AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE

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AvM-DUAL

Rückblick auf zwei Jahre dualisierte Ausbildungsvorbereitung
für Migrantinnen und Migranten
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Die Arbeit
im Betrieb darstellen

Betriebliche Erfahrungen reflektieren
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Vorwort

                                       Liebe
                                 Leserinnen,
                                        liebe
                                      Leser,
das Schuljahr 2015/16 war geprägt durch die Zuwande-
rung von jungen Geflüchteten, darunter ein hoher Anteil
von unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen. Da in
Hamburg alle Jugendlichen, ob in Hamburg geboren           Seit dem 01. Februar 2016 ist die „Dualisierte Ausbil-
oder zugewandert, der Schulpflicht unterliegen, stellte    dungsvorbereitung für Migrantinnen und Migranten –
das auch die Hamburger Schulen vor eine große Heraus-      AvM-Dual“ mit integrierter betrieblicher Sprachförde-
forderung.                                                 rung das Regelangebot in Hamburg für neu zugewan-
Durch Änderungen im Aufenthaltsgesetz, Bundesaus-          derte Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren in
bildungsförderungsgesetz und der Beschäftigungsver-        Hamburg, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.
ordnung verbesserten sich ab 2014 zunehmend die            Durch die systematische Einbeziehung des betrieblichen
Zugangsmöglichkeiten für einzelne Flüchtlingsgruppen       Lernortes erproben sich die neu zugewanderten Ju-
zum Arbeitsmarkt. Um alle neu zugewanderten Jugend-        gendlichen in der betrieblichen Praxis, sie lernen unsere
lichen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus,            Kultur, das duale Ausbildungssystem mit dem Quali-
künftig besser auf eine berufliche Ausbildung, einen       tätssiegel „Made in Germany“ und Hamburger Betriebe
Schulabschluss oder Beschäftigung vorzubereiten,           kennen. Unterstützt werden sie durch betriebliche Inte-
startete das Hamburger Institut für Berufliche Bildung     grationsbegleiterinnen und Integrationsbegleiter. Das
(HIBB) im August 2014 das Pilotprojekt Dualisierte         verbessert deutlich ihre Erfolgschancen beim Übergang
Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und Migran-       in Ausbildung und Beschäftigung. Durch die integrierte
ten (AvM-Dual). Vorbild war das erfolgreiche Modell der    Sprachförderung im Betrieb und die enge Verzahnung
Dualisierten Ausbildungsvorbereitung (AvDual) für          mit dem Sprachunterricht in der Berufsschule erlernen
schulpflichtige Hamburger Jugendliche ohne berufliche      die Jugendlichen zudem schneller und nachhaltiger die
Anschlussperspektive nach Klasse 10.                       deutsche Sprache. Der Ganztag ermöglicht den Jugend-
Um den betrieblichen Lernort als wesentliches struktu-     lichen längere individuelle Lernzeiten und die Teilnahme
relles Element des Bildungsganges zu sichern, erfolgte     an vielfältigen Angeboten. Die Beiträge in dieser Bro-
die Einführung des Pilotprojektes in enger Abstimmung      schüre zeigen anhand vieler Beispiele, wie die Möglich-
mit allen Vertretern im Fachkräftenetzwerk, unter          keiten des Bildungsganges genutzt wurden und geben
anderem dem Unternehmensverband UVNord, der Han-           „AvM-Dual“ ein Gesicht.
delskammer und Handwerkskammer in Hamburg. Die             Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre und
Wirtschaftsvertreter unterstützten die Initiative aktiv,   danke allen Beteiligten für das umfassende Engagement
indem Hamburger Betriebe in großem Umfang Prakti-          und die beeindruckenden Ergebnisse.
kumsplätze für die jugendlichen Flüchtlinge zur Verfü-
gung stellten.
Diese zuverlässige Zusammenarbeit verstetigte sich,
nachdem der Bildungsgang AvM-Dual zum 01. Februar
2016 auf der Basis eines Bürgerschaftsbeschlusses in
die Fläche gegangen war. Bis zu 1400 Praktikumsplätze
mussten zeitweise zusätzlich zu den Bedarfen in ande-      Dr. Sandra Garbade
ren Bildungsgängen durch die Betriebe bereitgestellt       Geschäftsführerin Hamburger Institut
werden.                                                    für Berufliche Bildung (HIBB)
                                                                                                                       1
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Inhaltsverzeichnis
    Vorwort............................................... 1     BS15 ................................................... 28   BS31 ................................................ 48
    Impressum.......................................... 2        Projekt „Streitschlichter“: Reagierst                         AvM-Dual – Eine Herausforderung
                                                                 du noch oder gestaltest du schon?                             und bereichernde Erfahrung: Jede
    Birgit Kruse | Einführung ................ 3
                                                                 BS16 .................................................. 30    Schule kann das schaffen ...
    BS01................................................... 10
                                                                 Wir sind eine erfolgsorientierte                              BS32 ................................................. 50
    Gemeinsam Projekte planen und
                                                                 Klasse und Brückenbauer für andere                            Das Ankommen erleichtern: Soziales
    Feste feiern
                                                                 BS17 .................................................. 32    Partnerprojekt COMMUNITYYOGA |
    BS02................................................... 12                                                                 „InMigration“ – Eine Initiative von
                                                                 Potenziale nutzen – Projekte und
    Kulturelle Erlebnisse und                                                                                                  OTTO-Auszubildenden ...
                                                                 Vielfalt im Ganztag
    Sprachförderung
                                                                 BS18 ................................................... 34   Berufsbildungswerk Hamburg ...... 52
    BS04................................................... 14                                                                 Allrounder für das Leben in
                                                                 unterwegs! zusammen! wachsen!
    Poetry Slam: Leben in Deutschland                                                                                          Deutschland & Mittler auf dem Weg
    Musik hat mich verliebt gemacht                              BS01, BS04, BS08, BS10, BS13,
                                                                                                                               in Ausbildung
                                                                 BS24, BS27 ..................................... 35
    BS07 ................................................. 16                                                                  Beschäftigung + Bildung e.V. .... ... 54
                                                                 Schülerblog „Hamburg – was geht?!“
    Projekttag: AvM-Dual und AvDual                                                                                            Eine realistische Berufswahl­
    wächst zusammen                                              BS20 ................................................ 36
                                                                                                                               entscheidung treffen – ­
                                                                 Erlebnistag Logistik: 30 AvM-Dual
    BS08 ................................................ 18                                                                   mit professioneller Begleitung
                                                                 Jugendliche lernen Unternehmen
    Ship Ahoi: Alle an einem Boot                                                                                              passage gGmbH und KoALA e.V. ��� 55
                                                                 kennen
    BS09 ................................................ 20                                                                   Teamsitzungen
                                                                 BS21 ................................................ 38
    Buchprojekt: Kunst als Sprache der
                                                                 Freiräume ermöglichen                                         Hamburger ArbeitsassistenzgGmbH
    Sprachlosen | Kunstprojekt: Ich bin
                                                                 (Frei-)Räume erfahren                                         und basis & woge e.V. ..................... 56
    hier – hier bin ich
                                                                 BS24 ................................................ 40      Zukunftsaufgabe: „Inklusive
    BS10 ................................................. 22                                                                  Ausbildungsvorbereitung“
                                                                 Der Neubau im Niekampsweg: Viel-
    Der bunte AvM-Dual Ganztag an
                                                                 falt unter einem Dach | Teamarbeit                            Feedback der Schülerinnen und
    der GELUTEC
                                                                 an der BS24: Umgang mit Vielfalt                              Schüler ............................................. 58
    BS11 ................................................ 24
                                                                 BS27 ................................................ 42      Anhang
    Projekt im Ganztag: Salt Pauli
                                                                 GAZELLEyoung – Schülerzeitung |                               Drucksache ..................................... 60
    BS12 ................................................ 25     AvM61 – ein Patenprojekt                                      Programm der Fachtage ............... 65
    „Können wir nicht vielleicht auch
                                                                 BS28 ................................................ 44      Planungshilfe für die Erarbeitung
    einen anderen Sport machen?“
                                                                 Gemeinschaft stärken –                                        einer Lernsituationen .................... 69
    BS13 ................................................ 26     Begegnungen ermöglichen: „Mensch!
    Schulsozialpädagogik an der BS13 |                                                                                         Feedback Fachtag 27.02.18 ......... 71
                                                                 Respekt!“
    Praktikumspräsentationen in bran-
                                                                 BS29 ................................................ 46
    chenspezifischen Gruppen | Schüler-
                                                                 Ausbildungsvorbereitung dual & in-
    film Anlagemechaniker Industrie
                                                                 klusiv für neu Zugewanderte: Ganz
                                                                 schön bunt

