NATO Vortrag am 28.03.2009 vor der Jahresversammlung der Freidenker in Bayern ( Nürnberg )

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NATO ­ Vortrag
am 28.03.2009 vor der Jahresversammlung der Freidenker in Bayern ( Nürnberg )

In diesen Tagen begeht die NATO den 60. Jahrestag ihrer Gründung am 04.04.1949 in Washington. Dieser
Jahrestag wurde von der NATO selbst intensiv vorbereitet. Dies geschieht unter der Überschrift ­ 60 Jahre
Dienst für den Frieden. Eine grobe Lüge ­ ich komme später darauf zurück.
Vorbereitet wurde dieser NATO ­ Gipfel aber auch sehr intensiv, umfangreich und vielgestaltig durch die
Gegner der NATO. Die Hauptforderung ist: Auflösung der NATO.
Da sich die NATO als friedenserhaltendes ­ oder schaffendes Bündnis sieht, möchte ich auf die
Vergangenheit Bezug nehmen und dann die Gegenwart und Zukunft beurteilen.

Erinnern wir uns gemeinsam:

Die NATO wurde als militärisch ­ politischer Pakt 1949 von den USA geschaffen. Der Warschauer Vertrag
entstand erst 1955. Die NATO war vorgesehen für die Verwirklichung der damaligen Globalstrategie der
USA ­ vor allem gegen die SU und dann auch gegen die Staaten der WP. Die NATO war eindeutig ein
Instrument des Kalten Krieges und der Politik der Stärke. Für die USA war und ist die NATO ein Instrument
zur Durchsetzung ihrer Hegemoniebestrebungen, auch gegenüber den Verbündeten. Die NATO gemäß
Nordatlantikvertrag noch heute als Defensivbündnis deklariert, ist zu einem Offensivbündnis mutiert, welches
unter Führung der USA weltweit zu Interventionen eingesetzt werden kann. Gegründet von 12 Staaten,
erweiterte sich die NATO in den Jahren 1952, 1955 und 1982, um dann nach 1990 einen inflationären Schub
zu bekommen, sie besteht jetzt aus 26 Staaten. Kroatien und Albanien sollen 2009 Mitglied werden,
Mazedonien wird von Griechenland blockiert.

Wir können feststellen:

   ­   Die Gründung der NATO widersprach den Erfordernissen nach dem 2. Weltkrieg
   ­   Sie ist zweifelsfrei hautverantwortlich für die Zuspitzungen der Ost ­ West ­ Konfrontation während
       des Kalten Krieges
   ­   Ihre Gefährlichkeit hat sich nach Ende des Kalten Krieges noch erhöht ( auch dazu später
       Einzelheiten).

Ich möchte auch folgendes in Erinnerung rufen:

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Die Grundstruktur der NATO wurde bis 1990 fortlaufend entwickelt und bestand im Wesentlichen wie folgt:
    ­   Nordatlantikrat mit Generalsekretariat und ca. 340 Ausschüssen und Arbeitsgruppen
    ­   MC mit IMS und NATO ­ Führungsakademie
    ­   3 militärische Oberkommandos ( Europa, Atlantik und Ärmelkanal )
    ­   Im ACE gab es 3 territoriale Befehlsbereiche ( Afnorth, Afcent und Afsouth )
    ­   NPG, Eurogroup ( 1993 aufgelöst ­ Aufgaben weitgehend von der EU übernommen ) und Live Oak
        ( 1990 aufgelöst ­ Folge vom 4 +2 Vertrag ) sollten besonders hervorgehoben werden

Die NATO hat sich in den letzten Jahren völlig neu strukturiert, dem neuen strategischen Konzept angepasst.
Die grobe Gliederung sieht folgendermaßen aus:
Es gibt nur noch 2 Oberkommandos: ACO in Mons und ACT in Norfolk. ACO ist für die Führung von
Operationen zuständig. ACT für die Umwandlung und permanente Anpassung des Bündnisses an neue
Erfordernisse.
Dem ACO unterstehen auf der zweiten Ebene drei Operative Kommandos ( JFC Brunssum, JFC Neapel und
JC Lissabon. Zusätzlich 7 schnell einsetzbare multinationale Korps, darunter das ARRC ( Rapid Reaktions
Korps ). Den Operativen Kommandos unterstehen je 3 Komponenten Kommandos / Taktische Kommandos
der Teilstreitkräfte.
Dem ACT unterstehen Ausbildungs­ Erprobungs­ und Forschungseinrichtungen ( Stavanger, Bydgoszcz, La
Spezia, Oberammergau ).
Dem NATO Hauptquartier unterstehen direkt:
Die regionale Planungsgruppe USA ­ CA, der gemeinsame Planungsstab in Mons, die Verteidigungsakademie
in Rom und das Frühwarn ­ und Luftüberwachungskommando in Mons.

