Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft - Die "DigicalSM Transformation" vereint die Vorteile der digitalen und der physischen Welt, begeistert ...

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Auf dem Weg zur
     Retail-Bank der Zukunft

Die „DigicalSM Transformation“ vereint die Vorteile der
digitalen und der physischen Welt, begeistert Kunden
und schafft für sie neue Werte.

Von Mike Baxter und Dr. Dirk Vater
Mike Baxter ist Partner bei Bain & Company in New York
und leitet die Praxisgruppe Finanzdienstleistungen in
Nord- und Südamerika.
mike.baxter@bain.com

Dr. Dirk Vater ist Partner bei Bain & Company in Frankfurt
und leitet die Praxisgruppen Banken im deutschsprachigen
Raum und Retail-Banking auf weltweiter Ebene.
dirk.vater@bain.com

Herausgeber Bain & Company Germany, Inc., Karlsplatz 1, 80335 München
            Bain & Company Switzerland, Inc., Sihlporte 3, 8001 Zürich
Kontakt      Pierre Deraëd, Marketing Director, Tel. +49 89 5123 1330
             Leila Kunstmann-Seik, Marketing & Communications, Tel. +49 89 5123 1246
                                                                                       KA – 07/14– 2000

Gestaltung   ad Borsche GmbH, München
Druck        Druckhaus Kastner, Wolnzach

Copyright © 2014 Bain & Company, Inc. All rights reserved.
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

Inhalt

Executive Summary                                                                                                          4

Eine ernste Bedrohung: Digitale Angreifer                                                                                  6
1. Ein digital gestütztes und einzigartiges Kundenerlebnis schaffen                                                        7
2. Schrittweise ein Vertriebs- und Servicemodell mit Omnikanalfähigkeit entwickeln                                         8
3. Moderne Technologien in den Kern der Geschäftsstrategie integrieren                                                     9
4. Die Transformation durch den Abbau von Altlasten und Repriorisierung finanzieren                                       10
5. Innovation und Veränderung dauerhaft und schneller organisieren                                                        11

Fazit                                                                                                                     13

Über die Studie                                                                                                           13

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Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

Executive Summary

Das Privatkundengeschäft der Banken ist schon heute                                    es kaum mehr als ein Drittel. Dies liegt nicht an man-
digital – eine Folge der explosionsartigen Verbreitung                                 gelndem Interesse. Vielmehr erwarten die Kunden, dass
des Internets und günstigen Smartphones. Nach einer                                    ihnen ausgewählte Dienste zeitlich und räumlich nach
umfassenden Kundenbefragung von Bain & Company                                         Belieben zur Verfügung stehen – so wie sie dies von
im Jahr 2013 wurde weltweit mehr als die Hälfte aller                                  Anbietern von Musik, Unterhaltungselektronik, Flugge-
Interaktionen zwischen Bank und Kunden online oder                                     sellschaften oder Hotels gewohnt sind (siehe Infokasten
mobil getätigt. In etablierten Märkten wie Skandinavien                                „Das Kundenmanifest“ auf S. 5).
oder Australien ist dieser Anteil noch höher. Wird die
Nutzung von modernen SB-Geräten mit Internetfunk-                                      Bislang haben etliche Finanzinstitute ihre Investitionen
tionalität hinzugezählt, kommen digitale Interaktionen                                 in digitale Kanäle darauf beschränkt, den Kunden ein-
in den fortschrittlichsten Ländern der Welt derzeit auf                                fache Transaktionen online oder mobil zu ermöglichen.
85 Prozent. In naher Zukunft werden es 95 Prozent sein.                                Ziel war es in der Regel, die Kosten im klassischen
                                                                                       Filialnetz zu senken. Bankgeschäfte für den Kunden
Trotzdem haben viele Banken noch einen weiten Weg                                      durch innovative, nützliche und einfache digitale An-
vor sich. In Entwicklungsländern nutzt weniger als                                     wendungen bequemer und ansprechender zu gestalten,
die Hälfte der Kunden Smartphones oder Tablets für                                     stand dagegen selten im Vordergrund. Dabei beschrei-
Bankgeschäfte. In traditionellen Industrienationen ist                                 ben Kunden digitale Erfahrungen häufig als „Wow“-

Abbildung 1:                 Kunden, die digitale Kanäle nutzen, sind loyaler

Durchschnittliche Anzahl Interaktionen je Kanal im Quartal                                          Net Promoter Score
(Beratungskunden/Vermögende Privatkunden**)                                                         (Beratungskunden/Vermögende Privatkunden**, in Prozent)

100                                                                                                 20
                                                                                                                                                            17

                                                         81
 80
                                                                                                    10

                                                                                                                                              4
 60
                                                                         Online (Vertrieb)
                                                                         Online                       0
                                                                         (Transaktionen)
 40                                                                      SB-Geräte                                            -4
                                                                         Mobil
                                          23                                                       -10
                                                                         Telefon
 20         16             16                                            Filiale (Vertrieb)                    -12
                                                                         Filiale
                                                                         (Transaktionen)
  0                                                                                                -20
          Keine         Geringe         Mittlere        Hohe                                                  Keine        Geringe         Mittlere        Hohe

                       Nutzung digitaler Kanäle*                                                                          Nutzung digitaler Kanäle*

