden für die Vorsorge für       von ca. 160 Mio. CHF verhindert werden.
die Regeneration und die Erarbeitung von
Gefahrengrundlagen verwendet.                         Private, Versicherungen                  Bund 16%
Unser Lebensraum und unsere Infrastruktur             59%                                = 0,46 Mrd. CHF
                                                      = 1,71 Mrd. CHF
werden von Schutzbauten im Wert von rund
50 Mrd. CHF geschützt (Peter et. al. 2009).                                                 Kantone 11%
Die Hälfte der Waldfläche der Schweiz hat                                                = 0,32 Mrd. CHF

eine Schutzfunktion vor Naturgefahren.
                                                                                         Gemeinden 14%
Welche Schäden mit diesen Investitionen ver-                                             = 0,41 Mrd. CHF
hindert werden ist generell nur schwer zu be-
ziffern, denn Kosten die vermieden werden,
treten in keiner Bilanz auf. Schätzungen zei-   Abbildung 1: Prozentualer Mittelaufwand der Akteure für den
gen aber, dass nur schon durch die Wirkung      Schutz vor Naturgefahren (Mittlerer Mittelaufwand 2000-
des Schutzwaldes jährlich Schadenskosten        2005. Quelle: PLANAT 2007)
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
Gefahrenprävention                                                                          ZÜRCHER WALD 6/2016
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                  Eigentlich müsste man den getätigten Inve-       Schutzleistung ihres Waldes zur Verfügung.
                  stitionen den Wert der geschützten Objekte       Dafür werden sie von der öffentlichen Hand
                  gegenüber stellen. Diese Daten sind erst         (Bund und Kantone) entschädigt. Der Bund
                  ansatzweise vorhanden. Erste Auswer-             übernimmt in Form einer Pauschale 40%
                  tungen zeigen, dass rund 20% der Schweizer       der durchschnittlichen Nettokosten für die
                  Bevölkerung in Gebieten wohnt, die von           Schutzwaldpflege. Die verbleibenden 60%
                  Überschwemmungen betroffen sein können.          sollten von den Kantonen bzw. von Nutz-
                  Genau dort befinden sich auch rund 1.7           niessern finanziert werden. Dem Waldei-
                  Millionen oder rund 30% der Arbeitsplätze.       gentümer sollen keine Restkosten verbleiben
                  Zudem liegt rund ein Viertel der Sachwerte       sofern er nicht selber Nutzniesser ist. Mit
                  (CHF 840 Mrd.) in diesen Gebieten.               dieser Zusammenarbeit der verschiedenen
                                                                   Partner kann in der Schweiz jährlich eine
                  Schutzwald als wichtiger Bestandteil             Schutzwaldfläche von rund 9‘000 ha gepflegt
                  des Risikomanagements                            werden und damit eine nachhaltige Schutz-
                  Präventive Massnahmen gegen Naturge-             wirkung dieser Wälder erreicht werden.
                  fahren sind zentraler Bestandteil des inte-      Einen erfolgreichen Umgang mit Naturge-
                  gralen Risikomanagements. Schutzwälder           fahren kann es nur geben, wenn bauliche,
                  schützen tiefer gelegenen Siedlungs- und         biologische, planerische und organisato-
Rund 20%          Industriezonen vor Naturgefahren wie             rische Massnahmen kombiniert und durch
der Schweizer     Rutschungen, Lawinen, Steinschlag und Ero-       einen solidarischen Versicherungsschutz
Bevölkerung
                  sion. Im Gegensatz zu technischen Schutz-        ergänzt werden. Die zentrale Herausforde-
wohnt in Ge-
bieten, die von   massnahmen wirkt Schutzwald grossflächig         rung besteht heute und in Zukunft darin,
Überschwem-       und kann als dauerhafteste und günstigste        ein tragbares Sicherheitsniveau zu erreichen
mungen            Sicherheitsinfrastruktur bezeichnet werden.      und dieses trotz sich ändernder Rahmenbe-
betroffen sein
können.
                  Schutzwälder gibt es in allen Kantonen,          dingungen zu halten.
                  selbst in den Stadtkantonen Basel und Genf.
                  Damit der Schutzwald seine Funktion lang-        Literatur
                  fristig gewährleisten kann, ist in den meisten   Peter M. et al., 2009: Wiederbeschaffungs-
                  Fällen eine periodische Waldpflege nötig.          wert der Umweltinfrastruktur. Umfas-
                  Am Beispiel der Schutzwaldpflege kann              sender Überblick für die Schweiz
                  gut aufgezeigt werden, wie der Schutz vor        PLANAT 2004: Sicherheit vor Naturgefahren
                  Naturgefahren als Verbundaufgabe unter-            – Vision und Strategie. Nationale Plattform
                  schiedlicher Partner funktioniert: Seit 2008       Naturgefahren PLANAT.
                  werden im Umweltbereich mehrjährige Pro-         PLANAT 2007: Projekt B1: Jährliche Auf-
                  grammvereinbarungen zwischen dem Bund              wendung für den Schutz vor Naturgefahren
                  und den Kantonen abgeschlossen. Im Bereich         in der Schweiz / Naturgefahren. Was kostet
                  Schutzwald wird in dieser Programmverein-          Sicherheit? Nationale Plattform Naturge-
                  barung definiert, wieviel Fläche Schutzwald        fahren PLANAT.
                  der Kanton innerhalb von vier Jahren pflegen     Umgang mit Naturgefahren in der Schweiz.
                  soll. Dabei legt der Bund Qualitätskriterien       Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Po-
                  für die Schutzwaldpflege fest, die sich am         stulats 12.4271 Darbellay vom 14.12.2012.
                  aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand         Online unter https://www.newsd.admin.ch/
                  orientieren und für die Kantone verbindlich        newsd/message/attachments/45043.pdf
                  sind. Der Kanton ist für die Umsetzung
                  verantwortlich, d.h. er entscheiden an           Teile des Textes wurden aus dem Bericht «Umgang
                                                                   mit Naturgefahren in der Schweiz» entnommen.
                  welchem Ort und zum welchen Zeitpunkt
                                                                   Kontakt:
                  Schutzwälder gepflegt werden. Die Wald-          Arthur Sandri, arthur.sandri@bafu.admin.ch
                  eigentümer stellen der Allgemeinheit die         Benjamin Lange, benjamin.lange@bafu.admin.ch
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
ZÜRCHER WALD 6/2016                                                                  Gefahrenprävention
                                                                                                                      7

