Erfahrungsbericht - Universität Stuttgart

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Erfahrungsbericht - Universität Stuttgart
Erfahrungsbericht

Autor:        C.A., Fahrzeug- und Motorentechnik, Universität Stuttgart

Gasthochschule:      University of Arizona, Tucson, AZ, USA

Zeitraum:            August ’11 bis Juni ’12, 8. und 9. Studiensemester

Inhalt:

   1. Vorbereitung des Aufenthalts

   2. Studieren an der University of Arizona

   3. Leben in Tucson

   4. Praktische Tipps

   5. Fazit
Erfahrungsbericht - Universität Stuttgart
Während meines Studiums der Fahrzeug- und Motorentechnik an der Universität Stuttgart,
entschied ich mich für ein Auslandsjahr an der University of Arizona (UofA) in Tucson,
Arizona. Abgesehen von der Verbesserung meiner Englischkenntnisse, plante ich die
restlichen Prüfungsleistungen und meine verbleibende, zweite Studienarbeit an der
Gasthochschule zu vollenden. Der Auslandsaufenthalt wurde in Form eines
Studentenaustauschs zwischen den beiden Partneruniversitäten, Universität Stuttgart und
University of Arizona durchgeführt. Finanziell unterstütz wurde ich dabei durch das Baden-
Württemberg Stipendium.

   1. Vorbereitung des Aufenthalts
Ein Auslandsjahr bedarf einer guten Vorausplanung. So begann die Bewerbungsphase für
mein Austauschprogramm schon etwa 1.5 Jahre vor dem tatsächlichen Austausch, mit einer
Gruppenberatung am Internationalen Amt der Universität Stuttgart. Da dies nun schon über 2
Jahre lang her ist, kann ich mich nicht mehr an alle Details meiner Vorbereitung erinnern.

Höchst erwähnenswert ist jedoch, dass man sich so früh wie möglich über die
Bewerbungsfristen und die nötigen Unterlagen informieren sollte. Besonders für den TOEFL
Test, der für die Bewerbung nötig ist, sollte man viel Zeit einplanen, da zunächst ein Termin
benötigt wird (ca. 1 Monat Wartezeit bei mir) und dieser im Anschluss noch ausgewertet und
an die Universität gesendet werden muss. Mit ca. 200€ war der TOEFL Test die erste große
Investition meiner Bewerbungsphase. Im weiteren Verlauf der Bewerbung kam jedoch noch
so einiges hinzu, dazu später mehr.

Nach der Gruppenberatung und einer weiteren, persönlichen Beratung stand für mich die
University of Arizona als Wunschuniversität fest. Der Grund dafür waren außer der
Möglichkeit einer Studienarbeit und des passenden Vorlesungsangebotes (Methode der
Finiten Elemente) auch die Lage der Stadt Tucson und vor allem das Wetter. Wenn ich mich
recht erinnere, bewarb ich mich lediglich an der UofA.

Nachdem ich meine Zusage von der Universität Stuttgart bekommen habe, begann ich mich
an der Gasthochschule online zu bewerben. In der Regel wird die Zusage der
Heimatuniversität von der Gastuniversität akzeptiert, und die Gasthochschule erstellt das für
den Austausch wichtigste Dokument, das DS-2019. Dieses Blatt Papier ist eine Art
Einladung der Gasthochschule, die sowohl für den Visumsantrag als auch für die Einreise
benötigt wird. Der Visumsantrag an sich verlief bei mir einfach und problemlos. Erschreckt
wurde ich dabei aber oft durch die anfallenden Kosten, mit denen ich zuvor nicht gerechnet
habe. Neben den reinen Visumkosten kommen hier nämlich noch mehrere kleine Beträge
hinzu. Ebenfalls seien meine Zugtickets zur Botschaft in München und wieder zurück zu
nennen. Das Interview in der Botschaft beinhaltete ein paar wenige Standartfragen und war
nach weniger als 5 Minuten schon zu Ende. Der Reisepass wird dann nach ein paar Wochen
inklusive Visum nach Hause geschickt.

Für das Baden-Württemberg Stipendium bewarb ich mich kurz vor meiner Abreise. Die
Unterlagen können von der Bewerbung für das Austauschprogramm übernommen werden,
ich musste lediglich ein weiteres Formular ausfüllen und am Internationalen Amt meiner
Universität einreichen. Nach all den unerwarteten Kosten während der Bewerbungsphase,
tat die Zusage für das Stipendium, die ich nur wenige Wochen nach dem Einreichen meines
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Antrags bekam, umso besser. Mit dem verbleibenden Angesparten wurde dann gleich der
Flug nach Tucson gebucht.

