Anerkannte Impfschäden in der Bundesrepublik Deutschland 1990-1999

 
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Anerkannte Impfschäden in der Bundesrepublik Deutschland 1990-1999
Bundesgesundheitsbl -
    Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz                     Originalien und Übersichtsarbeiten
    2002 · 45:364–370 © Springer-Verlag 2002
                                                             C. Meyer1 · G. Rasch1 · B. Keller-Stanislawski2 · N. Schnitzler3
                                                             1 Robert Koch-Institut,Berlin
                                                             2 Paul-Ehrlich-Institut,Langen
                                                             3 Bundesministerium für Gesundheit,Bonn

                                                             Anerkannte Impfschäden
                                                             in der Bundesrepublik
                                                             Deutschland 1990–1999

    Zusammenfassung                                          Beitrag zur Transparenz und Vereinheit-             mer zugunsten des Impfstoffs ausfällt.
                                                             lichung bei der Bewertung von Impfkom-              Doch kein Impfstoff kann trotz intensi-
    Mit dem erfreulichen Rückgang einiger                    plikationen leisten.                                ver Überwachung und Qualitätssiche-
    impfpräventabler Erkrankungen und deren                                                                      rung in Herstellung, Zulassung und An-
    Komplikationen dringen mögliche und                      Schlüsselwörter                                     wendung vollständig nebenwirkungsfrei
    vermutete Impfkomplikationen in den                                                                          sein. Als „normale“ Reaktion des Orga-
    Vordergrund des öffentlichen Interesses.Die              Impfkomplikationen ·                                nismus auf den Impfstoff werden lokale
    deskriptive Auswertung einer Befragung der               Entschädigung bei Impfkomplikationen ·              und allgemeine Symptome beobachtet.
    Versorgungsverwaltungen der Länder zeigt,                Surveillance von Impfkomplikationen                 Hiervon zu unterscheiden sind die sel-
    dass Entschädigungen und Anträge auf Ent-                                                                    tenen, durch den Impfstoff hervorgeru-
    schädigungen zu Impfkomplikationen für                                                                       fenen gesundheitlichen Störungen im
    den Zeitraum von 1991 bis 1999 weiterhin                                                                     Sinne von Komplikationen, die in einem
                                                                                                                 ursächlichen Zusammenhang mit der
    rückläufig sind.Im Zeitraum von 1976 bis
    1990 wurden 1139 von 4569 gestellten
    Anträgen anerkannt, im Zeitraum von 1991
                                                             I mpfungen gehören zu den kostenef-
                                                             fektivsten und sichersten Maßnahmen
                                                                                                                 Impfung stehen.

    bis 1999 hingegen nur 389 von 2543 Anträ-                zur Verhinderung von Infektionskrank-                „Vermutete Impfkomplikationen
    gen.38% aller Entschädigungsverfahren                    heiten im Gesundheitswesen. Der Nut-
    beziehen sich auf die seit 1982 nicht mehr               zen von Schutzimpfungen wiegt im Rah-
                                                                                                                    können zu dramatischen Ein-
    durchgeführte Pockenimpfung.Regionale                    men der Entscheidung für eine Impfung                 brüchen in der Impfakzeptanz
    Unterschiede legen die Vermutung nahe,                   die seltenen Risiken und Kosten des                             führen.“
    dass verfahrensbedingte Eigenheiten des                  Impfstoffs sowohl für den einzelnen Ge-
    Gesundheitswesens und gesamtgesell-                      impften als auch für die Bevölkerung                Da Impfungen neben dem individuellen
    schaftliche Veränderungen Grundlage von                  auf. Impfungen haben beim Rückgang                  Gesundheitsschutz auch im Interesse
    unterschiedlichen Häufigkeiten und Raten                 von impfpräventablen Erkrankungen in                der gesamten Bevölkerung stehen, wer-
    sind.Epidemiologische oder kausale Frage-                Deutschland einen wertvollen Beitrag                den auftretende Komplikationen im
    stellungen sind aus den Daten der Versor-                geleistet und sind auch in Zukunft die              Rahmen von staatlichen Versorgungs-
    gungsverwaltungen zu Entschädigungen                     vordringlichste Maßnahme der primä-                 leistungen entschädigt, wobei zur An-
    nach Impfkomplikationen nicht zu beant-                  ren Prävention dieser Erkrankungen.                 erkennung eines Impfschadens in
    worten.Eine valide aussagekräftige Analyse                    Prinzipiell kann jede Impfung zu               Deutschland der mögliche Zusammen-
    von Impfkomplikationen erfordert eine                    Komplikationen führen, wobei für un-                hang mit der Impfung ausreicht (§§60,
    postvakzinale Untersuchung des Einzelfalles.             terschiedliche Impfungen spezifische                61 Infektionsschutzgesetz, IfSG). Mit
    Hier sind in Zukunft aus den Meldedaten des              Komplikationen zu beschreiben sind.                 dem erfreulichen Rückgang einiger In-
    Infektionsschutzgesetzes und anderen neu                 Impfempfehlungen werden nur für
    zu implementierenden Datengrundlagen                     Impfstoffe ausgesprochen, bei denen
    (z.B.DLDB (Data Linked Data Bases) bei                   Komplikationen durch die Erkrankung
    Krankenkassen) Erkenntnisse zu erwarten.                 deutlich häufiger sind als die sehr selten               Dr. Christiane Meyer
    Eine zentrale Gutachterkommission zu Impf-               auftretenden Impfkomplikationen, so                      Robert Koch-Institut,Nordufer 20,13353 Berlin,
    komplikationen könnte einen wertvollen                   dass eine Risiko-Nutzen-Abwägung im-                     E-Mail: MeyerC@rki.de

364 |   Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 4•2002
Anerkannte Impfschäden in der Bundesrepublik Deutschland 1990-1999
Bundesgesundheitsbl -
Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz
2002 · 45:364–370 © Springer-Verlag 2002
                                               fektionskrankheiten und deren Kompli-           vollständigkeit, Underreporting und be-
C. Meyer · G. Rasch · B. Keller-Stanislawski   kationen drängen Impfkomplikationen             schränkter Validität der Daten sowie