 Der Tobelwald – Mindestanforderung an die Waldpflege
Prävention bei Hochwassergefahr – Im Kanton Zürich gehören die Tobelwälder neu zu den
beitragsberechtigten Schutzwäldern. In diesen muss der Kanton eine minimale Pflege sicher-
stellen, damit ihre Schutzwirkung erhalten bleibt oder verbessert wird. Wie ein solcher Schlag
aussehen könnte und was zu beachtet ist, wurde an einem Beispiel veranschaulicht. In Düben-
dorf hat Markus Tanner einen Tobelwald gepflegt und stellt sich den Diskussionen.
         von Brigitt Hunziker Kempf, Berg Dägerlen, und Nathalie Barengo, Abteilung Wald, Kanton Zürich

Dreissig Jahre lang war’s im Sagentobel
oberhalb von Dübendorf eher ruhig. Nur
ab und zu wurden Arbeiten im Forst für
die elf Waldbesitzer im Tobel erledigt. Nun
wurde der Dornröschen-Schlaf beendet.
Emsiges Tun war angesagt. In den Hängen
wurde Holz geschlagen, der Bach von Holz
gesäubert. Was ist geschehen?
Innerhalb weniger Jahren ereigneten sich
rund um den Sagentobelbach zwei Hoch-
                                                Brigitt Hunziker

wasserereignisse. Intensive Niederschläge
fielen auf den gesättigten Boden. Die niedrig
gebauten Brückendurchgänge blockierten
den Wasserfluss, die Siedlung wurde über-
schwemmt. Mitverantwortlich für den                            Markus Tanner am Sagentobelbach, der in den letzten Jahren
Wasserstau war auch Schwemmholz aus                            zweimal Hochwassererschäden verursachte.
dem Wald, welches vom wildgewordenen
Bach in Richtung Siedlung hinuntertrans-
portiert wurde. Schnell war klar, dass dieser
Zustand nicht toleriert werden kann. Dies                      Weiterbildung Pflege gerinnerele-
auch in Anbetracht dessen, dass Extremwet-                     vante Schutzwälder
terereignisse zukünftig zunehmen dürften
(Stichwort Klimaveränderung). Mögliche                         Das Sagentobel wurde auch an Weiterbil-
Schäden stellen u.a. für angesiedelte Unter-                   dungstagen von zahlreichen Förstern und
nehmen ein Standortproblem dar, die hohe                       Kreisforstmeistern des Kantons Zürich be-
mögliche Schadensumme ist auch für die                         sucht. Rund 80 Forstleute nahmen am Kurs
Versicherungen kritisch. Und nicht zuletzt                     «Pflege gerinnerelevante Schutzwälder» teil.
liegt der hoch frequentierte Bahnhof Stett-                    Sie begutachteten und diskutierten während
bach gemäss Gefahrenkarte Hochwasser im                        eines Tages die Arbeiten im und rund um
Risikogebiet rund um den Sagentobelbach.                       das Tobel und die Handhabung des NaiS-
Die Stadt Dübendorf entschied sich deshalb,                    Dokumentes.
Schwemmholz-Rückhaltebauwerke zu                               Begleitet wurden sie vom Spezialisten
bauen. Für Markus Tanner, Revierförster                        Samuel Zürcher (Fachstelle für Gebirgs-
Dübendorf-Witikon macht das Vorhaben                           waldpflege), Erich Good (Verantwortlicher
Sinn. «Seit Jahren bauen wir in verschie-                      Projekt «Tobelwälder» der Abteilung Wald,
densten Bachtobel kleinere Auffangrechen                       Kanton Zürich), Vertretern des AWEL, der
ein, um das Schwemmholz abzufangen.»                           Fachstelle Naturschutz und der Fischerei-
Trotz diesen geplanten Bauten muss sinn-                       und Jagdverwaltung.
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
Gefahrenprävention                                                                                         ZÜRCHER WALD 6/2016
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                                                                                    Förster Markus Tanner. Nein, auch Fach-
                                                                                    leute des Amtes für Wasser, Energie und
                                                                                    Luft (AWEL), der Fachstelle Naturschutz
                                                                                    und der Fischerei- und Jagdverwaltung
                                                                                    des Kantons diskutierten und planten bei
                                                                                    diesem Objekt mit. In den Diskussionen
                                                                                    müssen Lösungen gemeinsam gesucht und
                                                                                    abgewogen werden. Die Koordination zwi-
                                                                                    schen den Akteuren ist wichtig. «Wir Förs-
                                                                                    ter sind es uns gewohnt, die Vermittler-Rolle
                                                                                    einzunehmen. Das Interesse rund um den
                                                                                    Wald war und ist schon immer vielseitig»,
                                                                                    so der Revierförster Tanner.

                                                                                    Warum diese Aufmerksamkeit?
                                                                                    Das Sagentobel gehört künftig in die Ka-
                                                                                    tegorie der «gerinnerelevanten Schutzwäl-
                                                                                    der». Im Kanton Zürich wurden solche
                                                                                    Tobelwälder, welche Abhänge entlang der
                                                                                    Bäche stabilisieren, im Jahr 2015 durch die
                                                                                    Abteilung Wald in enger Zusammenarbeit
                                                                                    mit den örtlichen Revierförstern, dem
                                                                                    AWEL und dem Bundesamt für Umwelt
                                                                                    (BAFU) ausgeschieden. Im Gegensatz zum
                                                                                    übrigen Wald besteht im Schutzwald eine
                                                                                    Bewirtschaftungspflicht. Die Kantone sind
                                                                                    gemäss Artikel 20 Absatz 5 des eidgenös-
                                                                 Brigitt Hunziker

                                                                                    sischen Waldgesetzes (WaG) verpflichtet,
                                                                                    eine minimale Pflege sicherzustellen. Holz-
                                                                                    schläge und Pflegeeingriffe in Tobelwäldern
                                                                                    können ab Festsetzung des neuen Schutz-
Mit dem Ausfüllen des NaiS-Beurteilungsformulars ist gewähr-                        waldperimeters (voraussichtlich ab 2017)
leistet, dass bei der Bestimmung der nötigen Schutzwaldpflege-                      wie in den bestehenden Schutzwäldern
massnahmen alle wichtigen Aspekte einfliessen.                                      mit Bundes- und Kantonsbeiträgen unter-
                                                                                    stützt werden. Im Kanton Zürich sind 12
                 vollerweise auch der Bach gesäubert und                            Prozent der Waldfläche als Tobelwälder
                 der Wald gepflegt werden.                                          ausgeschieden worden. Die Bewirtschaf-
Erfolgreicher                                                                       tung solcher Wälder ist oft sehr aufwändig
Hochwasser-      Forstleute sind Vermittler                                         und grundsätzlich nicht kostendeckend.
schutz braucht
                 Erfolgreicher Hochwasserschutz braucht                             Die Gemeinden sind verpflichtet, allfällige,
verschiedene
Massnahme auf    verschiedene Massnahme auf verschiedenen                           nach Abzug des Bundes- und Staatsbeitrags
verschiedenen    Ebenen mit verschiedenen Akteuren. Der                             verbleibende Restkosten zu tragen.
Ebenen mit       Schutzwald ist nur ein Teil davon – aber
verschiedenen
Akteuren.
                 oft ein sehr wichtiger. Um den kleinräu-                           «Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle
                 mig wechselnden Verhältnissen gerecht                              im Schutzwald» – NaiS
                 zu werden, sind Pflegemassnahmen durch                             Voraussetzung für die Ausrichtung der
                 Fachleute an Ort und Stelle festzulegen. Das                       Beiträge ist die Waldpflege bzw. Waldbe-
                 interessierte im Sagentobel nicht nur den                          wirtschaftung im Schutzwald nach der
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
ZÜRCHER WALD 6/2016                                                    Gefahrenprävention
                                                                                                  9

