Alles paletti? - PROCURE SWISS - Geigele Communications
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IM INTERVIEW Kompetent auftreten Janine Geigele – Sportbegeisterte kennen sie noch als Sportmoderatorin des Schweizer Fernsehens – oder auch als langjährige Stadionsprecherin des Leicht- athletik-Meetings «Weltklasse Zürich». Die Bielerin moderiert jeweils unsere Frühjahrstagung. Im Interview verrät sie, was Einkaufsprofis in puncto Auftritts- Bild: zVg kompetenz unbedingt beachten sollten. 20 MÄRKTE & TRENDS Marktausblick #3 Getrübte Freude: Die neuste Analyse von Claude Maurer zeigt auf, dass sich die hiesige Wirtschaft im Zuge der abflauenden Pandemie rasant erholt. Die Credit Suisse erwartet gar ein Wachs- tum des Bruttoinlandprodukts. Der Aufschwung Bild: pexels 34 wird aber an Dynamik verlieren. KOLUMNE REIMER MACHT SICH SEINEN REIM AUF KREISE Der Kreis gilt als die perfekte geometrische Figur. Doch die traditionelle Wirtschaft ist linear aufgebaut. Gleichwohl werden Kreisläufe je länger relevanter. Markus Reimer illustriert, was es zu beherzigen gilt, damit wir beginnen, uns im Kreis zu drehen. Bild: zVg 30 PROCURE SWISS MAGAZIN I 03-2021 5
INTERVIEW Die Fachfrau für Kommunikation Sie ist ein Profi in Sachen Auftrittskompetenz! Von 1999 bis 2002 moderierte Janine Geigele (47) die Sendung «Sport aktuell» im Schweizer Fernsehen. Danach machte sie sich als Kommunikationsfachfrau im Weltsport einen Namen. Inzwischen fokussiert sich die gebürtige Bielerin mit ihrer Agentur Geigele Communications auf die Bereiche Athletenmanagement, Krisenkommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Moderationen. Interview: Mario Walser Janine – was war dein grösstes Missge- haltlich spannende Interviews zu geben. Ich schick in puncto Auftrittskompetenz? habe viele Kunden, die auch sehr knifflige Si- Zur Auftrittskompetenz gehört ja nicht nur tuationen kommunikativ meistern müssen, die Art und Weise, wie ich auftrete, sondern und da ist intensive Kommunikation gefragt. auch der Inhalt. In diesem Bereich habe ich sehr viele «Böcke geschossen». Ich habe Kannst du uns einen Trick verraten, wie schon mit 13 Jahren angefangen, beim Lokal- man das Eis bricht, um die Aufmerksam- radio Canal 3 in Biel zu arbeiten. Während keit des Gegenübers zu erhalten? der Schulzeit habe ich über 35 Stunden pro Ich versuche, die Menschen verbal heraus- Woche im Radio über Sport berichtet und zufordern, auch mit Sprüchen. So bricht war es gewohnt, immer sehr direkte Fragen meistens das Eis und wir können dann auf zu stellen. Als ich dann mit 25 beim Schweizer Augenhöhe kommunizieren. Fernsehen angestellt wurde, kam ich in eine ganz andere Welt. Auch bei SRF war ich wei- Warum gibt es Menschen, die begeistern terhin sehr direkt. Dadurch habe ich sehr viel können, und andere, denen man am liebs- angeeckt, viele ver- und aufgeschreckt. Mir ten gar nicht zuhören würde? war lange die Bedeutung der Sätze und For- Dazu gehören einige Faktoren. Als Erstes be- mulierungen viel zu wenig bewusst. Das Auf- stimmen die Stimme und das äussere Er- treten hingegen, die Art und Weise, wie man scheinungsbild. Der Mensch braucht 12 Se- auftritt, das war irgendwie immer schon klar. kunden, um zu entscheiden, ob er jemandem zuhören will und ob er die Person sympa- Erzähl uns mehr über deine Lehrjahre ... thisch findet. In dieser kurzen Zeitspanne Meine «Rettung» war, dass ich gelernt habe, wird gemustert, eingeordnet, gewertet – man «Nein» zu sagen oder «Vielen Dank, ich über- macht sich ein Bild von dieser Person. Das be- lege es mir gerne». Weil bei mir als Radiojour- deutet gleichzeitig aber auch, dass es eigent- nalistin immer alles sehr schnell gehen muss- lich in den ersten 12 