Der Präventionsbegriff in der Parodontologie - IDZ
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Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie A. Rainer Jordan, Nicolas Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie INDIZES Parodontologie, Prävention, Primärprävention, Sekundärprävention ZUSAMMENFASSUNG Der Aufsatz hat zum Ziel, auf Probleme bei der Verwendung des Präventionsbegriffs hinzuweisen und ihn für die Anwendung in der Parodontologie zu schärfen. Der Artikel gliedert sich in drei inhaltliche Teile: Der erste untersucht den Begriff der Prävention grundlegend und geht auf seine unterschiedlichen Implikationen ein. Der zweite Abschnitt thematisiert gängige Probleme, die allgemein im Umfeld von Präventionsmaßnahmen auftreten. Der letzte Abschnitt widmet sich der Anwendung des Präventionsbegriffs eingedenk seiner Probleme auf das Gebiet der Parodontologie und ordnet parodontale Maßnahmen in das Präventionsschema ein. Manuskripteingang: 06.11.2019, Annahme: 02.12.2019 Einleitung ene und (Volks-)Gesundheit wurde der Begriff der „Krankheitsprävention“ eingeführt, heute meist In der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand die verkürzt Prävention genannt. Subdisziplin der Sozialmedizin. Industrialisierung Der Begriff Prävention leitet sich vom Lateini- und Bevölkerungswachstum hatten massenhaft schen (praevenire = zuvorkommen) ab. Aus dem ähnliche Arbeits- und Lebensbedingungen ge- Griechischen konkurriert der Begriff der Prophy schaffen. Unter den Menschen, die unter diesen laxe (prophylaxis = von vornherein ausschließen). Voraussetzungen arbeiteten und lebten, grassier- Vor allem in der Zahnmedizin wird der Begriff der ten (Volks-)Krankheiten. Es ist das Verdienst der Prävention vornehmlich für das Fachgebiet be- Sozialmedizin, eben diese Lebens- und Arbeitsbe- nutzt, während der Begriff Prophylaxe meist für dingungen für das ätiopathogenetische Verständ- konkrete, diesbezügliche Tätigkeiten (z. B. Indivi nis vieler Erkrankungen verstärkt ins Zentrum der dualprophylaxe) verwendet wird. Aufmerksamkeit gerückt zu haben. Zu diesem Der Aufsatz hat zum Ziel, auf Probleme bei der Zeitpunkt hatten sich die Erkenntnisse verdichtet, Verwendung des Präventionsbegriffs hinzuweisen dass unzureichende hygienische Lebensbedingun- und ihn für die Anwendung in der Parodontologie gen und belastende Arbeitsbedingungen zu den zu schärfen. Dies erfolgt in den drei folgenden beeinflussenden Faktoren einer eingeschränkten Abschnitten: Der erste Abschnitt untersucht den Lebensqualität und sogar Lebensdauer zählen. Begriff der Prävention grundlegend und geht auf Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen seine unterschiedlichen Implikationen ein. Der fol- Erkenntnisse und dem Diskurs über (soziale) Hygi- gende Abschnitt thematisiert gängige Probleme, Parodontologie 2020;31(1):7–17 7
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie die allgemein im Umfeld von Präventionsmaßnah- zierung zwischen Prävention und Gesundheitsför- men auftreten. Der letzte Abschnitt widmet sich derung auch im hiesigen Kontext ihre Berechtigung der Anwendung des Präventionsbegriffs einge- hat, so werden beide Begriffe beispielsweise im denk seiner Probleme auf die Parodontologie. angelsächsischen Sprachraum oft synonym ver- wendet oder zumindest ohne Abgrenzung im gleichen Atemzug genannt4,5. Aus Platzgründen beschränken wir uns hier auf den Begriff der Prä- Der Begriff der Prävention vention und müssen eine umfassendere Berück- sichtigung von salutogenetischen Einsichten vor- Begriffliche Klärungen sind unersetzlich für kon- erst schuldig bleiben. zeptuelles Arbeiten. Nichtsdestoweniger ist das Um die verschiedenen Stufen von Prävention Definieren und Analysieren von Begriffen kein besser nachvollziehen zu können, kann es hilfreich Selbstzweck und erscheint nur dann gerechtfer- sein, zwischen der subjektiven Wahrnehmung der tigt, wenn damit ein Erkenntnisgewinn verbunden präventionsadressierten Person mit ihrer wahrge- ist. Bevor jedoch auf ihre Probleme eingegangen nommenen Gesundheitsstörung auf der einen werden kann, sind die Begriffe zunächst einzufüh- Seite und der professionellen Diagnostik einer ren. Der Abschnitt beginnt mit der wohl bekann- Krankheit auf der anderen Seite zu unterscheiden. testen Einteilung von Präventionsmaßnahmen. Das Englische bietet hierfür zwei Begriffe: den der „disease“ für eine Krankheit gemäß schulme- dizinischer Definition mit festgelegten Diagnose- Primär- bis