Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation

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Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Projektdokumentation
Aufwertung der nördlichen Innenstadt
und Revitalisierung des Marstall-Centers
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Projektdokumentation
Aufwertung der nördlichen Innenstadt
und Revitalisierung des Marstall-Centers

Juli 2017
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Projektbeteiligte

    Projektleitung/-koordination                                 Untere Stadt GmbH:
    Städtebau und Architektur | Maßnahmen im öffentlichen        Stadt Ludwigsburg, Fachbereich Liegenschaften
    Raum, Begleitung Fassadengestaltung des Marstall-Cen-        Bernd Hornung, Thomas Hugger
    ters (heute: Marstall), Hotelprojekt Bauhofstraße und        Mathildenstraße 21/1
    Projekt „Höfe am Kaffeeberg“:                                71638 Ludwigsburg
    Stadt Ludwigsburg,
    Fachbereich Stadtplanung und Vermessung                      Stadt Ludwigsburg, Fachbereich Finanzen
    Dr. Anne Mayer-Dukart, Ulrike Dressler-Uetz, Martin Kurt     Ulrich Kiedaisch, Petra Betz
    Wilhelmstraße 5                                              Wilhelmstraße 1
    71638 Ludwigsburg                                            71638 Ludwigsburg

    Tiefbaumaßnahmen und Grünplanung:                            Stadterneuerung:
    Stadt Ludwigsburg,                                           Stadt Ludwigsburg,
    Fachbereich Tiefbau und Grünflächen                          Referat für nachhaltige Stadtentwicklung
    Martin Renz, Hansjoachim Heck, Achim Leban,                  Frank Lehmpfuhl
    Gerhard Kohler, Ulrike Schmidtgen, Nicole Preussner,         Wilhelmstraße 5
    Michael Kamps                                                71638 Ludwigsburg
    Mathildenstraße 29/1
    71638 Ludwigsburg

    Koordination der Tiefbaumaßnahmen im nördlichen und
    südlichen Umfeld, Baustellenmanagement:
    Gerhard Kurz
    Rauschmaier Ingenieure GmbH
    Sucystraße 9
    74321 Bietigheim-Bissingen

    Wirtschaftsförderung und Projektleiter Revitalisierung des
    Marstall-Centers:
    Stadt Ludwigsburg,
    Referat für nachhaltige Stadtentwicklung
    Frank Steinert
    Wilhelmstraße 1
    71638 Ludwigsburg

    Begleitung Fassadengestaltung des Marstall-Centers,
    Wettbewerb Wohntürme Marstall-Center:
    Stadt Ludwigsburg,
    Fachbereich Hochbau und Gebäudewirtschaft
    Matthias Weißer, Gabriele Barnert, Horst Fischer
    Mathildenstraße 21
    71638 Ludwigsburg

2                                                                                                     Projektdokumentation
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Projektarchitekten                                                                   Projektstatus
Marstall, Fassaden Sockelgeschosse:                                                  Realisierte Projekte:
Kaspar Kraemer Architekten BDA                                                       • Neugestaltung der Charlottenstraße, der Bauhofstraße
Am Römerturm 3                                                                            und der Bietigheimer Straße, Ausbildung einer neuen
50667 Köln                                                                                Stadtterrasse und eines kleinen Platzes an der Bietighei-
                                                                                          mer Straße (nördliches Umfeld)
Öffentliche Räume:                                                                   • Neugestaltung des Reithausplatzes, der Kirchstraße und
Reithausplatz, Kirchstraße, Kronenstraße, Charlottenstraße,                               der Kronenstraße (südliches Umfeld)
Bauhofstraße und angrenzende Bereiche:                                               • Marstall-Center (heute Marstall), Revitalisierung der
Rosenstiel Architektur und Stadtplanung                                                   Sockelzone
Bötzinger Straße 29a
79111 Freiburg                                                                       Planungen bestehen für die Teilkonzepte:
                                                                                     • Marstall-Center, Fassadensanierung der Wohntürme
Öffentliche Räume:                                                                   • Hotelneubau in der Bauhofstraße
Lindenstraße                                                                         • Neugestaltung der Lindenstraße
Architekten: Stadtplaner Zoll BDA                                                    • Revitalisierung des Quartiers „Höfe am Kaffeeberg“
Markelsheimer Straße 60
70435 Stuttgart
                                                                                     Dokumentation
                                                                                     Fachliche Bearbeitung:
Bauherr                                                                              Stadt Ludwigsburg
Maßnahmen im öffentlichen Raum:                                                      Fachbereich Stadtplanung und Vermessung
Stadt Ludwigsburg,                                                                   Dr. Anne Mayer-Dukart, Elena Schulz
Fachbereich Stadtplanung und Vermessung                                              Wilhelmstraße 5
Wilhelmstraße 5                                                                      71638 Ludwigsburg
71638 Ludwigsburg
                                                                                     Wick+Partner Architekten Stadtplaner
Stadt Ludwigsburg,                                                                   Gähkopf 18
Fachbereich Tiefbau und Grünflächen                                                  70192 Stuttgart
Mathildenstraße 29/1
71638 Ludwigsburg                                                                    Druck:
                                                                                     Hausdruckerei Stadt Ludwigsburg
Marstall, Sockelgeschosse:
ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG, Hamburg

Weitere Projektbeteiligte
Rauschmaier Ingenieure GmbH
Sucystraße 9
74321 Bietigheim-Bissingen

SW Ingenieure
Asperger Straße 8                                                                    Titelbild Mitte:
71634 Ludwigsburg                                                                    ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG, Marstall Ludwigsburg

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                3
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Lage in der Stadt

                        Schrägluftbild von Süden.

                        Die Innenstadt mit ihrem histo-
                        rischen Grundriss westlich der
                        Anlagen des Residenzschlosses:
                        Vom Marktplatz zeichnet sich die
                        Raumfolge bis zu dem großmaß-
                        stäblichen Gebäudekomplex des
                        Marstall-Centers ab.

4                                      Projektdokumentation
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Inhalt

                                                                                     Ein Stück Stadt wieder beleben         .......................6

                                                                                     Historisches Erbe		                    .......................8

                                                                                     Bruch im städtebaulichen Kontext       .....................10

                                                                                     Neue Lösungsansätze der
                                                                                     Stadtentwicklungspolitik               .....................13

                                                                                     Chancen für Ludwigsburg		              .....................14

                                                                                     Umsetzungsstrategie und Kooperation    ...................16

                                                                                     Nördliches Umfeld		                    .....................20

                                                                                     Südliches Umfeld                       .....................26

                                                                                     Neugestaltung der Lindenstraße         .....................31

                                                                                     Marstall-Center, Sockelzone            .....................32

                                                                                     Marstall-Center,
                                                                                     Fassadensanierung der Wohntürme        .....................38

                                                                                     Hotelneubau in der Bauhofstraße        .....................40

                                                                                     Geplante Aufwertung des historischen
                                                                                     Quartiers „Höfe am Kaffeeberg“         .....................44

                                                                                     Lageplan mit Fotostandorten            .....................46

                                                                                     Fotodokumentation                      .....................48

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                 5
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Einleitung

    Ein Stück Stadt wieder beleben

                                                  6
                 Bauhofstraße
                                                          1
                                                                                                        A

                                                      5       Marstallstraße
                                                                                   Schlossstraße B27

                                4
                       2                                                       7

                                                              Kaffeeberg
                 3      Lindenstraße                      C
                                    Kirchstraße

                                                          B

6                                                                                                      Projektdokumentation
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
1    Charlottenstraße, Bauhof-           3    Lindenstraße                           6    Hotelneubau in der          A   Residenzschloss
      straße und angrenzende                                                               Bauhofstraße
      Bereiche („nördliches               4    Marstall-Center, Revitali-                                              B   Marktplatz
      Umfeld“)                                 sierung der Sockelzone                 7    Historisches Quartier
                                                                                           “Höfe am Kaffeeberg“        C   Holzmarkt
 2    Reithausplatz, Kronen-              5    Marstall-Center,
      straße und Kirchstraße                   Fassadensanierung der
      („südliches Umfeld“)                     Wohntürme