Weshalb haben wir uns so intensiv mit der NATO befasst? Oder anders gefragt, worin bestand für den WP die
Gefährlichkeit der NATO ?
Diese Frage lässt sich deutlich anhand der strategischen Konzeptionen und sonstigen Aktivitäten der NATO
erläutern.
Grundsätzlich sind wir davon ausgegangen, dass der Imperialismus Aggressivität als Wesensmerkmal hat.
Dies bestätigt sich in jüngster Vergangenheit immer wieder und findet auch seinen Ausdruck im Neuen
Strategischen Konzept ( NSK ) der NATO. Allgemein bedroht musste sich die DDR und ihre Verbündeten
durch die Konzentration gewaltiger militärischer Kräfte an ihren Grenzen fühlen. Die völkerrechtliche
Nichtanerkennung der DDR, Ausdruck der Hallstein ­ Doktrin, und ständige Forderungen nach Revision der
Ergebnisse des 2. Weltkrieges, trugen zur allgemeinen Bedrohungslage bei.

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Dass sich die Bedrohungslage gegenseitig bedingt entwickelte, wurde von beiden Seiten so nicht gesehen.
Eine gewollte einseitige Betrachtungsweise, die daraus resultierenden Gegenmaßnahmen und die zugeordnete
Öffentlichkeitsarbeit waren dominierend.

Während des Kalten Krieges gab es im wesentlichen zwei grundlegende Strategien der NATO.
   1. Die Strategie der massiven Vergeltung ­ MC 14 / 1
   2. Die Strategie der flexiblen Reaktion ­ MC 14 / 3

Bevor die Strategie der massiven Vergeltung mit dem Dokument MC 14 / 1 im Dezember 1952 beschlossen
wurde, gab es ab 1949 erste strategische Planungen der NATO. Festgehalten im Dokument DC 6 / 1 vom
01.12.49 ( 8 Seiten ). Diese Planung sah eine Arbeitsteilung zwischen den USA und den europäischen NATO
­ Staaten vor. Die USA zuständig für die strategischen Bombardierungen ( auch mit Atomwaffen ) und die
Sicherung der Nachschubwege über den Atlantik ( gemeinsam mit Großbritannien ). Die Europäer zuständig
für die konventionelle Kampfführung, einschließlich Luftkriegsführung und Luftabwehr.
Die Strategien wurden fortlaufend modifiziert, modernisiert, der Lage angepasst und geübt. Die genannten
MC 14 Dokumente können mittlerweile im Internet abgefragt werden.
Die Strategie der massiven Vergeltung wurde 1952 im Dokument MC 14 / 1 vom MC zusammengefasst.
Hauptinhalt: Vorbereitung eines überraschenden massierten Kernwaffenschlages auf die SU und später WP ­
Staaten. 1957 in MC 14 / 2 modifiziert, ohne die militärstrategische Orientierung generell zu verändern. Der
Einsatz von Nuklearwaffen wurde stärker betont.
Die Strategie der flexiblen Reaktion entwickelte sich fast über die gesamten 60er Jahre hinweg. Aus Einsicht
in das politische und militärstrategische Kräfteverhältnis begannen die USA mit der Veränderung ihrer
strategischen Ansichten, lösten innerhalb der NATO einen heftigen Streit aus, der 1966 zum Rückzug
Frankreichs aus der militärischen Integration und zur Verlagerung der Hauptquartiere nach Belgien führte.
Frankreich wollte den strategischen Vorstellungen der USA nicht folgen, lehnte die Bevormundung auf Dauer
ab, wollte die Unterstellung in Frankreich stationierter ausländischer Truppen unter französisches
Kommando. De Gaulle verlangte im Februar 66 den Abzug der alliierten Truppen und der NATO ­ HQ.