N. Schnitzler                                  und Nebenwirkungen in den Vorder-               Verzerrungen durch unterschiedliches
                                               grund einer öffentlichen Diskussion und         Meldeverhalten und unterschiedliche
Vaccine-Related Injuries in Germany            beeinflussen das Impfverhalten im Sin-          Wahrnehmung (recall bias). Es konnte
from 1990 to 1999                              ne einer sinkenden Impfakzeptanz (vgl.          jedoch gezeigt werden, dass der Nutzen
                                               Abb. 1) [1]. Wegen der sinkenden Inzi-          passiver Surveillancesysteme im Rah-
Abstract                                       denz impfpräventabler Erkrankungen              men der Überwachung und der Hypo-
                                               richtet sich das Augenmerk der öffentli-        thesengenerierung zu Impfkomplikatio-
The decrease in infectious diseases prevent-   chen Diskussion zunehmend auf poten-            nen unbestritten ist. Ein aktuelles Bei-
able by immunisation and the absence of        zielle oder auch vermutete Impfkompli-          spiel für die Effektivität dieser Überwa-
complications caused by these diseases         kationen und kann, wie Erfahrungen              chung sind die Rücknahme eines FSME
leads to an increased awareness of vaccine-    mit dem Pertussisimpfstoff und erst             (Frühsommer-Meningoenzephalitis)-
associated adverse events.The analysis of a    jüngst mit dem Masernimpfstoff in Eng-          Impfstoffs oder die Erkenntnisse zu In-
survey of the vaccine injury compensation      land zeigen, zu dramatischen Einbrü-            vagination (Einstülpung eines Darmab-
data from the German Bundesländer shows        chen in der Akzeptanz von Impfungen             schnittes in den folgenden Darmab-
the decrease in accepted and demanded          führen.                                         schnitt) nach oraler Rotavirusimpfung
compensation from 1991 to 1999.From 1976             Da Impfungen in der Regel voll-           [10, 11, 12, 13].
to 1990 1139 of 4569 demands were accept-      ständig gesunden Kindern und Erwach-                  Da Impfungen zusätzlich zu ihrem
ed, whereas from 1991 to 1999, acceptance      senen verabreicht werden, deren indivi-         individuellen Nutzen für den Geimpften
of only 389 of 2543 demands was reported.      dueller Gesundheitsschutz von großem            auch von bevölkerungsmedizinischem
In all, 38% of the accepted compensations      Interesse ist, gilt es, selten auftretende      Interesse sind (Herdimmunität), haben
refer to the smallpox vaccine which is not     unerwünschte Ereignisse besonders zu            eine Reihe von Ländern seit Beginn der
longer recommended by the STIKO (Perma-        beobachten, zu dokumentieren, zu be-            1960er-Jahre Programme zur Entschädi-
nent Vaccination Commission in Germany)        werten und im Schadensfall gegebenen-           gung von Impfkomplikationen verab-
since immunisation against smallpox was        falls auch zu entschädigen.                     schiedet [14]. In der DDR bestanden seit
stopped in the 1980s.Regional differences            Die Sicherheit eines Impfstoffes          1949 Rechtsverordnungen zur Entschä-
show that process elements of the German       wird heute in standardisierten Verfah-          digung bei Impfkomplikationen, die
healthcare system as well as political and     ren der europäischen und nationalen             1964/65 im Gesetz über den Verkehr mit
social reasons express most of the differ-     Zulassungsbehörden bereits vor der Zu-          Arzneimitteln und im Gesetz zur Verhü-
ences in rates and prevalence of vaccine       lassung genauestens geprüft (CPMP:              tung und Bekämpfung übertragbarer
associated adverse events.Epidemiological      Committee for Proprietary Medicinal             Krankheiten gesetzlich geregelt und
questions and questions of causality cannot    Products, EMEA: European Medicines              1974/75 durch weitere Durchführungs-
be answered by the analysis of data collect-   Evaluation Agency). Sehr selten auftre-         bestimmungen erweitert wurden [15, 16,
ed in vaccine injury programs.Valid analysis   tende Impfkomplikationen (≤ 1:10.000            17]. In der Bundesrepublik Deutschland
needs a register of individual documented      Impfungen) sind in solchen klinischen           wurde ein solcher Entschädigungsan-
cases of vaccine adverse events.The surveil-   Zulassungsstudien nicht immer voll-             spruch in einem Urteil des Bundesge-
lance of adverse events following immuni-      ständig auszuschließen [2, 3], weshalb          richtshofes erstmalig 1953 bestätigt. Seit
sation will make progress by the analysis of   die Überwachung unerwünschter Ne-               1961 besteht in der Bundesrepublik eine
data reported according to the Protection      benwirkungen von Impfstoffen in                 im Bundes-Seuchengesetz und seit 1. Ja-
against Infection Act (IfSG) and by further    Deutschland nach ihrer Zulassung – bis-         nuar 2001 im IfSG erneut gesetzlich ver-
surveillance systems that should be imple-     her als Spontanerfassung durch die Ärz-         ankerte Entschädigungsmöglichkeit bei
mented in the near future.A centralised        te (verankert in den Berufsordnungen            Auftreten von Impfkomplikationen
commission with expert opinion concerning      der Ärzte und über das Arzneimittel-            (§§60–65 IfSG). Zwölf weitere Länder
causality could increase transparency and      recht [AMG]) und die überwachenden              verfügen über ähnliche Programme zur
homogeneity within judgement and docu-         Behörden (Paul-Ehrlich-Institut) durch-         Entschädigung: Dänemark (1972), Eng-
mentation of vaccine associated adverse        geführt – von besonderer Bedeutung ist.         land (1979), Frankreich (1964), Italien
events.                                        National und international gibt es au-          (1972), Norwegen (1995), Schweden
                                               ßerdem weitere epidemiologische Über-           (1978), Schweiz (1970), Kanada (1985),
Keywords                                       wachungssysteme zur Erfassung und               USA (1988), Neuseeland (1974), Japan
                                               Bewertung von Impfkomplikationen.               (1970) und Taiwan (1988) [14]. Die Aus-
Vaccine-Associated Adverse Events ·            Hier sind passive und aktive Surveillan-        gestaltungen der Programme sind hin-
Vaccine Injury Compensation ·                  cesysteme (Vaccine Advers Event Repor-          sichtlich der Entschädigungsleistungen,
Surveillance for Vaccine-Associated Adverse    ting System-USA, Großbritannien, Ka-            der Entschädigungsgründe, der Finan-
Events                                         nada) [4, 5, 6] von epidemiologischen           zierung, des Begutachtungsprozesses,
                                               und klinischen Studien [7] sowie von so         der Auswahlkriterien und weiterer Pro-