* Die Nutzung digitaler Kanäle bezieht sich auf die Anzahl der Interaktionen pro Quartal über Smartphone/Tablet-App, Onlineanwendungen oder Chat/Videokonferenz
   (keine 0, geringe 1-9, mittlere 10-29, hohe 30+)
** Vermögende Privatkunden definiert als Haushalt mit >100.000 US-Dollar verfügbarem Vermögen (ohne Hypotheken und Immobilienbesitz)
Quelle: Bain-Studie zu Kundenloyalität im Privatkundengeschäft/NPS-Studie 2013 (Deutschland n=9.691)

                                                                                   4
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

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Erlebnisse, die ihre Erwartungen übertroffen haben.
Dies gilt selbst für einfachste Transaktionen über eine
benutzerfreundliche mobile App.
                                                                                                       Das Kundenmanifest

Doch nur wer bei der Digitalisierung zügig voranschrei-
tet, bietet ein herausragendes Kundenerlebnis. Banken,                               Die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden in den
                                                                                     von Bain im Rahmen der Studie untersuchten Ländern
die heute diesbezüglich noch Rückstand haben, sollten
                                                                                     ähneln sich. Zusammenfassen lassen sie sich in zehn
schnell handeln, denn das digitale Nutzerverhalten
                                                                                     Grundaussagen:
hängt eng mit der Kundenbindung zusammen (Abb. 1).
Tatsächlich weisen Mobile-Banking-Anwender einen                                      1. Ich werde als wertvoller Kunde erkannt und
höheren Net Promoter® Score (NPS®) auf als Kunden,                                       geschätzt.
die keine mobilen Geräte benutzen – das Loyalitätsmaß                                 2. Einfache und klare Informationen zu Produkten und
ist um durchschnittlich 25 Punkte höher. Loyalität hat                                   Services sind für mich leicht zu finden.
damit direkten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit einer
                                                                                      3. Zu jeder Zeit kann ich Rat oder Hilfe verlässlich
Bank: Zufriedene Kunden bleiben ihrer Hausbank län-                                      per Telefon, Video oder vor Ort in der Filiale
ger treu, kaufen mehr Produkte, sind kostengünstiger in                                  erhalten.
der Betreuung und empfehlen die Bank weiter.
                                                                                      4. Ich kann ein Produkt oder einen Service über den
                                                                                         einen Kommunikationskanal bestellen und nahtlos
Die Bedeutung der digitalen Welt wird in den nächsten                                    über einen anderen abschließen.
Jahren weiter zunehmen. Digitale Kanäle werden die
                                                                                      5. Ich kann die gleichen Produkte zu den gleichen
analogen jedoch nicht vollständig ersetzen. Bankfilia-                                   Preisen kaufen – egal wie oder wo.
len haben weiterhin Bestand, allerdings wird sich ihre
                                                                                      6. Ich kann auf alle meine Konten über jedes
Rolle ändern. Filialnetzwerke werden in Zukunft rund
                                                                                         beliebige Gerät zugreifen.
um sogenannte „Flagship“-Filialen („Hub“) ausgerich-
                                                                                      7. Die meisten meiner alltäglichen Bankgeschäfte
tet, die Zentren für komplexe Produkte sind und die
                                                                                         kann ich digital erledigen.
Beratung durch Experten anbieten. Um die Flagships
herum befinden sich „Satelliten“-Filialen („Spoke“) mit                               8. Abschlüsse, Zahlungen und Überweisungen kann
                                                                                         ich unkompliziert über mein Smartphone erledigen.
begrenzter Funktionalität und geringerer Reichweite.
Mithilfe von Videotechnologie werden diese mit den                                    9. Die Interaktionen mit meiner Bank sind effizient,
Spezialisten der größeren Flagship-Filialen oder des                                     sicher und schnell sowie minimal im Papier-
                                                                                         aufwand.
Kundenservice-Centers verbunden. Kunden mit an-
spruchsvollen Anliegen erhalten künftig persönliche                                  10. Ich kann einfach Feedback geben – selbst über
Beratungsgespräche. Kundenbetreuung und Pflege der                                       Social-Media-Kanäle –, und meine Bank kümmert
                                                                                         sich schnell um meine Anliegen.
Kundenbeziehung kann dagegen über Videotelefonie
oder per E-Mail erfolgen.

Einige führende Banken bauen bereits ein hybrides Sys-                          Die „DigicalSM Transformation“ beginnt in der Regel
tem mit unterschiedlichen Kanälen auf. Digitale und                             damit, alltägliches Bankgeschäft online anzubieten,
physische (physical) Kanäle wachsen zusammen – eine                             um die Interaktionen mit der Bank für die Kunden be-
Entwicklung, die Bain als „DigicalSM Transformation“                            quemer zu gestalten. Die Vorreiter gehen noch weiter
bezeichnet. Diese Banken verändern ihr Kerngeschäfts-                           und definieren das Kundenerlebnis vollkommen neu.
modell grundlegend im Hinblick auf Produkt- und                                 Sie involvieren ihre Klientel und bieten ihnen Mehrwert.
Serviceangebot, Kanäle, technische Infrastruktur und                            Um Innovationen schneller voranzutreiben und neue
Organisation. Gegenfinanziert wird die Transformation                           Konzepte umzusetzen, gehen manche Banken zudem
durch die konsequente Bereinigung von Altlasten und                             Partnerschaften mit Technologie-Start-ups ein.
überholten Systemen.

Net Promoter® Score ist eine eingetragene Marke von Bain & Company, Inc.,       DigicalSM ist eine Dienstleistungsmarke von Bain & Company, Inc.
Fred Reichheld und Satmetrix Systems, Inc.

