"Aktuelle Krankenhaushygiene" - Fortbildungsveranstaltung am 11. März 2020 in Herne - mhp Verlag
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VERANSTALTUNGEN | Fortbildungsveranstaltung Herne „Aktuelle Krankenhaushygiene“ Fortbildungsveranstaltung am 11. März 2020 in Herne Dr. Nina Parohl, Michael Roßburg Zum fünften Mal fand die jährlich durchgeführte Kooperati- ABS im Verbund Katholischer Kliniken Düsseldorf sowie Vor- onsveranstaltung der HyKoMed GmbH mit der St. Elisabeth standsmitglied der DGKH, zu Beginn seiner Präsentation. Gruppe GmbH Katholische Kliniken Rhein-Ruhr am 11. März Die WHO hatte schon 2017 eine Priorisierung von interna- 2020 in Herne statt. Wegen der SARS-CoV-2-Pandemie kam tional relevanten Erregern veröffentlicht, gegen die wirksa- es leider zu zwei akuten Absagen von Referenten wegen Rei- me Antibiotika fehlen. Zu den kritischsten Kategorien gehör- severbot ihrer Arbeitgeber. Auch viele der angemeldeten Teil- ten neben den Carbapenem-resistenten Bakterien (MRGN), nehmer mussten deshalb wegbleiben. Am Ende kamen im- der Vancomycin-resistente Enterococcus faecium (VRE) und merhin noch 200 Zuhörer zu dieser in der Region letzten gro- der Methicillin-/Vancomycin-resistente Staphylococcus aureus ßen Hygiene-Veranstaltung vor dem Shut down. (MRSA/VRSA). Diverse Studien zeigten einen hohen Anteil (bis zu 50%) Prof. Dr. Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene an inadäquaten antibiotischen Therapien in Klinik und Pra- und öffentliche Gesundheit am Universitätsklinikum Bonn xis. Zunächst sei generell die hohe Anzahl der Antibioti- und Präsident der DGKH, eröffnete die Veranstaltung mit ka-Verordnungen kritisch zu hinterfragen – insbesondere im dem Thema „Wasser und Abwasser als Infektionsreservoir Zusammenhang mit fehlenden Infektzeichen –, sodann der und Konsequenzen für Prävention und Kontrolle“. hohe Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika, falsche Dosie- Während Trinkwasserinstallations-Systeme als bekannte rungen oder fehlerhafte Anwendungsdauer und die mangel- Infektionsreservoire gelten, wurden die hygienisch-mikro- hafte Berücksichtigung mikrobiologischer Befunde. biologischen Risiken abwasserführender Systeme bisher Studien, bei denen im Schnitt nur in ca. 30% der Fälle weniger intensiv betrachtet. An der Charakterisierung von ein optimales Infektionsmanagement durchgeführt wurde, Trinkwasser- und Abwasser-assoziierten Krankheitserregern verdeutlichten die Bedeutung der Schnittstelle Antibiotic- Stewardship und Hygiene. Eine falsche Auswahl der einge- und Beispielen zu deren Ausbruchsgeschehen erläuterte Prof. setzten Antibiotika habe neben der ungünstigen Resistenz- Exner die Bedeutung für die öffentliche Gesundheit und für entwicklung auch weitere Effekte, wie z.B. die Selektion von medizinische Einrichtungen. Insbesondere Legionellen-Aus- Clostridioides difficile durch Clindamycin, Cephalosporine etc. brüche sorgen bis in die heutige Zeit für Todesfälle. Für die Da die Betrachtung aller Staphylococcus aureus-Bakteri- Ermittlung von Ursachen der deutlich angestiegenen Verbrei- ämien, inkl. der hohen Anzahl vermeidbarer ZVK-/PVK-In- tung antibiotikaresistenter Bakterien in der Umwelt seien die fektionen, ein effektiver Qualitätsindikator sei, sprach Dr. Rolle von Intensivtierhaltung, Abwässern aus Privathaushal- Walger die Empfehlung aus, mit ausschließlichem Blick auf