BERICHT UND ANTRAG DER REGIERUNG AN DEN LANDTAG DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN BETREFFEND MASSNAHMEN ZUR LANGFRISTIGEN FINANZIELLEN SICHERUNG DER ...

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BERICHT UND ANTRAG

                                 DER REGIERUNG

                                    AN DEN

                 LANDTAG DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN

                                  BETREFFEND

             MASSNAHMEN ZUR LANGFRISTIGEN FINANZIELLEN

                               SICHERUNG DER AHV

      Behandlung im Landtag

                       Datum

1. Lesung

2. Lesung

Schlussabstimmung                                        Nr. 92/2020
2
3

                                          INHALTSVERZEICHNIS

                                                                                                                Seite

Zusammenfassung .................................................................................................. 5

Zuständiges Ministerium......................................................................................... 5

Betroffene Stellen ................................................................................................... 5

I.      BERICHT DER REGIERUNG ....................................................................... 7

1.      Ausgangslage ................................................................................................. 7

2.      Begründung der Vorlage ................................................................................ 9

3.      Schwerpunkte der Vorlage .......................................................................... 13
        3.1 Überlegungen zum Staatsbeitrag....................................................... 13
        3.2 Vorgeschlagenes Massnahmenpaket................................................. 16
        3.3 Wirksamkeit der Massnahmen .......................................................... 17
        3.4 Ausgleich der Mehrbelastung ............................................................ 18

4.      Vernehmlassung .......................................................................................... 21
        4.1 Vernehmlassungsteilnehmer ............................................................. 21
        4.2 Vernehmlassungsergebnis ................................................................. 23
             4.2.1  Grundsätzliches .................................................................... 23
             4.2.2  Einmaleinlage und Staatsbeitrag ......................................... 25
             4.2.3  Erhöhung der AHV-IV-FAK-Beiträge ..................................... 33
             4.2.4  Reduktion der FAK-Beiträge................................................. 34
             4.2.5  Rentenaltererhöhung........................................................... 35
             4.2.6  Alternative Modelle betreffend Pensionsantritt bzw.
                    Rentenalter .......................................................................... 37
             4.2.7  Beitragspflicht bei Erwerbstätigkeit im Rentenalter ........... 40
             4.2.8  Beitragspflicht auf (überhöhte)
                    Dividendenausschüttungen ................................................. 42
             4.2.9  Rentenvorbezug bei gleichzeitiger Weiterbeschäftigung .... 43

5.      Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen unter
        Berücksichtigung der Vernehmlassung ....................................................... 44
        5.1 Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) .... 44
        5.2 Gesetz über die Familienzulagen (Familienzulagengesetz; FZG) ....... 46
        5.3 Finanzbeschluss über die Gewährung eines ausserordentlichen
              Staatsbeitrages ................................................................................... 46
4

6.     Verfassungsmässigkeit / Rechtliches ........................................................... 47

7.     Auswirkungen auf Verwaltungstätigkeit und Ressourceneinsatz ............... 47
       7.1 Neue und veränderte Kernaufgaben ................................................. 47
       7.2 Personelle, finanzielle, organisatorische und räumliche
            Auswirkungen ..................................................................................... 47
       7.3 Evaluation ........................................................................................... 47

II.    ANTRAG DER REGIERUNG ..................................................................... 48

III.   REGIERUNGSVORLAGEN ....................................................................... 49
       1.1 Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) .... 49
       1.2 Gesetz über die Familienzulagen (Familienzulagengesetz; FZG) ....... 53
       1.3 Finanzbeschluss über die Gewährung eines ausserordentlichen
            Staatsbeitrages an die Liechtensteinische Alters- und
            Hinterlassenenversicherung............................................................... 55
5

ZUSAMMENFASSUNG

Von Gesetzes wegen hat die Regierung mindestens alle fünf Jahre eine versiche-
rungstechnische Prüfung des Vermögens der Anstalt über einen 20 Jahre voraus-
schauenden Zeitraum, beginnend ab dem jeweiligen Jahresende des Vorjahres, er-
stellen zu lassen und das Ergebnis dem Landtag binnen drei Monaten ab Erhalt des
Gutachtens zur Kenntnis zu bringen.

Mit Bericht und Antrag Nr. 138/2019 hat die Regierung dem Landtag ein entspre-
chendes Gutachten zur Kenntnis gebracht. Das Gutachten kommt im Wesentlichen
zum Schluss, dass sich das Verhältnis des AHV-Fonds zur Jahresausgabe mit der
aktuellen Gesetzeslage ab dem Jahr 2036 von zurzeit rund 10.2 auf unter 5 redu-
zieren wird.

Von den in Bericht und Antrag Nr. 138/2019 vorgeschlagenen bzw. vom Landtag
diskutierten Massnahmen sollen nunmehr die folgenden Massnahmen umgesetzt
werden: Erhöhung des Beitragssatzes von 8.1% auf 8.7 % ab 1. Januar 2024 sowie
Einmaleinlage bzw. ausserordentlicher Staatsbeitrag von CHF 100 Mio. aus dem
Staatsvermögen in den AHV-Fonds per Ende 2020.

Die Wirksamkeit des vorgeschlagenen Massnahmenbündels verbessert das Ver-
hältnis von Fondsvermögen zu Jahresausgaben um insgesamt 0.96 Einheiten, wo-
mit dieses im Rahmen der Modellannahmen per Ende 2038 von 4.26 (ohne Mass-
nahmen) auf 5.22 verbessert werden und somit über die gesetzlich vorgeschriebe-
nen Grenze des Fünffachen der Jahresausgaben angehoben werden kann.

Die aufgrund der Beitragserhöhung resultierende Mehrbelastung soll teilweise mit
einer Reduktion der Beiträge an die Familienausgleichskasse (FAK) dahingehend
ausgeglichen werden, dass diese um 0.24 Prozentpunkte reduziert werden. Diese
Minderbelastung der Arbeitgeber soll paritätisch auf die Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer aufgeteilt werden, so dass die effektive Zusatzbelastung je 0.18 Prozent-
punkte des AHV-pflichtigen Lohns beträgt.

ZUSTÄNDIGES MINISTERIUM
Ministerium für Gesellschaft

BETROFFENE STELLEN
AHV-IV-FAK Anstalten
6
7

                                                                            Vaduz, 1. September 2020
                                                                                          LNR 2020-1241
                                                                                                     P

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete

Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und An-
trag betreffend Massnahmen zur langfristigen finanziellen Sicherung der AHV an
den Landtag zu unterbreiten.

I.      BERICHT DER REGIERUNG

1.      AUSGANGSLAGE

Gemäss Art. 25bis AHVG 1 (Versicherungstechnische Prüfung des Vermögens) hat
die Regierung mindestens alle fünf Jahre eine versicherungstechnische Prüfung
des Vermögens der Anstalt über einen 20 Jahre vorausschauenden Zeitraum, be-
ginnend ab dem jeweiligen Jahresende des Vorjahres, erstellen zu lassen und das
Ergebnis dem Landtag binnen drei Monaten ab Erhalt des Gutachtens zur Kenntnis
zu bringen (Abs. 1). Die erste versicherungstechnische Prüfung des Vermögens ist
spätestens binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des LGBl. 2016 Nr. 230, sohin bis
zum 1. Januar 2019 in Auftrag zu geben (§ 5 ÜB). Gemäss Abs. 2 hat die Regierung
innerhalb          von       zwölf       Monaten          nach        der      Kenntnisnahme        der

1    Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, LGBl. 1952 Nr. 29 i.d.g.F.
8

versicherungstechnischen Prüfung durch den Landtag diesem Vorschläge für Mas-
snahmen zu unterbreiten, welche ein Vermögen von mindestens fünf Jahresaus-
gaben am Ende des Zeitraums sicherstellen, falls die versicherungstechnische Prü-
fung zeigt, dass am Ende dieses Zeitraums damit zu rechnen ist, dass das Vermö-
gen der Anstalt unter das Fünffache der Jahresausgabe fällt.

Am 13. November 2018 hat die Regierung die Libera AG2 mit der Erstellung eines
versicherungstechnischen Gutachtens beauftragt.