     IMPRESSUM
     Hamburger Institut für                                      Gestaltung                                                    Alle Rechte beim Herausgeber
     Berufliche Bildung (HIBB)                                   Marianne Marheineke                                           Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit
     Hamburger Str. 131, 22083 Hamburg                                                                                         Genehmigung der Herausgeber gestattet.
     Geschäftsführung: Dr. Sandra Garbade                        Druck
     www.hibb.hamburg.de                                         Riemerdruck Hamburg                                           Redaktionsschluss
                                                                 auf 100% Recycling-Papier gedruckt
                                                                                                                               28. Mai 2018, 1. Auflage 2018 Hamburg
     Herausgeber:
     Hartmut Sturm, Birgit Kruse                                 Fotos
                                                                                                                               Rückfragen an:
                                                                 U1-U4: Janina Kasami, Marianne
     Redaktion                                                   Marheineke, Heinrich Achim Meier,                             informationszentrum@hibb.hamburg.de
     Claudia Schmidt, Gisela Wald                                Gisela Wald, S. 1: Christian Stelling,
                                                                 Fotos auf den Innenseiten: Schulen/
                                                                 Träger (Nachweis auf den Einzelseiten)

2
AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE
Einführung

Die dualisierte Ausbildungsvorbereitung
für jugendliche Migrantinnen und Migranten
(AvM-Dual) mit integrierter Sprach­förderung
am betrieblichen Lernort
Birgit Kruse
Leiterin des Referats „Übergangsmanagement und berufliche Qualifizierung“
im Hamburger Institut für berufliche Bildung – HIBB, Hamburg

Wenn Visionen Realität werden                                 1. 
                                                                 d ie halbtäglichen Schulangebote für jugendliche
Die Bilanzierung des ESF-Projektes AvDual (2011-2014)            Flüchtlinge in den beruflichen Schulen nach dem Vor-
„Die Zukunft sichern: Jugend, Ausbildung, Teilhabe“              bild des erfolgreichen Bildungsangebots „Ausbil-
schließt mit einer Vision im letzten Kapitel „Chancen-           dungsvorbereitung Dual“ in ein ganztägiges Angebot
gleichheit durch Dualisierung – Ausbildungsvorberei-             umzugestalten.
tung 2020“1                                                   2. in diesem Rahmen in Zusammenarbeit mit Kammern,
                                                                 Wirtschaft und Gewerkschaften umfangreiche be-
„Unsere Vision für 2020 ist, dass das Prinzip der Duali-         triebliche Praktika in das künftige Bildungsangebot
sierung weiter an BREITE und TIEFE gewinnt. Der au-              zu integrieren.
ßerschulische Lernort soll in der Ausbildungs- und Be-        3. i m Rahmen der Unterrichtsangebote eine gute
rufsvorbereitung aller Schulen für alle Schüler realisiert        Sprachförderung sicherzustellen.
sein.“ 2 Es werden die Gruppen der neu zugewanderten          4. im Rahmen der Unterrichtsangebote den einfachen
jungen Menschen und Jugendliche mit Behinderung                   oder mittleren Schulabschluss zu ermöglichen.
identifiziert als Jugendliche, die bis dahin von der Duali-   5. die neuen Angebote unabhängig vom Aufenthaltssta-
sierung der Bildungsgänge nicht erreicht wurden. Es               tus allen jugendlichen Flüchtlingen zu ermöglichen.
gab allerdings bereits Pläne:                                 6. der Bürgerschaft im 1. Quartal 2016 über die einge-
                                                                  leiteten Maßnahmen zu berichten.
- f ür ein Pilotprojekt „dualisierte Ausbildungsvorberei-
  tung für Migrantinnen und Migranten (AvM)“ für 180          Seit dem 01. Februar 2016 ist der Bildungsgang
  neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler mit Start         AvM-Dual das Regelangebot für neu zugewanderte
  zum Schuljahr 2014/15 zur Erprobung dualisierter            schulpflichtige Jugendliche ab 16 Jahren unabhängig
  Strukturen sowie der Entwicklung und Erprobung ei-          von ihrem Aufenthaltsstatus. Mit der Drucksache
  nes integrierten Sprachförderkonzeptes als Weiter-          21/78724 erfolgte am 07.02.2017 die Absicherung des
  entwicklung der bisherigen Bildungsgänge „Vorberei-         Bildungsganges durch die offizielle Stellungnahme des
  tungsjahr für Migrantinnen und Migranten (VJ-M)“ und        Senats zur Drucksache 21/1953. Die Vision wurde Rea-
  „Berufsvorbereitungsjahr für Migrantinnen und               lität!
  Migranten (BVJ-M)“ und
                                                              Inhalte gemeinsam erarbeiten und Schulen
- für die inklusive Ausgestaltung des Übergangssys-          gut begleiten
  tems Schule – Beruf im Rahmen des ESF geförderten           Mit einem Implementierungsprojekt AvM-Dual (August
  Projektes „dual&inklusiv (d&i)“.                            2016 bis Juli 2018) hat das HIBB eine Begleit- und Qua-
                                                              lifizierungsstruktur aufgebaut, die die berufsbildenden
Das ESF-Projekt „d&i“ wurde 2017 erfolgreich abge-            Schulen und die Lehrkräfte in der Umsetzung des Bil-
schlossen. Als Ergebnis wird die im Rahmen des Projek-        dungsganges und den damit zusammenhängenden Her-
tes entwickelte und erprobte Leistung „Arbeitsassis-          ausforderungen unterstützt und begleitet hat. Ein Pro-
tenz“ zukünftig für Schülerinnen und Schüler mit Assis-       jektleitungsteam hat gemeinsam mit Kolleginnen und
tenzbedarf für alle Bildungsgänge fest im Haushalt            Kollegen die Schulen begleitet und
2019/20 des HIBB verankert sein.                              - d ie Ergebnisse und die entwickelten Instrumente aus
                                                                 dem Pilotprojekt AvM gesichert und in das neue Pro-
Noch bevor der erste Durchgang des Pilotprojektes                jekt überführt,
AvM am 31. Juli 2016 entlassen wurde, erging auf der          - in den aus erfahrenen Pilot- und Neueinsteigerschulen
Grundlage der Drucksache 21/1953 „Schulabschluss                 gebildeten Schulkreisen den Austausch moderiert, in
und Ausbildungsvorbereitung für jugendliche Flüchtlin-           Einzelfragen beraten sowie Qualifizierungsformate or-
ge“ 3 vom 16.10.2015 der Beschluss,                              ganisiert und umgesetzt,
                                                                                                                         3
AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE
Einführung

    - v ier zentrale Fachtage mit jeweils ca. 400 Teilneh-            zess sind die Sicherung und Anerkennung bereits
      merinnen und Teilnehmern durchgeführt 5                          erworbener Kompetenzen des Jugendlichen wichtig, um
    - sowie inhaltlich in Teilprojektgruppen zu Themen wie            Ablehnungen und Ängste vor dem Neuen und vielleicht
      z.B. Bildungsplanentwicklung, Entwicklung eines integ-           auch Fremdem zu reduzieren. Die Reflexion unter-
      rierten Sprachförderkonzeptes, Umsetzung des Ganz-               schiedlicher Normen und Werte sowie der eigenen kul-
      tages, Entwicklung von Lernsituationen gearbeitet.               turellen Prägung stellt sowohl für die Jugendlichen als
                                                                       auch für die Pädagoginnen und Pädagogen eine beson-
                                                                       dere Herausforderung dar.