                                                                            5
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

Eine ernste Bedrohung: Digitale Angreifer

Der Ruf nach der „DigicalSM Transformation“ wird zu-            Der Wandel in der Bankenwelt ebnet den digitalen An-
nehmend lauter. Neu gegründete, rein digital agierende          greifern den Weg. Traditionelle Markteintrittshürden
Wettbewerber mit geringer Kostenbasis gewinnen in               wie persönliche Beziehungen zwischen Bankern und
profitablen Nischen schnell Marktanteile. Der Grund:            Kunden, Fixkostendegression durch ein großes Filial-
Sie gehen spezifischer und innovativer auf die Bedürf-          netz oder das Sicherheitsversprechen verlieren an Be-
nisse und das veränderte Verhalten der Kunden ein. Die          deutung. In Großbritannien ist die Regulierung bereits
Anthemis Group, eine Investment- und Beratungsfirma             gelockert worden. So misstrauisch die Regulierer einst
für digitale Finanzdienstleister, zählt weltweit mehr als       neuen Geschäftsmodellen gegenüberstanden – heute
3.000 solcher Unternehmen. Viele von ihnen erfinden             wollen sie den Wettbewerb mit neuen Marktteilneh-
die Wertschöpfungskette in der Finanzdienstleistung             mern fördern.
neu – so wie dies bereits in der Musik-, Reise- und Foto-
branche oder im Einzelhandel geschehen ist.                     Die meisten Banken haben verstanden, dass sie sich ver-
                                                                ändern müssen. Den Ernst der Lage haben sie allerdings
Die digitalen Angreifer lassen sich in drei Gruppen             noch nicht erkannt. Viele ignorieren, dass die Funda-
einteilen:                                                      mente des Bankengeschäfts heftigen Erschütterungen
                                                                ausgesetzt sind. Ein Grund dafür ist, dass vor allem
1. Aggregatoren definieren die Schnittstelle zwischen           die lukrativen älteren Stammkunden ihrer Bank meist
   traditionellen Banken und Kunden neu und üben                treu bleiben, obwohl auch sie digitale Technologien zu
   Druck auf die Gewinnmargen der Banken aus. Mo-               nutzen beginnen. Gleichwohl geht schon seit geraumer
   neysupermarket, Mint und Check24 kommen unter                Zeit ein großer Anteil der Neugeschäftsabschlüsse bei
   anderem dem Wunsch der Verbraucher nach mehr                 Investments, Kreditkarten oder Baufinanzierung an at-
   Transparenz bei Preis und Angebot entgegen. Ag-              traktivere Wettbewerber verloren. Denn 20- bis 30-jäh-
   gregatoren werden so zur zentralen Schnittstelle.            rige Kunden, die in diesem Alter häufig wechselbereit
                                                                sind, achten bei der Auswahl ihrer Hausbank zuneh-
2. Innovatoren nutzen bestehende Technologieplatt-              mend auf deren digitale Fähigkeiten.
   formen, verfügen aber über eigene innovative Bera-
   tungs- und Servicestrategien für ihre Kunden. Da-
   durch geraten die Margen ebenfalls unter Druck.
   Darüber hinaus können sie traditionellen Banken              Viele Banken haben den Ernst der
   Geschäftsvolumen und Marktanteile abnehmen.
   Teilweise reduzieren Innovatoren wie Square oder             Lage noch nicht erkannt.
   eToro die Banken auf ihre reine Prozess- und Trans-
   aktionsfunktion.

3. Disintermediäre definieren die Regeln des Bankge-            Für traditionelle Banken heißt damit das Gebot der
   schäfts neu. Unternehmen wie Simple oder Moven               Stunde, jetzt in den notwendigen Umbruch zu investie-
   punkten mit alternativen Produkten und Dienstleis-           ren. Nur so können sie auch künftig wettbewerbsfähig
   tungen und bieten einer bestimmten Zielgruppe ein            sein.
   besseres Kundenerlebnis. Disintermediäre verdrän-
   gen etablierte Banken. Dabei fahren sie nicht nur            Die Initiativen der Banken weisen viele Ansatzpunkte
   deren Gewinne ein, sondern gefährden auch die Wirt-          für den richtigen Weg in die Zukunft auf. Aus den Un-
   schaftlichkeit von Finanzinstituten in Nischenmärk-          tersuchungen und der Projektarbeit von Bain lassen sich
   ten, da sie meist die lukrativsten Kunden ansprechen.        fünf zentrale Handlungsfelder ableiten.