Quartärprävention kriterien und den der „illness“ für eine Krankheit Aufgrund der historischen Entwicklung im Zusam- gemäß dem subjektiven Empfinden des Betroffe- menhang mit der Industrialisierung orientierte sich nen. Fühlt sich ein Mensch krank und geht dar- Prävention lange Zeit am biomedizinisch-natur- aufhin zum Arzt, ließe sich dies vereinfacht um- wissenschaftlichen Krankheitsmodell mit der Aus- schreiben als „a patient enters the clinic with an richtung an Risikofaktoren und der Pathogenese, illness and leaves with a disease“6. Die gängige auf deren Vermeidung Prävention ursprünglich Klassifikation kann so folgendermaßen charakteri- fokussierte. Das Ziel der Reduktion von Neuer- siert werden: krankungen (Inzidenzen) fassen wir heute unter Primärprävention bzw. im Falle der Vermeidung Primäre Prävention (Vorsorge) von Risikofaktoren als Primordialprävention zu- Ziel: Verringerung der Inzidenz von Krank- sammen. heiten Im Verlauf des 20. Jahrhunderts setzte sich zu- Bedingung: nehmend die Erkenntnis durch, dass sich viele •• subjektiv: keine wahrgenommene Ge- Krankheiten meist nicht einfach mechanistisch sundheitsstörung vorhanden (no illness) durch eine Elimination bekannter Risikofaktoren •• professionell: keine Krankheit (Diagnose) verhindern lassen und Risikofaktoren oft nicht pa- vorhanden (no disease) ternalistisch eliminierbar sind. Daraufhin erfolgte Zeitpunkt: vor Eintritt einer Krankheit eine Ausdifferenzierung der Präventionsidee ent- Adressaten: Gesunde lang der Progredienz bzw. der Zeitachse der Er- Einfaches Beispiel: Impfung (Abb. 1) krankungen1. Damit wurde Prävention auch in Richtung biopsychosoziales Krankheitsmodell und Salutogenese geöffnet2. In diesem Zusammen- Als Sonderfall der Primärprävention kann die pri- hang fand auch der Begriff der Gesundheits mordiale Prävention angesehen werden, in der es förderung Eingang in den Public-Health-Diskurs speziell darum geht, dem Auftreten von Risikofak- (vgl. die Ottawa-Charta der Weltgesundheit toren vorzubeugen. sorganisation, WHO3). Auch wenn die Differen- 8 Parodontologie 2020;31(1):7–17
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie Abb. 1 Impfungen als Beispiel für primäre Prävention Abb. 2 Screening-Untersuchung als Beispiel für sekundäre (Bildquelle: Andreas Morlok; pixelio.de). Prävention (Bildquelle: Rainer Sturm; pixelio.de). Sekundäre Prävention (Früherkennung und Tertiäre Prävention (Nachsorge) Frühbehandlung) Ziel: Verhinderung von Folgeschäden von Ziel: Senkung der Prävalenz von Krankheiten Krankheiten oder des Wiederauftretens von Bedingung: Krankheiten •• subjektiv: keine wahrgenommene Ge- Bedingung: sundheitsstörung vorhanden (no illness) •• subjektiv: wahrgenommene Gesundheits •• professionell: Krankheit wird (durch Dia- störung vorhanden (illness) gnose) entdeckt (disease) •• professionell: Krankheit manifest (bereits Zeitpunkt: im (zunächst unbemerkten) Früh- diagnostiziert und therapiert; disease) stadium einer Krankheit Zeitpunkt: nach Manifestation und/oder Adressaten: Klienten, (die sich zwar gesund/ (Akut-)Therapie der Krankheit symptomlos fühlen) die durch diagnostische Adressaten: Patienten Maßnahmen (z. B. Früherkennung durch Einfaches Beispiel: Rehabilitation (Abb. 3) Screening) jedoch zu Patienten werden Einfaches Beispiel: Screening (Abb. 2) Die Entwicklung der Versorgungsforschung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts widmet Problematisch im Sinne einer überschneidungsfreien sich schließlich den tatsächlichen Zuständen und Abgrenzung wird die Idee der tertiären Prävention, (Therapie-)Ergebnissen in der Patientenversorgung die erst dann einsetzt, wenn die Krankheit bereits und löst sich von dem Gedanken, aus in der Rea- manifest ist, und der man insofern nicht mehr zuvor- lität nicht vorkommenden Forschungssettings auf kommen (praevenire) kann. Eine exakte Differenzie- den Versorgungsalltag zu schließen. Damit kamen rung zwischen tertiärer Prävention, Therapie und zwangsläufig auch Fragen der Über-, Unter- und Palliation erscheint nicht immer trennscharf möglich Fehlversorgung aufs kritische Tableau der Wissen- und damit ist auch der Nutzen des Begriffs an sich schaft. In diesem Sinne kann der Gedanke der fraglich7. Dies gilt auch für die Abgrenzung zur Se- quartären Prävention verstanden werden8, der kundärprävention (siehe unten das Beispiel der un- sich auf das grundlegende hippokratische Prinzip terstützenden Parodontitis-Therapie [UPT] unter des „primum nil nocere“ rückbesinnt: Denkt man dem Abschnitt„Der parodontale Präventionsweg“). die Unterscheidung von „illness“ und „disease“ Bei Differenzierung der Bedingungen für die einzel- konsequent weiter, komplettiert die quartäre Prä- nen Präventionsstufen zwischen subjektiver Krank- vention eine Präventions-Vierfeldertafel (Abb. 4): heitswahrnehmung und professioneller Krankheits- Die quartäre Prävention ist auf der Zeitachse nach diagnose fällt die Abgrenzung – zumindest in der tertiären Prävention zu verorten und besteht Richtung Sekundärprävention – jedoch leichter. in der Verhinderung von medizinisch unnötigen Parodontologie 2020;31(1):7–17 9
