Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach

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Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

                                          Auswirkungsanalyse
                                          zur geplanten Erweiterung eines
                                          Aldi-Lebensmitteldiscounters
                                          in der Gemeinde Leutenbach

                                          Auftraggeber:          Aldi GmbH & Co. KG, Murr

                                          Projektleitung:        Dipl.-Geogr. Gerhard Beck
                                                                 Dipl.-Geogr. Julia Wunder

                                          Ludwigsburg, am 06.05.2020

                                                               Gesellschaft für Markt-
                                                               und Absatzforschung mbH

                                                                                             1
Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
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Urheberrecht

Das vorliegende Dokument unterliegt dem Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 2 sowie § 31 Abs. 2 des
Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte. Eine Vervielfältigung, Weitergabe oder (auch auszugs-
weise) Veröffentlichung ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der GMA und des Auf-
traggebers unter Angabe der Quelle zulässig.

Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH
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Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Vorbemerkung

Im Februar 2020 erteilte die Aldi GmbH & Co. KG, Murr, der GMA, Gesellschaft für Markt- und
Absatzforschung mbH, Ludwigsburg, den Auftrag zur Erstellung einer Auswirkungsanalyse zur Be-
wertung der Erweiterung eines bestehenden Aldi-Marktes am Standort „Winnender Straße 36“
in Leutenbach.

Für die Bearbeitung dieser Untersuchung standen der GMA Veröffentlichungen des Statistischen
Bundesamtes, des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg sowie der Auftraggeberin zur
Verfügung. Zudem wurden im Februar 2020 eine Standortbesichtigung sowie eine Erhebung der
relevanten Einzelhandelsbetriebe im Gemeindegebiet von Leutenbach und im Umland vorge-
nommen.

Die vorliegende Untersuchung dient der Entscheidungsvorbereitung und -findung für die zustän-
dige Genehmigungsbehörde. Alle Informationen im vorliegenden Dokument sind sorgfältig re-
cherchiert; der Bericht wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Für die Richtigkeit, Voll-
ständigkeit und Aktualität aller Inhalte kann die GMA keine Gewähr übernehmen.

GMA
Gesellschaft für Markt- und
Absatzforschung mbH

Ludwigsburg, den 06.05.2020
WRJ wym

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Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
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Inhaltsverzeichnis                                                                Seite

I.     Grundlagen                                                                    5
1.     Aufgabenstellung und Vorhabenbeschreibung                                     5
2.     Rechts- und Planungsrahmen                                                    6
3.     Marktentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel                                  7
II.    Raumordnerische Kernregelung / Konzentrationsgebot                           11
1.     Makrostandort Leutenbach                                                     11
2.     Aktuelle Versorgungssituation im Lebensmitteleinzelhandel                    13
2.1    Angebotssituation in Leutenbach                                              13
2.2    Versorgungsstrukturen im Umland                                              15
3.     Konzentrationsgebot – landesplanerische Vorgaben                             16
III. Integrationsgebot                                                              19
1.     Mikrostandort „Winnender Straße“                                             19
2.     Integrationsgebot – landes- und regionalplanerische Vorgaben                 22
3.     Bewertung des Integrationsgebotes                                            22
IV.    Kongruenzgebot                                                              24
1.     Abgrenzung des Einzugsgebietes und Bevölkerungspotenzial                     24
2.     Vorhabenrelevantes Kaufkraftpotenzial                                        26
3.     Umsatzprognose des Gesamtvorhabens                                           27
4.     Kongruenzgebot – landesplanerische Vorgaben                                  28
5.     Bewertung des Kongruenzgebotes                                               28
V.     Beeinträchtigungsverbot                                                     30
1.     Umsatzumlenkungen und wettbewerbliche Wirkungen                              30
1.1    Methodik der Umsatzumverteilungsberechnung                                   30
1.2    Umsatzzuwachs durch die Erweiterung                                          30
1.3    Umsatzumverteilungen durch die Erweiterung von Aldi                          31
1.4    Wettbewerbliche und städtebauliche Wirkungen                                 32
2.     Beeinträchtigungsverbot - landesplanerische Vorgaben und städtebauliche
       Bewertung                                                                    34
3.     Bewertung des Beeinträchtigungsverbotes                                      35
VI.    Agglomerationsregelung                                                       37
1.     Agglomerationsregelung - regionalplanerische Vorgaben und städtebauliche
       Bewertung                                                                    37
2.     Bewertung der Agglomerationsregelung                                         38
VII. Abschließende Bewertung des Vorhabens                                         39

                                                                                          4
Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

I.     Grundlagen

1.     Aufgabenstellung und Vorhabenbeschreibung

In der Gemeinde Leutenbach (Rems-Murr-Kreis) ist die Erweiterung eines Lebensmittelmarktes
am Standort „Winnender Straße 36“ geplant. Der Aldi-Discounter belegt derzeit ca. 981 m² Ver-
kaufsfläche (VK). Im Rahmen eines Abrisses und Neubaus ist eine Erweiterung des Marktes um
390 m² auf künftig ca. 1.371 m² VK vorgesehen. Im Obergeschoss des Marktes soll eine Kinderta-
gesstätte untergebracht werden1.

Für den Neubau sind die Aufstellung eines Bebauungsplans und die Ausweisung eines Sonderge-
bietes vorgesehen. In diesem Zusammenhang sind die städtebaulichen und raumordnerischen
Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen einer Auswirkungsanalyse darzustellen und zu bewer-
ten. Dabei sind insbesondere die landesplanerischen Bewertungskriterien gemäß LEP bzw. Ein-
zelhandelserlass Baden-Württemberg sowie die Vorgaben des Regionalplans Stuttgart zu berück-
sichtigen.

Im Einzelnen werden in dieser Analyse folgende Untersuchungsschritte bearbeitet:

      Darlegung des Prüfungsrahmens

      Angaben zum Vorhaben

      Wesentliche Strukturdaten zum Makro- und Mikrostandort, einschließlich der gegen-
       wärtigen Versorgungsstrukturen in der Gemeinde Leutenbach

      Darstellung der Angebots- und Wettbewerbssituation in u. a. Leutenbach und Winnen-
       den

      Abgrenzung des voraussichtlichen Einzugsgebietes des Vorhabens und Ermittlung der
       dort vorhandenen projektrelevanten Kaufkraft

      Berechnung der Umsatzerwartung

      Darlegung der ausgelösten Kaufkraftbewegungen und Umsatzumverteilungen

      raumordnerische Bewertung auf Basis der Prüfkriterien des Regionalplans Stuttgart
       (Konzentrationsgebot, Integrationsgebot, Kongruenzgebot, Beeinträchtigungsverbot,
       Agglomerationsregelung).

1
       Der Zugang zur Kindertagesstätte soll auf der Rückseite des Aldi-Marktes erfolgen. Die Zufahrt zur Kita ist
       über den Tonweg vorgesehen. Beide Einrichtungen werden zeitlich und räumlich unabhängig voneinander
       betrieben.

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Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Zur Bearbeitung der vorliegenden Auswirkungsanalyse wurde im Februar 2020 eine intensive Be-
gehung des Standortes sowie der relevanten Einzelhandelslagen im Untersuchungsraum vorge-
nommen. Weiterhin wurde auf Informationen von MB Research (Kaufkraftkennziffer), auf aktu-
elle Bevölkerungsdaten aus der amtlichen Statistik sowie auf EHI Handelsdaten zurückgegriffen.
Zudem hat die Fa. Aldi Mitte April 2020 eine Postleitzahlenabfrage durchgeführt und der GMA
zur Verfügung gestellt.

2.     Rechts- und Planungsrahmen

Für die Beurteilung der Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben ist § 11 Abs. 3
BauNVO zu beachten. Die Regelung führt in ihrer aktuellen Fassung aus: 2
       „1. Einkaufszentren,

       2.    großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die
             Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städ-
             tebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,

       3.    sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte
             Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzel-
             handelsbetrieben vergleichbar sind,

             sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig.
             Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 und 3 sind insbesondere schädliche
             Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes so-
             wie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die
             Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Be-
             triebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder
             in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaus-
             halt.

             Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3 in
             der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Re-
             gel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkun-
             gen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als
             1.200 m² nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Aus-
             wirkungen insbesondere die Gliederung und die Größe der Gemeinde und ihrer
             Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und
             das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.“

Ob ein Vorhaben als Einzelhandelsgroßprojekt einzustufen ist, hat in einer zweistufigen Prüfung
getrennt voneinander zu erfolgen:

2
       Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017.

                                                                                                  6
Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
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1.     Handelt es sich bei dem Vorhaben um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb bzw. wird
       die Großflächigkeit des Vorhabens erfüllt, was i. d. R. bei einer Überschreitung der Ver-
       kaufsfläche von 800 m² der Fall sein wird.3

2.     Die im § 11 Abs. 3 BauNVO beschriebenen Auswirkungen müssen zu erwarten sein, was
       regelmäßig ab einer Geschossfläche von 1.200 m² anzunehmen ist (= Regelvermutung).

3.     Marktentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel

Die Dynamik in der Branche ist nach wie vor ungebrochen. So optimieren derzeit nahezu alle we-
sentlichen Betreiber des Lebensmitteleinzelhandels ihre Standortnetze. Hiermit verbunden ist
häufig auch eine Flächenausweitung der einzelnen Betriebe bzw. Standorte, da die Flächeninan-
spruchnahme aufgrund der steigenden Anforderung an die Warenpräsentation, die interne Lo-
gistik sowie den demografischen Wandel zunimmt.

Die einzelnen Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels weisen eine unterschiedliche Ent-
wicklung auf. Während Lebensmitteldiscounter und Große Supermärkte ihre Marktposition aus-
bauen konnten, waren die Marktanteile der SB-Warenhäuser und kleinen Lebensmittelgeschäfte
rückläufig.
Abbildung 1: Entwicklung der Marktanteile im deutschen Lebensmitteleinzelhandel
             2008 - 2018

Quelle: EHI Europäisches Handelsinstitut: Handelsdaten aktuell 2019

3      Vgl. BVerwG Urteil vom 24. November 2005, 4 C 10.04. In diesem Urteil hat das BVerwG die Grenze der
       Großflächigkeit von 700 auf 800 m² erhöht. Großflächig im Sinne des § 11 Abs. 3, Satz 1, Nr. 2 BauNVO
       sind demnach diejenigen Betriebe, die eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreiten. Zur Verkaufsfläche
       zählen, der Kassenvorraum (einschließlich eines Bereichs zum Einpacken der Waren und zur Entsorgung
       von Verpackungsmaterialien) und ein evtl. vorhandener Windfang. Ebenfalls der Verkaufsfläche zuzurech-
       nen sind die Bedienbereiche (z. B. Fleisch- / Wursttheke).

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Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Im Einzelhandel werden verschiedene Betriebstypen unterschieden. Die Ausdifferenzierung ist
dabei für den Lebensmitteleinzelhandel verfeinert worden. Als Kriterien für die Differenzierung
nach Betriebstypen wird dabei neben der Verkaufsfläche v. a. auch die Sortimentsstruktur und
hier insbesondere der Anteil an sog. Nonfood-Waren herangezogen.

Die Definitionen für Betriebstypen liegen seitens mehrerer Institutionen und Institute vor. Die
Definition, auf die in vorliegender Untersuchung zurückgegriffen wird, ist die des EHI Retail Insti-
tute, welche im Einzelnen folgende Definitionen beinhaltet:4

      Kleines Lebensmittelgeschäft
       Ein kleines Lebensmittelgeschäft ist ein Einzelhandelsgeschäft mit weniger als 400 m²
       Verkaufsfläche, das ein begrenztes Lebensmittel- und Nonfood I-Sortiment5 anbietet.
      Discounter
       Ein Lebensmitteldiscounter ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer üblichen Verkaufs-
       fläche unter 1.000 m², das ausschließlich in Selbstbedienung ein begrenztes, auf um-
       schlagstarke Artikel konzentriertes Lebensmittelangebot und Nonfood I-Sortiment so-
       wie ein regelmäßig wechselndes Aktionsangebot mit Schwerpunkt Nonfood II6 führt.
      Supermarkt
       Ein Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 400
       und 2.500 m², das ein Lebensmittelvollsortiment und Nonfood I-Artikel führt und einen
       geringen Verkaufsflächen-Anteil an Nonfood II aufweist.
      Großer Supermarkt
       Ein großer Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen
       2.500 und 5.000 m², das ein Lebensmittelvollsortiment sowie Nonfood I und Nonfood
       II-Artikel führt.
      SB-Warenhaus
       Ein SB-Warenhaus ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche von mindes-
       tens 5.000 m², das ein Lebensmittelvollsortiment und Nonfood I-Artikel sowie ein um-
       fangreiches Nonfood II-Angebot führt.
Die verschiedenen Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels unterscheiden sich in erster Li-
nie hinsichtlich ihrer Sortimentsstruktur. Dies wird v. a. quantitativ durch die Zahl der geführten
Artikel deutlich. Während ein Supermarkt im Mittel ca. 11.830 Artikel offeriert, bieten Große Su-
permärkte im Durchschnitt gut das Doppelte an Artikeln an. Lebensmitteldiscounter halten da-
gegen im Schnitt lediglich ca. 2.300 Artikel vor (vgl. Tabelle 1). Bei allen Betriebstypen liegt der
Schwerpunkt auf Waren des kurzfristigen Bedarfs.

4
       Vgl. EHI handelsdaten aktuell 2018, S. 381 ff.
5
       Drogerieartikel, Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel sowie Tiernahrung.
6
       Ge- und Verbrauchsgüter des kurz-, mittel- und langfristigen Bedarfs wie Textilien, Schuhe, Gartenbedarf,
       Unterhaltungselektronik, Elektrogroßgeräte, Bücher und Presseartikel usw.

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Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Tabelle 1:       Sortimentsangebot von Lebensmitteldiscountern und Supermärkten

     Hauptwaren-          Lebensmitteldiscounter             Supermarkt                Großer Supermarkt
       gruppen                ( 788 m² VK)                ( 1.031 m² VK)              ( 3.381 m² VK)
                                                     Durchschnittliche Artikelzahl
                            absolut          in %        absolut          in %        absolut         in %
Food                             1.755              76        8.995              76      15.730              63
Nonfood I                          265              12        2.030              17        4.825             19
Nonfood II                         275              12          805              7         4.450             18
Nonfood insgesamt                  540              24        2.835              24        9.275             37
Insgesamt                        2.295           100        11.830            100        25.005          100
Quelle: EHI Köln, Sortimentsbreitenerhebung. In: EHI Retail Institute: handelsdaten aktuell 2019

Unter den im deutschen Lebensmitteleinzelhandel vertretenen Betriebstypen haben sich Disco-
unter am dynamischsten entwickelt. Mittlerweile weisen Discounter den größten Umsatzanteil
(ca. 46 % im Jahr 2018) auf; Supermärkte kommen auf knapp 30 %, Große Supermärkte auf ca.
10 %, SB-Warenhäuser auf ca. 11 % und sonstige Lebensmittelgeschäfte auf ca. 3 % des Umsatz-
volumens in Deutschland.7 Discounter sind wegen des Preisvorteils und ihres übersichtlichen Sor-
timents bei den deutschen Verbrauchern sehr beliebt. Vollsortimenter (Supermärkte und Große
Supermärkte) profilieren sich v. a. durch Sortimentsbreite, Frische, Convenience, Service und eine
besondere Ladenatmosphäre.