Bundes-Wegleitung für die Pflegemassnah-        Schaden trotz Schutzwaldpflege?
men im Schutzwald (NaiS). Anhand eines
Beurteilungsformulars wurde die Pflege im       Wer im Schutzwald Pflegeeingriffe macht,
Sagentobel der Schutzwald-Zonen mit den         fragt sich möglicherweise, wer – falls trotz-
involvierten Fachstellen besprochen: Die        dem Schwemmholz oder eine Verklausung
Methode NaiS leitet den Handlungsbedarf         eintritt – für einen allfälligen Schaden haft-
Schritt für Schritt her, und berücksichtigt     bar gemacht werden kann. Diese Frage kann
dabei die örtlichen Naturgefahren, den          nicht pauschal beantwortet werden (siehe
Standort und den aktuellen Waldbestand.         Artikel auf S. 20 & 23). Grundsätzlich
Das Ziel besteht darin, mit einem minima-       gelten dieselben Haftungsvoraussetzungen
len Aufwand einen Waldzustand zu schaf-         wie im übrigen Wald. Insbesondere müssen
fen, der den Mindestanforderungen für eine      ein Kausalzusammenhang zwischen dem
nachhaltige Schutzwirkung entspricht.           Eingriff im Schutzwald und dem Schaden
                                                sowie ein Verschulden des Waldbesitzers
Wie geht es nun weiter?                         oder -bewirtschafters vorliegen.
«Die Ausscheidung der Tobelwälder im            Erfahrungen nach Unwettern zeigen, dass
ganzen Kanton wurde den Gemeinden zur           sich Schäden im oder unterhalb des Schutz-
Stellungnahme unterbreitet. Diese Ver-          waldes oft nicht eindeutig auf einen be-
nehmlassung ist aktuell abgeschlossen, es       stimmten Eingriff zurückzuführen lassen.
wird ein Bericht dazu verfasst. Parallel dazu   Damit bestehen schon beim Kausalzusam-
wird die heutige Richtlinie Schutzwaldpfle-     menhang Zweifel. Ein Verschulden des
ge entsprechend überarbeitet» führt Erich       Bewirtschafters kann darin bestehen, dass
Good, Verantwortlicher Projekt Tobelwäl-        er die üblichen Sorgfaltspflichten verletzt
der der kantonalen Abteilung Wald, aus.         hat. Möglicherweise könnte eine grobe
Und bei Markus Tanner? Im Falle des Sa-         Abweichung von den NaiS-Richtlininien
gentobels wurde entschieden, die grossen,       (z.B. konsequentes Entfernen der Stabili-
schiefen Bäume zu fällen und das Bachbett       tätsträger oder viel zu grosse Öffnungen)
vom Schwemmholz zu befreien. Vereinzelt         als Verletzung der Sorgfaltspflicht und
wurden auch stabile Biotopbäume stehen          damit als Verschulden ausgelegt werden.
gelassen. Bei ihm stehen aber noch weitere      Die Einhaltung branchenüblicher Standards
Tobelwälder zur Pflege an. Er wird die          (wozu auch NaiS gehört) dürfte in der Regel
Diskussionen weiterhin suchen, im Wis-          zugunsten des Bewirtschafters ausgelegt
sen, dass die Interpretation der Situation      werden.
stark Personen abhängig ist. Für ihn ist                     Abt. Wald, ALN Kanton Zürich
das Fachwissen der Forstleute nach wie
vor zentral und wird es bleiben. Nur so
können die Tobelwälder nachhaltig gepflegt      Abt, T., und Felder, U., 2013. Wann wäre
und gleichzeitig der Schutz vor Hochwasser       der Eigentümer von Schutzwald haftbar?
gewährleistet werden. Nach Markus Tanner         Wald und Holz 5/13. S. 24-26.
ist die Schutzwaldpflege eine sehr effiziente   Good, E., 2016: Die Tobelwälder im
Massnahme der Naturgefahrenprävention.           Kanton Zürich. Zürcher Umweltpraxis.
Technische Massnahmen sind in aller Regel        ZUP Nr. 86, Dezember 2016. (www.
teurer.                                          umweltschutz.zh.ch/zup)

Quellen
http://www.gebirgswald.ch (Fachstelle für       Auskünfte:
  Gebirgswaldpflege; NaiS, Nachhaltigkeit       Erich Good, Verantwortlicher Projekt «Tobelwäl-
  und Erfolgskontrolle im Schutzwald)           der» der Abteilung Wald, erich.good@bd.zh.ch
16/16 Schwerpunkt: Risiken reduzieren - mit Versicherungen? - Wald beider Basel
Gefahrenprävention                                                                       ZÜRCHER WALD 6/2016
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Pflegemassnahmen im Schutzwald –
Investitionen mit wachsender Bedeutung
Schutzwald aus Sicht einer Versicherung – Nur intakte Schutzwälder bieten effektiven
Schutz vor Naturgefahren. Darum unterstützt Helvetia Versicherungen die Forstdienste
bei der Pflanzung junger Bäume. Davon profitiert letztlich auch die Wirtschaftmetropole
Zürich.
von Hansjörg Ryser, Leiter Media Relations Schweiz von Helvetia Versicherungen, Basel