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie tungen wie Zahnaufhellung, Lückenschluss durch Brücke bei stabilem Zahnstand, angesichts der kli- nischen Situation in der Mundhöhle zu hohe Fre- quenz an Zahnarztbesuchen. Maßnahmen, die die Vermeidung dieser Formen von Überdiagnostik und -therapie zum Ziel haben und somit der quar- tären Prävention zugeordnet werden könnten, sind bislang ungleich schwerer zu finden. Im wei- teren Sinne könnten zahnmedizinische Leitlinien als solche Maßnahmen aufgefasst werden: Sie geben vor, welche Behandlungsschritte bei einer Abb. 3 Reha-Sport als Beispiel für tertiäre Prävention (Bildquelle: SilviaJansen; iStockphoto.com). gegebenen Erkrankung aus wissenschaftlich- medizinischer Sicht angemessen sind – und lassen unangemessene Maßnahmen außen vor. Maßnahmen als Ergebnis einer übertriebenen Be- handlung oder Nachsorge. Wird bei der medizini- Quartäre Prävention (Folgenvorsorge) schen Versorgung einer Erkrankung über das Ziel Ziel: Vermeidung von Überdiagnostik und hinausgeschossen, handelt es sich um Überversor- Übertherapie von Krankheiten gung – Beispiele wären entweder eine Therapie Bedingung: mit erheblichen Nebenwirkungen und fragwürdi- •• subjektiv: wahrgenommene Gesundheits gem Nutzen oder auch eine den Bedarf übertref- störung vorhanden (illness) fende Arztdichte in einer Region. Dehnt sich die •• professionell: keine rechtfertigende In medizinische Versorgung hingegen auf einen Be- dikation vorhanden bzw. keine Folge reich aus, auf den sie sich vormals nicht erstreckte, erkrankung vorhanden (no disease) spricht man von Medikalisierung – als Beispiel Zeitpunkt: vor Eintritt einer Folgeerkrankung kann hier die immer umfassendere medizinische Adressaten: Patienten Betreuung von Schwangeren dienen. Auch in der Einfaches Beispiel: eine Leitlinie, die Über- Zahnmedizin lassen sich hierfür Beispiele finden: therapie zumindest erschwert Wurzelkaries, ästhetische zahnärztliche Dienstleis- Arztsicht: Krankheit/disease absent präsent Gesundheitsstörung/illness Sekundäre Prävention absent Primäre Prävention (Früherkennung und (Vorsorge) Frühbehandlung) Patientensicht: Abb. 4 Vierfeldertafel zur Einsortierung der quartären präsent Quartäre Prävention Tertiäre Prävention Prävention (in den blauen (Folgenvorsorge) (Nachsorge) Feldern ist der Kontakt mit medizinischem Fachpersonal notwendig) (modifiziert nach Jamoulle8). 10 Parodontologie 2020;31(1):7–17
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie Weitere Gliederungsmöglichkeiten von gleichzeitig die gesellschaftlichen Verhältnisse Präventionsmaßnahmen beeinflussen; •• ökonomische Anreiz- und Bestrafungssysteme Prävention kann auch entlang von Zielgruppen mit ähnlicher Ausrichtung wie normativ-regu- klassifiziert werden: latorische Maßnahmen. •• universale Prävention richtet sich auf die Gesamtbevölkerung mit dem Ziel allgemeiner Prophylaxe; •• selektive Prävention richtet sich auf Risiko- Probleme im Zusammenhang mit gruppen mit speziellen Risikofaktoren; Prävention •• indizierte Prävention richtet sich an Hoch risikogruppen, die bereits Vorstufen der Er- Komplexe Konzepte wie das der Prävention brin- krankung aufweisen. gen es mit sich, dass sie an sich verändernde Um- stände angepasst werden müssen. Zudem kann Es sind zudem zwei grundsätzliche Ansätze zu un- ihre praktische Umsetzung unerwünschte Folgen terscheiden: Maßnahmen der Verhaltenspräven- zeitigen, die zu berücksichtigen sind. Oder die An- tion und Maßnahmen der Verhältnisprävention. wendung auf einen neuen Kontext wirft Wider- Die Verhaltensprävention bezieht sich unmittelbar sprüche auf, die für eine reibungslose Implemen- auf den einzelnen Menschen und dessen individu- tierung der Maßnahmen aufgelöst werden sollten. elles Gesundheitsverhalten. Die Verhältnispräven- tion hingegen berücksichtigt unter anderem die „Den Risikofaktoren flussaufwärts