                                                                       Betriebliche Handlungskontexte ermöglichen relevante
                                                                       Erfahrungen
                                                                       Am betrieblichen Lernort bilden sich nicht nur Tätigkei-
                                                                       ten, sondern auch Hierarchien, soziales Miteinander, Re-
                                                                       geln im Umgang mit Kunden oder Lieferanten sowie kul-
                                                                       turelle und kommunikative Anforderungen und Rituale
                                                                       authentisch ab. Praktika in unterschiedlichen Branchen,
                                                                       Berufsbildern und Betrieben ermöglichen die Erfahrung,
                                                                       dass es äußerst vielfältige Betriebskulturen gibt. Es
                                                                       entstehen für die Jugendlichen reale Anforderungen: sie
    Abb. 1: Treffen der Teilprojektleitungen des Projektes AvM-Dual
    am 03.02.2017: Abstimmung der Meilensteine und Zeitschiene         sind darauf angewiesen, sich in das bestehende System
                                                                       einzufügen und relevante Handlungskompetenzen zu
                                                                       entwickeln, um den Arbeitstag zu bewältigen. Gelingt
                                                                       dies, wird ihnen Anerkennung und Wertschätzung ent-
    Das System Übergang Schule-Beruf vom Jugendlichen                  gegen gebracht. Die Jugendlichen erleben sich als be-
    her denken                                                         deutsam im Arbeitsprozess. „Die Begleitung durch Men-
    Im Mittelpunkt von AvM-Dual steht die Realisierung ei-             torinnen und Mentoren spielt in diesem Prozess eine
    nes dualen Konzepts in Verbindung mit der Herausfor-               zentrale Rolle. Sie unterstützen Jugendliche, ihre Hand-
    derung, den Lernort Betrieb für die Jugendlichen als be-           lungsoptionen zu erweitern, indem sie gemeinsam den
    deutsamen Ort der Sprachaneignung strukturell zu er-               Lernort Betrieb als Entwicklungsraum systematisch er-
    schließen. Zentraler Gedanke ist, dass neben der                   schließen und individuell angepasste Handlungsfelder
    Sprachaneignung viele Entwicklungsaufgaben durch die               und Lernanlässe entdecken.“7 Herausforderungen in re-
    Jugendlichen zu lösen sind, die ein entwicklungsorien-             alen Handlungsbezügen sind die Auslöser von Reflexi-
    tiertes Vorgehen in der Arbeit erfordern. Tragfähige               onsprozessen. Damit betriebliches Lernen nicht nur im-
    Beziehungen zwischen Lernenden und Pädagogen sind                  plizit stattfindet, müssen die Erfahrungen aus dem Be-
    daher das Kernelement im pädagogischen Konzept der                 trieb ref lek tier t werden. Er f ahr ungen sowie
    dualisierten Ausbildungsvorbereitung. Kennzeichnend                bestehendes Wissen werden durch Reflexion bewusst,
    sind die kontinuierliche Begleitung der Jugendlichen an            die Aufmerksamkeit wird auf die Analyse des Problems
    den Lernorten Betrieb und Schule, ein professionelles              und vor allem mögliche Handlungs- und Lösungsoptio-
    Coaching und das Initiieren von Reflexionsschleifen als            nen gelenkt. Dabei verläuft Reflexion als zirkulärer Pro-
    Voraussetzung für gelingende Entwicklungsprozesse.                 zess. Die einzelnen Schritte in diesen zirkulären Lern-
                                                                       prozessen kennzeichnen die pädagogische Grundhal-
    Entwicklungsaufgaben lösen                                         tung im berufsbezogenen Unterricht des
    Die Phase des Übergangs von der Schule in die Berufs-              Bildungsganges AvM-Dual.
    welt stellt alle jungen Menschen in einem relativ kurzen
    Lebensabschnitt ständig vor neue Herausforderungen.
    Die Entwicklung einer realistischen beruflichen Orien-
    tierung ist eine wichtige Voraussetzung für den nächs-                                    Die Arbeit im Betrieb
                                                                                                   darstellen
    ten Schritt in Ausbildung oder andere weiterführende
    Qualifizierungen. In der Auseinandersetzung mit ihrem
    Umfeld sind die Jugendlichen gefordert, sich zu ver-
    schiedensten Themen zu positionieren, ein eigenes                                                                 Betriebliche
                                                                              Im Betrieb
                                                                                                                      Erfahrungen
    Wertesystem aufzubauen und soziale und politische                    lernen und handeln
                                                                                                                      reflektieren
    Verantwortung zu übernehmen; auch Themen wie Part-
    nerschaft und Familie rücken in den Fokus. Das vorhan-
    dene Selbstkonzept sowie entwickelte Handlungskom-                                           Den eigenen
    petenzen determinieren die Entwicklung von Strategien                                        Übergang in
    zur Bewältigung dieser Herausforderungen. „Für die                                        Ausbildung + Arbeit

    neu zugewanderten Jugendlichen bedeutet dies vor al-
    lem auch, bereits in der Heimat gelöste Entwicklungs-
    aufgaben erneut zu bewältigen, da die vorhandenen Lö-              Abb. 2: Lernfelder im berufsbezogenen Unterricht
    sungsmuster oft nicht kompatibel sind.“6 In diesem Pro-
4
AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE
Einführung

Betriebliche Sprachanlässe nutzen                            eröffnet vielfältige Möglichkeiten authentische Sprach-
„In der Schule hingegen befinden sich die Jugendlichen       handlungen als Ausgangspunkt für weitere Lernprozes-
in einem überwiegend formalen, systematisch ausge-           se zu nehmen. Entscheidend für die nachhaltige Aneig-
richteten Sprachaneignungsangebot, das an sprachli-          nung von Redemitteln, grammatikalischen Strukturen
chen Normen orientiert ist und dessen Ergebnisse vom         und Wortschatz ist das Aufgreifen dieser Sprachhand-
Jugendlichen häufig nicht direkt im Alltag umgesetzt         lungen in den Reflexionsformaten (Betriebliche Beglei-
werden können.“8 Erst die Dualisierung der Lernorte er-      tung, Mentorenrunde) und die Einbindung in die forma-
möglicht es, betriebliches und schulisches Lernen mitei-     len Lernprozesse am Lernort Schule. Sie müssen sich an
nander zu verknüpfen. Dies erfordert eine neue Sicht         den Lernorten Betrieb und Schule wie ein roter Faden
auf Sprachaneignungsprozesse und die Entwicklung ei-         für den Jugendlichen durch die Woche ziehen. Zur Un-
nes Sprachförderkonzeptes. Informelle Sprachaneig-           terstützung der Lehrkräfte wurden von vier Arbeits-
nungsprozesse am betrieblichen Lernort werden Grund-         gruppen konkrete Lernsituationen erarbeitet, die
lage für formale Sprachaneignungsprozesse in der             - A nknüpfungsmöglichkeiten an die betriebliche Praxis
Schule. Die kommunikativ und Lerner zentriert ausge-            verdeutlichen, um betriebliche und schulische Lern-
richtete Fremdsprachenforschung empfiehlt deshalb               prozesse effektiv zu verzahnen;
eine Analyse des kommunikativen Bedarfs der Schüle-          - die Inhalte einzelner Fächer mit Bezug auf das gemeinsa-
rinnen und Schüler, d.h. die inhaltliche Progression wird      me Arbeiten zu Schwerpunktthemen zusammenfassen
nicht vorgegeben, sondern sie entsteht aus konkreten         - für drei verschiedene Sprachniveaus ausgearbeitet
Sprachhandlungen. Gemeint sind hier echte und rele-             sind, um das Arbeiten in heterogenen Lerngruppen zu
vante Inhalte und Aufgaben. Sender, Gegenstand oder             erleichtern.
Zweck und Adressat müssen immer authentisch sein. Es
geht nicht um Rollenspiele, in denen Schülerinnen und        Ab dem Schuljahr 2018/19 werden diese Lernsituatio-
Schüler stellvertretend einen Sender oder Adressat ver-      nen10 fortlaufend auf die AvM-Dual Plattform auf Wibes
körpern.                                                     gestellt und so allen Kolleginnen und Kollegen zur Ver-
                                                             fügung stehen.
Die erfolgreiche Bewältigung von Sprachhandlungen im
Betrieb hat für den Jugendlichen höchste Bedeutsam-          Strukturen
keit. Die Jugendlichen sind mit komplexen Kommunika-         AvM-Dual ist ein auf zwei Jahre angelegter Bildungs-
tionssituationen konfrontiert, in denen sie sich durch       gang. Neue Lerngruppen werden im Laufe des Schuljah-
Nachfragen, Imitation, Ausprobieren, sprachbegleiten-        res nach Bedarf kontinuierlich eingerichtet. Um die indi-
des Handeln und die Hilfestellung der Gesprächspartner       viduellen Voraussetzungen der Jugendlichen konse-
orientieren. Sowohl die Jugendlichen als auch ihre Ge-       quenter berücksichtigen zu können, ist die Verzahnung
sprächspartner vollziehen ihre Sprachhandlungen über-        betrieblichen und schulischen Lernens durch die Koope-
wiegend ohne die bewusste Steuerung durch Regelwis-          ration mit Betrieben strukturell verankert. Die Lernor-
sen. „Psychologie, Linguistik und Neurowissenschaften        ganisation orientiert sich in der zeitlichen Struktur an
liefern empirisch gut fundierte Modelle für die These,       den Rahmenbedingungen der dualen Ausbildung in Teil-
dass Sprachwissen eng gekoppelt an Repräsentationen          zeitform. Dies erfordert eine verlässliche Begleitung am
von typischen Verwendungssituationen gespeichert             Lernort Betrieb. Dies und die Umsetzung eines ganztä-
wird (vgl. Ellis&Wulff, 2015).“ 9 Der betriebliche Lernort   gigen Bildungsangebotes wird gewährleistet durch die
                                                                                                                           5
AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE
Einführung

    1. Jahr AvM-Dual
                                                                            Monate
        1                2             3              4              5         6                 7               8        9          10           11            12
                                                                                                                          1.dualisierte Phase:
                                                                                                                                                            Präsentation
                  Ankommensphase                                   Vorbereitungsphase „Lernort Betrieb“                          2 Tage Betrieb
                                                                                                                                                            Lernaufgabe
                                                                                                                                3 Tage Schule