Dieses Gutachten wurde dem Landtag mit Bericht und Antrag Nr. 138/2019 zur
Kenntnis gebracht. Darin wurden die folgenden Vorschläge für Massnahmen auf-
gezeigt: 3
    Szenario                  Ordentliches Rentenalter                Beitragssatz und Staatsbeitrag
                          Alter 64 für die Jahrgänge 1957        Insgesamt 8.1% des beitragspflichtigen
    Aktuelle              und älter                              Lohnes ab 1.1.2018
    Gesetzeslage          Alter 65 für die Jahrgänge 1958        Staatsbeitrag 30 Mio. CHF ab 2018 (in-
                          und jünger                             dexiert)
                          Alter 64 für die Jahrgänge 1957        Insgesamt 8.1% des beitragspflichtigen
                          und älter                              Lohnes ab 1.1.2018
    Erhöhung Bei-         Alter 65 für die Jahrgänge 1958        Erhöhung auf 8.4% des beitragspflichti-
    tragssatz             und jünger                             gen Einkommens ab 1.1.2024
                                                                 Staatsbeitrag 30 Mio. CHF ab 2018 (in-
                                                                 dexiert)
                          Alter 64 für die Jahrgänge 1957        Insgesamt 8.1% des beitragspflichtigen
                          und älter                              Lohnes ab 1.1.2018
    Erhöhung Renten-      Alter 65 für die Jahrgänge 1958 bis    Staatsbeitrag 30 Mio. CHF ab 2018 (in-
    alter                 1962                                   dexiert)
                          Alter 66 für die Jahrgänge 1963
                          und jünger
                          Alter 64 für die Jahrgänge 1957        Insgesamt 8.1% des beitragspflichtigen
    Erhöhung Staats-      und älter                              Lohnes ab 1.1.2018
    beitrag               Alter 65 für die Jahrgänge 1958        Staatsbeitrag 30 Mio. CHF ab 2018 (in-
                          und jünger                             dexiert)

2   Die Libera AG (damals: LCP Libera AG) hat bereits mehrfach und letztmals im Jahr 2013 ein entsprechen-
    des Gutachten erstellt.
3   Bericht und Antrag Nr. 138/2019, Seite 12.
9

                                                                Erhöhung um 10 Mio. CHF ab 2020 (in-
                                                                dexiert)
                          Alter 64 für die Jahrgänge 1957       Insgesamt 8.1% des beitragspflichtigen
                          und älter                             Lohnes ab 1.1.2018
     Kombination
                          Alter 65 für die Jahrgänge 1958 bis   Erhöhung auf 8.4% des beitragspflichti-
     (Erhöhung Bei-       1962                                  gen Einkommens ab 1.1.2024
     tragssatz / Ren-
                          Alter 66 für die Jahrgänge 1963       Staatsbeitrag 30 Mio. CHF ab 2018 (in-
     tenalter / Staats-
                          und jünger                            dexiert)
     beitrag)
                                                                Erhöhung um 10 Mio. CHF ab 2020 (in-
                                                                dexiert)

Im Bericht und Antrag Nr. 138/2019 betreffend das versicherungstechnische Gut-
achten 2019 für die AHV sind weitergehende Überlegungen ausgeführt bezüglich
der Finanzierung der AHV, welche in diesem Bericht und Antrag teilweise wieder-
holt werden.

2.       BEGRÜNDUNG DER VORLAGE

Am 19. November 2019 hat die Libera AG dem Ministerium für Gesellschaft bzw.
der Regierung das versicherungstechnische Gutachten mit dem Titel «Versiche-
rungstechnisches Gutachten per 31.12.2018, mögliche künftige Entwicklung mit
Betrachtungszeitraum bis 2038 und Trendaussage bis 2058» übermittelt. Das Gut-
achten kommt im Wesentlichen zum Schluss, dass sich das Verhältnis des AHV-
Fonds zur Jahresausgabe mit der aktuellen Gesetzeslage ab dem Jahr 2036 von
zurzeit rund 10.2 auf unter 5 reduzieren wird.

Zusätzlich werden im Gutachten die Ergebnisse mittels einer Sensitivitätsanalyse
auch als Schwankungsbereich dargestellt, um den Einfluss von Schätzfehlern in
wesentlichen Parametern insbesondere gegen Ende des Berechnungszeitraums
darzustellen. Hierzu werden die Parameter «erwartete Rendite» und «Entwick-
lung der Beitragszahler» als wesentliche Einflussfaktoren in Form eines pessimis-
tischen und eines optimistischen Verlaufs variiert. Die beiden Verläufe sollen un-
terschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen darstellen.
10

Der pessimistische Verlauf berücksichtigt eine um 0.5 Prozentpunkte tiefere er-
wartete jährliche Rendite des angelegten Kapitals, der optimistische Verlauf eine
um 0.5 Prozentpunkte höhere erwartete Rendite. Die Berechnung der Anzahl Bei-
tragszahler findet über den Netto-Zuwachs bei den Zupendlern statt, welcher über
den gesamten Simulationszeitraum hinweg im pessimistischen Verlauf in der jähr-
lichen Wachstumsrate um 0.5 Prozentpunkte tiefer und im optimistischen Verlauf
um 0.5 Prozentpunkte höher liegt als in der im mittleren Szenario angenommenen
Entwicklung.

Die Ergebnisse dieser Sensitivitätsanalyse sind für die unveränderte Fortschrei-
bung der aktuellen Gesetzeslage in Graphik 15 und Graphik 16 des Gutachtens
dargestellt und in Abbildung 1 sowie Abbildung 2 wiedergegeben.4

                                         4'000
    Fondsvermögen Ende Jahr (Mio. CHF)

                                         3'000

                                                                             Aktuelle Gesetzeslage
                                         2'000

                                         1'000

                                            0
                                                 2003

                                                        2008

                                                               2013

                                                                      2018

                                                                               2023

                                                                                      2028

                                                                                             2033

                                                                                                     2038

                                                                                                            2043

                                                                                                                   2048

                                                                                                                          2053

                                                                                                                                 2058

Abbildung 1: Stand Fonds bei aktueller Gesetzeslage zusammen mit Bandbreiten eines optimis-
tischen und pessimistischen Szenarios.

4                          Vgl. auch Bericht und Antrag Nr. 138/2019, Seite 8 f.
11

                      13
                      12
                      11
                      10
                       9
Fonds/Jahresausgabe

                       8
                       7
                       6           Aktuelle Gesetzeslage
                       5
                       4
                       3
                       2
                       1
                       0
                           2003

                                  2008

                                         2013

                                                2018

                                                       2023

                                                              2028

                                                                      2033

                                                                             2038

                                                                                    2043

                                                                                           2048

                                                                                                  2053

                                                                                                         2058
Abbildung 2: Verhältnis Fonds zu Jahresausgaben zusammen mit Bandbreiten eines optimisti-
schen und pessimistischen Szenarios.

Im mittleren Szenario fällt der AHV-Fonds betragsmässig von CHF 3.04 Mio. Ende
2018 auf CHF 2.85 Mia. Ende 2038 ab, das Verhältnis von Fonds zu Jahresausgaben
verringert sich in diesem Zeitraum von 10.22 auf 4.26, womit gemäss den gesetz-
lichen Bestimmungen Massnahmen zur Verbesserung dieses Verhältnisses vorzu-
schlagen sind.

Im optimistischen Verlauf wächst der AHV-Fonds bis ans Ende des relevanten Zeit-
raums von 20 Jahren (2038) um rund CHF 0.5 Mrd. gegenüber heute an, das Ver-
hältnis AHV-Fonds zur Jahresausgabe sinkt bis Ende 2038 nicht unter 5.

Im pessimistischen Verlauf liegen die Mittel des AHV-Fonds Ende 2038 zwar tiefer
als heute, aber immer noch deutlich über CHF 2 Mia. Das Verhältnis AHV-Fonds
zur Jahresausgabe liegt erstmals im Jahr 2034 unter 5 und sinkt bis in Ende 2038
auf 3.5, liegt aber Ende 2032 noch über 5, so dass im Berechnungsmodell im Jahr
2033 noch eine inflationsbedingte Rentenerhöhung erfolgt.
12

Zusammengefasst kommt das Gutachten zu folgenden Feststellungen und Emp-
fehlungen: 5

•       Die AHV Liechtenstein wird mit der aktuellen Gesetzeslage ihre Verpflichtun-
        gen unter den getroffenen Annahmen und gemäss dem angewendeten Be-
        rechnungsmodell über die nächsten 20 Jahre erfüllen können. Am Ende des
        Projektionszeitraums von 40 Jahren wird der AHV-Fonds jedoch voraussicht-
        lich negativ sein. Da die jährlichen Beiträge zudem geringer als die jährlichen
        Ausgaben sind, werden diese ab dem Jahr 2055 nicht mehr vollständig durch
        die Beiträge und den AHV-Fonds gedeckt sein.