Für die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs kommt modernen Lebensmittelmärkten
eine besondere Bedeutung zu, da sie nicht nur ein qualifiziertes Kernsortiment an Lebensmitteln,
Getränken und Drogeriewaren bieten, sondern auch die wichtigsten weiteren Sortimente des
kurzfristigen Bedarfs (z. B. Zeitschriften, Schnittblumen, Schreibwaren, Heimtierbedarf) zumin-
dest ausschnittweise vorhalten. Moderne Lebensmittelvollsortimenter und -discounter sind da-
her als Eckpfeiler der Grundversorgung anzusehen. Ergänzende Funktionen für die Nahversor-
gung übernehmen Biosupermärkte, kleinere Lebensmittelfachgeschäfte, Betriebe des Lebens-
mittelhandwerks, Getränkemärkte, Convenience-Shops (Kioske, Tankstellen), Naturkostläden,
Wochenmärkte und Hofläden. Zunehmende Nachfrage erfahren derzeit Anbieter von Biolebens-
mitteln (Hofläden, Reformhäuser, Biosupermärkte, Naturkostläden mit Käse- und Fleischtheke
und integrierter Bio-Bäckerei) sowie Unverpacktläden.

Wegen der gestiegenen Anforderungen der Kunden an die Sortimentszusammensetzung und La-
dengestaltung sind in den letzten Jahren die Verkaufsflächen von Lebensmittelvollsortimentern
und -discountern tendenziell immer größer geworden. Ursachen für die wachsende Flächenin-
anspruchnahme sind steigende Anforderungen an die kundengerechte Warenpräsentation, Op-
timierungsvorgaben der internen Logistik sowie eine Anpassung an den demografischen Wandel
durch breitere Gänge, niedrigere Regale und einen zunehmenden Anteil an Kleinverpackungen

7
       Quelle: EHI Retail Institute: handelsdaten aktuell 2019; Köln 2018, S. 78; GMA-Berechnungen.

                                                                                                                  9
Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters in der Gemeinde Leutenbach
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

(aufgrund des Trends zu kleineren Familien- und Versorgungseinheiten). Die größer werdenden
Märkte bedingen allerdings zur wirtschaftlichen Auslastung eine hohe Einwohnerzahl im Einzugs-
gebiet und eine verkehrsgünstige Lage des Marktes.

Alle in Deutschland vertretenen Lebensmitteldiscounter sind Filialbetriebe, deren Ursachen für
den wirtschaftlichen Erfolg und die hohe Kundenakzeptanz in ihrem standardisierten Sortiment
und in ihrer kundenorientierten Ladeneinrichtung liegen. Alle Filialen einer Unternehmenskette
bieten dabei deutschlandweit dasselbe standardisierte Sortimentsspektrum an, sowohl im stän-
digen Sortiment als auch bei den Aktionswaren. Bei der Sortimentszusammensetzung wird nicht
auf spezielle wettbewerbliche oder städtebauliche Rahmenbedingungen vor Ort Bezug genom-
men. Für die Kundenherkunft bedeutet dies, dass der Vorhabenstandort nur dann aufgesucht
werden wird, wenn er von Kunden näher oder bequemer zu erreichen ist als andere Märkte.

Außerdem werden bei Discountern wöchentlich wechselnde Aktionswaren angeboten, die zum
einen aus dem Foodbereich stammen (z. B. Lebensmittelspezialitäten) und zum anderen aus dem
Nonfood II-Segment (z. B Textilien, Schuhe, Heimwerker- und Gartenbedarf, Haushaltswaren,
Elektrokleingeräte). Auch bei Discountern liegt der Umsatzschwerpunkt jedoch klar bei Nah-
rungs- und Genussmitteln (Umsatzanteil bei Aldi ca. 80 %). Weitere 10 % entfallen auf sonstige
Nahversorgungssortimente (Drogeriewaren etc.).

Da Lebensmitteldiscounter standardisierte, auch im Vergleich zwischen den Unternehmen prak-
tisch austauschbare Sortimente aus wenigen, schnelldrehenden Produkten des Grundbedarfs ha-
ben und die Produkte generell einen niedrigen Warenwert (= Preis je Artikel) aufweisen, entwi-
ckeln diese Märkte nur kurze räumliche Absatzreichweiten. Hierbei ist auch die in Deutschland
sehr hohe Dichte an Lebensmitteldiscountern zu berücksichtigen. Die Absatzradien, insbeson-
dere von kleineren Märkten, bewegen sich daher nur im Bereich weniger Kilometer bzw. inner-
halb von höchstens 5 – 8 Minuten Pkw-Fahrzeit.

Bereits seit vielen Jahren stellen Discounter bei den deutschen Verbrauchern den beliebtesten
Betriebstyp unter den Lebensmittelmärkten dar. Aktuell liegt ihr Marktanteil im Lebensmitte-
leinzelhandel (ohne Drogeriemärkte) bei ca. 45 – 46 %. Damit konnten Discounter ihre Marktpo-
sition im Zehn-Jahres-Vergleich nicht nur behaupten sondern sogar noch leicht ausbauen (2007:
43 – 44 %)8. Für Neubauten und Modernisierungen von Discountern werden seitens der Betrei-
ber mittlerweile Verkaufsflächen zwischen ca. 1.000 und 1.500 m² als marktgerecht angesehen.

8
       Quelle: EHI handel aktuell 2018, 2008.

                                                                                                 10
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

II.    Raumordnerische Kernregelung / Konzentrationsgebot

1.     Makrostandort Leutenbach

Der Gemeinde Leutenbach (Rems-Murr-Kreis) mit ca. 11.604 Einwohnern9 ist im Regionalplan
des Verbandes Region Stuttgart keine zentralörtliche Funktion zugewiesen. Damit übernimmt die
Gemeinde die Aufgabe, die örtliche Grundversorgung zu sichern. Die Gemeinde ist zusammen
mit den Kommunen Berglen und Schwaikheim dem Verflechtungsbereich des Unterzentrums
Winnenden zugeordnet.

Die Siedlungsstruktur von Leutenbach ist durch die drei siedlungsräumlich voneinander getrenn-
ten Wohnbezirke Leutenbach, Nellmersbach und Weiler zum Stein geprägt, wobei der Wohnbe-
zirk Leutenbach im Süden mit der Stadt Winnenden zusammengewachsen ist. Mit rd. 45 % um-
fasst der Kernort Leutenbach den Hauptanteil der Wohnbevölkerung. Die beiden anderen Wohn-
bezirke stellen mit jeweils ca. 25 – 30 % der Wohnbevölkerung ebenfalls einen nicht unerhebli-
chen Wohnschwerpunkt dar. In den letzten zwei Dekaden kann für Leutenbach eine deutlich po-
sitive Bevölkerungsentwicklung festgehalten werden. Zwischen 2000 und 2010 lag das Bevölke-
rungswachstum10 bei ca. 1,7 %. Seit 2011 erhöhte sich der Zuwachs deutlich um 8,7 %. Dies ist
insgesamt auf Wohnbauaktivitäten im Gemeindegebiet (u. a. Schafäcker in Weiler zum Stein) zu-
rückzuführen. Bis 2035 werden weitere Zuwächse von ca. 3 % prognostiziert.

Die verkehrliche Erreichbarkeit der Gemeinde Leutenbach wird im Wesentlichen durch die Bun-
desstraße B 14 (Stuttgart – Backnang) sichergestellt, die östlich der Wohnbezirke Nellmersbach
und Leutenbach am Gemeindegebiet vorbeiführt (mit jeweils Anschluss an die B 14). Die Wohn-
bezirke Nellmersbach und Weiler zum Stein sind mit dem Kernort Leutenbach durch Kreis- und
Landesstraßen (K 1845/47 bzw. L 1127) verbunden. Der Wohnbezirk Nellmersbach verfügt über
einen eigenen Bahnhof, der Teile der Gemeinde an das S-Bahn-Netz der Region Stuttgart (S 3
Stuttgart – Backnang) anschließt. Ein weiterer Anschluss erfolgt über den S-Bahnhof in Winnen-
den. Des Weiteren sorgen Buslinien des VVS für eine Anbindung der Wohnbezirke an den Kernort
Leutenbach sowie an die größeren Städte Winnenden und Backnang.

