Aufwind 1/2022 - Akademische Fluggruppe Zürich
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Bild von Paul Erni (Siehe Seite 20) Danksagung Ohne die Hilfe der freiwilligen Autoren wäre der «Aufwind» nicht, was Ihr gerade in Händen haltet. Deshalb geht ein spezieller Dank an alle, die sich die Zeit nahmen, ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Gedanken aus der Saison in einem interessanten Bericht zu veröffentlichen. Besten Dank an: Loïc Germeau, Olivier Liechti, Ephraim Friedli, Michael Geisshüsler, Raphael Zimmermann, Bernhard Leistner, Dani Schöneck, Ruedi Ackermann, Pascal Schneider, Nachlassverwalter von Paul Erni Titelbilder, Loïc Germeau Grosses Bild: Rigi mit Zugersee und Arth im Vordergrund Unten links: Blick auf die Wolken (oben und unten) Unten rechts Blick auf Aegeri 2 Aufwind 1/2022
Editorial Die Zeichen stehen gut für ein „normales“ gutes Segelflugjahr. Bereits sind durch AFG-Mitglieder einige grossartige Flüge abgehalten und in WeGlide dokumentiert worden. Das neue Tool ist cool. Mit der Eingliederung von Text und Fotos sieht die Darstellung super aus. Es verlangt aber damit auch mehr Aufwand für die Ein- gabe eines Fluges, wenn man vorne mithalten will. Man kann mit dem Anschauen von Flügen anderer ganze Tage zubringen. In diesem Heft geht es, ein häufiges und wichtiges Thema, auch wieder um die Sicherheit beim Fliegen. Ich finde, die AFG verhält sich in diesem Bereich als Ver- ein vorbildlich. Zum Beispiel ist es noch kein Jahr her, dass während einem Lager die positive Wirkung von Haubenblitzern beobachtet wurde. Nach kurzer Diskus- sion wurde beschlossen unsere Flotte damit auszurüsten. Dank dem Effort einiger Freiwilliger blitzen jetzt all unsere Flieger auch. Das schöne daran ist: man sieht die mit einem Blitzer ausgerüsteten Flieger beim Hinausschauen, nicht auf dem Instrumentenbrett. Aber auch im Bereich Instrumentenbrett hat sich einiges getan. Alle Flugzeuge, auch die ASK-21 sind jetzt mit einheitlichen Navi‘s ausgerüstet. Bestimmt auch ein Sicherheitsgewinn, wenn man sich nicht mit mehreren Geräten herumschla- gen muss. In eigener Sache: Der vorliegende Aufwind ist sehr schlank herausgekommen. Der Grund ist sicher, dass ihr der Redaktion den Aufwand für die Bearbeitung eu- rer Berichte ersparen wollt. Ich bedanke mich für diese edle Rücksichtnahme. Trotzdem: greift in die Tasten, beginnt bereits heute mit dem Verfassen eines Bei- trages für die nächste Ausgabe! Die Leser und die Redaktion freuen sich darauf. Ich wünsche allen einen schönen Sommer Max Humbel Inhalt Wellenritt im Föhn............................................................................................... 4 Kurzlandung mit Folgen ...................................................................................... 8 Jahresbericht AFG 2021 .................................................................................... 10 Manchmal geht etwas schief ............................................................................. 14 Dritte Impfung .................................................................................................. 17 Im Sog der Lüfte ............................................................................................... 20 Aufwind 1/2022 3
Wellenritt im Föhn Autor: Loïc Germeau der Piste 26 und sind bereit für das Aben- teuer, aber wegen eines Pistenwechsels in Sonntag, der 3 Oktober 2021, 6 Uhr mor- letzter Minute verzögert sich unser Abflug gens, der Wecker klingelt. Um so früh an etwas. einem Sonntagmorgen aufzustehen, muss man einen guten Grund haben. Mit der Um 10:38 geht es endlich los, der zweite SkySight Prognose liegt eben so einer vor, Schlepper zieht uns Richtung Rossberg. es soll ein ziemlich guter Föhntag werden. Raphi und Pascal, welche als erste gestar- Während der Zugfahrt ins Birrfeld kann tet sind, leisten Aufklärungsarbeit und hal- man auf dem Glidertracker bereits die ers- ten uns über Funk auf dem Laufenden. ten Föhn-Enthusiasten verfolgen, schein- Demnach scheint es bereits zu funktionie- bar funktioniert der Einstieg bei Altdorf. ren am Rossberg. Zusammen mit Christian Dornes, Raphi Zimmermann und Pascal Schneider haben Einmal dort angekommen, klinken wir auf wir um 8 Uhr im Birrfeld abgemacht. An- ungefähr 2'100 m. Nach ein paar Achten scheinend lohnt sich ein früher Start bei über der Krete finden wir mässiges aber Föhn (früh versteht sich hier relativ, Ohl- stetiges Steigen. Obwohl wir noch nicht mann und Co. starten meistens um Sunri- «drin» sind, haben wir bereits jetzt eine se -30’). Grosse Konkurrenz bei der Flug- wunderschöne Aussicht auf die Rigi und zeugverteilung hat es keine, so spät im Umgebung. Nach einer Freigabe von Zu- Herbst. Christian und ich nehmen den Duo, rich Delta bis auf FL 170 bringt uns Chris- Raphi und Pascal den Arcus. Angesichts tian erst mal bis auf etwa 2'900 m.ü.M., seiner grösseren Erfahrung mit dem Föhn, von wo aus wir uns entscheiden, den sitzt Christian vorne, ich nehme den hinte- Sprung nach Altdorf zu wagen (was für ein ren Sitz und übernehme hauptsächlich das Sprung!). Die 16 km bis nach Altdorf sind Funken. Kurz vor 10 stehen wir am Ende sehr bockig und das Saufen ist stark, wir Der Vierwaldstättersee in seiner verwirrenden Form. Sichtlich auch vom Wind aufgewühlt 4 Aufwind 1/2022
