Anorexie und Bulimie Die Ursachen psychosomatischer Essstörungen und ihre Auswirkungen auf den Betroffenen und sein Umfeld

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                      Anorexie und
                               Bulimie

                                 Die Ursachen
                         psychosomatischer Essstörungen
  und ihre Auswirkungen auf den Betroffenen und sein Umfeld

                                  Karl Kiser / Biologie
                                  Matura-Arbeit 1999
                                     Claudia Binz
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Inhaltsangabe

1
Einleitung
Begriffsdefinitionen: Anorexie und Bulimie
Die Herkunft und Geschichte der Essstörungen

2
2.1 Der „Sinn“ der Magersucht
2.2 Ursachen der Magersucht
2.3 Symptome und Auswirkungen der Magersucht

3
3.1 Der „Sinn“ der Bulimie
3.2 Ursachen der Bulimie
3.3 Symptome und Auswirkungen der Bulimie

4
4.1 Essstörungen in unserer Gesellschaft: Eine Fallstudie
4.2 Analyse der Fallstudie

5
5.1 Das Umfeld der Betroffenen: ein Interview
5.2 Wer ist von Essstörungen betroffen?
5.3 Therapiemöglichkeiten

6
6.1 Schlusswort
6.2 Quellenangaben
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1.1     Einleitung

Magersucht und Bulimie – Begleiterscheinungen unserer Zeit, unserer Konsumgesellschaft? Nein.
Gegeben hat es sie schon immer, dennoch treten sie seit Mitte unseres Jahrhunderts verstärkt hervor.
Immer mehr Menschen, mehrheitlich junge Frauen, sind davon betroffen, nicht wenige tragen über die
Jahre hinweg schwerwiegenden Schäden davon.
Eine Studie des amerikanischen „National Eating Disorder Screening Programs“ belegt, dass 15% der
jungen Frauen an Esstörungen leiden, dass ungefähr 1000 junge Amerikanerinnen jährlich an
Essstörungen sterben und dass über 5 Millionen Amerikanerinnen von Essstörungen betroffen sind.
Essstörungen sind psychosomatische, also psychisch bedingte Krankheiten, sind Süchte, sind äusserst
schädlich für Körper und Geist – und in den schlimmsten Fällen todbringend. Und obwohl die Betroffenen
sich über die Folgen ihrer Krankheit genaustens im Klaren sind, sind sie nicht imstande, einen
Schlussstrich zu ziehen. Gefangen in den Klauen des Schlankheitswahns, dem Streben nach dem Ideal.

1.2     Begriffsdefinitionen

a) Anorexie

Das Wort ‚Anorexie‘, zu Deutsch ‚Magersucht‘, kommt aus dem Lateinischen (anorexia) und bedeutet
soviel wie ‚Appetitlosigkeit‘, wobei diese Erklärung äusserst irreführend ist. Magersüchtige sind nicht
appetitlos – ganz im Gegenteil. Das eigentlich erwünschte Hungergefühl, das den Betroffenen
Selbstkontrolle vermittelt, ist quälend und zerstörerisch. Schliesslich sind sie so aufs Hungern fixiert, dass
sich ihr ganzes Denken und Fühlen nur um das Essen, respektive das Nichtessen dreht – der Betroffene
hungert sich buchstäblich zu Tode. Selbst wenn sie bereits ein erhebliches Untergewicht aufweisen, halten
die Patienten sich für fett.

b) Bulimie

Das Wort ‚Bulimie‘, zu Deutsch ‚Fettsucht‘ ist ebenso wie die Magersucht eine psychosomatische
Essstörung, wenn auch weniger bekannt und bei weitem weniger offensichtlich als die Anorexie. Bei der
Bulimie, Fachbegriff ‚Bulimia Nervosa‘ (der Zusatz "nervosa" weist auf die psychischen Ursachen der
Eßstörung hin), konsumiert, respektive verschlingt der Patient unmässige Mengen an Nahrungsmitteln,
oftmals verzehrt der Betroffene bis zu 10'000 kcal pro „Heisshungerattacke“, und dies innert kürzester
Zeit. Unmittelbar nach einem solchen Anfall erbricht er sich (selbstinduziertes Erbrechen) oder nimmt
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Abführmittel zu sich, um die eingenommenen Kalorien schnellstmöglichst wieder loszuwerden.
Oftmals kommen die beiden Süchte auch gekoppelt vor, meist entwickeln sich langfristige Magersüchtige
zu krankhaften Bulimikern. Die Unterscheidung der beiden ist schwierig, zwar sind beide
Krankheitsbilder jeweils durch typische Merkmale gekennzeichnet, der Übergang ist jedoch fließend. Bei
vielen Patientinnen tritt eine Mischung von Symptomen auf, man spricht dann von einer Bulimanorexie.