1968 wurde im Dokument MC 14 / 3, die flexible Reaktion, für die NATO verbindlich beschlossen. Die
NATO folgte u.a. der irrigen Annahme, dass auch begrenzte Kriege möglich seien. Diese Auffassung von
begrenzten Kriegen hatte eine Aufwertung der konventionellen Streitkräfte zur Folge und stellte für den WP
eine Verschärfung der Bedrohungslage dar. In dieser Periode wurde mobile Eingreifverbände geschaffen , wie
AMF und die ständige Einsatzflotte Atlantik. Die Eurogroup entstand mit den Schwerpunkten: Ausbau der
Infrastruktur, Aufbau von Rohrleitungssystemen, neue Flugplätze und Ausbau des Luftverteidigungssystems.

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1968 begann eine rollende Fünfjahresplanung und die Ausarbeitung einheitlicher militärischer Führungs ­ und
Einsatzgrundsätze. Damit wurde die Fähigkeit der NATO, überraschende Handlungen durchzuführen,
wesentlich verbessert. In den Stabsübungen und Manövern der NATO spiegelten sich die Grundzüge der
Strategie wieder. Geübt wurden die nuklearen und konventionellen Varianten, die schnelle Verlegung von
Streitkräften, die Heranführung von Reserven ( Reforger ) usw..
Wir konnten mit Sicherheit feststellen:
Beide Großmächte, die USA und die SU, hatten so viele Nuklearwaffen strategischen Charakters angehäuft,
dass die USA nicht mehr von einen erfolgreichen Erstschlag ( First Strike ) ausgehen konnten, denn jede Seite
hätte nach einem Erstschlag mit seiner Zweitschlagkapazität den Gegner vernichten können. Dass NATO und
WP sich in einem Krieg nicht mehr besiegen konnten, war die eigentliche Erkenntnis, die zum Übergang zur
Strategie der flexiblen Reaktion veranlasste und war damit, so paradox dies auch klingen mag, eine Art
Stabilitätsfaktor zwischen Ost und West.
Ab der 2. Hälfte der 60er Jahre herrschte ein annäherndes militärisch ­ strategisches Gleichgewicht zwischen
NATO und WP.

Noch bis 1990 wurde seitens der NATO wider besserem Wissens behauptet, der WP habe die Absicht, die
NATO ­ Staaten anzugreifen. Wir nannten dies eine Bedrohungslüge. Die NATO wusste nach unserer
Erkenntnis genau, dass der WP nicht die Absicht hatte dies zu tun und dessen strategische Konzepte auf
offensive Verteidigung ausgelegt waren. Der WP beabsichtigte bei einem Angriff der NATO schnell und tief
auf gegnerisches Territorium vorzudringen, den Krieg in das Land des Angreifers zu verlegen.
1987 führte der WP eine Änderung seiner strategischen Planungen durch. Die neue Strategie war eine
strategische Defensive, verbunden mit einem Streitkräfteumfang nach ausreichender Hinlänglichkeit.
Die NATO, auch das kam bei den Übungen zum Ausdruck, hatte Probleme mit der Kriegführung mittels
Landstreitkräfte auf gegnerischen Territorium. Die NATO plante aber Angriffe auf gegnerisches Territorium
aus der Luft, bis zur 2. strategischen Staffel. Dazu gab es das FOFA ­ Konzept. Es war Gegenstand u.a. des
Dokumentes MC 299 aus dem Jahre 1984.
Fazit:
Es gab auf beiden Seiten sehr unterschiedliche operative Konzepte. Aus Übungen und anderen Dokumenten
konnten wir aber sehr präzise Schlussfolgerungen ziehen. Die Erkenntnisse im Ergebnis der Analyse hatten
eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit.
Bei der Übung Wintex / Cimex wurde immer davon ausgegangen, dass der Einsatz von Nuklearwaffen
politisch kontrollierbar ist und man hatte dazu auch einen Konsultationsmechanismus erfunden. Welch ein
Irrtum anzunehmen, dass der Einsatz von Nuklearwaffen nicht auch mit solchen beantwortet worden wäre.
Die Systemauseinandersetzung war permanent auf hohem Niveau !