Wellenritt im Föhn kommen auf knapp 1'900 m an. Bis wir et- was gefunden haben, verlieren wir weitere 200 m, ich fange langsam an, im Schäner Aussenlandekatalog nach dem Feld in Alt- dorf zu suchen. Meine Sorge stellt sich je- doch als unbegründet heraus, denn kurz darauf findet Christian den Einstieg und gleichzeitig auch das stärkste Steigen vom Tag: 8.5 m/s!!! Nach dem etwas adrenalinlastigen Einstieg ist der restliche Aufstieg in die oberen Stockwerke ziemlich mühelos, wir haben es auf die Wellenautobahn geschafft! Wir werden mit einer atemberaubenden Aus- Ausser beim Windenstart sind solche sicht belohnt, Vierwaldstättersee und Mit- Steigwerte eher selten telland im Norden und Südstau auf der an- deren Seite. Auch die Wolkenschichtung ist sehr gute Voice-Übung ). Als nächstes sehr interessant, an ihr lässt sich vermu- nehmen wir uns vor, das Wellensystem zu ten, dass sich die Windrichtung mit der Hö- erkunden und wagen uns etwas mehr nach he ändert. Osten. Zwischen Altdorf und dem Ortstock ist das Steigen hervorragend, auch mit Die Einzigen sind wir nicht, immer wieder 200 km/h ist Bremsklappen-Einsatz gefor- kommen uns andere Segelflugzeuge entge- dert, um die Höhenfreigabe einzuhalten. gen. Dass ein guter Wellentag ist merkt man auch auf Zurich Delta, «Hotel Bravo Noch etwas weiter östlich bekommen wir 3279, look out for glider traffic» ertönt im- sogar eine Freigabe bis FL 200, genau dort mer mal wieder (Wellen-Fliegen macht hört jedoch das gute Steigen auf und wir nicht nur viel Spass, es ist ebenfalls eine können diese nicht ausfliegen. Also gehen Sicht nach Osten. Das Wellensystem wird von den Wolken schön angezeigt. Man merkt, dass sich mit der Höhe die Windrichtung leicht ändert (Foto: Christian Dornes) Aufwind 1/2022 5
Wellenritt im Föhn Staubewölkung im Süden wir wieder auf die Autobahn zurück, wo durch die Wolken gekennzeichnet und man wir freie Fahrt nach Westen haben. In die- kommt mühelos voran, bis zum Schwarzen- ser Richtung ist das Wellensystem klar tal. Ab dort ist die Optik weiter westlich Barogramm des Fluges. Mehr Informationen und Bilder unter https://www.weglide.org/ 6 Aufwind 1/2022
Wellenritt im Föhn Blick ins Entlebuch und darüber hinaus nicht mehr so berauschend, wir wenden flughöhe, leider will uns weder Zurich Del- dort (weiterfliegen hätte sich jedoch ge- ta noch Zurich Info eine Freigabe für die lohnt, Raphi und Pascal sind bis nach Bex TMAs geben. Sie waren wohl auch nicht gegangen). In den darauf folgenden Stun- ganz glücklich, dass wir bei beiden gefragt den machen wir ein paar West-Ost Über- haben – ups, jetzt wissen wir es, aber gene- gänge. rell lieber einmal zu viel fragen als zu we- nig. In der Folge machen wir etwas Sight- Nach 4 Stunden bei einer Aussentempera- seeing über den Napf, um die überschüssi- tur von -15°C hat der Autor wortwörtlich, ge Höhe abzubauen. Dank des Rückenwin- kalte Füsse bekommen (der PIC etwas we- des schaffen wir es auch ohne Freigaben niger, da er schlauerweise Sky-Boots mit- komfortabel zurück ins Birrfeld, fast wie im genommen hatte). Nach etwas mehr als 4 Airliner. Stunden im wellen- reiterischen Paradies entscheiden wir uns (mit kleineren Umwe- Loïc Germeau gen) wieder ins Birrfeld zurückzukehren. Mit unserer Ausgangshöhe von 5'000 m.ü.M. haben wir mehr als genug Endan- Aufwind 1/2022 7
Kurzlandung mit Folgen Autor: Olivier Liechti Ehe ich mich versah, hatte ich einen Fall- schirm am Rücken und sass im tollen Inte- Zum Saisonabschluss lockte wieder einmal rieur eines phantastisch überholten Stan- die AFG-Ziellandekonkurrenz. Als Organi- dardklasseflugzeuges einschliesslich Mo- sator und Jury engagierte sich der amtie- ving Map – es ist schon einiges gegangen rende Ziellandechampion Max Humbel. Er seit meiner ersten SM-Teilnahme im Jahr lotste uns ins luzernische Beromünster, wo 1985 auf ebendiesem und damals nagel- wir unter tiefem Stratus von der Segelflug- neuen Flugzeugtyp. Rasant zog die MCR gruppe Pilatus empfangen wurden. Freudig den lebendigen Einsitzer auf die Linksvolte begrüssten wir in unserem Kreis von rund und ich klinkte an der Basis, um gleich den zwei Dutzend Aktiven die Passivmitglieder Downwind aufzusuchen. Die MCR tauchte Michael Glavitsch, Tobias Grämer, Heini ab, zog wieder vor mir hoch und drehte Schaffner, Michael Keller, Ruedi Fehr und flugs zum Queranflug für einen kurzen Fi- Ruedi Brunner. Nach der Montage einer nal ab. Ich holte etwas länger aus und LS4 und des DuoDiscus konnte es gleich drehte auch in den Final ein. Die MCR war losgehen mit Kurzvolten unter der nahen freundlicherweise lang gelandet und am Wolkenuntergrenze. Ausrollen, mir stand die erste Pistenhälfte vollständig zur Verfügung. Ich flog die Pis- Zwischen Heini und mir entwickelte sich tenschwelle an, rundete ab und setzte vor alsbald ein intensiver flugmedizinischer der Zuschauerbank mit der Jury perfekt Austausch im Hangar, draussen war es auf. doch sehr, sehr kalt. Pascal Schneider fuhr zum Mittagessen ein tolles Chili con Carne auf, das durch Hiegemannsche Brownies und andere Leckereien abgerundet wurde. Bestens genährt begaben wir uns am frü- hen Nachmittag an den Kopf der Graspiste, wo für mich gleich ein Sitz in der LS4 frei wurde. Die Beobachter trotzen der Kälte Beim Ausrollen stellte ich verblüfft fest, dass mir die beiden Knechte mit dem Mess- band im Laufschritt entgegenkamen. Da dämmerte es mir, dass bei einer Ziellande- konkurrenz die virtuelle Ziellinie wohl eher nicht an die Pistenschwelle gelegt wird, um den Wettkämpfern Gelegenheit für zu kur- ze Landungen zu geben – und ich hatte da- von ausgiebig Gebrauch gemacht. Die mir damit ernsthaft drohende Berichterstat- tung veranlasste mich, mein Telefon zu zücken und eine paar dokumentarische Fo- tos zu schiessen. Nach langem Suchen Sie wissen, wo die Ziellinie ist konnte ich schliesslich eine mit Sägemehl 8 Aufwind 1/2022