1.3     Geschichte der Essstörungen

„Freud vermutete unter anderem eine Furcht vor dem Frausein und der Heterosexualität, andere stellen mit
ihr einhergehende Hyperaktivität fest, häufig wird auch der Verdacht überdurchschnittlicher Intelligenz
oder ähnlicher unfraulicher Eigenschaften ausgesprochen“, so Brumberg in seinem Buch „Todeshunger“,
worin er die Geschichte der Magersucht vom Mittelalter bis heute aufrollt. Darin erfährt man auch
interessante Details wie "nur Verrückte und Nymphomaninnen essen exzessiv Fleisch“, und dass der Grad
der Kultiviertheit, des Niveaus und der Bildung antiproportional zur Körpermasse ist.
Kaum eine andere psychische Störung ist in den letzten Jahren so häufig in der Presse erwähnt worden wie
die Anorexie. Immer wieder wird von "Berühmtheiten", insbesondere von Models oder Schauspielerinnen
behauptet, sie seien magersüchtig. Das Krankheitsbild der Anorexia nervosa ist erstmals bereits 1873
beschrieben worden. Die Diagnose wird aber erst seit den 70er Jahren häufiger gestellt, wobei nicht
eindeutig gesagt werden kann, ob die Krankheit in der heutigen Gesellschaft tatsächlich öfter auftritt, oder
ob die gestiegene Aufmerksamkeit dazu führt, daß die Krankheit häufiger diagnostiziert wird.
Einen wahrhaftigen Anorexie-Boom hat in den späten 60er Jahren das spindeldürre Model Twiggy
(englisch, zu deutsch „Zweig“, die Frau auf der Titelseite meiner Arbeit) ausgelöst – Frauen aller Alters-
und Gesellschaftsklassen erkannten die von vielen Männern als „Hungerhaken“ verschriene Twiggy als
Ideal an. Im Jahre 1965 ist nach der WHO ein rapider Anstieg an Neuzugängen in Spitälern zu verbuchen,
die aufgrund ernährungsmässiger Mangelerscheinungen meist zwangseingewiesen wurden, auch die
Todesfälle der jungen Frauen durch Freitod oder freiwilliges (Ver-)Hungern nahm drastisch zu. Heute
wird in 1000en von Frauenzeitschriften die schlanke Figur propagandiert: es gibt dabei jedoch zwei
Fronten. Die einen sind die Befürworter der „gesunden“ Figur, d.h des Normal- und des Idealgewichtes,
die sich folgendermassen berechnen lässt:
Normalgewicht = Körpergrösse minus 100
Idealgewicht = Körpergrösse minus 100 minus 10%
Die andern sind die Vertreter der schlanken Figur, erstaunlicherweise meist Frauen – es hat sich
herausgestellt, dass die meisten Männer eine dünne Figur zwar ästhetisch finden, doch für eine
Partnerschaft eher eine „normale“ Figur mit Vorzügen und Makeln bevorzugen.
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2       Die Anorexie

2.1     Der „Sinn“ der Anorexie

Ziel der Anorexie ist der perfekte Körper, gut oder grossartig ist nicht genug. Die Patienten haben Angst
davor, fett zu sein. Sie leugnen, gefährlich dünn zu sein, wie ihre Selbstwahrnehmung gestört ist. Sie sind
besessen von Essen und Diäten, sprechen ständig davon, registrieren jede Kalorie, die sie zu sich nehmen.
Sie betreiben ständig und übermässig Sport.      Ein wichtiger Faktor ist ebenso das Gefühl der
Selbstkontrolle, das der verwirrte Patient durch die bewusste Nahrungsverweigerung wieder herstellen
kann. Etwa 50% der Patientinnen halten ausschließlich Diät, bei den anderen treten aber auch bulimische
Symptome (Essanfälle und selbst herbeigeführtes Erbrechen) auf.
Die Sterblichkeitsrate bei Eßstörungen liegt in einem Bereich von 5%-20%.
Bezogen auf die Gesamtbevölkerung tritt die Anorexie relativ selten auf. Bei Frauen in der Altersspanne
vom 15. bis zum 25 Lebensjahr, die als Risikogruppe für Magersucht gelten, findet sich die Erkrankung
allerdings bei ca. 2% der Betroffenen. Es sei erwähnt, daß nur etwa 5% der Erkrankten Männer sind.
Anorexie beginnt oft schon in der frühen Jugend, häufig kurz nach dem Einsetzen der ersten Menstruation.
Neben diesem Erkrankungsgipfel um das 14. Lebensjahr, tritt die Störung auch etwa im 18. Lebensjahr
gehäuft auf.

2.2     Die Ursachen der Anorexie

Bei der Entstehung der Anorexie wirken verschiedene Faktoren zusammen, die sich gegenseitig
beeinflussen.

a) Biologische Einflüsse

Man vermutet, daß bei vielen anorektischen Patientinnen eine Störung derjenigen Hirnregion vorliegt, die
für die Steuerung des Essverhaltens, der sexuellen Aktivität und der Menstruation zuständig ist. Es ist
allerdings auch möglich, daß die Funktionsstörung dieser Hirnregion erst im Laufe der Erkrankung, z.B.
als Folge des Gewichtsverlustes, auftritt und nicht eigentliche Ursache der Sucht ist. Für eine biologische
Verursachung der Magersucht sprechen jedoch Untersuchungen, die zeigen, daß die Wahrscheinlichkeit,
daß der eineiige Zwilling von einer anorektischen Patientin ebenfalls an Magersucht leidet, etwa 50%
beträgt. Bei zweieiigen Zwillingen liegt diese Wahrscheinlichkeit bei unter 10%. Diese Ergebnisse
belegen, daß eine genetische Veranlagung an der Entstehung der Anorexie beteiligt ist.
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b) Psychologische Einflüsse

Da die Anorexie besonders häufig während der schwierigen Entwicklungsphase der Pubertät einsetzt, ist
man zu dem Schluss gekommen, daß die Erkrankung auftritt, wenn der junge Mensch sich von den ihm
gestellten Anforderungen überfordert fühlt. Während der Pubertät entwickelt sich das Mädchen zur Frau
und der Junge zum Mann, und muß eine entsprechende neue Identität finden. Fühlt sich die Betroffene
davon überfordert, entsteht ein tiefes Gefühl der Unsicherheit. Für viele Patienten scheint der Versuch,
Kontrolle über ihr Körpergewicht ausüben zu können, ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Das
Körpergewicht wird eine wichtige Quelle für ihr Selbstwertgefühl.

