Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft

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Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft
ISSN 2199-8205                      Lernpotenziale
                                    2014 _ Heft 1

Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.)
Individuelle Förderung im Gymnasium _
Praxisbeispiele
Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft
Folgende Publikationen entstanden im Rahmen des Pro-
                                             jekts Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium.

                                             Lernpotenziale 2014 Heft 1
                                             Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.). Lernpotenziale. Individu-
                                             ell fördern im Gymnasium. — Praxisbeispiele

                                             Lernpotenziale 2014 Heft 2
                                             Ute Gerken (Hg.). Lernzeiten am Gymnasium — Rahmen-
                                             bedingungen, Voraussetzungen und Praxisbeispiele

                                             Lernpotenziale 2014 Heft 3
                                             Kirsten Althoff (Hg.). Die Netzwerkarbeit im Projekt Lernpo-
                                             tenziale — Rahmenbedingungen und Erfahrungen (erscheint
                                             im Dezember 2014)                                                  Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.)
Impressum                                    Gemeinsame Partner des Projekts sind das Ministerium für
                                             Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen,
                                                                                                                Individuelle Förderung im Gymnasium _
Erscheinungsort
Münster, Nordrhein-Westfalen
                                             die Stiftung Mercator und das Institut für soziale Arbeit e. V.
                                             als Träger der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Nordrhein -
                                             Westfalen.
                                                                                                                Praxisbeispiele
Herausgeber                                  Die Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Nordrhein-Westfalen
Serviceagentur „Ganztägig lernen“ NRW        ist eine gemeinsame Einrichtung des MSW NRW, MFKJKS
Institut für soziale Arbeit e.V.             NRW, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung gGmbH und
Friesenring 40                               des Instituts für soziale Arbeit e.V.
48147 Münster
serviceagentur.nrw@ganztaegig-lernen.de      Für die konstruktive Begleitung des Projekts sei an dieser Stel-
info@isa-muenster.de                         le Dank ausgesprochen an die Mitglieder der Steuergruppe:
www.isa-muenster.de
www.nrw.ganztaegig-lernen.de                 Für die Stiftung Mercator: Katharina Tesmer
www.ganztag.nrw.de
                                             Für das Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW:
Redaktion                                    Renate Acht, Kay Brügmann, Paul-Dieter Eschbach,
Kirsten Althoff                              Dr. Norbert Reichel
Herbert Boßhammer
Gerda Eichmann-Ingwersen                     Für das Ministerium für Familie, Kinder, Jugendliche, Kunst
Birgit Schröder                              und Sport: Uwe Schulz
Serviceagentur „Ganztägig lernen“ NRW
                                             Für die Qualitäts- und Unterstützungsagentur — Landesinsti-
Gestaltung und Herstellung                   tut für Schule NRW: Eva Adelt
Agentur für Kommunikation
www.pars-pro-toto.de                         Für die Schulaufsicht: Joachim Schöpke, Bezirksregierung
                                             Düsseldorf
Druck
Bitter und Loose GmbH — Print mit Konzept    Für das Institut für soziale Arbeit, die Serviceagentur
www.bitterundloose.de                        „Ganztägig lernen“ NRW: Kirsten Althoff, Herbert Boßham-
                                             mer, Gerda Eichmann-Ingwersen, Birgit Schröder, Truda Ann
2014 © by Institut für soziale Arbeit e.V.   Smith.
Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft
Vorwort

Inhalt

Vorworte                                                                                                           5

Die Broschüre im Überblick                                                                                         7