ten, Klinikabwässern und Kläranlagen von besonderem Inte- MRSA den MSSA nicht zu vernachlässigen. Generell sei resse – wobei den Resistenzgenen/Multiresistenzen bei Er- durch ein gutes Gefäßkatheter-Management eine deutliche regern (Carbapenemasen, β-Lactamasen, Colistin-Resistenz, Verbesserung zu erreichen – sowohl bei Staphylococcus aureus ESBL, MRGN etc.) eine besondere Rolle zukomme. Umfang- als auch bei VRE. reiche Probenahmen während der HyReKa-Studie in diver- Insgesamt zeige die Kombination von ABS und Hygiene sen Biotopen wie Krankenhäusern, Schlachthöfen, agroin- Synergieeffekte, weshalb die Erarbeitung von Hausleitlinien dustriellen Betrieben, Kläranlagen etc. und anschließende und das Vorhalten von geeigneten personellen bzw. struktu- kulturelle Erregernachweise mit Feintypisierung und mole- rellen Rahmenbedingungen im Krankenhaus nicht nur aus kulargenetischem Nachweis von Resistenzmechanismen sol- Gründen der Therapieeffizienz, sondern auch aus Kosten- len neue Erkenntnisse dazu liefern. So konnte überraschend gründen zu empfehlen sei. nachgewiesen werden, dass nicht die intensive Landwirt- schaft, sondern vielmehr Krankenhäuser die wichtigste Quel- Prof. Dr. Matthias Trautmann, Leiter des Institutes für Kran- le für multiresistente Bakterien und Antibiotikarückstände kenhaushygiene im Klinikum Stuttgart, hatte leider kurzfris- sind und daher den „hot spot“ für deren Verbreitung darstel- tig absagen müssen. Er stellte seinen Vortrag jedoch freund- len. Die Abwassersysteme stellten somit den „Gastrointestin- licherweise zur Verfügung, sodass Frau Dr. Nina Parohl, altrakt des Krankenhauses“ dar. ärztliche Mitarbeiterin bei der HyKoMed GmbH, zum Thema Die neue KRINKO-Empfehlung (2020) „Anforderungen „Clostridioides (vormals Clostridium) difficile – Vorstellung der der Hygiene an abwasserführende Systeme in medizinischen KRINKO-Empfehlung 2019“ referieren konnte. Einrichtungen“ berücksichtigt diese Erkenntnisse und gibt Zunächst erläuterte sie die neue Nomenklatur sowie eini- entsprechende Empfehlungen insbesondere zur baulichen ge wichtige Eigenschaften des Erregers. Mit ca. 10% aller er- Ausstattung der Sanitärbereiche. fassten nosokomialen Infektionen, stelle die C. diff.-Infektion die vierthäufigste NI dar, von der v.a. multimorbide Patienten Es sei in Zeiten des Coronavirus-Ausbruchs nahezu entspan- betroffen seien. Neben Komplikationen wie dem toxischen nend, über „Antibiotic Stewardship (ABS) und Hygiene – Megakolon seien vor allem die hohen Rezidivraten von zwei Strategien ein Ziel“ zu referieren, bemerkte Dr. Peter 20–25% innerhalb der ersten 8 Wochen sowie ein Zweitrezi- Walger, Zentralbereich Hygiene, Infektionsprävention und div mit 40% ein großes Problem. 116 Hygiene & Medizin | Volume 45 | 6/2020 Nur zum privaten Gebrauch. © mhp Verlag GmbH, 2020
Betrachte man das Bundesland Sachsen, in dem neben den bundesweit meldepflichtigen schweren Verläufen auch die Gesamtfälle gemeldet werden müssen, so verdeutliche dies auch die Zunahme an ambulanten Fallzahlen, bei denen die Patienten nicht die typischen Risikofaktoren eines Kranken- hauspatienten besäßen. Die Zahlen aus NRW zeigten die mit Abstand häufigsten schweren Verläufe, möglicherweise sei dies aber auf ein besonders gutes Meldeverhalten zurückzu- führen. Im weiteren Verlauf des Vortrages wurde auf die neue KRINKO-Empfehlung zu C. diff. eingegangen. Insbesondere wurde auf die