das Lebens- und Arbeitsverhältnisse. Dazu zählen bei- Wasser abgraben“ spielsweise die Wohnumgebung und auch andere Faktoren, welche die Gesundheit beeinflussen Aus der aktuellen Fünften Deutschen Mundge- können, so etwa das Einkommen und die Bildung. sundheitsstudie (DMS V) ist bekannt, dass die bei- Die Einführung der Anschnallpflicht für Autofah- den chronischen Haupterkrankungen in der Zahn- rer in Deutschland im Jahr 1984 ist ein Beispiel für medizin, Karies und Parodontitis, einem generellen Verhaltensprävention, wohingegen die Ausstat- Trend der Morbiditätskompression unterlie- tung eines Autos mit Airbags eine Maßnahme der gen10,11. Seit mehreren Jahrzehnten verschiebt Verhältnisprävention darstellt: In einem Fall wird sich die Initiation parodontaler Erkrankungsfälle der Anwender zu einem konkreten Verhalten an- im Lebensbogen weiter nach hinten12 (Abb. 5). gehalten, im anderen Fall verändern sich die Um- Bedingt durch den demografischen Wandel, der gebungsverhältnisse des Autofahrers ohne sein mit einer weiter steigenden Lebenserwartung ge- eigenes Zutun. nauso verbunden ist wie mit der Zunahme multi- Methodisch kann man unterschiedliche Wege morbider Menschen, die länger krank sind, ist mit beschreiten, eine Präventionsmaßnahme auszu- einer weiteren Verstärkung der Morbiditätskom- gestalten. Entsprechend ihrer Vorgehensweise las- pression in der Zahnmedizin zu rechnen, sodass sen sich unterscheiden9: sich die Therapiebedarfe auch zukünftig zeitlich •• edukative Verfahren – hierbei können psycho- weiter nach hinten verschieben werden und die Prä edukative Verfahren, die eine Änderung des ventionsspanne entsprechend länger wird. Durch Verhaltens bewirken sollen, unterschieden den erheblichen medizinischen Fortschritt kommt werden von sozio-edukativen Verfahren, die es außerdem zu einem grundlegenden Krank- auf Änderungen der (Lebens-)Verhältnisse heitswandel, der durch weniger vermeidbare abzielen; beziehungsweise heilbare Infektionskrankheiten •• normativ-regulatorische Maßnahmen zielen charakterisiert ist und stattdessen mehr chronisch- durch Gebote und Verbote auf eine individu- degenerative Erkrankungen mit sich bringt13. Sie elle Verhaltensänderung ab und sollen dadurch sind zwar häufig nicht heilbar, dafür aber oftmals Parodontologie 2020;31(1):7–17 11
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie 40 1997 2030 2005 Kumulative Parodontitis-Fälle 2014 2025 30 in Millionen 2020 2015 20 2010 10 2005 2000 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90+ Alter (in Jahren) Abb. 5 Erwartete kumulative Parodontitis-Fälle in Deutschland (in Millionen) bis 2030. verhaltensbedingt und beeinflusst über Ernährung sundheitssystems) und es geht weniger auf den (Übergewicht), Lebensstil (Sport, Alkohol, Rau- Adressaten zu. Zum anderen kommt es zu chen) und Arbeitsbedingungen (langes Sitzen, Matthäus-Effekten, wenn Menschen mit höherem schwere körperliche Tätigkeit). Diese Vorausset- sozioökonomischem Status im Allgemeinen am zungen prädestinieren für sogenannte Upstream- meisten von Präventionsmaßnahmen profitieren. Präventionsmaßnahmen, die hier versprechen, Letzterer Umstand wird auch als Präventions effizienter zu sein, weil sie früher einsetzen und dilemma bezeichnet14. Die Schwierigkeiten bei weniger aufwändige Maßnahmen umfassen als der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen die zu einem späteren Zeitpunkt ansetzenden können aber auch bereits auf begrifflicher Ebene Kurations- und Therapiemaßnahmen oder gar beginnen. Palliationsmaßnahmen mit deutlich höherem Ressourcenaufwand. Eine Frage der Perspektive I: Bluthochdruck Die Beurteilung einer Maßnahme als Primär-, Se- „Wer hat, dem wird gegeben“ kundär- oder Tertiärprävention ist nicht immer Allerdings unterliegt Prävention häufig auch soge- zweifelsfrei möglich und die Zuordnung sorgt re- nannten Matthäus-Effekten (angelehnt an „Wer gelmäßig für Diskussionen, denn sie ist stets ab- hat, dem wird gegeben“ Mt 25,29). Im Allgemei- hängig von der (willkürlich) gewählten Perspek- nen bezeichnet man eine Wirkung dann als Mat- tive auf die gegebene Maßnahme. Besondere thäus-Effekt, wenn eine bereits privilegierte Per- Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung sekun- sonengruppe durch eine Intervention noch mehr därer Präventionsmaßnahmen von Maßnahmen begünstigt wird, während die weniger Privilegier- sowohl der primären Prävention als auch der terti- ten von der Intervention auch weniger profitieren. ären Prävention15. Das