Dimensionen individueller Förderung                                                                                9   Vorwort des Ministeriums für Schule und Weiterbil-
                                                                                                                       dung des Landes Nordrhein-Westfalen
1 Schülerinnen und Schüler gestalten ihren individuellen Lernprozess ­­— Lernpotenziale im Gymnasium wahrnehmen    9
   Kirsten Althoff                                                                                                     Das Recht auf individuelle Förderung ist für jede Schülerin        Fördern umfasst immer mehrere Ebenen und beschränkt
                                                                                                                       und jeden Schüler in Nordrhein-Westfalen im Schulgesetz            sich nicht auf einzelne Fördermaßnahmen oder einzelne
2 Lernpotenziale entdecken und individuell fördern: Herausforderungen für die Einzelschule                        13   verankert. Doch muss der Anspruch, individuell gefördert zu        Fächer. Individuelle Förderung bedeutet, grundsätzlich von
   Claudia Solzbacher                                                                                                  werden und zu fördern, auch mit Leben gefüllt werden. Hier         Lernenden aus zu denken und ihr und sein Lernen und indi-
                                                                                                                       setzt das Projekt „Lernpotenziale — Individuell fördern im         viduellen Kompetenzzuwachs in den Vordergrund zu rücken.
3 Stärkenorientierung in Schule und Unterricht                                                                    16   Gymnasium.“ an und widmet sich der Frage: Wie können wir           Das Projekt „Lernpotenziale“ ist deshalb ein Zukunftspro-
   Ulrike Stadler-Altmann                                                                                              Schülerinnen und Schüler in Gymnasien so fördern, dass sie         jekt für unsere Gymnasien. Denn wir brauchen hoch quali-
                                                                                                                       ihre individuellen Entwicklungspotenziale bestmöglich ent-         fizierte und hoch motivierte Menschen, die sich zutrauen,
                                                                                                                       decken und entfalten können?                                       ihre eigenen Potenziale zu entdecken und selbstständig wei-
Praxisbeispiele                                                                                                   23   Die drei aus dem Projekt resultierenden Broschüren präsen-         terzuentwickeln, zu ihrem Nutzen und zum Nutzen unserer
                                                                                                                       tieren viele Antworten auf diese Frage. Drei Aspekte möchte        demokratischen Gesellschaft.
4 Implementierung von transparenten und kompetenzorientierten Diagnoseverfahren                                        ich besonders hervorheben:                                         137 Gymnasien haben sich an dem Projekt „Lernpotenzia-
  in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik                                                                 23                                                                      le“ beteiligt. Das unterstreicht, wie bedeutsam für unse-
   Landrat-Lucas-Gymnasium, Leverkusen                                                                                 •   Individuelle Förderung muss bei den Stärken der Schüle-        re Gymnasien das Konzept der individuellen Förderung ist.
                                                                                                                           rinnen und Schüler ansetzen. Hier gibt es viele verschie-      Mich hat sehr beeindruckt, wie viele Lehrerinnen und Lehrer
5 Individuelle Förderung durch Selbstdiagnose und begleitende Lernstandsrückmeldung                                        dene Möglichkeiten. Gemeinsam ist ihnen der partizipativ       ihre Schülerinnen und Schüler nachhaltig und mit großem
  in Jahrgangsstufe 5 und 6 in Englisch und Mathematik                                                            26       angelegte Dialog zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und        Engagement individuell fördern und damit ganzheitlich bil-
   Städtisches Gymnasium Steinheim                                                                                         Schülern und ihren Eltern in der Diagnostik, der Lernbeglei-   den. Das verdient Respekt und Anerkennung, und ich freue
                                                                                                                           tung und der in den Schulen gepflegten Rückmeldekultur.        mich daher sehr, dass wir zusammen mit der Stiftung Merca-
6 Guter Mathematikunterricht für alle                                                                             32                                                                      tor und der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ NRW ein Fol-
   Freiherr-von-Stein-Gymnasium, Münster                                                                               •   Die Integration von Hausaufgaben in schulische Lernzeiten      geprojekt vereinbaren konnten. „Lernpotenziale II“ — wie
                                                                                                                           ermöglicht individualisierte Wege zur Entdeckung und           ich es nenne — kann die Wirkung von „Lernpotenziale“ wei-
7 Lerncoaching — Vom Feuerlöscher zum Rauchmelder                                                                 35       Entwicklung der Lernpotenziale jeder einzelnen Schülerin       ter vertiefen und ermöglicht auch weiteren Schulen, sich zu
   Julius-Stursberg-Gymnasium, Neukirchen-Vluyn                                                                            und jedes einzelnen Schülers.                                  beteiligen.

8 Förderkonferenzen                                                                                               38   •   Für die Entwicklung erfolgreicher individueller Förder-        Mein herzlicher Dank gilt allen Schulen, die sich an dem Pro-
   Gymnasium Marianum, Warburg                                                                                             konzepte brauchen Schulen Rückhalt und Unterstützung.          jekt „Lernpotenziale“ beteiligen und es weiter tragen, und
                                                                                                                           Die Netzwerke des Projekts und die Begleitung durch            besonders der Stiftung Mercator dafür, dass wir gemeinsam
9 Schülerberatung intensivieren — Schüler-Elternsprechtage                                                        41       qualifizierte Moderatorinnen und Moderatoren helfen da-        dieses wichtige Schulentwicklungsvorhaben auf den Weg ge-
   Weser-Gymnasium, Vlotho                                                                                                 bei und ermöglichen Schulen, auch ungewohnte Wege zu           bracht haben und es nun im Sinne zeitgemäßer Unterrichts-
                                                                                                                           gehen.                                                         und Schulentwicklung weiter ausgestalten.
10 Individuelle Förderung im bewertungsfreien Projektunterricht in der Jahrgangstufe 8                            44
   Erzbischöfliches St. Josef-Gymnasium, Rheinbach

11 Freie Lernzeiten für besonders begabte Schülerinnen und Schüler
   und für Förderschülerinnen und Förderschüler mit Migrationshintergrund                                         46                                                                      Sylvia Löhrmann
   Theodor-Fliedner-Gymnasium, Düsseldorf                                                                                                                                                 Ministerin für Schule und Weiterbildung
                                                                                                                                                                                          des Landes Nordrhein-Westfalen
12 Fächerübergreifende Sprachbildung: Textverständnis und Textproduktion verbessern                               51
   Leibniz-Montessori-Gymnasium, Düsseldorf