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Es gab andere Dokumente, von denen eine Bedrohungssituation abgeleitet werden konnte, so u.a. das
Dokument MC 48 / 2.Es beinhaltet politische Richtlinien für den defensiven taktischen Ersteinsatz von
Nuklearwaffen durch die NATO. Es gab das Air ­ Land ­ Battle ­ Konzept, den Rogersplan für eine
Landkriegführung in Zentraleuropa. Dieser ging von folgenden Prinzipien aus:
   1. militärische Offensive
   2. in die Tiefe des gegnerischen Territorium erweitertes Gefechtsfeld
   3. integrierter Einsatz konventioneller, nuklearer und elektronischer Waffensysteme.

Schließlich gab es noch seit 1963 das militärische Konzept der Vorneverteidigung oder Vorwärtsverteidigung
oder Vorwärtsstrategie für das Kommando Afcent und Baltap. Es beinhaltete, die Kampfhandlungen so rasch
wie möglich in die Tiefe des gegnerischen Raumes zu führen, also offensive, raumgreifende
Kampfhandlungen. Mit Unterstützung der Luftwaffe sollten überraschende tiefe Stöße gepanzerter Truppen ­
unter Einsatz von Nuklearwaffen ­ vorgetragen werden.

Ende der 60er Jahre entwickelte die NATO die politische Doppelstrategie des Rüstens und Verhandelns
( Harmel ­ Bericht „ Die zukünftigen Aufgaben der Allianz“ ). Die politische Komponente gewann für die
70er und 80er Jahre an Bedeutung. Die KSZE ­ Verhandlungen, MBFR, INF, SALT I und II, der Grundlagen
­ Vertrag DDR ­ BRD u.a. verbesserten das politische Klima, führten zu einem besseren Nebeneinander. Die
militärische Lage entspannte sich aber nicht. Die Widersprüchlichkeit zwischen der NATO ­ Politik und der
NATO ­ Strategie kam z.B. im Folgenden zum Ausdruck. In Zeiten wo Abrüstungsverhandlungen auf der
Tagesordnung standen, wurde auf dem Gipfeltreffen der NATO im Mai 1978 ein Langzeitrüstungsprogramm
( LTDP ) verabschiedet. Eine neue Runde des Wettrüstens begann, eine neue Phase der Konfrontation.
Auf dem gleichen Gipfeltreffen wurde eine Ost ­ West ­ Studie verabschiedet. Ein Dokument, welches
langfristig die Tendenzen in den Ost ­ West ­ Beziehungen analysiert und Grundsätze der Ostpolitik der
NATO neu formulierte. In dem Material zur Studie kam z.B. zum Ausdruck, bei welchen Voraussetzungen
günstige Umsturzbedingungen in einzelnen WP ­ Staaten existieren. Am Beispiel Polens wurde dies so
formuliert:
Eine starke gewerkschaftliche Opposition, ein großer Einfluss der katholischen Kirche, ein schlechter
Lebensstandart und unzulängliche staatliche Machtstrukturen.

Dieser NATO ­ Gipfel war eine Herausforderung, eine Bedrohung auf mehreren Ebenen
( rüstungswirtschaftlich, atomar, verteidigungspolitisch und politisch ­ ideologisch ).
Es war ein Versuch, das militärstrategische Gleichgewicht zugunsten der NATO zu verändern.

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Schließlich möchte ich noch auf den NATO ­ Doppelbeschluss vom Dezember 1979 eingehen. Er sah die
Stationierung nuklearer Mittelstreckensysteme ( Pershing II und Cruise Missiles ) in 5 Ländern vor, wenn die
INF ­ Verhandlungen innerhalb von 4 Jahren kein Ergebnis bringen. Die Stationierung war die Voraussetzung
für einen Enthauptungsschlag. Durch die Realisierung des Beschlusses hatte sich
   1. die Gefahr eines nuklearen Krieges erhöht
   2. wurde das Wettrüsten beschleunigt
   3. sollte die Entspannung torpediert werden.

Es gab die grundsätzliche Erkenntnis, dass es keine unmittelbaren Voraussetzungen für die Führung eines
Krieges der NATO gegen den WP gab, jedoch hinreichend Aktivitäten großen Ausmaßes zur Veränderung
des Kräfteverhältnisses. Immer bestand die Möglichkeit, überraschend die strategischen Konzeptionen zu
verändern und durch Fehlbeurteilungen der Lage bewaffnete Konflikte auszulösen.

