Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter

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Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter
Didaktik der Physik
                                                                            Frühjahrstagung Berlin 2008

               Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer
                    Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter

           Johannes Grebe-Ellis1, Wilfried Sommer2, Matthias Rang3, Lutz-Helmut Schön1
           1
            Humboldt-Universität zu Berlin, 2Pädagogische Forschungsstelle Kassel, 3Forschungsinstitut
                                            am Goetheanum, Dornach

          Kurzfassung
          Zu den inzwischen am besten erprobten Beschreibungsinstrumenten der phänomenologischen
          Optik gehört das Konzept des Spiegelraums. Dieser wird als hinter der Spiegelebene liegender,
          optisch realer Raum betrachtet, in den sich alle optischen Eigenschaften des vor dem Spiegel
          liegenden Raums – wie z.B. die Gesetzmäßigkeiten von Perspektive und Parallaxe – bruchlos
          fortsetzen. Wie man im Optikunterricht der Mittelstufe den Begriff des Spiegelraums entwi-
          ckeln kann, indem man vom unmittelbaren Seherlebnis der Schülerinnen und Schüler ausgeht,
          ist u. a. von SCHÖN und VON MACKENSEN vielfach gezeigt worden. In diesem Beitrag gehen
          wir der Frage nach, inwiefern das Spiegelraumkonzept über den didaktischen Kontext von
          Schulphysik hinausgehend als allgemeines Instrument physikalischer Beschreibung brauchbar
          ist und gegenüber konventionellen Beschreibungen möglicherweise Vorteile bietet. Dies wird
          am Beispiel der optischen Rückkopplungssperre und der Beugung am Raumgitter diskutiert.

1. Einleitung                                             So sicher und selbstverständlich wir uns sehend in
Die Rede vom Spiegelraum gründet sich zunächst            diesem Spiegelraum bewegen, so wenig ist uns diese
und vor aller Konzeptualisierung auf eine Seh-            Tatsache in den meisten Fällen bewusst. Wir stellen
erfahrung. Diese ist unseren Augen wohl vertraut.         uns Spiegelung als An- und Abprallen von Licht-
Sie empfinden – wie einfache Akkommodations-              strahlen an der Spiegelfläche vor. Der optischen Er-
übungen zeigen – keinen Unterschied im Blick auf          fahrung konkurriert die Idee vom mechanischen
gleichweit entfernte ungespiegelte und gespiegelte        Wechselwirkungsmodus „Reflexion“. Die Frage, wo
Gegenstände. Der Blick in den Spiegelraum, den            denn genau das eigene Spiegelbild sei, ob auf, vor
jede spiegelnde Fläche wie ein Fenster eröffnet, ist      oder hinter dem Spiegel, löst auch bei Physikstu-
für unsere Augen von jeher eine Selbstverständ-           denten der höheren Semester stets noch Verwirrung
lichkeit. Jede Pfütze ist in diesem Sinne ein Fenster     aus. Ihnen fehlt jedoch nicht die Erfahrungsgrund-
im Boden, durch das hindurch wir völlig ungehin-          lage, sondern das Bewusstsein derselben und eine
dert auf die Spiegelbilder von Baumkronen und             Erklärung, die von den eigenen Erfahrungen getra-
Hausgiebeln blicken.                                      gen wird. Mit der Frage, wie eine solche optische,
                                                          den Bezug auf eigene Erfahrung bewahrende Erklä-
                                                          rung mit dem üblichen quasimechanischen Modell,
                                                          das diesen Bezug gerade unterdrückt, verknüpft
                                                          werden kann, befindet man sich bereits in im Kern-
                                                          gebiet fachdidaktischer Problemstellungen, die sich
                                                          mit der Lücke zwischen unbewusst bleibender Er-
                                                          fahrung einerseits und fachsystematischen Erklä-
                                                          rungsmodellen andererseits befassen.
                                                          Wie Erfahrungen mit dem Spiegelraum systemati-
                                                          siert und didaktisch konzeptualisiert werden können,
                                                          ist in Anknüpfung an MAIER durch VON MACKEN-
                                                          SEN und SCHÖN ausführlich gezeigt worden
                                                          [1][2][3]. Hingewiesen sei ferner auf die umfängli-
                                                          chen Erschließungen verschiedenster Spiegelungs-
                                                          phänomene durch SCHLICHTING [4]. Ein Beispiel
                                                          dafür, dass das Spiegelraumkonzept auch auf kom-
Abb.1: Der Blick durch eine Lupe auf das vergrößert       plexere optische Probleme angewendet werden kann
erscheinende Schriftbild einer Buchseite ist jedem        und so seine Tragfähigkeit bis in Optikcurricula der
vertraut. Wer genauer hinsieht, bemerkt indessen,         Oberstufe erweist, haben THEILMANN und MAIER in
dass das Buch in Spiegelschrift geschrieben zu sein       ihrer phänomenologischen Analyse des Drehspie-
scheint. –                                                gelversuchs von Foucault zur Messung der Lichtge-
Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter
2