Die nördliche Innenstadt zwischen der Bauhofstraße, der                              •     Unterstützung privater Modernisierungsvorhaben (z.B. für
Charlottenstraße, der Schlossstraße, dem Kaffeeberg, dem                                   das stadtbildprägende Ensemble „Grafen- und Gesand-
Holzmarkt, der Lindenstraße, der Körnerstraße, der Her-                                    tenbau“)
mannstraße und dem Reithausberg gehört zu den ältesten                               •     Revitalisierung des Marstall-Centers und Belebung
Stadträumen Ludwigsburgs. Das Quartier ist einerseits ge-                                  seines Umfelds
prägt durch vernachlässigte Bausubstanz und die im Osten                             •     Verbesserung der Verkehrszusammenhänge und der
verlaufende B27, andererseits durch attraktive historische                                 Erschließungssituation
Bauten. Es befindet sich in direkter Nähe zum Residenz-
schloss und zu zentralen Innenstadträumen wie etwa dem                               Das Gesamtprojekt zeichnet sich durch privat-öffentliche Ko-
Marktplatz.                                                                          operationen und einen integrativen Planungsansatz aus. Es
                                                                                     beinhaltet neben klassischen städtebaulichen Maßnahmen
Dominiert wird der Stadtraum durch das „Marstall-Center“,                            im öffentlichen Raum auch Maßnahmen für eine Anreiche-
einen gemischt genutzten Gebäudekomplex aus den 1970er                               rung der Nutzungsmischung, eine Stärkung des Einzelhan-
Jahren, der neben 22.000 m² Verkaufsfläche in 54 Ladenge-                            dels und eine Stabilisierung der Sozialstruktur.
schäften (zum Zeitpunkt des Planungsbeginns größtenteils
leerstehend) über 200 Eigentumswohnungen (vollständig                                Folgende Teilprojekte sind wichtige Bausteine des Gesamt-
bewohnt), 900 Tiefgaragenplätze, einen städtischen Kinder-                           konzepts zur Aufwertung der nördlichen Innenstadt:
garten sowie Büro- und Praxisräume verfügt.                                          • die Neugestaltung der Charlottenstraße, der Bauhofstra-
                                                                                         ße und der Bietigheimer Straße, die Ausbildung einer
Dieser Gebäudekomplex steht als großmaßstäbliche Bau-                                    neuen Stadtterrasse und eines neuen kleinen Platzes
struktur eines überholten Stadtleitbilds aus der Mitte des 20.                           („nördliches Umfeld“)
Jahrhunderts im Grundriss der historischen Stadt. Mit der                            • die Neugestaltung des Reithausplatzes, der Kronenstra-
Revitalisierung des Marstall-Centers und der Aufwertung der                              ße und der Kirchstraße („südliches Umfeld“)
angrenzenden Quartiere soll dem Verlust innerstädtischer                             • die Neugestaltung der Lindenstraße
Funktionen – verbunden mit einer Abwertung städtischer                               • die Revitalisierung der Sockelzone des Marstall-Centers
Räume – entgegengewirkt werden.                                                          mit den Nutzungsschwerpunkten Einzelhandel, Dienst-
                                                                                         leistung und Gastronomie sowie die Modernisierung des
Dabei werden – im Spannungsfeld zwischen Tradition und                                   städtischen Kindergartens
Moderne – folgende Ziele verfolgt:                                                   • die Fassadensanierung der Wohntürme des
• Aufwertung der öffentlichen Räume und Schaffung einer                                  Marstall-Centers
   hohen Aufenthaltsqualität                                                         • der Hotelneubau in der Bauhofstraße
• Stärkung der stadträumlichen Vernetzung zwischen der                               • die Aufwertung des historischen Quartiers „Höfe am
   nördlichen Innenstadt und der „Unteren Stadt“                                         Kaffeeberg“ (mit den denkmalgeschützten Gebäuden
• Aufwertung des Wohnumfelds in der nördlichen Innen-                                    des „Grafen-“ und „Gesandtenbaus“)
   stadt

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                 7
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Geschichte

    Historisches Erbe

                        Bilder linke Seite,
                        oben:
                        Idealstadtgrundriss, Frisoni 1726

                        unten:
                        Historischer Stadtplanausschnitt,
                        1878

                        Bild rechte Seite:
                        Der Blick vom Marktplatz nach
                        Norden wird durch die großmaß-
                        stäbliche Gebäudestruktur des
                        Marstall-Centers begrenzt: Sie stellt
                        einen wesentlichen Eingriff in den
                        historischen Stadtgrundriss und eine
                        Überformung des Stadtbildes dar.

8                                       Projektdokumentation
Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers - Projektdokumentation
Ludwigsburg zählt neben Karlsruhe und Mannheim zu den                                Zu Beginn der 1990er Jahre wurden die zahlreichen militä-
prägnantesten Beispielen barocker Stadtanlagen in Deutsch-                           rischen Liegenschaften frei für neue, zivile Nutzungen. Die
land. Ursprünglich wollte Herzog Eberhard Ludwig von                                 Kasernenkonversionen waren eine gewaltige Aufgabe und
Württemberg hier nur ein Lustschloss zum Jagd- und Som-                              zugleich eine große Chance der Stadtentwicklung.
meraufenthalt errichten lassen. Nach dem Beispiel anderer
absolutistischer Herrscher entschied er sich jedoch dafür,                           Heute stellt sich Ludwigsburg als attraktives Mittel-
dem 1704 begonnenen Schloss eine Stadt anzugliedern                                  zentrum dar, das seine Traditionen pflegt und gleichzeitig
und lud 1709 zur Ansiedlung ein. So entstand westlich des                            neue Akzente setzt. Es profitiert von der Nähe zum Ober-
Schlosses eine barocke Planstadt auf orthogonalem Raster,                            zentrum Stuttgart und ist Teil eines dynamischen Wirt-
die bis heute die Bebauungsstruktur der Innenstadt prägt.                            schaftsraums. Als Standort der Filmakademie Baden-Würt-
                                                                                     temberg, des Film- und Medienzentrums Ludwigsburg und
Auch wenn Zerstörungen nach dem Zweiten Weltkrieg zu be-                             der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg
klagen waren und das Stadtbild in den folgenden Jahrzehn-                            und mit zahlreichen kulturellen Angeboten (wie etwa den
ten durch den Bau großmaßstäblicher Gebäude – wie etwa                               Schlossfestspielen) ist Ludwigsburg weit über die Region
des Marstall-Centers – und den Ausbau zur autogerechten                              hinaus bekannt.
Stadt überformt wurde, ist die historische Identität der baro-
cken Planstadt noch in weiten Bereichen klar zu erkennen.

Neben repräsentativen Bürgerhäusern, Schlössern und
Kirchen gehören auch zahlreiche Kasernenbauten der Ba-
rock- und Gründerzeit zum Stadtbild – denn über 250 Jahre
der 300-jährigen jungen Stadtgeschichte war Ludwigsburg
Militärstadt. Das Militär prägte die Stadt, ihre Architektur,
ihre Kultur, kurz das gesamte Leben. Lange zählte Ludwigs-
burg zu den größten Garnisonen Deutschlands.

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                  9
Rückblick und Ausgangslage

     Bruch im städtebaulichen Kontext

                                                                    7              5
                                                                                       4

                                                                           8
                                                       6

                                 9

                                                                                           3
                         9
                                                            1

                                                                               2

                                                9

     1   Marstall-Kaserne            6   Kronenstall                                       Luftbildschrägaufnahme der Mar-
                                                                                           stall-Kaserne und Umgebung aus
                                                                                           dem Jahr 1956
     2   Reithaus Bauhofstraße       7   Ehemaliger Reithausplatz

     3   Mehrfamilienhaus            8   Wegeverbindung Reithausplatz -
                                         Bauhofstraße
     4   Marstallreithaus
                                     9   Platzsituation um die ehemalige
     5   Reithausstall                   Marstall-Kaserne