Ich möchte Ihnen folgendes nicht vorenthalten:

Anfang der 80er Jahre ist Europa nur haarscharf einem Nuklearkrieg entgangen. Zu keiner Zeit des Kalten
Krieges war die Kriegsgefahr größer ­ auch nicht während der Kuba ­ Krise. Der Doppelbeschluss wurde
realisiert. Es gab Drohgebärden der NATO mittels Luftwaffe und Marine. Die psychologische Kriegführung
wurde verschärft. Im Frühjahr 1983 verkündete Reagan den Beginn des Raketenabwehrprogramms SDI. Die
USA erhöhten die Ausgaben für B ­ Waffen um das 6 fache. Im November fand das europaweite NATO ­
Manöver „Able Archer“ statt. Es war gekennzeichnet durch hohe Geheimhaltung, Realitätsnähe und wurde
von der sowjetischen Führung als mögliche militärische Aggression gewertet. Geübt wurde der vollständige
Ablauf der Kernwaffenfreigabe. Dieses Manöver war deutlich anders als vorherige Übungen dieser Art. Die
östlichen Streitkräfte, auch die nuklearen Trägersysteme, wurden deshalb in Alarmbereitschaft versetzt. In die
Geschichte ist diese gefährliche Situation unter der Bezeichnung „RYAN“ ( Raketno Yadernoye Napademie )
eingegangen.
KGB und CIA hatten erhebliche Informationslücken. Der vom britischen Geheimdienst angeworbene KGB ­
Oberst Gordijewski hatte zwar über die Gefährlichkeit der Situation informiert, aber die Briten gaben die
Informationen nicht an die CIA weiter.

Unsere Informationen konnten die Befürchtungen nicht bestätigen

Die NATO wird gern als „Friedenstifter“ dargestellt. Nun ist es aber Fakt, dass im Gegensatz zu heute, wo die
NATO als Bündnis weltweit Kriege führt, einzelne NATO ­ Mitglieder schon in Zeiten des Kalten Krieges

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heiße Kriege geführt haben, z.B. USA in Korea und Vietnam, Frankreich in Vietnam, Algerien und Ägypten,
Großbritannien in Ägypten und Falkland, Portugal in Afrika usw..

Die NATO hat auch schon immer Interesse an allen Regionen der Welt. Es gab regelmäßige Einschätzungen
zu politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen , gegliedert nach
   ­   SU und WP
   ­   Ferner Osten
   ­   Süd ­ und Südost ­ Asien
   ­   Afrika südlich der Sahara
   ­   Naher Osten und Magreb
   ­    Lateinamerika
   ­   zu China und Jugoslawien, aber auch zur DDR gab es gelegentlich gesonderte Analysen.

Wenden wir uns nun der Zeit nach der Blockkonfrontation zu. Der WP wurde am 01.07.1991 aufgelöst. Die
sowjetischen Truppen aus den osteuropäischen Staaten abgezogen. Die NATO hat lediglich die militärisch
unbedeutende Gliederung „Live Oak“ aufgelöst und ihre Truppen aus Westberlin abgezogen ( Folge der 4
plus 2 Verhandlungen ).
Die NATO hatte ihre Existenzberechtigung verloren. Für die weiter Existenz der NATO unter den
Bedingungen, dass man in Europa nur noch von Freunden umzingelt war, musste eine Begründung gefunden
werden. Die Militärs hatten Existenzängste.

Nochmals grundsätzlich:

Die Gründungsurkunde de NATO ( der Nordatlantikvertrag vom 04.04.1949 ) hatte noch z. T. den Geist der
UN ­ Charta z.B. Art.1 und 7.
Bedeutsam sind die geographischen Festlegungen. Begrenzung auf das Gebiet nördlich des Wendekreises des
Krebses ( Art.6 ). Militäroperationen außerhalb dieses Raumes ( out of area ) waren nicht vorgesehen und
vertragswidrig. Art.5 ­ Verpflichtung zum Beistand, wenn ein oder mehrere Mitglieder angegriffen werden
( Art. 51 der UN ­ Charta ). Dem einzelnen Land war der Umfang seines Beitrages überlassen.