In der Wirtschaftsstruktur Leutenbachs nimmt das produzierende Gewerbe eine wichtige Stel-
lung ein. So waren im Juni 201811 in Leutenbach ca. 58 % der sozialversicherungspflichtig Beschäf-
tigten im produzierenden Gewerbe tätig. Der Bereich „Handel, Gastgewerbe und Verkehr“ fiel
mit 9 % im Vergleich relativ unterdurchschnittlich aus. Der Bereich der „sonstigen Dienstleistun-
gen“ nimmt rd. ein Drittel der Beschäftigten ein.

9
       Quelle: Gemeinde Leutenbach, Stand Juni 2019
10
       Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Bevölkerung, Gebiet und Bevölkerungsdichte sowie
       Bevölkerungsvorausrechnung bis 2035
11
       Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wohn- und Arbeitsort am
       30.06.2018.

                                                                                                             11
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Karte 1:          Lage der Gemeinde Leutenbach und zentralörtliche Struktur

                                                                           Legende

                                                                                       Oberzentrum

                                                                                       Mittelzentrum

                                                                                       Unterzentrum

                                                                                       Kleinzentrum

                                                                                       kooperierende
                                                                                       Zentren

                                                                           Kartengrundlage GfK GeoMarketing,
                                                                           GMA-Bearbeitung 2020

                                                                                                               12
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Der negative Pendlersaldo (- 2.907 Personen) verdeutlicht die hohe Bedeutung Leutenbachs als
Wohnstandort, u. a. für Pendler in die umliegenden Städte Winnenden, Waiblingen / Fellbach
und Backnang, aber auch in Richtung Stuttgart (Hinweis auf S-Bahn-Anschluss). Leutenbach ver-
fügt über ein hohes Kaufkraftniveau12. Mit einem Wert von 110,2 liegt die Gemeinde deutlich
über dem Bundesdurchschnitt von 100.

Alle drei Wohnbezirke sind überwiegend durch Wohnnutzung dominiert, wobei in Leutenbach
der höchste Anteil weiterer Nutzungen, wie z. B. Einzelhandel, Dienstleistungen und Gastrono-
mie, vorzufinden ist. Im Wohnbezirk Leutenbach ist neben der Konzentration kleinerer Anbieter
in der Ortsmitte auf die Lebensmittelmärkte Aldi und Netto an der südlichen Gemarkungsgrenze
Richtung Winnenden hinzuweisen. Die beiden Wohnbezirke Weiler zum Stein sowie Nellmers-
bach verfügen jeweils über einen größeren Versorgungsstandort (Netto in Weiler zum Stein,
Rewe in Nellmersbach) sowie über vereinzelt verstreute Einzelhandelsbetriebe unterschiedlicher
Branchen. So findet sich z. B. in Weiler zum Stein der Raiffeisenmarkt oder in Nellmersbach das
Blumencenter Rieger. Damit ist jeweils eine Grundversorgung in den Wohnbezirken gegeben.

2.     Aktuelle Versorgungssituation im Lebensmitteleinzelhandel

Zur Bewertung der Angebotssituation in Leutenbach und im Umland wurde von der GMA im Feb-
ruar 2020 eine Erhebung der projektrelevanten Einzelhandelsbetriebe durchgeführt.

2.1    Angebotssituation in Leutenbach

In Leutenbach ist neben dem Aldi-Markt im Lebensmittelbereich auf folgende strukturprägende
Anbieter hinzuweisen:

                                                   Netto (Discounter), Winnender Straße 37,
                                                   ca. 850 – 900 m² VK
                                                   Lage im unmittelbaren Standortumfeld von Aldi Rich-
                                                   tung Winnenden. Durchschnittlich leistungsfähiger An-
                                                   bieter mit gewissem Verbesserungspotenzial, mit Bä-
                                                   ckerei in der Vorkassenzone.
                                                   Lage außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches;
                                                   übernimmt aber Nahversorgungsfunktion.

                                                   Netto (Discounter), Wohnbezirk Weiler zum Stein
                                                   ca. 750 – 800 m² VK
                                                   Lage am Ortsrand von Weiler zum Stein mit direktem
                                                   baulichem Zusammenhang zum Wohngebiet „Schafä-
                                                   cker“; moderner, leistungsfähiger Anbieter mit Bäcke-
                                                   rei in der Vorkassenzone.
                                                   Lage außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches;
                                                   übernimmt Grund- und Nahversorgung für den gesam-
                                                   ten Wohnbezirk Weiler zum Stein.

12
       MB Research (MBR), Nürnberg, Stand 2018.

                                                                                                           13
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

                                                   Rewe (Supermarkt), Wohnbezirk Nellmersbach
                                                   ca. 1.200 m² VK
                                                   Lage im Gewerbegebiet „Halde“ mit Anbindung an die
                                                   B 14; moderner, leistungsfähiger Anbieter mit Bäckerei
                                                   in der Vorkassenzone und angeschlossenem Getränke-
                                                   markt.
                                                   Lage außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches;
                                                   übernimmt Grund- und Nahversorgung für den gesam-
                                                   ten Wohnbezirk Nellmersbach.

Neben den aufgeführten strukturprägenden Wettbewerbern sind in der Gemeinde Leutenbach
zudem mehrere Betriebe des Lebensmittelhandwerks und Spezialanbieter (u. a. Tee, Getränke
im Raiffeisenmarkt etc.) ansässig. Im Lebensmittelbereich ist insgesamt eine Gesamtverkaufsflä-
che von rd. 4.100 – 4.200 m² vorhanden. Damit wird in Leutenbach ein Umsatz im Nahrungs- und
Genussmittelsektor in einer Größenordnung von rd. 19 – 20 Mio. € erzielt (inkl. Aldi Bestand).

Insgesamt stehen den Einwohnern quantitativ, bezogen auf die Hauptanbieter13, ca. 327 m² VK /
1.000 EW zur Verfügung. Ordnet man diesen Wert im Vergleich zum Bundesdurchschnitt von ca.
436 m² VK / 1.000 EW ein, zeigt sich, bezogen auf die Gesamtgemeinde, noch ein gewisses Ent-
wicklungspotenzial. Eine Erweiterung von Aldi um rd. 390 m² VK würde eine Erhöhung des Wer-
tes auf 360 m² VK / 1.000 EW bedeuten. Damit bewegt sich der Wert auch nach Umsetzung des
Vorhabens weiterhin signifikant unterhalb des Bundesdurchschnitts.

Die Versorgung durch mind. einen Lebensmittelmarkt ist in jedem der Leutenbacher Wohnbe-
zirke gegeben. Qualitativ betrachtet verfügen der Rewe-Markt im Wohnbezirk Nellmersbach und
der Netto-Markt im Wohnbezirk Weiler zum Stein, bezogen auf das jeweilige Einwohnerpoten-
zial, über eine ausreichende Verkaufsflächengröße und weisen ein modernes und leistungsfähi-
ges Erscheinungsbild auf. Für den Aldi-Markt und den Netto-Markt im Wohnbezirk Leutenbach
ist jeweils ein gewisser Modernisierungsbedarf (u. a. äußeres Erscheinungsbild, Warenpräsenta-
tion) festzuhalten.

Als weiterer Referenzwert kann die Zentralität der bestehenden Handelsbetriebe einer Kom-
mune herangezogen werden. Stellt man den Umsatz der bestehenden Betriebe im Nahrungs-
und Genussmittelbereich in Leutenbach von ca. 19,5 Mio. € der Kaufkraft der Leutenbacher
Wohnbevölkerung von ca. 28,3 Mio. € gegenüber, ergibt sich eine Zentralität von ca. 69 % bzw.
im Umkehrschluss ein Kaufkraftabfluss von ca. 8,8 Mio. €.