•       Das wichtige Verhältnis des AHV-Fonds zur Jahresausgabe reduziert sich in
        allen betrachteten Szenarien. Mit der aktuellen Gesetzeslage sinkt dieses
        Verhältnis ab dem Jahr 2036 von zurzeit rund 10.2 auf unter 5.0. Dieser lang-
        fristig ungünstige Trend hält in leicht abgeschwächter Form auch bei den
        Szenarien «Erhöhung Rentenalter», «Erhöhung Beitragssatz», «Erhöhung
        Staatsbeitrag» und in der Kombination dieser drei Szenarien an.

•       In den Szenarien «Erhöhung Beitragssatz» und «Erhöhung Staatsbeitrag»
        liegt das Verhältnis des AHV-Fonds zur Jahresausgabe ab dem Jahr 2037 un-
        ter 5.0. Im Szenario «Erhöhung Rentenalter» tritt diese Situation ab dem
        Jahr 2039 und im Szenario «Kombination» ab dem Jahr 2042 ein.

•       Verglichen mit dem letzten versicherungstechnischen Gutachten per 31. De-
        zember 2012 vom 27. August 2013 mit Berücksichtigung der damaligen ak-
        tuellen Gesetzeslage (Staatsbeitrag Null ab 2018) fällt die Entwicklung güns-
        tiger aus. Diese Aussage gilt auch im Vergleich zum Bericht vom 17. Dezem-
        ber 2013 mit verschiedenen Massnahmen bei Betrachtung der dort darge-
        stellten Variante eines indexierten Staatsbeitrags von 30 Mio. CHF ab dem

5   Gutachten, Seite 40 f., Ziff. 7; Bericht und Antrag Nr. 138/2019, Seite 10 f.
13

      Jahr 2018. Diese Entwicklung erklärt sich hauptsächlich durch die mit der
      Gesetzesrevision vom 12. Mai 2016 beschlossenen Massnahmen zur lang-
      fristigen finanziellen Sicherung der AHV Liechtenstein.

•     Gemäss Art. 25bis AHVG hat die Regierung alle fünf Jahre eine versiche-
      rungstechnische Prüfung über einen 20 Jahre vorausschauenden Zeitraum
      erstellen zu lassen. Zeigt die Prüfung, dass am Ende dieses Zeitraums damit
      zu rechnen ist, dass das Vermögen unter das Fünffache der Jahresausgabe
      fällt, hat die Regierung Vorschläge für Massnahmen zu unterbreiten, welche
      ein Vermögen von mindestens fünf Jahresausgaben am Ende des Zeitraums
      sicherstellen.

•     Die vorliegenden Berechnungen zeigen nun, dass mit der aktuellen Geset-
      zeslage und den festgelegten Berechnungsparametern der oben erwähnte
      Zeitraum von 20 Jahren knapp nicht eingehalten wird und das Vermögen
      erstmals im Jahr 2036 unter dem Grenzbetrag der fünffachen Jahresausgabe
      liegen kann. In den Szenarien «Erhöhung Rentenalter» und «Kombination»
      (Erhöhung Rentenalter, Beitragssatz und Staatsbeitrag) könnte der Zeitraum
      von 20 Jahren eingehalten werden.

3.    SCHWERPUNKTE DER VORLAGE

Der Schwerpunkt dieser Vorlage liegt darin, die Einnahmen der AHV zu erhöhen
und gleichzeitig einen Staatsbeitrag anzusetzen, welcher angesichts der Situation
des Staatshaushalts leistbar ist. Auf eine Erhöhung des Rentenalters soll verzichtet
werden.

3.1   Überlegungen zum Staatsbeitrag

Der Staat richtet jährlich einen Beitrag an die AHV aus. Die Regeln für die Höhe
dieses Beitrags haben sich im Lauf der Zeit geändert, eine historische Herleitung
findet sich im BuA Nr. 108/2015. Im Rahmen der letzten AHV-Revision entschied
14

der Landtag, dass ein jährlicher Staatsbetrag von CHF 30 Mio. ausgerichtet wird,
indexiert mit der Preisentwicklung (Art. 50 AHVG), welcher aus den allgemeinen
Staatsmitteln aufgebracht wird (Art. 52 AHVG).

Im Rahmen der Diskussion um die Verbesserung der finanziellen Situation der AHV
ist eine Erhöhung der Zuwendungen aus Mitteln des Staats ein naheliegender Ge-
danke. Dabei kann überlegt werden, ob dieser jährliche Beitrag angepasst oder ob
eine Einmaleinlage aus den Staatsreserven ausgerichtet werden soll. Eine Einmal-
einlage in den AHV-Fonds aus Staatsmitteln hat den Vorteil, dass die Staatsausga-
ben der Folgejahre in der laufenden Rechnung nicht durch eine Erhöhung des jähr-
lichen Staatsbeitrags an die AHV belastet werden. Somit ist die Wirkung einer Ein-
maleinlage abschliessend quantifizierbar und belastet in der Zukunft die Rechnung
des Staats nicht mehr. Zudem trägt eine Einmaleinlage in den Folgejahren zum
Kapitalmarktergebnis des AHV-Fonds bei.

Die ausserordentlich gute Ertragslage des Staats im laufenden Jahr, in dem nicht
nur von einer sehr guten Konjunkturlage des Vorjahres mit entsprechend hohen
Unternehmensgewinnen profitiert werden kann, sondern auch ein ausserordentli-
cher Steuerertrag von über CHF 200 Mio. für das Land angefallen ist 6, erlaubt eine
solche Einmaleinlage, auch wenn noch mit einigen Aufwendungen im Rahmen der
Wirtschaftspakete in Folge der Coronakrise gerechnet werden muss. Aber gerade
auch als Folge der Coronakrise ist es sehr wahrscheinlich, dass die Steuereinnah-
men des kommenden Jahres und aufgrund der bei der Steuerberechnung anzuset-
zenden Verlustverrechnung auch für einige Folgejahre deutlich einbrechen könn-
ten. Besonders in solchen Situationen ist die Erhöhung des jährlichen Staatsbei-
trags sehr ungünstig, so dass eine Einmaleinlage die bessere Alternative darstellt.

6   Medienkonferenz des Regierungschefs vom 22. April 2020 sowie kleine Anfrage vom 6. Mai 2020 des Abg.
    Manfred Kaufmann
15

Um diese Frage der Wirksamkeit einer Einmaleinlage zu klären, wird in einer Be-
rechnung im Rahmen der Modellannahmen des dem Bericht und Antrag
Nr. 138/2019 zugrundeliegenden Gutachtens der Betrag der Einmaleinlage mit
der erwarteten langfristigen Rendite von 2.5% pro Jahr bis in das Jahr 2038 hoch-
gerechnet. Da die Einmaleinlage Ende 2020 erfolgen soll, verbleiben bis 2038 noch
18 Jahre, in denen auf diese Einmaleinlage eine Kapitalmarktrendite erwirtschaf-
tet werden kann. Die Einmaleinlage muss zudem nicht zwingend in Form von Bar-
geld erfolgen, sondern kann auch durch Übertragung von Wertschriften gesche-
hen. Das Resultat wird dann ins Verhältnis gesetzt zu den im Gutachten der LIBERA
errechneten Jahresausgaben des Jahres 2038 7. Die Berechnung ist in Abbildung 3
dargestellt.

         Höhe der Einmaleinlage (CHF Mio.)                           100
         Erwartete Rendite pro Jahr                                  2.5%
         Anzahl Jahre                                                  18
         Zusätzlicher Beitrag Ende 2038 (CHF Mio.)                   156
         Jahresausgabe 2038 (CHF Mio.)                               668
         Zusätzlicher Beitrag Ende 2038 in Jahresausgaben            0.23

Abbildung 3: Wirksamkeit einer Einmaleinlage

Eine Einmaleinlage bzw. ein ausserordentlicher Staatsbeitrag von CHF 100 Mio.
per Ende 2020 hätte gemäss dieser Berechnungsmethode eine Verbesserung des
Verhältnisses von Fonds zu Jahresausgaben per Ende 2038 von 0.23 Einheiten zur
Folge.