In den Familien anorektischer Patienten sind häufig bestimmte Verhaltensmuster festgestellt worden. Die
Patienten werden oft von ihren Eltern stark behütet, d.h. daß auch in der Familie nicht angemessen auf die
Entwicklung des Kindes zum Erwachsenen reagiert wird. Ebenso scheinen Konflikte in der Familie in
vielen Fällen nicht angesprochen zu werden. Allerdings handelt es sich bei diesen Feststellungen um reine
Beschreibungen typischer familiärer Verhaltensmuster; es ist durchaus möglich, daß diese nicht die
Ursache, sondern die Folge der Erkrankung sind. Das Krankheitsbild der Anorexie ist gerade für die
Eltern sehr besorgniserregend, was dazu führen kann, daß sie ihr Kind schützen und von Konflikten
fernhalten möchten.

c) Gesellschaftliche Einflüsse

In westlichen Gesellschaften hat sich das Schönheitsideal seit Anfang der 60er Jahre immer mehr in
Richtung eines sehr schlanken Körpers entwickelt. Paradoxerweise ist es auf der anderen Seite durch
relativen   Wohlstand    und     ein   Nahrungsüberangebot     gleichzeitig   zu   einem    Anstieg   des
Durchschnittsgewichts gekommen. Übergewicht wird insbesondere bei Frauen gesellschaftlich sehr
negativ bewertet. Übergewichtige Männer werden als stattlich bezeichnet, Frauen hingegen als fett. Durch
Werbung und Filme erhält man den Eindruck, daß nur schlanke Frauen erfolgreich und beliebt sind, dicke
Frauen sind entweder graue Mäuse oder "Ulknudeln". Gerade junge Frauen, die während der Pubertät
körperliche Veränderungen durchlaufen und erst ein Gefühl für ihren "neuen" Körper entwickeln müssen,
können durch dieses Schlankheitsideal stark verunsichert werden.
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2.3    Die Folgen der Magersucht

a) Körperschema-Störung

Bei anorektischen Patientinnen kommt es zu einer Störung der Wahrnehmung des eigenen Körpers. Auch
wenn sie im Laufe der Erkrankung schon extrem viel Gewicht verloren haben, überschätzen sie ihren
Körperumfang und halten sich für zu dick.
Infolge der verzerrten Wahrnehmung des eigenen Körpers bemühen die Betroffenen sich, ihr vermeintlich
zu hohes Gewicht zu reduzieren. Das Essen nimmt einen zentralen Stellenwert im Leben der Betroffenen
ein. Sie verwenden viel Energie darauf, Hungergefühle zu unterdrücken oder bereiten mit großem Eifer
wahre Festmahle für andere zu, an denen sie aber selbst nicht teilnehmen. In Hinblick auf die
Veränderungen des Eßverhaltens lassen sich zwei Gruppen von anorektischen Patientinnen unterscheiden:

b)     Gewichtsverlust

Neben der strengen Diät setzen viele Anorektikerinnen zusätzlich Appetitzügler, Abführmittel und
sportliche Betätigung ein, um abzunehmen. Durchschnittlich verlieren anorektische Patientinnen 45-50%
ihres Ausgangsgewichts. Liegt das Körpergewicht um mindestens 15% niedriger als das Normalgewicht,
wird die Diagnose der Anorexie gestellt. Viele Patientinnen magern bis auf 30 Kilogramm ab.

c)     Körperliche Veränderungen

Durch den Gewichtsverlusts und die Mangelernährung kann es zu schwerwiegenden körperlichen Schäden
kommen. Aufgrund von hormonellen Störungen bleibt die Menstruation meist aus, Männer werden meist
impotent. Bei Beginn der Störung vor der Pubertät wird die körperliche Entwicklung meist stark
verzögert. Auch Verlangsamung des Herzschlags, niedriger Blutdruck, Absinken der Körpertemperatur,
Hautprobleme,    flaumartige    Behaarung    des    Rückens,    Muskelschwäche,     Haarausfall   und
Wassereinlagerung im Gewebe können als Folgen der Anorexie auftreten. Der Mineralstoffhaushalt ist in
der Regel gestört. Diese körperlichen Befunde werden durch die Mangelernährung verursacht und
verschwinden meist vollständig, wenn sich das Eßverhalten langfristig normalisiert hat. Durch die
konstante Mangelernährung wird der Energieverbrauch herabgesetzt. Infolgedessen führt normale
Nahrungsaufnahme unter diesen Umständen kurzfristig zu einer Gewichtszunahme.
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d)      Psychische Veränderungen

Bei anorektischen Patientinnen steht das beharrliche Streben, dünner zu werden im Vordergrund.
Verbunden damit besteht eine extreme Angst vor einer Gewichtszunahme. Schon eine Zunahme von
wenigen Gramm, die aufgrund des gesenkten Energieverbrauchs ja schon nach recht geringer
Nahrungsaufnahme folgen kann, löst regelrechte Panik aus. Das führt zu einem erneuten Versuch, das
Eßverhalten (noch strenger) zu kontrollieren. Die Patientinnen befinden sich also in einem regelrechten
Teufelskreis. Häufig zeigen sich bei den Betroffenen auch depressive Symptome und starke Reizbarkeit.