13 Neigungskursmodell — „Interessen erkennen, Talente fördern“                                                    54
   Landfermann-Gymnasium Duisburg

Autorinnen und Autoren                                                                                            57
Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft
Vorwort                                                                                                                          Die Broschüre im Überblick

                                                                                                                                 Die Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern — diese                       Zentrale Inhaltsfelder der entwickelten Schulprojekte sind
                                                                                                                                 Leitidee ist seit 2006 im nordrhein-westfälischen Schulge-                        die Pädagogische Diagnostik, die Lernberatung/das Lern-
                                                                                                                                 setz verankert. Sie schlägt sich auch in der Ausbildungs- und                     coaching und unterschiedliche Maßnahmen und Modelle
                                                                                                                                 Prüfungsordnung für die Schulen der Sekundarstufe I nieder.                       der individuellen Förderung im Unterricht/in Lernzeiten.
                                                                                                                                 Das Projekt „Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymna-                        Die hier vorgestellten Praxisbeispiele bilden die Bandbrei-
                                                                                                                                 sium.“ 1 greift diese Leitidee auf. Halbtags- und Ganztags-                       te der entwickelten Konzepte zur individuellen Förderung
                                                                                                                                 gymnasien soll(t)en 2 zu innovativen Entwicklungen angeregt                       ab: sie sind fachgebunden oder fachübergreifend ausge-
                                                                                                                                 und begleitet werden, um den unterschiedlichen Lern- und                          richtet, sie haben alle Schülerinnen und Schüler mit oder
Vorwort der Stiftung Mercater                                                                                                    Förderbedarfen von Schülerinnen und Schülern gerechter                            ohne besondere Merkmale im Blick, sie sind stärken- oder
                                                                                                                                 zu werden. Ziel war es, die Gymnasiastinnen und Gymna-                            förderungsorientiert. Kirsten Althoff, zuständig für die wis-
Bildungschancen sind in Deutschland immer noch herkunfts-         den. Wir freuen uns daher sehr, gemeinsam mit dem MSW          siasten von den zunehmenden Belastungen der Schulzeit-                            senschaftliche Begleitung und Evaluation im Projekt Lernpo-
bedingt, sodass viele Schülerinnen und Schüler nicht ihr volles   das Projekt „Lernpotenziale“ bis 2018 zu verlängern und        verkürzung durch die individuelle Förderung in Lernzeiten                         tenziale, fasst in ihrem Beitrag weitere Ergebnisse aus einer
Potenzial ausschöpfen können. Unser Ziel ist es, dass alle Kin-   auszuweiten, um sowohl die nachhaltige Verankerung indi-       innerhalb und außerhalb des Unterrichts zu entlasten und                          Befragung der Projektschulen und aus der wissenschaftli-
der und Jugendlichen, ungeachtet ihrer sozialen Herkunft,         vidueller Förderung in der Schulkultur als auch den Transfer   die Bildungsgerechtigkeit zu erhöhen.                                             chen Begleitung über den gesamten Projektzeitraum von
den gleichen Zugang zu Bildung haben und nicht an unge-           gelungener Projektideen in die Schullandschaft zu ermögli-                                                                                       zwei Jahren zusammen.
rechten Stolpersteinen im Bildungssystem scheitern.               chen.                                                          Die vorliegende Broschüre möchte anderen Schulen mit den
Mit einer gezielten individuellen Förderung und Unterstüt-                                                                       vorgestellten Projektergebnissen Anregungen für die eige-                         Zwei Beiträge in dieser Broschüre geben den fachwissen-
zung kann Chancengleichheit erreicht werden. Das Projekt          Anhand von erfolgreichen Beispielen können Sie sich von        nen Entwicklungsanliegen geben und ermutigen, sie vor Ort,                        schaftlichen Hintergrund für die beschriebenen Schulpro-
„Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium.“ er-           dem Gelingen des bisherigen Vorhabens in dieser und zwei       den Bedürfnissen der Schulgemeinde angepasst, umzuset-                            jekte:
probt Ideen und Strukturen, um dieses Vorhaben an Schulen         folgenden Publikationen zum Projekt „Lernpotenziale“           zen.
zu realisieren.                                                   überzeugen. Im Namen der Stiftung Mercator bedanke ich                                                                                           Claudia Solzbacher beleuchtet in ihrem Artikel die Heraus-
                                                                  mich an dieser Stelle sehr für das große Engagement der        Lehrerinnen und Lehrer aus 137 Gymnasien haben im Pro-                            forderungen, die sich einer Schule stellen, die individuelle
Mit der Förderung von „Lernpotenziale“ vertieft die Stiftung      Schulen und Netzwerke und die kompetente Begleitung des        jekt „Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium.“                          Förderung auf Dauer implementieren und ihre Lernkultur
Mercator ihr Engagement im Bereich schulischer Netzwer-           Projekts durch das Projektteam. Wir sind gespannt auf viele    im Laufe von zwei Jahren ihre Projektideen zu Konzepten                           in diesem Sinne nachhaltig verändern will. Anspruchsvoll
ke. Diese sind für die Entwicklung von Innovationen beson-        weitere Impulse.                                               der individuellen Förderung ausgebaut. Begleitet und un-                          zu fördern erfordere nicht nur Abstimmungen im Kollegi-
ders gut geeignet — die gemeinsame Arbeit motiviert und                                                                          terstützt wurden sie dabei durch eine gemeinsame Entwick-                         um, eine feste Gremienkultur bzgl. der Fallbesprechung
eröffnet neue Perspektiven. Die strukturelle Verankerung                                                                         lungsarbeit und den kollegialen Austausch im Netzwerk,                            jedes einzelnen Kindes und systematische Planung der Un-
von praxiserprobten Ideen zu individueller Förderung ge-                                                                         ebenso wie durch die moderierten und zielführenden Netz-                          terrichtsprozesse, sondern insbesondere die Ressourceno-
lingt durch Kooperation. Die Netzwerktreffen erweisen                                                                            werktreffen und den bedarfsorientierten Input aus Wissen-                         rientierung anstelle einer Defizitorientierung als zentrales
sich in diesem Prozess als wichtige Knotenpunkte für die                                                                         schaft und Praxis.                                                                pädagogisches Handlungsprinzip: „Alle Schülerinnen und
beteiligten Schulen. Sie bieten Raum, um gemeinsam zu             Winfried Kneip                                                                                                                                   Schüler haben Begabungen, die es zu finden gilt und an die-
überlegen, wie das schulische Lehren und Lernen nachhal-          Geschäftsführer                                                Ausgehend von ihren je eigenen Entwicklungsbedarfen hat-                          sen Motivatoren muss angeknüpft werden.“
tig verbessert und alle Schülerinnen und Schüler bedarfsge-       Stiftung Mercator                                              ten die teilnehmenden Gymnasien die Möglichkeit, ihre
recht gefördert werden können. Eine transparente Struktur                                                                        schuleigenen Vorstellungen von individueller Förderung zu                         Ulrike Stadler-Altmann beschreibt in ihrem Beitrag die
und eine stetige Begleitung durch geschulte Netzwerk-                                                                            entwickeln und umzusetzen. Für die Aufnahme eines Gym-                            „indirekt(en), aber dennoch wirkkräftig(en)“ Einflüsse der
moderatorinnen und -moderatoren tragen dazu bei, dass                                                                            nasiums in das Projekt „Lernpotenziale. Individuell fördern                       Schüler(innen)selbstkonzeptentwicklung und der Selbst-
eine gemeinsam entwickelte Idee auf den Weg gebracht                                                                             im Gymnasium.“ war es nicht ausschlaggebend, wo die                               wirksamkeitsüberzeugung auf die Lernbereitschaft, die
und in der Schulstruktur implementiert wird. Kurz gesagt:                                                                        Schule im Prozess der Schulentwicklung stand, ob sie mit                          Lernfreude und den Schulerfolg. Sie zeigt auf, dass Elemen-
Die 137 am Projekt „Lernpotenziale“ beteiligten Halbtags-                                                                        ihrer Projektidee erste Schritte hin zur Umsetzung indivi-                        te der individuellen Förderung, der Lernberatung und der
und Ganztagsgymnasien in Nordrhein-Westfalen profitieren,                                                                        dueller Förderung gehen oder ob sie bereits vorhandene                            Diagnostik positiv auf die Verstärkung der Schülerselbstkon-
indem sie Wissen weitergeben und voneinander lernen.                                                                             Konzepte ausbauen und weiter entwickeln wollte. Dem-                              zepte und der Selbstwirksamkeitsüberzeugung der Schü-
                                                                                                                                 zufolge unterscheiden sich die Entwicklungsprozesse der                           lerinnen und Schüler Einfluss nehmen und gibt Hinweise
Mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Lan-                                                                        Schulen deutlich voneinander. In jedem Fall aber — und                            darauf, welche Unterrichtsmethoden sinnvolle und erfolg-
des Nordrhein-Westfalen (MSW) steht dem Projekt der rich-                                                                        so vermitteln es die Projektdarstellungen in dieser                               versprechende Ansätze bieten. An konkreten Beispielen
tige Partner zur Seite, um schulische Veränderungsprozesse                                                                       Broschüre — sind erfolgreiche Entwicklungen in den                                wird verdeutlicht, wie vertraute Unterrichtsmethoden und
anstoßen zu können. Veränderungen brauchen Zeit —Ideen                                                                           Schulen angestoßen und umgesetzt worden. 3                                        -situationen um die Aspekte der Selbstkonzeptförderung
müssen reifen, ausprobiert, verbessert und verstetigt wer-                                                                                                                                                         und Stärkenorientierung erweitert werden können.