Aufgrund der Tatsache, dass immer mehr Rentner im Ausland wohnen und der
Staatsbeitrag auch der Deckung des Umlagedefizits dient, kann abgeleitet werden,
dass ein Staatsbeitrag gleichzusetzen ist mit einem teilweisen Export von

7   Siehe BuA Nr. 138/2019
16

Steuermitteln. Je höher der Staatsbeitrag, desto höher der Export. Das gilt sowohl
für einen jährlichen Staatsbeitrag als auch für eine Einmaleinlage.

Zudem stösst der Gedanke, die AHV auch in der Zukunft aus Staatsmitteln zu un-
terstützen, an Grenzen. Die AHV wächst dem Staat davon, so dass die Möglichkei-
ten der finanziellen Unterstützung für den Staat begrenzt sind. Das Ausgabevolu-
men der AHV wird im Jahr 2040, somit also in 20 Jahren, in der Prognose die
Summe von rund CHF 700 Mio. erreichen. Es wäre eine grosse Belastung für den
Staatshauhalt, wenn dieser einen substanziellen Teil davon jährlich mitfinanzieren
müsste. Für weitere Ausführungen wird auf den Bericht und Antrag Nr. 138/2019
ab Seite 21 verwiesen.

3.2    Vorgeschlagenes Massnahmenpaket

Von den in Bericht und Antrag Nr. 138/2019 vorgeschlagenen bzw. vom Landtag
diskutierten Massnahmen sollen nunmehr die folgenden Massnahmen umgesetzt
werden:

•      Erhöhung der Beitragssätze in Summe von 8.1% auf 8.7 % ab 1. Januar 2024; 8
       sowie

•      Einmaleinlage von CHF 100 Mio. aus dem Staatsvermögen in den AHV-Fonds
       per Ende 2020.

8   Auch in der Schweiz wurden die AHV-Beiträge per 1. Januar 2020 von bisher 8.4% auf 8.7% erhöht;
    Die Erhöhung der Beitragssätze bedingt eine entsprechende Anpassung in den Artikel 38, 39, 41, 43, 48
    und 63quinquies.
17

3.3     Wirksamkeit der Massnahmen

Die Wirksamkeit dieser exemplarisch betrachteten Massnahmen wurden bereits
im Bericht und Antrag Nr. 138/2019 wie folgt dargestellt.9

                             Fonds/Jahres-    Wirksamkeit Wirksamkeit    Wirksamkeit der   Verdoppelungs-
                               ausgaben                   BuA 108/2015      doppelten          faktor
                               Ende 2038                                 Ausprägung gem.
                                                                          BuA 108/2015
Ohne Massnahmen                  4.26
Beitragssatz +0.3%               4.63             0.37         0.44           0.87              1.98
Rentenalter +1 Jahr              5.00             0.74         0.82           1.43              1.74
Staatsbeitrag +10 Mio.           4.65             0.39         0.34           0.69              2.03
Kombination gerechnet            5.80             1.54
Summe der Beiträge                                1.50

Abbildung 4: Wirksamkeit von drei Massnahmen

Eine Erhöhung des Beitragssatzes um 0.3 Prozentpunkte verbessert das Verhältnis
von Fondsvermögen zu Jahresausgaben im Jahr 2038 um 0.37 und bei einer Erhö-
hung um 0.6 Prozentpunkte um (gerundet) 0.73 (0.37 * 1.98).

Die Wirksamkeit eines Staatsbeitrags in Form einer Einmaleinlage von
CHF 100 Mio. beträgt, wie im vorherigen Abschnitt ausgeführt, 0.23 Einheiten.

Somit beträgt die Wirksamkeit des nunmehr vorgeschlagenen Massnahmenbün-
dels insgesamt 0.96 Einheiten, womit das Verhältnis von Fondsvermögen zu Jah-
resausgaben im Rahmen der Modellannahmen per Ende 2038 von 4.26 (ohne
Massnahmen) auf 5.22 verbessert werden und somit etwas über die gesetzlich
vorgeschriebenen Grenze des Fünffachen der Jahresausgaben angehoben werden
kann.

Streng genommen wäre gesetzlich nur eine Verbesserung des Verhältnisses auf 5
gefordert. Das könnte alleine durch die Erhöhung der Beitragssätze erreicht

9   Siehe Bericht und Antrag Nr. 138/2019, Seite 18, Abbildung 7.
18

werden. Es ist aber angezeigt, nicht nur gerade das Minimum anzustreben, son-
dern aufgrund von Unwägbarkeiten das Verhältnis etwas stärker zu verbessern.

Unwägbarkeiten liegen nicht nur in der Entwicklung der Kapitalmärkte, sondern
auch in der Entwicklung der Lohnsumme und damit der Determinante der Haupt-
einnahmequelle der AHV. Die Auswirkungen der Rezession, welche durch die
Coronakrise ausgelöst wurde, auf die AHV-pflichtige Lohnsumme lassen sich zum
heutigen Zeitpunkt noch nicht mit hinreichender Genauigkeit abschätzen.

3.4    Ausgleich der Mehrbelastung

Die aufgrund der Beitragserhöhung resultierende Mehrbelastung soll mit einer Re-
duktion der Beiträge an die Familienausgleichskasse (FAK) dahingehend ausgegli-
chen werden, dass diese um 0.24 Prozentpunkte reduziert werden. Unter Berück-
sichtigung der seit vielen Jahren bestehenden Überschüsse der FAK und der Ent-
wicklung des FAK-Fonds sowie dem Verhältnis des FAK-Fonds zur aktuellen Jahres-
ausgabe (siehe dazu die Abbildung 5 und Abbildung 6 10) erscheint diese Reduktion
der Beiträge an die FAK sinnvoll und finanziell tragbar. In den Jahresberichten der
AHV/IV/FAK-Anstalten wurden die Überschüsse der FAK und die Verlagerung der
Beiträge zur AHV ebenfalls schon thematisiert 11.

10 Geschäftsbericht der AHV-IV-FAK Anstalten 2019, Seite 38, abrufbar unter www.ahv.li .
11 Siehe Jahresbericht 2015, Seite 40 oder Jahresbericht 2016, Seite 23, abrufbar unter www.ahv.li
19

Abbildung 5: Verhältnis FAK-Fonds zu aktueller Jahresausgabe

Abbildung 6: Entwicklung des FAK-Fonds

Durch die Reduktion der Beitragssätze an die FAK können die unselbständigen Ar-
beitnehmer nicht entlastet werden, da sie selbst keine Beiträge an die FAK leis-
ten.12 Dennoch ist es aus Sicht der Regierung angezeigt, die Mehrbelastungen,

12 Vgl. Art. 44 Familienzulagengesetz (FZG), LGBl. 1986 Nr. 28:
   Die Mittel für die nach diesem Gesetz vorgesehenen Leistungen werden aufgebracht durch:
a) die Beiträge der Arbeitgeber;
b) die Beiträge der Selbständigerwerbenden, der Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber, der
   Nichterwerbstätigen und durch die Beiträge von der Rentnersteuer unterstehenden Personen;
c) den Beitrag des Landes;
d) die Erträgnisse aus dem Vermögen der Anstalt.
20

welche sich aus dem vorgeschlagenen Massnahmenpaket ergeben, paritätisch auf
Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen. Dazu soll nominal der Beitrag der Ar-
beitgeber an die AHV stärker erhöht werden, um dadurch den Beitrag der Arbeit-
nehmer zu verringern. Kompensiert um die Minderbelastung von 0.24 Prozent-
punkten, der infolge der Reduktion des Beitragssatzes an die FAK auf 1.66% resul-
tiert, wird so eine Mehrbelastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber von je 0.18
Prozentpunkten erreicht.13 Die Herleitung findet sich in Abbildung 7.

                                     Arbeitnehmer             Arbeitgeber                Total
Aktueller Beitragssatz                  3.95%                    4.15%                   8.10%
Erhöhung                                0.18%                    0.42%
Kompensation FAK                                                -0.24%
Neuer Beitragssatz                        4.13%                  4.57%                   8.70%
Netto Mehrbelastung                       0.18%                  0.18%

Abbildung 7: Netto-Mehrbelastung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der vorgeschlagenen
Umsetzung des Massnahmenpakets.

Um die Frage nach der Tragbarkeit eines um 0.24 Prozentpunkte verringerten Bei-
tragssatzes an die FAK zu klären, wurde die Entwicklung der FAK über die vergan-
genen 10 Jahre mit einem entsprechend verringerten Beitragssatz simuliert.