                  Schutzwald wächst von alleine, denken           fahren. Schutzwälder sind dazu besonders
                  viele. Doch dem ist nicht so. Windfall,         gut geeignet. Ein intakter Wald hält rund
                  Krankheitsbefall, Verbissschäden durch das      30 Prozent der Niederschlagsmenge zurück
                  Wild und andere Schädigungen führen zu          und verhindert so Überschwemmungen
                  empfindlichen Lücken in der Waldstruktur.       oder Hangrutsche. Ein Baum fängt in der
                  Forstleute wissen, dass ohne stetige, nach-     Krone bis zu 70 Prozent des Schnees auf und
                  haltige Pflege die Waldstruktur alsbald aus     verhindert mit seinem Stamm Lawinennie-
                  den Fugen geraten würde. Daher müssen sie       dergänge oder Steinschläge.
                  mit ihren beschränkten, finanziellen Mitteln    Die Bedeutung intakter Schutzwälder hat
                  regelmässig aus- und aufforsten. Dabei gilt     in den letzten beiden Jahrzehnten erheblich
                  es auch, den Wald den veränderten klima-        zugenommen. Durch die wachsende Mobi-
                  tischen Bedingungen anzupassen. Hitze und       lität ist der Personen- und Güterverkehr im
Die Bedeu-        zunehmende Trockenheit machen vielen            Alpenraum deutlich angestiegen. Gebiete,
tung intakter     Bäumen zu schaffen und erfordern in der         welche früher im Winter gemieden wurden,
Schutzwälder
hat in den
                  Bewirtschaftung eine neue Artenstruktur.        sind heute ganzjährig zugänglich. In der Fol-
letzten beiden    Ohne diese Pflege würden Steinschläge,          ge wurden Gegenden besiedelt, welche von
Jahrzehnten       Hangrutsche, Lawinen oder Überschwem-           den älteren Generationen noch als unsicher
erheblich zuge-   mungen zunehmen und vermehrt Schäden            eingeschätzt und gemieden wurden. Und
nommen.
                  anrichten. Verkehrswege und Leitungen           schliesslich hat sich der Wert der Gebäude
                  würden lahm gelegt, Häuser und Fahrzeuge        zum Beispiel allein im Kanton Graubünden
                  beschädigt und Menschen und Tiere verletzt
                  oder gar getötet.                               Bäumige Weihnachten
                  Damit sind vor allem Leid und Ärger für
                  die Betroffenen verbunden. Blockierte           Helvetia bietet Interessierten die Möglich-
                  Verkehrswege oder unterbrochene Versor-         keit, Schutzwaldprojekte direkt zu unter-
                  gungsleitungen können zudem erhebliche          stützen. Wer zum Beispiel zu Weihnachten
                  wirtschaftliche Folgen für eine Region und      einen Baum schenken möchte, kann dazu
                  auch darüber hinaus bis nach Zürich haben.      für 10 Franken einen Baumpass kaufen.
                                                                  Für jeden Pass wird ein zusätzlicher Baum
                  Versicherungen betroffen                        in einem der unterstützten Gebiete auf
                  Ein Grossteil dieser Schäden entfällt auf die   einer speziell gekennzeichneten Parzelle
                  Versicherungen. Auch für eine Versicherung      gepflanzt.
                  wie Helvetia sind intakte Schutzwälder          Ab dem 11. November gibt es wieder die
                  daher von erheblicher Bedeutung. Rund           beliebte Weihnachtsedition. Informati-
                  7000 Hektaren Siedlungs- und Industri-          onen dazu und zum Schutzwaldengage-
                  ezonen mit 130‘000 Gebäuden brauchen            ment sind im Internet zu finden unter:
                  schweizweit direkten Schutz vor Naturge-        www.helvetia.ch/schutzwald.
ZÜRCHER WALD 6/2016                                                            Gefahrenprävention
                                                                                                              11

zwischen 1990 und 2012 auf rund 100
Mrd. Franken verdoppelt, und damit auch
das Schadenpotenzial.

Pflege von 9‘000 Hektar pro Jahr
Im neusten Bericht des Bundesrates zum
«Umgang mit Naturgefahren in der
Schweiz», wird der grossflächige Schutz des
Waldes gegen Naturgefahren einmal mehr
anerkannt. Rund die Hälfte des Schwei-
zer Waldes, also 586‘000 Hektar sind als
Schutzwald ausgeschieden. Im Kanton
                                                Helvetia

Zürich sind es rund 1300 Hektar oder drei
Prozent der Waldfläche. Der neu gestaltete
Finanzausgleich zwischen Bund und Kanto-               Prominenter Einsatz für den Schutzwald in Bergün: Stefan
nen sieht vor, dass jährlich zwischen 8‘000            Engler, Ständerat Kanton Graubünden und Verwaltungsrats-
und 10‘000 Hektar Schutzwald gemäss                    präsident der RhB; Dr. Mario Cavigelli, Regierungsrat Kanton
den Standards von «Nachhaltigkeit und                  Graubünden; LizAn Kuster, Moderatorin und Unternehmerin;
Erfolgskontrolle im Schutzwald» (NaiS)                 Hunger, Generalagent Helvetia Chur; Langlaufstar Dario
gepflegt werden müssen.                                Cologna. (vlnr)
Pro Jahr investiert die öffentliche Hand der
Schweiz an die 150 Millionen Franken in
Schutzwälder. Dabei trägt der Bund rund                Wald für den Schutz vor Naturgefahren, als
40 Prozent der Kosten. Den Rest tragen                 Lebensraum für Flora und Fauna und für
die Kantone und Gemeinden. Es ist gut                  die Multifunktionalität mit vielen weiteren
investiertes Geld. Ein Hektar Lawinen-                 Waldleistungen nachhaltig bewirtschaften.
Verbauungen kosten über 100 Jahre rund                 Über diese Spendenaktion hinaus, entwi-       Pro Jahr inve-
eine Millionen Franken. 100 Laufmeter                  ckelt sich das Engagement von Helvetia        stiert die öf-
                                                                                                     fentliche Hand
Steinschlagnetze 200 000 Franken und eine              immer mehr zu einer Austauschplattform
                                                                                                     der Schweiz an
Hektar Schutzwald 40 000 Franken. Im                   für die Förster aus den unterschiedlichen     die 150 Millio-
Vergleich zu Schutzbauten sind Wälder so-              Regionen.                                     nen Franken in
mit nicht nur wesentlich effizienter, sondern          Zudem ermöglichen diese Projekte, der         Schutzwälder.
                                                                                                     ... Es ist gut
bieten auch Naherholungsraum für die Be-               breiten Bevölkerung weit über die Gebirgs-    investiertes
völkerung und dienen als Rohstofflieferant.            region hinaus die Bedeutung der Schutz-       Geld.
                                                       wälder und die Notwendigkeit der Wald-
Kommunikation nach innen und                           nutzung und –pflege bekannt zu machen.
aussen                                                 Die beiden Schutzwald-Botschafter Dario
Als eines der führenden Versicherungsun-               Cologna, dem Schweizer Langlaufstar
ternehmen der Schweiz hat Helvetia in den              und LizAn Kuster, ehemalige Miss Earth
letzten fünf Jahren elf Schutzwaldprojekte             Schweiz und Unternehmerin, verleihen da-
und weitere im umliegenden Ausland reali-              bei dem Anliegen eine besonders charmante
siert. In enger Abstimmung mit den lokalen             Ausstrahlung.
Forstbehörden und deren professioneller
Führung werden pro Jahr zwei Projekte
evaluiert, für welche das Unternehmen
jeweils 10‘000 Baumsetzlinge spendet. Sie
unterstützt damit die grosse Erfahrung und             Kontakt:
den Einsatz der Forstdienste, welche den               Hansjörg Ryser, hansjoerg.ryser@helvetia.ch
Waldversicherungen                                                                              ZÜRCHER WALD 6/2016