                                                                                                                                 1
                                                                                                                                     Dieses Projekt wird in den folgenden Textbeiträgen gelegentlich auch Projekt „Lernpotenziale“ genannt.
                                                                                                                                 2
                                                                                                                                     Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Broschüre war entschieden, dass das Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW und die Stiftung Mercator
                                                                                                                                     mit dem Projekt „Verstetigung Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium.“ Ganztags- und Halbtagsgymnasien mit dem Ziel, die individuelle
                                                                                                                                     Förderung dauerhaft als Leitmotiv der Schulkultur zu verankern, für drei weitere Jahre (2015 — 2018) fördern will.
                                                                                                                                 3
                                                                                                                                     Weitere Publikationen im Rahmen des Projekts Lernpotenziale sind folgende:
                                                                                                                                     Ute Gerken (Hg.): Lernzeiten am Gymnasium — Rahmenbedingungen, Voraussetzungen und Praxisbeispiele, Lernpotenziale 2014 Heft 2 und
                                                                                                                                     Kirsten Althoff (Hg.): Die Netzwerkarbeit im Projekt Lernpotenziale — Rahmenbedingungen und Erfahrungen Lernpotenziale 2014 Heft 3
                                                                                                                                     (erscheint im Dezember 2014)
Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft
Die Broschüre im Überblick                                                                                                          Dimensionen individueller Förderung