Einsendung geeigneter Proben – ausschließ- lich bei Durchfall – sowie die fehlende Notwendigkeit von Kontrolluntersuchungen bei asymptomatischen Patienten Referenten der Fortbildungsveranstaltung „Aktuelle Kran- nach erfolgreicher Therapie hingewiesen. kenhaushygiene“ in Herne (v. l.): Dr. S. Edlinger, Prof. Dr. W. Da Kinder < 12 Monaten zu einem hohen Prozentsatz (je Popp, Prof. Dr. M. Exner, Dr. N. Parohl nach Literatur 30–70%) auch mit toxigenen Stämmen kolo- Foto: St. Elisabeth Gruppe GmbH Katholische Kliniken Rhein-Ruhr nisiert sind, sollen sie auch bei Durchfällen nicht auf C. diff. untersucht werden. Entgegen der KRINKO-Empfehlung verwendeten viele Labore im Anschluss an den Screening-Test eine Toxin-PCR, mäßig durchgeführt zu werden – neben der eingeschränkten wodurch i.d.R. binnen 24 Stunden das Probenergebnis (im Wirksamkeit scheinen die mögliche Toleranzentwicklung so- positiven Fall) mitgeteilt werden könne. Von einer Kolosko- wie Hautreaktionen eher zur Ablehnung zu führen. Von der pie zur Diagnosestellung hingegen werde auf Grund der ge- in der KRINKO-Empfehlung als Teil des Maßnahmenbündels ringen Sensitivität sowie der Gefahr der Kontamination der aufgeführten Patienten-Schulung machen knapp 50% Ge- Koloskope sowie der Umgebung heute abgeraten. Abschlie- brauch. Die intensivierte Desinfektion der Patientenumge- ßend ging die Referentin auf wichtige hygienische Maßnah- bung sei trotz höheren Personalbedarfes und höherer Kosten men bei C. diff.-Infektionen wie Isolierung, Händehygiene und fast überall etabliert. Flächendesinfektion ein. Bei den Flächendesinfektionsmitteln In Zukunft solle allerdings nicht nur die Entwicklung müssten nach DIN EN 17126 oder VAH-Methode 18/19 auf bzgl. VRE beobachtet werden, sondern auch die vereinzelt Sporozidie getestete Produkte eingesetzt werden. Die Aufbe- auftretende zusätzliche Linezolid-Resistenz bei VRE (LVRE) reitung von Endoskopen erfolge gemäß Anlage 8 der KRINKO- – dies sei wichtig, aber aktuell noch nicht als Routinetestung BfArM-Richtlinie zur Aufbereitung von Medizinprodukten. vorgesehen. Mit dem Thema „VRE – Erste Erfahrungen mit der Umset- Eine besondere Präsentation erwartete die Teilnehmer mit zung der KRINKO-Empfehlung“ zog Frau Prof. Dr. Constan- dem Vortrag von Prof. Dr. Albert Nienhaus, Forschungsbe- ze Wendt, Leitung der Abteilung Hygiene im MVZ Labor Dr. auftragter der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst Limbach Heidelberg, Bilanz zur Empfehlung von 2018, die und Wohlfahrtspflege in Hamburg. bei Veröffentlichung Diskussionen um zu große Komplexität Krankheitsbedingt wurde der Referent live per Video- und Entscheidungsfreiheit nach sich gezogen hatte. verbindung zugeschaltet. Die sehr lebendige Vorstellung des Anders als in anderen Empfehlungen der KRINKO zu Themas „Hygiene trifft Arbeitsmedizin – Neue Entwicklun- MRE, wurden in der Empfehlung Strategien zur Risiko- gen aus Sicht der Unfallversicherung“ kam ganz ohne Präsen- analyse angeboten, zusätzlich aber auch die Definition indi- tation der Folien aus und zeigte, dass ohne Folien ein Vortrag vidueller Zielgrößen/Präventionsstrategien von den jeweili- einprägsamer sein kann. gen Gesundheitseinrichtungen eingefordert. Zu empfehlen Die Gegenüberstellung aktuell gemeldeter bzw. aner- sei im ersten Schritt eine Zusammenfassung von Grundzügen kannter Berufskrankheiten (auch außerhalb des Gesund- des Inhaltes, dann die Auswertung vorhandener bzw. Erhe- heitswesens) zeigt im Verlauf der letzten 20 Jahre deutlich bung von aktuellen Daten, gefolgt von der Statusbestimmung rückläufige Zahlen (Reduktion um 30–40%) bei den Infek- „Wo stehen wir?