                                               genannten verknüpften Datenbanken               zessmerkmale unterschiedlich, so dass
                                               (Data Linked Data Bases) zu unterschei-         Daten aus solchen Programmen zu Ent-
                                               den [8, 9]. Passive Surveillancesysteme         schädigungen von Impfkomplikationen
                                               zeigen die bekannten Probleme von Un-           schwer zu vergleichen sind.

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Anerkannte Impfschäden in der Bundesrepublik Deutschland 1990-1999
Originalien und Übersichtsarbeiten
                                                                                                           linie 75/319/EWG verpflichtet, alle welt-
                                                                                                           weit aufgetretenen schwerwiegenden
                                                                                                           unerwünschten Arzneimittelnebenwir-
                                                                                                           kungen (UAW) und Verdachtsfälle den
                                                                                                           zuständigen Behörden zu melden. Am
                                                                                                           PEI liegt somit eine vollständige Daten-
                                                                                                           bank zum Nebenwirkungsspektrum der
                                                                                                           Impfstoffe vor, die eine Überwachung
                                                                                                           ermöglicht und geeignet ist, schwerwie-
                                                                                                           gende Nebenwirkungen im Zusammen-
                                                                                                           hang mit Impfungen aufzuzeigen, Hypo-
                                                                                                           thesen über die Ursachen von Impfkom-
                                                                                                           plikationen zu generieren oder einen
                                                                                                           vermuteten Zusammenhang auszu-
                                                                                                           schließen [22].
                                                                                                                Wie bereits erwähnt, besteht in der
                                                                                                           Bundesrepublik seit 1961 zunächst im
                                                                                                           Bundes-Seuchengesetz und seit dem 1.
                                                                                                           Januar 2001 im IfSG ein gesetzlich ver-
                                                                                                           ankerter staatlicher Entschädigungsan-
    Abb.1  Unterschiedliche Phasen der Wahrnehmung von Erkrankungs- und Impfkomplikationen                spruch nach Feststellung eines Impf-
    im Verlauf der Elimination einer impfpräventablen Erkrankung [1]                                       schadens (§§60–65 IfSG). Im IfSG ist au-
                                                                                                           ßerdem die Meldung des Arztes an das
                                                                                                           zuständige Gesundheitsamt bei Ver-
         Entschädigungsleistungen im Rah-                    die aktive Einzelfallanalyse aller post-      dacht auf Vorliegen einer über das übli-
    men solcher Programme ermöglichen,                       vakzinalen Komplikationen möglich.            che Maß hinausgehenden Impfreaktion
    da sie aufgrund der staatlichen Verant-                                                                geregelt (§11 Abs. 2). Hintergrund dieser
    wortung für den Schutz des Individu-                        Daten zu Impfkomplikationen                Meldepflicht ist die Schaffung der Mög-
    ums erfolgen, Leistungen bereits bei ei-                    in Deutschland                             lichkeit einer Beratung durch das Ge-
    nem für möglich erachteten Zusammen-                                                                   sundheitsamt im Rahmen der differen-
    hang von Impfung und Komplikation.                       Von 1971 bis 1990 wurden in der Bundes-       zialdiagnostischen Maßnahmen und
    Daten, die auf der Grundlage der Ent-                    republik dem Bundesgesundheitsamt             Bewertungen sowie die Schaffung einer
    schädigungen nach Impfkomplikatio-                       (BGA) jährlich die Daten der anerkann-        fundierten Datenbasis zu Impfkompli-
    nen erhoben werden, sind für die Be-                     ten Impfkomplikationen über die Ver-          kationen. Die Meldedaten werden an-
    wertung der Kausalitäten von Impfkom-                    sorgungsverwaltungen der Länder ge-           onymisiert dem PEI zugesandt. Die Mel-
    plikationen sowie zur epidemiologi-                      meldet und in einem Impfschadensregis-        dung umfasst (§11 Abs. 2) die Bezeich-
    schen Nutzung für die Berechnung von                     ter zusammengeführt [20, 21]. Als Be-         nung des Produkts, den Namen des
    Inzidenzen und Prävalenzen deshalb                       zugsgrößen lagen die Daten der durch          pharmazeutischen Unternehmens, Char-
    nur begrenzt nutzbar und müssen be-                      den öffentlichen Gesundheitsdienst            genbezeichnung, Zeitpunkt der Imp-
    sonders vorsichtig interpretiert werden                  durchgeführten Impfungen vor. Eine Be-        fung, Beginn der Erkrankung, Geburts-
    [18, 19]. Wie andere passive Surveillan-                 rechnung der Inzidenz von Impfkompli-         datum des vermeintlich Geschädigten,
    cesysteme auch können sie allenfalls als                 kationen war aufgrund der Unvollstän-         Geschlecht, den ersten Buchstabe des
    Frühwarnsysteme sowie zur Hypothe-                       digkeit von Nenner und Zähler nicht           Nachnamens und ersten Buchstabe des
    sengenerierung dienen und passive Sur-                   möglich. Seit 1965 wurde in der DDR die       Vornamens (vgl. Meldebogen unter
    veillancesysteme ergänzen.                               Mehrzahl aller atypischen Impfverläufe        http://www.pei.de oder http://www.rki.de).