schwindigkeit gezeigt [5]. Vor diesem Hintergrund           um einen reinen Sehraum handelt. Dieser ist dem
haben sich die Autoren des vorliegenden Artikels            Raum vor dem Spiegel in optischer Hinsicht gleich-
gefragt, inwiefern das Spiegelraumkonzept über den          wertig; ihn als Schein oder Täuschung zu apostro-
didaktischen Kontext von Schule hinausgehend ein            phieren, besteht weder aus physikalischer noch aus
tragfähiges physikalisches Beschreibungsinstrument          didaktischer Sicht ein begründeter Anlass.1
darstellt, das nicht nur verallgemeinerbar ist, son-
dern gegenüber dem konventionellen Reflexionsmo-            2.2 Konzeptualisierung des Spiegelraums
dell im konkreten Anwendungsfall möglicherweise             Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Beziehung des
sogar Vorteile bietet. Zur Beantwortung dieser Frage        Spiegelraums zum Raum vor dem Spiegel zu formu-
werden im Folgenden zwei Beispiele der Anwen-               lieren. Phänomenologisch am konsequentesten ist
dung des Spiegelraumkonzepts zur Diskussion ge-             der Hinweis MAIERS, die Ansichten des Spiegel-
stellt: die Beschreibung einer optischen Rückkopp-          raums auf das eigene Spiegelbild zu beziehen [1][2].
lungssperre und der Beugung am Raumgitter. Mit              Eine daran anknüpfende, besonders einfache und
der Darstellung dieser Beispiele, die ohne weiteres         zugleich elegante Formulierung, die der Tatsache
Bestandteil eines Hochschulcurriculums zur Optik            Rechnung trägt, dass der Spiegel – je nach dem, von
sein könnten, wird darüber hinaus gezeigt, dass di-         wo man blickt – nicht nur spiegelt, sondern auch
daktische Konzepte nicht immer aus der elementari-          verdeckt, ist kürzlich von MÜLLER vorgeschlagen
sierenden Reduktion fachsystematischer Erklärun-            worden: Der Spiegel zeigt (von vorne gesehen), was
gen und Methoden hervorgehen müssen, sondern                er (von hinten gesehen) verdeckt [6].
dass – wie im vorliegenden Fall – auch der umge-            Im Zusammenhang der vorliegenden Überlegungen
kehrte Weg denkbar ist: dass sich eine unter didakti-       genügt die folgende Konstruktionsvorschrift für den
schen Gesichtspunkten entwickelte Methodik auch             ebenen Spiegel: Jedem Gegenstandspunkt G vor der
für den Physiker als physikalisch brauchbar und             Spiegelebene entspricht ein gespiegelter Gegens-
sogar vorteilhaft erweisen kann.                            tandpunkt G´, der sich – bezogen auf die Spiegel-
                                                            ebene – gleichweit entfernt von dieser und lotrecht
                                                            gegenüber G im Spiegelraum befindet.
                                                            Das kann auch als Ersetzungsvorschrift gelesen
                                                            werden: Ersetze das Spiegelbild einer Kerze, indem
                                                            du den Spiegel entfernst und an der Stelle der ge-
                                                            spiegelten eine weitere Kerze aufstellst, so ist die
                                                            Beleuchtungssituation im Raumbereich vor der ur-
                                                            sprünglichen Spiegelebene optisch dieselbe.

                                                            3. Anwendungen des Spiegelraumkonzepts I:
                                                            Eine optische Rückkopplungssperre
                                                            3.1 Motivation
                                                            Jeder, der schon einmal einen laseroptischen Aufbau
                                                            wie beispielsweise ein Michelson-Interferometer
                                                            eingerichtet hat, kennt das Problem der Rückkopp-
                                                            lung teilreflektierter Strahlung in den Laser mit dem
Abb. 2: Das Buch – Helmholtz´ „Handbuch für phy-            Ergebnis, dass dessen effektive Ausgangsleistung
siologische Optik“ – ist natürlich nicht in Spiegel-        nicht stabil und damit der Aufbau zu Messzwecken
schrift geschrieben. Wir erblicken vielmehr im Quer-        nicht oder nur bedingt geeignet ist. Aus den Sym-
schnitt einer gespiegelten Linse das vergrößerte            metrieeigenschaften des Interferometers ergibt sich,
Schriftbild einer gespiegelten Buchseite. Das heißt         dass Intensität und Phasenlage des einerseits in den
insbesondere: auch die gespiegelte Linse funktio-           Detektor und andererseits in den Laser zurücklau-
niert als Linse.                                            fenden Teilstrahlenpaars identisch sind. Um die
                                                            Rückkopplung des letzteren in den Laser zu verhin-
2. Das Spiegelraumkonzept                                   dern, schaltet man diesem üblicherweise einen opti-
Bevor im Folgenden Anwendungen des Spiegel-                 schen Isolator vor, der auf dem Faraday-Effekt be-
raumkonzepts dargestellt werden, wird der physika-          ruht: das Licht durchläuft vor Eintritt in das Interfe-
lische Kern des Konzepts in aller Kürze vorgestellt.        rometer einen Polarisator und anschließend ein opti-
                                                            sches Medium, in dem ein Magnetfeld parallel zur
2.1. Die Erfahrung des Spiegelraums
Die Tatsache, dass man völlig ungehindert in den            1
                                                              Der Spiegelraum stellt nicht den einzigen Fall dar, in
Spiegelraum hinein akkommodiert, dass sich ferner           dem die gewohnte Kopplung von Seh- und Tastraum gelo-
die perspektivischen und parallaktischen Eigen-             ckert ist – im phänomenologischen Sprachgebrauch hat
schaften des Raumes vor dem Spiegel bruchlos in             sich die Redewendung „Seh- und Tastraum fallen ausein-
den Spiegelraum hinein fortsetzen, hat zu der Fest-         ander“ – bewährt. Weitere Beispiele für die Inkohärenz
                                                            von Seh- und Tastraum begegnen uns in den Phänomenen
stellung geführt, dass es sich bei dem Spiegelraum
                                                            der Hebung, der Beugung und Interferenz.