10                                                                                                        Projektdokumentation
Rückblick                                                                            hofstraße als Haupterschließung des neuen Gebäudekom-
                                                                                     plexes ausgebaut. Als erster und einzig realisierter Abschnitt
Der Blick auf das hoch über alle Maßstäblichkeit der Ba-                             eines damals geplanten großen Innenstadtrings folgten sie
rockstadt aufragende Marstall-Center und der Vergleich mit                           dem Ziel einer „autogerechten Stadt“.
den sanierten alten Kasernen zeigt eindrücklich, wie sich die                        Die Straßenräume waren überdimensioniert und verfügten
Auffassungen zur Stadtsanierung hin zu einer erhaltenden                             über keinerlei Aufenthaltsqualitäten, eine hohe Stützmauer
Sanierung gewandelt haben.                                                           zerschnitt den Stadtraum und wirkte als räumliche Barriere
                                                                                     zwischen der Unteren Stadt und der Innenstadt.
Die heutige Kritik an dieser “Bausünde“ vergisst allerdings                          Auch die Stadträume südlich des Marstall-Centers wurden
oft, dass sich bereits Ende der 1960er Jahre durch den Bau                           durch den Bau des Gebäudekomplexes stark beeinträch-
eines großen Einkaufszentrums außerhalb der Stadt wirt-                              tigt. So wurde z. B. der Reithausplatz – ehemals ein großer
schaftliche Schwierigkeiten für den Handel der Innenstadt                            und gut proportionierten Stadtraum – topographisch stark
und damit verbundene Funktionsverluste abzeichneten,                                 überformt und auf die Hälfte seiner ursprünglichen Größe re-
denen man entgegenwirken wollte.                                                     duziert. Auch die Kronen- und die Kirchstraße wurden durch
Da aufgrund der kleinteiligen Grundstücks- und Baustruktur                           den Bau des Centers und die damit verbundene Zerstörung
der Innenstadt und damit fehlenden Handelsinvestitionen                              ihrer direkten Anbindung an den Reithausberg beeinträchtigt
keine Entwicklungsmaßnahmen zur Belebung der Innenstadt                              und überformt.
absehbar waren, sollten mit einem neuen Geschäfts- und
Wohnzentrum notwendige Impulse geschaffen werden.
Voraussetzung hierfür war der Abbruch der historisch ge-                             Funktionale Zusammenhänge und soziale Aspekte | Eine
wachsenen Strukturen rund um den früheren Marstall des                               „Dead Mall“ im Herzen der Innenstadt
Herzogs.
                                                                                     Nach einem anfänglichen ökonomischen Erfolg kam es
Funktional hat der Eingriff tatsächlich den erhofften Schub                          Ende der 1990er Jahre zu einem langsamen Niedergang
für die Einkaufsstadt gebracht – jedoch für einen hohen                              des Centers. Dringend notwendige Modernisierungsmaßnah-
stadträumlichen und baukulturellen Preis und ohne langfris-                          men unterblieben aufgrund eines fehlenden gemeinsamen
tige Wirkung.                                                                        Managements und der äußerst schwierigen, kleinteiligen
                                                                                     Eigentümerstruktur des Centers. Den 21 Ladeneigentümern
                                                                                     (unter ihnen drei internationale Immobilienfonds mit Sitz in
Ausgangslage                                                                         Großbritannien, den Niederlanden und Luxemburg) und den
                                                                                     irischen Eigentümern der großen Tiefgarage gelang es nicht,
Städtebauliche Aspekte | Eine „Bausünde“ und ihre                                    die dringend notwendige Gebäudesanierung anzugehen.
Folgen                                                                               Mit der Schließung der Karstadt-Filiale brach im Jahr 2010
                                                                                     der wichtigste Einzelhandelsmagnet weg. Weitere Anker-
Mit dem Abriss der historischen Marstall-Kaserne, des                                mieter folgten. Schließlich standen fast alle Ladenflächen
Reithauses in der Bauhofstraße, des Marstallreithauses, des                          leer – das Marstall-Center hatte sich in eine „Dead Mall“
Reithaus- und des Kronenstalls in den 1960er Jahren und                              verwandelt.
dem darauf folgenden Bau des Marstall-Centers wurden                                 Dies hatte verheerende Folgen für die gesamte nördliche
große Teile der nördlichen Innenstadt gravierend überformt.                          Innenstadt. Trading-Down-Tendenzen, 1-Euro-Shops und
                                                                                     zahlreiche Spielhallen im Umfeld, über 20.000 m² leer-
Wichtige Raumfolgen und Wegebeziehungen wurden zer-                                  stehende Ladenflächen im Center, 200 in die Jahre gekom-
stört – wie etwa die Platzsituationen rund um die ehemalige                          mene Wohneinheiten und eine marode technische Infra-
Marstall-Kaserne sowie die direkte Wegeverbindung vom                                struktur ließen den Gebäudekomplex zu einer „tickenden
Reithausplatz über den Reithausberg zur Bauhof- und                                  Zeitbombe“ werden. Die gesamte nördliche Innenstadt war
Charlottenstraße. Das Marstall-Center selbst stellt einen                            durch den Niedergang betroffen. Es entstanden überforderte
großen Maßstabssprung gegenüber dem kleinteilig geprägten                            Nachbarschaften mit einer schwierigen Sozialstruktur.
städtebaulichen Umfeld dar und dominiert die Silhouette der
Innenstadt.                                                                          Die Stadtentwicklung sah sich mit einer komplexen
                                                                                     Problemakkumulation konfrontiert. Die Folgen für die Innen-
Parallel zur Entwicklung des Marstall-Centers wurden in den                          stadt waren unabsehbar – wenn diese „Abwärtsspirale“ nicht
1970er Jahren auch die Charlottenstraße und Teile der Bau-                           innerhalb kürzester Zeit gestoppt werden konnte.

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                               11
Rückblick und Ausgangslage

     Bruch im städtebaulichen Kontext

                                        Bild links:
                                        Lage des Marstall-Centers in
                                        der Stadt

                                        Bilder unten:
                                        Leerstand im Marstall-Center
                                        und Trading-Down in der
                                        Umgebung

12                                                Projektdokumentation
Proaktives Handeln und neue Kooperationen

                    Neue Lösungsansätze der Stadtentwicklungspolitik

„Abbruch und Neubau“ waren keine Option                                              Dennoch fanden sich keine Investoren oder Projektentwick-
                                                                                     ler, die bereit waren, die komplizierten Verkaufsgespräche
In stadtgestalterischer Hinsicht hätten sich viele Bürgerinnen                       mit den 22 Eigentümern des brach gefallenen Centers zu
und Bürger einen Abbruch des überdimensionierten Gebäu-                              führen.
dekomplexes gewünscht. Die 200 Eigentumswohnungen in
den Obergeschossen erlaubten jedoch keinen Abriss des                                Vor diesem Hintergrund gründete schließlich die Stadtver-
brachgefallenen Sockels.                                                             waltung selbst die Tochtergesellschaft „Untere Stadt Lud-
Zudem erschwerten komplexe rechtliche Regelungen                                     wigsburg GmbH“. Durch diese Gesellschaft gelang es – als
zwischen den gewerblichen Einheiten der Sockelzone und                               eine Art Zwischenhändler ohne eigenes finanzielles Risiko
den darüber liegenden Wohnungen sowie eine gemeinsame                                – die Einzelhandelsflächen zu erwerben und die schwierigen
technische Infrastruktur (gemeinsam genutzte Aufzüge etc.)                           Eigentumsverhältnisse zu bereinigen. Parallel dazu konnte
die Planungen für eine Aufwertung des Gebäudekomplexes.                              mit der ECE Projektmanagement GmbH & Co.KG auch ein
                                                                                     Projektentwickler gefunden werden, der bereit war, das Cen-
So wurde das auch heute noch aktuelle Leitbild der „Nut-                             ter durch umfangreiche Investitionen zu modernisieren.
zungsmischung“ bei der Revitalisierung des Marstall-Centers
zur „Hypothek“ für die Projektentwicklung.                                           Mit dieser äußerst ungewöhnlichen Herangehensweise wurde
                                                                                     schließlich der Weg für die Revitalisierung frei. Die Stadt
                                                                                     erzielte sogar einen Veräußerungsgewinn in Höhe von rund
Ein integrierter Handlungsansatz und neue                                            2,6 Millionen Euro, den sie in die Erneuerung der Straßen
Kooperationen                                                                        und Plätze im Umfeld investierte.
                                                                                     Zusätzlich beteiligte sich die ECE Projektmanagement GmbH
Die Zukunft des Marstall-Centers war lange Zeit ungeklärt.                           & Co.KG an verschiedenen Maßnahmen im öffentlichen
Dies führte nicht nur zu einer Abwertung des städtebauli-                            Raum (wie z.B. dem Rückbau der Tiefgaragenzufahrt im
chen Umfelds, sondern auch zu planerischen Entwicklungs-                             Norden des Gebäudekomplexes und der Integration von
hemmnissen. So war die dringend notwendige Neugestal-                                Kinderspielgeräten am Reithausplatz).
tung der angrenzenden Straßen und Plätze jahrelang im
Gespräch, wurde aber immer wieder zurückgestellt.                                    Der Schlüssel für die erfolgreiche Projektentwicklung war
                                                                                     eine äußerst enge Kooperation zwischen den privaten und öf-
Dennoch schuf die Stadtverwaltung mit der gezielten Beauf-                           fentlichen Akteuren – von den bautechnischen Fragestellun-
tragung von Fachgutachten (z.B. zu den Möglichkeiten einer                           gen bis zum minutiös abgestimmten Baustellenmanagement.
Revitalisierung der gewerblichen Einheiten, zur Optimierung
der verkehrlichen Situation etc.) die Voraussetzungen für                            Die städtebauliche Aufwertung der Zufahrtssituation zum
eine umfassende Aufwertung des städtebaulichen Umfelds.                              Center und der direkt angrenzenden Stadträume erfolgte
                                                                                     nach einem sehr ehrgeizigen Zeitplan. In einem ersten
Darüber hinaus wurde die „Untere Stadt“ in das Programm                              Schritt wurden die Charlottenstraße, die Bauhofstraße, die
„Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ aufgenommen. Es wurden                           Stadtterrasse und der kleine Platz an der Bietigheimer Stra-
vorbereitende Untersuchungen nach § 141 BauGB durch-                                 ße, in einem zweiten Schritt der Reithausplatz, die Kirchstra-
geführt und ein Sanierungsgebiet nach § 142 Abs. 3 BauGB                             ße und die Kronenstraße umgestaltet. Diese Maßnahmen im
festgelegt. Damit bot sich die Chance, Städtebaufördermittel                         öffentlichen Raum waren so zu koordinieren, dass sie bis zur
für die Finanzierung der geplanten Maßnahmen einzusetzen                             Eröffnung des Centers im Herbst 2015 abgeschlossen waren.
(vgl. S. 17).
                                                                                     Im Anschluss wird seit 2016 als weitere Maßnahme der
                                                                                     geplanten Aufwertung der nördlichen Innenstadt auch die
                                                                                     Lindenstraße zwischen Körnerstraße und Holzmarkt umge-
                                                                                     staltet.