Mit diesen Festlegungen hatte die NATO keine Existenzberechtigung mehr. Demzufolge war eine
„Neuerfindung“, waren neue Aufgaben von Nöten. Gründe für die weitere Existenz der NATO mussten her.
Neue Arten von Bedrohung und Risiken mussten gefunden werden. Sie wurden gefunden und klingen für ein
„Verteidigungs ­ Bündnis“ eher abenteuerlich. Als Gründe wurden konstruiert:

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­   Bevölkerungsexplosion in der 3. Welt
   ­   Weltklima
   ­   Migrationsströme
   ­   Engpässe in der Versorgung mit Lebensmitteln
   ­   Energieknappheit
   ­   Schwer zugängliche Ressourcen.

Die NATO hat sich also für nichtmilitärische Risiken zuständig erklärt. Man definierte dies als „erweiterten
Sicherheitsbegriff“.
Die neue Situation zwang zu einer neuen Strategie. Das bisherige Bedrohungsszenario existierte nicht mehr.
Ein neues strategisches Konzept wurde auf dem NATO ­ Gipfel im November 1991 in Rom verabschiedet. In
die Geschichte als „Römische Erklärung“ eingegangen. Zur Verdeutlichung der neuen Strategie mehrere
Zitate aus der „Römischen Erklärung“:
   1. Ziffer 9: „Im Gegensatz zur Hauptbedrohung der Vergangenheit sind die bleibenden Sicherheitsrisiken
       der Allianz ihrer Natur nach vielgestaltig und kommen aus vielen Richtungen, was dazu führt, dass sie
       vorherzusehen und einzuschätzen sind. Die NATO muss fähig sein, auf derartige Risiken zu
       reagieren“.
   2. Ziffer 10: „Sie ( die Risiken ) sind eher Konsequenz der Instabilität, die aus den ernsten
       wirtschaftlichen, sozialen und politischen Schwierigkeiten, einschließlich ethnischer Rivalität und
       Gebietsstreitigkeiten entstehen können, denen sich viele mittel ­ und osteuropäischen Staaten
       gegenübersehen“:
   3. Ziffer 13: „Sicherheitsinteressen des Bündnisses können von anderen Risiken berührt werden,
       einschließlich der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, der Unterbrechung der Zufuhr
       lebenswichtiger Ressourcen, sowie von Terror ­ und Sabotageakten“.

Diese Festlegungen ermöglichen alles und jedes an Bewaffnung und Ausrüstung zu fordern. Im Übrigen
werden die Risiken der Erklärung in allen späteren Strategiepapieren strapaziert, so u.a. in:

   ­   der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA ( 2006 )
   ­   den Verteidigungspolitischen Richtlinien der BRD ( 2003 )
   ­   der Europäischen Sicherheitsstrategie ­ ESS ( 2003 )

In der Folge der „Neuorientierung“ der NATO haben die militärischen Konflikte und die Ausbreitung des
Einfluss ­ und Machtbereiches durch die NATO zugenommen, z.B.

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­   die humanitäre Intervention in Jugoslawien, wo Vertreibung, ethnische Säuberung und Völkermord
       verhindert werden sollten
   ­   im Irak sollte die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verhindert werden
   ­   in Afghanistan findet angeblich ein Antiterrorkrieg statt. In Wirklichkeit: Eine Region wo fast die
       Hälfte der Menschheit lebt ( geostrategische Lage ), 2/3 der Öl ­ und Gasvorkommen sind. Das Land
       ist ein terrestrischer Flugzeugträger und kann Stationierungsort für Raketen und Radar sein.