Sekunden keine Rolle te, habe ich mir über meine Aussagen lange spielt, was ich sage. Verrückt, oder? zu wenig Gedanken gemacht. Im Verlauf der Zeit habe ich mir alle Komponenten spezi- Was hilft dagegen? fisch angeeignet. Beim Auftritt gilt nämlich Man dreht das Ganze um und packt das Pub- folgende Formel: 50% davon ist die Art und likum gleich mit einem guten Einstieg. So gibt Weise, wie ich präsentiere, 42% beinhaltet man allen Zeit, sich ein Bild des Gegenübers das Äussere und nur 8% vom Inhalt bleibt je- zu machen. Erst nach dem Äusseren, der weils hängen. In all den Jahren als Sportjour- Stimme und dem Auftreten kommt dann der nalistin, Moderatorin, Speakerin und Kom- Inhalt. Es gibt viele Profis, die ein Publikum munikations-Spezialistin habe ich noch mit Leichtigkeit fesseln können. Ganz wichtig mehr gelernt, das Zusammenspiel zu perfek- dafür ist zuerst Glaubwürdigkeit, danach tionieren. In der Zwischenzeit trainiere ich folgt Begeisterungsfähigkeit. Ab dann habe Bild: zVg etliche Personen vor der Kamera und bereite ich es geschafft, das Publikum in meinen sie darauf vor, Referenten zu werden oder in- Bann zu ziehen. 20 PROCURE SWISS MAGAZIN I 03-2021
Janine Geigele Janine Geigele war 25 Jahre Sportjournalistin, Redaktorin und Moderatorin bei Radio Canal 3, Radio Argovia, dem Schweizer Fernsehen und Radio SRF. Sie kann auf zahlreiche Einsätze an Olympischen Spielen, Welt- und Europameis- terschaften zurückblicken. Sie war Mediendi- rektorin im America’s Cup bei Alinghi und dem Team Shosholoza sowie an der Leichtathletik- EM 2014 in Zürich und bei Weltklasse Zürich, wo sie auch lange Jahre als Stadionspreche- rin tätig war. Janine Geigele arbeitet auch in den Bereichen Krisenkommunikation und Athletenmanagement und ist Präsidentin der Schweizer Sportjournalisten sportpress.ch. PROCURE SWISS MAGAZIN I 03-2021 21
INTERVIEW Was genau handhaben Menschen, die kauft haben mit der Bemerkung: «Wir gehört «Wieso hat mir das niemand vor- begeistern können, denn anders? wollten eigentlich gar nichts kaufen, her gesagt?». Hier macht es dann richtig Sie nutzen die Bühne und wollen das aber Sie haben das so gut gemacht.» Das Freude, zusammenzuarbeiten. Auf der Publikum begeistern. Das Publikum Zauberwort heisst auch hier: Auf die anderen Seite gibt es solche Menschen, muss ja nicht nur ein Saalpublikum sein, Menschen zugehen, Bedürfnisse able- die keine Inputs oder Feedbacks anneh- es kann auch im Schulzimmer sitzen. sen, das richtige Produkt anbieten, den men und sich auch nicht reflektieren. guten Riecher haben und dann natür- Manchmal wünschte ich mir, dass die Kann man das üben? lich die Vorteile des Produkts aufzeigen. Frauen forscher und selbstsicherer auf- Absolut, ja. Noch kein Meister ist vom treten und dass Männer mehr Feed- Himmel gefallen. Folgende Fragen sollte Wie präsentiert man gute Inhalte backs annehmen würden. ich mir stellen: Wer ist meine Zielgrup- überzeugend? pe? Was sind meine Hauptaussagen? Da diese 12 Sekunden am Anfang ja ab- Viele Veranstaltungen finden noch Wer ist dieses Mal mein Publikum? Wie lenken, muss der Einstieg trotzdem immer online statt – und nicht vor Ort. fessle ich mein Gegenüber? Wie bekom- knallen, es muss sofort Aufmerksamkeit Was gilt es zu beachten, damit die me ich die Aufmerksamkeit? Wie bringe generiert werden. Und dann Zeit geben, Botschaft sowohl online als auch vor ich meine Botschaften rüber? Was soll um die Person einzuordnen. Dann kom- Ort gut ankommt? überhaupt von meinem Auftritt haften men zwei bis drei Argumente, das un- Neben den technischen Sachen (Set-Up, bleiben? Wenn ich diese Fragen klar be- terstreicht die Kompetenz, es kann et- Licht, Ton, richtige Kameraeinstellung) antwortet habe, dann