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                               13
Bezug zum Stadtentwicklugskonzept und bürgerschaftliches Engagement

     Chancen für Ludwigsburg

                                                                                 Bilder:
                                                                                 Eindrücke aus der Anliegerveran-
                                                                                 staltung und von der Bürgergruppe
                                                                                 „ZuKo“, die die Revitalisierung des
                                                                                 Marstall-Centers begleitet hat (und
                                                                                 bei der Zukunftskonferenz 2012
                                                                                 gebildet wurde)

                                                       Bezug zum Stadtentwicklungskonzept

                                                       Die Planung und Umsetzung der städtebaulichen Maß-
                                                       nahmen in der nördlichen Innenstadt sind eingebunden
                                                       in das gesamtstädtische Stadtentwicklungskonzept (SEK)
                                                       und in den Stadtteilentwicklungsplan (STEP Innenstadt)
                                                       der Stadt Ludwigsburg. Damit verbunden ist ein umfang-
                                                       reiches Beteiligungsverfahren.

                                                       Im Rahmen von regelmäßigen Zukunftskonferenzen mit
                                                       den Bürgerinnen und Bürgern und den lokalen Akteuren
                                                       (u.a. dem Ludwigsburger Innenstadtverein LUIS e.V.,
                                                       dem Bürgerverein „Untere Stadt“ etc.) wird das Konzept
                                                       immer wieder überprüft und weiterentwickelt.
                                                       Masterpläne geben eine Übersicht über die Erkenntnis-
                                                       se und Ziele der Beteiligungsprozesse und bündeln die
                                                       erforderlichen Maßnahmen.

                                                       •   Im Masterplan „Lebendige Innenstadt“ wurde als Ziel
                                                           formuliert, dass die Innenstadt aktiv gestaltet wird.
                                                           Sie soll über eine hohe Aufenthaltsqualität verfügen,
                                                           die sich in Ruhe- und Bewegungsräumen, Sicherheit
                                                           und Sauberkeit zeigt, und den Anforderungen aller
                                                           Generationen gerecht wird. Durch ein harmonisches
                                                           Zusammenspiel von Tradition und Moderne sollen
                                                           attraktive Stadträume mit einer besonderen urbanen
                                                           Atmosphäre geschaffen werden. Die Neugestaltung
                                                           der Charlottenstraße, der Bauhofstraße, der neuen
                                                           Stadtterrasse, des kleinen Platzes an der Bietighei-
                                                           mer Straße, der Kronenstraße, der Kirchstraße, der
                                                           Lindenstraße und des Reithausplatzes kann hierzu
                                                           einen wichtigen Beitrag leisten.

14                                                                                               Projektdokumentation
Besondere Bedeutung kommt der Bewahrung des Kul-                                •     Mit dem umfassenden Ausbau des Fernwärmenetzes
     turguts „Barockstadt Ludwigsburg“ durch die Sanierung                                 in den neu gestalten Stadträumen (d.h. in der Char-
     historischer Gebäude zu (wie etwa des Grafen- und                                     lottenstraße, der Bauhofstraße, der Schlossstraße, der
     Gesandtenbaus). Gleichzeitig kann die historische                                     Kirchstraße, der Kronenstraße, der Lindenstraße und
     Baustruktur durch eine attraktive moderne Architektur                                 am Reithausplatz) kann ein weiterer wichtiger Beitrag
     sensibel ergänzt und konsequent weiterentwickelt wer-                                 zu den Zielen des Themenfelds Energie sowie zu den
     den (wie z.B. mit dem Hotelneubau an der Bauhofstraße                                 Handlungsschwerpunkten des Gesamtenergiekonzepts
     – vgl. S. 40ff.)                                                                      geleistet werden.
     Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Belebung der In-                                 Darüber hinaus soll mit dem geplanten Neubau eines
     nenstadt leistet das Gesamtprojekt durch die Anreiche-                                Hotels auf der Stadtterrasse das erste CO2-neutrale
     rung der Nutzungsmischung. Neben der Revitalisierung                                  Gebäude in Ludwigsburg entstehen. Als Holzbau in Sys-
     des Marstall-Centers mit Einzelhandel, Gastronomie                                    tembauweise soll es zu einem Vorzeigeprojekt werden
     und Dienstleistungen kommt auch der Ansiedlung eines                                  und als modellhafte Lösung für aktuelle und zukünftige
     neuen Hotels und der Entwicklung des Areals „Höfe am                                  Fragen in den Bereichen regenerative Energien und
     Kaffeeberg“ mit den Nutzungsschwerpunkten Dienst-                                     Verbesserung der Energieeffizienz dienen (vgl. S. 40ff.)
     leistungen (Büros) und Wohnen besondere Bedeutung
     zu (vgl. S. 44).
                                                                                     Partizipation und bürgerschaftliches Engagement
•    Darüber hinaus können mit der Neugestaltung der
     Straßen und Plätze wichtige Ziele des Masterplans                               Zusätzlich zu den Beteiligungsverfahren im Rahmen der
     “Mobilität“ umgesetzt werden. Der Fuß- und Radverkehr                           Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzepts fanden im
     kann gestärkt, das Wegenetz attraktiver gestaltet und die                       Vorfeld der Planungen verschiedene Gesprächsrunden mit
     Aufenthaltsfunktion der innerstädtischen Straßenräume                           den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, den Einzelhänd-
     verbessert werden. Durch den Rückbau der überdimen-                             lern und Gastronomen statt. So wurde die Entwicklung der
     sionierten Verkehrsräume und eine attraktive Gestaltung                         nördlichen Innenstadt und die Revitalisierung des Mar-
     der neuen Stadtterrasse und des neuen Platzes an der                            stall-Centers z.B. mit Vertretern der Wohnungseigentümer
     Bietigheimer Straße werden nicht nur die Zufahrt zum                            und der Bürgergruppe ZuKo (einer Gruppe, die sich bei der
     Marstall-Center, sondern auch das innerstädtische Woh-                          Zukunftskonferenz 2012 gebildet hat) sowie Vertretern des
     numfeld aufgewertet.                                                            Vereins „Untere Stadt“ diskutiert.