3       Die Bulimie

3.1     Der „Sinn“ der Bulimie

Ziel der Bulimie ist es -- genau wie bei der Anorexie – den perfekten Körper zu bekommen. Ebenso steht
auch hier der ständige Gedanke, das permanente Verlangen nach Essen im Vordergrund. Die Patientin
kann sich die Nahrungsaufnahme, den Genuss, nicht verweigern und macht sich in Heisshungerattacken
über masslose Esswarenmengen her. Die Patientin kann das Essen in normalen Mengen nicht mehr
geniessen, ihr Kopf schreit nach Übersättigung, nach dem Völlegefühl. Anders als in der Anorexie ist der
Gewichtsverlust in der Bulimie begrenzt, meist kaum vorhanden, da nur ein Bruchteil (man spricht von
etwa 1/3) der eingenommenen Kalorien durch Erbrechen wieder ausgeschieden wird. Man nimmt an, dass
ca. 5% der Frauen der Risikogruppe davon betroffen sind.

3.2     Die Ursachen der Bulimie

Die Ursachen sind ähnlich wie in der Anorexie in biologische, psychologische und gesellschaftliche
Einflüsse unterteilt, die dieselben Ursprünge haben.
Wie oben erwähnt, ist die Bulimie nicht wie die Anorexie eine komplette Genussverweigerung, sondern
vielmehr ein verzweifeltes Anklammern . Oftmals haben rein bulimisch essgestörte Patienten auch einen
stärkeren Sexualtrieb als Anorexiker.
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3.3     Die Folgen der Bulimie

a)      Physische Auswirkungen und medizinischen Komplikationen bei der Bulimie

Ähnlich wie in der Anorexie zeigt der Patient eine verringerte Herztätigkeit und Körpertemperatur sowie
einen Rückgang des Kaloriengrundumsatzes. Bei Frauen kommt eine unregelmäßige oder ausbleibende
Menstruation vor, bei Männern Impotenz. Die feine Körperbehaarung (Körperflaum) nimmt zu, während
das Kopfhaar ausfällt. Die Haut ist blass und trocken, es stellen sich Kreislaufschwächen ein und
Schwellungen oder Taubheit an Händen und Füßen oder im Gesicht. Bei Bulimikern sind ebenfalls
gerötete und gereizte Hautstellen an den Händen festzustellen durch das selbstinduzierte Erbrechen.
Das größte Risiko besteht, wenn selbstherbeigeführtes Erbrechen, Mißbrauch von Medikamenten und
extreme sportliche Betätigung zusammen auftreten. Diese Kombination von Maßnahmen zur
Gewichtskontrolle erhöht das Risiko von Herzproblemen durch Muskelschwund oder auch durch
Störungen im Elektrolythaushalt.
Der Gebrauch von Abführmitteln führt gewöhnlich zu Eiweiss- und Mineralienmangel. Bulimiker leiden
häufig an Magen/Darm-Beschwerden: Blähungen, Völlegefühl, Sodbrennen, Unterleibsschmerzen und
Verstopfung. Die Speiseröhre wird durch das wiederholte Erbrechen gereizt.
Selbst beigefügtes Erbrechen führt nicht zwangsläfig dazu, daß die Kalorien, die vorher, z.B. bei einem
Eßanfall, zu sich genommen wurden, wieder abgegeben werden. Tatsächlich werden bis zu zwei Drittel
der aufgenommenen Kalorien im Körper behalten. Je länger eine Person den Zyklus Essen/Erbrechen
beibehält, um so mehr Kalorien werden vom Körper nicht mehr abgegeben. Anfangs werden die
Betreffenden zwar Gewicht verlieren, der Körper stellt sich im Lauf der Zeit aber auf dieses Verhalten ein.
Das Erbrechen führt auch dazu, daß das natürliche Völlegefühl verlorengeht, so daß Häufigkeit und
Ausmaß der Eßanfälle mit der Zeit ansteigen. Übermäßige Diät, z.B. durch Überspringen von Mahlzeiten
oder der Gebrauch von Appetithemmern, erhöht die Gefahr von Eßanfällen noch.
Abführmittel und entwässernde Medikamente sind gefährlich und unwirksam, wenn es darum geht,
Kalorienaufnahme zu vermeiden. Abführmittel zeigen ihre Wirkung erst dann, wenn der Hauptteil der
Nahrung bereits verdaut und die Kalorien bereits aufgenommen worden sind.
Der Gebrauch von entwässernden Mitteln hat praktisch keinen Einfluß auf die Kalorienaufnahme des
Körpers. Ein Gewichtsverlust wird einzig durch den Flüssigkeitsverlust
erzielt. Beim Erbrechen wird der Zahnschmelz durch die Magensäure angegriffen. Durch das Putzen der
Zähne nach dem Erbrechen wird keine Abhilfe geschaffen, sondern lediglich die Säure stärker in die
Zähne geschrubbt.
Depressionen, Apathie, Unausgeglichenheit und zwanghafte Fixierung auf das Essen können ebenfalls
durch unzureichende Nahrungsaufnahme verursacht werden.
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b) Prognose

Nach einer Behandlung zeigt sich bei etwa 30% der Patientinnen eine vollständige Besserung, d.h. sie
erreichen zumindest annähernd das Normalgewicht und haben regelmässig ihre Menstruation. Bei 35%
läßt sich zwar eine Gewichtszunahme feststellen, der Bereich des Normalgewichts wird allerdings nicht
erreicht. Das Krankheitsbild bleibt bei ca. 25% der Betroffenen chronisch bestehen. Auch nach einer
Gewichtsnormalisierung hält bei vielen Betroffenen die verzerrte Einstellung zu Gewicht und Figur an.
Generell sind die Besserungschancen aussichtsreicher, wenn die Erkrankung früh begonnen hat. Bei
einem sehr frühen Beginn vor dem 11. Lebensjahr ist die Voraussage dagegen deutlich schlechter.