           Grebe-Ellis, Sommer, Rang, Schön: Anwendungen des Spiegelraumkonzepts. DPG 2008, Berlin
Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter
3

Propagationsrichtung des Lichts angelegt ist, so dass         Strahlung unterschieden werden. Im vorliegenden
die Polarisationsrichtung proportional zur magneti-           Beispiel gehen wir davon aus, dass die nf-Achse der
schen Flussdichte um 45° gedreht wird. Auf dem                Phasenplatte gegenüber der vertikalen Polarisations-
Rückweg findet aufgrund des Vorzeichenwechsels                richtung von P aus der Sicht des Lasers um 45º nach
der magnetischen Flussdichte, die jetzt antiparallel          rechts verdreht und der so erzeugte Polarisationszu-
zur Propagationsrichtung orientiert ist, eine gleich-         stand ein rechtszirkularer ist (Abb. 4). Durch die
sinnige Drehung um weitere 45° statt. Der resultie-           Reflexion am Spiegel geht dieser in einen links-
rende Polarisationszustand ist also orthogonal zu             zirkularen Zustand über. Dies kann man sich da-
dem ursprünglichen Zustand vor dem Isolator: für              durch verdeutlichen, dass man den Drehsinn der
ihn ist der vorgesetzte Polarisator undurchsichtig.           Schraubenlinie ins Auge fasst, die sich ergibt, wenn
                                                              man die durch die Phasenplatte gegeneinander ver-
                                                              schobenen orthogonalen Komponenten des Feldvek-
               Spiegel                                        tors miteinander verbindet. Durch die Richtungsum-
                                                              kehr am Spiegel wird relativ zur Spiegelebene die
                                                              Reihenfolge der einzelnen Komponenten des Feld-
                               Strahlteiler                   vektors vertauscht, was bekanntlich zufolge hat, dass
                                                              sich der Drehsinn der Schraubenlinie umkehrt. Die
                                                              resultierende linkszirkular polarisierte Welle „sieht“
     Laser                                                    dann, vom Spiegel zurückkehrend, den Rechtszirku-
                                         Spiegel
                                                              larpolarisator von der Ausgangsseite. Die nf-Achse
                                                              der Phasenplatte erscheint aus dieser Richtung 45º
                                                              nach links verdreht. Ein rechtszirkularer Zustand
                               Detektor                       würde im Durchgang durch die Platte von dieser
                                                              Seite einfach in den vertikalen linearen Ausgangszu-
                                                              stand „zurückgedreht“ werden. Der durch den Zu-
Abb. 3: Schema des Michelson-Interferometers mit              standsphasensprung von π am Spiegel entstandene
rückkoppelnden Teilstrahlen.                                  linkszirkulare Zustand hingegen erhält einen weite-
                                                              ren Phasenshift um π/2 und wird so in den zum
Ein einfacheres, sehr viel billigeres aber nicht weni-        Ausgangszustand orthogonalen horizontal linearen
ger wirkungsvolles Verfahren hat sich u. a. bei nah-          Zustand „weitergedreht“. Für diesen ist der nachfol-
feldspektroskopischen Messungen bewährt [7]. Es               gende Polarisator mit vertikaler Polarisationsrich-
beruht auf einem Zirkularpolarisator, der in der Re-          tung nach dem Malus-Gesetz undurchsichtig.
gel aus der Kombination eines Polarisators mit einer
π/2-Phasenplatte (λ/4-Plättchen) besteht.2 (Bei die-
ser Lösung hat man allerdings den Nachteil, im In-                                          45º
terferometer nicht mehr mit linearem Polarisations-
zustand arbeiten zu können.)
Die Wirkungsweise dieser Rückkopplungssperre
wird im Folgenden zunächst kinematisch, d.h. unter
Verwendung des üblichen Reflexionsmodells erläu-
tert. Wie die Erklärung mit Hilfe des Spiegelraum-                      Laser
                                                                                                  Spiegel
konzepts aussieht, wird im Anschluss daran gezeigt.                                   P λ/4
3.2 Rückkopplungssperre in kinematischer Dar-
stellung
Die vom Laser ausgehende Strahlung wird im
Durchgang durch den Polarisator P zunächst linear
                                                              Abb. 4: Zirkularpolarisator als Rückkopplungssper-
polarisiert; die nachfolgende Phasenplatte erzeugt
                                                              re in kinematischer Lesart.
eine Phasenverschiebung von π/2, so dass die austre-
tende Strahlung zirkular polarisiert ist (Abb. 4). Mit
                                                              Bis hierher sind wir davon ausgegangen, dass der
Rücksicht auf die Hauptachsenlage der Phasenplatte
kann zwischen rechts- und linkszirkular polarisierter         Zustandsphasensprung am Spiegel exakt π beträgt.
                                                              Dies kann aber nur für einen idealen Spiegel ange-
2
 Als vorteilhaft hat sich der Berek-Kompensator erwiesen      nommen werden. Tatsächlich ist die von einem Me-
– eine planparallele, doppelbrechende Platte, die senkrecht   tallspiegel reflektierte linear polarisierte Strahlung
zur optischen Achse geschnitten ist. Diese kann, je nach      schwach elliptisch polarisiert. Die damit verbundene
gewünschter Phasenverschiebung zwischen ordentlichem          Abweichung des Phasensprungs am Spiegel von π
und außerordentlichem Strahl unterschiedlich geneigt bzw.     kann durch geeignete Einstellung eines Kompensa-
der Wellenlänge der jeweils verwendeten Strahlung ange-       tors korrigiert werden.
passt werden.

