AVM-DUAL RÜCKBLICK AUF ZWEI JAHRE DUALISIERTE AUSBILDUNGSVORBEREITUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN - HAMBURG.DE
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
AvM-DUAL Rückblick auf zwei Jahre dualisierte Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und Migranten
Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Leser, das Schuljahr 2015/16 war geprägt durch die Zuwande- rung von jungen Geflüchteten, darunter ein hoher Anteil von unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen. Da in Hamburg alle Jugendlichen, ob in Hamburg geboren Seit dem 01. Februar 2016 ist die „Dualisierte Ausbil- oder zugewandert, der Schulpflicht unterliegen, stellte dungsvorbereitung für Migrantinnen und Migranten – das auch die Hamburger Schulen vor eine große Heraus- AvM-Dual“ mit integrierter betrieblicher Sprachförde- forderung. rung das Regelangebot in Hamburg für neu zugewan- Durch Änderungen im Aufenthaltsgesetz, Bundesaus- derte Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren in bildungsförderungsgesetz und der Beschäftigungsver- Hamburg, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. ordnung verbesserten sich ab 2014 zunehmend die Durch die systematische Einbeziehung des betrieblichen Zugangsmöglichkeiten für einzelne Flüchtlingsgruppen Lernortes erproben sich die neu zugewanderten Ju- zum Arbeitsmarkt. Um alle neu zugewanderten Jugend- gendlichen in der betrieblichen Praxis, sie lernen unsere lichen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, Kultur, das duale Ausbildungssystem mit dem Quali- künftig besser auf eine berufliche Ausbildung, einen tätssiegel „Made in Germany“ und Hamburger Betriebe Schulabschluss oder Beschäftigung vorzubereiten, kennen. Unterstützt werden sie durch betriebliche Inte- startete das Hamburger Institut für Berufliche Bildung grationsbegleiterinnen und Integrationsbegleiter. Das (HIBB) im August 2014 das Pilotprojekt Dualisierte verbessert deutlich ihre Erfolgschancen beim Übergang Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und Migran- in Ausbildung und Beschäftigung. Durch die integrierte ten (AvM-Dual). Vorbild war das erfolgreiche Modell der Sprachförderung im Betrieb und die enge Verzahnung Dualisierten Ausbildungsvorbereitung (AvDual) für mit dem Sprachunterricht in der Berufsschule erlernen schulpflichtige Hamburger Jugendliche ohne berufliche die Jugendlichen zudem schneller und nachhaltiger die Anschlussperspektive nach Klasse 10. deutsche Sprache. Der Ganztag ermöglicht den Jugend- Um den betrieblichen Lernort als wesentliches struktu- lichen längere individuelle Lernzeiten und die Teilnahme relles Element des Bildungsganges zu sichern, erfolgte an vielfältigen Angeboten. Die Beiträge in dieser Bro- die Einführung des Pilotprojektes in enger Abstimmung schüre zeigen anhand vieler Beispiele, wie die Möglich- mit allen Vertretern im Fachkräftenetzwerk, unter keiten des Bildungsganges genutzt wurden und geben anderem dem Unternehmensverband UVNord, der Han- „AvM-Dual“ ein Gesicht. delskammer und Handwerkskammer in Hamburg. Die Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre und Wirtschaftsvertreter unterstützten die Initiative aktiv, danke allen Beteiligten für das umfassende Engagement indem Hamburger Betriebe in großem Umfang Prakti- und die beeindruckenden Ergebnisse. kumsplätze für die jugendlichen Flüchtlinge zur Verfü- gung stellten. Diese zuverlässige Zusammenarbeit verstetigte sich, nachdem der Bildungsgang AvM-Dual zum 01. Februar 2016 auf der Basis eines Bürgerschaftsbeschlusses in die Fläche gegangen war. Bis zu 1400 Praktikumsplätze mussten zeitweise zusätzlich zu den Bedarfen in ande- Dr. Sandra Garbade ren Bildungsgängen durch die Betriebe bereitgestellt Geschäftsführerin Hamburger Institut werden. für Berufliche Bildung (HIBB) 1
Inhaltsverzeichnis Vorwort............................................... 1 BS15 ................................................... 28 BS31 ................................................ 48 Impressum.......................................... 2 Projekt „Streitschlichter“: Reagierst AvM-Dual – Eine Herausforderung du noch oder gestaltest du schon? und bereichernde Erfahrung: Jede Birgit Kruse | Einführung ................ 3 BS16 .................................................. 30 Schule kann das schaffen ... BS01................................................... 10 Wir sind eine erfolgsorientierte BS32 ................................................. 50 Gemeinsam Projekte planen und Klasse und Brückenbauer für andere Das Ankommen erleichtern: Soziales Feste feiern BS17 .................................................. 32 Partnerprojekt COMMUNITYYOGA | BS02................................................... 12 „InMigration“ – Eine Initiative von Potenziale nutzen – Projekte und Kulturelle Erlebnisse und OTTO-Auszubildenden ... Vielfalt im Ganztag Sprachförderung BS18 ................................................... 34 Berufsbildungswerk Hamburg ...... 52 BS04................................................... 14 Allrounder für das Leben in unterwegs! zusammen! wachsen! Poetry Slam: Leben in Deutschland Deutschland & Mittler auf dem Weg Musik hat mich verliebt gemacht BS01, BS04, BS08, BS10, BS13, in Ausbildung BS24, BS27 ..................................... 35 BS07 ................................................. 16 Beschäftigung + Bildung e.V. .... ... 54 Schülerblog „Hamburg – was geht?!“ Projekttag: AvM-Dual und AvDual Eine realistische Berufswahl wächst zusammen BS20 ................................................ 36 entscheidung treffen – Erlebnistag Logistik: 30 AvM-Dual BS08 ................................................ 18 mit professioneller Begleitung Jugendliche lernen Unternehmen Ship Ahoi: Alle an einem Boot passage gGmbH und KoALA e.V. ��� 55 kennen BS09 ................................................ 20 Teamsitzungen BS21 ................................................ 38 Buchprojekt: Kunst als Sprache der Freiräume ermöglichen Hamburger ArbeitsassistenzgGmbH Sprachlosen | Kunstprojekt: Ich bin (Frei-)Räume erfahren und basis & woge e.V. ..................... 56 hier – hier bin ich BS24 ................................................ 40 Zukunftsaufgabe: „Inklusive BS10 ................................................. 22 Ausbildungsvorbereitung“ Der Neubau im Niekampsweg: Viel- Der bunte AvM-Dual Ganztag an falt unter einem Dach | Teamarbeit Feedback der Schülerinnen und der GELUTEC an der BS24: Umgang mit Vielfalt Schüler ............................................. 58 BS11 ................................................ 24 BS27 ................................................ 42 Anhang Projekt im Ganztag: Salt Pauli GAZELLEyoung – Schülerzeitung | Drucksache ..................................... 60 BS12 ................................................ 