                                                            6
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

1. Ein digital gestütztes und einzigartiges                     sprechenden Anlagekonten hinzu und ermöglicht dem
Kundenerlebnis schaffen                                         Kunden, seine Rentenkonten zusammen mit seinem
                                                                Bankkonto online oder über ein mobiles Gerät zu ver-
Banken haben IT-Technologien bislang in erster Linie            walten. Da für diese Produkte kein Anlageberater benö-
genutzt, um ihre internen Prozesse zu unterstützen und          tigt wird, sind die Angebote preislich attraktiv. Westpac
zu automatisieren sowie Funktionen online anzubieten.           startet das Produkt bei 75 Basispunkten, etwa 40 Prozent
Ziel war es in der Regel, Kosten zu reduzieren. Heute           unter dem Marktdurchschnitt. Die Bereitstellung einer
setzen kundenzentrierte Banken digitale und analoge             einfachen, kostengünstigen Plattform macht Westpac
Innovationen ein, um das tägliche Bankgeschäft für ihre         zu einem schnell wachsenden Rentenversicherer.
Kunden einfacher, bequemer und ansprechender zu
gestalten.                                                      In Südkorea hat die Hana Bank ein innovatives Kon-
                                                                zept zum Thema Geldtransfer entwickelt. Die mobile
Die Commonwealth Bank of Australia (CBA) beispiels-             Plattform „Hana N Money“ ist eine voll funktionsfä-
weise hat eines ihrer Kernprodukte, die Baufinanzie-            hige Bank auf einem Smartphone und mit den Filialen
rung, neu designt, um ihre Kunden beim Kauf eines               der Hana Bank verknüpft. Kunden können per Smart-
Eigenheims zu unterstützen. In Zusammenarbeit mit               phone Geld von einem Geldautomaten abheben, Eltern
der Immobiliendatenbank Domain.com.au entwickelte               ihren Kindern Geld über ihre Handys schicken. Hana N
CBA eine mobile App, mit der sich Informationen zu              Money verfügt über eine Bezahlfunktion auf Basis der
verfügbaren Häusern in der Datenbank abrufen lassen.            Near-Field-Technologie (NFC), mit der Kunden in vielen
Der Kunde wird von Beginn an auf seinem Weg hin                 Geschäften bezahlen können. Die Onlineplattform der
zum Eigenheim begleitet. Er kann sich über die App Rat          Hana Bank erlaubt es, Geldflüsse zu verfolgen und zu
holen, bevor er online seine Baufinanzierung beantragt          kontrollieren. Das Programm bindet zudem ortsgebun-
oder ein Beratungsgespräch in der nächstgelegenen Fi-           dene Angebote und Rabatt- oder Aktionscoupons ein
liale vereinbart. Nach dem Antrag folgt ein schneller,          und bietet die Möglichkeit, für größere Einkäufe noch
geradliniger Entscheidungsprozess. Automatische Be-             im Geschäft einen Kredit aufzunehmen.
nachrichtigungen auf dem Smartphone oder per E-Mail
auf dem PC informieren regelmäßig über den aktuellen            Derartig innovative Konzepte mit völlig neuer Kun-
Stand der Kreditbearbeitung. Das Mobile-Payment-An-             denerfahrung bereichern den Markt. Erste Banken
gebot von CBA ermöglicht dem Kunden die mobile                  übernehmen diese Ansätze und passen sie an die Be-
Überweisung des Kaufpreises an den Verkäufer. Hypo-             dürfnisse ihrer Kunden an, etwa für den Autokauf oder
thekenzahlungen können ebenfalls mobil, online oder             zum Managen von Zahlungsströmen.
via Bankautomat vorgenommen werden. Durch dieses
einfache, bequeme und ansprechende Kundenerlebnis               Allerdings erfordert die Entwicklung dieser Kundener-
hat CBA ihre Führungsrolle in Australiens Baufinanzie-          lebnisse die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen
rungsmarkt gefestigt.                                           hinweg, sprich: Marketing, Produktmanagement, IT,
                                                                Filialen. Unverzichtbar ist zudem die Unterstützung
Ziel der ebenfalls in Australien ansässigen Bank West-          des Topmanagements. Die Organisationsstruktur muss
pac ist es, mit dem Produkt „BT Super For Life“ eine füh-       dabei nicht verändert werden. In der Praxis hat es sich
rende Position unter den Rentenversicherern des Lan-            bewährt, im Unternehmen ein funktionsübergreifen-
des einzunehmen. Westpac versetzt den Kunden in die             des Team mit Zugriff auf alle notwendigen Ressourcen
Lage, seine gesamten Rentenkonten an einem einzigen             einzusetzen. So entstehen schnell praktikable Ideen, die
Ort zu konsolidieren und zu verwalten – ob im Internet,         zügig in entsprechende Initiativen umgesetzt werden
über ein mobiles Gerät oder in der Filiale. Eingegeben          können.
werden müssen lediglich die persönlichen Daten. Alles
Weitere erledigt die Plattform, über die das Produkt
gesteuert wird. Sie findet die „Supers“, fügt die ent-