4       Essstörungen im Alltag

4.1     Essstörungen in unserer Gesellschaft: eine Fallstudie

Als ich mich mit dem Thema „Essstörungen“ auseinanderzusetzen begann, begriff ich, dass dies ein
alltägliches, immer vorhandenes Problem ist, und dass viel mehr Leute davon betroffen sind, als dass ich
es jemals angenommen hätte. Ernährungswissenschaftler nennen Prozentzahlen von bis zu 62% der
jungen Frauen zwischen 13 und 32 Jahren, wobei man wissen muss, dass „Essstörungen“ verschiedentlich
interpretiert werden können; Anorexie und Bulimie bis temporäre Nahrungsverweigerung, exzessiver
Sport, Genussverweigerung und schlechtes Gewissen sind nur einige der Punkte, die man allein oder
kollektiv als gestörtes Essverhalten bezeichnen könnte. Deshalb beschloss ich, einen Fragebogen zu
gestalten und mir aufgrund der Antworten der männlichen und weiblichen SchülerInnen des 3. und 6.
Gymnasiums sowie der 3. Sekundarschule Sarnen ein Bild zu machen. Die Ergebnisse habe ich im
Folgenden zusammengefasst.
Anzahl der ausgeteilten Fragebögen: 84
Fragebögen am Gymnasium: 68

Klasse 3a: 24 / Klasse 3c: 23 / Klasse 6b: 21

Fragebögen an die 3. Klasse der Sekundarschule: 16

Anzahl der ausgefüllten Fragebögen: 82
Gymnasium: 66, davon 38 weiblich, 28 männlich
Sekundarschule. 16, davon 9 weiblich, 7 männlich
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4.2     Analyse der Fallstudie

Am Beispiel der Fallstudie ist klar ersichtlich, dass Essstörungen ein reales Problem unserer Zeit,
Gesellschaft und unserer Altersklasse sind. Was besonders auffällt ist die hohe Zahl der weiblichen
Betroffenen – Männer scheinen sich viel weniger mit dieser Problematik auseinanderzusetzen. Ob sie sich
weniger Gedanken darüber machen oder sich schlichtweg diesem hochstilisierten Menschenbild, also
Idealbild nicht unterwerfen, bleibt unklar.

!       Bei Frage Eins ist der Unterschied klar erkennbar; mehr als die Hälfte der befragten Frauen
        nehmen an, jemanden zu kennen, bei dem eine Essstörung vorliegt, doch nur 8% der Männer;
        während sich 1/3 der Frauen sich sicher sind, einen Betroffenen zu kennen, sind es bloss 17% der
        Männer.

!       Frage Zwei kristallisiert das Körperverhältnis der beiden Geschlechter heraus; es zeigt sich, dass
        viel weniger Frauen mit ihrem Körper zufrieden oder teilweise zufrieden sind als Männer, sehr
        wenige Frauen fühlen sich in ihrem Körper vollkommen wohl, viele (Männer wie Frauen) sind
        teilweise mit sich zufrieden.

!       Frage Drei geht der Ursache des Unwohlseins auf den Grund, dabei stellt sich heraus, dass Frauen
        sich oft zu dick, unwohl oder nicht von ihrer Umwelt akzeptiert fühlen, währenddem Männer sich
        am ehesten zu dünn fühlen.

!       Bei Frage Vier stellt sich heraus, dass knapp mehr als die Hälfte der Frauen ihr Essverhalten als
        anormal ansehen, jedoch nur knapp 1/3 der Männer.

Nach gründlichem Studieren und abgeschlossener Analyse der Fragebögen war neben dem Unterschied
der Geschlechter auch eine klare Altersdifferenz ersichtlich. Während sich in der dritten Sekundar- sowie
Gymnasialklasse die Angesprochenen wenig bis keine Gedanken über Essverhalten und Essstörungen
machen, ist die Anteilnahme der 18- und 19-jährigen der sechsten Gymnasialklasse auffallend. Auch die
meisten selbst Betroffenen stammen aus dieser Altersgruppe. Zwischen Sekundar- und Gymnasialstufe
war kein nennenswerter Unterschied festzustellen.
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5       Feldstudie

5.1     Das Umfeld der Betroffenen: Ein Interview

Nach einem längeren Gespräch mit einer Psychologin der Suchtpräventions- und Suchtbekämpfungsstelle
in Luzern entschloss ich mich deren Vorschlag anzunehmen und ein Interview mit einer ehemaligen
Anorexiepatientin durchzuführen. Sie kontaktierte die junge Frau und ihre Familie und organisierte ein
Treffen mit Sonja (18), der ehemaligen Patientin, und ihrer Mutter Maria in Luzern.