                                                                                                                                        1 Schülerinnen und Schüler gestalten ihren individuellen Lernprozess —
    Zehn Gymnasien stellen in dieser Broschüre die von ih-            Das Erzbischöfliche St. Josef-Gymnasium (Rheinbach) hat             Lernpotenziale im Gymnasium wahrnehmen
    nen entwickelten konkreten Konzepte zur individuellen             im Verlauf seiner Teilnahme am Projekt „Lernpotenziale“
    Förderung vor und geben damit Umsetzungsbeispiele, die            den bewertungsfreien Projektunterricht für die Jahrgang-
    auch an anderen Gymnasien adaptiert werden können. In             stufe 8 weiter entwickelt. Dieser Projektunterricht will den      Kirsten Althoff
                                                                                                                                                                                                                           Stellenwert der individuellen Förderung im Kontext Schule
    ihren Textbeiträgen reflektieren die Autorinnen und Au-           entwicklungs- und altersspezifischen Besonderheiten die-
    toren zudem den eigenen Entwicklungsprozess mit sei-              ser Schülerinnen Rechnung tragen und sie Themen jenseits          Im Projekt „Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymna-                          Die Umfrageergebnisse zeigen, dass das Thema individuelle
    nen Gelingensbedingungen und Stolpersteinen und ge-               schulfachlicher Inhalte gemäß ihren Interessen und Neigun-        sium.“ setzten sich von September 2012 bis Juli 2014 ca.                           Förderung in den Schulen nach wie vor eine hohe Relevanz
    ben Ausblick auf weitere schulinterne Entwicklungsziele:          gen frei wählen und bearbeiten lassen.                            400 Lehrkräfte von 137 Gymnasien in Nordrhein-Westfalen                            und Aktualität besitzt, aber noch nicht in allen Schulen im
                                                                                                                                        mit ihren Konzepten individueller Förderung auseinander.                           Sinne einer veränderten Lernkultur im Schulalltag ausrei-
    Das Autor(inn)enteam des Landrat-Lucas-Gymnasiums (Le-            Das Theodor-Fliedner-Gymnasium (Düsseldorf-Kaisers-               Sie entwickelten auf der Basis der jeweils schulintern ge-                         chend verankert ist (vgl. Kunze, Solzbacher:S. 31).
    verkusen) stellt vor, wie die Schülerinnen und Schüler transpa-   werth) stellt die Entwicklung von zwei Konzepten zur in-          lebten Praxis neue Vorhaben zur individuellen Förderung                            In der Umfrage wurde nach dem Stand der individuellen
    rent mit Hilfe von kompetenzorientierten Diagnoseverfahren        dividuellen Förderung vor, deren Leitmotiv die Stärkung           ihrer Schüler(innen)schaft. Während der zweijährigen Pro-                          Förderung in der eigenen Schule gefragt. Dabei waren die
    in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik individu-         der Selbststeuerung und Selbstverantwortung (Selbstkon-           jektlaufzeit stand neben dem Austausch mit Lehrkräften der                         Teilnehmenden aufgefordert, den Grad ihrer Zustimmung
    ell gefördert werden und welche Möglichkeiten der gebun-          zept- und Selbstwirksamkeitsstärkung) der Schülerinnen            anderen Schulen in Netzwerken und dem fachwissenschaft-                            bzw. Ablehnung zu einzelnen Aussagen auf einer vierstufigen
    dene Ganztag bietet, Lern- und Förderzeiten umzusetzen.           und Schüler bei der Gestaltung ihrer Lernwege ist. Die            lichen Input auf den Netzwerktreffen die schulinterne Ent-                         Skala4 zu bestimmen (vgl. Grafik 1).
                                                                      Konzepte richten sich an unterschiedliche Zielgruppen,            wicklungsarbeit im Schulteam im Vordergrund.                                       Insgesamt stimmten über 90 Prozent der Befragten der Aus-
    Im Städtischen Gymnasium Steinheim sind für die Fächer            leistungsstarke, besonders begabte Schülerinnen und               Bereits nach dem ersten Projektjahr wurden alle teilneh-                           sage, „An unserer Schule entwickeln wir Maßnahmen und
    Mathematik und Englisch Diagnoseinstrumente entwickelt            Schüler einerseits, noch zu fördernde Schülerinnen und            menden Gymnasien nach ihren Erfahrungen und Entwicklun-                            Konzepte individueller Förderung kontinuierlich weiter“
    worden, die der Selbst- und Fremdevaluation des Lern- und         Schüler mit Migrationshintergrund andererseits.                   gen im Projekt befragt. Die in diesem Beitrag vorgestell-                          „voll“ (57 Prozent) bzw. „eher“ (36 Prozent) zu. Darüber
    Leistungsstandes (vor Klassenarbeiten) dienen. Mit diesen                                                                           ten Ergebnisse basieren auf dieser Befragung sowie auf den                         hinaus bestätigten knapp 75 Prozent die Aussage positiv bis
    Bögen stehen den Lehrkräften aber auch konkrete Bera-             Gemäß dem Kerngedanken Montessoris „Hilf mir, es selbst           Ergebnissen der wissenschaftlichen Begleitung über den ge-                         eher positiv, dass in ihrer Schule ein Maßnahmenkatalog zur