                                                             erfasst [15]. Seit dem Jahr 1988 verpflich-
         „Daten über Impfschäden, die                        ten die Berufsordnungen im Bundesge-            Methode der Datenerhebung
                                                             biet alle Ärzte zur Meldung uner-
         aufgrund von Entschädigungs-                        wünschter Arzneimittelnebenwirkun-            Im Jahr 2000 wurde vom Bundesminis-
          leistungen erhoben werden,                         gen an die Arzneimittelkommission der         terium für Arbeit und Sozialordnung in
           sind nur begrenzt nutzbar.“                       deutschen Ärzteschaft. Die Meldungen,         Zusammenarbeit mit dem Bundesminis-
                                                             die Impfstoffe betreffen, werden in an-       terium für Gesundheit (BMG), dem Ro-
    Ohne effektive, valide und vollständige                  onymisierter Form an das Paul-Ehrlich-        bert Koch-Institut (RKI) und dem PEI
    Erfassungssysteme zur Aufdeckung von                     Institut (PEI) weitergeleitet. Spontan-       eine Befragung der Versorgungsverwal-
    Impfkomplikationen droht die Diskus-                     meldungen von Angehörigen der Ge-             tungen der Länder veranlasst. Diese
    sion über Nebenwirkungen von Impfun-                     sundheitsberufe und von Impfstoffher-         wurden hinsichtlich der Häufigkeit und
    gen zu Verwirrung und zur Ablehnung                      stellern werden hier ebenfalls zusam-         Art der nach Impfungen auftretenden
    von Impfungen zu führen (vgl. Abb. 1).                   mengeführt. Impfstoffhersteller sind          Gesundheitsstörungen und den erfolg-
    Eine wissenschaftliche Analyse der                       aufgrund des Arzneimittelgesetzes und         ten Impfentschädigungen im Zeitraum
    Komplikationen ist auf Dauer nur über                    in Übereinstimmung mit der EU-Richt-          von 1991 bis 1999 befragt. Mittels eines

366 |   Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 4•2002
Anerkannte Impfschäden in der Bundesrepublik Deutschland 1990-1999
Abb.2  Anerkennung von Impfschäden in Deutschland 1972–1999, 1972–1990 BRD;1991 –1999
alte und neue Bundesländer

nicht standardisierten Fragebogens             te Impfschäden seit 1972 in den alten            fehlender Daten nicht möglich, so dass
wurden aggregierte Daten für den inter-        Bundesländern aufgrund einer Impf-               ein Bevölkerungsbezug die einzige Mög-
essierenden Zeitraum erhoben und die           schadensmeldung. Nach der Wiederver-             lichkeit darstellt, Verzerrungen auf-
Daten nach Abschluss der Erhebungs-            einigung stehen seit 1991 gemeinsame             grund von unterschiedlichen Bezugs-
phase dem RKI 2000 zur Auswertung              Daten für die alten und neuen Bundes-            größen zu bereinigen.Wurden 1991 noch
zugesandt. Es zeigte sich, dass die auf        länder zur Verfügung. Eindrücklich lässt         0,081 Impfkomplikationen für 100.000
diese Weise erhobenen Daten (aus-              sich der stetig abnehmende Trend bis zu          Einwohner anerkannt, so ist diese Rate
schließlich aggregierte, nicht standardi-      Beginn der 1990er-Jahre zeigen. Dieser           1999 auf 0,029/100.000 gefallen. In der
sierte Daten) zwar eine Beschreibung           setzt sich auch im Verlauf der 1990er-           Bundesrepublik werden pro Jahr im Be-
der Situation ermöglichen, jedoch keine        Jahre fort. Aufgrund des Bevölkerungs-           richtszeitraum im Mittel 0,053 Impf-
differenzierten Analysen bezüglich epi-        wachstums durch die Wiedervereini-               komplikationen/100.000 Einwohner
demiologischer und kausaler Fragestel-         gung ist in diesen Jahren ein Anstieg der        entschädigt, wobei hier zwischen den
lungen erlauben. Im Folgenden werden           Antragstellungen zu beobachten. Die              neuen und alten Bundesländern ein Un-
deshalb die Impfschadensmeldungen              Zahl der Anerkennungen von Impfkom-              terschied zu beobachten ist (alte Bun-
nur im Hinblick auf ihre Häufigkeit, den       plikationen ist jedoch auch nach 1991            desländer 0,046/100.000; neue Bundes-
zeitlichen Verlauf und die regionalen          weiter rückläufig.                               länder 0,099/100.000). In den Jahren
Unterschiede dargestellt.                                                                       1991 bis 1999 wurden in Deutschland
                                                   „Die Anzahl der Anträge auf                  2543 Anträge auf Anerkennung eines
  Ergebnisse der Datenerhebung                                                                  Impfschadens gestellt (Datengrundlage:
                                                 Anerkennung von Impfschäden                    16 Bundesländer). Von diesen wurden
Der Auswertung liegen Daten aus 16               ist seit Anfang der 1990er-Jahre               389 Anträge anerkannt (vgl.Abb. 4). Dies
Bundesländern zu Grunde, die jedoch                         rückläufig.“                        entspricht einer Anerkennungsrate von
bezüglich Dokumentation, Zeitraum,                                                              insgesamt 15,2% (alte Bundesländer
Bewertung der Gesundheitsstörung,              Abbildung 3 zeigt diesen rückläufigen            15,3%; neue Bundesländer 15,2%). 32,8%
verwendeter Definitionen sowie Diffe-          Trend für die Jahre 1991 bis 1999 in Be-         (833) der gestellten Anträge wurden in
renzierungsgrad zum Teil sehr unter-           zug auf 100.000 Einwohner (Daten-                den neuen Bundesländern bearbeitet.