Claudia: „Zuerst möchte ich mich herzlich bei Euch dafür bedanken, dass Ihr Euch beide für
dieses Interview zur Verfügung gestellt haben, um mit mir über Deine Krankheit zu sprechen.
Ich denke, das ist sehr schwierig für Dich, Sonja.“
Sonja: „Mittlerweile nicht mehr so sehr, obwohl es verständlicherweise noch immer nicht oder auch nicht
mehr eines meiner Lieblingsthemen ist. Ich begann damit, als ich knapp 15 war, kurz nachdem ich meine
1. Periode gekriegt habe, daran kann ich mich noch erinnern. Ich hatte enorm zugenommen, und da ich
noch nie besonders schlank gewesen bin, hat mich das sehr belastet. Ich begann damit, jegliche
Süssigkeiten von meinem Nahrungsplan zu streichen, keine Schokolade mehr, keine Guetzli, kein gar
nichts. Gemüse, literweise Wasser, was man so zu sich nimmt während einer Diät. Ich zog es durch und
habe innerst kürzerster Zeit etwa 7 Kilo abgenommen. Ich war sehr glücklich darüber, meine Mutter eher
weniger.“
Maria: „Nun ja, natürlich nicht. Also...eigentlich schon, denn ich sah, wie glücklich es Sonja machte,
endlich Gewicht verloren zu haben, zumal sie so lange damit gekämpft hatte. Ich kannte jedoch eine
andere Mutter, deren Tochter mit 17 magersüchtig geworden war und hatte deshalb – jetzt wohl
berechtigterweise – meine Bedenken.“
C.: „Hast Du mit Sonja darüber gesprochen?“
M.: „Zu Anfang nicht, denn ich wollte sie nicht angreifen oder gar verletzen, doch als sie nach 5 Monaten
sehr viel Gewicht verloren hatte und intensiv Sport betrieb, hatte ich ein wenig ein mulmiges Gefühl, ich
traute dem Frieden nicht mehr so ganz. Zudem war sie sehr reizbar geworden, sie hatte aufgehört, das
Nachtessen mit der Familie einzunehmen, kam Mittags nicht mehr nach Hause, weil sie angeblich in der
Schule ass...und so weiter. Da habe ich sie zum ersten Mal darauf angesprochen. Sie ging überhaupt nicht
darauf ein, sagte, ich sollte nicht so ein Theater machen, das sei alles ganz normal.“
C.: „Wusstest Du damals schon, dass dies ein Problem für Dich werden könnte, oder dachtest Du, Du
könntest damit aufhören, wann immer Du wolltest? Wolltest Du überhaupt damit aufhören?“
S.: „Damals nicht. Also ich wollte nicht aufhören, aber ich sah es auch nicht als Problem an. Erst als ich
auf 47 Kilo abgemagert hatte; vorher war ich 59 Kilo schwer bei einer Grösse von 1,61m; da hatte ich
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meinen ersten Kollaps, als ich an einem 5-Kilometer-Lauf teilnahm...bei Kilometer Drei bin ich einfach
zusammengeklappt. Schwarz vor den Augen, zack, weg.
M.: „Ich habe sie dann zum Arzt geschickt, Termin ausgemacht, und sie ist einfach nicht hingegangen...“
S.: „Ich wollte nicht, dass jemand in mir hermstochert, Sachen fragt und so.“
M.: „Ich habe sie dann begleitet, nachdem sie zwei weitere Termine versäumt hatte. Der Arzt, der sie doch
schon von Kindesschuhen auf kennt, war etwas verwirrt, als er sie sah. Und geschockt, nachdem sie sich
ausgezogen hatte und er ihre Rippen zählen konnte. Wieviel wogst Du damals etwa?“
S.: „Etwa 43 Kilo.“
C.: „In welchem Zeitraum muss ich mir das Ganze denn nun etwa vorstellen?“
S.: „Angefangen hat es, als ich 15 war....im August oder so. Bis zum Dezember hatte ich 7 Kilo weniger,
bis April so um die 15. Das erste Mal beim Arzt war ich im Juni, als 10 Monate später.“
C.: „Du hast also innert 10 Monaten ungefähr 17 Kilo abgenommen. Wie hast Du Dich gefühlt?“
S.: „Hm...komisch. Einerseits stark, grossartig. Andererseits fühlte ich mich noch immer fett, vielleicht
fetter denn je. Ich hatte mir einen grossen Spiegel gekauft, ich stellte mich dreimal am Tag davor und fand
mich hässlich und fett. Und die Waage natürlich, auch drei-bis viermal pro Tag. Aber beim Essen, also
beim Nicht-Essen, da ging‘s mir gut. Hunger, das war mal so ein ausgeprägter Trieb...jetzt, also damals
konnte ich ihn plötzlich unterdrücken. Ich ass nur noch, wenn ich wollte, und das war eigentlich sehr
selten. Viel Wasser, ungesüsster Tee, schwarzer Kaffee für die Fettverbrennung, Knäckebrot und Darvida,
Selleriestangen, Rüebli. Etwa 300 Kalorien pro Tag. Und viel Sport.“
C.: „Wann und wieso wurdest Du in die Klinik eingeliefert?“
M.: „Zwangseingeliefert wurde sie. Mit Händen und Füssen hat sie sich gewehrt.“
S.: „Klar, ich wollte nicht. So Ende Juli dann, mit 42 Kilo. Ich sah nicht ein, wieso. Die nahmen mir Blut,
massen Werte und Zentimeter und versicherten mir immer wieder, alles werde gut werden. Für mich war
alles gut. Dort, in der Klinik, die ist in Luzern, lernte ich dann ein 16-jähriges Mädchen kennen, Katja, die
auf 38 Kilo war. Sie sah aus wie ein Skelett. Sie hatte 4 Kilo weniger als ich, doch ich fand, da seien
Welten dazwischen. Ich wollte nicht so sein wie sie. Sie war bleich, weiss, leer, ausgehöhlt, sah aus wie
eine Leiche, innerlich kaputt. Sie wollte lieber sterben, als zu essen. Da wollte ich mich ändern, ich konnte
aber nicht.“
C.: „War das der Wendepunkt? Wann hast Du selbst, für Dich, beschlossen, mit der Anorexie
aufzuhören?“
M.: „Sie begann dann so eine Gruppentherapie, später eine Einzeltherapie. Intensiv, brutal, aber wirksam.
Sie machte sich Gedanken über sich, über ihre Zukunft, und sah, dass die Magersucht darin keinen Platz
hatte. Damals sagte mir ihr Arzt: der Gipfel ist überwunden. Ich glaubte ihm nicht, hatte von andern
Müttern schon viel gehört, Rückfälle und so. Doch er hatte Recht. Fast unglaublich, aber Sonja hatte nie
einen Rückfall.“
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S.: „Ja, ich hatte wohl Glück, dass ich so früh eingeliefert wurde. Katja kämpft nun schon seit 3 Jahren
damit, sie sagt, sie werde es nie schaffen.“
C.: „Bist Du in der Therapie auf die Ursache Deiner Krankheit gestossen?“
S.: „Nicht wirklich. Ich habe schon immer Probleme mit mir selbst gehabt, wurde als Kind oft von
Klassenkameraden gehänselt, mein Selbstvertrauen hielt sich in Grenzen. Ich litt unter meinem Äusseren.
Meine Familie hat mich immer unterstützt, aber ich musste es für mich selbst lernen, lernen, mich zu
lieben. Das war und ist auch heute noch das Schwierigste. Ich habe Probleme damit, einen Partner zu
finden, da ich immer annehme, dass ein Mann mich nicht akzeptieren kann, wie ich bin. Ich bin immer
noch in Therapie, zumindest bis Ende dieses Jahres. Danach werde ich weitersehen. Ich will noch so viele
Dinge tun, habe Perspektiven, Ziele. Aber meine erste Priorität, das bin ich selber. Ich muss mich zuerst
selbst heilen, und ich weiss nicht, wann dieser Prozess abgeschlossen ist.“
C.: „Sonja, Maria, vielen Dank für dieses Interview.“