Problem beginnt allerdings Zum einen liegt ein Matthäus-Effekt vor, wenn die bereits früher, nämlich in der Unterscheidung von Konzentration auf Kuration und Therapie vor al- Risikofaktoren und Krankheiten: So muss für jede lem denjenigen mit leichtem Zugang zum Versor- Fragestellung gesondert definiert werden, ob gungssystem hilft. Dies liegt darin begründet, dass Bluthochdruck (bei ansonsten gesunden Per es strukturell eher re-aktiv aufgebaut ist und we- sonen) als Risikofaktor anzusehen ist (z. B. für niger pro-aktiv: Das Versorgungssystem geht eher koronare Herzkrankheit) oder bereits eine eigene auf den Adressaten ein (Komm-Struktur des Ge- Erkrankung darstellt. Erst danach können Maß- 12 Parodontologie 2020;31(1):7–17
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie nahmen zur Eindämmung des Bluthochdrucks als kulotika, Behandlung von resistenzmindernden primäre oder sekundäre Prävention klassifiziert Begleiterkrankungen sowie Alkohol- und Nikotin- werden. Interessiert man sich für die koronare abstinenz zu den tertiärpräventiven Maßnahmen16. Herzkrankheit und geht davon aus, dass Blut- hochdruck bei ansonsten gesunden Personen le- diglich einen Risikofaktor für diese Zielerkrankung darstellt, wären entsprechende Präventionsmaß- Der Präventionsbegriff in der nahmen primärer oder sogar primordialer Natur. Parodontologie Gelangt man hingegen zu der Einschätzung, dass Bluthochdruck im Rahmen einer anderen Frage- Mit der parodontalen Gesundheitskompetenz stellung bereits eine eigene Erkrankung darstellt, in Deutschland ist es nicht weit her und man beabsichtigt, mit Hilfe der Präventions- Laut einer aktuellen Umfrage in Deutschland ist maßnahme eine Verschlimmerung der Erkrankung etwa 1 % der Bevölkerung in der Lage, die Krank- zu vermeiden, wären dieselben Maßnahmen eher heit Parodontitis richtig zu definieren17: Auf offen der sekundären Prävention zuzuordnen. gestellte Fragen nach den Folgen von Parodontitis nannten 0,4 % persistierende Schäden am Kiefer- knochen und 3 % Zahnverlust. Bezüglich der Risi- Eine Frage der Perspektive II: Rauchen kofaktoren für Parodontitis nannte nur knapp ein Ein Beispiel großen weltweiten Erfolgs von Prä- Viertel der Befragten von sich aus Faktoren, die vention ist das Rauchverbot in öffentlich zugäng- mit der Mundhygiene zusammenhängen. Zwei lichen Gebäuden. Handelt es sich dabei um Ver- Drittel der Befragten waren fälschlicherweise der hältnis- oder Verhaltensprävention? Es ist erneut Meinung, dass das Bürsten von Kauflächen für die eine Frage der Perspektive, ausgehend von den Prävention von Parodontitis am wichtigsten sei. Nutznießern der Maßnahme: Aus der Sicht aller Mit der parodontalen Gesundheitskompetenz in Anwesenden im Gebäude handelt es sich um eine Deutschland ist es also nicht weit her und eine universale Verhältnisprävention; universal, weil sie bessere Aufklärung über Parodontitis auf Bevölke- sich an alle Personen im Gebäude mit dem Ziel der rungsebene wäre angesichts der hohen Prävalenz allgemeinen Gesundheitsfürsorge richtet; Ver wünschenswert. Auch hierbei ist a priori die Frage hältnisprävention, da Umgebungsverhältnisse ge- zu beantworten, ob eine solche Präventionskam- schaffen werden, von denen jeder Gebäudenutzer pagne universal oder zielgruppenspezifisch ausge- grundsätzlich ohne eigenes Zutun profitiert. Aus richtet sein sollte. der Perspektive eines rauchenden Büroangestellten Eine universale Strategie würde sich an die all- dieses Gebäudes ließe sich auch eine Einordnung gemeine Bevölkerung richten. Sie wäre zwar für als selektive Verhaltensprävention rechtfertigen: viele Adressaten nicht angemessen, weil sie sich Verhaltensprävention, sofern das Rauchverbot als Unbetroffene nicht angesprochen fühlten; ge- beim rauchenden Büroangestellten eine Ver- samtgesellschaftlich dürfte sie jedoch den größten haltensänderung bewirkt, nämlich zum Rauchen Nutzen bringen, weil bei einer universal ausge- das Gebäude verlassen zu müssen; selektiv, weil richteten Präventionsstrategie gegen Parodontitis das Rauchverbot nur rauchende Personen trifft. mit einer hohen Effektivität der Maßnahme ge- Nikotinabstinenz lässt sich zudem als tertiäre Prä- rechnet werden kann. Effektivität geht der Frage ventionsmaßnahme konstruieren – beispielsweise nach, ob die Maßnahme geeignet ist, das defi- aus der Perspektive der Tuberkuloseprävention: nierte Ziel zu erreichen (Hilfsfrage: Bringt uns die Im europäischen Lebensraum zählen vernünftige Maßnahme dem Ziel näher?). Wohnverhältnisse, Ernährung und Hygiene zur Wenn die Präventionskampagne hingegen ef- Primärprävention, Röntgen-Reihenuntersuchungen, fizient in ihrer Wirkung sein soll, erscheint eine Tuberkulintests und Untersuchungen im Umfeld zielgruppenspezifische Ausrichtung vielverspre- von Patienten zur Sekundärprävention, Antituber- chender (Hilfsfrage: Gehen wir den Weg des ge- Parodontologie 2020;31(1):7–17 13