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Versicherung für den Zürcher Wald?
Wer trägt das Sturmschadenrisiko? – Im Kanton Zürich existiert keine obligatorische Elemen-
tarschadenversicherung für den Wald, wie man sie im Wald beider Basel kennt (vgl. S. 13). Es
gibt auch keine Waldbesitzer, die eigenständig ihren Wald versichert haben, wie dies Gross-
waldbesitzer international zum Teil tun (vgl. S. 16). Wie ist denn das finanzielle Risiko für
Zürcher Waldbesitzer bei schwerwiegenden Sturmschäden zu beurteilen? Konrad Noetzli,
Kantonsforstingenieur, beschreibt die staatlichen Handlungsmöglichkeiten. (ur)

                                                                         Holznutzung im Vordergrund steht.
                                                                         Schwere Sturmschäden können
                                                                         grosse Waldbesitzer finanziell er-
                                                                         heblich belasten. Sollten sie selbst
                                                                         vorsorgen, indem sie sich z.B. versi-
                                                                         chern, oder wird die öffentliche Hand
                                                                         für solche Fälle ein spezielles Sonder-
                                                                         hilfsprogramm erstellen?
                                                             Archiv ZW

                                                                         K.N.: Auch hier kann auf das Beispiel Lothar
                                                                         verwiesen werden. Bei der Wiederherstellung
Wer trägt den Schaden und die Folgekosten nach einem grossen             (von Sturm- und nachfolgend auch von Bor-
Sturmereignis? Lotharsturmfläche im Kanton Zürich 1999                   kenkäferflächen) unterstützte der Kanton die
                                                                         Waldeigentümer. Der Gesamtkredit betrug
                 Wenn Schutzwälder wegen starker                         damals rund 10 Mio Franken.
                 Stürme so geschädigt sind, dass sie
                 ihre Funktion nicht mehr erfüllen                       Wäre eine Lösung wie sie die Basler
                 können, müssen Massnahmen ge-                           mit der Basellandschaftlichen Gebäu-
                 troffen werden. Wie werden damit                        deversicherung (BGV) haben auch im
                 verbundene Kosten im Kanton Zürich                      Kanton Zürich denkbar?
Eine kantonale   finanziert?                                             K.N.: Dies ist eine politische Frage. Die
Arbeitsgruppe    Konrad Noetzli: Im Falle von Lothar wurde               Basler Lösung ist eine Solidaritätslösung –
Sturmvorsorge
                 für die Wiederherstellung ein Sonderkredit              jeder Waldeigentümer zahlt pro Jahr eine
behandelt der-
zeit auch die    beim Kantonsrat beantragt. Unterstützt                  Grundtaxe und einen Flächenbeitrag. Ein
Finanzierung     wurde insbesondere die Wiederbestockung.                grosser Vorteil ist sicher, dass die Schäden
von Massnah-     Es wäre denkbar, auch spezielle Sofort-                 unabhängig davon bezahlt werden, ob es
men .
                 massnahme zur Abwehr von Naturgefahren                  sich um ein regionales, kantonales oder
                 (z.B. ein Steinschlagnetz) über einen solchen           Schweizerisches Ereignis handelt. Allerdings
                 Kredit zu finanzieren. Beispiele dazu fehlen.           wurden auch in Basel bei Lothar über diese
                 Aktuell befasst sich eine Arbeitsgruppe                 Schadenszahlungen hinaus Beiträge an die
                 unter der Federführung der Abteilung Wald               Wiederherstellung geleistet. Interessant wäre
                 mit dem Thema Sturmvorsorge, dabei wird                 eine Lösung, bei welcher «All inclusive»
                 auch die Finanzierung von Massnahmen                    auch die Wiederherstellung abgegolten wird.
                 behandelt. Über die Ergebnisse aus dieser               Dann könnte man sich einen grossen Auf-
                 Gruppe wird zu einem späteren Zeitpunkt                 wand für die Verteilung von Geldern sparen.
                 informiert werden.                                      Interessant finde ich, dass das Basler Modell
                                                                         bisher keine Nachahmer gefunden hat. Es
                 Anders ist die Situation ausserhalb                     bräuchte wohl eine intensive Diskussion, hin
                 des Schutzwaldes, wo meist die                          zu einer solchen Lösung zu kommen.
ZÜRCHER WALD 6/2016                                               Waldversicherungen
                                                                                                                                  13

        Gundstückversicherung «Wald» im Kanton Baselland
Das Waldversicherungsmodell beider Basel – Im Kanton Basel-Landschaft ist der Wald
seit 1972 bei der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung (BGV) versichert. Die Kli-
maveränderung und die dadurch zu erwartende Häufung von Naturkatastrophen stellt
dieses Modell für die Versicherer und die Waldeigentümer vor grosse Herausforderungen.
WaldBeiderBasel hat zusammen mit dem Amt für Wald beider Basel sowie der Baselland-
schaftlichen Gebäudeversicherung nachfolgend das Beispiel erläutert.
       von Raphael Häner, WaldBeiderBasel, Peter Bächtold, Basellandschaftliche Gebäudeversicherung und
                                                                   Ueli Meier, Amt für Wald beider Basel

Wo liegt der Ursprung dieses Mo-             der Zeit ausgebaut. Insbesondere Gemein-
dells?                                       den und der Staat konnten ihren Land- und
Zur Gründungszeit (1941) war die Grund-      Waldbesitz ebenfalls einbringen (1972).
stückversicherung vor allem für Elemen-      Aber auch Privatpersonen konnten nun
tarschäden an Kulturland und Kulturen        Schäden in Gärten, an Zierbäumen und
vorgesehen. Der Schutz der Landwirtschaft    im Wald anmelden. Betrachtet man wieder                                    Auch die öf-
stand dabei im Vordergrund. Betrachtet man   die Schadenstatistik von 1941 – 1990 wird                                  fentlichen und
                                                                                                                        institutionellen
den Schadenverlauf von 1941 – 1990 fällt     deutlich, dass die Schäden an Gartenanla-                                  Waldbesitzer
auf, dass auf diese, ursprünglich für den    gen, im Wald und an Zierbäumen insgesamt                                   kommen in
Versicherungsschutz vorgesehenen Objekte     einen Anteil von ca. 74% ausmachten.                                       den Genuss
(Kulturland/Obstbäume), lediglich ca. 26%    Somit wurde die Grundstückversicherung                                     von Leistun-
                                                                                                                        gen.
der Schadensumme entfielen.                  im Laufe der Zeit eine wichtige Versicherung
Der Versicherungsumfang wurde im Laufe       für die Waldbesitzer. Aber auch alle anderen
                                                                                            Amt für Wald beider Basel