schiedlich sind.                               grundlage: 13 Bundesländer). Eine Stan-               Im Rahmen der Frage von Impf-
     Die Abb. 2 zeigt den zeitlichen Ver-      dardisierung auf durchgeführte Impfun-           komplikationen interessiert, welche Ge-
lauf für gestellte Anträge und anerkann-       gen oder geimpfte Personen ist wegen             sundheitsstörungen für welche Impf-

                                                                               Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 4•2002   | 367
Originalien und Übersichtsarbeiten
                                                                                                              diesen Bundesländern 1,7 bis 1,9 Millio-
                                                                                                              nen Dosen Impfstoff im Jahr verimpft
                                                                                                              worden [23]. Dies entspräche einer ma-
                                                                                                              ximalen Rate von sieben Komplikatio-
                                                                                                              nen/16 Millionen Impfstoffdosen. Die
                                                                                                              berichteten Gesundheitsstörungen die-
                                                                                                              ser sieben Kinder betreffen: eine voll-
                                                                                                              ständig ausgeheilte Meningitis, einmal
                                                                                                              Impfmasern, einen unklaren fortschrei-
                                                                                                              tenden Hirnabbauprozess, eine spasti-
                                                                                                              sche Diplegie und eine Halbseitenläh-
                                                                                                              mung mit Gangstörung (zwei ohne nä-
                                                                                                              here Angaben). Eine nachträgliche kau-
                                                                                                              sale Bewertung dieser Ereignisse ist
                                                                                                              nicht möglich. Systematische Analysen
                                                                                                              oder Kausalitätsbewertungen anhand
                                                                                                              der von der WHO definierten Kausali-
    Abb.3  Anerkannte Impfkomplikationen in Deutschland pro 100.000 Einwohner/Jahr
                                                                                                              tätskriterien [24] sowie epidemiologi-
                                                                                                              sche Analysen erlaubt das vorhandene
                                                                                                              Datenmaterial ebenfalls nicht.
    stoffe auftreten und entschädigt werden.                 therie-Pertussis-Tetanus) bzw. DPTPo-
    Hierzu liegen für den Zeitraum von 1991                  lio, 4% FSME, 3% MMR (Masern,                      Bewertung und Ausblick
    bis 1999 nur aus sechs Bundesländern                     Mumps, Röteln)/Masern, 2% Keuch-
    differenzierte Angaben vor. Werden alle                  husten, 2% Hepatitis, 3% Vierfachkom-            Die vorliegende Arbeit hat aus einer Be-
    berichteten Impfkomplikationen über                      bination, 1% Fünffachkombination, 6%             fragung des Bundesministeriums für
    der Zeitraum 1972 bis 1999 zusammen-                     sonstige), obwohl die Pockenimpfung              Arbeit und Sozialordnung in Zusam-
    gefasst, zeigt sich die in Abb. 5 dargestell-            nicht mehr und die BCG-Impfung nur               menarbeit mit dem BMG eine darstel-
    te Verteilung. Die Verteilung der Ent-                   noch selten durchgeführt wurden.                 lende Bewertung der in Deutschland
    schädigungen nach Impfstoffarten                              In der Öffentlichkeit werden insbe-         von 1991 bis 1999 anerkannten Entschä-
    (Abb. 5) zeigt, dass in 64,7% der Fälle ei-              sondere Komplikationen nach Verwen-              digungen wegen Impfkomplikationen
    ne Gesundheitsstörung nach Pocken-                       dung von Masern-Mumps-Rötelnimpf-                vorgenommen.
    schutzimpfung, in 6,6% der Fälle nach                    stoff (MMR-Impfstoff) diskutiert. Nur                 Gegenüber den Auswertungen des
    Impfung mit BCG (Bacille-Calmette-                       3% (sieben Fälle) der von sechs Bundes-          Impfschadensregisters des BGA [20, 21]
    Guerin-Vakzine, Tuberkulose-Vakzine)                     ländern gemeldeten Komplikationen                zeigt sich in den vorliegenden Daten ei-
    und in 8,1% der Fälle eine Gesundheits-                  betreffen diese Impfung.Ausgehend von            ne weitere Abnahme sowohl der Anzahl
    störung nach einer Impfung gegen Po-                     einer vorsichtigen Schätzung und bei ei-         der gestellten Anträge als auch der Zahl
    liomyelitis (OPV) entschädigt wird. Die-                 ner angenommen Durchimpfungsrate                 der anerkannten Impfschäden (von 1976
    se Impfungen sind von der STIKO seit                     für die erste Masern-Mumps-Röteln-               bis 1990: 1139 Anerkennungen bei 4569
    längerem nicht mehr empfohlen, die                       impfung von circa 75 bis 80%, sind in            Anträgen; von 1991 bis 1999: 389 Aner-
    Pockenschutzimpfung wird seit 1982 in
    Deutschland nicht mehr durchgeführt.