Dieser resultiert aus der dichten Wettbewerbssituation, u. a. im benachbarten Winnenden (vgl.
folgende Tabelle) bzw. den Großflächenstandorten von z. B. Kaufland im nördlich angrenzenden

13
       Für einen Vergleich des Verkaufsflächenbestandes werden die Verkaufsflächenerhebungen des Europäi-
       schenHandelsInstitutes (EHI) herangezogen. Dieses ermittelt jährlich den Verkaufsflächenbestand des Le-
       bensmitteleinzelhandels in Deutschland. Dabei werden Spezialgeschäfte (z. B. Biomärkte) und nicht orga-
       nisierter Lebensmitteleinzelhandel (u. a. Hofläden) sowie Lebensmittelhandwerksbetriebe (Bäckereien,
       Metzgereien) und Getränkemärkte nicht berücksichtigt. Die Verkaufsfläche der Betriebe wird dabei inkl.
       Nonfood-Verkaufsfläche erfasst.

                                                                                                                 14
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Backnang und real im Rems-Park in Waiblingen. Beide Großflächenstandorte sind abhängig vom
Wohnbezirk schnell über die B14 erreichbar14.

Ein rechnerischer Kaufkraftabfluss von ca. 8,8 Mio. € zeigt im Umkehrschluss, dass der zusätzliche
Umsatz durch die Erweiterung von Aldi vollständig aus der Bindung des Kaufkraftpotenzials der
Standortkommune Leutenbach erwirtschaften werden könnte und rechnerisch keine Zuflüsse
von außerhalb erforderlich wären.

2.2      Versorgungsstrukturen im Umland

Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Winnenden sind insbesondere die Anbieter im Winnender
Stadtgebiet als Wettbewerber relevant. Ergänzend sind noch die Wettbewerber in Schwaikheim
anzuführen. Auch auf die Großflächenstandorte von Kaufland in Backnang (Süd / Industriestraße)
und real in Waiblingen / Rems-Park ist hinzuweisen. Diese sind zügig und einfach über die B 14 zu
erreichen. Beispielsweise ist das Kaufland im Backnanger Süden aus dem Wohnbezirk Nellmers-
bach i. d. R. innerhalb von 10 Minuten erreichbar. Aus dem Kernort Leutenbach beträgt die Fahrt-
zeit zum Rems-Park lediglich 12 Minuten.

Folgende strukturprägende Lebensmittelanbieter beeinflussen die Kundenorientierung im Un-
tersuchungsraum:
Tabelle 2:        Strukturprägende Wettbewerber in den Nachbarkommunen
     Kommune /     Betriebs-         VK                                                           Lage im
                                                        Lage / Leistungsfähigkeit
      Betreiber      typ*          in m²                                                           Zvb**
 Winnenden
                                   1.400   Waiblinger Straße; Gewerbegebietslage; ak-
 Lidl                DISC        (nach Er- tuell im (Neu)Bau befindlich; sehr leistungs-             ---
                                weiterung) fähiger Anbieter
                                           Innenstadtlage im EG eines Wohn- und Ge-
 Norma               DISC           500    schäftshauses; in die Jahre gekommener An-                x
                                           bieter; beengte Verhältnisse
                                           Schorndorfer Straße, Ortsrandlage; moder-
 Aldi                DISC          1.000                                                             ---
                                           ner Anbieter; wurde 2019 eröffnet
                                           Marbacher Straße; Standortkombination mit
 Edeka                SM           1.500                                                             ---
                                           Deichmann; Lage hinter dem Bahnhof
                                           Wiesenstraße; moderner Anbieter; proble-
 Edeka                SM           1.000                                                             ---
                                           matische Parkplatzsituation
                                           Waiblinger Straße, Gewerbegebietslage mit
 Rewe               gr. SM         2.500                                                             ---
                                           separat zugänglichem Getränkemarkt
                                           Adlerplatz, zentrale Innenstadtlage im EG ei-
 Rewe                 SM           1.100   nes Wohn- und Geschäftshauses, moderner                   x
                                           Anbieter

14
         Bezogen auf den Einzelhandel insgesamt (Quelle: MB Research2018) wird für Leutenbach ein Wert von
         52 – 53 % ausgewiesen. Dieser Wert liegt im Vergleich zu anderen Kommunen auf einem unterdurch-
         schnittlichen Niveau. Dies ist wie auch im Lebensmittelsegment auf die Stärke von Winnenden zurückzu-
         führen.

                                                                                                                 15
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

  Kommune /        Betriebs-         VK                                                      Lage im
                                                      Lage / Leistungsfähigkeit
   Betreiber         typ*          in m²                                                      Zvb**
                                             Spezialanbieter, randliche Innenstadtlage,
 denn’s             Bio-SM          400      nordwestlich der Ringstraße im EG eines
                                             Wohn- und Geschäftshauses
                                             Nahversorgungszentrum Schelmenholz,
 Bonus               SM             500      Wohngebietsversorger, etwas in die Jahre           x
                                             gekommener Anbieter
 Schwaikheim
                                             zentrale Ortsmitte, in die Jahre gekomme-
 Netto               DISC           300                                                         x
                                             ner Anbieter mit zu geringer Verkaufsfläche
                                             Randliche Ortsmitte, etwas in die Jahre ge-
 Edeka               SM             600      kommener Anbieter mit problematischer              x
                                             Andienung; Weiterbetrieb fraglich
 Edeka                             1.300
                     SM                      zentrale Ortsmitte; aktuell im Bau befindlich      x
 2. Standort                     (geplant)
*         DISC = Discounter, SM = Supermarkt, gr. SM = großer Supermarkt
**        zentraler Versorgungsbereich (Winnenden: gemäß EHK 2016; Schwaikheim: Ortsmitte)
GMA-Erhebung Februar 2020

Neben den größeren Lebensmittelanbietern ist insbesondere in Winnenden eine Vielzahl von Be-
trieben des Lebensmittelhandwerks (Bäckereien, Metzgereien) sowie Spezialanbietern wie Ge-
tränkemärkte, Confiserie, Obst- und Gemüsehändler, Rösterei, ethnische Supermärkte etc. vor-
handen.

3.     Konzentrationsgebot – landesplanerische Vorgaben

Zunächst ist in einem ersten Schritt zu bewerten, ob der Standort Leutenbach unter landes- und
regionalplanerischen Gesichtspunkten zur Ansiedlung bzw. Erweiterung großflächiger Einzelhan-
delsbetriebe geeignet ist. Hierfür ist die sog. „raumordnerische Kernregelung / Konzentrations-
gebot“ zu prüfen.

Maßgeblich hierfür ist das Ziel 3.3.7 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg:
       3.3.7 (Z)     Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflä-
                     chige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte)
                     sollen sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen; sie dürfen in
                     der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet o-
                     der erweitert werden.
                     Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemein-
                     den ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn
                              dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der
                               Grundversorgung geboten ist oder
                              diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen be-
                               nachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen
                               sind.

                                                                                                       16
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Karte 2:              Wettbewerbssituation

                                                                               zentraler Versorgungsbereich
                                                                               „Innenstadt“

                                                                           P

                                                                               zentraler Versorgungsbereich
                                                                               „Nahversorgungszentrum
                                                                               Schelmenholz“

                                                                               Kartengrundlage EHK Winnenden 2016,
 Quelle: openstreetmap-Mitwirkende; Bearbeitung: GMA 2020                      GMA-Bearbeitung 2020

                                                                                                               17
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Auch im Regionalplan für die Region Stuttgart15 und im Einzelhandelserlass Baden-Württem-
berg16 wird die o. g. Regelung aufgegriffen.