5.2     Wer ist von Essstörungen betroffen?

In der Vergangenheit wurde angenommen, daß nur Mädchen im Teenager-Alter und junge Frauen von
dieser Essstörung betroffen werden können, und sie stellen noch immer die Mehrzahl der Befallenen.
Allerdings findet sich Magersucht mehr und mehr bei Personen beiderlei Geschlechts und jeden Alters,
sogar bei Kindern, denen (durch Kino, Fernsehen, Freunde oder die Familie) der Eindruck vermittelt wird,
daß die äußere Erscheinung allesentscheidend ist. Manche Personen, wie Athleten und solche, bei denen
die körperliche Erscheinung beruflich eine Rolle spielt (z.B. Tänzer, Turner, Skispringer, Läufer, Ringer
und Models) sind dafür besonders empfänglich.

5.3     Therapiemöglichkeiten

Die Behandlung beginnt mit einer medizinischen Untersuchung, um den Zustand des Patienten zu
bestimmen. In manchen Fällen ist die Einweisung in ein Krankenhaus notwendig. In der Regel wird eine
kombinierte Therapie mit Unterstützung von Arzt, Ernährungsberater und Psychotherapheut benutzt, um
die physische Gesundheit
wiederherzustellen und gestörte Selbstwahrnehmung zu überwinden. Die Familie und Freunde können
wertvolle Unterstützung bringen, und Selbsthilfegruppen können von
Nutzen sein.
Die Therapie der Anorexie ist in zwei Abschnitte unterteilt. Vordringlichstes Anliegen ist zunächst eine
Gewichtszunahme, um den körperlichen Folgeschäden entgegenzuwirken. Insbesondere wenn das
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Körpergewicht unter 75% des Normalgewichts liegt, die körperliche Verfassung lebensbedrohlich ist oder
aufgrund der depressiven Verstimmung Selbstmordgefahr besteht, sollte die Behandlung zunächst im
Krankenhaus stattfinden.
Da bei anorektischen Patientinnen oft nur wenig Einsicht hinsichtlich der Schwere ihrer Erkrankung
besteht, müssen bei körperlicher Lebensbedrohung oft zunächst Nährstoffe durch Infusion zugeführt
werden. So bald wie möglich sollten die Betroffenen die Verantwortung für ihre Gewichtszunahme aber
selbst übernehmen. Dabei kann es sinnvoll sein, bestimmte Belohnungen anzubieten, die sie für Erfolge
bei der Ernährungsumstellung erhalten.
Langfristig kann eine Normalisierung des Gewichts jedoch nur erreicht werden, wenn auch die Ursachen
der Anorexie behandelt werden. Aufgrund der Vielfalt der Faktoren, die an der Entstehung der Störung
beteiligt sind, umfaßt die Therapie verschiedene Komponenten:

!       In der Therapie sollen die Patientinnen die Richtigkeit ihrer Vorstellungen zur Bedeutung von
        Gewicht und Figur überprüfen. So soll z.B. eine Betroffene hinterfragen, ob Schlankheit
        tatsächlich mit beruflichem und privatem Erfolg im Zusammenhang steht. Hat man auf diesem
        Weg herausgefunden, was die Patientin sich vom Schlanksein erhofft, kann mit ihr besprochen
        werden, auf welche andere Weise sie diese Ziele erreichen kann. Sie lernt, daß ihr
        Selbstwertgefühl nicht allein von ihrem Gewicht abhängt.