Dabei wurden jeweils die tatsächlich erzielten Beitragseinnahmen proportional
verringert, ausgehend von einem Beitragssatz von 2.1 % für die Jahre 2010 und
2011 sowie von 1.9 % für die Folgejahre und es wurden jeweils der Fondsbestand
des Vorjahresendes vermehrt um diese reduzierten Beitragseinnahmen und ver-
ringert um die tatsächlich getätigten Ausgaben. Als weitere Komponente wurde
die tatsächlich erzielte prozentuale Vermögensperformance berücksichtigt. Das
Resultat ist in Abbildung 8 dargestellt. Mit einem um 0.24 Prozentpunkte

13 Nicht berücksichtigt bei dieser Rechnung werden die Verwaltungskosten, die zusätzlich zu den Beiträgen
   von den Arbeitgebern eingezogen werden. Diese betragen 2.5% der übrigen Abgaben. Bei der vorgeschla-
   genen Erhöhung der Beiträge werde somit die Arbeitgeber aufgrund der indirekten Erhöhung der Verwal-
   tungskosten um 0.009 Prozentpunkte stärker belastet als die Arbeitgeber.
21

verringertem Beitragssatz wäre der FAK-Fonds über die vergangenen 10 Jahre
dennoch leicht angestiegen, sodass diese Reduktion tragbar ist und absehbar nicht
zu einem Aufzehren des FAK-Fonds führt.

                 250
     Millionen

                             FAK-Fonds Ende Jahr
                             tatsächlich
                 200
                             FAK-Fonds simuliert mit
                             reduziertem Beitragssatz

                 150

                 100

                 50

                  0
                       2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Abbildung 8: Entwicklung des FAK Fonds und Simulation der Entwicklung bei reduziertem Bei-
tragssatz.

4.               VERNEHMLASSUNG

4.1              Vernehmlassungsteilnehmer

In der Sitzung vom 16. Juni 2020 hat die Regierung den Vernehmlassungsbericht
betreffend Massnahmen zur langfristigen finanziellen Sicherung der AHV verab-
schiedet und den betroffenen Gemeinden, Verbänden und Organisationen zur all-
fälligen Stellungnahme bis zum 31. Juli 2020 zugestellt.
22

Zur Stellungnahme wurden aufgefordert:

-    alle Gemeinden

-    AHV-IV-FAK-Anstalten

-    Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer (LIHK)

-    Wirtschaftskammer Liechtenstein für Gewerbe, Handel und Dienstleistung

-    Liechtensteinischer ArbeitnehmerInnenverband (LANV)

-    Liechtensteiner Seniorenbund (LSB)

-    Stabstelle Finanzen

In der Folge gingen 16 Stellungnahmen nachstehend aufgeführter Gemeinden, Or-
ganisationen und Amtsstellen ein:

-    Datenschutzstelle

-    Gemeinde Eschen

-    Gemeinde Mauren

-    Gemeinde Triesen

-    Wirtschaftskammer Liechtenstein für Gewerbe, Handel und Dienstleistung

-    Gemeinde Triesenberg

-    Gemeinde Balzers

-    Gemeinde Schaan

-    Gemeinde Vaduz

-    Vaterländische Union

-    Gemeinde Ruggell

-    AHV-IV-FAK-Anstalten

-    Gemeinde Planken
23

-     Liechtensteinischer ArbeitnehmerInnenverband

-     Liechtensteiner Seniorenbund (LSB)

-     Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer

Die folgenden Institutionen haben ohne jegliche Ausführungen auf eine Stellung-
nahme explizit verzichtet:

-     Gemeinde Eschen

-     Gemeinde Mauren

-     Gemeinde Triesen

-     Gemeinde Triesenberg

-     Gemeinde Balzers

-     Gemeinde Schaan

-     Gemeinde Vaduz

Die Regierung dankt an dieser Stelle den Vernehmlassungsteilnehmern für ihr In-
teresse und ihre Anregungen.

4.2   Vernehmlassungsergebnis

4.2.1 Grundsätzliches

Die Notwendigkeit von Massnahmen zur langfristigen finanziellen Sicherheit der
AHV wird von den Vernehmlassungsteilnehmern grundsätzlich bejaht und die von
der Regierung ausgearbeiteten Vorschläge bzw. Massnahmen werden zum Teil be-
fürwortet, zum Teil nicht befürwortet. Es wird von einem Vernehmlassungsteil-
nehmer die Ansicht geäussert, dass die vorgeschlagene Lösung als kleinster ge-
meinsamer Nenner aus der Diskussion im Landtag zu werten sei (VU).
24

Auf die Vernehmlassungsergebnisse wird im Folgenden eingegangen, da keine
konkreten Vorschläge für Gesetzesänderungen eingegangen sind.

Ein Vernehmlassungsteilnehmer (VU) kritisiert, dass die vorgeschlagene Lösung
nicht «nachhaltig» sei, da die Probleme nicht behoben, sondern lediglich eine kurz-
fristige Stabilisation erfolge. Mit den Massnahmen werde der Zeitpunkt in einem
mittleren wirtschaftlichen Entwicklungszenario lediglich um zwei Jahre nach hinten
geschoben.

Diesbezüglich ist vorab auf die Ausführungen im Kapitel I.1 Ausgangslage zu erwei-
sen. Von Gesetzes wegen (Art. 25bis AHVG) hat die Regierung mindestens alle fünf
Jahre eine versicherungstechnische Prüfung des Vermögens der Anstalt über ei-
nen 20 Jahre vorausschauenden Zeitraum, beginnend ab dem jeweiligen Jahres-
ende des Vorjahres, erstellen zu lassen und das Ergebnis dem Landtag binnen drei
Monaten ab Erhalt des Gutachtens zur Kenntnis zu bringen. Des Weiteren hat die
Regierung innerhalb von zwölf Monaten nach der Kenntnisnahme der versiche-
rungstechnischen Prüfung durch den Landtag diesem Vorschläge für Massnahmen
zu unterbreiten, welche ein Vermögen von mindestens fünf Jahresausgaben am
Ende des Zeitraums sicherstellen, falls die versicherungstechnische Prüfung zeigt,
dass am Ende dieses Zeitraums damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der An-
stalt unter das Fünffache der Jahresausgabe fällt. Die Regierung hat, den Vorgaben
des Gesetzgebers entsprechende Massnahmen vorgeschlagen, die sogar über
dem Mindestniveau liegen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Regierung ge-
mäss Art. 25bis AHVG lediglich eine versicherungstechnische Prüfung des Vermö-
gens der Anstalt über einen 20 Jahre vorausschauenden Zeitraum erstellen lassen
und das Ergebnis dem Landtag binnen drei Monaten ab Erhalt des Gutachtens zur
Kenntnis hätte bringen müssen. Die Regierung hat aber nicht nur ein Gutachten in
Auftrag gegeben, welches diese gesetzliche Forderung erfüllt, sondern zusätzlich
zur aktuellen Gesetzeslage auch exemplarisch die Szenarien «Erhöhung Rentenal-
ter», «Erhöhung Beitragssatz», «Erhöhung Staatsbeitrag» und eine Kombination
25

dieser drei Szenarien geprüft. Zudem hat die Regierung das Gutachten dem Land-
tag nicht nur (ohne Erläuterungen) zur Kenntnis gebracht, sondern hat einen aus-
führlichen Bericht und Antrag Nr. 138/2019 erstellt, worin quantitativ aufgezeigt
wurde, wie sich diese Massnahmen und Kombinationen davon in verschiedenen
Ausprägungen auf dieses Verhältnis auswirken. All dies, damit sich der Landtag
bereits vorab basierend auf den notwendigen Fakten mit konkreten Massnahmen
befassen kann.