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Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter
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Abbildung 5 zeigt die drei genannten Zustandstrans-        Ausgangsseite senkrecht gegenüber (Abb. 6). Damit
formationen in der Zustandsdarstellung auf der Poin-       besteht das gesamte optisch wirksame Ensemble,
caré-Kugel. Die Transformationswege kann man               vom Laser vor dem Spiegel aus betrachtet, aus ei-
sich auch durch Drehungen der Kugel ausgeführt             nem Polarisator, zwei π/2-Phasenplatten und einem
denken; die Drehachse entspricht dann der nf-Achse         Analysator. Das Entscheidende ist, dass die π/2-
der Phasenplatte. In kinematischer Lesart hat dem-         Phasenplatte vor dem Spiegel und ihr Spiegelbild im
nach die Richtungsumkehr der Strahlung am Spiegel          Spiegelraum zusammen wie eine π-Phasenplatte
durch Reflexion eine Umkehr des Drehsinns der              wirken, dass sich also, allgemein formuliert, die op-
Poincaré-Kugel um die nf-Achse zufolge.                    tische Wirkungsweise des sichtbaren Gesamtsystems

                         ZRechts                                                      ZRechts
     ∆ϕ = π/2                                                    ∆ϕ = π/2                       ∆ϕ = π/2

    LVertikal                            LHorizontal             LVertikal                          LHorizon-
                                                                                                    tal

                                    ∆ϕ = -π/2
 ∆ϕ = π
                         ZLinks                                                      ZLinks

Abb. 5: Darstellung der drei in kinematischer Lesart       Abb. 7: Darstellung der drei in optischer Lesart
sich ergebenden Zustandstransformationen im Ver-           sich ergebenden Zustandstransformationen.
tikalschnitt der Poincaré-Kugel.
                                                           aus der funktionellen Verschränkung der optischen
3.3. Rückkopplungssperre in optischer Darstel-             Komponenten vor dem Spiegel mit ihren Spiegelbil-
lung                                                       dern im Spiegelraum ergibt.
„Optisch“ wird die im Folgenden vorgestellte Lesart        Eine π-Phasenplatte führt bekanntlich jeden Polari-
deshalb genannt, weil die Wirkungsweise der be-            sationszustand in den zu ihm orthogonalen über; im
trachteten Komponenten nicht auf die Kinematik             betrachteten Fall bewirkt sie demnach eine Drehung
einer vorgestellten Wechselwirkung zwischen Licht          um 90°. Die Spiegelung erweist sich damit für den
und Materie abgebildet, sondern auf beobachtbare           zirkularen Polarisationszustand als Zustandsnach-
Zustände des optischen Systems bezogen wird. Als           weis. – Üblicherweise würde man dazu zunächst
„optisch“ kommt insofern alles in Betracht, was tat-       zeigen, dass die Strahlintensität unter Drehungen
sächlich zu sehen ist. Wie stellt sich die Wirkungs-       eines linearen Analysators invariant bleibt, und dann
weise der Rückkopplungssperre in diesem Sinne              eine (hier gespiegelte) Phasenplatte vorschalten, die,
optisch dar?                                               wenn es sich um einen zirkularen und nicht um ei-
                                                           nen lediglich unpolarisierten Zustand handelt, den
                                                           zirkular polarisierten Zustand in einen linear polari-
                               Spiegelraum                 sierten transformiert. Diesen weist man dann mit
                                                           einem (hier gespiegelten) linearen Analysator nach.
                                                           Man kann auch den gespiegelten Linkszirkularpola-
                                                           risator als Linkszirkularanalysator auffassen, der
                                                           gemäß Malus-Gesetz den vom Rechtszirkularpolari-
                                                           sator vor dem Spiegel erzeugten orthogonalen
 Laser                                        Laser        rechtszirkularen Zustand in Parallelstellung der line-
                                                           ar polarisierenden Komponenten (P und P´) über die
             P    π/2         π/2    P                     Auslöschung nachweist [8].
                                                           Unter der Annahme, dass der Spiegel nicht ebenfalls
                                                           als Phasenschieber wirkt, hat man es in optischer
                                                           Hinsicht also nur mit zwei Zustandstransformationen
                                                           zu tun (vgl. Abb. 7).
Abb. 6: Rückkopplungssperre in optischer Darstel-
lung: der Zirkularpolarisator vor dem Spiegel und          3.4 Die Rückkopplungssperre im Handversuch
sein Spiegelbild im Spiegelraum.                           Eine einfache und stets überraschende Möglichkeit,
                                                           die Funktion der optischen Rückkopplungssperre
Dem Rechtszirkularpolarisator vor dem Spiegel steht        durch Schüler oder Studenten studieren zu lassen
im Spiegelraum ein Linkszirkularpolarisator mit der        und dies zum Anlass zu nehmen, wesentliche Ele-