Da bei der Bulimie ein gesundheitsgefährdendes Untergewicht vorhanden ist, muss die Patientin nicht
künstlich ernährt werden. Hauptziel der Therapie ist es, ihr Selbstbild zu hinterfragen und gegebenenfalls
zu korrigieren.

a) Körperorientierte Therapie

In der körperorientierten Therapie sollen die Betroffene ein besseres Gefühl für ihren Körper bekommen,
so daß sie auf ihre Körpersignale (z.B. Hunger) angemessen reagieren und ihren Körperumfang realistisch
einschätzen können.
Generell soll mit anorektischen Frauen die Bewältigung von Problemen geübt werden. Dabei werden
gemeinsam mit der Patientin verschiedene Lösungsalternativen entwickelt, die sie bei alltäglichen
Schwierigkeiten anwenden kann, bei denen sie sonst auf ihr gestörtes Eßverhalten als Mittel der
Bewältigung zurückgegriffen hat.
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b) Familienorientierte Therapie

Die familienorientierte Therapie wird insbesondere bei jüngeren Anorektikern eingesetzt, die noch bei
ihrer Familie wohnen. Dabei soll die Familie darauf hingewiesen werden, wie sie auf das gestörte
Essverhalten der Patientin reagiert. In diesem Zusammenhang kann es hilfreich sein, wenn der Therapeut
an Mahlzeiten in der Familie teilnimmt. Manchmal beschäftigen die Familienmitglieder sich so stark mit
der Anorexie, daß sie sich um andere Probleme nicht mehr kümmern können oder wollen. Die Betroffene
erhält auf diese Weise die ungeteilte Aufmerksamkeit, und die Familienmitglieder müssen sich nicht mit
sich und ihren eigenen Konflikten beschäftigen. Wird diese Reaktionsweise, die zu der Aufrechterhaltung
der Störung beitragen kann, unterbrochen, tritt häufig eine Besserung ein. Gerade die Eltern erleben es
meist als sehr erleichternd, wenn sie im Umgang mit der Erkrankung ihres Kindes von einem Therapeuten
unterstützt werden.

6.1     Nachwort

Nach einem halben Jahr, das mit Gesprächen, Diskussionen, Recherchieren und Selbstreflexion ausgefüllt
war, schliesse ich mein Maturaarbeit im Fach Biologie nun ab. Was hat sie mir persönlich gebracht? Ich
muss ehrlich sagen, ich bin schockiert. Ich bin schockiert, dass eine junge Frau wie Sonja wissentlich
ihren Körper und ihren Geist im Sinne der Schönheit zugrunde richtet. Oder dass auf einem der
Fragebögen eine 18-jährige Gymnasiastin schreibt, sie fände sich dick, unattraktiv, fühle sich unwohl und
sei seit 2 Jahren bulimisch. Oder dass die neuen Zahlen der Suchtstellen Bereich Essstörungen einen
Anstieg von 3% verzeichnen. Ich wusste, dass Essstörungen ein reales Problem unserer Gesellschaft und
meiner Altersgruppe darstellen – dennoch ist es ein Unterschied, ob man beiläufig davon hört, oder ob
man nach abgeschlossenen Nachforschungen das selbst recherchierte Material mit allen Aussagen und
Zahlen vor sich liegen hat.
Es lässt sich kein einheitliches Urteil fällen, kein allgemeingültiger Grund für Essstörungen. Psychische,
physische oder soziale Probleme können Gründe sein, es kann ein „Auf-sich-aufmerksam-machen“ sein,
Selbsthass oder Verzweiflung. Die Opfer können behütet, vernächlässigt, arm sein oder reich. Woran es
aber allen Betroffenen mangelt, das lässt sich einfach sagen: Es mangelt ihnen an Selbstliebe und
Selbstbewusstsein.
„Ich liebe mich“ wäre wohl der Satz, den nicht nur die Betroffenen, sondern viele von uns tagtäglich uns
selbst zuflüstern sollten. „Ich liebe mich: dass ich bin, wer ich bin, und wie ich bin“.
"hpbinz" 

6.2     Quellenangaben

Literatur

1)      Monika Gerlinghoff, Herbert Backmund, Norbert Mai: Magersucht und Bulimie. Verstehen und
        bewältigen. Taschenbuch - 269 Seiten (1999); Beltz Fachbuch
2)      Monika Gerlinghoff: Magersüchtig. Eine Therapeutin und Betroffene berichten.
        Taschenbuch - 219 Seiten (1996); Piper, München
3)      Ulrike Karren: Die Psychologie der Magersucht. Erklärung und Behandlung von Anorexia
        nervosa. Taschenbuch - 144 Seiten (1990); H. Huber, Göttingen
4)      Joan Jacobs Brumberg: Todeshunger. Die Geschichte der Anorexia nervosa vom Mittelalter bis
        heute. Gebundene Ausgabe - 281 Seiten (1994); Campus Verlag

Websites

1)      http://www.rcpsych.ac.uk/public/help/anor/anor_frame.htm
2)      http://www.rcpsych.ac.uk/public/help/anor/anor_frame.htm
3)      http://www.aabainc.org/general/bulimia.html
4)      http://www.aabainc.org/general/bulimia.html

Titelbild

Model Twiggy: http://www.geocities.com/Broadway/Balcony/7514/twigs85.html
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