25 AvM61 – ein Patenprojekt Programm der Fachtage ............... 65 „Können wir nicht vielleicht auch BS28 ................................................ 44 Planungshilfe für die Erarbeitung einen anderen Sport machen?“ Gemeinschaft stärken – einer Lernsituationen .................... 69 BS13 ................................................ 26 Begegnungen ermöglichen: „Mensch! Schulsozialpädagogik an der BS13 | Feedback Fachtag 27.02.18 ......... 71 Respekt!“ Praktikumspräsentationen in bran- BS29 ................................................ 46 chenspezifischen Gruppen | Schüler- Ausbildungsvorbereitung dual & in- film Anlagemechaniker Industrie klusiv für neu Zugewanderte: Ganz schön bunt IMPRESSUM Hamburger Institut für Gestaltung Alle Rechte beim Herausgeber Berufliche Bildung (HIBB) Marianne Marheineke Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Hamburger Str. 131, 22083 Hamburg Genehmigung der Herausgeber gestattet. Geschäftsführung: Dr. Sandra Garbade Druck www.hibb.hamburg.de Riemerdruck Hamburg Redaktionsschluss auf 100% Recycling-Papier gedruckt 28. Mai 2018, 1. Auflage 2018 Hamburg Herausgeber: Hartmut Sturm, Birgit Kruse Fotos Rückfragen an: U1-U4: Janina Kasami, Marianne Redaktion Marheineke, Heinrich Achim Meier, informationszentrum@hibb.hamburg.de Claudia Schmidt, Gisela Wald Gisela Wald, S. 1: Christian Stelling, Fotos auf den Innenseiten: Schulen/ Träger (Nachweis auf den Einzelseiten) 2
Einführung Die dualisierte Ausbildungsvorbereitung für jugendliche Migrantinnen und Migranten (AvM-Dual) mit integrierter Sprachförderung am betrieblichen Lernort Birgit Kruse Leiterin des Referats „Übergangsmanagement und berufliche Qualifizierung“ im Hamburger Institut für berufliche Bildung – HIBB, Hamburg Wenn Visionen Realität werden 1. d ie halbtäglichen Schulangebote für jugendliche Die Bilanzierung des ESF-Projektes AvDual (2011-2014) Flüchtlinge in den beruflichen Schulen nach dem Vor- „Die Zukunft sichern: Jugend, Ausbildung, Teilhabe“ bild des erfolgreichen Bildungsangebots „Ausbil- schließt mit einer Vision im letzten Kapitel „Chancen- dungsvorbereitung Dual“ in ein ganztägiges Angebot gleichheit durch Dualisierung – Ausbildungsvorberei- umzugestalten. tung 2020“1 2. in diesem Rahmen in Zusammenarbeit mit Kammern, Wirtschaft und Gewerkschaften umfangreiche be- „Unsere Vision für 2020 ist, dass das Prinzip der Duali- triebliche Praktika in das künftige Bildungsangebot sierung weiter an BREITE und TIEFE gewinnt. Der au- zu integrieren. ßerschulische Lernort soll in der Ausbildungs- und Be- 3. i m Rahmen der Unterrichtsangebote eine gute rufsvorbereitung aller Schulen für alle Schüler realisiert Sprachförderung sicherzustellen. sein.“ 2 Es werden die Gruppen der neu zugewanderten 4. im Rahmen der Unterrichtsangebote den einfachen jungen Menschen und Jugendliche mit Behinderung oder mittleren Schulabschluss zu ermöglichen. identifiziert als Jugendliche, die bis dahin von der Duali- 5. die neuen Angebote unabhängig vom Aufenthaltssta- sierung der Bildungsgänge nicht erreicht wurden. Es tus allen jugendlichen Flüchtlingen zu ermöglichen. gab allerdings bereits Pläne: 6. der Bürgerschaft im 1. Quartal 2016 über die einge- leiteten Maßnahmen zu berichten. - f ür ein Pilotprojekt „dualisierte Ausbildungsvorberei- tung für Migrantinnen und Migranten (AvM)“ für 180 Seit dem 01. Februar 2016 ist der Bildungsgang neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler mit Start AvM-Dual das Regelangebot für neu zugewanderte zum Schuljahr 2014/15 zur Erprobung dualisierter schulpflichtige Jugendliche ab 16 Jahren unabhängig Strukturen sowie der Entwicklung und Erprobung ei- von ihrem Aufenthaltsstatus. Mit der Drucksache nes integrierten Sprachförderkonzeptes als Weiter- 21/78724 erfolgte am 07.02.2017 die Absicherung des entwicklung der bisherigen Bildungsgänge „Vorberei- Bildungsganges durch die offizielle Stellungnahme des tungsjahr für Migrantinnen und Migranten (VJ-M)“ und Senats zur Drucksache 21/1953. Die Vision wurde Rea- „Berufsvorbereitungsjahr für Migrantinnen und lität! Migranten (BVJ-M)“ und Inhalte gemeinsam erarbeiten und Schulen - für die inklusive Ausgestaltung des Übergangssys- gut begleiten tems Schule – Beruf im Rahmen des ESF geförderten Mit einem Implementierungsprojekt AvM-Dual (August Projektes „dual&inklusiv (d&i)“. 2016 bis Juli 2018) hat das HIBB eine Begleit- und Qua- lifizierungsstruktur aufgebaut, die die berufsbildenden Das ESF-Projekt „d&i“ wurde 2017 erfolgreich abge- Schulen und die Lehrkräfte in der Umsetzung des Bil- schlossen. Als Ergebnis wird die im Rahmen des Projek- dungsganges und den damit zusammenhängenden Her- tes entwickelte und erprobte Leistung „Arbeitsassis- ausforderungen unterstützt und begleitet hat. Ein Pro- tenz“ zukünftig für Schülerinnen und Schüler mit Assis- jektleitungsteam hat gemeinsam mit Kolleginnen und tenzbedarf für alle Bildungsgänge fest im Haushalt Kollegen die Schulen begleitet und 2019/20 des HIBB verankert sein. - d ie Ergebnisse und die entwickelten Instrumente aus dem Pilotprojekt AvM gesichert und in das neue Pro- Noch bevor der erste Durchgang des Pilotprojektes jekt überführt, AvM am 31. Juli 2016 entlassen wurde, erging auf der - in den aus erfahrenen Pilot- und Neueinsteigerschulen Grundlage der Drucksache 21/1953 „Schulabschluss gebildeten Schulkreisen den Austausch moderiert, in und Ausbildungsvorbereitung für jugendliche Flüchtlin- Einzelfragen beraten sowie Qualifizierungsformate or- ge“ 3 vom 16.10.2015 der Beschluss, ganisiert und umgesetzt, 3
Einführung - v ier zentrale Fachtage mit jeweils ca. 400 Teilneh- zess sind die Sicherung und Anerkennung bereits merinnen und Teilnehmern durchgeführt 5 erworbener Kompetenzen des Jugendlichen wichtig, um - sowie inhaltlich in Teilprojektgruppen zu Themen wie Ablehnungen und Ängste vor dem Neuen und vielleicht z.B. Bildungsplanentwicklung, Entwicklung eines integ- auch Fremdem zu reduzieren. Die Reflexion unter- rierten Sprachförderkonzeptes, Umsetzung des Ganz- schiedlicher Normen und Werte sowie der eigenen kul- tages, Entwicklung von Lernsituationen gearbeitet. turellen Prägung stellt sowohl für die Jugendlichen als auch für die Pädagoginnen und Pädagogen eine beson- dere Herausforderung dar. Betriebliche Handlungskontexte ermöglichen relevante Erfahrungen Am betrieblichen Lernort bilden sich nicht nur Tätigkei- ten, sondern auch Hierarchien, soziales Miteinander, Re- geln im Umgang mit Kunden oder Lieferanten sowie kul- turelle und kommunikative Anforderungen und Rituale authentisch ab. Praktika in unterschiedlichen Branchen, Berufsbildern und Betrieben ermöglichen die Erfahrung, dass es äußerst vielfältige Betriebskulturen gibt. Es entstehen für die Jugendlichen reale Anforderungen: sie Abb. 1: Treffen der Teilprojektleitungen des Projektes AvM-Dual am 03.02.2017: Abstimmung der Meilensteine und Zeitschiene sind darauf angewiesen, sich in das bestehende System einzufügen und relevante Handlungskompetenzen zu entwickeln, um den Arbeitstag zu bewältigen. Gelingt dies, wird ihnen Anerkennung und Wertschätzung ent- Das System Übergang Schule-Beruf vom Jugendlichen gegen gebracht. Die Jugendlichen erleben sich als be- her denken deutsam im Arbeitsprozess. „Die Begleitung durch Men- Im Mittelpunkt von AvM-Dual steht die Realisierung ei- torinnen und Mentoren spielt in diesem Prozess eine nes dualen Konzepts in Verbindung mit der Herausfor- zentrale Rolle. Sie unterstützen Jugendliche, ihre Hand- derung, den Lernort Betrieb für die Jugendlichen als be- lungsoptionen zu erweitern, indem sie gemeinsam den deutsamen Ort der Sprachaneignung strukturell zu er- Lernort Betrieb als Entwicklungsraum systematisch er- schließen. Zentraler Gedanke ist, dass neben der schließen und individuell angepasste Handlungsfelder Sprachaneignung viele Entwicklungsaufgaben durch die und Lernanlässe entdecken.