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Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter
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mente der Polarisationsoptik anwendungsnah zu               werden kann [9]. In Abbildung 8 sind drei Spiegel-
thematisieren, bietet der folgende eingebundene             räume realisiert: zwei davon ergeben sich durch die
Handversuch: Man fixiert durch eine Polarisations-          beiden senkrecht zur Beleuchtungsrichtung stehen-
folie sein eigenes Spiegelbild in einem Spiegel und         den Endspiegel der Interferometerarme.
bringt dann eine π/2-Phasenplatte zwischen Spiegel          Der gesamte Aufbau wird also an jeder dieser beiden
und Polarisationsfolie. Im Gegensatz zur Folie ist          Spiegelebenen, d. h. einmal nach rechts und einmal
die Platte volltransparent und wenn man darauf ach-         nach oben gespiegelt, so dass sich an dem Strahltei-
tet, dass ihre Hauptachse zunächst parallel oder ge-        ler (kinematisch) bzw. Spiegelfenster (optisch) vor
kreuzt zur Polarisationsrichtung der Folie steht, än-       dem Spiegel die Beleuchtungswirkung des (roten)
dert sich beim Hinzukommen der Platte an der                Lasers und diejenige der beiden gespiegelten Laser
Sichtbarkeit des eigenen Spiegelbildes nichts. Dreht        (blau und grün) überkreuzen. (Die Farbigkeit der
man die Platte nun nach rechts oder links, wird das         Laser soll nur erleichtern, die jeweils zugehörigen
Gesichtsfeld dunkler, bis bei einem Drehwinkel von          Beleuchtungsbeiträge zuzuordnen.)
± 45° das eigene Spiegelbild im vollständig abge-           Innerhalb des zum oberen Spiegel gehörenden Spie-
dunkelten Gesichtsfeld verschwunden ist. Dreht man          gelraums ist durch das Spiegelbild des Spiegelfens-
weiter, so erscheint es wieder, bis es bei ± 135° ein       ters ein weiterer Spiegelraum wirksam. Aus diesem
weiteres Mal verschwindet.                                  Grund steht dem ungespiegelten Detektor nicht sein
                                                            Spiegelbild, sondern der zweifach gespiegelte
3.5 Spiegelräume am Michelson-Interferometer                (blaue) Laser gegenüber. Für die konsequente Über-
Die Motivation, zur Unterdrückung der optischen             setzung des „kinematischen“ Aufbaus in einen rein
Rückkopplung von einem Zirkularpolarisator Ge-              optischen Funktionszusammenhang fehlt die Dar-
brauch zu machen und sich dessen Wirkungsweise              stellung weiterer Spiegelräume. Das Ziel wäre, alle
sowohl auf kinematischem als auch auf optischem             optischen Komponenten so darzustellen, dass zwi-
Wege zu verdeutlichen, war im Abschnitt 3.1 am              schen Laser und Detektor eine geradlinige Sichtver-
Aufbau des Michelson-Interferometers gewonnen               bindung realisiert ist. Aus Gründen der Übersicht-
worden. Zum Abschluss dieses ersten Beispiels für           lichkeit und weil es den Rahmen des vorliegenden
die Anwendung des Spiegelraumkonzepts sei des-              Artikels übersteigt, verzichten wir hier auf die Aus-
halb noch angemerkt, wie der in Abbildung 3 ge-             führung dieser Darstellung.
zeigte Aufbau im Sinne dieses Konzepts dargestellt

                   Spiegel

                                       Strahlteiler

           Laser
                                                      Spiegel

                               Detektor

Abb. 8: Spiegelräume am Michelson-Interferometer [9].

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4. Anwendungen des Spiegelraumkonzepts II:                  der Reflexion und das der Transmission in Form von
Beugung am Raumgitter                                       Kegelschnitten anordnen und schließlich in Ellipsen
4.1 Spiegelnde Gitter                                       zusammenlaufen, ist von MAIER vorgeführt und von
Einer der gängigen Schulversuche zur Fraunhofer-            SOMMER im Konzept optischer Wege erläutert wor-
schen Beugung hat den in Abbildung 9 gezeigten              den [10][9].
Aufbau: Im Brennpunkt einer Linse L1 steht eine
Halogenlampe H mit kleiner Glühwendel. So wird              4.2 Raumgitter als doppelte Spiegelung des
das Gitter G annähernd aus einer Richtung durch-            Kreuzgitters an der Glimmerplatte
leuchtet. Hinter dem Gitter G kann man durch Ver-           Durchleuchtet man ein Kreuzgitter mit einem Laser,
schieben eines Schirms längs der optischen Achse            so kann man das entsprechende Beugungsbild auch
verschiedene Schattengrenzen des Gitterrahmens              ohne Linse auf einem Schirm beobachten, wenn man
beobachten, welche den unterschiedlichen Beu-               sich an den etwas größeren Lampenbildern in Form
gungsordnungen entsprechen (Richtungsselektion).            der Blende, die durch den Aufbau des Lasers vorge-

Abb. 9: Versuchsaufbau zur Fraunhoferschen Beugung mit einem spiegelnden Gitter. In das Beugungsbild der
Reflexion wird der Spiegelraum mit einbezogen.