Im Falle von Leutenbach greift zum einen der Tatbestand der „raumstrukturellen Gegebenheiten
zur Sicherung der Grundversorgung“ durch das Zusammenwachsen Leutenbachs mit dem Sied-
lungsbereich des Unterzentrums Winnenden im Verdichtungsraum Stuttgart. Zum anderen ist
das Thema der Grundversorgung anzuführen. Der Aldi-Markt ist als Grund- und Nahversorger für
Leutenbach zu klassifizieren. Folgende Aspekte unterstreichen diese Bewertung:

      Sortiment: Ausschließlich der Grundversorgung dienen gemäß Regionalplan Stuttgart
       solche Betriebe, deren Kernsortiment Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Ge-
       tränke und Drogeriewaren umfasst. Dies ist auch beim Anbieter Aldi der Fall. Der Anteil
       der Nebensortimente darf 10 % der Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes nicht
       überschreiten.

      Fußläufiges Einzugsgebiet: Innerhalb eines 10 Minuten-Fußwegs (800 m) ist der Markt
       aus dem Großteil des Wohnbezirkes Leutenbach (Kernort) zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund sind in Leutenbach „besondere raumstrukturelle Gegebenheiten“ fest-
zuhalten, um von der Ausnahmeregelung des Konzentrationsgebotes Gebrauch zu machen.

Das Konzentrationsgebot wird erfüllt.

15
       Quelle: Regionalplan Region Stuttgart, Plansatz 2.4.3.2.2 (Z).
16
       Quelle: Einzelhandelserlass Baden-Württemberg 2001, S. 103, Kapitel 3.2 raumordnerische Kernregelung,
       S. 10 ff.

                                                                                                               18
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

III. Integrationsgebot

Zur Prüfung des Integrationsgebotes ist der Untersuchungsstandort unter Berücksichtigung rele-
vanter Kriterien wie Lage zum zentralen Versorgungsbereich, Lage zu den Wohngebieten (= Nah-
versorgungfunktion) sowie verkehrliche Erreichbarkeit einzuordnen und hinsichtlich seiner städ-
tebaulichen Integrationsfähigkeit und seiner Nahversorgungsfunktion zu beurteilen.

1.     Mikrostandort „Winnender Straße“

Der zur Erweiterung bzw. zum Neubau vorgesehene Aldi-Lebensmitteldiscounter befindet sich
im südlichen Gemeindegebiet / Wohnbezirk Leutenbach, unweit der Gemarkungsgrenze zur
Stadt Winnenden.

Das Standortumfeld ist durch eine Gemengelage unterschiedlicher Nutzungen geprägt. Handels-
bezogen ist auf den unmittelbar östlich der Winnender Straße befindlichen Netto-Lebensmittel-
markt und auf das „Brot & Kaffeehaus Mildenberger“ nördlich der Südrandstraße (K 1898) hinzu-
weisen. Im Bereich des Tonwegs im Umfeld des Marktes befinden sich mehrgeschossige Wohn-
gebäude. Der Schwerpunkt der verdichteten Wohnbebauung befindet sich nördlich sowie nord-
westlich der Südrandstraße auf dem Gemarkungsgebiet der Gemeinde Leutenbach (Holunder-/
Wacholderstraße, Winnender Straße, Brückenstraße). Südlich des Marktes sind vereinzelt Ge-
werbebetriebe an der Ziegeleistraße ansässig, wobei sich Teilbereiche bereits auf Winnender Ge-
markung befinden. Westlich des Marktes steigt das Gelände an. Hier befinden sich neben verein-
zelten Grünstreifen Gebäude der Gemeinschaftsunterkunft.

Verkehrlich ist der Standort über die Südrandstraße sowie die Winnender Straße aus Richtung
Leutenbach bzw. Winnenden sehr gut zu erreichen. An den ÖPNV ist der Standort durch die Hal-
testelle „Winnender Straße“, welche sich unmittelbar am Aldi-Markt befindet, angeschlossen.
Durch die exponierte Lage am südlichen Ortseingang (Kreisverkehr) ist der Standort zudem von
den Hauptverkehrsträgern sehr gut einsehbar.
Foto 1:         Aldi-Markt mit vorgelagertem            Foto 2:            Östlich angrenzendes Wohn-
                Parkplatz; Wohngebäude am                                  gebäude am Tonweg und
                Tonweg                                                     Winnender Straße (Blickrich-
                                                                           tung Winnenden)

                                                                                                          19
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Foto 3:         Brot & Kaffeehaus Mildenber-             Foto 4:           Südlich angrenzende Gewer-
                ger (inkl. Parkplatz); Blickrich-                          beflächen der Fa. Kärcher
                tung Norden / Südrandstraße;
                Wohngebiet Holunderstraße

GMA-Aufnahmen 2020

Die nächstgelegenen Wohngebiete befinden sich nördlich der Südrandstraße im Bereich Holun-
der-/Wacholderstraße (ca. 150 m) bzw. entlang der Winnender Straße nach Nordwesten (ca. 50
– 100 m). Die fußläufige Erreichbarkeit ist somit vollständig gegeben. Querungsmöglichkeiten
befinden sich im Bereich des Verkehrskreisels sowie in Form einer Bedarfsampel an der Winnen-
der Straße im Bereich der Bushaltestellen.

Der Standort übernimmt trotz seiner exponierten Lage in hohem Maße Nahversorgungsfunktion,
da ein fußläufiges Einzugsgebiet durch die unmittelbare Nähe zu den Wohngebieten sowie eine
direkte Anbindung durch Fuß- und Radwege vorhanden ist. Die Standortlage ist demnach sowohl
auf Laufkundschaft als auch auf Autokunden orientiert.

Abbildung 2: Fußläufiges Einzugsgebiet (ca. 800 m-Laufdistanz) des Aldi-Marktes in Leu-
             tenbach

Kartengrundlage GfK GeoMarketing, GMA-Bearbeitung 2020

                                                                                                        20
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Karte 3:             Mikrostandort „Winnender Straße 36“ und Standortumfeld

                                                                                         Legende

                                                                                           P       Standort Aldi

                                                                                                   Ortsmitte Leutenbach
                                                                                                   Gemarkungsgrenze Leutenbach - Winnenden

                                                                                                   überwiegend Wohnnutzung

                                                                                                   überwiegend Gewerbe

                                                           P                                       Grünflächen etc.

                                                                                                         Bäckerei
                                                                                                       Mildenberger

                                                                                                                                             Netto

                                                                                                                             P

                                                                           Tunnel B 14                                                        Winnenden

 Quelle: openstreetmap-Mitwirkende; GMA-Bearbeitung 2020

                                                                                                                                                          21
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

2.     Integrationsgebot – landes- und regionalplanerische Vorgaben

Das Integrationsgebot gemäß Einzelhandelserlass Baden-Württemberg ist auf das Ziel 3.3.7.1 im
Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg zurückzuführen:

       „[...] Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich integrierten Stand-
       orten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Für nicht zentrenrelevante Wa-
       rensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen in Frage.“

Der Einzelhandelserlass Baden-Württemberg führt unter 3.2.2.3 weiter aus, dass ein Einzelhan-
delsgroßprojekt im zentralörtlichen Versorgungskern (Stadt- und Ortskern) errichtet oder erwei-
tert oder diesem in unmittelbarer Nähe zugeordnet werden soll, so dass in der Regel keine Be-
einträchtigung der Funktionsfähigkeit dieses Versorgungskerns der Standortgemeinde gegeben
ist.

       „[...] Solche Standorte haben deshalb Vorrang vor städtebaulichen Randlagen [...].“

Diesen Vorgaben wird auch seitens des Regionalplanes Stuttgart, Plansatz 2.4.3.2.1 (G) Rech-
nung getragen:

       (1) Die wohnungsnahe Grundversorgung (Nahversorgung) soll möglichst in allen Städ-
           ten und Gemeinden gewährleistet und gesichert werden. Einzelhandelsbetriebe
           sollen verbrauchernah und städtebaulich integriert in günstiger Zuordnung zu den
           Stadt- und Ortszentren oder zusammenhängenden Wohngebieten angesiedelt
           werden.