Waldschäden nach Sturm «Joachim» im Raum Lauwil, Ulmet
Waldversicherungen                                                                    ZÜRCHER WALD 6/2016

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                Grundeigentümer profitieren von diesen         Streuschäden, d.h. die Bäume sind an
                besonderen Versicherungsbedingungen.           verschiedenen Stellen verteilt umgefallen,
                Im Kanton Baselland gehört 72% der             Seilzugarbeiten bei ungünstiger Fällrichtung
                Waldfläche den Bürgergemeinden, 19%            usw.) verstanden. Dieser Mehraufwand
                den Privatwaldbesitzern, 6% sind übrige        wird vergütet, weil solche Arbeiten teurer
                einrichtigungspflichtige (>25 ha Wald)         ausfallen als dies bei einer Normalnutzung
                Waldbesitzer, 2% sind Staatswald und 1%        von kontrolliert gefällten, unbeschädigten
                der Waldfläche gehört den Einwohnerge-         Bäumen der Fall ist. Mit der Abgeltung
Mit der         meinden. Die gesamte Waldfläche beträgt        dieses Zusatzaufwandes leistet die Gebäude-
Abgeltung       gut 21‘000 ha. Mit der Ausweitung des          versicherung nebenbei auch einen wichtigen
des Zusatzauf-
                Leistungsumfangs von der Landwirtschaft        Beitrag an die Arbeitssicherheit.
wandes leistet
die Gebäude-    auf den Wald kommen demzufolge nicht           Holzentwertung resp. Nutzholzverlust wird
versicherung    ausschliesslich Privatpersonen in den Genuss   nur am Stammholz, d.h. an Stämmen von
nebenbei auch   dieser Leistungen sondern auch die öffentli-   sehr guter Qualität und mindestens 30 cm
einen wichtigen
Beitrag an die
                chen und institutionellen Waldbesitzer.        Stammdurchmesser, vergütet.
Arbeitssicher-                                                 Nutzholzverlust resp. Holzentwertung kann
heit.             Was ist der Geltungsbereich, was             es beispielsweise am Stock geben, da je nach
                  sind die Leistungen?                         Situation vor Ort (Geländeneigung) ein
                  Mit der Grundstückversicherung ist der       Stück des Stammes zur Sicherung des Wur-
                  Wald heute gegen die Schäden der folgenden   zelstockes benötigt wird. Dieses «verlorene
                  Naturgefahren versichert:                    Stück Stammholz» wird vergütet.
                  - Sturmwind (>75 km/h)
                  - Hochwasser, Überschwemmung                 Wie wird die Versicherungsleistung
                  - Übersarung von Schutt und Geröll           eruiert?
                  - Erd- und Felsrutsch                        Grundsätzlich werden die Schäden von
                  - Schneedruck, Duftbruch (Astbruch durch     den GrundstückschadenschätzerInnen
                    vereisenden Nebel), Eisregen               der Basellandschaftlichen Gebäudeversi-
                  - Bodensenkung                               cherung (BGV) am Schadenort anlässlich
                  - Blitzschlag an Waldbäumen                  eines Augenscheines abgeschätzt. Bei den
                                                               SchadenschätzerInnen der BGV handelt es
                  Die Prämientarife für die Grundstückver-     sich meistens um ausgebildete Forstfachleute
                  sicherung setzen sich aus einer Grundtaxe    (FörsterInnen, ForstwartInnen).
                  pro Eigentümerschaft und Rechnung sowie      Die Schadenshöhen betrugen 2015 ca.
                  einem Flächenbeitrag zusammen:               25‘000 Franken, 2014 ca. 175‘000 Franken
                       Grundtaxe                 CHF 18.00     und 2013 ca. 124‘000 Franken. Diese waren
                       Flächenbeitrag                          extrem schadenarme Jahre. Im Vergleich
                       pro 10 Aren Grundbesitz CHF 0.90        dazu beliefen sich die Waldschäden beim
Bei den Scha-                                                  Sturm «Joachim» im Jahre 2011 auf ca.
denschätze-       Bei Waldschäden ist der ausserordentliche    CHF 1.2 Mio..
rInnen der BGV
handelt es sich
                  Mehraufwand für Räumungsarbeiten sowie
meistens um       das Räumen von Kulturland, Strassen und      Welche Rolle spielen die einzelnen
ausgebildete      Verjüngungsflächen, Bächen usw. gedeckt.     Akteure (Waldeigentümer, Versi-
Forstfachleute.   Auch die erschwerte Holzhauerei und die      cherung, Forstdienst) bei der Scha-
                  Holzentwertung werden vergütet.              densabwicklung?
                  Als erschwerte Holzhauerei wird der Mehr-    Die Waldeigentümerschaft müssen die ein-
                  aufwand für das Aufrüsten des «Sturm-        getretenen Schäden der BGV melden. Die
                  holzes» (z.B. erhöhte Sicherheitsaufwen-     GrundstückschadenschätzerInnen prüfen
                  dungen / -massnahmen, Aufrüsten von          die Deckung und schätzen den Schaden ab.
ZÜRCHER WALD 6/2016                                                   Waldversicherungen
                                                                                                       15