Verwendet man ein spiegelndes Gitter, beispielswei-         geben wird, nicht stört. Von einem solchen Aufbau
se eine dünne, strukturierte Metallschicht auf einer        geht der in Abbildung 10 gezeigte Versuch aus: Hier
Glasplatte als Träger, so befinden sich im Spiegel-         wird ein Kreuzgitter von einem Laser durchleuchtet
raum eine Halogenlampe HS und eine Linse L1S, die,          und die zueinander parallelen Vorder- und Rücksei-
bezogen auf die Ebene des Spiegels, senkrecht ge-           ten einer Glimmerplatte wirken als Spiegel. Aus
genüber zur Halogenlampe H und Linse L1 stehen.             Gründen der Übersichtlichkeit stehen hier sowohl
Die Halogenlampe HS im Spiegelraum durchleuchtet            das Gitter als auch die Glimmerplatte senkrecht zur
das Gitter. Die Linse L1 wirkt für die darauf zurück-       optischen Achse; in den im Folgenden beschriebe-
gehende Richtungsstruktur als Richtungsselektor             nen Versuchen muss hingegen die Glimmerplatte
und es erscheint in ihrer Brennebene auf einem              gegenüber der optischen Achse gedreht sein. Auch
Schirm das Beugungsbild. Dieses erstreckt sich seit-        werden in Abbildung 10 der Einfluss der Brechung
lich zur Halogenlampe H (vgl. Abb. 9). Das Beu-             bzw. Hebung vernachlässigt. Mit Rücksicht auf die
gungsbild der Reflexion entspricht so der Durch-            Hebung würden die Rückseite R, die an ihr gespie-
leuchtung eines Gitters aus dem Spiegelraum. Aus            gelte Vorderseite V’ und das an ihr gespiegelte
Gründen der Übersichtlichkeit wurde in Abbildung 9          Kreuzgitter 2’ verschoben zu sehen sein.
darauf verzichtet, dieses Beugungsbild in seiner            Gemäß der in Abbildung 10 gezeigten Anordnung
Spiegelung im Spiegelraum auch noch darzustellen.           wird die Glimmerplatte zum Fenster in ein Spiegel-
Wie sich beim Kippen des Gitters das Beugungsbild           raumensemble, bei dem sich zwei Spiegelräume

           Grebe-Ellis, Sommer, Rang, Schön: Anwendungen des Spiegelraumkonzepts. DPG 2008, Berlin
Anwendungen des Spiegelraumkonzepts am Beispiel von optischer Rückkopplungssperre und Beugung am Raumgitter
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                                                            Spiegelräume liegende Raumgitter ist in optischer
                                                            Hinsicht dem Raum vor dem Spiegel gleichwertig.

Abb. 10: Das Kreuzgitter zusammen mit der spie-
gelnden Vorder- und Rückseite der Glimmerplatte
führen zu einem Raumgitter im Spiegelraumen-
semble.

überlagern. In dem Ensemble sieht man zwei hinter-
einander liegende Kreuzgitter, die zusammen ein
Raumgitter bilden. Die optische Erfahrung dieses
Raumgitters hält die gewohnten Gesetze des per-
spektivischen und parallaktischen Sehens ein. Aller-
dings verdeckt die Vorderseite des Raumgitters nicht
die Rückseite vollständig.
In den auf die spiegelnde Vorder- und Rückseite der
Glimmerplatte bezogenen Spiegelräumen wird je ein
Gitter von einem Laser in gleicher Art durchleuch-
tet. Insbesondere ist in beiden Spiegelräumen der
Abstand zwischen dem Laser und Kreuzgitter gleich.
Dies führt in Anwendung des Spiegelraumkonzepts
zu folgendem Gedanken: Wir können durch den
Einsatz des Lasers einerseits von einer festen Pha-
senbeziehung bei der Durchleuchtung der beiden
Kreuzgitter ausgehen. Andererseits legt die Kohä-
renzlänge des Lasers auch nahe, dass zwischen den
beiden gespiegelten Gittern 1’ und 2’ in den jeweili-
gen Spiegelräumen eine feste Phasenbeziehung
herrscht. Vor diesem Hintergrund müssten wir mit
dem Blick in das Spiegelraumensemble der Glim-
merplatte Beugungsbilder sehen, wie sie für Raum-
gitter charakteristisch sind, arbeiten wir doch im
optischen Regime mit einem Beugungsversuch, wie
wir ihn sonst im Rahmen der Beugung von Röntgen-
strahlen an Kristallen kennen.
Dreht man in dem Versuchsaufbau der Abbildung 10                        e
die Glimmerplatte gegen den Urzeigersinn, so kann
man auf einem Schirm im entsprechenden Vorder-
raum in der Tat die erwarteten Beugungsbilder beo-
bachten. Bei den Aufnahmen in Abbildung 11 wurde
die Glimmerplatte zunächst um ca. 50° gedreht und
dann langsam während der abgebildeten Stationen
um ca. 2-3° weitergedreht. Man erkennt deutlich,
wie einerseits durch das Weiterdrehen das Beu-
gungsbild auf dem Schirm von links nach rechts                          f
wandert, und andererseits einzelne Beugungsord-
nungen verschwinden und erscheinen. Das ent-                 Abb. 11: Mit der Rotation der Glimmerplatte ver-
spricht genau der Erwartung für die Beugung an               schwinden und erscheinen verschiedene Beugungs-
Raumgittern. Das im Spiegelraumensemble zweier               ordnungen.