“. Letztendlich müsse dann ein Beschluss der tionen, bei annähernd gleicher Anerkennung von Berufs- Hygienekommission zum weiteren Vorgehen folgen. krankheiten. Um einen Überblick über die VREs zu erhalten, wertete Im Gesundheitswesen ist die Anzahl der gemeldeten Fälle Frau Prof. Wendt Screening-Daten des eigenen Labors aus. leicht gestiegen. Zurückzuführen sei dies unter anderem auf Daneben wurden auf Fortbildungen/Veranstaltungen Abfra- die deutlich angestiegene Zahl der Angestellten im Gesund- gen beim Hygienepersonal zum Umgang mit den Einzelemp- heitswesen. Gegenüber früheren Zeiten spielten die gemel- fehlungen aus der KRINKO-Empfehlung durchgeführt. Dabei deten Fälle von Hepatitis B/C mit einem Anteil von 6% kaum zeigte sich, dass Screening mindestens der Risikopopulatio- mehr eine Rolle, wohingegen die Tuberkulose mit einem An- nen erheblich zur Risikobewertung von VRE beitragen könne. teil bis zu 50% hochaktuell bleibe. Bei VRE-Infektionen sei die Entwicklung und Umsetzung Die erfreuliche Entwicklung bei Hepatitis B sei auf eine eines Maßnahmenbündels unerlässlich, bei dem i.d.R. die verbesserte Prävention (Impfungen, Arbeitsschutz) zurückzu- Isolierung zur Unterbrechung der Übertragung ein fester Be- führen. Bei der Hepatitis C lägen die Gründe für eine Abnah- standteil sei. me vor allen Dingen in neuen Therapieoptionen, die eine sehr Demgegenüber scheine die bei ZVK-Trägern wirksame kostspielige, aber auch überaus erfolgreiche Heilung (96% antiseptische Waschung nur zu einem geringen Teil routine- beim ersten Versuch) mit wenig Nebenwirkungen ermögliche. Nur zum privaten Gebrauch. © mhp Verlag GmbH, 2020 Hygiene & Medizin | Volume 45 | 6/2020 117
VERANSTALTUNGEN | Fortbildungsveranstaltung Herne Weitere Referenten der Fortbildungsveranstaltung Herne (v. l.): Dr. P. Walger, Prof. C. Wendt, Prof. Dr. A. Nienhaus und C. Dietz (im Video), Dr. M. Wilke, Jürgen Beckers alias Jürgen B. Hausmann Fotos: Waltraud Malms-Fleschenberg Der deutliche Anstieg von Tuberkulose als Berufskrankheit im heute quasi integraler Bestandteil einer derart neuen Erkran- Gesundheitswesen an gemeldeten (verdoppelt) und anerkann- kung seien. ten (verdreifacht) Fällen in den letzten Jahren liege neben der Flüchtlingsproblematik insbesondere an der veränderten Be- Die ökonomischen Rahmenbedingungen im deutschen Kran- wertung seit 2003. Während davor oft Erkrankungen auch kenhaus 2020 erläuterte Dr. Michael Wilke, Geschäftsführer durch vorherigen privaten Kontakt als möglich angesehen der inspiring-health GmbH, in seinem Vortrag „Hygiene, ABS wurden, könne die moderne Molekularbiologie heute über und Ökonomie – Team- oder Gegenspieler?