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie ringsten Aufwandes, um unser Ziel zu erreichen?). Hierbei werden die wichtigsten Risikofaktoren Zur Effizienzsteigerung würde man sich nicht an in Angriff genommen, die einer Vielzahl bedeu- die allgemeine Bevölkerung wenden, sondern an tender chronischer Krankheiten gemein sind, ein- Personen, die bereits Vorstufen der Erkrankung schließlich Krankheiten des Mundes und der zeigen wie zum Beispiel Zahnfleischbluten. Eine Zähne. Der CRFA konzentriert sich auf die ge- solchermaßen ausgestaltete Präventionskampa- meinsamen zugrunde liegenden Determinanten gne wäre individuell für all diejenigen tatsächlich für Gesundheit, mit dem Ziel, die allgemeine Ge- Betroffenen angemessen, die mit dieser Erkran- sundheit von Bevölkerungen zu verbessern und kung noch nicht adäquat umgehen. auf diese Weise soziale Ungleichheiten zu reduzie- Eine universale Strategie ist prädestiniert, primär- ren. Die Hauptimplikation des CRFA hinsichtlich präventiv wirksam zu sein (Inzidenzsenkung), wo- der Formulierung von Strategien zur Förderung hingegen eine zielgruppenspezifische respektive der Mundgesundheit besteht daher in der Zusam- indizierte Strategie besonders sekundär-präventiv menarbeit mit einer Reihe anderer Sektoren und wirkt mit dem Ziel der Früherkennung und Früh- Disziplinen. Belange der Mundgesundheit sollten behandlung (Prävalenzsenkung). Beide Ziele, die in die Empfehlungen zur Verbesserung der Allge- Prävalenz und die Inzidenz, mit einer Maßnahme meingesundheit integriert werden. Verbesserungen zu senken, ist in der Regel nicht erfolgverspre- in der Mundgesundheit und eine Reduzierung der chend; dieses Dilemma bezeichnet man auch als Ungleichheiten in der Mundgesundheit werden Präventionsparadox18. wahrscheinlicher durch eine sektoren- und disziplin Das Ziel der Stärkung von Gesundheitskompe- übergreifende Zusammenarbeit erreicht sowie tenz (health literacy) und der Eigenverantwortung über Strategien, die sich auf die vorgelagerten, führt auch zu einer Verringerung des medizini- zugrundeliegenden Determinanten von Mund schen Paternalismus, was vor allem bei chronisch- erkrankungen konzentrieren19. degenerativen Erkrankungen erstrebenswert ist, wo Patienten zu Experten ihrer eigenen Erkran- Der parodontale Präventionsweg kung werden sollen. Allerdings kann die damit verbundene Verlagerung der Verantwortung auf Die European Federation of Periodontology (EFP) das Individuum auch zu einer Überforderung füh- hat in einem Präventions-Workshop 2014 einen ren an einer Stelle, wo eigentlich die Politik, die „Leitfaden für die effektive Prävention von Par- Gesundheitsakteure oder die Betriebe in der Ver- odontalerkrankungen erarbeitet. Zu diesen allge- antwortung stehen. Dies birgt die Gefahr einer meinen Empfehlungen gehören (nach eigenen Täter-Opfer-Umkehrung in sich. Angaben) als primärpräventive Maßnahme das Gerade parodontale Erkrankungen sind ein ex- Management von Gingivitis (und periimplantärer zellentes Beispiel, gemeinsame Risikofaktoren in Mukositis) und als sekundärpräventive Maß- der Präventionsarbeit zusammen mit anderen me- nahme die Rückfallprophylaxe nach Parodontitis- dizinischen Disziplinen zu adressieren und so therapie20. Demnach ist die unterstützende Par- durch Fokussierung auf gemeinsame Risikofakto- odontitistherapie (UPT) als Sekundärprävention ren gleich mehrere Präventionsziele zu verfolgen. zu verstehen. Nach unserer Auffassung ist die un- Vorherrschende Ansätze zur Förderung von Ge- terstützende Parodontitistherapie allerdings eine sundheit waren bis vor Kurzem auf einzelne und Maßnahme der tertiären Prävention, weil sekun- spezifische Krankheiten gerichtet und haben die däre Prävention zu einem Zeitpunkt ansetzt, wo Mundgesundheit von der Allgemeingesundheit der Betroffene seine eigene Gesundheitsstörung getrennt. noch gar nicht wahrnimmt, aber die Erkrankung Ein alternativer Ansatz, der der Upstream- bereits diagnostizierbar ist. Im Sinne der Früher- Prävention zuzuordnen ist, ist der gemeinsame kennung betrachten wir also beispielsweise die Risikofaktorenansatz, der Common Risk Factor Erhebung des parodontalen Screening-Index (PSI; Approach (CRFA). Abb. 6) als sekundärpräventive Maßnahme. Wie 14 Parodontologie 2020;31(1):7–17