    2. Jahr AvM-Dual
                                                                            Monate
        1                2             3              4              5         6                 7               8        9          10           11            12
                                       2.dualisierte Phase:                    Nach- und Vorbereitung                     3.dualisierte Phase:
      Vorbereitung                                                                                                                                          Präsentation
                                              2 Tage Betrieb                   1. und 2. Phase "Lernort                          2 Tage Betrieb
    „Lernort Betrieb“                                                                                                                                       Lernaufgabe
                                             3 Tage Schule                             Betrieb"                                 3 Tage Schule
                                                                                              Anschlussplanung in Kooperation mit der Jugendberufsagentur

    Abb. 4: Jahresstruktur des Bildungsganges AvM-Dual

    Kooperation mit Bildungsträgern. Nach einer „Ankom-                                           Kommunikations- und individuelle Ausdrucks- und
    mensphase“, die der ersten Orientierung, Vertrauensbil-                                       Reflexionsmöglichkeiten. In dieser Broschüre stellen die
    dung und Vorbereitung auf den Lernort Betrieb dient,                                          berufsbildenden Schulen viele Good-Practise-Beispiele
    lernen die Jugendlichen in den kommenden drei Schul-                                          zur Gestaltung und Umsetzung von Ganztagsangeboten
    halbjahren über längere Phasen an drei Tagen pro Wo-                                          vor.
    che in der Schule und zwei Tage im Rahmen eines be-
    trieblichen Praktikums im Betrieb.                                                            Verlässliche Begleitung
                                                                                                  „Berufsschullehrkräfte und betriebliche Integrationsbe-
    „Das mit wöchentlich 36 Zeitstunden ganztägige Bil-                                           gleiterinnen und –begleiter sind als Mentorinnen bzw.
    dungsangebot setzt sich aus 30 Unterrichtsstunden                                             Mentoren verlässliche Ansprechpartnerinnen und An-
    und ergänzenden Ganztagsangeboten zusammen. Um                                                sprechpartner, stehen in engem Austausch mit den Be-
    den Ganztagesbetrieb sowie das Lernen im Betrieb si-                                          treuerinnen und Betreuern, Vormündern sowie Anleite-
    cherzustellen und mit dem Lernen in der Schule zu ver-                                        rinnen und Anleitern in den Betrieben und ermöglichen
    zahnen, wird die Lehrer-Ressource mit einem Schlüssel                                         so eine Vernetzung von individueller Begleitung der Ju-
    von 1:30 durch betriebliche Integrations-Begleiterinnen                                       gendlichen und zeitnaher Intervention in Krisensituatio-
    und -Begleiter, die Beschäftigte bei Bildungsträgern                                          nen. Zentrale Aufgaben der Mentorinnen und Mentoren
    sind, ergänzt.“11                                                                             sind die wöchentliche Begleitung am betrieblichen Lern-
                                                                                                  ort im Umfang von durchschnittlich 1 Stunde, die Bera-
    Eine durchgängige Sprachförderung erfordert, dass alle                                        tung der betrieblichen Partnerinnen und Partner, die
    Bildungsangebote sprachsensibel gestaltet werden. In                                          Auswertung und Reflexion der betrieblichen Erfahrun-
    den Ganztagesangeboten werden Lernanlässe aufge-                                              gen mit den Jugendlichen, sowie die systematische Ver-
    griffen, die Bezug zu den berufsbezogenen Lernfeldern                                         zahnung der informellen Sprachaneignungsprozesse am
    und den berufsübergreifenden Fächern haben. Dies er-                                          Lernort Betrieb mit formalen Sprachaneignungsprozes-
    möglicht eine Unterstützung formaler Lernprozesse                                             sen am Lernort Schule. Vertrauensaufbau und tragfähi-
    durch erfahrungsbasierte Lernarrangements im Ganz-                                            ge Beziehungen zwischen Lernenden und Pädagoginnen
    tag. Angebote zu Bereichen „Alltagsbewältigung“ sowie                                         bzw. Pädagogen als Mentorinnen bzw. Mentoren sind
    „Kultur und Bewegung“ eröffnen den neu zugewander-                                            das Fundament des pädagogischen Ansatzes in der du-
    ten Jugendlichen Chancen, sich in unserer Gesellschaft                                        alisierten Ausbildungsvorbereitung (Raschke, 2014)“12
    zu orientieren und integrieren. In Kultur- und Bewe-
    gungsangeboten entstehen zudem nicht-sprachliche                                              „Die verschiedenen Anforderungen, bedingt durch die
                                                                                                  individualisierte Begleitung, erfordern den Aufbau von
                                                                                                  festen Teamstrukturen. Im Stundenplan fest verankert
                                                                                                                werden Unterrichtsinhalte unter Einbezie-
                      Montag               Dienstag          Mittwoch         Donnerstag            Freitag     hung der individuellen Lernprozesse der
       Lernort         Schule               Betrieb           Betrieb            Schule              Schule
      08:00 Uhr
                    Gemeinsame                                                Reflexion der       Gemeinsame    Jugendlichen gemeinsam aufeinander ab-
                    Tagesplanung                                              Betriebstage       Tagesplanung
                                                                                                                gestimmt und kollegiale Fallberatungen
                  Berufsbezogener
                        und
                                                                            Berufsbezogener
                                                                                  und
                                                                                                Berufsbezogener
                                                                                                      und
                                                                                                                durchgeführt, die in herausfordernden Fäl-
                      Berufs-                                                   Berufs-             Berufs-     len neue Lösungsstrategien ermögli-
                   übergreifender              Lernen im Betrieb             übergreifender      übergreifender
      13:30 Uhr      Unterricht                                                Unterricht          Unterricht   chen.“13

                                                                             Behördengänge
                    Vorbereitung              Begleitung durch die
                                                                                               Wochenabschluss
                        Betriebstage        Mentorinnen und Mentoren
      15:30 Uhr
                                              < < durchgängige Sprachförderung > >

    Abb. 5: Wochenstruktur in der dualen Phase

6
AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE
Einführung

                                                                              Abb. 6: Evaluations-Fachtag des
                                                                              Pilotprojektes am 05.07.2016:
                                                                              Kolleginnen und Kollegen werten den
                                                                              1. Pilotdurchgang aus