    tungsgrundlagen zur Lernförderung zur Verfügung.                  zu tun“ ist im Leibniz-Montessori-Gymnasium (Düssel-              samten Projektzeitraum von zwei Jahren.                                            systematischen Umsetzung entwickelt wird und 68 Prozent
                                                                      dorf) die Individualisierung des Lernens angestrebtes Ziel.                                                                                          gaben an, dass sie im Kollegium eine gemeinsame Definition
    Das fachbezogene Projekt am Freiherr-vom-Stein-                   Mit dem Konzept der fächerübergreifenden Sprachbildung                                                                                               von individueller Förderung entwickelt haben.
                                                                                                                                        Individuelle Förderung in den teilnehmenden Gymnasien
    Gymnasium (Münster) verfolgt das Ziel der „Entwick-               will es Schülerinnen und Schülern die grundlegenden Kom-                                                                                             Bei der Betrachtung des Items „An unserer Schule haben
    lung, Einführung und Etablierung von Diagnoseinst-                petenzen Textverständnis und Textproduktion systema-              386 Personen aus 85 Gymnasien haben im Herbst 2013                                 wir eine gemeinsame Definition individueller Förderung
    rumenten im Fach Mathematik zur Optimierung der                   tisch und unter Einbezug aller Schulfächer vermitteln.            an der online durchgeführten Befragung teilgenommen.                               im Kollegium entwickelt“ in Grafik 1 zeigt sich jedoch,
    individuellen Förderung besonders leistungsstarker und                                                                              94 Befragte waren Mitglied der (erweiterten) Schulleitung.                         dass nur knapp 14 Prozent diese Aussage voll bestätigen
    -schwacher Schülerinnen und Schüler“. Dieser Beitrag              Das Landfermann-Gymnasium (Duisburg) möchte mit ei-               Insgesamt 57 Prozent der Befragten haben angegeben, an                             und 55 Prozent ihre Zustimmung nur eingeschränkt ge-
    fokussiert sehr detailliert Entwicklungs- und Umsetzungs-         nem breit angelegten Neigungskursmodell in der Erpro-             der Umsetzung des im Projekt Lernpotenziale entwickelten                           ben. So lässt sich in der Auswertung insgesamt feststellen,
    schritte sowie Gelingensbedingungen und Stolpersteine.            bungsstufe den Schülerinnen und Schülern Raum — frei              Vorhabens beteiligt zu sein (entweder durch die Mitwirkung                         dass die Elemente, die auf eine systematische Veranke-
                                                                      von Bewertung und Leistungsdruck — zur Erprobung und Ent-         an der Konzeptentwicklung, die Teilnahme an den Netz-                              rung der Maßnahmen individueller Förderung im Sinne ei-
    Das    Julius-Stursberg-Gymnasium       (Neukirchen-Vluyn)        faltung ihrer Stärken, Fähigkeiten und Neigungen geben, um        werktreffen oder als Ansprechpartnerinnen und Ansprech-                            nes allgemeinen Prinzips schulischer Lernkultur5 hinweisen
    präsentiert sein Lerncoaching-Projekt „Vom Feuerlöscher           so Schullaufbahnen zu ermöglichen, die auf die Stärken der        partner für Schulleitung und/oder Fachkonferenzen).                                (z.B. Entwicklung von Indikatoren zur Umsetzung individu-
    zum Rauchmelder“. Mit diesem fächerunabhängigen Coa-              Schülerinnen und Schüler zugeschnitten sind.                                                                                                         eller Förderung, systematische Bedarfserhebung des Kol-
    ching-Angebot fördert das Projekt die Selbstlernkompetenz                                                                                                                                                              legiums in den Fachgruppen), noch wenig verbreitet zu
    der Schülerinnen und Schüler und will sie beim Aufbau             Allen Autorinnen und Autoren aus Schule und Wissenschaft                                                                                             sein scheinen.
    eines Selbstkonzepts unterstützen und ihnen Selbst-               sei herzlich gedankt! Allen Leserinnen und Lesern wünsche         Grafik 1
    wirksamkeitserfahrungen     ermöglichen,      auf   deren         ich eine anregende Lektüre!
    Grundlage schulfachliches Lernen besser gelingen soll.                                                                                                                  Individuelle Förderung: „An unserer Schule...“
                                                                      Gerda Eichmann-Ingwersen
    Der Schulleiter des Städtischen Gymnasiums Marianum                                                                                     entwickeln wir Methoden und Konzepte iF kontinuierl. weiter
    (Warburg) reflektiert den eigenen Schulentwicklungspro-
                                                                                                                                     wird ein Maßnahmenkatalog zur systemat. Umsetzung iF entwickelt
    zess mit dem Ziel der Etablierung von Förderkonferenzen.
    Er beschreibt ebenfalls, welchen Nutzen das Marianum                                                                               haben wir eine gemeinsame Definition iF im Kollegium entwickelt