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie Abb. 6 Erhebung des parodontalen Screening-Index (PSI) als Abb. 7 Häusliche interdentale Plaquekontrolle als Beispiel für Beispiel für sekundäre parodontale Prävention. primäre parodontale Prävention. kommt es aber dazu, dass Tonetti et al.20 die un- terstützende Parodontitistherapie als Sekundär Primäre parodontale Prävention prävention ansehen? Wie bereits erwähnt, ist es •• häusliche Plaquekontrolle, auch interdental erforderlich, explizit eine bestimmte Perspektive (Abb. 7) einzunehmen, um die Klassifikation von Präven- •• professionelle mechanische Plaqueentfer tion sinnvoll mit Bedeutung füllen und eine Maß- nung (PMPR/PZR) nahme widerspruchsfrei einordnen zu können. •• Gingivitiskontrolle Tonetti et al. scheinen eine Zielerkrankung in den Blick zu nehmen, die der Parodontitis zeitlich und Sekundäre parodontale Prävention kausal nachgelagert sein muss. Es spricht viel da- •• Screening, frühe Diagnose und Therapie für, dass sie den Zahnverlust als ultimatives Ereig- nis am Lebensende eines Zahns im Sinn hatten, Tertiäre parodontale Prävention welches es zu vermeiden gilt. Unseres Erachtens •• unterstützende Parodontitistherapie (UPT) ist dies insofern nicht zielführend, als wir Präven- tion immer im Hinblick auf eine konkrete Erkran- Quartäre parodontale Prävention kung definieren würden, nicht hinsichtlich des •• Vermeidung unnötiger parodontalchirur- letztmöglichen Ereignisses. Anderenfalls ergäben gischer Maßnahmen manche übrigen Präventionsbegriffe keinen Sinn mehr: Aus Patientensicht scheint zwar der Zahn- verlust das relevanteste Ereignis im Zusammen- hang mit der Parodontitis zu sein21; wählte man Abschließend bedarf die Einordnung der unter- jedoch dieses letztmögliche Geschehnis als Ziel stützenden Parodontitistherapie (UPT) als Maß- erkrankung, dann wären alle vorgelagerten Prä- nahme der tertiären parodontalen Prävention ei- ventionsmaßnahmen zwangsläufig als Primär- oder ner weiteren Erläuterung: Es ließe sich einwenden, Sekundärprävention einzuordnen und parodontitis dass nach einer aktiven Parodontitistherapie (AIT) bezogene tertiärpräventive Maßnahmen würden erst bei einem nun parodontal stabilen Patienten gin- nach dem Zahnverlust einsetzen, was diesen Begriff givale Gesundheit vorliegen kann; in einem sol- unseres Erachtens ad absurdum führen würde. chen Fall erscheint es zunächst plausibel, dass eine Nach unserer Perspektive können die par zeitlich nachgelagerte unterstützende Parodonti- odontalpräventiven Maßnahmen der EFP folgen- tistherapie der Sekundärprävention zuzuordnen dermaßen klassifiziert werden: wäre, da gemäß Abbildung 4 zwar eine zahnärzt- Parodontologie 2020;31(1):7–17 15
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie liche Diagnose vorhanden wäre, aber keine Ge- 5. DiClemente RJ, Raczynksi JM. The importance of health promotion and disease prevention. In: Raczynski JM, sundheitsstörung aus Patientensicht. Eine unter- DiClemente RJ. Handbook of health promotion and stützende Parodontitistherapie ließe sich aber disease prevention. New York: Kluwer Academic, 1999: 3–9. ebenso gut als Tertiärprävention auffassen: Lägen 6. Scambler S. The Social Context of Oral Health and Disease. In: Scambler S, Scott SE, Asimakopoulou K: Sociology & zusätzlich eine Zahnhalsüberempfindlichkeit oder Psychology for the Dental Team. Cambridge: Polity Press, ästhetische Verbesserungswünsche vor, wäre eine 2016. 7. Mrazek PJ, Haggerty RJ. New directions in definitions. In: Gesundheitsstörung aus Patientensicht gegeben Mrazek PJ, Haggerty RJ. Reducing risks for mental und die unterstützende Parodontitistherapie müsste disorders: Frontiers for preventive intervention research. Washington: National Academy Press, 1994. entsprechend der Tertiärprävention zugerechnet 8. Jamoulle M. Information et informatisation en médecine werden. Diese terminologischen Verwirrungen générale. In: Les informagiciens. Namur: Press Univ, 1986. Verfügbar unter: http://hdl.handle.net/2268/170822 entstehen durch die Tatsache, dass hier implizit die (letzter Aufruf am 02.12.2019). Zielerkrankung gewechselt wird, und lässt sich 9. Leppin A. Konzepte und Strategien der Prävention. In: Hurrelmann K, Klotz T, Haisch J. Lehrbuch Prävention und folglich vermeiden, wenn konsequent die Par- Gesundheitsförderung. Bern: Hans Huber, 2014:36–44. 