                                                              ten dann im Einzelfall auch abgebrochen werden, um
Innehalten und gemeinsam auswerten                            durch eine erneute Akquise ein besseres Matching zu er-
Die quantitativen Auswertungen zu den Verbleiben der          reichen.“15 Qualifizierte betriebliche Begleitung, Reflexi-
Abgängerinnen und Abgänger basieren auf schülerbezo-          on betrieblicher Erfahrungen, Anfertigung von betriebli-
genen Datenerhebungen durch die Mentorinnen und               chen Lernaufgaben und das systematische Anknüpfen an
Mentoren. Qualitative Aussagen sind Ergebnisse eines          betriebliche Lernanlässe in allen Unterrichtsangeboten
Evaluations-Workshops zum AvM-Piloten, an dem alle            führten zu hoher Motivation und zu sichtbaren Erfolgen
Lehrkräfte und Betrieblichen Integrationsbegleiter am         bei den Jugendlichen. Auf einem Fachtag benannten die
Ende des ersten Durchgangs teilgenommen und zu fol-           Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen einer Publi-
genden Themen ihre Arbeit reflektiert haben:                  kumsbefragung (online-Tool „mentimeter“) genau dieses
- D ualisierung der Lernorte (Einblicke in die Arbeitswelt   Anknüpfen an betriebliche Erfahrungen und die Verzah-
  und Perspektiven)                                           nung mit dem Unterricht in der Schule als größte Ent-
- Verlässliche Begleitung der Jugendlichen in Schule und     wicklungsaufgabe, gefolgt von der „Fachlichen Qualifizie-
  Betrieb (durch Mentor/innen)                                rung“ und „Sprachförderung im Betrieb“16.
- S prachaneignungsprozesse am Lernort Betrieb und
  Verzahnung betrieblichen und schulischen Spracher-          Daraus abgeleitet wird ein Entwicklungs- und Qualifizie-
  werbs                                                       rungsschwerpunkt im Schuljahr 2018/19 die fächerüber-
- O rganisation der Übergänge und Anschlüsse im vierten      greifende Arbeit in Lernsituationen sein, die an die be-
  Schulhalbjahr in Kooperation mit der Jugendbe-              triebliche Praxis anknüpfen und Möglichkeiten zur Ver-
  rufsagentur                                                 zahnung betrieblicher und schulischer Lernprozesse,
                                                              auch in Hinblick auf die Sprachaneignung, aufzeigen.
Dualisierung
Die Praxis hat gezeigt, dass man kein bestimmtes              Deutsches Sprachdiplom (DSD I PRO)
Sprachniveau festlegen kann als Voraussetzung für die         Kernziele des Bildungsganges AvM-Dual sind ein syste-
erfolgreiche Akquise eines Praktikumsplatzes und den          matischer Erwerb der deutschen Sprache und eine Ver-
erfolgreichen Einstieg in die erste dualisierte Phase. „Ob    mittlung der Jugendlichen in individuell passende An-
Jugendliche den Anforderungen am betrieblichen Lernort        schlüsse. Da anerkannt zertifizierte Sprachniveaus im
(auch sprachlich!) gewachsen waren, hing vielmehr von         Übergangsmanagement von der Schule in Ausbildung
den jeweiligen Gegebenheiten im Betrieb und den Erwar-        oder andere weiterführende Bildungsmaßnahmen als Zu-
tungen der Anleiterinnen und Anleiter sowie von der psy-      gangsvoraussetzung zu Fördermaßnahmen der Agentur
chischen und physischen Belastbarkeit der Jugendlichen        für Arbeit bedeutsam sind, wurden nach Rücksprache mit
ab. . . . Durch die betriebliche Praxis wurde den Jugendli-   der Agentur für Arbeit Fortbildungsangebote für alle be-
chen deutlich, dass die Arbeitsprozesse und Anforderun-       rufsbildenden Schulen gemacht, damit sie sich zu DSD I
gen an Tätigkeiten sich häufig deutlich von denen in ih-      PRO Prüfschulen qualifizieren konnten. Die berufsbilden-
rem Heimatland unterscheiden und eng verbunden sind           den Schulen haben sich flächendeckend qualifiziert, so
mit sprachlichen Anforderungen.“14                            dass alle Schülerinnen und Schüler an den Prüfungen teil-
                                                              nehmen konnten.
Integrierte Sprachförderung
Für die Jugendlichen entstand durch die systematische         In der Abbildung 7 sind die erreichten Sprachniveaus der
Einbindung der betrieblichen Sprachanlässe in der Regel       Schülerinnen und Schüler aus dem ersten Prüfungs-
eine sehr hohe Motivation zum Sprachlernen. Ihr Selbst-       durchgang der DSD I PRO Prüfungen am Ende des Schul-
bewusstsein und das Selbstvertrauen, Deutsch zu spre-         jahres 2016/17 im Vergleich zum Bundesdurchschnitt
chen, sind durch die Praktika erheblich gestiegen. „Füh-      dargestellt. 6 Schülerinnen und Schüler haben, zertifi-
len sich Jugendliche im Betrieb überfordert oder sozial       ziert durch TELC- B2 Prüfungen, das Sprachniveau B2
nicht angenommen, sind die Voraussetzungen für einen          erreicht.
erfolgreichen Spracherwerb eingeschränkt. Praktika soll-
                                                                                                                            7
AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE
Einführung

                                                                                 Entschuldigt
                                                               Teil-
                               B1              A2                                    nicht
                                                          bescheinigungen
                                                                                teilgenommen

                                                                                                  Abb. 7:
    Hamburg                  34,5%           30,0%             33,5%                2,0%          Ergebnisse der DSD I Pro Prüfungen
                                                                                                  in Hamburg im Schuljahr 2016/17
                                                                                                  im Vergleich zum bundesweiten
    bundesweit               28,7%           31,1%             36,9%                0,5%          Gesamtergebnis

    Übergangsmanagement                                                    klassen für die Oberstufe zugewiesen worden sind und in
    Alle Partner im Übergangsmanagement, die Mentorinnen                   der Verbleibstatistik unberücksichtigt bleiben. Die quali-
    und Mentoren der Jugendlichen in den berufsbildenden                   tätsgesicherte Auswertung von Abgängerinnen und Ab-
    Schulen, die Berufsberaterinnen und Berufsberater sowie                gängern zum 01. Februar sowie 01. August 2018 wird
    die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des HIBB in der JBA,              Ende Oktober 2018 vorliegen.
    übernehmen gemeinsam Verantwortung und arbeiten eng
    zusammen, um gemeinsam mit den Abgängerinnen und                       Erste Erkenntnisse
    Abgängern aus dem Bildungsgang AvM-Dual individuell                    Der Bildungsgang AvM-Dual bietet den neu zugewan-
    passgenaue Übergänge zu gestalten. Zum Sommer 2018                     derten Jugendlichen realistische Möglichkeiten, sich in
    fanden Übergangskonferenzen an den berufsbildenden                     der Berufswelt zu orientieren sowie ihre mitgebrachten
    Schulen statt, in denen alle beteiligten Partner mögliche              Kompetenzen weiterzuentwickeln und mit den beste-
    nächste Schritte und Unterstützungsmöglichkeiten der                   henden Anforderungen der Arbeitswelt in Hamburg ab-
    Jugendlichen gemeinsam beraten haben. Eine Prozessbe-                  zugleichen. Besonders für Jugendliche mit eher erfah-
    schreibung zum Übergangsmanagement, die im Schuljahr                   rungsbasierten Vorerfahrungen in Lernprozessen ist
    2018/19 mit den Partnern der Jugendberufsagentur ab-                   der Lernort Betrieb ein wichtiger Anknüpfungspunkt
    gestimmt werden wird, ist erstellt worden. In den Bera-                und Motor, um sich den bestehenden schulischen An-
    tungsprozessen wurde deutlich, dass alle Anschlussmaß-                 forderungen zu stellen. Leistungsstärkeren Schülerin-
    nahmen weiterhin mit Sprachfördermaßnahmen flankiert                   nen und Schülern mit guter schulischer Vorbildung wird
    werden müssen, damit die Jugendlichen erfolgreich die                  im Betrieb deutlich, welche Sprachkompetenzen sie
    nächsten Schritte Richtung oder in Ausbildung gehen                    entwickeln müssen, um eine von ihnen angestrebte
    können. Bisher sind die Verbleibe aus dem ersten und                   Ausbildung erfolgreich zu durchlaufen. Es zeigt sich,
    zweiten Durchgang des AvM-Piloten quantitativ ausge-                   dass zwei Jahre für viele neu zugewanderte Jugendliche
    wertet. Dabei haben sich die prozentualen Anteile der                  sehr kurz sind, um ausreichende Deutschsprachkompe-
    Übergänge in Ausbildung und Beschäftigung aus dem                      tenzen aber auch Mathematikkenntnisse aufzubauen.
    ersten Durchgang im zweiten Durchgang im Wesentlichen                  Weiter qualifizierende Maßnahmen und Ausbildung im
    bestätigt (s. Abb. 8). Die Übergänge in einen weiterfüh-               Anschluss müssen systematisch sprachsensibel gestal-
    renden Schulbesuch fallen im zweiten Durchgang deutlich                tet und mit Sprachförderung flankiert werden. Aus
    geringer aus, weil sehr leistungsstarke Jugendliche mit                sprachwissenschaftlicher Sicht ist eine Umsetzung von
    teilweise schon anerkanntem mittlerem Schulabschluss                   Sprachförderung für den Jugendlichen am erfolgver-
    aus dem Herkunftsland zum Schuljahr 2016/17 das erste                  sprechendsten, wenn sie an authentischen Kommunika-
    Mal in die auf ein Schuljahr angelegten Vorbereitungs-                 tionssituationen und Sprachhandlungen anknüpft.

                                                                                                Zweiter Durchgang des AvM-Piloten
                                               Erster Durchgang des AvM-Piloten
                                                                                                 Abgängerinnen und Abgänger in %
                                            Abgängerinnen und Abgänger in % (N=141)
                                                                                                             (N=91)

    (geförderte) Ausbildung und
    Berufliche Qualifizierung (BQ)
                                                              21,0                                            28,3

    Beschäftigung (Arbeit, FSJ, BuFDI)
    mit Vertrag
                                                               6,0                                            7,6

    Weiterführende schulische Bildung                         14,0                                            6,5

    Anschlussmaßnahmen
                                                              23,0                                            18,5
    der Agentur für Arbeit

    Abb. 8: Übergänge in Ausbildung und weiter qualifizierende Maßnahmen
    aus dem ersten und zweiten Durchgang des AvM-Piloten.