Kurzlandung mit Folgen rachitisch markierte Ziellinie ausmachen - das Bild erspare ich euch. Interessant fand ich das Segnungsritual der ansässigen Schlepppiloten für Viehzäu- ne. Beim ersten Schlepp wird das Schlepp- seil nicht ein- und somit beim Landen durch den Viehzaun vor der Pistenschwelle gezogen. Wenn sich das Schleppseil erfolgreich um einen Häring wickelt und diesen aus dem Boden zieht, gibt es ein freudiges Go- around und der Häring fliegt zur Segnung eine Kurzvolte mit einer anschliessenden langen Landung. Immerhin wird der derart gesegnete Häring erst nach Beendigung des Schleppbetriebes seiner Bestimmung als Viehzaunträger wieder zugeführt. Der glückhafte Sieger diese für die ZLK unmöglich gewertet wer- Der Schleppseilfänger den kann und beliess ihm die Ehre, die Ausgabe 2021 souverän für sich entschie- Der spätere Ziellandechampion Jörg Dietz- den zu haben. Den edlen Wanderpreis mann versuchte noch verzweifelt, seinen nahm er nach bestandener Montageprü- drohenden Triumpf durch einen zweiten fung unter dem tosendem Applaus seiner Flug abzuwenden. Es gelang ihm dabei, Konkurrenten im sympathischen Flugplatz- mit dem DuoDiscus sogar noch 10 m kür- restaurant entgegen. zer als ich in der LS4 aufzusetzen – er lan- dete damit aber unzweifelhaft vor der Pis- tenschwelle und rollte in die Piste hinein Chronist und Kurzlander Olivier Liechti aus. Die Jury kam mit grosser Weisheit zum Schluss, dass eine Aussenlandung wie Aufwind 1/2022 9
Jahresbericht AFG 2021 Die einzelnen Abschnitte dieses Jahresbe- gen bis auf 27 km über Meer oder rund um richts wurden direkt durch die verantwort- die Schweiz. Für neue Inspiration war da- lichen Vorstandsmitglieder verfasst. Der mit bereits im November gesorgt. Jahresbericht widerspiegelt die Aktivitäten in den Ressorts Präsidiales, Finanzen, Flug- Über den Herbst/Winter widmeten wir uns schule, Mitgliederwerbung, Revision und wieder den üblichen Revisionsarbeiten. Sport. Glücklicherweise gab es im letzten Jahr kaum Schäden. Stattdessen konnten wir Präsidiales, Ephraim Friedli uns auf Ein- und Umbauarbeiten an unse- Auch wenn es der leichte Schneefall nicht ren Flugzeugen konzentrieren. An dieser vermuten lässt, hat die Saison schon vor Stelle möchte ich allen für ihren Einsatz einigen Wochen begonnen. Wie immer um danken. Besonders erwähnen möchte ich diese Jahreszeit, schauen wir noch einmal Ruedi Ackermann und Michael Hiegemann, auf das letzte Jahr zurück. Dieses konnten sowie Klaus Wyss, Stefan Burschka und wir allen Unsicherheiten zum Trotz erfolg- Pascal Schneider. Sie haben während die- reich gestalten und hatten wie immer auch ser Zeit viel Zeit und Mühe in die Neu- einige Highlights. instrumentierung der ASK-21, bzw. in die 3000 Stundenkontrolle von AK investiert. Unter Pascal Schneiders Leitung führten wir eine erfolgreiche RM-Birrfeld durch, Neben den praktischen Arbeiten organisier- welche uns viel positives Feedback eintrug. ten wir innerhalb der AFG auch wieder ei- Die Teilnehmenden freuten sich, nach län- nen Theorie- und einen Voice-Kurs und gerer Zeit endlich wieder an einem Wettbe- Raphael Zimmermann trieb die Flugzeuge- werb teilnehmen zu können und das virtuel- valuation voran. Das Ergebnis der spannen- le Briefing fand grossen Anklang. Konnten den Umfrage präsentierte Raphi an der sich die Teilnehmenden dadurch in Ruhe Frühlings-GV 2021. Dort durften wir ihn neben ihrem Flugzeug vorbereiten und zum auch wieder in seiner Funktion als Briefing einfach zu-schalten. Der grösste Cheffluglehrer in den Vorstand aufnehmen. Wehrmutstropfen war der Verzicht auf die Festbeiz und die sozialen Anlässe rund um Zum Schluss möchte ich wie immer auf die den Wettbewerb. Dies können wir von nun kommende Saison vorausschauen. In die- an hoffentlich wieder ausgiebig nachholen. sem Jahr führen wir unsere traditionellen Lager durch, wobei das Münsterlager auf- Für mich persönlich das grösste Highlight grund einer Terminkollision in Münster be- war die SFK 2021 vom 13. November 2021, reits im Juni stattfindet. Weiter stehen ver- die wir gemeinsam mit der SF Birrfeld und schiedene Wettbewerbe auf dem Programm SG Lenzburg im Campussaal Brugg- und die RM-Birrfeld wird in diesem Jahr Windisch durchführen durften. Nachdem von der SG Lenzburg organisiert. Sie freu- wir sie um ein Jahr verschieben mussten, en sich wie immer über zahlreiche einhei- konnten wir gut 280 Teilnehmende, den mische Teilnehmer. Und schliesslich möch- Vorstand des SFVS sowie 4 Referenten be- ten wir in diesem Jahr auch weitere Flug- grüssen. zeuge testen. Die Arbeitsgruppen rund um Raphi werden dazu rechtzeitig informieren. Die präsentierten Themen reichten von Verbandsneuigkeiten sowie dem Umgang Ich wünsche uns allen eine gute und unfall- mit WeGlide über den Umgang mit Simula- freie Saison 2022 toren oder der Entwicklung von neuen Flugzeugen wie der Stemme elfin. Bert Ephraim Friedli Schmelzer und Miguel Iturmendi zeigten uns zudem auf, dass die Grenzen immer weiter verschoben werden können, mit Flü- 10 Aufwind 1/2022
Jahresbericht AFG 2021 Finanzen, Loïc Germeau ser Aufwand durch den höheren Ertrag durch die Schnupperfluggebühren gedeckt Das Jahr 2021 verlief aus finanzieller Sicht wird. unspektakulär. Der einzige Wermutstropfen bildet die weiterhin abnehmende Anzahl Die einzig nennenswerte Unterschreitung der Aktivmitglieder. Alle Zahlen in diesem vom Budget lag bei den Mietkosten. Durch Abschnitt sind in CHF angegeben. die Kündigung vom Mietvertrag der Gips- grueb sowie den zusätzlichen Hangarplatz, Ertrag welcher sich nie materialisiert hat, wurden Der Abwärtstrend bei den Aktivmitgliedern bei diesem Posten fast 3'000 weniger aus- hat sich leider auch im letzten Jahr fortge- gegeben als budgetiert waren. setzt. Ende 2021 (Zahlen für 2020 in Klam- mern) zählte die AFG 55 (61) Aktivmitglie- Bei einem Gesamtaufwand von 76'385 der, wovon 25 (24) die volle Flugpauschale konnten wir somit Rückstellungen von bezahlten und 19 (22) den reduzierten Bei- 27'900 tätigen. trag. Zusammen mit dem Beitrag für Pas- sivmitglieder sowie mit den Anmeldegebüh- Bilanz