       (2) Bei der Standortwahl und der Verkehrserschließung von Einzelhandelsbetrieben
           soll Belangen der nicht oder nicht ständig über ein motorisiertes Individualver-
           kehrsmittel verfügenden Bevölkerung und mobilitätseingeschränkter Personen be-
           sondere Rechnung geschenkt werden. Die Standorte sollen für den Fußgänger- und
           Fahrradverkehr gut erschlossen und mit dem öffentlichen Personennahverkehr er-
           reichbar sein.

3.     Bewertung des Integrationsgebotes

Zur Bewertung des Integrationsgebotes sind folgende Aspekte hervorzuheben:

      Die nächstgelegene verdichtete Wohnbebauung ist zum einen im Bereich Holunder-/
       Wacholderstraße in ca. 150 m Entfernung und zum anderen entlang der Winnender
       Straße (Richtung Leutenbach) in ca. 50 – 100 m Entfernung vorhanden.

      Der Standort ist gut zu Fuß bzw. mit Fahrrad aus großen Teilen des Wohnbezirkes Leu-
       tenbach zu erreichen. Ergänzend ist auf die Winnender Wohnbevölkerung an der Ge-
       markungsgrenze hinzuweisen, die den Markt ebenfalls gut über Fuß- und Radwege
       entlang der Leutenbacher/ Winnender Straße erreichen kann (ca. 500 m).

                                                                                                  22
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

      Auch besteht Anschluss an den ÖPNV durch eine Haltestelle unmittelbar am Standort.
       Die Ortsmitte von Leutenbach am Löwenplatz liegt in kurzer Distanz (rd. 400 m ent-
       fernt).

Dem Integrationsgebot wird sowohl mit Blick auf die Vorgaben der Landesplanung als auch des
Regionalplans Stuttgart Rechnung getragen. Der Standort des Aldi-Marktes ist als siedlungs-
strukturell integriert zu bewerten.

                                                                                              23
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

IV.    Kongruenzgebot

Für die Prüfung des Kongruenzgebotes sind zunächst eine Abgrenzung und Zonierung des er-
schließbaren Einzugsgebietes und die Ermittlung des in diesem Gebiet vorhandenen Bevölke-
rungs- und Kaufkraftpotenzials vorzunehmen. Basierend darauf erfolgt eine Umsatzprognose, die
in der Folge eine Abschätzung der Herkunft des Umsatzes und damit eine Bewertung des Kon-
gruenzgebotes ermöglicht.

1.     Abgrenzung des Einzugsgebietes und Bevölkerungspotenzial

Die Abgrenzung des betrieblichen Einzugsgebiets stellt die wesentliche Grundlage für die Ermitt-
lung des Bevölkerungspotenzials und die damit zur Verfügung stehende Kaufkraft für den Lebens-
mittelmarkt dar. Als Einzugsgebiet wird in dieser Untersuchung derjenige Bereich definiert, inner-
halb dessen die Verbraucher den Standort voraussichtlich regelmäßig aufsuchen.

Bei der Abgrenzung des Einzugsgebietes des Aldi-Discounters mit künftig ca. 1.371 m² VK wurden
in erster Linie folgende Punkte berücksichtigt:

      Projektkonzeption (Sortimentsstruktur, Verkaufsflächendimensionierung, Leistungsfä-
       higkeit, Bekanntheit des Betreibers usw.) und daraus zu erwartende Wirkungen auf die
       Einkaufsorientierung der Bevölkerung

      Erreichbarkeit des Standorts für potenzielle Kunden, unter Berücksichtigung verkehr-
       licher, topografischer und siedlungsstruktureller Bedingungen

      projektrelevante Wettbewerbssituation im Untersuchungsraum (v. a. Lage und Er-
       reichbarkeit anderer leistungsstarker Lebensmittelmärkte)

      Filialnetz des Betreibers mit einem weiteren Filialstandort im Osten von Winnenden

      Zeit- / Distanzwerte des Verbraucherverhaltens (= empirische Erfahrungswerte).

      Ergebnisse aus anderen GMA-Untersuchungen in der Region (u. a. Leutenbach, Win-
       nenden, Schwaikheim, Burgstetten). 17

Unter Berücksichtigung der o. g. Aspekte und insbesondere des bestehenden Filialstandortes der
Fa. Aldi im Osten von Winnenden (nur ca. 2,4 km Entfernung), welcher erst 2019 eröffnet wurde,
kann festgehalten werden, dass sich das regelmäßige Einzugsgebiet im Wesentlichen auf die Ge-
meinde Leutenbach insgesamt mit ca. 11.600 Einwohnern (Zonen Ia und Ib) und auf angrenzende
Bereiche von Winnenden mit ca. 11.400 Einwohnern (Zone II) beschränken wird.

17
       Die GMA hat in Deutschland bereits viele hundert Verbraucherbefragungen durchgeführt, so dass zum
       Verbraucherverhalten aussagefähige Erkenntnisse vorliegen.

                                                                                                           24
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Karte 4:             Betriebliches Einzugsgebiet des Aldi-Marktes in Leutenbach

                                                                                                    Erreichbarkeiten der Aldi-Standorte in Leutenbach und Winnenden

                                                                                                                            P

                                                            P

                                                                                                                          Darstellung: GMA-Bearbeitung 2020
                                                                                                                          Kartengrundlage: GfK GeoMarketing 2018

                                                                                                                                          Bessere Erreichbarkeit des Aldi-Standortes
                                                                                         weiterer Aldi-Standort im                        in…
                                                                                            Winnender Osten
                                                                                                                                                   Leutenbach

                                                                           P                                                                       Winnenden
                                                                               Standort Aldi

                                                                               Zone Ia (WB Leutenabch)

                                                                               Zone Ib (WB Weiler zum Stein,
                                                                               Nellmersbach)

                                                                               Zone II
 Quelle: openstreetmap-Mitwirkende; GMA-Bearbeitung 2020

                                                                                                                                                                                  25
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Dieser Wert resultiert aus einer GIS-basierten Analyse zur Erreichbarkeit der Aldi-Standorte in
Leutenbach und Winnenden und umfasst jene Einwohner der Stadt Winnenden, die den Leuten-
bacher Standort schneller und günstiger erreichen können als den Aldi-Markt im Winnender Os-
ten (vgl. Karte 4).

Perspektivisch ist auf den Einwohnerzuwachs im Winnender Baugebiet „Adelsbach“ auf dem
Hungerberg mit ca. 650 Einwohnern hinzuweisen. Dieser Stadtbereich ist räumlich teilweise auf
den Aldi-Standort in Leutenbach ausgerichtet.

Darüber hinaus ist aufgrund der Distanzen zu den alternativen Aldi-Standorten in Backnang,
Weissach und Remseck-Hochberg auch von gewissen Streuumsätzen z. B. aus Schwaikheim aus-
zugehen.

2.     Vorhabenrelevantes Kaufkraftpotenzial

Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes sowie eigenen Berechnungen beträgt die la-
deneinzelhandelsrelevante Kaufkraft einschließlich der Ausgaben im Lebensmittelhandwerk in
Deutschland pro Kopf der Wohnbevölkerung
                                               ca. 6.035 €.18

Bezogen auf den Aldi-Markt, dessen Schwerpunkt im Nahrungs- und Genussmittelbereich (ohne
Nearfood), betragen die Pro-Kopf-Ausgaben
                                               ca. 2.210 €.19

Bei der Kaufkraftberechnung für das Einzugsgebiet ist darüber hinaus das lokale Kaufkraftni-
veau20 zu beachten. Gemäß aktueller Kennziffer von MB Research liegt das Kaufkraftniveau in
Leutenbach bei 110,2 (Bundesdurchschnitt = 100,0) und ist damit überdurchschnittlich. In den
Nachbarkommunen liegt ebenfalls ein überdurchschnittliches Kaufkraftniveau vor (Schwaikheim
106,8 und Winnenden 107,3).