“7 Herausforderungen in re- Jugendlichen zu lösen sind, die ein entwicklungsorien- alen Handlungsbezügen sind die Auslöser von Reflexi- tiertes Vorgehen in der Arbeit erfordern. Tragfähige onsprozessen. Damit betriebliches Lernen nicht nur im- Beziehungen zwischen Lernenden und Pädagogen sind plizit stattfindet, müssen die Erfahrungen aus dem Be- daher das Kernelement im pädagogischen Konzept der trieb ref lek tier t werden. Er f ahr ungen sowie dualisierten Ausbildungsvorbereitung. Kennzeichnend bestehendes Wissen werden durch Reflexion bewusst, sind die kontinuierliche Begleitung der Jugendlichen an die Aufmerksamkeit wird auf die Analyse des Problems den Lernorten Betrieb und Schule, ein professionelles und vor allem mögliche Handlungs- und Lösungsoptio- Coaching und das Initiieren von Reflexionsschleifen als nen gelenkt. Dabei verläuft Reflexion als zirkulärer Pro- Voraussetzung für gelingende Entwicklungsprozesse. zess. Die einzelnen Schritte in diesen zirkulären Lern- prozessen kennzeichnen die pädagogische Grundhal- Entwicklungsaufgaben lösen tung im berufsbezogenen Unterricht des Die Phase des Übergangs von der Schule in die Berufs- Bildungsganges AvM-Dual. welt stellt alle jungen Menschen in einem relativ kurzen Lebensabschnitt ständig vor neue Herausforderungen. Die Entwicklung einer realistischen beruflichen Orien- tierung ist eine wichtige Voraussetzung für den nächs- Die Arbeit im Betrieb darstellen ten Schritt in Ausbildung oder andere weiterführende Qualifizierungen. In der Auseinandersetzung mit ihrem Umfeld sind die Jugendlichen gefordert, sich zu ver- schiedensten Themen zu positionieren, ein eigenes Betriebliche Im Betrieb Erfahrungen Wertesystem aufzubauen und soziale und politische lernen und handeln reflektieren Verantwortung zu übernehmen; auch Themen wie Part- nerschaft und Familie rücken in den Fokus. Das vorhan- dene Selbstkonzept sowie entwickelte Handlungskom- Den eigenen petenzen determinieren die Entwicklung von Strategien Übergang in zur Bewältigung dieser Herausforderungen. „Für die Ausbildung + Arbeit neu zugewanderten Jugendlichen bedeutet dies vor al- lem auch, bereits in der Heimat gelöste Entwicklungs- aufgaben erneut zu bewältigen, da die vorhandenen Lö- Abb. 2: Lernfelder im berufsbezogenen Unterricht sungsmuster oft nicht kompatibel sind.“6 In diesem Pro- 4
Einführung Betriebliche Sprachanlässe nutzen eröffnet vielfältige Möglichkeiten authentische Sprach- „In der Schule hingegen befinden sich die Jugendlichen handlungen als Ausgangspunkt für weitere Lernprozes- in einem überwiegend formalen, systematisch ausge- se zu nehmen. Entscheidend für die nachhaltige Aneig- richteten Sprachaneignungsangebot, das an sprachli- nung von Redemitteln, grammatikalischen Strukturen chen Normen orientiert ist und dessen Ergebnisse vom und Wortschatz ist das Aufgreifen dieser Sprachhand- Jugendlichen häufig nicht direkt im Alltag umgesetzt lungen in den Reflexionsformaten (Betriebliche Beglei- werden können.“8 Erst die Dualisierung der Lernorte er- tung, Mentorenrunde) und die Einbindung in die forma- möglicht es, betriebliches und schulisches Lernen mitei- len Lernprozesse am Lernort Schule. Sie müssen sich an nander zu verknüpfen. Dies erfordert eine neue Sicht den Lernorten Betrieb und Schule wie ein roter Faden auf Sprachaneignungsprozesse und die Entwicklung ei- für den Jugendlichen durch die Woche ziehen. Zur Un- nes Sprachförderkonzeptes. Informelle Sprachaneig- terstützung der Lehrkräfte wurden von vier Arbeits- nungsprozesse am betrieblichen Lernort werden Grund- gruppen konkrete Lernsituationen erarbeitet, die lage für formale Sprachaneignungsprozesse in der - A nknüpfungsmöglichkeiten an die betriebliche Praxis Schule. Die kommunikativ und Lerner zentriert ausge- verdeutlichen, um betriebliche und schulische Lern- richtete Fremdsprachenforschung empfiehlt deshalb prozesse effektiv zu verzahnen; eine Analyse des kommunikativen Bedarfs der Schüle- - die Inhalte einzelner Fächer mit Bezug auf das gemeinsa- rinnen und Schüler, d.h. die inhaltliche Progression wird me Arbeiten zu Schwerpunktthemen zusammenfassen nicht vorgegeben, sondern sie entsteht aus konkreten - für drei verschiedene Sprachniveaus ausgearbeitet Sprachhandlungen. Gemeint sind hier echte und rele- sind, um das Arbeiten in heterogenen Lerngruppen zu vante Inhalte und Aufgaben. Sender, Gegenstand oder erleichtern. Zweck und Adressat müssen immer authentisch sein. Es geht nicht um Rollenspiele, in denen Schülerinnen und Ab dem Schuljahr 2018/19 werden diese Lernsituatio- Schüler stellvertretend einen Sender oder Adressat ver- nen10 fortlaufend auf die AvM-Dual Plattform auf Wibes körpern. gestellt und so allen Kolleginnen und Kollegen zur Ver- fügung stehen. Die erfolgreiche Bewältigung von Sprachhandlungen im Betrieb hat für den Jugendlichen höchste Bedeutsam- Strukturen keit. Die Jugendlichen sind mit komplexen Kommunika- AvM-Dual ist ein auf zwei Jahre angelegter Bildungs- tionssituationen konfrontiert, in denen sie sich durch gang. Neue Lerngruppen werden im Laufe des Schuljah- Nachfragen, Imitation, Ausprobieren, sprachbegleiten- res nach Bedarf kontinuierlich eingerichtet. Um die indi- des Handeln und die Hilfestellung der Gesprächspartner viduellen Voraussetzungen der Jugendlichen konse- orientieren. Sowohl die Jugendlichen als auch ihre Ge- quenter berücksichtigen zu können, ist die Verzahnung sprächspartner vollziehen ihre Sprachhandlungen über- betrieblichen und schulischen Lernens durch die Koope- wiegend ohne die bewusste Steuerung durch Regelwis- ration mit Betrieben strukturell verankert. Die Lernor- sen. „Psychologie, Linguistik und Neurowissenschaften ganisation orientiert sich in der zeitlichen Struktur an liefern empirisch gut fundierte Modelle für die These, den Rahmenbedingungen der dualen Ausbildung in Teil- dass Sprachwissen eng gekoppelt an Repräsentationen zeitform. Dies erfordert eine verlässliche Begleitung am von typischen Verwendungssituationen gespeichert Lernort Betrieb. Dies und die Umsetzung eines ganztä- wird (vgl. Ellis&Wulff, 2015).“ 9 Der betriebliche Lernort gigen Bildungsangebotes wird gewährleistet durch die 5