ren, haben wir 2021 81'320 an Mitglieder- Analog zum letzten Jahr, gibt es nichts Be- beiträgen eingenommen. Ein herzlicher sonderes in der letztjährigen Bilanz. Die Dank gebührt dabei den Passivmitgliedern, grosse Mehrheit unseres Aktivvermögens in die ihren Beitrag Jahr für Jahr zum Teil der Höhe von 82'777 liegt auf einem Ge- sehr grosszügig aufrunden. schäftskonto der PostFinance. Der restliche Anteil ist bei der AKB und ZKB unterge- Zusammen mit den restlichen Ertragspos- bracht. ten konnten wir somit 104'261 erwirtschaf- ten. Auf der Passivseite haben wir 80'224 an Rückstellungen, 457 an Eigenvermögen Aufwand und 2'120 an transitorische Passiven. Der grösste finanzielle Aufwand von 2021 war die Neuinstrumentierung von AJ. Bei Eigenkaskofond Gesamtkosten von ungefähr 11'850 war die Aus der Sicht des Eigenkaskofonds war Neuinstrumentierung leicht über dem 2021 ein gutes Jahr. Es gab keine grösse- Budget von 11'000. ren Schäden (und erfreulicherweise auch keine kleinen Schäden, weiter so AFG!). Die Die grössten Budgetüberschreitung vom jährliche Einzahlung von 3'360 sowie die letzten Jahr lagen bei den Ersatzteilen und (mittlerweile inexistenten) Kapitalbeiträge Kleinanschaffungen (+ 5'900) sowie bei der von 15 wurden vollumfänglich dem Fonds Transportautorechnung (+1'700). Bei den zugeschrieben. Dieser beträgt Ende Jahr Ersatzteilen und Kleinanschaffungen ist der somit 196'884 bei einem Sollbestand von grösste Teil der Mehrkosten auf 2 neue 210'000. Das Geld vom EKV ist verteilt zwi- EDS Geräte (1'700) sowie die Haubenblit- schen der AKB (98'258) und der ZKB zer (3'000) zurückzuführen. Der Einbau der (98'626). letzteren wurde im Winter durchgeführt und kann sich (wortwörtlich) sehen lassen. Ohne Schäden und ohne Zinsen wird der Bei den AFG Autos waren 2021 leider, wie- Fonds 2025 den Sollwert erreichen. der einmal, teure Reparaturen nötig, 3'200 für den roten VW und 800 für den blauen Ausblick VW. Mit dem Abschluss der Neuinstrumentie- rung der ASK 21 ist der letzte Schritt in der Bedingt durch die hohe Anzahl an Schnup- Modernisierung der bestehenden Flotte er- perflügen war der Aufwand diesbezüglich folgt. Voraussichtlich 2025 erfolgt dann die fast 2'900 über dem Budget. Dies ist jedoch Beschaffung eines neuen Flugzeuges als Nullsummenspiel zu betrachten, da die- (Schätzung für einen Einsitzer), falls wir in Aufwind 1/2022 11
Jahresbericht AFG 2021 den kommenden Jahren weiterhin Rückstel- erfreulicherweise ohne meldenswerte Zwi- lungen in der Höhe von 25'000 - 30'000 tä- schenfälle. tigen können. Der Typenentscheid wird vo- raussichtlich 2023 gefällt. Aus der Organisation der Flugschule ist zu berichten, dass wir die Funktionen “Leiter Loïc Germeau Flugschule” und “Cheffluglehrer” neu auf 2 Personen verteilen, wobei erstere von Mi- Flugschule, Michael Geisshüsler & chi Geisshüsler, und zweitere von Raphi Raphael Zimmermann Zimmermann besetzt werden. Der Leiter Flugschule befasst sich mit der Organisati- Die Saison 2021 hatte für die Flugschule on der Flugschule, den Einsatzplänen und erfreulich gestartet. 6 Teilnehmer besuch- den Zulassungen. Der Cheffluglehrer küm- ten im Winter den Theoriekurs. Dieser wur- mert sich um die fliegerischen Belange wie de auf Grund der Massnahmen mehrheit- die Umschulungsberechtigungen, die Be- lich Online durchgeführt. Mit den bisheri- treuung der Schüler und Piloten. gen und neuen Schülern kam dann auf Sai- sonbeginn eine ansehnliche Gruppe Schüler Wir hoffen im kommenden Jahr einige der zusammen. Das Frühlingslager wurde nicht fortgeschrittenen Schüler und Schülerinnen so gut besucht wie erhofft, aber wir konn- zum Brevet zu bringen. ten mit 3 Schülern regelmässig Betrieb ma- chen. Hervorzuheben ist dabei, dass David Michael Geisshüsler & Raphael Zimmer- Humair viele Flüge als neuer Fluglehrer mann absolviert hat, und das Praktikum in Re- kordzeit abgeschlossen hat. Neumitglieder, Bernhard Leistner Die praktische Ausbildung verlief trotzdem Schnupperflüge ruhiger als erwartet. Die nach wie vor gel- Auch letztes Jahr hat die AFG viele flugbe- tenden Massnahmen zur Pandemie- geisterte Schnupperpiloten in die Luft brin- Bekämpfung aber auch die persönliche Zu- gen können. Wir versuchen die Interessen- rückhaltung der Fluglehrer und Flugschü- ten auch neben dem Flug in den Schulungs- ler führten zu schleppendem Fortschritt in alltag einzuführen. Dazu gehört alles vom der Schulung. In der zweiten Saisonhälfte Briefing, Vorbereiten & Vorflugkontrolle konnten wir wieder Schwung in den Flug- der ASK-21 sowie dem Fachsimpeln mit schulbetrieb bringen mit vielen Schnupper- dem FluDiLei. So erhält ein Schnupperpilot flügen, aus denen wir uns Nachwuchs in eine konkrete Vorstellung davon, was alles den nächsten Jahren erhoffen. Die Ausstel- Teil des Segelfliegens ist. An dieser Stelle lungen an der ETH und Uni Zürich sind da- ein herzliches Dankeschön an alle Flugleh- bei Schlüsselereignisse, auf denen wir auf- rer und Flugschüler, welche sich regelmäs- bauen müssen. Aus der Weiterbildung ist sig um unsere Schnupperpiloten kümmern. das überaus erfolgreiche Windenwochenen- de in Olten zu erwähnen bei dem wir fast Mitgliederwerbung 70 Starts machen konnten. Im letzten Jahr fiel die AFG-Ausstellung im HG der ETH aufgrund Reservationsschwie- Positiv ist auf jeden Fall, dass die Schulung rigkeiten aus. Stattdessen fanden je ein ein- auch im 2021 unfallfrei durchgeführt wer- tägiger Anlass auf dem Campus Höngger- den konnte. berg der ETH sowie an der Activity Fair auf dem Campus Irchel der Uni Zürich statt. Auch die Weiterbildung von fortgeschritte- Dort konnten innert kurzer Zeit viele Inte- nen Piloten konnte in mehreren Lagern mit ressenten (ca. 200) für die Schnupperflug- Platzeinweisungen, Streckeneinweisungen liste gewonnen werden. Wir hoffen, dass und Alpeneinweisungen stattfinden. In den viele davon den Schnupperflug auch wahr- zahlreichen Lagern wurden zudem viele nehmen werden. Streckenkilometer geflogen und auch diese Bernhard Leistner 12 Aufwind 1/2022