passt alles zu- was erklärt werden. Am Schluss folgt kann Folgendes gut ankommen: eine sammen. Charme, Herzblut, Leiden- ein Fazit, eine Conclusio. Mit dieser ein- persönliche Anekdote und eine Ge- schaft und Kompetenz – absolut fachen Regel kann ich absolut alles schichte erzählen. Gerade das Story- unschlagbar! überzeugend erklären. telling funktioniert wunderbar, wenn die Geschichte mit einem packen- Warum bleiben gewisse Inhalte den Einstieg, einer guten Struktur bei uns hängen, andere wieder- (roter Faden) sowie einem Fazit oder um nicht? witzigen Schluss hängen bleibt. Es kommt darauf an, wie wir es «Botschaften zu übermitteln muss Eine Botschaft darf auch wieder- holt werden, wenn sie gut auf den erzählen und wie wir es rüber- bringen. Botschaften übermitteln gelernt sein. Denn, wenn Punkt gebracht werden kann. muss gelernt sein. Wenn etwas nicht passt, dann bleibt am das nicht funktioniert, bleibt am Nun zu etwas, was die meisten Schluss nicht der Inhalt, sondern Schluss nicht der Inhalt, von uns plagt – Lampenfieber ... Lampenfieber gehört dazu, das ist das rote Kleid der Referentin hän- gen. Das ist schade, und genau das sondern nur das rote Kleid die erste Erkenntnis. Wenn ich das muss geübt werden. Aber viele weiss, kann ich Höchstleistungen Menschen machen sich dazu zu der Referentin hängen.» erbringen. Es kann motivierend wenig Gedanken. sein zu wissen, dass in diesem Mo- ment Adrenalin ausgeschüttet wird Kannst du Beispiele nennen? und ich jetzt gut sein muss. Wenn Oft kommt jemand nach einem Inter- Unterscheiden sich die Kommunika- das Lampenfieber schlimm ist, sollte view zu mir und meint: «Das habe ich gar tions-Herausforderungen im versucht werden, herauszufinden, war- nicht so gesagt.» Wo also bleibt die Geschäftsalltag abhängig vom um das so ist und wie es sich bemerkbar Kommunikation zwischen Sender und Geschlecht? macht. Empfänger hängen? Die tollsten Bei- Sie unterscheiden sich sehr stark. Frau- spiele finden sich im Alltag. Die Frau en hinterfragen alles. Wie sie wirken, Hast du Tipps? sagt zu ihrem Mann: «Schatz, der Müll- was sie sagen sollen, was sie anziehen Eine gute Vorbereitung gibt Sicherheit. eimer ist voll.» Eigentlich meint sie aber: sollen und wie der Inhalt beim Gegen- Und ist sozusagen schon die «halbe Mie- «Schatz, bring den Müll raus!» Wieso über ankommt. Viele wollen nicht zu te». Ich selbst bin immer am Tag vor dem sagt sie es dann nicht so? Wie soll der forsch auftreten, drücken sich etwas Auftritt etwas nervös, weil ich mit der Mann dann verstehen, dass er nun den verhalten aus und wollen niemandem Vorbereitung noch nicht dort bin, wo Müll rausbringen soll? auf die Füsse treten. Ich erlebe viel zu ich sein möchte. Sobald ich aber sattel- wenig Frauen, die einfach hinstehen fest bin und alles vorbereitet habe, ist Wieso geben wir bei einem Lieferan- und sagen «Ich kann das!». Für viele alles gut und ich kann ruhig auftreten. ten unser Geld gerne aus, beim ande- Männer ist das überhaupt kein Problem. Das hilft dann auch meinen Gegen- ren hingegen gehen wir aus der Ver- Sie hinterfragen all diese Punkte gar übern extrem, weil ich ihnen so die Ner- handlung, ohne etwas zu bestellen? nicht, sondern stehen einfach hin und vosität nehmen kann. • Weil das zum Glück auch vom Käufer erzählen. Oft sind sie überzeugt, dass sie und Verkäufer abhängt. Mir erzählte das einfach können und dass sie gut da- mal ein Firmenbesitzer, wie sehr er sei- rin sind. Analysiert man aber die Aussa- ne Käufer auf die Kundschaft schult gen und konfrontiert sie damit, kann und wie oft Kunden dann Sachen ge- sich das ändern. Ich habe schon öfters 22 PROCURE SWISS MAGAZIN I 03-2021
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