Auf dem NATO ­ Gipfel am 28.04.1999 in Washington wurde das NSK verabschiedet. Noch heute gültig.
Hierin wurde die weitere expansive und aggressive Politik festgeschrieben. In der NATO ­ Diktion:
Verteidigung gemeinsamer Werte ohne geographische Einschränkung.
Die Erklärung von Rom wurde erweitert mit der Androhung des Ersteinsatzes von Nuklearwaffen gegen
Nichtatomwaffenstaaten, falls diese chemische oder biologische Waffen gegen die NATO einsetzen. Die
Risiken wurden um den Begriff religiöser Fanatismus erweitert.
Die NATO begeht Völkerrechtsbruch indem sie Angriffskriege konzipiert und durchführt ( Jugoslawien ).
Anders ausgedrückt: Ohne UN ­ Mandat nicht Art.5 Operation durchführt.
Der Bonner Staatssekretär Rühl bezeichnete dies als „ Wandel zur offensiv operierenden
Interventionsallianz“.
Der US ­ Botschafter Burns sagte 2003 vor der Nordatlantischen Versammlung; „Die Zukunft der NATO
liegt im „Großen Mittleren Osten“.
Hier sei eingefügt, dass es in der BRD ­ Politik eine ganze Reihe Strategie ­ Papiere zum Thema „Mittlerer
Osten“ gibt. Folgende möchte ich erwähnen:

   ­   SPD ­„Zukunftsregion Kaspisches Meer“ ( Bundestagsfraktion Juni1998 )
   ­   CDU ­ „Drehtür zwischen Ost und West“ Frankfurter Rundschau 7.3.2001
   ­   Mitglieder des Planungsstabes des AA ­ „Neues Great Game in Zentralasien“ erschienen in
       Österreichischer Militär ­ Zeitschrift 5 / 2001
   ­   Leiter des AA ­ Planungsstabes ­ „ New Great Game in Zentralasien“ ­ Frankfurter Allgemeine
       15.5.2001

Gestatten Sie noch einige Ausführungen zu ausgewählten NATO ­ Gipfeln.

Am 21. / 22.11.2002 fand in Prag ein inhaltlich bedeutsames Gipfeltreffen statt. Ergebnisse / Vorhaben:

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­   Aufnahme von Bulgarien, Rumänien, Litauen, Lettland, Estland, Slowakei und Slowenien in die
       NATO.
   ­   Die Bekämpfung des Terrorismus und der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und
       Trägermittel fanden Aufnahme in die Strategie.
   ­   Bildung von NATO ­ Reaktionskräften ( Response Forces ) NRF. Diese sollen hochmodern, flexibel,
       dislozierbar, interoperabel und durchhaltefähig sein. Einsatzbereit 2006.
   ­   Veränderungen der Kommandostruktur
   ­   Verbesserung militärischer Fähigkeiten in folgenden Bereichen: ABC und radiologische Waffen,
       Aufklärung, Überwachung und Zielerfassung, Luft ­ Boden ­ Überwachung, Führungs­ und
       Kommunikationssysteme, präzisionsgelenkte Munition, strategische Luft ­ und Seetransporte.
   ­   Fähigkeit zur Verteidigung gegen Software ­ Angriffe.
   ­   Maßnahmen gegen Raketenbedrohung
   ­   NATO ­ Russland ­ Rat . Seit 91 Zusammenarbeit, 94 Programm „Partnerschaft für den Frieden“, 97
       Grundakte zur Zusammenarbeit, Ständiger Vertreter bei GS und SHAPE.
   ­   Mittelmeerdialog

Bei verschiedenen Gipfeltreffen, so 2004 in Istanbul und 2008 in Bukarest, wurden die Fragen der KSE
behandelt. Nach ergebnisloser MBFR 1990 unterzeichnet, November 91 in Kraft gesetzt, 1999
Übereinkommen über die Anpassung des Vertrages ( Adaptierter KSE Vertrag ­ AKSE ). Probleme Georgien
und Moldawien. Baltikum nicht beigetreten. 2007 hat Russland den Vertrag ausgesetzt. Begrenzung: Panzer,
gepanzerte Kampffahrzeuge, Artillerie über 100 mm, Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber.
Ebenso standen verschiedene Kooperationen zur Diskussion:
Beim Mittelmeerdialog ­ Israel und Ägypten.
Ansonsten ­ Neuseeland, Australien, Japan, Korea und Singapur ( Beiträge in Afghanistan ).
Über die Aufnahme von Georgien und der Ukraine wurde mehrfach debattiert. Partnerschaften gibt es auch
mit Bosnien­ Herzegowina, Montenegro und Serbien.