Jahresbericht AFG 2021 Flottenunterhalt, Dani Schoeneck der viel Freude an unseren Flugzeugen ha- ben. Traditionellerweise haben wir auch 2021 als erste Segelfluggruppe mit den Revisi- Dani Schoeneck onsarbeiten in der Birrfelder Segelflug- werkstatt begonnen. Bei noch warmen Instrumentenwart, Ruedi Ackermann Temperaturen und unter neugierigen Bli- cken der Besucher des Warbird Fly-In vom An der Saisoneröffnung wurde die übliche 28.8.21 begannen wir mit dem Unterhalt jährliche Aufdatierung der Firmware und der ersten Flugzeuge. Wie immer behielten der Datenbanken in allen Flarm und LX- wir die paarweise Belegung der Werkstatt Navi durchgeführt. Um die bei den vier bei und hielten auch an der fixen Gruppen- Schleicher-Einsitzern bemängelte Flarm- einteilung fest. Nachdem wir erfreulich we- Empfangsreichweite zu verbessern, wurden nige Schäden hatten, konnten die meisten diese Flugzeuge im Mai mit neu verfügba- Flugzeuge effizient und mit normalem Un- ren Flarm-Boostern ausgerüstet. Bei der terhalt wieder flugtüchtig gemacht werden. ASH-25 konnte durch den Einbau und die Freischaltung einer zweiten Flarm-Antenne Neben den normalen Unterhaltsarbeiten, unten am Rumpf ebenfalls eine Reichwei- standen zahlreiche Arbeiten an der Elektro- tenverbesserung realisiert werden. nik an. Einerseits galt es die Haubenblitzer einzubauen und andererseits stand die Im Aspres-Lager begegneten die AFGler Neuinstrumentierung der ASK-21 an. erstmals Fliegerkollegen, die ihre Flugzeu- ge mit dem neuen SOTECC Haubenblitzer Als Abschluss der Winterarbeiten wurde ausgerüstet hatten. Sie waren von der ver- bzw. wird bei AK die 3000 Stundenkontrol- besserten Sichtbarkeit von frontal entge- le durchgeführt. Die Arbeiten begannen im genkommenden Flugzeugen so beein- Februar und stehen dank der intensiven druckt, dass sie dem Vorstand vorschlugen, Arbeit von Klaus, Stefan und Pascal kurz die ganze AFG-Flotte mit diesen Antikollisi- vor dem Abschluss. Wir sind optimistisch, ons-Blitzern auszurüsten. Die Einbauarbei- dass AK bis zu den Lagern wieder einsatz- ten erfolgten im Zuge der Jahresrevisionen bereit ist. im Herbst und Winter. Eine erste überzeu- gende Demo war bereits mit einer unserer Wie an der GV erwähnt, mussten wir bei LS4 im Oktober an der Ziellandekonkur- einem Fallschirm das Gurtzeug ersetzen. renz möglich. Bitte passt beim Transport auf, dass ihr die Fallschirme nicht einklemmt und diese Im September begannen die Vorbereitungs- nicht nass werden oder der Sonne ausge- arbeiten und Materialbestellungen für die setzt sind. Wenn der Fallschirm nicht am bereits vor einem Jahr beschlossene Moder- Körper getragen wird, sollten die Beingurte nisierung der ASK-21 Instrumentierung. eingehängt sein. Das verhindert Schäden Mit dem Ersatz des alten LX7007 Navigati- am Flugzeug und am Schirm. Zum Schluss onsrechners durch ein LX9000 ist nun die noch eine Bitte. Tragt beim Fliegen doch ganze AFG-Flotte einheitlich mit Navis der- ein Poloshirt oder Hemd. Der Kragen selben LX-Gerätefamilie ausgerüstet. Zu- schützt den Schirm vor Schweiss und Son- dem wurde die Befestigung des Instrumen- nencreme und die Schirme bleiben länger tenbretts so umgebaut, dass es beim Öffnen schön. des Capot mit nach oben schwenkt. Es steht uns bald wieder die gesamte Flotte Am 26.2.22 konnten die von Michael Hiege- in guten Zustand zur Verfügung. Lasst uns mann und Ruedi Ackermann durchgeführ- hoffen, dass die Saison bald losgeht und be- ten aufwändigen Umbauarbeiten mit zwei handelt das Material wie wenn es euer Ei- erfolgreichen Testflügen abgeschlossen genes wäre, damit wir auch dieses Jahr wie- werden. Ruedi Ackermann Aufwind 1/2022 13
Jahresbericht AFG 2021 Das nasse Wetter begleitete auch die weite- Sport, Pascal Schneider ren Wettbewerbe. Beim GP Schupfart kam nur eine Wertung zustande, bei der SM in Nach der Nullnummer im 2020 ging unsere Grenchen und dem CR Bex jeweils zwei. tollkühne Truppe wieder auf die Jagd nach Die AFG konnte sich jeweils im Mittelfeld Ruhm und Ehre. etablieren. Das erste Highlight der Saison war die RM David wagte sich auch auf das internationa- Birrfeld, der erste Segelflugwettbewerb mit le Parkett. Beim Klippeneckwettbewerb BAG-Auflagen. Die Organisation war wegen glänzte er am ersten Wertungstag mit dem der dauernd ändernden Covid-Vorschriften dritten Platz, danach kam auch auf der mühsam, die Vorfreude jedoch gross. Trotz Schwäbisch Alb der grosse Regen. der eher nassen Bedingungen und des re- duzierten Rahmenprogramms kamen zwei Wir hoffen, dass dieses Jahr der liebe Pet- Wertungstage zustande. Mit Emmanuel und rus mit den Segelflugwettbewerben etwas Rami wagten sich zwei neue AFGler an die mehr Erbarmen haben wird. Wettbewerbsfliegerei. Pascal Schneider Manchmal geht etwas schief... Autor: Raphael Zimmermann lern, die dabei passiert sind, umgehen. Von Wer hat “Challenger: The Final Flight” ge- kompletter Ignoranz bis zum Schuldgefühl sehen? Sehr empfehlenswert für Aviatik In- ist alles dabei. Kann man jetzt sagen, wer teressierte und Ingenieure (= 99% der Auf- die Schuld trägt? Spielt das überhaupt eine wind-Leser). Die Serie kann man auf Netflix Rolle? schauen, also einen Account ausl*…ich mei- ne kaufen. Vermutlich kennen alle die Das zweite, was mich erstaunt hat ist, wie Space Shuttles, mit denen unter anderen sich in einer an sich “Safety-First” Organi- AFGler Claude Nicollier geflogen ist. Chal- sation eine Dynamik entwickeln hat, sodass lenger war 1986 kurz nach dem Start ex- der Druck, den Start durchzuführen, grös- plodiert, und die Crew ist dabei ums Leben ser war als die Bedenken, dass die Sicher- gekommen. Die Serie arbeitet die Umstän- heit beeinträchtigt war. Mit dem Resultat, de auf, wie es zustande kam. Das erste, was dass die Ingenieure zum Start einwilligten, mich dabei erstaunt hat ist, wie unter- obwohl man wusste, dass es in der Nacht schiedlich die Beteiligten (die Manager und vor dem Start zu kalt war. Hat man daraus Ingenieure von Nasa und dem Lieferanten Konsequenzen gezogen? Ja, ob es die richti- der fehlerhaften Booster) mit ihren Feh- gen waren, kann man sich streiten. Die 14 Aufwind 1/2022