•    Die Ziele des Masterplans „Energieversorgung“ bilden                            Im Rahmen einer großen Anliegerversammlung wurden
     einen weiteren Schwerpunkt bei der Entwicklung der                              die Entwurfsplanungen der Öffentlichkeit präsentiert und
     nördlichen Innenstadt. Mit der Durchführung des                                 gemeinsam mit interessierten Bürgern Vor- und Nachteile
     Modellvorhabens „Energetisches Quartierskonzept für die                         sowie mögliche Konsequenzen erörtert.
     Barockstadt Ludwigsburg“ (in Kooperation mit der Hoch-                          Insgesamt fand der Entwurf große Zustimmung bei den
     schule für Technik Stuttgart und dem Bundesinstitut                             Bürgern. Befürwortet wurden vor allem der möglichst
     für Bau-, Stadt- und Raumforschung) konnten im Jahr                             weitgehende Erhalt der Platanen und die Ausbildung eines
     2014 wichtige Rahmenbedingungen für eine erneuer-                               Wassersprudlerfelds auf dem Reithausplatz sowie die Einbe-
     bare Energieversorgung und eine stadtbildverträgliche                           ziehung des westlichen Platzrands in die Gesamtkonzeption
     energetische Sanierung historischer Gebäude in der                              zur Aufwertung der öffentlichen Räume.
     Innenstadt geschaffen werden. Die nördliche Innenstadt
     mit dem Quartier „Höfe am Kaffeeberg“ bildete dabei                             Diese Anregungen aus dem Beteiligungsverfahren dienten
     einen Forschungsschwerpunkt.                                                    ebenso wie der Wettbewerbsentwurf von Kaspar Kraemer Ar-
                                                                                     chitekten (zur Gestaltung des Centers und seines Umfelds)
                                                                                     als Basis für alle weiteren Planungen.

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                15
Finanzieller Rahmen sowie planungs- und baurechtliche Gegebenheiten

     Umsetzungsstrategie und Kooperation

                                                                         Lageplan Gesamtsituation / Eintrag Bebauungspläne
     Bauleitplanung

     Um die Umsetzung der Planungen im nördlichen Um-         Auch für die geplante Revitalisierung des historischen
     feld des Marstall-Centers zu ermöglichen, wird zurzeit   Quartiers „Höfe am Kaffeeberg“ wird zurzeit ein Bebau-
     der Bebauungsplan „Bauhofstraße“ Nr. 010/06 erstellt     ungsplan erstellt (Vorhabenbezogener Bebauungsplan
     (vgl. S. 40).                                            „Höfe am Kaffeeberg“ Nr. 010/08 – vgl. S. 44).
                                                              Für das Planungsgebiet besteht kein rechtsgültiger Be-
     Er beinhaltet:                                           bauungsplan. Aufgrund der städtebaulichen Bedeutung
     • die Neuordnung der verkehrlichen Erschließung          des Areals erfordert die geplante Revitalisierung die
         in der Bauhofstraße, der Charlottenstraße und der    Schaffung von neuem Planungsrecht.
         Bietigheimer Straße,                                 Mit der Aufstellung des Bebauungsplans wird eine städ-
     • die Neuordnung der Grün- und Freiflächen,              tebauliche Umstrukturierung mit den Nutzungsschwer-
     • die Ausbildung einer neuen Anlieferzone sowie          punkten Dienstleistungen und Wohnen beabsichtigt.
     • die Ausweisung eines Baufensters für das geplante      Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören die Sanierung
         Hotel auf der neuen Stadtterrasse.                   des Grafen- und Gesandtenbaus sowie die Rekonstruk-
                                                              tion des ehemaligen Kaffeehauses an der Schlossstraße.
     Im Planungsbereich sicherte der bisher rechtskräftige    Die Neubauten im rückwärtigen Bereich sollen sich in
     Bebauungsplan die damalige Zufahrtssituation mit der     die Umgebungsbebauung einfügen und ein attraktives
     Tiefgaragenzufahrt ins Marstall-Center.                  System aus lärmgeschützten Höfen bilden.

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Mängel und Missstände im Sanierungsgebiet „Untere Stadt“
Finanzielle Rahmenbedingungen | Städtebaufördermit-
tel aus dem Sanierungsgebiet „Untere Stadt“
                                                                                     ße konnte für die Gesamtkosten von rund 307.000 € ein
Alle im Rahmen des Gesamtprojekts neu gestalteten Straßen                            Förderrahmen in der Gesamthöhe eingesetzt werden. Dies
und Plätze befinden sich im förmlich festgelegten Sanie-                             entspricht einem Finanzmitteleinsatz des Bundes und Lan-
rungsgebiet „Untere Stadt“ (Rechtskraft am 22.12.2010/                               des in Höhe von ca. 184.000 €.
03.03.2012) und wurden im Rahmen der Vorbereitenden
Untersuchungen als Neuordnungsschwerpunkte ausgewie-                                 Auch für den Umbau der Lindenstraße werden Fördermittel
sen. Damit bestand die Möglichkeit, die Baumaßnahmen mit                             aus dem Stadterneuerungsprogramm „Aktive Stadt- und
Städtebaufördermitteln aus dem Stadterneuerungsprogramm                              Ortsteilzentren“ eingesetzt. Hierzu wurde ein Förderrahmen
„Aktive Stadt- und Ortsteilzentren (ASP)“ zu bezuschussen.                           von nahezu 520.000 € zur Verfügung gestellt, was Finanz-
Mit der Charlottenstraße, der Bauhofstraße und der an-                               mitteln von über 310.000 € seitens Bund und Land ent-
grenzenden Bereiche, dem Reithausplatz, der Kronen-,                                 spricht.
der Kirch- und der Hermannstraße wurden öffentliche
Flächen mit einer Gesamtgröße von ca. 12.685 m² neu                                  Die umfassende Modernisierung und Instandsetzung der
gestaltet. Hierzu konnte ein Förderrahmen in Höhe von rund                           Wohntürme des Marstall-Centers kann vom Grundsatz her
1.902.000 € eingesetzt werden, was Finanzhilfen des Bun-                             auch mit Fördermitteln aus diesem Programm bezuschusst
des und Landes in Höhe von 1.141.300 € entspricht.                                   werden. Eine reine Instandsetzung der Fassade wäre nicht
Für den Rückbau der Tiefgaragenzufahrt in der Bauhofstra-                            bezuschussbar; wird sie jedoch mit einer Grundsanierung

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                             17
Finanzieller Rahmen sowie planungs- und baurechtliche Gegebenheiten

     Umsetzungsstrategie und Kooperation

                                                                   Neuordnungsschwerpunkte im Sanierungsgebiet „Untere Stadt“

     Neuordnungsschwerpunkte:

     •1   Neuordnung des „Walckerparks“                       6    Neugestaltung des Reithausplatzes, der Kronen-
                                                                   straße, der Kirchstraße und der Hermannstraße
     •2   Neugestaltung des Spielplatzes „Talkaserne“
                                                              •7   Neuordnung von Blockinnenbereichen
     •3   Unterstützung privater Modernisierungsvorhaben

     •4   Neugestaltung der Charlottenstraße, der Bauhof-
          straße, der Bietigheimer Straße, der Lindenstraße
          und der Körnerstraße

     •5   Revitalisierung des Marstall-Centers

18                                                                                                      Projektdokumentation
der Haustechnik / Installation verbunden, könnten auch                               Brachfläche der ehemaligen Polizeidirektion sollen bei guter
für diese Privatmaßnahme Städtebaufördermittel eingesetzt                            städtebaulicher Qualität erheblich Städtebaufördermittel
werden.                                                                              eingesetzt werden.