                                                            7
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

2. Schrittweise ein Vertriebs- und Servicemodell                Vorteil des Modells Hub & Spoke ist, dass es schritt-
mit Omnikanalfähigkeit entwickeln                               weise umgesetzt werden kann. Die Umstellung lässt
                                                                sich in einem Stadtteil oder einem ländlichen Gebiet
Ein allumfassendes Banking an jedem Ort und zu jeder            erproben und optimieren, während der Ausbau dann
Zeit hat massive Auswirkungen auf die Rolle der Fili-           sukzessive voranschreiten kann. Vorreiter nutzen hoch
alen. Die durch Filialmitarbeiter abgewickelten Trans-          entwickelte Simulationsmodelle, geodemografische Da-
aktionen gehen jährlich um 10 bis 15 Prozent zurück.            ten und Geomapping-Software, um ihre Entscheidungs-
Sie werden auf weniger kostenintensive, automatisierte          qualität beim Filialnetzwerk deutlich zu verbessern. Sie
Kanäle verlagert. Hinzu kommt, dass aktuelle Neuent-            identifizieren lokale Schlüsselmärkte und machen sich
wicklungen bei SB-Geräten, beispielsweise der Einsatz           ein Bild von möglichen Geschäftsvolumina und Erträ-
von Videotechnologie, Selbstbedienung grundsätzlich             gen, um so die profitabelsten Standorte bestimmen zu
einfacher und ansprechender machen.                             können. Dabei arbeiten sie auch diejenigen Faktoren
                                                                heraus, die den größten Einfluss auf die Profitabilität
Zahlreiche Filialen in Nord- und Südamerika sowie in            der Filialen haben – zum Beispiel die Nähe zu einem
Europa werden schließen müssen. 75 bis 80 Prozent der           Einkaufszentrum oder Bahnhof. Schließlich nutzen sie
befragten Banken in diesen Regionen planen, ihr Filial-         die Verhaltensforschung für die Einrichtung und Ge-
netz umzubauen. Einige rechnen mittelfristig mit einer          staltung der Filiale.
Reduzierung ihrer Standorte um bis zu 30 Prozent – ein
teures Unterfangen. Eine Bank in den USA mit 1.000              Das Filialnetz wird sich grundlegend verändern. Viele
Filialen beispielsweise könnten Schließungen in diesem          Banken reduzieren ihr Servicepersonal, doch sagen
Ausmaß bis zu 120 Millionen US-Dollar kosten.                   zwischen 50 und 75 Prozent der Studienteilnehmer,
                                                                dass sie die Zahl ihrer Kundenberater aufstocken wol-
                                                                len. Zudem investieren Finanzinstitute in Technologie,
                                                                um die nahtlose Kommunikation mit den Kunden über
Um die Effizienz des Filialnetzes                               verschiedene Kanäle hinweg zu ermöglichen. 40 bis
                                                                60 Prozent der befragten Banken statten ihre Filialen
in der Omnikanalwelt von morgen
                                                                mit Tablets, SB-Geräten mit Videotechnologie und ähn-
zu erhöhen, entwickeln                                          lichem modernen Equipment aus.
führende Banken neue Formate.
                                                                In Singapur beispielsweise erleichtern multifunktio-
                                                                nale SB-Geräte das Leben der Kunden, weil sie diese
                                                                auch nutzen können, um Flugtickets zu buchen oder
Um die Effizienz des Filialnetzes in der Omnikanalwelt          Strafzettel zu bezahlen. Zudem gibt es Experimente
von morgen zu erhöhen, entwickeln führende Banken               mit neuen Filialfunktionalitäten. Die Flagship-Filiale
neue Formate, die schlankere und robustere Alterna-             der Raiffeisenbank in Zürich verfügt über ein Roboter-
tiven zu traditionellen Filialen sind. Am häufigsten an-        system, das den Kunden rund um die Uhr Zugang zu
zutreffen ist ein „Hub & Spoke“-Modell mit Flagship-            ihren Schließfächern gewährt. Andere Banken haben
und Satelliten-Filialen. Dieses sieht Beratungsbüros vor,       Filialen eröffnet, die einer hochwertigen Lounge oder
aber auch kleine, an Einzelhandelskonzepte angelehnte           einem Café ähneln, um das Kundenerlebnis zu steigern.
Filialen sowie Selbstbedienungskioske mit direkter Ver-
bindung zu einer größeren Flagship-Filiale. Die neuen           Bei der Weiterentwicklung der Filialen spielen die digi-
Modelle binden digitale Technologie in die Filiale ein,         talen Kanäle eine entscheidende Rolle. Kunden erwar-
um das Kundenerlebnis zu optimieren und diejenigen              ten, dass Transaktionen auf ihrem Smartphone oder
SB-Möglichkeiten zu bieten, die Kunden zunehmend                Tablet sofort bei der Filiale eingehen und Interaktionen
erwarten. Satelliten-Filialen haben nicht zwangsläufig          mit der Bank einfach und ansprechend sind – egal ob sie
noch Bankschalter mit Kassenfunktion.                           online oder persönlich stattfinden. Callcenter werden

                                                            8
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

Abbildung 2: Die hohe Bedeutung des Omnikanalansatzes ist allen Banken bewusst, aber die meisten
                              stehen noch am Anfang

Antworten auf die Frage „Wie wichtig ist für Sie die Schaffung eines          Antworten auf die Frage „Wie weit fortgeschritten sind Sie bei der Schaf-
nahtlosen Omnikanalangebots für Ihre Kunden?“ (in Prozent)*                   fung eines nahtlosen Omnikanalangebots für Ihre Kunden?“ (in Prozent)

100                                                                           100

 80                                                                            80

 60                                                                            60

 40                                                                            40
                                                         Sehr wichtig                                                            Weniger als 20%
                                                         Extrem wichtig                                                          20-50%
                                                                                                                                 50-70%
 20                                                                            20
                                                                                                                                 70-90%
                                                                                                                                 90-100%

   0                                                                            0

*Skala von „extrem wichtig“ bis „extrem unwichtig“
Quelle: Bain Benchmarking zur Retail-Bank der Zukunft 2013