Manchmal geht etwas schief Booster wurden umgebaut, viele Leute wur- Der wird keine Luftsprünge machen den entlassen oder versetzt. Kann man jetzt deswegen, aber er wird dir auch den sagen, dass Fehler wie dieser nicht mehr, Kopf nicht einschlagen. Er wird dir oder weniger passieren? Tipps geben, wie der Schaden beho- ben werden kann. Wenn du eine flie- Nebst der Unterhaltung bietet die Serie gerische Situation erlebt hast, die dir auch einen Denkanstoss. Wir kommen nicht zu Denken gibt, melde dich bei einem darum herum, uns mit unseren Fehlern, die Fluglehrer oder einem erfahrenen Pi- wir machen, auseinander zu setzen. Mit loten. Diese können dir vielleicht viel “wir” meine ich nicht nur wir als Piloten, weiter nachfühlen als du denkst. sondern auch als Helfer, Funktionäre, Wusstest du, dass ich mal mit dem Werkstattbastler, Vereinsmitglieder, etc … Duo einen Aussenlandeschaden ge- und natürlich einfach als Menschen, weil macht habe, der mehrere Tausend Fehler sind menschlich. Einen Fehler zu Franken Reparatur gekostet hat? Ja, machen heisst nicht, dass wir gleich schul- manchmal geht etwas schief. dig sind. Manchmal geht etwas schief, ohne dass wir es verhindern konnten. Vielleicht 3. Die Lehren daraus ziehen - Was kön- weil wir etwas nicht bemerkt haben, oder nen wir lernen? weil wir nicht darauf vorbereitet waren. Ein Fehler ist passiert, das nächste Was sollten wir aber tun, wenn ein Fehler mal wollen wir ihn vermeiden. Das ist passiert ist? Hier ein paar Gedanken dazu: das wertvollste, was wir aus Fehlern mitnehmen können. Und das bedingt, 1. Nachdenken - Was ist geschehen? Wa- dass wir alle daran teilhaben, weil wir rum? können aus den Fehlern anderer ler- Wir sollten zu uns selber am ehrlichs- nen. Für den Betroffenen ist es nicht ten sein, weil uns selber einen Fehler unbedingt einfach, zu erklären, wie eingestehen, müssen wir können. Als das genau passiert ist. Wir als Verein Piloten sollten wir uns bewusst sein, können aber ihm zeigen, dass wir uns dass unsere Fehler auf uns selber die gegenseitig respektieren, und wir uns grösste Auswirkung haben. Fliegen vertrauen können. Das ist eine wichti- wir z.B. zu langsam am Hang, werden ge Voraussetzung für eine offene Feh- wir wahrscheinlich nicht gleich vom lerkultur. Seien wir uns bewusst, dass Blitz getroffen. Wir sollten aber mer- bei den Betroffenen eine Angst mitlau- ken, wenn wir eine Grenze überschrit- fen kann, eine Repression zu erfahren. ten haben, einen Fehler begangen ha- Die Ingenieure, die an Challenger mit- ben, und wissen warum das gefährlich gearbeitet haben, haben teils ihren ist. Fliegen wir zu langsam am Hang, Job verloren. Leider sehen wir auch werden wir einmal die Böe antreffen, Trends, dass Piloten nach Unfallunter- die uns abstürzen lässt. Das wollen suchungen in Verfahren verwickelt wir verhindern wurden. Das bedroht die offene Feh- lerkultur. Wir im Verein müssen dem 2. Darüber sprechen - Wer kann dir hel- bewusst entgegenwirken, indem wir fen? uns gegenseitig zeigen, dass wir uns Sich die Situation selber schön oder in einem vertrauensvollen Umfeld be- schlecht zu malen geht einfach, aber wegen. bringt dich das weiter? Besser ist es, mit jemanden zu sprechen, der dir hel- 4. Augen auf - Was können wir verhin- fen kann. Wenn etwas kaputt geht, dern? dann melde dich beim Materialwart. Vergessen wir nicht, dass nicht zuerst Aufwind 1/2022 15
Manchmal geht etwas schief Flugvorbereitung an der SM Grenchen 2021: An Wettbewerben ist es besonders wichtig, über Sicherheit nachzudenken und sich konzentriert auf den Flug vorzubereiten. etwas schiefgehen muss, damit ein Schicksal mit sich, ob gross oder klein. Ich Fehler erkannt wird. Wir alle können bin froh, dass wir in jüngerer Vergangen- auf mögliche Missstände und gefährli- heit in der AFG davon verschont geblieben che Situationen hinweisen, und uns sind. Leider gibt es in der Disziplin Sicher- für Verbesserungen engagieren. Auch heit kein Ausruhen auf Lorbeeren, und hier gilt der gegenseitige Respekt und auch kein Endstadium, wo man alles schon Vertrauen, sodass ein Hinweis - der getan hat, was man kann. Ich hoffe, ich die Sicherheit erhöhen soll - nicht als konnte mit diesem Artikel einen Denkan- Kritik oder sogar Angriff gewertet stoss geben, und freue mich auf Feedbacks wird. Wenn wir z.B. beobachten, dass zu unserer Sicherheitskultur, oder wenn sich jemand in der Flugvorbereitung jemand zu sich selber sagt, mehr für seine oft ablenken lässt, sollten wir das an- Sicherheit zu tun. sprechen dürfen. Aber nicht mit “du darfst nicht…”, sondern beser mit “ich Raphael Zimmermann mache das so…ich achte auf….was meinst du dazu?” Wenn jemand ein ungutes Gefühl hat, sollte man das offen ansprechen dürfen, z.B. “ich würde jetzt nicht starten, weil…”. Sol- che Gespräche sind wichtig für die Si- cherheitskultur, damit man merkt, dass alle mitdenken. Der Unfall der Challenger hat weltweite Be- stürzung ausgelöst. Jeder Unfall bringt ein 16 Aufwind 1/2022