Als weiterer Schwerpunkt der Stadterneuerung soll auch die                           Darüber hinaus wurden fünf private Modernisierungsvorha-
Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude „Grafen-“ und                               ben im direkten Umfeld des Marstall-Centers mit teilweise
„Gesandtenbau“ durch das Programm „Aktive Stadt- und                                 erheblichen Zuschüssen bedacht.
Ortsteilzentren“ gefördert werden. Für die Revitalisierung der

Finanzielle Rahmenbedingungen | Die Projekte im Überblick

Die finanziellen Rahmenbedingungen der einzelnen Projekte stellen sich wie folgt dar:

 Neugestaltung der Charlottenstraße, der Bauhofstraße und                             Modernisierung des städtischen Kindergartens
 der Bietigheimer Straße, Ausbildung einer neuen Stadtter-                            Kosten der       •    ca. 200.000 €
 rasse und eines neuen kleinen Platzes an der Bietigheimer                            geplanten
 Straße, Neugestaltung des Reithausplatzes, der Kronen-                               Maßnahmen
 straße und der Kirchstraße („nördliches und südliches
 Umfeld“)
                                                                                      Fassadensanierung der Wohntürme des Marstall-Centers
 Kosten der            •     5.310.000 €
                                                                                      Kosten für die •      50.000 €
 geplanten
                                                                                      Mehrfachbe-
 Maßnahmen
                                                                                      auftragung zur
 Einnahmen             •     2.580.000 € (beim Verkauf des                            Neugestaltung
                             Centers erzielter Erlös)                                 der Fassa-
                       •     ca. 448.000 € (finanzielle Betei-                        de und zum
                             ligung der ECE an den Maßnah-                            zukünftigen
                             men im nördlichen und südlichen                          Energiekonzept
                             Umfeld)
                       •     ca. 1.325.000 € (Städtebauför-                           Hotelneubau in der Bauhofstraße
                             derung für das nördliche und das
                                                                                      Kosten für die   •    30.000 € (vom Projektentwickler
                             südliche Umfeld)
                                                                                      Mehrfachbe-           getragen)
                                                                                      auftragung
 Neugestaltung der Lindenstraße
                                                                                      Kosten für das   •    Keine zusätzlichen Kosten, da der
 Kosten der            •     ca. 1.050.000 €                                          Bebauungs-            Bebauungsplan durch die Stadtver-
 geplanten                                                                            planverfahren         waltung im Rahmen der bestehen-
 Maßnahmen                                                                                                  den Stellensituation bearbeitet wird
 Einnahmen             •     310.000 € (Städtebauförderung)
                                                                                      Aufwertung des historischen Quartiers „Höfe am Kaffee-
 Revitalisierung der Sockelzone des Marstall-Centers                                  berg“
 Kosten für die        •     36.000 € (von der Stadt und dem                          Kosten für den   •    Vom Projektentwickler getragen
 Mehrfachbe-                 Projektentwickler ECE jeweils zur                        Ideen- und
 auftragung zur              Hälfte getragen)                                         Realisierungs-
 Neugestaltung                                                                        wettbewerb
 der Fassade                                                                          Kosten für den   •    ca. 20.000 € (vom Projektentwickler
 Kosten der            •     ca. 100.000.000 € (Investition des                       vorhabenbezo-         getragen)
 geplanten                   Projektentwicklers ECE)                                  genen Bebau-
 Maßnahmen                                                                            ungsplan

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                              19
Die Projekte

     Nördliches Umfeld

                         Der in den 1970er Jahren geplante        Durch den Rückbau des Tunnels
                         Umbau zur „autogerechten Stadt“          und der großen Stützmauer konnte
                         hätte zu einem weit reichenden           sowohl die verkehrliche Situation
                         Verlust historischer Bauten geführt      optimiert als auch ein Beitrag zur
                         (z.B. in der Bauhofstraße). Realisiert   Aufwertung und Verknüpfung
                         wurde schließlich nur der erste Ab-      der öffentlichen Räume geleistet
                         schnitt bis zum Marstall-Center.         werden.

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Neugestaltung der Charlottenstraße und der Bauhof-
                                                                                     straße, Ausbildung einer neuen Stadtterrasse und eines
                                                                                     neuen kleinen Platzes an der Bietigheimer Straße
                                                                                     („nördliches Umfeld“)

                                                                                     Die Charlottenstraße und der östliche Bereich der Bau-
                                                                                     hofstraße waren der erste Teil eines in den 1970er Jahren
                                                                                     geplanten großen Innenstadtrings. Mit ihren überdimensi-
                                                                                     onierten, stadträumlich nicht integrierten Straßenräumen
                                                                                     waren sie geprägt vom Leitbild der „autogerechten Stadt“.
                                                                                     Sie verfügten über keinerlei Aufenthaltsqualitäten. Eine
                                                                                     lange und hohe Stützmauer in der Straßenmitte bildete eine
                                                                                     für Fußgänger und Radfahrer nur schwer zu überwindende
                                                                                     räumliche Barriere zwischen der nördlichen Innenstadt und
  Planungen aus den 1970er Jahren für einen großen Innenstadtring
                                                                                     der Unteren Stadt.

                                                                                     Aber auch die verkehrliche Situation, insbesondere die
                                                                                     Zufahrt zum Marstall-Center, war sehr unübersichtlich und
                                                                                     für den auswärtigen Besucher kaum nachzuvollziehen. Die
                                                                                     Einfahrt war nur aus nördlicher und östlicher Richtung durch
                                                                                     einen Tunnel und dann im Parkhaus im “Linksverkehr“ über
                                                                                     Rampen wieder nach oben möglich; die Ausfahrt erfolgte an
                                                                                     anderer Stelle über eine andere Rampe.

                                                                                     Angesichts der unübersichtlichen Zufahrt und ihres schlech-
                                                                                     ten baulichen Zustands wurde die Marstall-Parkgarage trotz
                                                                                     ihrer guten Lage und verschiedener Aktionen (Gratisparken
                                                                                     bei Besuch des Blühenden Barocks etc.) von vielen Besu-
                                                                                     chern gemieden. Die Auslastung entsprach bei Weitem nicht
                                                                                     den anderen Parkgaragen in der Innenstadt.

                                                                                     Auch der bauliche Zustand der Charlottenstraße und der
                                                                                     Bauhofstraße nördlich des Marstall-Centers sowie der
                                                                                     angrenzenden Stadträume war schlecht. Die Anwohner und
                                                                                     anliegenden Geschäftsleute wünschten sich seit Jahren eine
                                                                                     Aufwertung der verkehrlichen und stadträumlichen Situation.

                                                                                     Bilder vor der Neugestaltung:
                                                                                     Die flächengreifenden Verkehrsan-
                                                                                     lagen dominierten den Raum, eine
                                                                                     Stützmauer wirkte als große Barriere
                                                                                     in der Stadt.

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                             21
Die Projekte

     Nördliches Umfeld

22                       Projektdokumentation
Bilder linke Seite,
                                                                                     oben:
                                                                                     Entwurfsplan nördliches Umfeld
                                                                                     o.M.

                                                                                     unten:
                                                                                     Regelgrundriss Bauhofstraße o.M.

                                                                                     Bild rechte Seite:
                                                                                     Die Reduktion der Verkehrsflächen
                                                                                     ermöglicht die Gestaltung neuer
                                                                                     attraktiver öffentlicher Räume (grün
                                                                                     dargestellt)

Gestaltungskonzept | Verkehrliche Maßnahmen

Die geplanten Maßnahmen sahen neben einer Sanierung
der Straßenräume eine Neuordnung und Optimierung der
verkehrlichen Situation vor:
• Durch den Rückbau der Stützmauer und der überdimen-
     sionierten Verkehrsräume in der Charlottenstraße konnte
     eine große räumliche Barriere zwischen der Innen-
     stadt und der Unteren Stadt überwunden werden. Die
     verkehrliche Situation konnte übersichtlicher gestaltet
     und die Erschließung des Marstall-Centers durch eine
     neue Zufahrt zum Kunden-Parkdeck optimiert werden.
     Darüber hinaus bot sich die Chance, den Straßenraum
     und den Kreuzungsbereich an der Bietigheimer Straße
     aufzuwerten und zu einem neuen „Stadtraum“ zu
     gestalten.

•    Durch den Bau eines neuen Kreisels und den Rückbau
     des Tunnels konnte die Verkehrsführung sowohl für die
     Kunden und Bewohner als auch für die Andienung des
     Centers optimiert und übersichtlicher gestaltet werden
     (Zu- und Abfahrt aus allen Richtungen etc.).