    Auf diese Impfungen entfällt jedoch der
    größte Teil der anerkannten Impfschä-
    den. Erwartungsgemäß betrifft ein wei-
    terer großer Anteil der Entschädigungen
    Gesundheitsstörungen infolge einer
    Impfung mit dem Ganzkeim-Pertussis-
    Impfstoff, der ebenfalls von der STIKO
    nicht mehr empfohlen wird. Gesund-
    heitsstörungen in Folge der Tetanusimp-
    fung sind ebenfalls häufiger gemeldet
    worden. Die Betrachtung der Daten
    aus einem aktuelleren Zeitraum (1991
    bis 1999, sechs Bundesländer (Baden-
    Württemberg, Bayern, Berlin, Branden-
    burg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen)
    n=228) zeigt jedoch deutlich, dass die-
    ses Muster auch in den 1990er-Jahren
    bestehen blieb (35% Pocken, 13% BCG,                     Abb.4  Anzahl der beantragten und anerkannten Impfschäden 1991–1999 (Alt alte Bundesländer,
    12% Polio, 9% Tetanus, 10% DPT (Diph-                    Neu neue Bundesländer)

368 |   Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 4•2002
deutschen Staaten eine Neubeurteilung
                                                                                                   der Impfkomplikationsfälle nach Bun-
                                                                                                   des-Seuchengesetz erfolgte. Gleichzeitig
                                                                                                   erlebten die neuen Bundesländer nach
                                                                                                   1990 eine Welle von Anträgen zu vermu-
                                                                                                   teten Impfkomplikationen, deren Impf-
                                                                                                   ereignis schon Jahre zurücklag. Soweit
                                                                                                   möglich, wurden diese möglichen syste-
                                                                                                   matischen Verzerrungen in der Daten-
                                                                                                   auswertung berücksichtigt. Da diese je-
                                                                                                   doch nicht von vornherein Gegenstand
                                                                                                   der Befragung waren, ist eine vollstän-
                                                                                                   dige Kompensation dieser Effekte auf-
                                                                                                   grund der vorliegenden Daten nicht
                                                                                                   möglich.
                                                                                                        Es konnte auch gezeigt werden, dass
                                                                                                   noch in den 1990er-Jahren die Hälfte der
                                                                                                   Entschädigungsleistungen auf Impfun-
                                                                                                   gen entfielen, die von der STIKO seit län-
                                                                                                   gerem nicht mehr empfohlen und daher
                                                                                                   nicht mehr durchgeführt wurden. Be-
Abb.5  Verteilungen der anerkannten Impfkomplikationen nach Art des Impfstoffes 1972–1999.
                                                                                                   sonders ins Auge fallen hier Entschädi-
*aP und Ganzkeim. **OPV und IPV (OPV orale Poliomyelitis-Vakzine, IPV inaktivierte
Poliomyelitis-Vakzine, aP Pertussis-Antigen, BCG Tuberkulose, D Diphtherie, T Tetanus,             gungen im Zusammenhang mit der seit
DPTpolio Diphtherie-Pertussis-Tetanus-Polio, MMR Masern-Mumps-Röteln, HIB Hämophilus,              1982 nicht mehr empfohlenen Pocken-
FSME Frühsommer-Meningoenzephalitis)                                                               schutzimpfung (38% der Entschädigun-
                                                                                                   gen von 1991 bis 1999). Hier spielen
                                                                                                   wahrscheinlich Migrationsprozesse eine
                                                                                                   nicht unerhebliche Rolle. Entschädi-
kennungen bei 2543 Anträgen). Wurden             vorliegen, wird in der vorliegenden Aus-          gungsleistungen nach Pockenschutz-
in den Vorjahren noch 24,9% der Anträ-           wertung als angleichende Bezugsgröße              impfungen wurden möglicherweise un-
ge auf Entschädigung nach Impfkompli-            die Bevölkerung eines Bundeslandes am             ter Berücksichtigung der damals reali-
kationen anerkannt, so waren es von              Ende eines Berichtsjahres gewählt, um             sierten Pflichtimpfung auch in der Bun-
1991 bis 1999 nur noch ca. 15,2%. Beim           eine Verzerrung über unterschiedliche             desrepublik Deutschland großzügiger
Vergleich der Daten aus diesen Zeiträu-          Zähler zu vermeiden. Unterschiedliche             gehandhabt. So stellen die beschriebe-
men sind jedoch eine Reihe von metho-            Durchimpfungsraten in den Bundeslän-              nen Daten eher die vorhandene Begut-
dischen Schwierigkeiten zu berücksich-           dern gehen in eine solche Betrachtung             achtungspraxis dar als die wirkliche
tigen. Aktuell liegen veränderte Impf-           jedoch nicht ein. Aus dem Vergleich der           Auftretenshäufigkeit von Impfkompli-
stoffe vor, Impfempfehlungen sind gege-          Daten der neuen und der alten Bundes-             kationen. Da ein großer Teil der für Ent-
benen epidemiologischen Situationen              länder ergeben sich Hinweise darauf,              schädigungsleistungen verantwortli-
und neuen Impfstoffentwicklungen an-             dass die aggregierten Daten aus den Ver-          chen Impfungen heute von der STIKO
gepasst worden, Begutachtungspraxis              sorgungsverwaltungen eher verfahrens-             nicht mehr empfohlen und in der tägli-
und Rechtsprechung sind einem Wandel             bedingte Eigenheiten des Gesundheits-             chen Impfpraxis nicht mehr angewandt
unterworfen, Impfdosen und Zeitpunk-             wesens (Prozesselemente) und des ge-              wird (BCG, OPV, Ganzkeim-Pertussis-
te sind verändert, Inanspruchnahme               sellschaftlichen Umfeldes darstellen, als         impfstoff), ist in Zukunft mit einem wei-
und Versorgung im Gesundheitswesen               dass sie für epidemiologische oder kau-           teren Rückgang der Entschädigungsleis-
haben sich gewandelt und Bevölke-                sale Fragestellungen im Rahmen von                tungen aufgrund von Impfkomplikatio-
rungszahlen sowie Durchimpfungsraten             Impfkomplikationen zu verwenden                   nen zu rechnen.