Einführung 1. Jahr AvM-Dual Monate 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1.dualisierte Phase: Präsentation Ankommensphase Vorbereitungsphase „Lernort Betrieb“ 2 Tage Betrieb Lernaufgabe 3 Tage Schule 2. Jahr AvM-Dual Monate 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 2.dualisierte Phase: Nach- und Vorbereitung 3.dualisierte Phase: Vorbereitung Präsentation 2 Tage Betrieb 1. und 2. Phase "Lernort 2 Tage Betrieb „Lernort Betrieb“ Lernaufgabe 3 Tage Schule Betrieb" 3 Tage Schule Anschlussplanung in Kooperation mit der Jugendberufsagentur Abb. 4: Jahresstruktur des Bildungsganges AvM-Dual Kooperation mit Bildungsträgern. Nach einer „Ankom- Kommunikations- und individuelle Ausdrucks- und mensphase“, die der ersten Orientierung, Vertrauensbil- Reflexionsmöglichkeiten. In dieser Broschüre stellen die dung und Vorbereitung auf den Lernort Betrieb dient, berufsbildenden Schulen viele Good-Practise-Beispiele lernen die Jugendlichen in den kommenden drei Schul- zur Gestaltung und Umsetzung von Ganztagsangeboten halbjahren über längere Phasen an drei Tagen pro Wo- vor. che in der Schule und zwei Tage im Rahmen eines be- trieblichen Praktikums im Betrieb. Verlässliche Begleitung „Berufsschullehrkräfte und betriebliche Integrationsbe- „Das mit wöchentlich 36 Zeitstunden ganztägige Bil- gleiterinnen und –begleiter sind als Mentorinnen bzw. dungsangebot setzt sich aus 30 Unterrichtsstunden Mentoren verlässliche Ansprechpartnerinnen und An- und ergänzenden Ganztagsangeboten zusammen. Um sprechpartner, stehen in engem Austausch mit den Be- den Ganztagesbetrieb sowie das Lernen im Betrieb si- treuerinnen und Betreuern, Vormündern sowie Anleite- cherzustellen und mit dem Lernen in der Schule zu ver- rinnen und Anleitern in den Betrieben und ermöglichen zahnen, wird die Lehrer-Ressource mit einem Schlüssel so eine Vernetzung von individueller Begleitung der Ju- von 1:30 durch betriebliche Integrations-Begleiterinnen gendlichen und zeitnaher Intervention in Krisensituatio- und -Begleiter, die Beschäftigte bei Bildungsträgern nen. Zentrale Aufgaben der Mentorinnen und Mentoren sind, ergänzt.“11 sind die wöchentliche Begleitung am betrieblichen Lern- ort im Umfang von durchschnittlich 1 Stunde, die Bera- Eine durchgängige Sprachförderung erfordert, dass alle tung der betrieblichen Partnerinnen und Partner, die Bildungsangebote sprachsensibel gestaltet werden. In Auswertung und Reflexion der betrieblichen Erfahrun- den Ganztagesangeboten werden Lernanlässe aufge- gen mit den Jugendlichen, sowie die systematische Ver- griffen, die Bezug zu den berufsbezogenen Lernfeldern zahnung der informellen Sprachaneignungsprozesse am und den berufsübergreifenden Fächern haben. Dies er- Lernort Betrieb mit formalen Sprachaneignungsprozes- möglicht eine Unterstützung formaler Lernprozesse sen am Lernort Schule. Vertrauensaufbau und tragfähi- durch erfahrungsbasierte Lernarrangements im Ganz- ge Beziehungen zwischen Lernenden und Pädagoginnen tag. Angebote zu Bereichen „Alltagsbewältigung“ sowie bzw. Pädagogen als Mentorinnen bzw. Mentoren sind „Kultur und Bewegung“ eröffnen den neu zugewander- das Fundament des pädagogischen Ansatzes in der du- ten Jugendlichen Chancen, sich in unserer Gesellschaft alisierten Ausbildungsvorbereitung (Raschke, 2014)“12 zu orientieren und integrieren. In Kultur- und Bewe- gungsangeboten entstehen zudem nicht-sprachliche „Die verschiedenen Anforderungen, bedingt durch die individualisierte Begleitung, erfordern den Aufbau von festen Teamstrukturen. Im Stundenplan fest verankert werden Unterrichtsinhalte unter Einbezie- Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag hung der individuellen Lernprozesse der Lernort Schule Betrieb Betrieb Schule Schule 08:00 Uhr Gemeinsame Reflexion der Gemeinsame Jugendlichen gemeinsam aufeinander ab- Tagesplanung Betriebstage Tagesplanung gestimmt und kollegiale Fallberatungen Berufsbezogener und Berufsbezogener und Berufsbezogener und durchgeführt, die in herausfordernden Fäl- Berufs- Berufs- Berufs- len neue Lösungsstrategien ermögli- übergreifender Lernen im Betrieb übergreifender übergreifender 13:30 Uhr Unterricht Unterricht Unterricht chen.“13 Behördengänge Vorbereitung Begleitung durch die Wochenabschluss Betriebstage Mentorinnen und Mentoren 15:30 Uhr < < durchgängige Sprachförderung > > Abb. 5: Wochenstruktur in der dualen Phase 6
Einführung Abb. 6: Evaluations-Fachtag des Pilotprojektes am 05.07.2016: Kolleginnen und Kollegen werten den 1. Pilotdurchgang aus ten dann im Einzelfall auch abgebrochen werden, um Innehalten und gemeinsam auswerten durch eine erneute Akquise ein besseres Matching zu er- Die quantitativen Auswertungen zu den Verbleiben der reichen.“15 Qualifizierte betriebliche Begleitung, Reflexi- Abgängerinnen und Abgänger basieren auf schülerbezo- on betrieblicher Erfahrungen, Anfertigung von betriebli- genen Datenerhebungen durch die Mentorinnen und chen Lernaufgaben und das systematische Anknüpfen an Mentoren. Qualitative Aussagen sind Ergebnisse eines betriebliche Lernanlässe in allen Unterrichtsangeboten Evaluations-Workshops zum AvM-Piloten, an dem alle führten zu hoher Motivation und zu sichtbaren Erfolgen Lehrkräfte und Betrieblichen Integrationsbegleiter am bei den Jugendlichen. Auf einem Fachtag benannten die Ende des ersten Durchgangs teilgenommen und zu fol- Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen einer Publi- genden Themen ihre Arbeit reflektiert haben: kumsbefragung (online-Tool „mentimeter“) genau dieses - D ualisierung der Lernorte (Einblicke in die Arbeitswelt Anknüpfen an betriebliche Erfahrungen und die Verzah- und Perspektiven) nung mit dem Unterricht in der Schule als größte Ent- - Verlässliche Begleitung der Jugendlichen in Schule und wicklungsaufgabe, gefolgt von der „Fachlichen Qualifizie- Betrieb (durch Mentor/innen) rung“ und „Sprachförderung im Betrieb“16. - S prachaneignungsprozesse am Lernort Betrieb und Verzahnung betrieblichen und schulischen Spracher- Daraus abgeleitet wird ein Entwicklungs- und Qualifizie- werbs rungsschwerpunkt im Schuljahr 2018/19 die fächerüber- - O rganisation der Übergänge und Anschlüsse im vierten greifende Arbeit in Lernsituationen sein, die an die be- Schulhalbjahr in Kooperation mit der Jugendbe- triebliche Praxis anknüpfen und Möglichkeiten zur Ver- rufsagentur zahnung betrieblicher und schulischer Lernprozesse, auch in Hinblick auf die Sprachaneignung, aufzeigen. Dualisierung Die Praxis hat gezeigt, dass man kein bestimmtes Deutsches Sprachdiplom (DSD I PRO) Sprachniveau festlegen kann als Voraussetzung für die Kernziele des Bildungsganges AvM-Dual sind ein syste- erfolgreiche Akquise eines Praktikumsplatzes