Der Schaden wird den Eigentümerschaften        Grossereignisses auf «Unterstützung» auf-
schriftlich eröffnet. Diese können die Schä-   grund eigener Versicherungsbeiträge auf-
den anschliessend instandstellen und die       bauen. Eine allfällige politische Diskussion
Rechnungen der BGV zur Kontrolle und           über die Notwendigkeit von Unterstüt-
Zahlung einreichen.                            zungsbeiträgen entfällt oder sie beschränkt
Im Wissen, dass ein Grossteil der Privat-      sich auf die Finanzierung von Wiederher-
wälder nicht bewirtschaftet wird ist davon     stellungsmassnahmen.
auszugehen, dass hier oft der Schaden nicht    Nachteile einer Versicherungslösung können
gemeldet wird. So beträgt der Holzvorrat im    wir keine erkennen, da uns kein kantonales
Privatwald 450 m³/ha und im öffentlichen       Modell bekannt ist, das Waldschäden voll-
Wald 375 m³/ha. Ob und wie die öffentli-       umfänglich – wie bei einer Versicherungs-
chen Waldeigentümer ihren Schaden bei der      lösung – deckt. Aus unserer Sicht hat das      Für Grund-
Versicherung melden, kann nicht beurteilt      Modell mit Ausnahme des «Obligatoriums»        eigentümer
                                                                                              besteht
werden. Sicher ist, dass durch die profes-     keine Nachteile.                               losgelöst von
sionelle Bewirtschaftung der öffentlichen                                                     den Zielset-
Wälder durch einen Förster auch die Schä-      Welchen Einfluss hat der Klimawan-             zungen für die
den tatsächlich gemeldet werden.               del mit der zunehmenden Frequenz               Waldbewirt-
                                                                                              schaftung eine
                                               von Naturkatastrophen auf dieses               «Zwangsmit-
Welche Erfahrungen wurden aus                  Modell?                                        gliedschaft».
Sicht der Waldeigentümer gemacht,              § 30 des Gesetzes über die Versicherung von
z.B. bei Lothar?                               Gebäuden und Grundstücken des Kantons
Infolge des Sturmes Lothar wurden Wald-        Basel-Landschaft schreibt vor, dass die
schäden in der Höhe von ca. CHF 3.2 Mio.       Grundstückversicherung selbsttragend sein
von der BGV an die Eigentümerschaften          muss.
vergütet. Dies entsprach 90% der Scha-         Die Prämien sind nach anerkannten ver-
densumme (100% abzüglich dem damals            sicherungstechnischen Grundsätzen so
gültigen Selbstbehalt von 10%, Kosten:         festzulegen, dass die Schäden bezahlt,
Stand 1999, nicht indexiert).                  ausreichende Reserven geäufnet und die
                                               Verwaltungskosten gedeckt werden können.
Vor- und Nachteile des Modelles, ge-           Sollte sich bei den Grundstückschäden ab-
genüber dem verbreiteten Modell,               zeichnen, dass aufgrund des Klimawandels
dass die Waldeigentümer bei Scha-              die Schadenhäufigkeit und die Schadenzah-
denereignissen direkt vom Kanton               lungen dazu führen, dass der gesetzliche
(in verschiedenen Formen …) Unter-             Auftrag nicht mehr wahrgenommen werden
stützung erhalten?                             könnte, müssten Massnahmen ergriffen
Die Kundschaft hat, weil es sich um eine       werden.
Versicherung handelt, einen Anspruch           Das heisst, dass dies zu einer grundsätz-
zur Deckung des gesamten, entstandenen         lichen Überprüfung der Prämien, der Be-
Schadens. Sie hat den Schaden, gemäss den      dingungen und des Selbstbehaltes führen
Bedingungen der Grundstückversicherung,        würde, wie dies nach «Lothar» der Fall
abzüglich des aktuellen Selbstbehaltes von     war. Damals wurde entschieden, zukünftig
CHF 600.00 vollumfänglich gedeckt.             auf die Schadendeckung aus Waldbränden
Die Gebäudeversicherung baut auf dem           zu verzichten.
Solidaritätsprinzip auf. Für Grundstückei-
gentümer besteht losgelöst von den Zielset-
zungen für die Waldbewirtschaftung eine
                                               Kontakt:
«Zwangsmitgliedschaft». Damit können           Raphael Häner, info@waldbeiderbasel.ch
Waldeigentümer nicht nur im Falle eines        Ueli Meier, ueli.meier@bl.ch
Waldversicherungen                                                                           ZÜRCHER WALD 6/2016

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Waldversicherung aus Sicht eines globalen Rückversicherers
Waldversicherungen international – Die Versicherung von Wald wird in verschiedensten Län-
dern der Erde angeboten. Plantagewälder sind dabei der Hauptmarkt. In der Schweiz ist das
Interesse an Waldversicherungen gering.
von Peter Welten, Forsting. ETH, Swiss Re, Zürich

                    Wälder stellen eine lebenswichtige Res-           der und es wurde Kapital in die Unterneh-
                    source für unseren Planeten dar. Heute sind       mung investiert. Im Gegensatz zu anderen
                    30.6% unserer Erdoberfläche mit Wäldern           Agrarprodukten haben Wälder eine lange
                    bedeckt was einer Fläche von rund 4 Mil-          Umtriebszeit und das investierte Kapital ist
                    liarden ha entspricht. Globaler Raubbau           über einen längeren Zeitraum gebunden. Bei
                    (insbesondere in den tropischen Zonen) hat        Eukalyptus Plantagen beträgt die Rotation
                    die Waldfläche in den letzten 25 Jahren um        um die 15 Jahre. Bei Föhren Plantagen bis
                    129 Mio. ha reduziert (siehe Abb. 1).             zu 30 Jahren. Semi-natürliche Wälder haben
                                                                      noch längere Perioden. Der Walbesitzer ist
                    Hauptmarkt Plantagewälder                         zwischen dem Anpflanzen und der Holz-
                    Nicht alle Waldkategorien sind gleichermas-       ernte über mehrere Jahre hinweg diversen
                    sen betroffen von dieser Entwicklung. Die         Risiken ausgesetzt, welche sein Investment
                    Plantagenwälder (darunter fallen sowohl           bzw. Betriebsergebnis massiv negative be-
Damit eine          die semi-natürlichen Wälder wie auch die          einflussen können. Eine Waldversicherung
Waldversiche-       reinen Plantagenwälder und die angepflanz-        kann ein geeignetes Mittel darstellen, um
rung in Be-
                    ten Schutzwälder) haben in den letzten 25         zumindest gewisse Risiken zu minimieren.
tracht gezogen
wird, muss ein      Jahren um 110 Mio. ha zugenommen. Die
allfälliger Scha-   globale Zuwachsrate bei den Plantagen-            Versicherte Risiken
den zu einem        wäldern betrug bis zu 5.2 Mio. ha pro Jahr.       Die Waldversicherung deckt stehendes Holz
grösseren
                    Insbesondere die umfangreichen Auffor-            hauptsächlich gegen Schäden aus Elemen-
finanziellen
Verlust oder        stungen in China haben dazu beigetragen           tarschadenrisiken ab, insbesondere Sturm,
gar zu einem        (Abb. 2). Es sind insbesondere solche Plan-       Feuer, Schnee und Eis, Überflutung, Hagel
Ruin führen.        tagenwälder, welche für Waldversicherungen        und Erdbeben.
                    geeignet sind.                                    Biologische Risiken wie Insektenbefall,
                                                                      Fäulen, Pilze sowie Schäden durch Wildtiere
                    Gründe für eine Waldversicherung                  sind in der Regel ausgeschlossen, da sie mit
                    Damit eine Waldversicherung potentiell in         standortgerechter Baumartenwahl und guter
                    Betracht gezogen wird, muss der Wald einen        waldbaulicher Praxis weitgehend minimiert
                    monetären Wert für den Besitzer haben und         werden. Markt- und Länderrisiken sind
                    ein allfälliger Schaden zu einem grösseren        ebenfalls nicht versicherbar und stellen
                    finanziellen Verlust oder gar zu einem Ruin       typische Unternehmerrisiken dar, die in der
                    führen. Dieser Umstand ist bei kommerzi-          Natur dieses Geschäftsfelds liegen.
                    ellen Plantagenwäldern meist gegeben. Es          Manchmal deckt die Waldversicherung auch
                    gibt ein Management Team, welches die             gewisse zusätzliche Kosten ab wie beispiels-
                    Plantagenwaldbewirtschaftung betreibt, um         weise Feuerbekämpfungskosten, erhöhte
                    damit einen Profit zu erwirtschaften. Voraus      Erntekosten oder Instandstellungskosten.
                    wird ein Businessplan und eine Kosten-Nut-        Solche Zusatzdeckungen sind aber stets mit
                    zen Analyse erstellt. Das Risikomanagement        einer jährlichen Vertragslimite versehen.
                    ist integraler Bestandteil der Organisation, es   Wind und Feuer stellen bei weitem die
                    gibt einen Bewirtschaftungsplan für die Wäl-      häufigsten Schadenursachen für die Wald-
ZÜRCHER WALD 6/2016                                                                     Waldversicherungen
                                                                                                                                                      17