Dritte Impfung Autor: Olivier Liechti sich eine dreistündige Platzeinweisung Vom Segelflugvirus befallene Personen lei- westlich des Col de Cabre, gespickt mit den periodisch an akuten Entzugserschei- kleinen Spritztouren in alle Himmelsrich- nungen. Die schwierige Zeit fällt mit den tungen. langen Nächten zusammen, die im Jah- reskalender aufzutauchen pflegen. Antikör- Damit war auch für ihn die Grundlage ge- per gegen diese schwerwiegenden Folgen schaffen, diese Gegend im unteren Stock- kurzer Tage bildet man zuverlässig in den werk als streckenfliegbar und landbar in Streckenfluglagern. In den einschlägigen den Erfahrungsschatz aufzunehmen. Am Kreisen ist diese Weisheit ganz gut be- zweiten Tag ging es dann gleich in die be- kannt. Leuten mit einer guten Grundimmu- kannten Jagdgründe im Durancetal mit ab- nisierung mag ein Streckenfluglager als schliessendem entspannenden Endanflug jährliche Auffrischung genügen. Zuverlässi- aus den Ecrins im Gegenlicht in Richtung ger wirkt eindeutig eine Auffrischung im Rhonetal. Sommer, wenn bereits im Früh- ling ein Alpenla- ger besucht wur- de. Vulnerablen Personen ist un- bedingt ein Boos- ter im August zu empfehlen. Damit kommt man auch mit dem Risiko- faktor Alter gut durch den Win- ter. Den Aubenasson- Booster in der zweiten August- hälfte buchten 2021 die Habi- tués Eva Meyer, Christian Rickli, Fredi Zulliger, Andreas Nach der Abkühlung im Schwimmbecken Kempe und Olivier Liechti. Stefan Burschka der Ferme Jean-Charles stand jeweils die musste bedauerlicherweise passen. Erstma- Beizentour an. Der Wendepunktkatalog für lig gönnte sich Urs Isler den Booster – er diesen Programmteil ist mittlerweile sehr wird super durch den Winter kommen. Em- gut dotiert und das Tasksetting rotiert täg- manuel Heer ergänzte die Crew auf der ju- lich unter den Anwesenden. gendlichen Seite in der zweiten Woche. Ein weiterer Prophylaktiker kam in der Person Als Alternative zum Streckensegelflug kann von Martin Fritsch zum ersten Mal für ei- man auch mal die Wanderschuhe anziehen. nen Schnupperflug in die Drôme. Er gönnte Das soll schon der junge Napoleon so ge- Aufwind 1/2022 17
Dritte Impfung macht haben, als er in der nahegelegenen gelfluggruppe in Romans, 40 km nördlich Garnison von Valence diente. Am Westende von Aubenasson gelegen, und verhandelte der Rochecourbe steht die Roche Colombe seinerzeit mit den Schweizer Behörden die wie ein Schiffsbug in der Landschaft. Von Luftraumstrukturen zwischen Lyon und ihrem Grat aus lässt sich das Rhonetal Genf. Er wohnte in früheren Jahren im ma- grandios überblicken. Diese ergreifende lerischen Piégros-le-Clastre, wo wir einen Perspektive liess Napoleon offensichtliche kulinarischen Fixpunkt haben. kaiserliche Ambitionen entwickeln. Landen in Aubenasson geht schon etwas in Kontrovers wurde das Thema Grenzsteine Richtung Aussenlandung. Es gibt zwar Pis- diskutiert. Ausgangspunkt war der Grenz- tenmarkierungen mit ehemals weissen Flä- stein auf der Roche Colombe. Das Felsband chen. Nur sind diese Markierungen etwas ist aus dem gleichen Gestein wie unser Ju- in die Jahre gekommen und haben ausgie- big graue Patina angenommen. Das war dann auch genau das Thema bei der In- spektion durch das nationale Flugplatzamt. In der Folge wurde der Patina durch Schrubben der Garaus gemacht. Interessant ist das Höhenprofil der Graslan- debahn. Die ersten 50 m am Pistenkopf sind eben, dann steigt das Gelände etwas an. Am Kulminationspunkt steht der Wind- sack. Der Schleppzug rollt somit aufwärts an. Immerhin sieht der Schlepppilot von ra, der besagte Grenzstein weist hingegen unzweifelhaft kristalline Einschlüsse auf. Liess die Obrigkeit tatsächlich Grenzsteine auf die abgelegene Roche Colombe trans- portieren? Auf Eselsrücken? Zu Zeiten der Monarchie? Fragen über Fragen! Wir vertieften diese Themen abends in der grossen Lagerrunde bereichert durch unse- ren geschichtskundigen Schlepppilot Jean- Luc Blanchard. Jean-Luc präsidiert die Se- 18 Aufwind 1/2022
Dritte Impfung Anfang an die ganze Piste. Aus dem ge- Strecke wurde natürlich auch geflogen. Die schleppten Segelflugzeug überblickt man Route zum Col de Cabre kann durchaus ih- diese erst im Lauf des Anrollens, wenn es re Tücken haben. Interessant ist bei abflau- am Windsack vorbei und eben weitergeht. endem Nordwind, wie weit in den Osten Für die Landung zielt man am besten auf der Restmistral in den unteren Schichten den höchsten Geländepunkt beim Windsack die Nordhänge bedient und ab welchem als Aufsetzpunkt und steht dann in der Pis- Punkt auf die thermischen Aufwinde auf tenmitte still. Sportlicher ist es, am Pisten- den Kreten umgesattelt werden kann. Diese anfang aufzusetzen und auf den Buckel hin- Finessen waren 2021 in allen Variationen auf auszurollen. Beidseitig stehen am Pis- zu erfliegen. Kurzer oder langer Schlepp – tenkopf seitlich Bäume, der Anflug ist aber diese Frage stellte sich immer mal wieder. auf den letzten 100 m baumfrei. In diese Ab dem Col de Cabre findet man Unterstüt- Zone muss man sich runterbremsen, um zung durch die ab Serres gestarteten Pilo- vor dem Buckel aufzusetzen. Als Kontrolle ten und kann eine der drei Achsen Lure, einer erfolgreichen Kurzlandung dient der Monges oder Pic de Bure einschlagen. In grosse Hangar südlich der Piste. Wenn man der zweiten Woche ging es via Col de dessen Westfassade beim Aussteigen nicht l’Iséran und Grivola bis ganz oben ins Val- sieht, ist man kurz gelandet. Diese Übung pelline und über den Col du Petit Saint Ber- kann nur bei schwachem Wind empfohlen nard zurück in Richtung Vanoise. Mit Mi- werden, wenn der Final 27 nicht turbulent chael Sommer in der EB29 konnte ich ein- ist. Eine weitere Empfehlung ist an dieser sitzig in der ASH25 (Flächenbelastung 37 Stelle angebracht: man praktiziere diese kg/m2) im Gleiten nicht mithalten, doch Art von Kurzlandung nicht an der AFG- beim Steigen war ich dabei. Ein grandioser Ziellandekonkurrenz – sie führt unweiger- Endanflug aus 4000 m Höhe ab der Meije lich zu schriftstellerischen Sonderaufgaben. nach Aubenasson setzte diesem letzten Streckenflug der Saison die Krone auf und liess mich gleichzeitig den im internen Streckenflugwettkampf um den AFG- Champion lange führenden Raphi Zimmer- mann im Photofinish abfangen. Der verbis- sen erflogene Vorsprung von 0.6 Punkten darf bei einer Gesamtpunktzahl von gut 3000 Punkten als eher knapp bezeichnet werden. Ein grosser Dank gebührt an dieser Stelle unserer umsichtigen Lagerleiterin Eva, die sich alljährlich um die Koordination der Gruppenflugzeugwünsche, die Unterkünfte und zahllose weitere Details kümmert! À la prochaine! Olivier Liechti Aufwind 1/2022 19