           Grebe-Ellis, Sommer, Rang, Schön: Anwendungen des Spiegelraumkonzepts. DPG 2008, Berlin
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4.3 Qualitatives Verständnis auf der Grundlage              Mit dem Übergang zu Kreuzgittern müssen die peri-
von Laue-Kegeln                                             odischen Strukturen längs zweier linear unabhängi-
Bei einer äquidistanten, linearen Anordnung kleiner         ger Achsen berücksichtigt werden und mit der obi-
Öffnungen hat man eine quasi eindimensionale beu-           gen Bedingung für die Richtungen konstruktiver
gende Struktur. Bei konstruktiver Interferenz gilt für      Interferenz im eindimensionalen Fall ergeben sich
den Gangunterschied benachbarter Gitteröffnungen:           zwei Scharen koaxialer Kegel, deren gemeinsame
                    δn = n ⋅λ ,                             Mantellinien genau die Richtungen angeben, in de-
                                                            nen die Beugungsmaxima liegen. Damit wird das in
wobei die Gitterkonstante g und der Gangunter-              Abbildung 13 gezeigte Beugungsbild eines Kreuz-
schied über den Sinus des Ablenkungswinkels α zu-           gitters unmittelbar verständlich.
sammenhängen:
                               δn
                   sin α n =        .
                               g
Die Gesamtheit der durch diese Bedingung festge-
legten Richtungen konstruktiver Interferenz lässt
sich durch eine Schar koaxialer Kegel – die Laue-
Kegel – beschreiben (Abb. 12). Entsprechend findet
man auf einem Schirm Beugungsbilder in Form von
Hyperbel-Ästen. Deren Krümmung kann allerdings
so gering sein, dass man vermeint, eine gerade An-
ordnung zu sehen.

                                        δn = n ⋅ λ

                                                            Abb. 13: Oben: Beugungsbild eines Kreuzgitters.
                                                            Unten: Bei einem Kreuzgitter geben die gemeinsa-
                                                            men Mantellinien zweier Scharen koaxialer Kegel
                                                            die Richtungen der Beugungsmaxima an.

                                                            Wird nun ein Kreuzgitter zum Raumgitter erweitert,
                                                            so muss für konstruktive Interferenz auch entlang
                                                            der neu hinzukommenden Achse die entsprechende
                                                            Bedingung erfüllt sein. Während bei Kreuzgittern
                                                            die Kegelscharen, welche zu den beiden linear un-
Abb. 12: Bei einer äquidistanten, linearen Anord-           abhängigen Achsen gehören, sich im Allgemeinen
nung kleiner Öffnungen lässt sich die Gesamtheit            schneiden, also gemeinsame Mantellinien haben,
der Richtungen konstruktiver Interferenz durch eine         wird es im dreidimensionalen Fall nur für ausge-
Schar koaxialer Kegel beschreiben, die LAUE-Kegel.          wählte Wellenlängen oder Gitterkonstanten möglich
Sie gehen durch Rotation aus den Dreiecken hervor,          sein, dass zu allen drei Achsen gehörige Kegel eine
welche die Gangdifferenz δn = n ·λ angeben.                 gemeinsame Mantellinie haben. Entsprechend lassen
                                                            sich dann nur in Ausnahmefällen die zu allen drei

           Grebe-Ellis, Sommer, Rang, Schön: Anwendungen des Spiegelraumkonzepts. DPG 2008, Berlin
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Abb. 14: Für die zu den beiden Gitterachsen des Kreuzgitters gehörigen Scharen von LAUE-Kegeln werden ex-
emplarisch zwei Kegel gezeigt. Die gemeinsamen Mantellinien dieser Kegel müssen beim Raumgitter zusätzlich
die Bedingung für konstruktive Interferenz für das Wegstück x erfüllen.

Achsen gehörenden Bedingungen konstruktiver In-            Zusätzlich sind die beiden Richtungen gemeinsamer
terferenz auf einmal erfüllen und Beugungsordnun-          Mantellinien im Raum vor der Glimmerplatte her-
gen, die man vom Kreuzgitter her erwarten würde,           vorgehoben. Im Ensemble der Spiegelräume hinter
verschwinden.                                              der Glimmerplatte finden sich die beiden Kegel wie-
Abbildung 14 zeigt in der oben erläuterten Vereinfa-       der. Der Übersichtlichkeit halber ist nur eine Rich-
chung, bei der das Kreuzgitter und die Glimmerplat-        tung der gemeinsamen Mantellinien eingezeichnet.
te senkrecht zur optischen Achse stehen, exempla-          Längs dieser Richtung muss ebenfalls die Bedin-
risch die Bedingungskonstellation für konstruktive         gung für konstruktive Interferenz erfüllt sein. Dies
Interferenz: Für die beiden Achsen des Kreuzgitters        ist durch das weiße, rechtwinklige Dreieck angedeu-
wird je ein Kegel exemplarisch herausgegriffen.            tet. Im Allgemeinen wird die Bedingung konstrukti-

Abb. 15: Links: die Lage der gespiegelten Gitter für einen Rotationswinkel von 45° ohne Berücksichtigung der
Brechung. Rechts: Veränderung mit Berücksichtigung der Brechung/Hebung.