“. Fingerprint-Analysen den identischen Erreger von Kontakt- Die seit 2004 geltende Abrechnung von Krankenhausleis- und Indexpatient und damit die Neuinfektion beweisen. tungen nach DRG erfährt in 2020 mit der separat vergüte- COVID-19 könne in einigen Bereichen – bspw. Ambulanz, ten „Pflege am Bett“ eine Änderung. Dass hier zukünftig ga- Pneumologie, Labor – als Berufskrankheit anerkannt wer- rantiert alle Kosten (tageweise) ersetzt werden, ändere aber den, in anderen Bereichen (bspw. Bauwesen) müsse geklärt nichts an dem Prinzip: „Wer erfolgreich sein will, muss die werden, ob es sich um einen Arbeitsunfall handele. Grund- Verweildauer verkürzen“. An Beispielen diverser, durch geeig- sätzlich sei mit wenig Meldungen zu rechnen, da es sich in nete Maßnahmen vermeidbarer Infektionen konnte gezeigt der Regel um eine selbstlimitierende Erkrankung handele, werden, dass in der pauschalierten DRG-Vergütung eine Kos- die innerhalb der Zeit des Krankengeldes ausheile. tendeckung bei überdurchschnittlich langen Liegezeiten nicht Nadelstichverletzungen mit 50.000 gemeldeten Fällen erreicht werden kann. So sei der Erlös bei unterer und mitt- pro Jahr sorgten vielfach für Verunsicherung, obwohl das re- lerer Verweildauer gleich und bei oberer Verweildauer zwar lativ geringe Risiko mit nur ca. 30 nachgewiesenen Infektio- erhöht, aber dennoch ab einer mittleren Verweildauer bereits nen pro Jahr beherrschbar scheine. Die hohen Kosten, die für nicht mehr kostendeckend. Infektionen, beispielsweise mit die Abklärung von Nadelstichverletzungen ausgegeben wür- MRSA, führten zu einer durchschnittlich um 11 Tage erhöh- den, sollten laut Prof. Nienhaus besser in die Prävention in- ten Verweildauer, verbunden mit einer 7% höheren Letalität. vestiert werden. Dadurch könnten die Mehrkosten je Fall bis zu 8.000€ betra- gen; keiner dieser Fälle sei kostendeckend. Die Ausgaben für Prof. Dr. Walter Popp, Ärztlicher Leiter der HyKoMed GmbH Maßnahmenbündel zur Verringerung von z.B. nosokomialen Dortmund, sprach statt Frau Dr. Cuny, die ihren Vortrag zu MRSA-Infektionen würden sich daher durchaus rechnen. MRSA absagen musste. Er stellte die zum Zeitpunkt vorlie- Insbesondere eine adäquate Antibiotika-Therapie und ein genden Daten zu „COVID-19 (Infektion) – SARS-CoV-2 (Vi- sinnvolles Screening könnten zu einer Erhöhung der Überle- rus)“ vor. Er machte weiterhin Vorschläge, wie im Falle von bensrate, klinischer Besserung und zu einer Senkung der Lie- Mangel (z.B. FFP-Masken) vorzugehen sei. gezeit – bei der nosokomialen Pneumonie bspw. um 4,5 Tage Der Vortrag beinhaltete aber auch einen Rückblick auf Er- – führen. Kostensenkend wirke sich dabei insbesondere eine fahrungen in ähnlichen Situationen und „Apokalypsen“ der adäquate Initialtherapie aus. Die Einführung von ABS und letzten Jahre. Genannt wurden als Beispiele der Pockenfall die Durchführung einer Sequenztherapie führe dabei sowohl in Meschede (1970), die BSE-Krise in den 90iger Jahren, die zur Senkung der Arzneimittel- als auch der Gesamtkosten. angeblichen Anthrax-Anschläge in Deutschland 2001, die Abschließend gab Dr. Wilke dem Auditorium folgende Diskussion über Pockenanschläge 2003/2004, SARS (2003), Quintessenz mit auf den Weg: Eine adäquate Antibiotika- „Vogel“-Grippe H5N1 (2004/2005) und „Schweine-Grippe“ Therapie führe zu einem besseren klinischen Outcome und (2009). In allen diesen Fällen sei der Medien-Hype riesig ge- damit verbundener kürzerer Verweildauer, die sich neben wesen und die anfänglich vorausgesagten apokalyptischen weniger Isolierungen auch bei der Vermeidung von Infekti- Entwicklungen seien nicht eingetroffen. onen widerspiegele. Am Ende gingen damit immer profitab- Es sei abzuwarten, wie am Ende die COVID-19-Pandemie lere DRGs einher. zu werten sei – als tatsächlich katastrophales Ereignis oder Wie unterhaltsam und kurzweilig tiefe Einblicke und vie- als eine neue Krankheit, die im Wesentlichen