Im Januar 2008 überraschten 5 ehem. hohe Generale ( darunter Klaus Naumann ) mit einer Erklärung. Sie
fordern den Atomkrieg als Option. Mit der absurden Begründung, um eine Weiterverbreitung von
Atomwaffen zu verhindern, soll die NATO ihre eigenen einsetzen. Also einen nuklearen Erstschlag auch
gegen Nichtatomwaffenstaaten. Ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Die NATO soll einen Konflikt bereits mit
einem Erstschlag beginnen. Hier werden die US ­ Pläne von begrenzten Nuklearschlägen tangiert ( Beispiel
Iran ). Die Generale fordern auf nationale Vorbehalte keine Rücksicht zu nehmen und Kriege auch ohne UN ­
Zustimmung oder Auftrag zu führen.

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Fazit:

Der Ersteinsatz von Nuklearwaffen im Rahmen der NSK steht im Widerspruch zum Atomwaffensperrvertrag
( Art. VI ). Der IGH hat schon 1996 die Drohung mit Atomwaffen für völkerrechtswidrig erklärt..
Das NSK wurde auch in den Parlamenten der NATO ­ Staaten nicht ratifiziert.
Die Strategie des Gleichgewichts der Kräfte wurde fallengelassen und ersetzt durch „Krisenbewältigung und
Partnerschaft“. Krisenbewältigung beschreibt die offensive militärische Ausrichtung. Der Begriff „defensiver
Charakter des Bündnisses“ taucht nicht mehr auf. Die NATO mandatiert sich selbst, ist im Selbstverständnis
der UN nicht mehr untergeordnet. Die NATO versteht sich als zentrale Organisation, fühlt sich nicht an UN ­
Charta und Völkerrecht gebunden ­ eine Rückkehr zum Faustrecht.

Ein letztes Problem:

Der bevorstehende Gipfel in Straßburg und Baden ­ Baden soll genutzt werden, nicht nur um 60 Jahre
„Friedensmission der NATO“ zu feiern, sondern um eine neue Strategie auf den Weg zu bringen.
Die Transatlantische Achse wird betont. Die Aufnahme der Ukraine und Georgiens wird vorbereitet.
Frankreich kehrt in die militärische Integration zurück.
Merkel, Shea, die Grünen ( Böllstiftung und namentlich Trittin), der Vizepräsident der USA u.a. kreieren
einen Vorschlag zur Erarbeitung einer neuen NATO ­ Strategie.

Frau Merkel stellt folgende Forderungen für das NSK:

   1. Die Kooperation muss die Grundlage des Handelns sein, Kooperation zwischen den USA und der EU.
   2. Ein Konzept der vernetzten Sicherheit würde den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht.
         D.h. Krisenbewältigung und Krisenprävention müssen durch ein Miteinander von politischen,
         entwicklungspolitischen, polizeilichen, z.T. kulturpolitischen und militärischen Maßnahmen erfolgen.
         Man muss Wege finden, wie die militärischen Fähigkeiten der NATO mit dem Konzept der vernetzten
         Sicherheit verbunden werden können und daraus die notwendigen Kooperationen entstehen.

Vernetzte Sicherheit prägt die Europäische Sicherheits ­ und Verteidigungspolitik. Der ratifizierte
Lissabonner Vertrag würde die vernetzte Sicherheit festigen. Die Außen ­ und Sicherheitspolitik soll in eine
Hand. Bisher hatte die EU 22 Missionen realisiert. Zur Zeit laufen 13 Missionen ­ Tschad, Afghanistan,
Kosovo, Bosnien Herzegowina, Palästina, Piraterie, Kongo usw.. Auch die NATO soll nicht nur als
militärisches Bündnis begriffen werden.

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Forderung von Merkel: ESVP und NATO dürfen sich nicht gegenseitig schwächen. Deshalb soll die
Verteidigungsplanung harmonisiert werden, denn die Abschreckung bedarf eines breiten Spektrums.

Die NATO formulierte 2008 schon mal:
„Unsere Operationen unterstreichen, dass es notwendig ist, moderne, interoperable, flexible und
durchhaltefähige Streitkräfte zu entwickeln und zu stationieren. Diese Kräfte müssen in der Lage sein, auf
Entscheidungen des Rates kollektive Verteidigungsoperationen und Krisenreaktionseinsätze im
Bündnisgebiet und darüber hinaus, an seiner Peripherie, in strategischer Entfernung und mit nur geringer oder
gar keiner Unterstützung durch den Gastgeberstaat durchzuführen“.

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