8
Einführung

Im Verlauf des Projektes AvM-Dual hat sich gezeigt,                  Herausforderungen
dass für neu zugewanderte Jugendliche in AvM-Dual mit                Das berufsbildende System und damit das HIBB steht
einer Behinderung eine fachlich fundierte Unterstüt-                 nach dem Kraftakt aller Beteiligten in den Schulen, bei
zung und ein pädagogisches Konzept fehlen. Die Er-                   den Bildungsträgern und in der Verwaltung, die Ausbil-
kenntnisse aus dem ESF-Projekt dual & inklusiv bieten                dungsvorbereitung für neu Zugewanderte einzurichten
eine gute Grundlage, um auch junge, zugewanderte                     und zu implementieren, jetzt vor neuen Herausforde-
Menschen mit einer Behinderung in der Ausbildungsvor-                rungen:
bereitung zu unterstützen. Ab dem Schuljahr 2018/19
werden auch die Jugendlichen in AvM-Dual von Arbeit-                 Wie ist ein geeignetes Übergangsmanagement für die
sassistentinnen und Arbeitsassistenten unterstützt. Al-              Zielgruppe der neu Zugewanderten in Zusammenar-
lerdings stellen sich aufgrund fehlender Deutschsprach-              beit mit der Jugendberufsagentur weiter zu entwi-
kenntnisse und unterschiedlich kultureller Prägung neue              ckeln?
Herausforderungen, die im Rahmen des am 01. Februar
2018 gestarteten Folge-Projektes AvM d&i aufgegrif-                  Wie lassen sich in der Praxis die Ausbildungsvorberei-
fen und bearbeitet werden.                                           tung (AvDual) und das neue Angebot AvM-Dual kon-
                                                                     zeptionell, personell und im Übergangsmanagement
                                                                     verzahnen?

                                                                     Welche besonderen Anforderungen stellen sich an das
                                                                     System durch die Inklusion bezogen auf die neue Ziel-
                                                                     gruppe?

                                                                     Welche Erkenntnisse aus AvM-Dual sind transferfähig
                                                                     für das gesamte System?

                                                                     Wie können geeignete Sprachförderkonzepte an den
                                                                     berufsbildenden Schulen in allen Bildungsgängen eta-
                                                                     bliert werden?

Verweise
                                                                     In Elisabetta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und
1 Schulze, H. Sturm. 2014. Chancengerechtigkeit durch Dualisie-
                                                                     Sprachbildung in der beruflichen Bildung“ S. 124. Münster: Wax-
rung. In H. Sturm u.a. „Die Zukunft sichern: Jugend, Ausbildung,
                                                                     mann-Verlag
Teilhabe“ S. 401. Hamburg
                                                                     9 ebd. S. 124
2 ebd. S. 401
                                                                     10 s. Anhang 3
3 http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/50188/
schulabschluss-und-ausbildungsvorbereitung-f%c3%bcr-jugend-          11 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil-
liche-fl%c3%bcchtlinge.pdf am 22.05.2018                             dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham-
                                                                     burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule. In Elisa-
4 s. Anhang 1
                                                                     betta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und Sprachbil-
5 Programme der Fachtage: s. Anhang 2                                dung in der beruflichen Bildung“ S. 127. Münster:
                                                                     Waxmann-Verlag
6 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil-
dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham-           12 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil-
burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule. In Elisa-      dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham-
betta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und Sprachbil-          burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule. In Elisa-
dung in der beruflichen Bildung“ S. 123. Münster:                    betta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und Sprachbil-
Waxmann-Verlag                                                       dung in der beruflichen Bildung“ S. 127/128. Münster:
                                                                     Waxmann-Verlag
7 Julia Gillen, Anne-Britt Mahler. 2014. Reflexion als Prinzip in
der dualisierten Ausbildungsvorbereitung. In H. Sturm u.a. „Die      13 ebd. Seite 131
Zukunft sichern: Jugend, Ausbildung, Teilhabe“ S. 276. Hamburg
                                                                     14 ebd. Seite 131
8 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil-
                                                                     15 ebd. Seite 133
dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham-
burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule.                16 s. Anhang 4

                                                                                                                                        9
+ + + BS01 – Berufliche Schule Anckelmannstraße + + +

                                                                                                 AvM-Dual Schüler gehen
                                                                                                 im Kletterpark an eigene
                                                                                                 Grenzen und helfen sich
                                                                                                 gegenseitig

                          Gemeinsam Projekte planen
                              und Feste feiern
     Inhalte gemeinsam bearbeiten und sich aufeinander zu       2017/2018 ab. Durch den auch inhaltlich abgestimmten
     bewegen                                                    Fusionsprozess gut vorbereitet bewältigen wir gerade
     Für die ehemaligen Schulen H1 (Berufliche Schule für       die Herausforderungen, die mit der Entlassung der ers-
     Handel und Verwaltung Anckelmannstraße) und H11            ten 100 Schülerinnen und Schüler aus dem Bildungs-
     (Berufliche Schule an der Alster) ging es in den letzten   gang AvM-Dual verbunden sind. Alle Schülerinnen und
     beiden Jahren nicht nur darum, mit AvM-Dual einen völ-     Schüler werden auf Abschlüsse vorbereitet (ESA oder
     lig neuen Bildungsgang an beiden Schulen zu etablieren,    MSA), 90 von ihnen nehmen an den Prüfungen zum
     sondern auch darum, ab August 2017 durch die Fusion        Deutschen Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz
     der beiden Schulen im Rahmen des Schulentwicklungs-        (DSD I PRO) teil, um mit einem zertifizierten Sprachni-
     planes einen gemeinsamen Bildungsgang zu formen.           veau bessere Chancen im anschließenden Übergang in
                                                                Ausbildung oder Arbeit zu haben. Wir arbeiten eng mit
     Ab Januar 2017 haben wir uns in regelmäßigen, engen        zwei Berufsberaterinnen der Jugendberufsagentur zu-
     Abständen auf Abteilungsleitungs- bzw. Koordinations-      sammen, um für alle Schülerinnen und Schüler individu-
     ebene getroffen, um Absprachen für den Bildungsgang        ell passende Anschlüsse zu entwickeln. Mit Beginn der
     ab Sommer 2017 zu treffen und vor allem auch um un-        Sommerferien werden wir dann wissen, ob und wie er-
     terschiedliche Vorgehensweisen und Regeln identifizie-     folgreich wir das Projekt AvM-Dual an unserer Schule
     ren und angleichen zu können. Auch die gemeinsame          im ersten Durchgang umgesetzt haben. Nur eins wissen
     Klassenplanung ab Sommer 2017 gehörte dazu und war         wir jetzt schon: ohne unsere sehr enge Zusammenarbeit
     mit elf AvM-Dual Klassen und einer Alpha-Klasse sowie      seit weit mehr als einem Jahr und das hohe Engagement
     ca. 60 im Bildungsgang eingesetzten Kolleginnen und        unserer Kolleginnen und Kollegen wären wir sicherlich
     Kollegen keine leichte Aufgabe. Wir organisierten erste    nicht so weit, wie wir es jetzt sind.
     gemeinsame Mentorentreffen, überarbeiteten mit den                         Text: Christoph Böttcher (Abteilungsleitung),
     Kolleginnen und Kollegen das seit April 2016 gemein-                              christoph.boettcher@hibb.hamburg.de
                                                                           und Monika Glowatzki (Bildungsgangkoordinatorin),
     sam entwickelte schulinterne Curriculum und stimm-
                                                                                                 monika.glowatzki@wibes.de
     ten so viele Termine wie möglich für das Schuljahr                                 Foto Kletterwald: ©Monika Glowatzki
10
+ + + BS01 – Berufliche Schule Anckelmannstraße + + +

Weihnachten mit AvM-Dual Schülerinnen und Schülern

Im Herbst 2015, nachdem in kürzes-       Weihnachten 2016 haben wir an der          sere bisherigen Feiern anknüpfen zu
ter Zeit vier Flüchtlingsklassen an      ehemaligen H11 mit unseren                 können!
der ehemaligen H11 eingeschult und       7 AvM-Dual Klassen zusammen eine
viele von uns das erste Mal so richtig   Weihnachtsfeier organisiert, zu der        Die „echte“ Aktion „Weihnachten im
mit der Situation von minderjährigen     alle Schülerinnen und Schüler sowie        Schuhkarton“ gibt es schon seit vie-
unbegleiteten Flüchtlingen konfron-      Kolleginnen und Kollegen etwas mit-        len Jahren. Nähere Informationen
tiert worden waren, entschlossen wir     gebracht haben. Aufgrund der Fusion        dazu: https://www.geschenke-der-­
uns dazu, am letzten Schultag des        und des Umzugs ins neue Gebäude            hoffnung.org/projekte/weihnachten-­
Jahres eine Weihnachtsfeier für un-      sowie der hohen Anzahl der Klassen         im-schuhkarton
sere Schülerinnen und Schüler aus-       fiel eine gemeinsame Weihnachtsfeier
zurichten, um ihnen diese Tradition      2017 leider aus. Wir hoffen, Weih-                         Text: Monika Glowatzki
in Deutschland nahe zu bringen und       nachten 2018 als BS01 wieder an un-                       Foto: © Fabian Borchert
in Gemeinschaft die letzten Schul-
stunden des Jahres zu verbringen.
Wir beschlossen unsere Berufsschul-
klassen einzubeziehen und in Anleh-
nung an die weltweite Aktion „Weih-
nachten im Schuhkarton“ Pakete von
unseren Berufsschulklassen für un-
sere Schüler packen zu lassen. Unse-
re Idee stieß auf so große Resonanz
in den Berufsschulklassen, dass wir
die Zahl der Pakete pro Klasse be-
grenzen mussten, um nicht mehr Ge-
schenke als Schülerinnen und Schüler
zu haben. Im Rahmen unserer Weih-
nachtsfeier, bei Kaffee, Tee, Kuchen
und Keksen, die die Kolleginnen und
Kollegen gemeinsam bereitstellten,
wurden die Kartons übergeben und
                                            Liebevoll gepackte Schuhkartons warten auf
mit viel Freude und Dankbarkeit aus-        unsere AvM-Dual Schülerinnen und Schüler
gepackt. Am Ende dieses Tages
konnte man überall glückliche Ge-
sichter sehen.