    für seinen Veränderungsprozess von der Teilnahme an                                                                                                                         gibt es Fortbildungen iF
    der Netzwerkarbeit im Projekt „Lernpotenziale“ hatte.                                                                                              werden Förderbedarfe der SuS systemat. erhoben
                                                                                                                                                      haben wir Indikatoren zur Umsetzung iF entwickelt
    Das Weser-Gymnasium Vlotho schreibt der Beratung im
                                                                                                                                             werden Bedarfe des Kollegiums in den Fachgruppen systemat.
    Rahmen von individueller Förderung eine große Bedeu-
                                                                                                                                                                                              abgefragt
    tung zu. Das Ziel ist es, die Schülerberatung zu intensi-                                                                                                                                              0%    10 %    20 %    30 %      40 %     50 %     60 %   70 %   80 %   90 %   100 %
    vieren. Dafür führte die Schule zeitlich umfangreicher
    angelegte Schüler-Elternsprechtage ein, um anders als in
                                                                                                                                                                                        stimmt genau       stimmt eher     stimmt eher nicht      stimmt nicht
    der bisherigen Praxis alle und nicht vornehmlich nur die
    leistungsschwächeren Schülerinnen und Schüler mit ei-
    ner Beratung zu erreichen. Beratungsfahrpläne bereiten
    die Gespräche vor, strukturieren und individualisieren sie.                                                                         4
                                                                                                                                            Von 1 = stimmt genau bis 4 = stimmt nicht
                                                                                                                                        5
                                                                                                                                            Vgl. dazu den Artikel von Solzbacher in diesem Heft

8                                                                                                                                                                                                                                                                                            9
Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft
Dimensionen individueller Förderung

Zielsetzungen individueller Förderung

Darüber hinaus weisen die Ergebnisse darauf hin, dass                                  Schülerin/jedes Schülers nach individueller Lernausgangsla-      Mit eigenverantwortlichem und selbstgesteuertem Lernen werden eine größere Lernmotivation und ein höheres eigenes
mit individueller Förderung vielfältige und zahlreiche Ziel-                           ge (MW = 1,3), die Verbesserung der Lern- und Leistungsmo-       Interesse an den Lerninhalten und damit ein größerer Lernerfolg in der Schule verbunden (vgl. Grafik 3).
setzungen verbunden werden und es ­— sowohl unter den                                  tivation (MW = 1,5) und/oder die Diagnose der Fähigkeiten        Zudem bestätigen über 90 Prozent der Befragten die Aussage, dass selbstverantwortliches Lernen eine Grundlage für den wei-
Umfrageteilnehmer(innen) generell als auch innerhalb der                               der Schülerinnen und Schüler (MW = 1,7) verbinden.               teren Lebensweg der Schülerinnen und Schüler darstellt.
Einzelschulen — ein eher breit angelegtes Verständnis in-
dividueller Förderung gibt, das mit anspruchsvollen Zielen
                                                                                       Selbständiges und eigenverantwortliches Lernen
einhergeht. Ähnlich beschreibt es Fischer (2014:32/34): „In-                                                                                            Grafik 3
dividuelle Förderung ist vielmehr als Sammelbegriff zu ver-                            Im Rahmen der Umfrage zeichnet sich eine große Überein-
stehen, dem sich verschiedene Ansätze und bestehende                                   stimmung im Hinblick auf die Befähigung der Schülerin-                      „SuS sollen selbstgesteuert und selbstverantwortlich lernen, weil ...“
Konzepte zuordnen lassen. Ziel ist eine optimale Potenzia-                             nen und Schüler zum selbständigen und selbstverantwort-
lentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung aller Schülerin-                            lichen Lernen als Zielrichtung der Projekte individueller           ein eigenes Interesse für Lerninhalte größeren Lernerfolg verspricht
nen und Schüler“.                                                                      Förderung ab. Neben dem generellen Ziel, die Lernleis-
                                                                                                                                                                     diese Kompetenzen heute die Grundlage für den weiteren
                                                                                       tungen der Schülerinnen und Schüler zu verbessern, wird                                                        Lebensweg darstellen
Dies bestätigen die Umfrageergebnisse bei der Auswertung                               von jeweils über 95 Prozent der Befragten die Förderung
                                                                                                                                                                                                   sie dann motivierter lernen
der Frage „Welche persönlichen Ziele verbinden Sie mit indi-                           des selbstgesteuerten und eigenverantwortlichen Lernens
vidueller Förderung?“ (Althoff, 2014). Die Angaben spiegeln                            sowie die Erhaltung der Lernfreude und der Neugierde                  Lehrkräfte in selbstgesteuerten Arbeitsphasen zeitliche Freiräume
                                                                                                                                                                                         für gezielte Einzelförderung gewinnen
sowohl eine hohe Erwartungshaltung als auch eine Vielzahl                              der Schülerinnen und Schüler genannt (vgl. Grafik 2).
an Zielen wider, die mit individueller Förderung erreicht                              Es fällt auf, dass mit annähernd 75 Prozent voller Zustim-                                  SuS ihre Konsumhaltung überwinden sollen