besitzer dar. Feuer ist global gesehen die       Kategorie              Waldtyp                                              Waldfläche weltweit (mio. ha)

grösste Gefahr für die Wälder und kann zu                                                                           1990                2015             Veränderung
                                                 Naturwald              Primärwald: Menschlich unbeeinflusster
grossflächige Schäden führen. Das grösste                               Urwald mit natürlicher Artenzusam-
                                                                        mensetzung – meist in öffentlichem
bekannte Ereignis der letzten Jahrzehnte ist                            Eigentum.
                                                                                                                                                               -239
das «Black Dragon Fire» von 1987, welches                               Menschlich beeinflusster Naturwald:
                                                                        Wälder mit natürlicher Artenzusam-
                                                                                                                        39 49
                                                                                                                       (96%)
                                                                                                                                             3710
                                                                                                                                            (93% )
                                                                                                                                                              (–6%)

rund 8 Mio. ha Wald in China und Russland                               mensetzung, in dem deutliche Merk-
                                                                        male menschlicher Aktivitäten sichtbar
zerstört hatte. Das Ausmass des Feuers wird                             sind – meist in öffentlichem Eigentum

hauptsächlich durch die Ausbreitungsge-
                                                 Gepflanzter Wald       Semi-natürlicher Wald: Wälder mit
schwindigkeit und die Verfügbarkeit von                                 einheimischen Arten, entstanden aus
                                                                        Pflanzungen, Ansaaten oder flächig
brennbarem, biologischem Material beein-                                eingeleiteter Naturverjüngung.                                                        +110

flusst. Kenntnisse über die lokalen Bekämp-                             Plantagewald: Vorrangig zur Wertholz-
                                                                                                                            179
                                                                                                                           (4%)
                                                                                                                                             289
                                                                                                                                            (7%)
                                                                                                                                                             (+61%)
                                                                        und Zelluloseproduktion.
fungsmöglichkeiten (aus der Luft und am                                 Plantagewald: Vorrangig zum Schutz
Boden) sind sehr wichtig für die Versicherer.                           von Boden und Wasserreserven.

Obwohl weniger häufig auftretend, können
auch Stürme zu grossflächigen Schäden                                                                                   4128                 3999             -129
                                                 Waldfläche total
führen (die Stürme Lothar und Vivian sind                                                                             (31.6%)*             (30.6%)*          (–3%)
                                                          Flächenveränderung gepflanzter Wälder, 1990-2015 (mio. ha)
im Alpenraum noch in bester Erinnerung).
                                                Quelle: FAO - Global Forest Resources Assessment 2015
Für die Versicherungen sind Sturmschäden        Abbildung 1: Weltweite Veränderung der Waldfläche nach Kate-
jedoch relativ schwierig zu modellieren,        gorien; Quelle: FAO – Global Forest Resources Assessment 2015.
da der Zusammenhang zwischen Windge-
schwindigkeit und dem tatsächlichen Scha-                 80
den am Waldbestand relativ komplex ist.                                                                                                        2015
                                                          70
Er ist abhängig von z.B. der Baumart, der                                                                                                      2010

mittleren Bestandeshöhe und dem mittleren                 60                                                                                   20 05

Bestandesdurchmesser, der Bodenbeschaf-                   50
                                                                                                                                               20 00

fung, allfälligem zusätzlichen Schneedruck,                                                                                                    1990
                                                Mio. ha

                                                          40
der Topographie und allfälligen Durchfor-
stungen innerhalb der letzten drei Jahre.                 30

                                                          20

Versicherungsleistungen                                   10
Das Funktionsprinzip der Waldversicherung
                                                           0
ist einfach: der Wert des Waldes vor dem                       Kanada      Chile       China     Frank-       Indien Russland         Süd Schweden           USA
versicherten Ereignis wird mit dem Wert                                                           reich                              Afrika

des Waldes nach dem versicherten Ereignis       Abbildung 2: Weltweite Flächenveränderung gepflanzter Wälder,
verglichen. Die Differenz (nach Abzug eines     1990-2015 (mio. ha); Quelle: FAO – Global Forest Resources
Selbstbehaltes seitens des Versicherungs-       Assessment 2015.
nehmers) wird als Schadenzahlung an den
Waldbesitzer ausbezahlt.
Voraussetzung für eine Waldversicherung           fähigen Durchforstung) angewendet. Die
ist eine objektive und anerkannte Werter-         Versicherung zahlt die Wiederherstel-
mittlung des Waldbestandes. In der Versi-         lungskosten in einem Schadenfall.                                                 Vorausset-
cherungsindustrie haben sich die folgenden      - Erzielter Marktpreis: Basis der Versiche-                                         zung für eine
                                                                                                                                    Waldversiche-
vier Methoden etabliert.                          rung ist der aktuelle Marktpreis (Holzver-                                        rung ist eine
- Kostenmethode: Alle angefallenen Ko-            kauf ab Stock – Stumpage Method).                                                 objektive und
   sten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt       - Barwert Methode (Net Present Value).                                              anerkannte
   werden aufaddiert und bilden die Basis         Zukünftige Geldflüsse (Einnahmen und                                              Wertermittlung
                                                                                                                                    des Waldbe-
   der Entschädigung. Wird insbesondere           Kosten) werden auf den heutigen Zeit-                                             standes.
   für junge Bestände (bis zur ersten markt-      punkt abdiskontiert. Das Prinzip ent-
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