und den matischer Erwerb der deutschen Sprache und eine Ver- erfolgreichen Einstieg in die erste dualisierte Phase. „Ob mittlung der Jugendlichen in individuell passende An- Jugendliche den Anforderungen am betrieblichen Lernort schlüsse. Da anerkannt zertifizierte Sprachniveaus im (auch sprachlich!) gewachsen waren, hing vielmehr von Übergangsmanagement von der Schule in Ausbildung den jeweiligen Gegebenheiten im Betrieb und den Erwar- oder andere weiterführende Bildungsmaßnahmen als Zu- tungen der Anleiterinnen und Anleiter sowie von der psy- gangsvoraussetzung zu Fördermaßnahmen der Agentur chischen und physischen Belastbarkeit der Jugendlichen für Arbeit bedeutsam sind, wurden nach Rücksprache mit ab. . . . Durch die betriebliche Praxis wurde den Jugendli- der Agentur für Arbeit Fortbildungsangebote für alle be- chen deutlich, dass die Arbeitsprozesse und Anforderun- rufsbildenden Schulen gemacht, damit sie sich zu DSD I gen an Tätigkeiten sich häufig deutlich von denen in ih- PRO Prüfschulen qualifizieren konnten. Die berufsbilden- rem Heimatland unterscheiden und eng verbunden sind den Schulen haben sich flächendeckend qualifiziert, so mit sprachlichen Anforderungen.“14 dass alle Schülerinnen und Schüler an den Prüfungen teil- nehmen konnten. Integrierte Sprachförderung Für die Jugendlichen entstand durch die systematische In der Abbildung 7 sind die erreichten Sprachniveaus der Einbindung der betrieblichen Sprachanlässe in der Regel Schülerinnen und Schüler aus dem ersten Prüfungs- eine sehr hohe Motivation zum Sprachlernen. Ihr Selbst- durchgang der DSD I PRO Prüfungen am Ende des Schul- bewusstsein und das Selbstvertrauen, Deutsch zu spre- jahres 2016/17 im Vergleich zum Bundesdurchschnitt chen, sind durch die Praktika erheblich gestiegen. „Füh- dargestellt. 6 Schülerinnen und Schüler haben, zertifi- len sich Jugendliche im Betrieb überfordert oder sozial ziert durch TELC- B2 Prüfungen, das Sprachniveau B2 nicht angenommen, sind die Voraussetzungen für einen erreicht. erfolgreichen Spracherwerb eingeschränkt. Praktika soll- 7
Einführung Entschuldigt Teil- B1 A2 nicht bescheinigungen teilgenommen Abb. 7: Hamburg 34,5% 30,0% 33,5% 2,0% Ergebnisse der DSD I Pro Prüfungen in Hamburg im Schuljahr 2016/17 im Vergleich zum bundesweiten bundesweit 28,7% 31,1% 36,9% 0,5% Gesamtergebnis Übergangsmanagement klassen für die Oberstufe zugewiesen worden sind und in Alle Partner im Übergangsmanagement, die Mentorinnen der Verbleibstatistik unberücksichtigt bleiben. Die quali- und Mentoren der Jugendlichen in den berufsbildenden tätsgesicherte Auswertung von Abgängerinnen und Ab- Schulen, die Berufsberaterinnen und Berufsberater sowie gängern zum 01. Februar sowie 01. August 2018 wird die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des HIBB in der JBA, Ende Oktober 2018 vorliegen. übernehmen gemeinsam Verantwortung und arbeiten eng zusammen, um gemeinsam mit den Abgängerinnen und Erste Erkenntnisse Abgängern aus dem Bildungsgang AvM-Dual individuell Der Bildungsgang AvM-Dual bietet den neu zugewan- passgenaue Übergänge zu gestalten. Zum Sommer 2018 derten Jugendlichen realistische Möglichkeiten, sich in fanden Übergangskonferenzen an den berufsbildenden der Berufswelt zu orientieren sowie ihre mitgebrachten Schulen statt, in denen alle beteiligten Partner mögliche Kompetenzen weiterzuentwickeln und mit den beste- nächste Schritte und Unterstützungsmöglichkeiten der henden Anforderungen der Arbeitswelt in Hamburg ab- Jugendlichen gemeinsam beraten haben. Eine Prozessbe- zugleichen. Besonders für Jugendliche mit eher erfah- schreibung zum Übergangsmanagement, die im Schuljahr rungsbasierten Vorerfahrungen in Lernprozessen ist 2018/19 mit den Partnern der Jugendberufsagentur ab- der Lernort Betrieb ein wichtiger Anknüpfungspunkt gestimmt werden wird, ist erstellt worden. In den Bera- und Motor, um sich den bestehenden schulischen An- tungsprozessen wurde deutlich, dass alle Anschlussmaß- forderungen zu stellen. Leistungsstärkeren Schülerin- nahmen weiterhin mit Sprachfördermaßnahmen flankiert nen und Schülern mit guter schulischer Vorbildung wird werden müssen, damit die Jugendlichen erfolgreich die im Betrieb deutlich, welche Sprachkompetenzen sie nächsten Schritte Richtung oder in Ausbildung gehen entwickeln müssen, um eine von ihnen angestrebte können. Bisher sind die Verbleibe aus dem ersten und Ausbildung erfolgreich zu durchlaufen. Es zeigt sich, zweiten Durchgang des AvM-Piloten quantitativ ausge- dass zwei Jahre für viele neu zugewanderte Jugendliche wertet. Dabei haben sich die prozentualen Anteile der sehr kurz sind, um ausreichende Deutschsprachkompe- Übergänge in Ausbildung und Beschäftigung aus dem tenzen aber auch Mathematikkenntnisse aufzubauen. ersten Durchgang im zweiten Durchgang im Wesentlichen Weiter qualifizierende Maßnahmen und Ausbildung im bestätigt (s. Abb. 8). Die Übergänge in einen weiterfüh- Anschluss müssen systematisch sprachsensibel gestal- renden Schulbesuch fallen im zweiten Durchgang deutlich tet und mit Sprachförderung flankiert werden. Aus geringer aus, weil sehr leistungsstarke Jugendliche mit sprachwissenschaftlicher Sicht ist eine Umsetzung von teilweise schon anerkanntem mittlerem Schulabschluss Sprachförderung für den Jugendlichen am erfolgver- aus dem Herkunftsland zum Schuljahr 2016/17 das erste sprechendsten, wenn sie an authentischen Kommunika- Mal in die auf ein Schuljahr angelegten Vorbereitungs- tionssituationen und Sprachhandlungen anknüpft. Zweiter Durchgang des AvM-Piloten Erster Durchgang des AvM-Piloten Abgängerinnen und Abgänger in % Abgängerinnen und Abgänger in % (N=141) (N=91) (geförderte) Ausbildung und Berufliche Qualifizierung (BQ) 21,0 28,3 Beschäftigung (Arbeit, FSJ, BuFDI) mit Vertrag 6,0 7,6 Weiterführende schulische Bildung 14,0 6,5 Anschlussmaßnahmen 23,0 18,5 der Agentur für Arbeit Abb. 8: Übergänge in Ausbildung und weiter qualifizierende Maßnahmen aus dem ersten und zweiten Durchgang des AvM-Piloten. 8