   2. Studieren an der University of Arizona
Nach der Orientierungswoche ging es auch schon direkt los mit dem Studieren. Am Anfang
jedes Semesters muss man sich online für Vorlesungen anmelden, die man hören möchte.
Leider musste ich feststellen, dass das tatsächliche Vorlesungsangebot nun doch sehr
abgespeckt wurde. Meine benötigte Vorlesung kam also nicht zustand, was sehr ärgerlich
ist. Dieselbe Erfahrung machten auch andere Austauschstudenten, die ihre Vorlesungen am
AME (Department of Aerospace and Mechanical Engineering) hörten. Wer einen Kurs
wirklich benötigt, sollte daher den zuständigen Professor schon aus Deutschland
kontaktieren um zu fragen, ob die Vorlesung zustande kommt.

Das Studium an sich ist sehr verschult. Ich war pro Semester in 2 Vorlesungen mit jeweils 3
Credits und einer Studienarbeit (Independent Study) mit 6 Credits eingeschrieben. Da man in
jeder Vorlesung mit Hausaufgaben, Quizzes (eine Art Kurztest), Midterms, Projekten und
einer Prüfung am Ende rechnen muss, sollte man auch wirklich nur so viele Vorlesungen
hören wie es nötig ist. Wenn man Interesse an mehreren Vorlesungen hat, gibt es die
Möglichkeit sich als sog audit student einzuschreiben, d.h. man darf die Vorlesung besuchen
und ist normal eingeschrieben, muss jedoch keine Prüfungen mitschreiben oder
Hausaufgaben abgeben. Ebenfalls bekommt man keine Note, im Zeugnis wird jedoch die
Teilnahme als aufit student vermerkt.

Der Aufwand der Vorlesungen ist im Vergleich zum Studium in Deutschland um Weiten
größer (homework, midterms, projects, readings, quizzes,…). Das Niveau erschien mir im
Allgemeinen jedoch geringer. Der Schwierigkeitsgrad ist jedoch von Vorlesung zu Vorlesung
sehr unterschiedlich, so hatte ich bspw. im ersten Semester eine Vorlesung, die lediglich aus
homework und take home exams (ja, man darf die „Prüfung“ wirklich nach Hause nehmen
und hat alle Zeit der Welt die problems zu lösen) bestand. Die Benotung am Ende des
Semesters erschien meiner Meinung nach jedoch für alle Vorlesungen, zumindest am
graduate collage, zu fair zu sein. Um eine Note schlechter als ein B zu bekommen muss man
hier wohl die Arbeit verweigern. Trotzdem rate ich dazu, sich in den ersten beiden Wochen
des Semesters zu allen interessanten Vorlesungen online anzumelden und diese zu
besuchen. Uninteressante Vorlesungen können dann innerhalb der ersten beiden Wochen
ohne Strafgebühr wieder abgemeldet werden. Nach dieser Zeitspanne wird jede Änderung in
der Kurswahl mit einer Strafgebühr begleitet, die besonders am Semesteranfang sehr
schmerzen kann: Zwar wurden die Studiengebühren in Form des Austauschprogramms
übernommen, die Gebühren für die Krankenversicherung (leider ist man verpflichtet diese in
Anspruch zu nehmen, dazu später mehr) und andere universitäre Dienste müssen jedoch
am Anfang des Semesters selbst gezahlt werden (ca. 1500$ im fall semester und ca. 1000$
für das spring semester). Ebenso werden von den Professoren viele Bücher empfohlen oder
sogar vorausgesetzt. Das Bibliothekssystem, das man mit den oben genannten Kosten unter
anderem finanziert, ist jedoch sehr ordentlich, so dass ich meine Bücher immer ausleihen
konnte.

Meine Studienarbeit habe ich über beide Semester im Hydrodynamics Laboratory des AME
gemacht. Von solch einer Studienarbeit rate ich explizit ab.
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3. Leben in Tucson
Mit rund 600.000 Einwohnern gehört Tucson zu einer der größeren Städte im Bundesstaat
Arizona. Die Bevölkerungsdichte ist im Vergleich zu Deutschland deutlich geringer, so dass
die Fläche von Tucson doch sehr groß erscheint. Der Campus der University of Arizona ist
zentral gelegen und grenzt an Downtown Tucson. Zusammen bilden diese beiden Gebiete
den Kern der Stadt. Für die Wohnungsuche würde ich daher empfehlen, möglichst nahe an
der Universität zu suchen. Auf www.craigslist,org habe ich damals eine Wohnung um
Umkreis einer Meile vom Campus gefunden, was sehr viel günstiger war als viele
Wohnheime (z.B. La Aldea). Für amerikanische Verhältnisse bietet Tucson relativ
fahrradfreundliche Straßen, von denen ich täglich Gebrauch machte. Ein gebrauchtes
Fahrrad kann man ebenfalls auf www.craigslist.org für wenig Geld finden und am Ende des
Auslandaufenthaltes dort wieder zum Verkauf anbieten. Parkmöglichkeiten auf dem Campus
gibt es zwar, diese sind jedoch unter der Woche kostenpflichtig.