sind aufgrund demographischer, politi-           sind. Im Rahmen der Plausibilitätsprü-                 Eine valide, aussagekräftige Analyse
scher und anderer Gründe erheblich               fung der Daten zeigten sich erhebliche            von Impfstoffkomplikationen ist aus-
modifiziert. Ohne eine stabile Bezugs-           Differenzen zwischen den alten und                schließlich über Einzelfallanalysen in
größe (Zähler: geimpfte Personen, ver-           neuen Bundesländern. Diese Unter-                 entsprechenden Registern und Erhe-
impfte Dosen) und eine Differenzierung           schiede konnten durch Nachbefragun-               bungen möglich. Es sollten unbedingt
nach Impfstoffen kann eine valide Be-            gen gemindert werden und lassen sich              Daten zu Alter und Geschlecht der
wertung der vorliegenden Daten nicht             z. B. durch unterschiedliche Vorgehens-           Person, zum verabreichten Impfstoff,
vorgenommen werden.                              weisen bei der Datenerhebung erklären.            gleichzeitig verabreichten anderen
     Zur Abschätzung der Häufigkeit              Unterschiedliche Inanspruchnahme von              Impfstoffen und bestehenden Begleiter-
von Impfkomplikationen sind deshalb              staatlichen Versorgungsleistungen sowie           krankungen, zu weiteren anamnesti-
die gemeldeten Fälle auf die verimpften          unterschiedliches Antragsverhalten kön-           schen Daten und Risiken, zu Impfzeit-
Dosen oder aber auf die geimpften Per-           nen ebenfalls eine Rolle spielen, zumal           punkt, Impfdosis, Impfanamnese, Art,
sonen zu beziehen. Da diese Daten nicht          nach der Wiedervereinigung der beiden             Ausmaß und Verlauf der Gesundheits-

                                                                                  Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 4•2002   | 369
Originalien und Übersichtsarbeiten
    störung und zur Kausalität bestehen.                          Eine zentrale Gutachterkommissi-                  11. Niu MT, Erwin DE, Miles Braun M (2001) Data
    Zusätzlich sind epidemiologische Daten                   on, die zu strittigen Fragen der Kausali-                  mining in the US Vaccine Adverse event report-
    zum Zähler (z. B.Anzahl der verimpften                   tät Stellung nimmt und einheitliche Be-                    ing system: early detection of intussusception
                                                                                                                        and other events after rotavirus vaccination.
    Dosen,Anzahl der geimpften Personen)                     wertungskriterien für die Entschädi-
                                                                                                                        Vaccine 19:4627–4634
    unabdingbar, um Aussagen über die In-                    gungsleistungen erarbeitet und bietet,                 12. Murphy TV, Gargiullo PM, Massoudi MS et al.
    zidenz und Prävalenz von Impfkompli-                     wird bereits seit Anfang der 1990er-Jah-                   (2001) Intussusception among infants given
    kationen treffen und diese national und                  re diskutiert [20]. Diese hat auch heute –                 an oral rotavirus vaccine.N Engl J Med
    international vergleichen und bewerten                   wie die unterschiedlichen Daten aus den                    344:564–572
    zu können. Daten aus Programmen zur                      einzelnen Bundesländern zeigen – un-                   13. Verstraeten T, Baughman AL, Cadwell B,
    Entschädigung von Impfkomplikatio-                       vermindert eine Berechtigung und wür-                      Zanardi L, Haber P, Chen RT and the VAERS-
                                                                                                                        Team (2001) Capture-recapture analysis of
    nen können dazu dienen, die Plausibili-                  de einen wertvollen Beitrag zu Transpa-
                                                                                                                        interssusception after Rotavirus vaccination.
    tät anderer bestehender passiver Sur-                    renz und Vereinheitlichung im Umgang                       Am J Public Health 154:1006–1012
    veillancesysteme zu überprüfen und                       mit Impfkomplikationen leisten können.                 14. Evans G (1999) Vaccine injury compensation
    diese gegebenenfalls nach Durchfüh-                                                                                 programs worldwide.Vaccine 17:25–35
    rung einer Capture-Recapture-Analyse
    zu ergänzen [19].