Die Regierung nimmt für sich nicht in Anspruch, dass die vorgeschlagenen Mass-
nahmen «nachhaltig» seien im Sinne, dass sie für alle Zukunft ausreichen werden.
«Nachhaltig» im Sinne dieser Anregung ist der im AHVG im Rahmen der letzten
Gesetzesrevision eingefügte Mechanismus, alle fünf Jahre mittels eines versiche-
rungstechnischen Gutachtens die Entwicklung über 20 Jahre zu prüfen. Damit wird
die Exekutive und in der Folge auch die Legislative dazu angehalten, regelmässige
Prüfungen vorzunehmen, unabhängig davon, ob politisch gerade ein günstiger o-
der ungünstiger Zeitpunkt vorliegt. Ergeben diese Prüfungen Handlungsbedarf, so
werden die zum jeweiligen Zeitpunkt opportunen und mehrheitsfähigen Massnah-
men ergriffen. Mit der Schwelle von fünf Jahresausgaben in einem Zeithorizont
von 20 Jahren ist in diesem Mechanismus zudem ein quantitativ festgelegtes Ziel
vorgegeben. Dieses Ergebnis der letzten AHV-Revision hält die Regierung immer
noch für zweckmässig.

4.2.2 Einmaleinlage und Staatsbeitrag

Die vorgeschlagene Einmaleinlage in Höhe von CHF 100 Mio. wird kontrovers dis-
kutiert, wobei dieser Vorschlag von einem Vernehmlassungsteilnehmer als poli-
tisch vermutlich erfolgsversprechendste Massnahme bezeichnet wird (Gemeinde
Planken). Von einigen Teilnehmern wird eine Einmaleinlage in Höhe von CHF 100
Mio. dem Grunde und der Höhe nach befürwortet (Wirtschaftkammer; AHV-IV-
FAK-Anstalten; LANV), zum Teil wird ausgeführt, dass allenfalls geprüft werden
26

könnte, ob die Einmaleinlage «etwas höher» ausfallen könnte (LIHK). Teilweise
wird die Ansicht vertreten, dass diese Einmaleinlage zusätzlich zu einer Erhöhung
des jährlichen Staatsbeitrages um jeweils CHF 10 Mio. erfolgen müsste (LANV). Ein
Vernehmlassungsteilnehmer weist darauf hin, dass die Höhe der vorgeschlagenen
Einmaleinlage - ohne weitere Massnahme - nicht ausreichend wäre und als allei-
nige Massnahme mindestens verdoppelt werden müsste (Gemeinde Planken). Als
Gegenvorschläge werden ein jährlicher Staatsbeitrag, wonach sich der Staat zu 50
% am Umlagedefizit der AHV beteiligt, mindestens jedoch mit CHF 30 Mio. und
maximal mit CHF 55 Mio. pro Jahr vorgebracht (VU; die Gemeinde Planken erach-
tet dies jedenfalls als prüfenswert) sowie eine Erhöhung des jährlichen Staatsbei-
trags um CHF 10 Mio., dies anstatt einer Einmaleinlage und in Kombination mit
einer Beitragssatzerhöhung auf 8.7 % (LSB). Die VU vertritt den Standpunkt, dass
eine Einmaleinlage nicht nachhaltig sei und ein Mechanismus geschaffen werden
müsse, der nachhaltig auf das System wirke und den wirtschaftlichen Verläufen
flexibel Rechnung trage. Schliesslich wird von einem Vernehmlassungsteilnehmer
kritisiert, dass durch eine Einmaleinlage das Anlagerisiko auf einen Schlag an die
AHV verschoben werde und sich die Regierung aus der Verantwortung nehme (Ge-
meinde Planken).

Auch im Zuge der Diskussion um die Neufestlegung des Staatsbeitrags wurde im
Landtag im Rahmen der Lesung des Bericht und Antrag Nr. 138/2019 neuerlich eine
Koppelung des Staatsbeitrags an versicherungstechnische Grössen der AHV in die
Diskussion eingebracht. Konkret wurde vorgeschlagen, den Staatsbeitrag gekop-
pelt an das Umlagedefizit mit einer Unter- und Obergrenze neu festzulegen.

Vorab ist auf die grundsätzlichen Überlegungen zum Staatsbeitrag im Kapitel 3.1
hinzuweisen. Aus den darin ausgeführten Gründen schlägt die Regierung weiter-
hin eine Einmaleinlage in Höhe von CHF 100 Mio. vor. Insbesondere in Kombina-
tion   mit    der    vorgeschlagenen     Beitragserhöhung     erscheint    dieses
27

Massnahmenbündel ausgewogen und zielführend, sodass von einer höheren Ein-
maleinlage und/oder Erhöhung des jährlichen Staatsbeitrages abgesehen wird.

Der Kritik, dass durch eine Einmaleinlage das Anlagerisiko auf einen Schlag an die
AHV verschoben werde und sich die Regierung aus der Verantwortung nehme, ist
entgegen zu halten, dass bei einem längeren Anlagehorizont die von der AHV ge-
wählte Anlagestrategie in der Vergangenheit stets positive Kapitalmarktrenditen
erbracht hat und es sich nicht erschliesst, wieso dies in Zukunft anders sein sollte.
Würde man dem Argument des erhöhten Anlagerisikos folgen, dann müsste man
den AHV-Fonds abbauen, womit sich dieses Argument als widersinnig erweist.

Betreffend den Gegenvorschlag, den jährlichen Staatsbeitrag dahingehend anzu-
passen, dass sich der Staat zu 50 % am Umlagedefizit der AHV beteiligt, mindes-
tens jedoch mit CHF 30 Mio. und maximal mit CHF 55 Mio. pro Jahr, ist auf die
Ausführungen im Bericht und Antrag Nr. 108/2015, Seite 41, 4.2.2 Staatsbeitrag
zu verweisen:

«Wie bereits ausgeführt, hat der Landtag die Regierung beauftragt, eine Gesetzes-
vorlage zur Entkoppelung des Staatsbeitrags von der Rentenentwicklung mit Wir-
kung ab 2012 vorzulegen. Wie in Ziff. 3.1.2 des Vernehmlassungsberichts ausge-
führt, erscheint aus Sicht der Regierung die Festlegung als Prozentsatz der Leistun-
gen wie in der Vergangenheit als nicht mehr opportun, da der Staatsbeitrag von
der Entwicklung der Ausgaben entkoppelt werden soll. Zudem ist ein fixer Betrag
einem variablen Staatsbeitrag vorzuziehen, da damit der Staat aber auch die AHV‐
IV‐FAK Anstalten Planungssicherheit erhalten. Aus diesen Gründen hält die Regie-
rung am Vorschlag eines fixen Staatsbeitrages fest, allerdings indexiert mit der
Teuerung».

Ausführungen zu diesem Thema finden sich auch in der Stellungnahme bzw. Be-
richt und Antrag Nr. 40/2016, Kapitel 2.3.1 Koppelung an das Umlagedefizit ab
28

Seite 12. Im Folgenden werden diese Aussagen auf heutige Verhältnisse angepasst
bzw. aktualisiert dargelegt.

Das Umlageergebnis ist die Differenz zwischen Beitragseinnahmen und Renten-
ausgaben eines Jahres, also das versicherungstechnische «Bruttoergebnis» der
AHV ohne Berücksichtigung von Erträgen aus Finanzanlagen. Seit dem Jahr 2003
liegen die Beitragseinnahmen in jedem einzelnen Jahr tiefer als die Ausgaben der
AHV (siehe Abbildung 9). Es besteht also seit nunmehr 16 Jahren ein Umlagedefi-
zit, in den letzten Jahren in der Grössenordnung von CHF 40-50 Mio. In der Prog-
nose mit konstanten Parametern (Gutachten der Libera AG, siehe BuA Nr.
138/2019) wird davon ausgegangen, dass sich dieses Defizit in den kommenden
Jahren weiter steigern wird, im Wesentlichen weil die Entwicklung der AHV-pflich-
tigen Lohnsumme weniger stark wächst als die Rentenausgaben. In den letzten
beiden Jahren der Hochkonjunktur ist die Lohnsumme stärker gewachsen als die
Rentenausgaben und das Umlagedefizit hat sich verringert. Aufgrund der
Coronakrise wird sich dieser Trend höchstwahrscheinlich in der Rechnung 2020
der AHV umkehren.
29

                            300

                            250
 Umlagedefizit (Mio. CHF)

                            200

                            150

                            100

                            50

                             0
                              2000   2010    2020       2030     2040     2050   2060
                                            Gemessen           Prognose

Abbildung 9: Umlagedefizit der AHV

Der Staatsbeitrag könnte nun in Abhängigkeit des Umlagedefizits, gegebenenfalls
mit einer zusätzlichen festen Obergrenze, festgelegt werden.