Einführung Im Verlauf des Projektes AvM-Dual hat sich gezeigt, Herausforderungen dass für neu zugewanderte Jugendliche in AvM-Dual mit Das berufsbildende System und damit das HIBB steht einer Behinderung eine fachlich fundierte Unterstüt- nach dem Kraftakt aller Beteiligten in den Schulen, bei zung und ein pädagogisches Konzept fehlen. Die Er- den Bildungsträgern und in der Verwaltung, die Ausbil- kenntnisse aus dem ESF-Projekt dual & inklusiv bieten dungsvorbereitung für neu Zugewanderte einzurichten eine gute Grundlage, um auch junge, zugewanderte und zu implementieren, jetzt vor neuen Herausforde- Menschen mit einer Behinderung in der Ausbildungsvor- rungen: bereitung zu unterstützen. Ab dem Schuljahr 2018/19 werden auch die Jugendlichen in AvM-Dual von Arbeit- Wie ist ein geeignetes Übergangsmanagement für die sassistentinnen und Arbeitsassistenten unterstützt. Al- Zielgruppe der neu Zugewanderten in Zusammenar- lerdings stellen sich aufgrund fehlender Deutschsprach- beit mit der Jugendberufsagentur weiter zu entwi- kenntnisse und unterschiedlich kultureller Prägung neue ckeln? Herausforderungen, die im Rahmen des am 01. Februar 2018 gestarteten Folge-Projektes AvM d&i aufgegrif- Wie lassen sich in der Praxis die Ausbildungsvorberei- fen und bearbeitet werden. tung (AvDual) und das neue Angebot AvM-Dual kon- zeptionell, personell und im Übergangsmanagement verzahnen? Welche besonderen Anforderungen stellen sich an das System durch die Inklusion bezogen auf die neue Ziel- gruppe? Welche Erkenntnisse aus AvM-Dual sind transferfähig für das gesamte System? Wie können geeignete Sprachförderkonzepte an den berufsbildenden Schulen in allen Bildungsgängen eta- bliert werden? Verweise In Elisabetta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und 1 Schulze, H. Sturm. 2014. Chancengerechtigkeit durch Dualisie- Sprachbildung in der beruflichen Bildung“ S. 124. Münster: Wax- rung. In H. Sturm u.a. „Die Zukunft sichern: Jugend, Ausbildung, mann-Verlag Teilhabe“ S. 401. Hamburg 9 ebd. S. 124 2 ebd. S. 401 10 s. Anhang 3 3 http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/50188/ schulabschluss-und-ausbildungsvorbereitung-f%c3%bcr-jugend- 11 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil- liche-fl%c3%bcchtlinge.pdf am 22.05.2018 dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham- burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule. In Elisa- 4 s. Anhang 1 betta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und Sprachbil- 5 Programme der Fachtage: s. Anhang 2 dung in der beruflichen Bildung“ S. 127. Münster: Waxmann-Verlag 6 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil- dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham- 12 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil- burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule. In Elisa- dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham- betta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und Sprachbil- burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule. In Elisa- dung in der beruflichen Bildung“ S. 123. Münster: betta Terrasi-Haufe und Anke Börsel „Sprache und Sprachbil- Waxmann-Verlag dung in der beruflichen Bildung“ S. 127/128. Münster: Waxmann-Verlag 7 Julia Gillen, Anne-Britt Mahler. 2014. Reflexion als Prinzip in der dualisierten Ausbildungsvorbereitung. In H. Sturm u.a. „Die 13 ebd. Seite 131 Zukunft sichern: Jugend, Ausbildung, Teilhabe“ S. 276. Hamburg 14 ebd. Seite 131 8 B. Kruse, M. Pasquay, H. Sturm. 2017. Die dualisierte Ausbil- 15 ebd. Seite 133 dungsvorbereitung für neu zugewanderte Jugendliche in Ham- burg: Sprachaneignungsprozesse in Betrieb und Schule. 16 s. Anhang 4 9
+ + + BS01 – Berufliche Schule Anckelmannstraße + + + AvM-Dual Schüler gehen im Kletterpark an eigene Grenzen und helfen sich gegenseitig Gemeinsam Projekte planen und Feste feiern Inhalte gemeinsam bearbeiten und sich aufeinander zu 2017/2018 ab. Durch den auch inhaltlich abgestimmten bewegen Fusionsprozess gut vorbereitet bewältigen wir gerade Für die ehemaligen Schulen H1 (Berufliche Schule für die Herausforderungen, die mit der Entlassung der ers- Handel und Verwaltung Anckelmannstraße) und H11 ten 100 Schülerinnen und Schüler aus dem Bildungs- (Berufliche Schule an der Alster) ging es in den letzten gang AvM-Dual verbunden sind. Alle Schülerinnen und beiden Jahren nicht nur darum, mit AvM-Dual einen völ- Schüler werden auf Abschlüsse vorbereitet (ESA oder lig neuen Bildungsgang an beiden Schulen zu etablieren, MSA), 90 von ihnen nehmen an den Prüfungen zum sondern auch darum, ab August 2017 durch die Fusion Deutschen Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz der beiden Schulen im Rahmen des Schulentwicklungs- (DSD I PRO) teil, um mit einem zertifizierten Sprachni- planes einen gemeinsamen Bildungsgang zu formen. veau bessere Chancen im anschließenden Übergang in Ausbildung oder Arbeit zu haben. Wir arbeiten eng mit Ab Januar 2017 haben wir uns in regelmäßigen, engen zwei Berufsberaterinnen der Jugendberufsagentur zu- Abständen auf Abteilungsleitungs- bzw. Koordinations- sammen, um für alle Schülerinnen und Schüler individu- ebene getroffen, um Absprachen für den Bildungsgang ell passende Anschlüsse zu entwickeln. Mit Beginn der ab Sommer 2017 zu treffen und vor allem auch um un- Sommerferien werden wir dann wissen, ob und wie er- terschiedliche Vorgehensweisen und Regeln identifizie- folgreich wir das Projekt AvM-Dual an unserer Schule ren und angleichen zu können. Auch die gemeinsame im ersten Durchgang umgesetzt haben. Nur eins wissen Klassenplanung ab Sommer 2017 gehörte dazu und war wir jetzt schon: ohne unsere sehr enge Zusammenarbeit mit elf AvM-Dual Klassen und einer Alpha-Klasse sowie seit weit mehr als einem Jahr und das hohe Engagement ca. 60 im Bildungsgang eingesetzten Kolleginnen und unserer Kolleginnen und Kollegen wären wir sicherlich Kollegen keine leichte Aufgabe. Wir organisierten erste nicht so weit, wie wir es jetzt sind. gemeinsame Mentorentreffen, überarbeiteten mit den Text: Christoph Böttcher (Abteilungsleitung), Kolleginnen und Kollegen das seit April 2016 gemein- christoph.boettcher@hibb.hamburg.de und Monika Glowatzki (Bildungsgangkoordinatorin), sam entwickelte schulinterne Curriculum und stimm- monika.glowatzki@wibes.de ten so viele Termine wie möglich für das Schuljahr Foto Kletterwald: ©Monika Glowatzki 10
+ + + BS01 – Berufliche Schule Anckelmannstraße + + + Weihnachten mit AvM-Dual Schülerinnen und Schülern Im Herbst 2015, nachdem in kürzes- Weihnachten 2016 haben wir an der sere bisherigen Feiern anknüpfen zu ter Zeit vier Flüchtlingsklassen an ehemaligen H11 mit unseren können! der ehemaligen H11 eingeschult und 7 AvM-Dual Klassen zusammen eine viele von uns das erste Mal so richtig Weihnachtsfeier organisiert, zu der Die „echte“ Aktion „Weihnachten im mit der Situation von minderjährigen alle Schülerinnen und Schüler sowie Schuhkarton“ gibt es schon seit vie- unbegleiteten Flüchtlingen konfron- Kolleginnen und Kollegen etwas mit- len Jahren. Nähere Informationen tiert worden waren, entschlossen wir gebracht haben. Aufgrund der Fusion dazu: https://www.geschenke-der- uns dazu, am letzten Schultag des und des Umzugs ins neue Gebäude hoffnung.org/projekte/weihnachten- Jahres eine Weihnachtsfeier für un- sowie der hohen Anzahl der Klassen im-schuhkarton sere Schülerinnen und Schüler aus- fiel eine gemeinsame Weihnachtsfeier zurichten, um ihnen diese Tradition 2017 leider aus. Wir hoffen, Weih- Text: Monika Glowatzki in Deutschland nahe zu bringen und nachten 2018 als BS01 wieder an un- Foto: © Fabian Borchert in Gemeinschaft die letzten Schul- stunden des Jahres zu verbringen. Wir beschlossen unsere Berufsschul- klassen einzubeziehen und in Anleh- nung an die weltweite Aktion „Weih- nachten im Schuhkarton“ Pakete von unseren Berufsschulklassen für un- sere Schüler packen zu lassen. Unse- re Idee stieß auf so große Resonanz in den Berufsschulklassen, dass wir die Zahl der Pakete pro Klasse be- grenzen mussten, um nicht mehr Ge- schenke als Schülerinnen und Schüler zu haben. Im Rahmen unserer Weih- nachtsfeier, bei Kaffee, Tee, Kuchen und Keksen, die die Kolleginnen und Kollegen gemeinsam bereitstellten, wurden die Kartons übergeben und Liebevoll gepackte Schuhkartons warten auf mit viel Freude und Dankbarkeit aus- unsere AvM-Dual Schülerinnen und Schüler gepackt. Am Ende dieses Tages konnte man überall glückliche Ge- sichter sehen. Und sonst so? Weitere Projekte und Aktivitäten an der BS01 Auf Austauschtreffen und Fortbildungen im Bereich AvM-Dual wird man immer wieder mit der Frage kon- frontiert: „Was macht ihr sonst so?