Im Einzugsgebiet beläuft sich das Kaufkraftpotenzial für Lebensmittel somit auf ca. 55,2 Mio. €.
Davon entfallen auf

      Zone Ia (WB Leutenbach)                                                              ca. 12,2 Mio. €

      Zone Ib (WB Weiler zum Stein, Nellmersbach)                                          ca. 16,1 Mio. €

      Zone II (Teilbereiche von Winnenden)                                                ca. 27,0 Mio. €.

Die bei der Abgrenzung des Einzugsgebiets aufgeführten Verflechtungen mit den Nachbarkom-
munen wie z. B. Schwaikheim und werden bei der Umsatzprognose in Form von Streuumsätzen
angemessen berücksichtigt.

18
       Ohne Kaufkraftanteil verschreibungspflichtiger Medikamente bei Apotheken.
19
       Ohne Randsortimente (Nonfood I = Nearfood wie z. B. Drogeriewaren und Nonfood II).
20
       Quelle: MB Research, 2018. Das Kaufkraftniveau wird auf Basis der amtlichen Steuerstatistik berechnet.

                                                                                                                26
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

Zusätzlich werden bei Lebensmittelmärkten Anteile des Umsatzes mit Randsortimenten aus dem
Nichtlebensmittelbereich generiert. Diese liegen im Fall des Aldi-Marktes bei ca. 20 %. Dabei han-
delt es sich ganz überwiegend um andere nahversorgungsrelevante Sortimente (i. W. Drogerie-
waren, Tiernahrung).

3.       Umsatzprognose des Gesamtvorhabens

Die potenzielle Umsatzleistung des zur Erweiterung vorgesehenen Aldi-Lebensmitteldiscounters
wird anhand des Marktanteilkonzepts berechnet. Dieses stellt dem relevanten Angebot im Un-
tersuchungsraum das für das Einzugsgebiet errechnete Nachfragevolumen (Kaufkraft) gegen-
über. Allerdings lässt das Marktanteilkonzept keine direkten Rückschlüsse auf die durch das Vor-
haben ausgelösten Umsatzumlenkungen zu. Mit der Frage, wo die durch das Vorhaben generier-
ten Umsätze bisher gebunden sind und welche Folgen die Erweiterung für die vorhandenen
Wettbewerber hat, setzt sich dann die Betrachtung der Umsatzumverteilungen auseinander. Im
Anschluss daran werden die möglichen städtebaulichen und versorgungsbezogenen Wirkungen
analysiert.

In Leutenbach sind im Discountsegment neben Aldi noch zwei Netto-Märkte vorhanden; zum ei-
nen im direkten Standortumfeld und zum anderen als Versorgungsstandort im Wohnbezirk Wei-
ler zum Stein. In Winnenden spielen die Discounter Aldi, Lidl und Norma eine entscheidende
Rolle.

Folgende Umsatzprognose lässt sich für den erweiterten Aldi-Markt mit 1.371 m² VK anhand des
Marktanteilkonzeptes ermitteln:21
Tabelle 3:        Umsatzerwartung anhand des Marktanteilkonzeptes (Aldi mit 1.371 m² VK)

                 Kaufkraft     Marktanteil        Umsatz        Umsatz Non-         Umsatz        Umsatzan-
     Kom-
                   Food          Food              Food            food*            gesamt           teil
     mune
                 in Mio. €        in %           in Mio. €       in Mio. €         in Mio. €        in %
Zone Ia               12,2              30              3,7               0,9             4,6             43
Zone Ib               16,1              15              2,4               0,6             3,0             28
Zone II               27,0            7–8               2,0               0,5             2,5             23
Weitere unregelmäßige Kundenver-
                                                        0,5               0,1             0,6              6
flechtungen
Insgesamt                                               8,6               2,1           10,7            100
*        Der Umsatzanteil im Nonfoodbereich (Nonfood I und II) beträgt beim Anbieter Aldi ca. 20 %. Hinsichtlich
         der Kundenherkunft wurde von mit dem Lebensmittelbereich vergleichbaren Werten ausgegangen.

GMA-Berechnungen 2020

Für das gesamte Vorhaben ergibt sich eine Umsatzerwartung von 10,7 Mio. €. Davon entfallen
ca. 8,6 Mio. € auf Nahrungs- und Genussmittel und ca. 2,1 Mio. € auf Nonfood-Randsortimente.

21
         Rechenvorgang: Kaufkraft der Wohnbevölkerung x Marktanteil = Umsatz des Vorhabens.

                                                                                                                   27
Auswirkungsanalyse Erweiterung Aldi-Lebensmitteldiscounter in Leutenbach

4.     Kongruenzgebot – landesplanerische Vorgaben

Das Kongruenzgebot bedeutet zunächst, dass Einzelhandelsgroßprojekte sich in das zentralörtli-
che System einfügen müssen. Dabei ist die raumordnerische Kernregelung zu beachten. Darüber
hinaus soll die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojektes so bemessen sein, dass deren Ein-
zugsgebiet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (vgl. Lan-
desentwicklungsplan 2002 Baden-Württemberg, Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z)).

Der Regionalplan Stuttgart greift die Zielsetzungen der Landesplanung im Plansatz 2.4.3.2.2 (Z)
auf. Darin heißt es u. a.:
       (2) Verkaufsflächenumfang und Einzugsbereich entsprechender Einrichtungen sind
       insbesondere auf die Einwohnerzahl des Zentralen Ortes und dessen Verflechtungsbe-
       reich abzustimmen. […]

Konkretisiert wurden diese Vorgaben durch die Regelung im Einzelhandelserlass Baden-Würt-
temberg. Punkt 3.2.1.4 führt dazu aus:
       „Eine Verletzung des Kongruenzgebots liegt vor, wenn der betriebswirtschaftlich an-
       gestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich
       der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist
       i.d.R. gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflech-
       tungsbereiches erzielt werden soll.“

5.     Bewertung des Kongruenzgebotes

Durch Abgleich der Umsatzprognose bzw. der Umsatzherkunft mit den landes- und regionalpla-
nerischen Vorgaben lässt sich das Kongruenzgebot gemäß Einzelhandelserlass Baden-Württem-
berg wie folgt bewerten:

      Das Einzugsgebiet des modernisierten Aldi-Marktes beschränkt sich im Kern auf die
       Gemeinde Leutenbach mit rd. 11.600 Einwohnern. Durch die Lage in unmittelbarer
       Nähe zur Gemarkung Winnenden ist von Umsatzanteilen aus dem westlichen Stadtge-
       biet von Winnenden (ca. 11.400 Einwohner) zu rechnen. Durch die Eröffnung des Aldi-
       Marktes im Jahr 2019 im Osten der Stadt werden aktuell weite Teile des Winnender
       Stadtgebietes jedoch über den neuen Standort versorgt. Eine vollständige Einbezie-
       hung des Winnender Stadtgebietes kann somit nicht erfolgen. Aufgrund der Entfer-
       nung zu weiteren Aldi-Standorten ist noch mit gewissen Streuumsatzanteilen aus z. B.
       Schwaikheim zu rechnen.

      Entscheidend bei der Bewertung ist, dass der Umsatzzuwachs von Aldi i. H. v. 2,4
       Mio. € (nur Food) vollständig durch die Kaufkraft der Wohnbevölkerung der Standort-
       kommune Leutenbach generiert werden könnte. Hier ist aktuell ein Kaufkraftabfluss
       von überschlägig ca. 8,8 Mio. € im Lebensmittelsegment festzuhalten. Rechnerisch wä-
       ren somit keine Zuflüsse von außen erforderlich.

                                                                                                  28
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