sich zu Kundenservice-Zentren entwickeln, die Video-                          3. Moderne Technologien in den Kern der
chats, Co-Browsing und andere digitale Funktionen in-                         Geschäftsstrategie integrieren
tegrieren. Erste Finanzinstitute gehen bereits auf die
Omnikanalnachfrage ihrer Kunden ein. Die meisten                              Für ein differenziertes, konsistentes Kundenerlebnis
aber haben noch einen weiten Weg vor sich (Abb. 2).                           müssen die meisten Banken ihre IT-Infrastruktur er-
                                                                              heblich, wenn nicht gar grundlegend verbessern. Der
Die Herausforderung wird umso größer, je mehr spe-                            Ansatz der CBA, mit digitalen Innovationen den Haus-
zialisierte Apps die Banken entwickeln. Ein Beispiel                          kauf und andere Serviceleistungen zu vereinfachen, be-
sind Apps für Geschäfts- und Gewerbekunden, die                               ruht auf einem Langfristplan, sämtliche Kundendaten
Zahlungsmöglichkeiten und Services rund um Fremd-                             zu überarbeiten und in die Geschäftsprozesse der Bank
währungen bieten. Sie müssen anderen Ansprüchen                               einzubinden – und damit eine Infrastruktur zu schaf-
genügen als Apps für Privatkunden. Mit zunehmend                              fen, die den Blick auf alle Daten eines Kunden von
unterschiedlichen Kundenbedürfnissen steigen indes                            sämtlichen Kanälen aus erlaubt. Dafür wurde nicht nur
Abstimmungs- und Koordinationsaufwand und damit                               die IT-Plattform komplett umgestaltet, sondern auch
die Komplexität zwischen den Kanälen. Aus Kunden-                             eine All-in-One-Verarbeitung ermöglicht.
sicht ist die nahtlose Verbindung aller Kanäle jedoch
unabdingbar.                                                                  Vernetzte IT-Funktionen werden zum Wettbewerbs-
                                                                              vorteil im Bankensektor. Noch immer sind fragmen-
                                                                              tierte IT-Landschaften ein weitverbreitetes Problem

                                                                          9
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

der Finanzinstitute. Standarddienstleistungen mögen            4. Die Transformation durch den Abbau von Altlasten
bereits online und mobil verfügbar sein, aber komple-          und Repriorisierung finanzieren
xere Transaktionen wie Auslandsüberweisungen oder
die frühzeitige Tilgung eines Hypothekendarlehens              Die Finanzierung dieser massiven Veränderungen ge-
müssen nach wie vor in der Filiale erledigt werden. Bei        hört zu den schwierigsten Aufgaben des Managements.
der Hälfte der befragten Banken werden weniger als             Die befragten Banken setzen finanzielle Mittel durch
40 Prozent der Prozesse in einem Schritt erledigt. Die         die Vereinfachung von Produkten, Prozessen und der
Folge ist ein langwieriger, zäher Abwicklungsprozess           Organisation frei. Darüber hinaus sollen Kosten durch
für die Kunden.                                                die Onlineschaltung einfacher Transaktionen einge-
                                                               spart werden. Weitere Hebel zur Kostensenkung sind
Die „DigicalSM Transformation“ hängt vor allem von den         Prozessautomatisierung, Reorganisation von Filialen,
Möglichkeiten der IT-Infrastruktur ab:                         Personalabbau und optimierte Vertriebsprozesse. Die
                                                               am häufigsten angewendete Methode ist Lean Manage-
1. Zentrale Speicherung der Kundendaten, die eine              ment.
   übersichtliche Gesamtperspektive für jeden einzel-
   nen Kunden schafft.                                         Die Straffung der herkömmlichen Infrastruktur, der
                                                               Systeme und Projekte, die die „DigicalSM Transforma-
2. Sichtbarkeit aller relevanten Aspekte einer Kunden-         tion“ nicht unterstützen, soll zusätzliche finanzielle
   beziehung auf einen Blick für die Bankmitarbeiter.          Mittel schaffen. Bei einer europäischen Bank übernahm
                                                               der neue Vorstandsvorsitzende ein Portfolio von 150
3. Technologie, die All-in-One-Verarbeitung in Echt-           laufenden Projekten mit stark variierender Relevanz in
   zeit erlaubt und so die Prozesse für den Kunden             Bezug auf die Zukunftsvision des Unternehmens. Nach
   beschleunigt.                                               gründlicher Prüfung setzte er die Prioritäten neu und
                                                               konnte 120 Millionen Euro einsparen, die dann für Inve-
Der Aufbau dieser Funktionalitäten dauert Jahre und            stitionen in die digitale Zukunft zur Verfügung standen.
macht weitreichende Veränderungen an den bestehen-
den IT-Systemen und der Infrastruktur nötig. Sie sind
kostspielig und oftmals schwer zu implementieren.
Manche Banken ersetzen alle zentralen Systeme auf
                                                               Mehr als die Hälfte der befragten
einmal. Die meisten bevorzugen jedoch eine phasen-
weise Umstellung. Andere wiederum befassen sich mit            Banken muss die Kosten der digitalen
Outsourcing- und Cloud-Lösungen, um ihre IT-Ziele              Veränderung für ihr Unternehmen
kostengünstig zu erreichen. Etwa ein Viertel der in der
Studie untersuchten Banken nutzt Cloud-basierte Lö-            erst noch erfassen.
sungen, 60 Prozent planen, künftig verstärkt auf Cloud-
Computing zu setzen. Ganz gleich aber, welchen Weg
eine Bank wählt: Die IT-Umstellung sollte eng mit ih-
rer Vision für das Kundenerlebnis einhergehen und              Mehr als die Hälfte der befragten Banken muss die
den Aufbau eines Omnikanals unterstützen. Allerdings           Kosten der digitalen Veränderung für ihr Unternehmen
geben lediglich 60 Prozent der Studienteilnehmer an,           erst noch erfassen. So ist etwa der Ausbau von Omni-
dass sie einen Plan mit klaren Budgets für eine solche         kanalfähigkeiten notwendige Voraussetzung für die „Di-
Umstellung haben und die notwendigen Mittel bereit-            gicalSM Transformation“. Allerdings haben 41 Prozent
stehen.                                                        der Studienteilnehmer hierfür noch kein Budget vor-
                                                               gesehen. Investitionen in die Omnikanalfähigkeit brau-
                                                               chen einen langen Atem und spiegeln sich nicht kurz-
                                                               fristig im Quartalsergebnis wider. Durch die Einrich-