                                                             Literatur                                              15. Dittmann S (1981) Atypische Verläufe nach
                                                                                                                        Schutzimpfungen.Johann Ambrosius Barth,
         Das neue Infektionsschutzgesetz                                                                                Leipzig
                                                              1. Chen RT (1999) Vaccine risks: real, perceived      16. Schneeweiß B,Wiersbitzky S (1991)
    mit der Meldepflicht einer über das üb-                      and unknown.Vaccine 17:41–46                           Schutzimpfungen in der ehemaligen DDR.
    liche Ausmaß hinausgehenden Impfre-                       2. Collet JP, Mac Donald N, Cashman N, Pless R,           Sozialpädiatrie 13:422–425
    aktion setzt hier neue Maßstäbe. Beson-                      and the Advisory Committee on Causality            17. Dittmann S, Müller H (1977) Vademekum für
    ders hervorzuheben ist in diesem Zu-                         Assessment (2000) Monitoring signals for               Impfärzte.Gustav Fischer, Jena
    sammenhang, dass durch die Meldung                           vaccine safety: the assessment of individual       18. Weibel RE, Benor DE (1996) Reporting vaccine-
                                                                 adverse event reports by an expert advisory
    an das zuständige Gesundheitsamt die                                                                                associated paralytic poliomyelitis: concordance
                                                                 committee.Bull World Health Organization               between the CDC and the National vaccine
    Möglichkeit der beratenden Tätigkeit                         78:178–186
    für das differenzialdiagnostische Vorge-                                                                            injury compensation Program.
                                                              3. Andrews NJ (2001) Statistical assessment               Am J Public Health 86:734–737
    hen im Einzelfall besteht und somit in                       of the association between vaccination and         19. Prevots DR, Sutter RW, Strebel PM,Weibel RE,
    Zukunft Fragen der Kausalität auch pro-                      rare adverse events post-licensure.Vaccine             Cochi SL (1994) Completeness of reporting for
    spektiv bearbeitet und damit belastbare                      20:49–53                                               paralytic poliomyelitis, United States, 1980
    Daten zum Zusammenhang von Imp-                           4. Braun M, Ellenberg S (1997) Descriptive epide-         through 1991.Implications for estimating the
    fungen und nachfolgender Gesundheits-                        miology of adverse events after immunization:          risk of vaccine-associated disease.
                                                                 reports to the Vaccine Adverse Event Reporting
    störung generiert werden können.                                                                                    Arch Pediatr Adolesc Med 148:479–485
                                                                 System (VAERS) 1991–1994.J Pediatr                 20. Zastrow KD, Schöneberg I, Koch MA (1993)
         In anderen Ländern bestehen gute                        131:529–535
    Erfahrungen mit der Verknüpfung von                                                                                 Erfassung und Bewertung von Impfschäden in
                                                              5. Mehta U, Milstien JB, Duclos P, Folb PI (2000)         der Bundesrepublik Deutschland und das
    Daten aus großen Routinestatistiken,                         Developing a national system for dealing with          Impfschadensregister des BGA.
    z. B. von Krankenkassen und Kranken-                         adverse events following immunization.                 Bundesgesundheitsbl 36:516–518
    häusern in so genannten „Data Linked                         Bull World Health Organization 78:170–177          21. Schöneberg I, Zastrow K-D (1994) Anerkannte
    Data Bases“ (DLDB) [9, 11]. Auch hier                     6. Singleton JA, Loyd JC, Mootrey GT, Salive ME,          Impfschäden in der Bundesrepublik Deutsch-
                                                                 Chen RT,VAERS Working Group (1999) An over-
    bietet das Infektionsschutzgesetz neue                                                                              land 1971–1990.Bundesgesundheitsbl
                                                                 view of the vaccine adverse reporting system           37:109–112
    Interventionsmöglichkeiten; erste Mo-                        (VAERS) as a surveillance system.Vaccine
    dellprojekte zur Erfassung von Impfra-                                                                          22. Keller-Stanislawski B, Hartmann K (2001)
                                                                 17:2908–2917                                           Existiert ein Zusammenhang zwischen
    ten auf der Basis von Krankenkassenda-                    7. Annamari P, Paunio M, Kinnunen E, Junttila O,          Impfungen und Typ-1-Diabetes mellitus bei
    ten entstehen aktuell. Hier sollte in Zu-                    Hovi T, Peltola H (2001) Risk of Guillain-Barré        Kindern und Jugendlichen.Bundes-
    kunft auch die Erfassung von Impfkom-                        syndrom after measles-mumps-rubella                    gesundheitsbl – Gesundheitsforsch –
    plikationen berücksichtigt werden.                           vaccination.J Pediatr 138:250–254                      Gesundheitsschutz 44:613–618
                                                              8. Chen RT, Glassner JW, Rhodes PH et al.(1997)       23. Hans Kuss (2001) Impfconsulting, Mozartstr.
                                                                 Vaccine safety datalink project: a new tool for        49, 65812 Bad Soden, persönliche Mitteilung
                                                                 improving vaccine safety Monitoring in the         24. WHO (2001) Causality assessment of adverse
                                                                 United States.Pediatrics 99:765–773                    events following immunization.
                                                              9. Chen RT, de Stefano F, Davis RL et al.(2000) The       Wkly Epidemiol Rec 12(76):85–92
                                                                 vaccine safety datalink: immunization research
                                                                 in the health maintenance organizations in the
                                                                 USA.Bull World Health Organization
                                                                 78:186–194
                                                             10. Zanardi LR, Haber P, Mootrey GT, Niu MT,
                                                                 Wharton M (2001) Intussusception among
                                                                 recipients of rotavirus vaccine: reports to the
                                                                 vaccine advers event reporting system.
                                                                 Pediatrics 107:E 97

370 |   Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 4•2002
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