vergleichbar le Detailinformationen bei einem „Rundflug“ über das The- mit anderen (z.B. Grippe) verlaufe. ma „Aktuelle Herausforderungen von Kliniken – Jenseits Auf jeden Fall müssten bei allen Maßnahmen auch die und diesseits der Hygiene“ auch präsentiert werden können, Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Gesellschaft und das zeigte Frau Dr. Sabine Edlinger, Mitglied der Geschäfts- Staatswesen im Auge behalten werden. Für die Zukunft müs- leitung St. Elisabeth Gruppe GmbH – Katholische Kliniken se man viel stärker die Rolle der Medien mitberechnen, die Rhein-Ruhr. 118 Hygiene & Medizin | Volume 45 | 6/2020 Nur zum privaten Gebrauch. © mhp Verlag GmbH, 2020
Den Zuhörerern/innen ist die Komplexität der zukünftigen Insgesamt bleibe die finanzielle Situation der Kranken- Herausforderungen für Kliniken in einem „knackigen“ Über- häuser durch unrealistische Personal- und Strukturvorga- blick vermittelt worden. Es wurde jedoch auch deutlich, dass ben, unzureichende Finanzierung und ungezügelte Kon- für viele avisierte Gesetze/Verordnungen/Neuerungen die trollwut der Krankenkassen weiterhin schwierig. Der Bet- Details zur Umsetzung und die Konsequenzen aktuell noch tenabbau und die Krankenhaus-Schließungen in den letzten relativ unklar sind – eine Grundproblematik bei der zu- 11 Jahren (- 21,3%) hätten schon zu deutlichen Unterschieden kunftsorientierten Planung einer Klinik. in der Krankenhausdichte (KH je 100.000 Einwohner) in den Die primären Herausforderungen lägen nicht nur in der einzelnen Bundesländern geführt – NRW liegt hier deutlich „Gegenfinanzierung“ von Sach- und Personalkosten bzw. unter dem Bundesdurchschnitt und auf dem letzten Platz. Pflege, sondern auch in der praktischen Umsetzung gesetz- Statt Gesetzesflut sei ein gemeinsamer Pakt von Politik, licher Forderungen, die sich nach Inkrafttreten zahlreicher Krankenhäusern und Krankenkassen notwendig, mit einer neuer und „wohlklingender“ Gesetze für das kommende Jahr aktiven Krankenhausplanung und offener Debatte über be- 2020 ergebe. darfsgerechte Sektor-übergreifende Versorgungsstrukturen. Im Zusammenhang mit dem „MDK-Reformgesetz“ und den dort vorgesehenen Strafzahlungen bei „Rechnungsprü- Wie in den Vorjahren bildete ein humoristischer Beitrag den fungen mit Minderung des Rechnungsbetrages“ rechne man Abschluss der Veranstaltung. In diesem Jahr durften sich die mit Kürzungsbeiträgen allein in NRW von bis zu 140 Mio. € Teilnehmer über Jürgen B. Hausmann – aus dem Kölner und (bundesweit 380 Mio. €). Dieses streitbehaftete Prüfgesche- Aachener Karneval bekannt – und seinen Vortrag „Hygiene hen könne zusätzlich auch Gerichte stärker belasten. für Hausmänner und andere Geschichten rund um den Haus- Auch die „Personal-Untergrenzen-Verordnung“ berge Kon- halt“ freuen. fliktpotenzial und es sei nicht klar, ob die bekannten Proble- matiken, wie nicht besetzte Stellen im Pflegedienst mit resul- Kontakt/Korrespondierende Autorin: tierenden Bettensperrungen, temporäre Abmeldung von der Dr. Nina Parohl Notfallversorgung, tagesaktuelle Steuerung von Personalbe- Balkenstr. 17-19 setzung, kurzfristige Dienstplanänderungen und Abrufe aus 44137 Dortmund dem „Frei“ damit tatsächlich bekämpft werden könnten. E-Mail: parohl@hykomed.de Nur zum privaten Gebrauch. © mhp Verlag GmbH, 2020 Hygiene & Medizin | Volume 45 | 6/2020 119
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