                                                          10
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

Abbildung 3: Banken fehlt es an organisatorischen Strukturen, Prozessen und Fähigkeiten
                              für Innovationen

Antworten zu „Unsere Bank führt ausreichend Pilotprojekte, Experimente               Antworten auf die Frage „Wie fördert die Bank ein kundenzentriertes
und Testphasen durch, um Innovationen zu unterstützen“ (in Prozent)                  Denken und eine Innovationsmentalität?“ (in Prozent)

100                                                                                  100

 80                                                                                   80

 60                                                                                   60

                                                         Stimme gar nicht                                         46
                                                                                                                                 43
                                                         überein                                  40
 40                                                                                   40
                                                         Stimme nicht überein
                                                                                                                                                 31
                                                         Neutral
                                                         Stimme überein
 20                                                                                   20
                                                         Stimme voll und
                                                         ganz überein

   0                                                                                   0
                                                                                              Anreize,           Kunden   Fehlertoleranz Innovatoren
                                                                                             neue Ideen       ermutigen, bei Innovations-  Platz für
                                                                                           auszuprobieren      ihre Ideen  bemühungen Experimente
Quelle: Bain Benchmarking zur Retail-Bank der Zukunft 2013                                                   einzubringen                 einräumen

tung eines Veränderungsfonds in der Bilanz sichert die                               keiten müssen überwunden werden. Investitionen in
Bank die langfristige Finanzierung der geplanten Um-                                 Technologien bringen nur einen Bruchteil ihres poten-
stellungen ab – und damit deren konsequente Umset-                                   ziellen Nutzens, wenn die Bank die Auswirkungen im
zung. Manche Banken haben einen zweckgebundenen                                      Personalbereich unberücksichtigt lässt (Abb. 3).
Rücklagenfonds für Technologien und Innovationen
aufgelegt, um die Investitionen vor dem Druck zu schüt-                              70 Prozent der befragten Banken führen das digitale
zen, den Quartalsergebnisse auslösen.                                                Geschäft als selbstständige Abteilung. Oft auch als „Di-
                                                                                     rect Banking“ bezeichnet hat diese in der Regel zen-
5. Innovation und Veränderung dauerhaft und                                          trale Funktion und untersteht direkt dem Leiter des
schneller organisieren                                                               Privatkundengeschäfts. So förderlich die Isolierung vom
                                                                                     Kernunternehmen für Innovationsprojekte sein mag,
Die weitreichenden Veränderungen durch die „Digi-                                    so sehr behindert sie im Endeffekt die Integration, die
calSM Transformation“ stellen nicht zuletzt die Organi-                              für einen erfolgreichen Omnikanalansatz unerlässlich
sation von Banken vor große Herausforderungen. In                                    ist. Die Frage ist, wann und wie die Abteilung integriert
vielen traditionellen Banken bestehen oftmals starke                                 wird, und nicht, ob dies überhaupt erforderlich ist.
Abteilungen, die sich streng auf Verbesserungen inner-
halb ihres Bereichs konzentrieren. Doch dies wirkt der                               Eine erfolgreiche Transformation hat enorme Auswir-
erfolgreichen Einrichtung eines Omnikanals entgegen.                                 kungen auf die Unternehmensorganisation. Dies be-
Hindernisse zwischen Abteilungen und Zuständig-                                      ginnt bei der Kultur und geht über die Integration von

                                                                                11
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

verschiedenen Fähigkeiten bis hin zu den Incentivie-
rungsmodellen. Weniger als die Hälfte der Studienteil-
nehmer gibt an, dass ihre Bank innovationsfähig ist,            Einige Finanzinstitute haben
sprich: Anreize für das Ausprobieren neuer Ideen setzt,         eigenständige Venture-Einheiten und
Experimentierfreude fördert oder Freiraum für Fehler
schafft.                                                        Innovationslabore aufgebaut, die
                                                                externe Angebote prüfen und
Am Schalter werden künftig weniger Verwaltungs-
dienstleistungen gefragt sein. Dazu gehört auch der
                                                                mögliche Partnerschaften sondieren.
direkte Umgang mit Bargeld. Im Vordergrund stehen
stattdessen Verkaufsaktivitäten, Beratung und Infor-
mationsdienstleistungen, wie im Einzelhandel. Dies
erfordert ein Umdenken der Filialmitarbeiter. Die abge-         Einige Finanzinstitute haben eigenständige Venture-
grenzten Rollen von Kassierer, Servicemitarbeiter oder          Einheiten und Innovationslabore aufgebaut, die ex-
Berater verschwimmen. Notwendig sind künftig versier-           terne Angebote prüfen und mögliche Partnerschaften
te Generalisten.                                                sondieren. Die spanische BBVA beispielsweise hat ein
                                                                Investmentnetzwerk gebildet. So erwarb BBVA Com-
Ebenfalls wandeln muss sich die Vergütungsstruktur.             pass in den USA die Onlinebank Simple und ist eine
Richtet sich die Vergütung von Filialmitarbeitern der-          strategische Allianz mit der Plattform SmartyPig ein-
zeit stark nach dem abgeschlossenen Neugeschäftsvo-             gegangen, die Onlinespardosen für besondere Anlässe
lumen, stellen digitale Kanäle eine Konkurrenz für den          bereitstellt. Global investiert BBVA in Unternehmen
Filialbetrieb dar. Das birgt Konfliktpotenzial. In einer        wie „500 Startups“, ein in 40 Ländern aktiver Seed
Omnikanalwelt würde ein Filialmitarbeiter Kunden                Accelerator, oder Ribbit Capital, ein in zehn Ländern
auch auf digitale Kanäle verweisen. Doch die gegen-             tätiger Venture-Capital-Fonds. Die Motivation ist klar:
wärtigen Incentivierungsmodelle fördern ein solches             Die richtigen Fähigkeiten und Denkweisen für digitale
Verhalten kaum. Entsprechend haben Banken einiges               Innovationen erfordern unkonventionelle Führungs-
zu tun, um die organisatorischen Barrieren und Span-            kräfte in Unternehmen mit entsprechenden Organisa-
nungen zu überwinden, die die „DigicalSM Transforma-            tionsstrukturen. Sie gilt es zu gewinnen – selbst wenn
tion“ hemmen.                                                   dadurch unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen.