“ Und im ersten Mo- ment denkt man „eigentlich nicht so viel“. Doch schaut man genauer hin, entdeckt man eine ganze Menge… Eine Schülerzeitung entstand in der Projektwoche, Erkun- dungstouren als Schnitzeljagd quer durch Hamburg für neue AvM-Dual Klassen, gemeinsames Kochen und Ba- cken in der Schulküche, Ausflüge in den Kletterpark zur Stärkung der Klassengemeinschaft, Schwimmkurse in Zusammenarbeit mit der DLRG, Fahrradkurse im Rah- men des Sportunterricht mit Cycle2gether von Vatten- fall, Fußballturniere, Theater-AG, ein Gitarrenkurs, zu- sätzliche Vorbereitung auf B2-Prüfungen für besonders starke Schülerinnen und Schüler, Vermittlung von Feri- enkursen in Zusammenarbeit mit der AWO Schles- Text: Monika Glowatzki wig-Holstein, Theaterbesuche, … Foto: ©Jakob Engler 11
+ + + BS02 – Berufliche Schule für Wirtschaft und Handel Hamburg-Mitte + + + Kulturelle Erlebnisse und Sprachförderung Autorenlesung mit Leonhard Thoma Mit anschaulicher Mimik und Gestik sowie kleinen Re- Im Anschluss gab es Raum für Fragen und Diskussionen quisiten (Fernbedienung, Chips-Tüte, Tisch und Stuhl) zur Lesung sowie auch zu Alltagserlebnissen der Ju- las Leonard Thoma am 27.06.2017 eine seiner Kurzge- gendlichen in Deutschland (mit dem Autor). schichten vor unseren AvM-Dual Klassen. Er erzählte Zum Autor: Leonhard Thoma, geboren 1966 in Aschaf- aus dem Alltag einer „typisch deutschen Kleinfamilie“. fenburg und aufgewachsen in Augsburg, studierte Lite- Während seiner Lesung wurden sowohl die Schülerinnen ratur und Philosophie in München und arbeitete dann und Schüler als auch die begleitenden Lehrkräfte vom als Deutschlehrer in Berlin, Dijon, Paris sowie Barcelo- Verlauf der Geschichte, und der beeindruckenden und na. Seit 2001 publiziert er Bücher mit Kurzgeschichten lebendigen Darstellung des Autors regelrecht in Bann speziell für Deutschlernerinnen und -lerner, und macht genommen. Die Aufmerksamkeit wurde zusätzlich noch damit Lesungen und Lektüre-Workshops an Schulen, gesteigert, da die Schülerinnen und Schüler immer wie- Universitäten und Goethe-Instituten in aller Welt. Kon- der zum Mitmachen aufgefordert wurden. So konnten takt über den Hueber-Verlag. sie beispielsweise Leerstellen der Geschichte selbst Text: Corinna Baspinar, Lehrerin ausfüllen, oder ein eigenes Ende konstruieren. corinna.baspinar@gmx.net Foto: ©Thomas Schuback Zusammenarbeit mit dem Magnus-Hirschfeld-Centrum in Hamburg Im Fach „Werte und Leben in Deutsch- dern ist das Thema in der Regel tabu- Die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind land” versuchen wir, unseren Schüle- isiert oder aber die Schülerinnen und dabei besonders auf die Verwendung rinnen und Schülern in der AVM das Schüler kennen nur die Ausgrenzung einer angepassten, „einfacheren” Leben in Deutschland näher zu brin- von Schwulen und Lesben. Sprache vorbereitet worden. gen. Dazu gehört es auch, Vorurteile Deshalb haben wir mit zwei Klassen abzubauen. Diese Vorurteile gibt es das Magnus-Hirschfeld-Centrum be- unter vielen Schülerinnen und Schü- sucht. Dort haben junge Schwule und Text: Thomas Schuback, lern der AvM-Dual gegenüber Schwu- Lesben mit unseren Schülerinnen und Abteilungsleiter AvM-Dual, len und Lesben. In ihren Heimatlän- Schülern ohne Lehrkräfte diskutiert. thomas.schuback@hibb.hamburg.de 12
+ + + BS02 – Berufliche Schule für Wirtschaft und Handel Hamburg-Mitte + + + Besuch eines Fußballballspiels im Hamburger Volksparkstadion Im Februar 2016 sorgten unsere ge Schüler in ihrer Freizeit regelmä- Schülerinnen und Schüler gemeinsam ßig Fußball spielen. Die Schülerinnen mit ihren Lehrkräften für gute Atmo- und Schüler lernten vor dem Spiel sphäre im Hamburger Volksparksta- nicht nur Fußball-Deutsch, sondern dion. Dank der lautstarken Unter- sangen auch mit Begeisterung die stützung gewann der HSV gegen Vereinshymne „Hamburg meine Per- Gladbach in einem spannenden Fuß- le“ von Lotto King Karl mit, die vor- ballspiel mit 3:2. her im Unterricht einstudiert wurde. Zusammen wurde über das runde Le- Unsere Schülerinnen und Schüler wa- der gefachsimpelt und wir Lehrkräfte ren enthusias tisch dabei und Text: Malte Goedelt erfuhren, dass auch Afghanistan eine schwärmten noch wochenlang von Foto: ©Stefanie Voth gute Fußballmannschaft hat und eini- diesem Erlebnis. Sprachdiagnostische Testungen – Rückmeldungen zum Sprachlernprozess Für die Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, zu er- eines höheren Sprachniveaus sind. Sie erkannten fahren, welche persönlichen Lernentwicklungsschritte schnell, ob eine mündliche Äußerung oder ein Text ein- beim Lernen der deutschen Sprache vollzogen werden. fach oder sprachlich anspruchsvoll kommuniziert wur- Darüber hinaus ist es für die Kolleginnen und Kollegen, den. Aus diesem verbesserten Sprachgefühl entwickel- die Deutsch als Zweitsprache (erstmalig) unterrichten, te sich der Anspruch, sich möglichst gut ausdrücken zu bedeutend einen Überblick über den Leistungsstand der wollen. Auch im laufenden Unterricht forderten die Klassen zu gewinnen, um daraus Maßnahmen für die un- Schülerinnen und Schüler häufig eine Rückmeldung zu terrichtliche Arbeit abzuleiten. ihren Wortbeiträgen oder verfassten Texte. „Das war Daher haben wir an der BS02 regelmäßige sprachdiag- doch B1, oder?