•    Eine neue, für den Betrieb des Centers erforderliche
     Anlieferzone wurde ebenfalls über den Kreisel erschlos-
     sen und nördlich des Gebäudekomplexes angeordnet.
     Eine davor liegende Baumreihe bildet einen „optischen
     Puffer“ gegenüber den angrenzenden Stadträumen.

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                           23
Die Projekte

     Nördliches Umfeld

24                       Projektdokumentation
Bilder linke Seite,
oben:
Charlottenstraße,
Blick nach Osten zur Schlossanlage

unten:
Der Platzraum an der Bietigheimer
Straße, Blick zur Unteren Stadt

Gestaltungskonzept | Aufwertung der öffentlichen Räume                                     integriert. Durch das gewählte Straßenprofil können 19
                                                                                           öffentliche Parkplätze ausgebildet werden. Das sind 4
Die verkehrlichen Maßnahmen bildeten die Basis für eine                                    Parkplätze weniger als vor dem Umbau.
umfassende Aufwertung der öffentlichen Räume. Durch die                                    Der Grünstreifen in der Straßenmitte wurde von 2 m auf
Ausbildung neuer Platzsituationen und Fußgängerbereiche                                    rund 3 m verbreitert. Wie im historischen Straßenprofil
verbunden mit einer attraktiven Grüngestaltung konnte die                                  ist hier nun wieder eine Baumreihe aus Silberlinden
Aufenthaltsqualität deutlich gesteigert werden. Um ein attrak-                             ausgebildet. Darüber hinaus dient der Grünstreifen zum
tives und konsistentes Erscheinungsbild der Innenstadt zu                                  Ausgleich des Quergefälles in Nord-Süd-Richtung und
gewährleisten, knüpft die Gestaltung an prägende Elemente                                  nimmt kleine Treppenanlagen an Fußgängerquerungen
und Materialien im Umfeld an, schafft aber gleichzeitig –                                  auf.
insbesondere mit den kleinen Platzsituationen – identitäts-
stiftende neue räumliche Qualitäten:

•    Als nördlicher Abschluss der Gesamtmaßnahme konnte
     durch den Rückbau des Tunnels eine neue Stadtterras-
     se mit Blick auf die Untere Stadt und einer attraktiven
     Anbindung an den bestehenden Spielplatz ausgebildet
     werden. Grünelemente in Form eines Baumdachs aus
     gefüllt blühender Vogelkirsche und einer Hain-
     buchen-Hecke, quaderförmige Stadtmöbel, die als
     Sitzgelegenheiten genutzt werden können, sowie eine
     besondere Beleuchtung mit Lichtstelen schaffen eine                               Folgende Ziele konnten erreicht werden:
     urbane Atmosphäre mit hoher Aufenthaltsqualität.                                  Aufwertung der Zufahrtssituation im Norden
                                                                                       •    Rückbau der stadträumlich nicht integrierten Tiefgaragenein-
•    Das geplante Hotel an der Stelle des ehemaligen Reit-                                  fahrt im Norden
                                                                                       •    Rückbau der großen Stützmauer
     hauses in der Bauhofstraße wird einen wichtigen Ent-
                                                                                       •    Ausbildung eines Kreisverkehrs
     wicklungsimpuls für die Aufwertung des städtebaulichen
     Umfelds leisten. Es bietet die Möglichkeit, den neuen                             Aufwertung des öffentlichen Raums
     Platz an der Stadtterrasse zu fassen, die Achse von der                           •   Rückbau überdimensionierter Verkehrsräume
     Charlottenstraße zum Residenzschloss zu betonen und                               •   Steigerung der Aufenthaltsqualität durch eine attraktive
                                                                                           Gestaltung der neuen Freiflächen (neue Platzsituationen und
     ein attraktives Gegenüber zum Marstall-Center zu bilden
                                                                                           Fußgängerbereiche)
     (vgl. S. 40).                                                                     •   Aufwertung der Charlotten- und der Bauhofstraße

•    An der Kreuzung Bietigheimer Straße / Charlottenstraße                            Neue Stadtterrasse
     ist eine weitere kleine Platzsituation entstanden, die mit                        •   Gestaltung eines neuen Platzes mit Sitzelementen und einem
                                                                                           Baumdach aus gefüllt blühender Vogelkirsche (im Zusammen-
     einem Baumfeld, einer wassergebunden Fläche und
                                                                                           hang mit dem Hotelneubau noch zu pflanzen)
     Sitzgelegenheiten über eine hohe Aufenthaltsqualität
     verfügt und räumliche Verknüpfungen zur Unteren Stadt                             Charlottenstraße
     nach Norden wie auch in West-Ost-Richtung zur                                     •    Verbreiterung der Fußgängerseitenbereiche von rund 2 m
     Schlossanlage schafft.                                                                 auf 4-5 m
                                                                                       •    Schaffung eines Platzbereichs im Übergang zur Bietigheimer
                                                                                            Straße
•    Auch die Charlottenstraße konnte als Stadtraum aufge-
                                                                                       •    Erweiterung des Grünstreifens in der Straßenmitte von 2 m auf
     wertet werden. Hierzu wurde eine Verbreiterung der                                     rund 3 m
     Fußgängerseitenbereiche von rund 2 m auf 4-5 m vor-                               •    Ausbildung einer Baumreihe aus Silberlinden analog zum histo-
     gesehen. Die Parkierung ist in diesen Seitenbereichen                                  rischen Straßenprofil

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                          25
Die Projekte

     Südliches Umfeld

                        Bilder vor der Neugestaltung:
                        Die öffentlichen Räume waren
                        in einem schlechten bauli-
                        chen Zustand und wurden
                        durch die abweisenden und
                        geschlossenen Fassaden des
                        Centers dominiert

26                               Projektdokumentation
Neugestaltung des Reithausplatzes, der Kronenstraße                                  lem stellte die Tieflage des Haupteingangs des Marstall-Cen-
und der Kirchstraße („südliches Umfeld“)                                             ters dar. Er „versank“ im Gelände und war daher nur wenig
                                                                                     einladend.
Bei dem historischen Reithausplatz handelte es sich um
einen großen und gut proportionierten Stadtraum. Dieser                              Auch die städtebauliche Gestaltung des Reithausplatzes, der
wurde mit dem Bau des Marstall-Centers stark beeinträchtigt                          Kronen- und der Kirchstraße war in die Jahre gekommen
und auf die Hälfte seiner ursprünglichen Größe reduziert. Die                        und entsprach nicht mehr heutigen Qualitätsstandards. Der
direkte Wegeverbindung vom Reithausplatz über den Reit-                              bauliche Zustand war schlecht und erforderte eine vollstän-
hausberg zur Bauhof- und Charlottenstraße wurde zerstört.                            dige Neugestaltung.
Aufgrund vieler unterirdischer Bauwerke (Lüftungsanlagen
etc.) wurde der Platz auch stark topographisch überformt.
Dadurch ergab sich ein „zerklüfteter“ und heterogener                                Gestaltungskonzept | Aufwertung der öffentlichen Räume
Raumeindruck.
Zudem wurde die Anbindung an den westlichen Platzrand                                Durch eine attraktive Grüngestaltung und die Wahl hochwer-
zwischen Hermann- und Körnerstraße beeinträchtigt. Die Ge-                           tiger Materialien im Duktus der angrenzenden Straßenräume
bäude (u. a. die Brauerei Rossknecht) wirkten nicht als Teil                         konnte eine umfassende Aufwertung der öffentlichen Räume
des Platzes. Ihre ursprüngliche stadträumliche Bedeutung                             und damit eine Steigerung der Aufenthaltsqualität erreicht
als prägende Platzrandbebauung konnte nur noch anhand                                werden:
der Adresse (Reithausplatz 21 etc.) nachvollzogen werden.
Insgesamt wirkte der Reithausplatz nicht repräsentativ, son-                         •     Der Reithausplatz ist wieder ein attraktiver, urbaner Platz
dern eher wie ein Hinterhof.                                                               der nördlichen Innenstadt. Er ist als Stadtraum erlebbar
                                                                                           und wird durch die angrenzenden Nutzungen bespielt.
Auch die Kronenstraße wurde durch den Bau des Mar-                                         In Verbindung mit der Revitalisierung des Marstall-Cen-
stall-Centers überformt und die Platzsituation an der Holz-                                ters entstand eine großzügige Terrasse mit beleuchteten
marktstraße verkleinert. Der Gebäudekomplex dominierte mit                                 Sitzstufen, die für Außengastronomie genutzt wird.
seiner Größe und seinen abweisenden und geschlossenen                                      Von besonderer Bedeutung für die Aufenthaltsquali-
Fassaden das gesamte Umfeld und stand im Kontrast zur                                      tät, die Atmosphäre und die ökologische Funktion des
kleinteiligen historischen Bebauung im Süden. Durch die                                    Reithausplatzes ist die raumbildende zentrale Gruppe
Gebäudeversprünge war der historische Verlauf der Kronen-                                  von Platanen. Sie wurde erhalten und durch neue Baum-
straße nur noch bedingt nachzuvollziehen, der Bereich an                                   felder bzw. -inseln mit integrierten Sitzelementen zu
der Holzmarktstraße wirkte nicht mehr als „eigenständiger“                                 einem prägenden Gestaltungselement entwickelt.
Platz und der Raumeindruck war sehr heterogen.                                             Ein weiteres wichtiges Gestaltungselement ist das Thema
                                                                                           „Wasser“. Im Umfeld der historischen Marstallkaserne
Die Kirchstraße entsprach in ihrer stadträumlichen Struktur                                gab es früher eine Vielzahl von Brunnen, die weitgehend
noch weitgehend ihrer ursprünglichen Prägung – auch wenn                                   aus dem Stadtbild verschwunden sind. Neben dem
in den letzten Jahrzehnten viele historische Bauten durch                                  Erhalt und der Inszenierung des historischen Trog-Brun-
neue Gebäude ersetzt worden sind. Kennzeichnend sind der                                   nens auf dem Reithausplatz konnte im südöstlichen
gerade Straßenverlauf des barocken Stadtgrundrisses und                                    Bereich des Reithausplatzes ein bodengleiches Was-
das nach Norden abfallende Gelände. Die bewegte Topo-                                      ser-Sprudlerfeld ausgebildet werden, das in zeitgenös-
graphie beinhaltete jedoch Probleme für die Gestaltung der                                 sischer Form auf das Thema „Wasser“ verweist. Dieser
öffentlichen Räume. Insbesondere der Übergang von der                                      Gestaltungsvorschlag wurde von der großen Mehrheit
Kronen- zur Kirchstraße war durch ein starkes Gefälle ge-                                  der Bürgerinnen und Bürger unterstützt, weil hierdurch
prägt. In Verbindung mit der beengten räumlichen Situation                                 eine besondere Atmosphäre entstehen kann und ins-
wirkte dieser Bereich wie ein „Nadelöhr“. Ein weiteres Prob-                               besondere für Kinder ein starker Anziehungspunkt für
                                                                                           Spiel und Aufenthalt geschaffen wird.