Um mit den digitalen Innovationen Schritt halten zu
können, gilt es schließlich, die Unternehmenskultur der
traditionellen Banken zu erneuern, die oftmals durch
voneinander isolierte Abteilungen gekennzeichnet ist.
Große Pharmakonzerne mussten diese Lektion schon
vor zwei Jahrzehnten lernen. Sie haben ihre F&E-Abtei-
lungen verstärkt, indem sie sich systematisch Koopera-
tionspartner suchen, die sie manchmal sogar vollständig
übernehmen. Fortschrittliche Banken profitieren be-
reits von externen Partnern, die sich auf Schlüsselfunk-
tionen wie Kundenerlebnis, Sicherheit, mobile Apps,
All-in-One-Prozesse und andere Aktivitäten spezialisiert
haben.

                                                           12
Auf dem Weg zur Retail-Bank der Zukunft

Fazit

Banken sehen sich derzeit in mehrfacher Hinsicht im
Zugzwang. Kunden erwarten ein allumfassendes Ban-
king an jedem Ort und zu jeder Zeit. Das aber über-
fordert derzeit die Möglichkeiten der meisten Finanz-
institute. Heutige Filialen erfüllen kaum die zukünf-
tigen Anforderungen. Dies zu korrigieren wird kost-
spielig. Und digitale Angreifer nutzen gerade ihr fi-
nanzielles Polster, um ein besseres Kundenerlebnis zu
bieten, insbesondere jüngere Kunden abzuwerben und
gleichzeitig hochkarätige Mitarbeiter zu gewinnen.

Dennoch können traditionelle Banken wieder die Ober-
hand gewinnen und im Wettbewerb bestehen. Voraus-
setzung ist, dass sie ihr Geschäft konsequent durch
die intelligente Nutzung digitaler Technologien an den
Prioritäten ihrer Kunden ausrichten. Wem dies gelingt,
der kann gestärkt aus der „DigicalSM Transformation“
hervorgehen.

Über die Studie
Diese Studie befasst sich mit der „DigicalSM Transformation“. Eine weitere Bain-Studie wird sich dem Thema Corporate Venture und
der Neuerfindung der Branche widmen. Beide Studien basieren auf der internationalen Arbeit von Bain mit Banken, auf unserer jähr-
lichen weltweiten Kundenbefragung „Customer Loyalty in Retail Banking“ und der Untersuchung von 75 Großbanken aus aller Welt.

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Über Bain & Company
Wer wir sind

Bain & Company ist eine der weltweit führenden Managementberatungen. Wir
unterstützen Unternehmen bei wichtigen Entscheidungen zu Strategie, Operations,
Technologie, Organisation, Private Equity und M&A – und das industrie- wie länder-
übergreifend. Gemeinsam mit seinen Kunden arbeitet Bain darauf hin, klare Wettbe-
werbsvorteile zu erzielen und damit den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern.
Im Zentrum der ergebnisorientierten Beratung stehen das Kerngeschäft des Kunden
und Strategien, aus einem starken Kern heraus neue Wachstumsfelder zu erschlie-
ßen. Seit unserer Gründung im Jahr 1973 lassen wir uns an den Ergebnissen unserer
Beratungsarbeit messen.

Shared Ambition, True Results

Langjährige Kundenbeziehungen sind ebenso tragendes Element unserer Arbeit wie
die Empfehlungen zufriedener Kunden. Bain ist Pionier der ergebnis- und umset-
zungsorientierten Managementberatung mit einem daran gekoppelten Vergütungs-
modell. Wir stehen für konkrete, am Erfolg unserer Kunden messbare Ergebnisse.
Bain-Kunden, die von unseren weltweiten Kompetenzzentren für Branchenthemen
und funktionale Aufgaben profitieren, haben sich nachweislich im Wettbewerb er-
folgreicher entwickelt als ihre Konkurrenten.

Unsere Beratungsethik

Der geografische Nordpol „True North“ verändert im Gegensatz zum magnetischen
Nordpol niemals seine Position. Gleiches gilt für die Beratungsethik von Bain, der wir
seit unserer Gründung treu geblieben sind: Klartext reden und gemeinsam mit dem
Kunden um die beste Lösung ringen.
Mehr Informationen unter www.bain.de, www.bain-company.ch
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