Ein Auto im Westen Amerikas ist dennoch zu empfehlen. Es gibt zwar Einkaufsmöglichkeiten
in der Nähe des Campus‘, wer jedoch bspw. ausgefallenere Zutaten für seine Gerichte
benötigt, wird etwas weiter vom Campus entfernt erst fündig (z.B. Sunflower Market, Trader
Joes, Total Wine, …etc). Einen günstigen Gebrauchtwagen finden man wieder unter
www.craigslist.org. Wer sich etwas mit Autos auskennt, kann viele kleine Reparaturen auch
selber vollziehen und ein etwas heruntergekommeneres Fahrzeug kaufen, denn Ersatzteile
und Werkzeug sind vergleichsweise günstig. Die Anmeldung des Fahrzeuges und die
Prozedur für die Versicherung (mein Auto war bei Geico versichert, es gibt denke ich jedoch
günstigere z.B. Progressive) verliefen problemlos. Für den amerikanischen Führerschein
sowie die Anmeldung des Fahrzeuges muss man zur DMV, entweder im Norden oder im
Süden Tucson’s. Die Umschreibung meines deutschen Führerscheines erfolgte problemlos
und ohne weitere Prüfung, lediglich ein Sehtest war nötig. Der amerikanische Führerschein
kann dann zusätzlich auch als ID benutzt werden. Der deutsche Führerschein oder der
Personalausweis werden nicht akzeptiert, lediglich der Reisepass. Wer seinen Reisepass
nicht immer mitschleppen möchte, oder das Risiko eines Verlustes nicht eingehen möchte,
sollte auch ohne Fahrzeug zur DMV gehen und sich eine amerikanische ID erstellen lassen
(Kosten: $10).

Tucson ist perfekt für Reisen im Süd-Westen Amerikas geeignet. Viele National Parks, wie
bspw. der berühmte Grand Canyon sind mit dem Auto erreichbar und können problemlos an
einem freien Wochenende besichtigt werden. Die meisten National Parks verlangen eine
Eintrittsgebühr von $5 - $25 pro Fahrzeug. Wer vorhat viele National Parks zu besuchen, der
sollte sich einen Jahrespass bei einem beliebigen Visitor Center kaufen, der dann diese
Eintrittsgebühren deckt (Kosten: $80). Weniger berühmt aber dafür in unmittelbarer Nähe
sind die Berge, die Tucson umrunden. Diese bieten interessante Sport- und
Wanderangebote. Die besten Informationen bekommt man hierüber jedoch direkt von den
Einwohnern Tucson’s. Die Einwohner Tucson’s sind im Allgemeinen sehr offen und
freundlich. Über einen Akzent den man gewöhnlicherweise mitbringt kommt man so sehr
leicht ins Gespräch und kann nach Insider-Tipps fragen.

Als etwas enttäuschend wäre noch die Krankenversicherung der Universität zu nennen, die
man leider abschließen muss. Diese ist einerseits überteuert, andererseits ist die Leistung
sehr gering. Wer auf Nummer sicher gehen möchte sollte daher noch in Deutschland eine
Auslandskrankenversicherung abschließen (z.B. beim ADAC).
4. Praktische Tipps
   •   So früh wie möglich mit der Bewerbung beginnen
   •   Mappe erstellen mit allen wichtigen Dokumenten (DS-2019, Reisepass, …)
   •   Auslandskrankenversicherung in Deutschland abschließen
   •   www.craigslist.org für Wohnugssuche, Fahrrad/Auto,… verwenden
   •   An den Einführungsveranstaltungen der Universität teilnehmen
   •   Bei In’n’Out essen gehen

   5. Fazit
Im Großen und Ganzen kann ich ein Auslandsjahr an der University of Arizona in Tucson nur
empfehlen! Auch wenn ich einige Kurse anders wählen würde und meine Studienarbeit doch
an der Heimuniversität geschrieben hätte, überwiegen die positiven Erfahrungen. Ich habe
viele interessante Internationale und Einheimische Leute kennengelernt, mit denen ich auch
in Zukunft Kontakt halten werde. Ebenso werte ich die persönlichen Erfahrungen, die ich
über dieses Jahr gesammelt habe, als sehr positiv und hilfreich.

Finanziell betrachtet war das letzte Jahr (inklusive der Vorbereitung) um Vieles teurer als
erwartet. Das Baden-Württemberg Stipendium hat mich an dieser Stelle extrem unterstützt,
wofür sehr dankbar bin.
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