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                  27
Die Projekte

     Südliches Umfeld

28                      Projektdokumentation
Bilder linke Seite:
Der neu gestaltete Reithausplatz,
Blickbezüge nach Osten mit den
erhaltenen Platanen und der neuen
Terrasse mit Sitzstufen

     Eine weitere wichtige Anregung aus dem Beteili-                                 Grünkonzept
     gungsverfahren war die Einbeziehung des westlichen
     Platzrands zwischen Hermann- und Körnerstraße in die                            Zu den wichtigsten Zielen des Entwurfs zählte die Entwick-
     Platzgestaltung und damit eine Erweiterung des Pla-                             lung eines attraktiven Grünkonzepts verbunden mit einem
     nungsgebiets. Die Platzoberfläche wurde über die Straße                         möglichst weitgehenden Erhalt der Platanen.
     hinweg bis zur Brauerei Rossknecht ausgedehnt. Um
     einen möglichst nahtlosen Übergang zwischen dem                                 Über den gesamten Planungs- und Ausführungszeitraum
     Reithausplatz und der Hermannstraße bzw. der Körner-                            wurde zum Schutz der bestehenden Platanen Fachexper-
     straße zu gewährleisten, wurde die bestehende kleintei-                         tise hinzugezogen. Hier wurde abgestimmt, unter welchen
     lige Terrassierung im Westen des Platzes zurückgebaut.                          Voraussetzungen ein Baumerhalt möglich ist und welche
     Eine Belebung dieses Bereichs kann wieder wie früher                            Maßnahmen beispielsweise in Bezug auf den Wurzelraum,
     durch die Außengastronomie der Brauerei Rossknecht                              die Erstellung von Wurzelvorhängen, notwendige Schnittmaß-
     erfolgen.                                                                       nahmen etc. erforderlich waren; diese flossen in die weiteren
     Insgesamt wurde – ähnlich wie in der historischen Situ-                         Planungen ein.
     ation – eine durchgehende und großzügige Platzfläche                            So konnte die zentrale, raumprägende Gruppe von Platanen
     geschaffen.                                                                     am Reithausplatz erhalten werden. Dies war jedoch nur
•    Die Kirchstraße knüpft an die Gestaltung der Fußgänger-                         unter erheblichem – auch finanziellem Aufwand – möglich
     zone im Süden an und ist in drei Bereiche zoniert: einen                        (z.B. in Bezug auf die Integration der neu zu verlegenden
     Bewegungsraum in der Mitte und zwei seitliche Zonen                             Fernwärmeleitungen, den Einbau von Kabeltrassen etc.).
     für Ladenauslagen. Eine besondere Herausforderung                               Insgesamt stellt sich das Grünkonzept wie folgt dar: Alle
     stellte die Topographie dar. Um auf Starkregenereig-                            gefällten Bäume wurden durch neue Bäume ersetzt – am
     nisse reagieren zu können, wurden in die Gestaltung                             Reithausplatz durch eine Platane und in der Kronenstraße
     mehrere Gitterroste integriert, die das ablaufende Was-                         durch drei japanische Zelkoven.
     ser auffangen können und damit eine Überflutung des
     Centers vermeiden. Auch das bestehende unterirdische
     Regenrückhaltebecken vor dem Haupteingang wurde in
     die neue Planung einbezogen.                                                      Folgende Ziele konnten erreicht werden:
                                                                                       Reithausplatz
•    In der Kronenstraße wurden die Ecksituationen durch
                                                                                       •    Rückbau der kleinteiligen Terrassierung und Überformung der
     kleine „Bauminseln“ gegliedert und gestaltet. Sie stellen                              Platzfläche
     eine Variante der großen Bauminseln auf dem Reithaus-                             •    Ausbildung einer durchgehenden und großzügigen Platzfläche
     platz dar. Während dort der Raumeindruck durch die                                •    Einbeziehung des westlichen Platzrands (Ausdehnung der
     bestehenden großkronigen Platanen geprägt ist, wurden                                  Platzoberfläche bis zur Brauerei Rossknecht)
                                                                                       •    Ausbildung einer großzügigen Terrasse mit Sitzstufen
     hier kleinkronige Bäume gepflanzt, um den Raum der
                                                                                       •    Erhalt der Platanen durch Ausbildung von „Baumfeldern“
     Kronenstraße nicht einzuengen. In Verbindung mit einer                                 bzw. „-inseln“
     deutlichen Aufwertung und Öffnung der Fassade des                                 •    Ausbildung eines Wasserelements in Form eines Sprudlerfelds
     Centers entstanden wieder attraktive Stadträume, die                              •    Erhalt und Betonung des historischen Brunnens
     auch eine wesentliche Aufwertung für die südlichen
                                                                                       Kirchstraße
     Bestandsgebäude darstellen. Ähnlich wie in der Kirch-
                                                                                       •    Anknüpfen an die Gestaltung der Fußgängerzone im Süden
     straße schließen der Bodenbelag und die Beleuchtung
                                                                                       •    Zonierung in drei Bereiche: Bewegungsraum in der Mitte; seitli-
     nahtlos an die Gestaltung der angrenzenden öffentli-                                   che Zonen für Ladenauslagen etc.
     chen Räume am Holzmarkt an.
                                                                                       Kronenstraße
                                                                                       •    Fassung der Ecksituationen durch kleine „Bauminseln“ mit
                                                                                            Sitzgelegenheiten
                                                                                       •    Nahtloser Anschluss an die bereits umgestalteten öffentlichen
                                                                                            Räume am Holzmarkt

Stadt Ludwigsburg | Aufwertung der nördlichen Innenstadt und Revitalisierung des Marstall-Centers                                                           29
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