Im Sog der Lüfte Autor und Maler: Paul Erni packte sich Fallschirmbewehrt in die ver- schiedenen Gurten, alles kontrolliert von Paul Erni war der Bruder des bekannten Fluggehilfen. Inzwischen hatte Pilot Künstlers Hans Erni. Michael Keller kennt Blöchlinger das kräftige kleine Schleppflug- seinen Neffen und Nachlassverwalter und zeug flugbereit gemacht und Louis Ham- hat von diesem vor längerer Zeit diesen mer gab Signal zum Start. Schon zog das Bildbericht zur Veröffentlichung im Auf- Schleppflugzeug den Segler in die Höhe wind erhalten. und über dem Stanserhorn wurde das Schleppseil ausgeklinkt. Bald verschwand Wie wäre es heute mit einem Segelflug der Segler hinter den Nidwaldner Bergen, über die sonnigen Voralpen am Vierwald- die Flugverhältnisse waren offenbar ideal. stättersee?". Das fragte uns Louis Hammer vom Flugplatz Ennetbürgen und meinte, es Kurz vor Mittag meldete der Kontrollposten sei doch bereits zwei Jahre her, dass er uns am Flugplatz, dass Louis Hammer mit sei- erstmals in die Lüfte hob. ner Passagierein auf dem Rückflug sei und vor der Landung noch einen Looping über Noch immer begeistert von diesen Segelflü- den Flugplatz einbaue. Das geschah offen- gen, waren wir natürlich sofort bereit und bar auf die Bitte meiner Frau, weil sie reali- verabredeten uns mit unserem Freund um sierte, dass ich ihren ersten Looping hinter halb elf Uhr auf dem Segelflugplatz Ennet- dem Stanserhorn vom Boden aus gar nicht bürgen. Dort herrschte schon reger Flugbe- beobachten konnte. Die beiden Loopings trieb und Louis schlug vor, zuerst mit mei- waren nämlich eine Kompensation für den ner Frau zu fliegen, denn vor zwei Jahren ersten, den ich vor zwei Jahren von Louis sei ich als Erster drangekommen. Mit mir serviert bekam. Nun war die Geschlech- wolle er am frühen Nachmittag, nach dem tergleichheit wieder hergestellt und wir Lunch am See in die Lüfte steigen. So setz- konnten den Lunch am See im "Schlüssel" te sich meine Gattin in den eleganten Seg- mit guten Eglifilets uneingeschränkt ge- ler HB-3016 hinter den Pilotensitz, nahm niessen. Vertraulich sagte mir Louis Ham- die Instruktionen von Louis entgegen und mer, dass er am Nachmittag noch etwas 20 Aufwind 1/2022
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Im Sog der Lüfte Besonderes vorhabe, indem er mit mir eine der Lüfte seine Kreise flog. Eine Runde um "Cuban-Eight" fliegen werde, was einiges das Lauchernköpfli, dann durch das Melch- anspruchsvoller sei als Loopings. Gesagt, tal hoch über Bruder Klausens Kapelle und getan: kurz nach dem unterhaltsamen weiter unter mächtigen Cumuluswolken Lunch, bei dem ich als Fluggast auf den gu- den Aufwind mit zwei anderen Seglern aus- ten Fendant nicht verzichten musste, star- nutzend, um an Höhe zu gewinnen. Dieses teten wir erneut mit Pilot Blöchlinger und- wunderbare Fliegen ohne Motor, den Luft- klinkten über dem Stanserhorn auf etwa stömungen folgend, ist einzigartig und ver- 2000m aus. Nun begann Louis Hammer sei- mittelt ein tiefes gemütsbetontes Erlebnis. ne grosse Kunst zu zeigen und ich fühlte Fast möchte ich mit Grillparzer ausrufen: mich wie ein Milan, der je nach dem Sog "Der Taum ein Leben!" Immer wieder fand 22 Aufwind 1/2022
Im Sog der Lüfte Louis Hammer zwischen den hohen Berg- besteht oder ob die 8 horizonal geflogen flanken starke Aufwinde, die eine Rückkehr wird. Jedenfalls überstand ich die grossen vorläufig vergessen liessen. Beschleunigungen mit mehr Mühe als Ge- nuss und nahm mir vor, ein nächstes Mal Wir drehten noch einige Kreise zwischen vor dem Flug auf den Superlunch mit Wein, Rigi und Brisen und wurden dann über dem Kaffee und Schnaps zu verzichten. Mit dem Bürgenstock von einem spiraligen Luftzug bestandenen "Kuba-Achter" habe ich aber überrascht, der uns zeitweise mit bis zu 6 den verlorenen Vorsprung gegenüber mei- Meter pro Sekunde höher hob. Schnell avi- ner Frau wieder etabliert und danke dafür sierte Louis über Sprechfunkt seinen in der dem Piloten! Auf den von ihm zum Ab- Nähe segelnden Kollegen und trat ihm schluss offerierten Looping über dem Lan- grosszügig die Benutzung des kleinen deplatz verzichtete ich allerdings gerne. So "Tornados" ab. Mir aber wollte er doch nahm ein überaus genussvoller Tag "im Sog noch die versprochene Zugabe servieren, der Lüfte" sein Ende. die von Kennern als "Cuban-Eight" bezeich- net wird. Ich weiss nicht mehr, ob diese 8 Paul Erni aus zwei aneinander gehängten Loopings im Juli 1998 Aufwind 1/2022 23
Impressum Aufwind 1/2022 April 2022 Der Vierwaldstättersee, nochmals aus einer anderen Perspektive (Photo Loïc Germeau) Akademische Fluggruppe Zürich Auflage: 150 Nächste Ausgabe: Herbst 2022 Beiträge und Anmerkungen an: aufwind@afg.ethz.ch Adressänderungen an: aktuar@afg.ethz.ch Redaktion und Layout: Max Humbel Bachstrasse 15 5000 Aarau max.humbel@hispeed.ch Der Zürichsee von Süden (Photo Loïc Germeau) Noch eine andere Ansicht des Vierwaldstättersees (Photo Loïc Germeau)
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