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ver Interferenz für das Wegstück x hier nicht erfüllt       5. Literatur
sein. Variiert man aber den Abstand der beiden Ebe-
nen 1’ und 2’ im Raumgitter, so lässt sich die Be-          [1]    MAIER, Georg (1986): Optik der Bilder. Dür-
dingung konstruktiver Interferenz einstellen. Wie im               nau: Kooperative Dürnau
                                                                                                        6
Folgenden auszuführen sein wird, ändern Drehungen           [2]    VON MACKENSEN, Manfred (2005 ): Klang
der Glimmerplatte, wenn man den Einfluss der He-                   Helligkeit und Wärme. Phänomenologischer
bung in der Erklärung mit berücksichtigt, genau die-               Physikunterricht, entwickelt aus Praxis und
sen Abstand und es ergeben sich die Veränderungen                  Theorie der Waldorfschule. Kassel: Pädago-
im Beugungsbild, wie sie in Abbildung 11 gezeigt                   gische Forschungsstelle Kassel
sind.                                                       [3]    SCHÖN, Lutz-Helmut (1994): Ein Blick in
Mit dem Drehen der Glimmerplatte verschieben sich                  den Spiegel – Von der Wahrnehmung zur
auch die Spiegelräume. Abbildung 15 zeigt im lin-                  Physik. In: Physik in der Schule 32, 1: 2-5
ken Teil für einen Drehwinkel von 45° zur Durch-            [4]    SCHLICHTING, Hans Joachim (2005): Reflexi-
leuchtungsrichtung des Gitters mit dem Laser die                   onen im Alltag. In: Grebe-Ellis, J. & F.
Stellungen des Gitters G, die sich im Spiegelraum                  Theilmann (Hg.): open eyes 2005. Ansätze
der Vorderseite V und Rückseite R der Glimmerplat-                 und Perspektiven der phänomenologischen
te ergeben. Dabei wird der Einfluss der Hebung                     Optik. Tagungsband. Berlin: Logos, 2005, S.
nicht berücksichtigt. Aus der Abbildung wird er-                   127-164
sichtlich, wie sich mit zunehmendem Drehwinkel              [5]    THEILMANN, Florian; MAIER, Georg (2004):
die gespiegelten Kreuzgitter GV und GR gegeneinan-                 Die Frage nach der Lichtgeschwinigkeit im
der verschieben. (Das wird Auswirkungen auf das                    Kontext der modellfreien Optik. In: MNU
Beugungsbild haben, die hier allerdings nicht quanti-              57/7: 413-419
tativ abgeschätzt werden sollen. Auch wird hier auf         [6]    MÜLLER, Marc (2007): Zur Phänomenologie
eine Untersuchung verzichtet, inwiefern nur Ver-                   des Regenbogens. Examensarbeit, Humboldt-
schiebungen im Bereich der Gitterkonstante wesent-                 Universität zu Berlin
lich sind).                                                 [7]    RANG, Matthias (2006): Kontrastmechanis-
Sobald man die Hebung in die Überlegungen mit                      men der Streulicht-Nahfeldmikroskopie im
einbezieht, muss berücksichtigt werden, dass die                   sichtbaren und infraroten Spektralbereich.
Rückseite der Glimmerplatte Rt verschoben in der                   Diplomarbeit, angefertigt am Max Born Insti-
Lage Rs gesehen wird (Abb. 15, rechts). Für das                    tut Berlin
optische Wegstück t1 und das gesehene Wegstück s1           [8]    GREBE-ELLIS, Johannes (2005): Grundzüge
gilt: n = sinα /sinβ = t1 /s1 .                                    einer Phänomenologie der Polarisation. Ber-
Mit Vergrößerung des Drehwinkels α liegt die gese-                 lin: Logos
hen Rückseite Rs immer mehr in Richtung zur Vor-            [9]    SOMMER, Wilfried; GREBE-ELLIS, Johannes;
derseite V der Glimmerplatte. Damit verändert sich                 VOGT, Jürgen (2004): Zur Beugung. Von ein-
auch der gesehene Abstand der beiden Ebenen.                       fachen Freihandversuchen über die Laue-
Während der Rotation werden Ebenenabstände ein-                    Kegel zum reziproken Gitter und zur Ewald-
zustellen sein, für welche im Raumgitter die Bedin-                Kugel. In: Phydid 2/3: 67-86
gungen konstruktiver Interferenz erfüllt sind.              [10]   MAIER, Georg (2004): Über die Natur der
                                                                   Beugungsphänomene I. In: blicken – sehen –
Aus einer qualitativen Analyse lässt sich ableiten,                schauen. Hrsg. von J. GREBE-ELLIS. Dürnau:
dass die Drehung der Glimmerplatte den maßgebli-                   Kooperative Dürnau, S. 136-158
chen Abstand der Kreuzgitterebenen variiert und
sich somit in bestimmten Lagen die Bedingungen für
konstruktive Interferenz einstellen. Dieser qualitati-
ven Einsicht muss eine quantitative Analyse folgen,
die z. B. im Konzept optischer Wege die Gangunter-
schiede betrachtet und auch den Einfluss des Pha-
sensprungs für die Spiegelung an der Vorderseite der
Glimmerplatte mit einbezieht. Hier steht eine Unter-
suchung aus, welche die Tragfähigkeit des Spiegel-
raumkonzepts im Zusammenhang mit der phänome-
nologischen Beschreibung der Beugung im Konzept
optischer Wege weiter auslotet. Es zeigt sich aber
schon jetzt, dass das Spiegelraumkonzept hier viel-
versprechende Ansätze bietet und dass sich durch
das Raumgitter im Spiegelraumensemble Elemente
der Röntgenstrukturanalyse im optischen Regime
qualitativ behandeln lassen.

           Grebe-Ellis, Sommer, Rang, Schön: Anwendungen des Spiegelraumkonzepts. DPG 2008, Berlin
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