Dieses Vorgehen würde bedeuten, dass der Staat sich grundsätzlich zur (teilweisen
oder ganzen) Ausfinanzierung des Umlagedefizits verpflichten würde. Würde das
Umlagedefizit stark ansteigen, dann wäre damit schnell der Ruf verbunden, dass
die Obergrenze angehoben wird, um unangenehmen politischen Diskussionen aus
dem Weg zu gehen, beziehungsweise am «beschlossenen Prinzip» der Ausfinan-
zierung des Umlagedefizits durch den Staat festzuhalten.

Die Koppelung an das Umlagedefizit hat noch einen weiteren Nachteil. Da sich
diese Zahl aus der Differenz von zwei grossen Zahlen ergibt, kann sie sehr volatil
sein. Die in der Abbildung 9 dargestellten Grössen sind Schätzungen, welche auf
einem Prognosemodell basieren. Während die Ausgaben der AHV aufgrund des
bekannten Bestandes an Rentnern und Erwerbstätigen recht gut prognostizierbar
30

sind, hängen die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber von der Lohnsumme
ab. Wächst die Lohnsumme in einer Rezession nicht oder bricht sie gar ein, dann
wirkt sich dies empfindlich auf das Umlagedefizit aus. Konjunkturelle Schwankun-
gen sind normal und Rezessionen kommen regelmässig vor.

Eine konjunkturelle Delle hätte also zur Folge, dass der Staatsbeitrag an die AHV
schlagartig ansteigen würde und dies ausgerechnet in einer Zeit, in welcher mit
verminderten Steuereinnahmen zu rechnen ist. Damit wirkt eine solche Koppe-
lung grundsätzlich prozyklisch, was aus Gesichtspunkten des Staatshaushalts sehr
ungünstig ist.

Zu einer allfälligen Obergrenze wurde bereits im Bericht und Antrag Nr. 40/2016,
Seite 18, Kapitel 2.3.5 «Obergrenzen für den Staatsbeitrag», Seite 18, Folgendes
ausgeführt:

«In der ersten Lesung wurde von einigen Abgeordneten gefordert, dass bei einer
Koppelung des Staatsbeitrags an versicherungstechnische Grössen der AHV eine
betragsmässige Obergrenze definiert werden sollte. Die obigen Ausführungen zei-
gen, dass mit den grundsätzlich umsetzbaren Varianten der Koppelung an das Um-
lagedefizit oder die Kosten für die dreizehnte Rente früher oder später eine solche
Obergrenze erreicht würde. Die Definition einer Obergrenze wäre im Effekt also
nichts anderes als die verzögerte Einführung eines fixen Staatsbeitrags.»

Ein Vernehmlassungsteilnehmer (VU) hat um Beantwortung der folgenden Fragen
gebeten: Wie hätte sich die Situation bei einer Annahme des VU-Antrages aus dem
Jahre 2015 (50% des Umlagedefizites; mind. 30 Mio., max. 55 Mio.) über die Jahre
entwickelt? Welche Auswirkungen auf die Beteiligung des Staates wäre in den letz-
ten Jahren entstanden und mit welcher Entwicklung des Staatsbeitrages hätte man
in den nächsten Jahren (z.B. bis 2038) rechnen müssen?
31

Die Antwort ergibt sich aus der Abbildung 10 auf der Seite 23 des Bericht und An-
trag Nr. 138/2019 und wird nun neuerlich und ergänzt um das Ergebnis des Jahres
2019 in Abbildung 10 dargestellt.

Die Neuregelung des Staatsbeitrags aufgrund der AHV-Revision 2015 ist mit dem
Jahr 2018 wirksam geworden, sodass die Jahre seit 2018 für die Beantwortung der
Frage zu betrachten sind.

                             80

                             70

                             60
  Staatsbeitrag (Mio. CHF)

                             50

                             40

                             30

                             20

                             10

                              0
                               2015        2025             2035             2045                2055
                                      Staatsbeitrag 30 Mio. indexiert
                                      50% des Umlagedefizits, min. 30 Mio./max. 50 Mio.
                                      50% des Umlagedefizits, min. 30 Mio./max. 50 Mio., indexiert

Abbildung 10: Simulation Staatsbeitrag in Abhängigkeit des Umlagedefizits

Die vom Vernehmlassungsteilnehmer vorgeschlagene Vorgehensweise, einen
Staatsbeitrag von 50% des Umlagedefizits zu entrichten, ist in Abbildung 10 dar-
gestellt 14. Es zeigt sich, dass der dynamische Mechanismus nur über wenige Jahre
spielt, in der Simulation sind das nur drei Jahre. Vorher verbleibt der Staatsbeitrag

14 In der Praxis müsste man den Staatsbeitrag am Umlagedefizit des Vorjahres ausrichten, denn das Umla-
         geergebnis ist erst nach Erstellung des Jahresberichts bekannt. Diese Feinheit ist in der hier dargestellten
         Simulation vernachlässigt.
32

an der Untergrenze und kippt innerhalb von drei Jahren zur Obergrenze. Bei einer
praktischen Umsetzung des Vorschlags würde mit grosser Wahrscheinlichkeit die
Forderung erhoben werden, die Unter- und Obergrenzen für den Staatsbeitrag der
Inflation anzupassen, so wie der heute festgelegte Staatsbeitrag ebenfalls inde-
xiert ist. Diese Ausgestaltung des Staatsbeitrags ist in Abbildung 10 ebenfalls dar-
gestellt. Wäre die Obergrenze von 50 Mio. erreicht, so würde eine Indexanpassung
(ausgehend vom Jahr 2018) eine deutliche Steigerung des Staatsbeitrags nach sich
ziehen.

Für das Jahr 2038 würde sich in dieser Prognose bei Fortschreibung der heutigen
Regeln ein Staatsbeitrag von CHF 36.6 Mio. ergeben, beim einer starren Ober-
grenze von CHF 50 Mio. würden diese CHF 50 Mio. erreicht und bei einer indexier-
ten Obergrenze würde der Staatsbeitrag CHF 61 Mio. betragen.

Der von einem Vernehmlassungsteilnehmer (LANV) geäusserten Möglichkeit,
künftige Überschüsse der Landesrechnung mit einem fixierten Anteil, zum Beispiel
25 %, in die AHV fliessen zu lassen, ist insbesondere auch die fehlende Planungs-
sicherheit entgegen zu halten. Zudem würde in Zeiten mit geringen Überschüssen
der Beitrag an die AHV geringer, was umgehend die Forderung nach Einführung
bzw. Erhöhung des «anderen» Staatsbeitrags bzw. die Wiedereinführung eines zu-
sätzlichen Staatsbeitrags, der unabhängig vom Ergebnis der Landesrechnung ist,
nach sich ziehen würde.

Es sei an dieser Stelle bezüglich des Staatsbeitrags grundsätzlich erwähnt, dass die
AHV aufgrund des heute schon grossen und in Zukunft weiter steigenden Anteils
an Rentnern, die ihren Anspruch als Grenzgänger erworben haben und nach der
Verrentung im Ausland leben, Liechtenstein in einer im Vergleich zu anderen Staa-
ten sehr besonderen Situation ist. Die AHV trägt zum Teil den Charakter eines «re-
gionalen Versorgungssystems». Sich auf ausschliesslich inländische Staatsbeiträge
in   hohem       Mass     zu    verlassen     hiesse,    bei    der    absehbaren
33

Wachstumsgeschwindigkeit der Rentenausgaben, den Staat mittelfristig zu über-
fordern und ihm Gestaltungsfreiheiten bezüglich anderer Projekte zu entziehen.

Aus all diesen Erwägungen sieht die Regierung keine Veranlassung, die gegen-
ständliche Gesetzesvorlage dahingehend anzupassen, dass der Staatsbeitrag mit
einer Unter- und Obergrenze künftig an das Umlagedefizit der AHV und/oder an
allfällige Überschüsse der Landesrechnung gekoppelt sein soll.

4.2.3 Erhöhung der AHV-IV-FAK-Beiträge

Die vorgeschlagene Erhöhung der AHV-IV-FAK-Beiträge wird auch kontrovers dis-
kutiert. Teilweise wird eine Beitragserhöhung grundsätzlich bzw. zum jetzigen Zeit-
punkt abgelehnt (Wirtschaftskammer bzw. Gemeinde Planken), als nachvollzieh-
bar erachtet (AHV-IV-FAK-Anstalten) oder grundsätzlich befürwortet (LANV; Seni-
orenbund). Ein Vernehmlassungsteilnehmer steht einer Lohnnebenkostenerhö-
hung äusserst zurückhaltend gegenüber und spricht sich gegen die «Ausweitung
des Delta zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebereiträgen» aus. Anstatt einer Er-
höhung der AHV-Beitrag der Arbeitgeber sei eine Einmalzahlung aus der FAK an
die AHV vorstellbar (LIHK).