“, kam dann häufig als Frage, nachdem nostische Testungen durchgeführt. beispielsweise gerade stolz ein Infinitivsatz benutzt Uns war es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler wurde. spätestens nach der Ankommens- und Vorbereitungs- Die Prüfungen führten auch zu einem routinierteren phase in den Kompetenzbereichen Verstehen (Hören, Umgang mit Sprachtestungen, was sich positiv auf die Lesen), Sprechen und Schreiben das Sprachniveau A1 Teilnahme am Deutschen Sprachdiplom (DSD I PRO) erreichten, um sich in der ersten dualisierten Phase ein- auswirkte. Die unterrichtenden Lehrkräfte erhielten fach verständigen zu können. Bei einer A1-Testung wertvolle Hinweise zum Sprachlernprozess und konnten nutzten wir kostenlose Materialien verschiedener Verla- diese in ihrer Unterrichtsgestaltung berücksichtigen. ge und entwickelten einen Gesprächsbogen für die Bei den Lernentwicklungsgesprächen, an denen auch Lernentwicklungsgespräche. Wir wollten den geteste- häufig Eltern oder Betreuerinnen und Betreuer teilnah- ten Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Lernent- men, erhielten wir Informationen, die sich förderlich auf wicklungsgesprächs einerseits eine Rückmeldung zu ih- die schulische Arbeit auswirkten. ren Lernerfolgen und andererseits auch zu ihrer von uns Im vergangenen Januar haben wir anstatt einer Sprach- beobachteten Lernmotivation geben. testung eine klassenübergreifende ESA-Vorbereitungs- Im Schuljahr 2016/2017 folgten weitere Testungen (A2 prüfung in Mathematik, Deutsch und Englisch schreiben / B1). Die Schülerinnen und Schüler waren immer sehr lassen. Fast vier Monate vor der Abschlussprüfung an ihren Ergebnissen interessiert, was vielfach zu einer konnten wir den Schülerinnen und Schülern damit auf- besonderen Lernmotivation führte. Ihnen wurde be- zeigen, welche Schritte für eine erfolgreiche schulische wusst, dass beispielsweise der Gebrauch von verschie- Beendigung des Bildungsgangs noch zu gehen sind. denen grammatikalischen Strukturen oder die Verwen- Text: Malte Goedelt, Beauftragter für dung von Fachwortschatz bedeutend für die Erreichung Förderkonzepte /Migrantenbeschulung malte.goedelt@wibes.de Berufsinformationsmesse an der BS02 Im Januar 2018 haben wir an der BS02 eine Berufsinformationsmesse mit ei- nem Schwerpunkt für AvM-Dual Schülerinnen und Schüler durchgeführt. Ne- ben der Handwerkskammer und Handelskammer haben 22 Ausbildungsbe- triebe ihre Ausbildungsangebote vorgestellt. Wir haben versucht, dass für AvM-Dual Schülerinnen und Schüler geeignete Berufe vertreten sind. Selbst- verständlich haben auch Schülerinnen und Schüler aus AvDual und der Höhe- ren Handelsschule an der Messe teilgenommen. Zusätzlich haben wir unsere Partnerstadtteilschulen eingeladen. Text: Thomas Schuback 13
+ + + BS04 – Berufliche Schule Stahl- und Maschinenbau + + + POETRY SLAM Leben in Deutschland Unter dem Motto „Leben in Deutschland“ fand am 13. gend! Eine achtköpfige Publikumsjury bestehend aus April 2016 der erste Poetry Slam im Bildungsgang Schülerinnen und Schülern verschiedenster Herkunfts- Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und länder ist zum Mitwerten eingeladen und bewertet jede Migranten (AvM-Dual) an der Staatlichen Gewerbe- Performance im Anschluss an den Auftritt mit Punkten. schule Stahl- und Maschinenbau statt. 17 Schülerin- Und dann ist es so weit. Für die Siegerehrung werden nen und Schüler aus AvM-Dual-Klassen der Staatli- die Punkte aller Teilnehmenden zusammengerechnet. chen Gewerbeschule Stahl- und Maschinenbau sowie Ein Schüler aus Afghanistan singt in diesem Moment sieben Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schu- Lieder in seinen Sprachen. Ausgelassen, begeistert und le für Wirtschaft Hamburg-Eimsbüttel präsentierten voller Gefühl singen die jungen Menschen, 16- bis ihre selbst geschriebenen Texte vor Publikum. 18-Jährige aus Syrien, Iran, Irak, Afghanistan, Indien, Eritrea, Libanon, Somalia und der Slowakei, lautstark Eine Vielfalt der verschiedensten Sprachen erfüllt die mit. Als er das letzte Lied anstimmt, ein Liebeslied in Schulaula der Gewerbeschule 1 an diesem Mittwoch Hindi, steht eine Schülerin spontan auf und beide singen kurz vor elf Uhr. Gespannt warten die Gäste aus Klas- im Duett. Welch unvergesslicher Moment! Zu sehen und sen der Fachschule für Technik, Berufsqualifizierung für zu spüren, wie diese Jugendlichen, die wir Lehrende täg- Metallberufe, Berufsschule, weiteren AvM-Dual Klassen lich dabei begleiten Deutsch zu lernen, nun auf der Büh- und der Schulleitung auf den Beginn des Poetry Slams. ne stehen und den Mut finden, die neu gelernte Sprache Dieser Slam ist ganz besonders. Für die Jugendlichen ist auch vor großem Publikum erfolgreich einzusetzen. Wie es ein Poetry Slam in einer Fremdsprache. Für viele der sie ihre eigene Kultur mit einbringen und nicht verges- jungen Menschen aus den Ländern Syrien, Iran, Irak, Af- sen, woher sie kommen und was sie bereits können – ghanistan, Indien, Eritrea, Libanon, Somalia und der Slo- das beglückt. Das Endergebnis steht fest. Die Siegerin- wakei ist es der erste Bühnenauftritt in der neu gelern- nen und Sieger werden gekührt. Alle Teilnehmenden er- ten Sprache DEUTSCH. Die Sprache, die in unseren halten eine Urkunde. Der Erstplatzierte bekommt neben Schulen alle Nationen zusammenführt. 24 Schülerinnen seiner Siegermedaille eine vom Bildungssenator Ties und Schüler tragen nacheinander ihre selbstverfassten Rabe signierte Hamburgflagge. Alle teilnehmenden Ju- Texte vor – Rondells, Gedichte, Geschichten, Rapsongs. gendlichen haben sich an diesem Vormittag mutig in Mal laut, mal leise, autobiographisch oder kritisch-re- diesen bisher einzigartigen Wettbewerb begeben und flektierend, humorvoll oder melancholisch schildern sie sich dem unmittelbaren Feedback der Zuhörenden ge- ihre persönlichen Gedanken, Erlebnisse, Erfahrungen stellt. Und wenn mich jemand fragte „Sind diese Ju- und Eindrücke über das Leben in Deutschland. Jeder gendlichen in Hamburg angekommen?“, so antwortete Auftritt beginnt und endet mit einem tosenden ich nach diesem Slam voller Überzeugung „Ja!“. Applaus. Wir spüren es alle. Eine ganz besondere Stim- mung liegt im Raum – mitreißend, emotional, herzbewe- Text: Susanne Jacobs, Lehrerin susanne.jacobs@wibes.de MATHE, DEUTSCH, ENGLISCH UND EH ... JA MUSIK! Musik hat mich verliebt gemacht Als Betrieblicher Integrationsbegleiter ist es meine Auf- neben Beruf und Schule auch eine Form der kulturellen gabe, junge Zugewanderte zu coachen und bei berufli- Integration zu ermöglichen. chen und persönlichen Fragen zu begleiten. Ich unter- Ich bin angehender Musik-Pädagoge und habe die Mög- stütze das Fremd- und Fachsprachenlernen und stelle lichkeit, die Arbeitsinhalte des Studiums in meine Arbeit Bezüge her zwischen betrieblichem und schulischem Ler- an der Schule einzubringen. Im Ganztagsunterricht biete nen. Bei Konflikten ist es meine Aufgabe zu vermitteln. ich den Schülerinnnen und Schülern an zwei Nachmitta- Ich berate Betriebe bei der sprachlichen Anleitung der gen in der Woche einen Musikkurs an. Bei Musik und Ge- Praktikantinnen und Praktikanten. Ja, so oder ähnlich sang gibt es oft verschiedene Meinungen : „Gesang, das könnte man mein berufliches Dasein auf sehr kurze Wei- mache ich nicht, das ist ja peinlich“, oder eben: „Hey, ich se beschreiben. Aber da ist noch etwas mehr, eine weit singe privat so gerne, mal schauen wie der Kurs so ist!“. emotionalere Tätigkeit. Neben jenen verantwortungsvol- Musik bietet eine Vielfalt an Möglichkeiten Kinder, Ju- len Arbeiten ist es meine Aufgabe, den jungen Menschen gendliche und Erwachsene zu fördern. Bei meiner Ziel- 14
Sie können auch lesen