Und sonst so?
Weitere Projekte und Aktivitäten an der BS01
Auf Austauschtreffen und Fortbildungen im Bereich
AvM-Dual wird man immer wieder mit der Frage kon-
frontiert: „Was macht ihr sonst so?“ Und im ersten Mo-
ment denkt man „eigentlich nicht so viel“. Doch schaut
man genauer hin, entdeckt man eine ganze Menge… Eine
Schülerzeitung entstand in der Projektwoche, Erkun-
dungstouren als Schnitzeljagd quer durch Hamburg für
neue AvM-Dual Klassen, gemeinsames Kochen und Ba-
cken in der Schulküche, Ausflüge in den Kletterpark zur
Stärkung der Klassengemeinschaft, Schwimmkurse in
Zusammenarbeit mit der DLRG, Fahrradkurse im Rah-
men des Sportunterricht mit Cycle2gether von Vatten-
fall, Fußballturniere, Theater-AG, ein Gitarrenkurs, zu-
sätzliche Vorbereitung auf B2-Prüfungen für besonders
starke Schülerinnen und Schüler, Vermittlung von Feri-
enkursen in Zusammenarbeit mit der AWO Schles-                                                      Text: Monika Glowatzki
wig-Holstein, Theaterbesuche, …                                                                        Foto: ©Jakob Engler
                                                                                                                             11
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       Kulturelle Erlebnisse und Sprachförderung

     Autorenlesung mit Leonhard Thoma
     Mit anschaulicher Mimik und Gestik sowie kleinen Re-      Im Anschluss gab es Raum für Fragen und Diskussionen
     quisiten (Fernbedienung, Chips-Tüte, Tisch und Stuhl)     zur Lesung sowie auch zu Alltagserlebnissen der Ju-
     las Leonard Thoma am 27.06.2017 eine seiner Kurzge-       gendlichen in Deutschland (mit dem Autor).
     schichten vor unseren AvM-Dual Klassen. Er erzählte       Zum Autor: Leonhard Thoma, geboren 1966 in Aschaf-
     aus dem Alltag einer „typisch deutschen Kleinfamilie“.    fenburg und aufgewachsen in Augsburg, studierte Lite-
     Während seiner Lesung wurden sowohl die Schülerinnen      ratur und Philosophie in München und arbeitete dann
     und Schüler als auch die begleitenden Lehrkräfte vom      als Deutschlehrer in Berlin, Dijon, Paris sowie Barcelo-
     Verlauf der Geschichte, und der beeindruckenden und       na. Seit 2001 publiziert er Bücher mit Kurzgeschichten
     lebendigen Darstellung des Autors regelrecht in Bann      speziell für Deutschlernerinnen und -lerner, und macht
     genommen. Die Aufmerksamkeit wurde zusätzlich noch        damit Lesungen und Lektüre-Workshops an Schulen,
     gesteigert, da die Schülerinnen und Schüler immer wie-    Universitäten und Goethe-Instituten in aller Welt. Kon-
     der zum Mitmachen aufgefordert wurden. So konnten         takt über den Hueber-Verlag.
     sie beispielsweise Leerstellen der Geschichte selbst                                  Text: Corinna Baspinar, Lehrerin
     ausfüllen, oder ein eigenes Ende konstruieren.                                             corinna.baspinar@gmx.net
                                                                                                  Foto: ©Thomas Schuback

     Zusammenarbeit mit dem Magnus-Hirschfeld-Centrum in Hamburg
     Im Fach „Werte und Leben in Deutsch- dern ist das Thema in der Regel tabu-   Die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind
     land” versuchen wir, unseren Schüle- isiert oder aber die Schülerinnen und   dabei besonders auf die Verwendung
     rinnen und Schülern in der AVM das Schüler kennen nur die Ausgrenzung        einer angepassten, „einfacheren”
     Leben in Deutschland näher zu brin- von Schwulen und Lesben.                 Sprache vorbereitet worden.
     gen. Dazu gehört es auch, Vorurteile Deshalb haben wir mit zwei Klassen
     abzubauen. Diese Vorurteile gibt es das Magnus-Hirschfeld-Centrum be-
     unter vielen Schülerinnen und Schü- sucht. Dort haben junge Schwule und
                                                                                                  Text: Thomas Schuback,
     lern der AvM-Dual gegenüber Schwu- Lesben mit unseren Schülerinnen und                     Abteilungsleiter AvM-Dual,
     len und Lesben. In ihren Heimatlän- Schülern ohne Lehrkräfte diskutiert.           thomas.schuback@hibb.hamburg.de

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+ + + BS02 – Berufliche Schule für Wirtschaft und Handel Hamburg-Mitte + + +

                                          Besuch eines Fußballballspiels im Hamburger Volksparkstadion
                                          Im Februar 2016 sorgten unsere ge Schüler in ihrer Freizeit regelmä-
                                          Schülerinnen und Schüler gemeinsam ßig Fußball spielen. Die Schülerinnen
                                          mit ihren Lehrkräften für gute Atmo- und Schüler lernten vor dem Spiel
                                          sphäre im Hamburger Volksparksta- nicht nur Fußball-Deutsch, sondern
                                          dion. Dank der lautstarken Unter- sangen auch mit Begeisterung die
                                          stützung gewann der HSV gegen Vereinshymne „Hamburg meine Per-
                                          Gladbach in einem spannenden Fuß- le“ von Lotto King Karl mit, die vor-
                                          ballspiel mit 3:2.                    her im Unterricht einstudiert wurde.
                                          Zusammen wurde über das runde Le- Unsere Schülerinnen und Schüler wa-
                                          der gefachsimpelt und wir Lehrkräfte ren enthusias tisch dabei und
                    Text: Malte Goedelt   erfuhren, dass auch Afghanistan eine schwärmten noch wochenlang von
                   Foto: ©Stefanie Voth   gute Fußballmannschaft hat und eini- diesem Erlebnis.

Sprachdiagnostische Testungen – Rückmeldungen zum Sprachlernprozess
Für die Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, zu er-   eines höheren Sprachniveaus sind. Sie erkannten
fahren, welche persönlichen Lernentwicklungsschritte      schnell, ob eine mündliche Äußerung oder ein Text ein-
beim Lernen der deutschen Sprache vollzogen werden.       fach oder sprachlich anspruchsvoll kommuniziert wur-
Darüber hinaus ist es für die Kolleginnen und Kollegen,   den. Aus diesem verbesserten Sprachgefühl entwickel-
die Deutsch als Zweitsprache (erstmalig) unterrichten,    te sich der Anspruch, sich möglichst gut ausdrücken zu
bedeutend einen Überblick über den Leistungsstand der     wollen. Auch im laufenden Unterricht forderten die
Klassen zu gewinnen, um daraus Maßnahmen für die un-      Schülerinnen und Schüler häufig eine Rückmeldung zu
terrichtliche Arbeit abzuleiten.                          ihren Wortbeiträgen oder verfassten Texte. „Das war
Daher haben wir an der BS02 regelmäßige sprachdiag-       doch B1, oder?“, kam dann häufig als Frage, nachdem
nostische Testungen durchgeführt.                         beispielsweise gerade stolz ein Infinitivsatz benutzt
Uns war es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler     wurde.
spätestens nach der Ankommens- und Vorbereitungs-         Die Prüfungen führten auch zu einem routinierteren
phase in den Kompetenzbereichen Verstehen (Hören,         Umgang mit Sprachtestungen, was sich positiv auf die
Lesen), Sprechen und Schreiben das Sprachniveau A1        Teilnahme am Deutschen Sprachdiplom (DSD I PRO)
erreichten, um sich in der ersten dualisierten Phase ein- auswirkte. Die unterrichtenden Lehrkräfte erhielten
fach verständigen zu können. Bei einer A1-Testung         wertvolle Hinweise zum Sprachlernprozess und konnten
nutzten wir kostenlose Materialien verschiedener Verla-   diese in ihrer Unterrichtsgestaltung berücksichtigen.
ge und entwickelten einen Gesprächsbogen für die          Bei den Lernentwicklungsgesprächen, an denen auch
Lernentwicklungsgespräche. Wir wollten den geteste-       häufig Eltern oder Betreuerinnen und Betreuer teilnah-
ten Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Lernent-      men, erhielten wir Informationen, die sich förderlich auf
wicklungsgesprächs einerseits eine Rückmeldung zu ih-     die schulische Arbeit auswirkten.
ren Lernerfolgen und andererseits auch zu ihrer von uns   Im vergangenen Januar haben wir anstatt einer Sprach-
beobachteten Lernmotivation geben.                        testung eine klassenübergreifende ESA-Vorbereitungs-
Im Schuljahr 2016/2017 folgten weitere Testungen (A2      prüfung in Mathematik, Deutsch und Englisch schreiben
/ B1). Die Schülerinnen und Schüler waren immer sehr      lassen. Fast vier Monate vor der Abschlussprüfung
an ihren Ergebnissen interessiert, was vielfach zu einer  konnten wir den Schülerinnen und Schülern damit auf-
besonderen Lernmotivation führte. Ihnen wurde be-         zeigen, welche Schritte für eine erfolgreiche schulische
wusst, dass beispielsweise der Gebrauch von verschie-     Beendigung des Bildungsgangs noch zu gehen sind.
denen grammatikalischen Strukturen oder die Verwen-
                                                                                  Text: Malte Goedelt, Beauftragter für
dung von Fachwortschatz bedeutend für die Erreichung                             Förderkonzepte /Migrantenbeschulung
                                                                                                 malte.goedelt@wibes.de