Wie von einigen Vernehmlassungsteilnehmern ausgeführt wird, erscheint eine Er-
höhung der Beitragssätze auf 8.70% massvoll zumutbar. Die Beitragserhöhung er-
scheint insbesondere auch massvoll und zumutbar, da die vorgeschlagene Höhe
den Schweizer Beitragssätzen entspricht sowie ein Ausgleich der Mehrbelastung
durch eine Reduktion der FAK-Beiträge erfolgt (siehe Kapitel 3.2 und 3.4).

Dem Vorschlag einer Einmalzahlung aus dem FAK-Fonds in den AHV-Fonds anstatt
einer Erhöhung der AHV-Arbeitgeberbeiträge steht die Regierung ablehnend ge-
genüber, da damit bereits für die Familienzulagen bezahltes und vorhandenes
Geld zweckentfremdet würde (vgl. Art. 23 FZG), dies im Gegensatz zur
34

vorgeschlagenen Lösung der künftigen Reduktion der FAK-Beiträge. Zudem ist
höchst fraglich bzw. zweifelhaft, ob dies aus rechtlichen Gründen überhaupt zu-
lässig wäre.

Auch wenn die Beitragssätze letztmals per 1. Januar 2018 von 7.8 % auf 8.1 % er-
höht wurden, erscheint eine weitere Erhöhung per 1. Januar 2022 nach Ansicht
der Regierung verhältnismässig und nicht verfrüht.

Bei der Diskussion um einzelne Massnahmen sind auch immer die Alternativen
und ihre Auswirkungen zu betrachten. Vorausgesetzt, dass auch weiterhin der ge-
setzgeberische Wille besteht, die finanzielle Situation im Sinne des im AHVG ver-
ankerten Mechanismus regelmässig zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen, ist
beispielsweise zwischen einer Erhöhung des Rentenalters und einer Erhöhung der
Beiträge abzuwägen. Aus Abbildung 4 kann abgeleitet werden, dass die Wirkung
einer Erhöhung des Rentenalters um ein Jahr der Wirkung einer Erhöhung der Bei-
träge um 0.6 Prozentpunkte gleichzusetzen ist. Es ist zu vermuten, dass eine Bei-
tragserhöhung in dieser Höhe einer Erhöhung des Rentenalters jedenfalls vorge-
zogen wird, solange die absolute Höhe der Lohnabzüge nicht zu hoch ist. Für die
finanzielle Stabilität der AHV ist es aber unwesentlich, ob die Verbesserung des
Verhältnisses von Fondsvermögen zu Jahresausgaben aus einer Erhöhung des
Rentenalters oder der Beitragssätze stammt. In der politischen Diskussion jedoch
sind höhere Lohnnebenkosten gegen längere Lebensarbeitszeit abzuwägen.

4.2.4 Reduktion der FAK-Beiträge

Die Reduktion der FAK-Beiträge zum Ausgleich der Mehrbelastung durch die AHV-
Beitragserhöhung wird von mehreren Vernehmlassungsteilnehmern nicht begrüsst
bzw. kritisiert (Wirtschaftskammer; Gemeinde Planken; LANV). Begründet wird
dies damit, dass die FAK-Beiträge in Zukunft voraussichtlich wieder erhöht werden
müssen (Wirtschaftskammer), dass dies eine Querfinanzierung und Zweckentfrem-
dung darstelle (VU; Gemeinde Planken; LANV) sowie indirekt Fortschritte bei der
35

besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf verhindert werden könnten (VU). Mit
den Überschüssen könnten die bezahlte Elternzeit teilfinanziert werden (LANV).
Von den AHV-IV-FAK-Anstalten wird die «Verlagerung» von der FAK zur AHV als
nachvollziehbar beurteilt.

Diesbezüglich ist vorab auf die Ausführungen im Kapitel 3.4 hinzuweisen. Um die
Arbeitgeber nicht unnötig und unverhältnismässig zu belasten, erscheint ein Aus-
gleich dieser Mehrbelastung unbedingt angezeigt. Hierbei ist zudem zu berück-
sichtigen, dass einerseits im Bereich der AHV von Gesetzes wegen Handlungsbe-
darf besteht bzw. Massnahmen notwendig sind, andererseits die Reduktion der
FAK-Beiträge ohne Einschränkungen bzw. Leistungsreduktion tragbar sind. Wie
insbesondere aus der Abbildung 8 entnommen werden kann, würde sich der FAK-
Fonds auch bei einem reduzierten Beitragssatz langfristig nicht verringern. Somit
ist davon auszugehen, dass künftig keine Erhöhung der FAK-Beitragssätze notwen-
dig sein wird, sofern keine bestehenden und/oder neuen Leistungen künftig durch
die FAK finanziert werden sollen.

Dies ist zudem nicht die erste Reduktion der FAK-Beitragssätze. Schon im Jahr 2011
wurden die Sätze reduziert. Eine Reduktion der FAK-Beitragssätze stellt weder
eine «Querfinanzierung» noch eine «Zweckentfremdung» dar, sondern ist eine
Neufestlegung der Beiträge im Rahmen der Kompetenz des Gesetzgebers.

4.2.5 Rentenaltererhöhung

Im Vernehmlassungsbericht wurde ausgeführt, dass auf eine Erhöhung des Ren-
tenalters verzichtet werden soll. Ein Vernehmlassungsteilnehmer schlägt vor, an-
statt der AHV-Beitragssätze das Rentenalter zu erhöhen (Wirtschaftskammer). Ein
anderer Vernehmlassungsteilnehmer begrüsst den Verzicht auf eine Rentenalter-
erhöhung, wobei die Lebensarbeitszeit verlängert werden solle (LANV). Des Weite-
ren wird ausgeführt, dass eine Rentenaltererhöhung von der Fachlogik her folge-
richtig   wäre,   der   Verzicht    darauf   jedoch   nachvollziehbar   sei.   Eine
36

Rentenaltererhöhung sei aber mittelfristig zu erwarten (AHV-IV-FAK-Anstalten)
bzw. müsse in Zukunft «in Erwägung gezogen werden» (LIHK). Schliesslich wird kri-
tisiert, dass die Erhöhung des Rentenalters sowie eine Flexibilisierung des Renten-
alters «völlig ausgeblendet» werde (Gemeinde Planken).

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass eine Rentenaltererhöhung nicht «völlig ausge-
blendet» wurde. Insbesondere wurde im Gutachten, welches dem Landtag mit Be-
richt und Antrag Nr. 138/2019 zur Kenntnis gebracht wurde, als Vorschlag für Mas-
snahmen auch die Rentenaltererhöhung aufgezeigt 15. Nach der Diskussion dieses
Bericht und Antrages im Landtag hat die Regierung im Vernehmlassungsbericht
jedoch darauf verzichtet, eine Rentenaltererhöhung zum jetzigen Zeitpunkt vorzu-
schlagen, da absehbar ist, dass diese keine Mehrheit finden wird. Stattdessen wa-
ren andere Massnahmen zu ergreifen um die im AHVG verankerte Forderung, am
Ende eines Betrachtungszeitraums von 20 Jahren ein Verhältnis von Fondsvermö-
gen zu Jahresausgabe von über 5 zu erreichen. Aufgrund der Stellungnahmen zum
Vernehmlassungsbericht sieht die Regierung keine Veranlassung, in diesem Be-
richt und Antrag eine Rentenaltererhöhung vorzuschlagen. Sollte sich bei der
nächsten versicherungstechnischen Prüfung erweisen, dass Massnahmen nötig
sind, so ist sehr wahrscheinlich, dass die Regierung wieder zumindest die Wirkung
naheliegender Massnahmen wie einer Erhöhung der Beitragssätze, des Rentenal-
ters und des Staatsbeitrags im Rahmen des Gutachtens quantifizieren lassen wird.
Der Gesetzgeber wird zu diesem Zeitpunkt zu entscheiden haben, welche Kombi-
nation von Massnahmen angemessen ist, um das im AHVG verankerte Ziel zu er-
reichen.

15 Vgl. beispielsweise die Seiten 13 und 18.
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