10. Jordan AR, Micheelis W. Fünfte Deutsche Mundgesund odontitis in den Blick genommen wird: Nach einer heitsstudie (DMS V). IDZ-Materialienreihe, Bd. 35. Köln: aktiven Parodontitistherapie dürfte sich der Patient Deutscher Zahnärzte Verlag DÄV, 2014. 11. Fries JF. Aging, Natural Death, and the Compression of seiner Parodontitis bewusst sein, auch wenn er Morbidity. New Engl J Med 1980:303:130–135. keine Krankheitszeichen oder Symptome mehr 12. Schwendicke F, Krois J, Kocher T, Hoffmann T, Micheelis W, Jordan AR. More teeth in more elderly: Periodontal wahrnimmt. Analog dazu wird ein eingestellter treatment needs in Germany 1997-2030. J Clin Periodontol Diabetes-Patient ebenfalls nicht der Auffas sung 2018:45:1400–1407. 13. Nettleton S. The Sociology of Health and Illnes. Cambridge: sein, dass er nicht mehr an Diabetes leidet. Eine Polity Press, 2013. nachgelagerte unterstützende Parodontitisthera- 14. Hurrelmann K, Klotz T, Haisch J. Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung. In: Hurrelmann K, Klotz T, Haisch J. pie wäre dann widerspruchsfrei als Nachsorge und Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung. Bern: Hans Huber, 2014:13–24. somit als Tertiärprävention zu zählen. Entschei- 15. Froom P, BenbassatJ. Inconsistencies in the classification of dend für die Einstufung einer Präventionsmaß- preventive interventions. Prev Med 2000;31:153–158. 16. Kryspin-Exner I, Pintzinger N. Theorien der Krankheits nahme als tertiär ist, dass sie nach der Therapie prävention des Gesundheitsverhaltens. In: Hurrelmann K, einsetzt (Nachsorge). Klotz T, Haisch J. Lehrbuch Prävention und Gesundheits- förderung. Bern: Hans Huber, 2014:25–35. „In jedem Fall bleibt der Versuch, einen kom- 17. Deinzer R, Jordan AR. Periodontitis: What People Do (not) plexen kontinuierlichen Prozess wie die Ätiologie Know – a Telephone Survey? J Dent Res 2019;98 Spec Issue A:0359. (chronischer) Krankheiten in diskrete Kategorien 18. Rose G, Khaw K-T, Marmot M. Rose’s Strategy of zu zerlegen, letztlich eine Hilfskonstruktion, die Preventive Medicine. Oxford: Oxford University Press, 2008. Ordnungszwecken dienen kann, aber bis zu ei- 19. Heilmann A, Sheiham A, Watt R, Jordan RA. Common Risk Factor Approach – Ein integrierter bevölkerungsbezogener nem gewissen Grad auch immer arbiträr ist“ 9. und evidenzbasierter Ansatz zum Ausgleich sozialer Ungleichheiten in der Mundgesundheit. Gesundheitswesen 2016:78:672–677. 20. Tonetti MS, Chapple IL, Jepsen S, Sanz M. Primary and Literatur secondary prevention of periodontal and peri-implant diseases: Introduction to, and objectives of the 11th 1. Caplan G. Principles of Preventive Psychiatry. New York: European Workshop on Periodontology consensus Basic Books, 1964. conference. J Clin Periodontol 2015:42(Suppl 16): 2. Engel GL. The need for a new medical model: a challenge S1–4. for biomedicine. Science 1977;196:129–136. 21. IQWiG [Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit 3. WHO [World Health Organization]. Ottawa Charta. WHO, im Gesundheitswesen]: Präferenzmessung bei Par - Genf, 1986. odonto pahtien. IQWIG-Berichte Nr. 466. Köln: IQWiG, 4. Cowen EL. The ontogenesis of primary prevention: 2016. Lengthy strides and stubbed toes. Am J Community Psychol 1996;24:235–249. 16 Parodontologie 2020;31(1):7–17
Jordan / Frenzel Baudisch Der Präventionsbegriff in der Parodontologie The concept of prevention in periodontology KEY WORDS periodontology, prevention, primary prevention, secondary prevention ABSTRACT The aim of the article is to draw attention to problems in the use of the term prevention and to sharpen it for its use in periodontology. The article consists of three parts. The first part examines the fundamental concept of prevention and expounds its different implications. The second part deals with common problems that generally occur in the field of preventive measures. The last part is devoted to the application of the term prevention in periodontology, bearing in mind the discussed pitfalls, and identifies periodontal measures in the context of the prevention scheme. A. Rainer Jordan Prof. Dr. med. dent. Nicolas Frenzel Baudisch Dr. rer. pol., MA Beide: Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Universitätsstraße 73 50931 Köln A. Rainer Jordan Korrespondenzadresse: Prof. Dr. A. Rainer Jordan, E-Mail: r.jordan@idz.institute Parodontologie 2020;31(1):7–17 17
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