Berufsinformationsmesse an der BS02
Im Januar 2018 haben wir an der BS02 eine Berufsinformationsmesse mit ei-
nem Schwerpunkt für AvM-Dual Schülerinnen und Schüler durchgeführt. Ne-
ben der Handwerkskammer und Handelskammer haben 22 Ausbildungsbe-
triebe ihre Ausbildungsangebote vorgestellt. Wir haben versucht, dass für
AvM-Dual Schülerinnen und Schüler geeignete Berufe vertreten sind. Selbst-
verständlich haben auch Schülerinnen und Schüler aus AvDual und der Höhe-
ren Handelsschule an der Messe teilgenommen. Zusätzlich haben wir unsere
Partnerstadtteilschulen eingeladen.

                                                         Text: Thomas Schuback
                                                                                                                          13
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                                                    POETRY SLAM

                                   Leben in Deutschland

     Unter dem Motto „Leben in Deutschland“ fand am 13.          gend! Eine achtköpfige Publikumsjury bestehend aus
     April 2016 der erste Poetry Slam im Bildungsgang            Schülerinnen und Schülern verschiedenster Herkunfts-
     Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und                länder ist zum Mitwerten eingeladen und bewertet jede
     Migranten (AvM-Dual) an der Staatlichen Gewerbe-            Performance im Anschluss an den Auftritt mit Punkten.
     schule Stahl- und Maschinenbau statt. 17 Schülerin-         Und dann ist es so weit. Für die Siegerehrung werden
     nen und Schüler aus AvM-Dual-Klassen der Staatli-           die Punkte aller Teilnehmenden zusammengerechnet.
     chen Gewerbeschule Stahl- und Maschinenbau sowie            Ein Schüler aus Afghanistan singt in diesem Moment
     sieben Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schu-       Lieder in seinen Sprachen. Ausgelassen, begeistert und
     le für Wirtschaft Hamburg-Eimsbüttel präsentierten          voller Gefühl singen die jungen Menschen, 16- bis
     ihre selbst geschriebenen Texte vor Publikum.               18-Jährige aus Syrien, Iran, Irak, Afghanistan, Indien,
                                                                 Eritrea, Libanon, Somalia und der Slowakei, lautstark
     Eine Vielfalt der verschiedensten Sprachen erfüllt die      mit. Als er das letzte Lied anstimmt, ein Liebeslied in
     Schulaula der Gewerbeschule 1 an diesem Mittwoch            Hindi, steht eine Schülerin spontan auf und beide singen
     kurz vor elf Uhr. Gespannt warten die Gäste aus Klas-       im Duett. Welch unvergesslicher Moment! Zu sehen und
     sen der Fachschule für Technik, Berufsqualifizierung für    zu spüren, wie diese Jugendlichen, die wir Lehrende täg-
     Metallberufe, Berufsschule, weiteren AvM-Dual Klassen       lich dabei begleiten Deutsch zu lernen, nun auf der Büh-
     und der Schulleitung auf den Beginn des Poetry Slams.       ne stehen und den Mut finden, die neu gelernte Sprache
     Dieser Slam ist ganz besonders. Für die Jugendlichen ist    auch vor großem Publikum erfolgreich einzusetzen. Wie
     es ein Poetry Slam in einer Fremdsprache. Für viele der     sie ihre eigene Kultur mit einbringen und nicht verges-
     jungen Menschen aus den Ländern Syrien, Iran, Irak, Af-     sen, woher sie kommen und was sie bereits können –
     ghanistan, Indien, Eritrea, Libanon, Somalia und der Slo-   das beglückt. Das Endergebnis steht fest. Die Siegerin-
     wakei ist es der erste Bühnenauftritt in der neu gelern-    nen und Sieger werden gekührt. Alle Teilnehmenden er-
     ten Sprache DEUTSCH. Die Sprache, die in unseren            halten eine Urkunde. Der Erstplatzierte bekommt neben
     Schulen alle Nationen zusammenführt. 24 Schülerinnen        seiner Siegermedaille eine vom Bildungssenator Ties
     und Schüler tragen nacheinander ihre selbstverfassten       Rabe signierte Hamburgflagge. Alle teilnehmenden Ju-
     Texte vor – Rondells, Gedichte, Geschichten, Rapsongs.      gendlichen haben sich an diesem Vormittag mutig in
     Mal laut, mal leise, autobiographisch oder kritisch-re-     diesen bisher einzigartigen Wettbewerb begeben und
     flektierend, humorvoll oder melancholisch schildern sie     sich dem unmittelbaren Feedback der Zuhörenden ge-
     ihre persönlichen Gedanken, Erlebnisse, Erfahrungen         stellt. Und wenn mich jemand fragte „Sind diese Ju-
     und Eindrücke über das Leben in Deutschland. Jeder          gendlichen in Hamburg angekommen?“, so antwortete
     Auftritt beginnt und endet mit einem tosenden               ich nach diesem Slam voller Überzeugung „Ja!“.
     Applaus. Wir spüren es alle. Eine ganz besondere Stim-
     mung liegt im Raum – mitreißend, emotional, herzbewe-                                      Text: Susanne Jacobs, Lehrerin
                                                                                                     susanne.jacobs@wibes.de

                       MATHE, DEUTSCH, ENGLISCH UND EH ... JA MUSIK!

                    Musik hat mich verliebt gemacht
     Als Betrieblicher Integrationsbegleiter ist es meine Auf-   neben Beruf und Schule auch eine Form der kulturellen
     gabe, junge Zugewanderte zu coachen und bei berufli-        Integration zu ermöglichen.
     chen und persönlichen Fragen zu begleiten. Ich unter-       Ich bin angehender Musik-Pädagoge und habe die Mög-
     stütze das Fremd- und Fachsprachenlernen und stelle         lichkeit, die Arbeitsinhalte des Studiums in meine Arbeit
     Bezüge her zwischen betrieblichem und schulischem Ler-      an der Schule einzubringen. Im Ganztagsunterricht biete
     nen. Bei Konflikten ist es meine Aufgabe zu vermitteln.     ich den Schülerinnnen und Schülern an zwei Nachmitta-
     Ich berate Betriebe bei der sprachlichen Anleitung der      gen in der Woche einen Musikkurs an. Bei Musik und Ge-
     Praktikantinnen und Praktikanten. Ja, so oder ähnlich       sang gibt es oft verschiedene Meinungen : „Gesang, das
     könnte man mein berufliches Dasein auf sehr kurze Wei-      mache ich nicht, das ist ja peinlich“, oder eben: „Hey, ich
     se beschreiben. Aber da ist noch etwas mehr, eine weit      singe privat so gerne, mal schauen wie der Kurs so ist!“.
     emotionalere Tätigkeit. Neben jenen verantwortungsvol-      Musik bietet eine Vielfalt an Möglichkeiten Kinder, Ju-
     len Arbeiten ist es meine Aufgabe, den jungen Menschen      gendliche und Erwachsene zu fördern. Bei meiner Ziel-
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