werden sollen: Die Unterstützung schwacher Schülerinnen                                mung („stimmt genau“) dem Item „Die Schülerinnen und                            wir an unserer Schule die neurobiolog. Sicht vertreten,
und Schüler weist mit einem Mittelwert von 1,1 die höchs-                              Schüler sollen lernen, selbstgesteuert und selbstverant-                                        dass Lernen ein subjektiver Prozess ist

te Zustimmung auf 6 — dicht gefolgt von der Unterstützung                              wortlich zu lernen“ sogar deutlicher zugestimmt wird,                            die SuS selbst am besten wissen, was sie lernen wollen
starker Schülerinnen und Schüler (MW=1,2). Daneben stim-                               als dem Item „Die Schülerinnen und Schüler sollen bessere
men viele der Befragten aber auch weiteren Items zu, z.B.                              Lernleistungen zeigen“ (volle Zustimmung 66 Prozent).                                                                                      0%   10 %     20 %    30 %    40 %       50 %    60 %      70 %   80 %   90 %   100 %
dass sie mit individueller Förderung die Unterstützung jeder
                                                                                                                                                                                     stimme voll und ganz zu        stimme eher zu       stimme eher nicht zu          stimme gar nicht zu

Grafik 2

                                                                                                                                                        Ausrichtung der schulinternen Projekte
                                 Ziele der schulinternen Projekte (für SuS)
                                                                                                                                                        Ein großer Teil der schulinternen Projekte ist fächerüber-                            die Entwicklung von „individualisierten Lernaufgaben nach
                                               Bessere Lernleistungen                                                                                   greifend ausgerichtet und bezieht sich auf die Ausbildung                             Kompetenzniveaus“. Daneben ist die Einführung/Weiterent-
               Selbstgesteuertes und eigenverantwortl. Lernen fördern                                                                                   und Förderung sogenannter „Vorläuferkompetenzen“ für                                  wicklung von „Lernzeiten“ und die Einrichtung von „Lern-
                           Lernfreude und Neugierde der SuS erhalten                                                                                    den weiteren Lernprozess (vgl. dazu Solzbacher 2013).                                 büros mit Materialpools“ zum selbstständigen Arbeiten ein
                                                                                                                                                        So zielen diese Projekte u.a. auf das Erlernen von Metho-                             weiteres Feld, in dem die Schulen neue Konzepte entwi-
                           Persönlichkeitsentwicklung der SuS stärken
                                                                                                                                                        den zum selbstständigen Arbeiten oder die Förderung des                               ckeln und umsetzen.
                            SuS sollen sich in der Schule wohler fühlen
                                                                                                                                                        Sprach- und Leseverständnisses hauptsächlich in den Jahr-
      Lernleistung durch Verbesserung der Sprachkompetenzen steigern
                                                                                                                                                        gängen 5 und 6.                                                                           „Individuelle Förderung mit Hilfe an Kompetenzniveaus
                        SuS mit erschw. Ausgangslagen adäquat fördern
                                                                                                                                                        Einen weiteren Schwerpunkt stellen die eher fachspezifi-                                  orientierten Lernzeiten“
                   Entwicklung von Sozialkompetenzen der SuS stärken
                                                                                                                                                        schen Projekte in den Fächern Deutsch, Mathematik und                                     Exemplarisch ausgewähltes Projektmotto aus der online-Umfrage
                                                weniger Abschulungen                                                                                    Fremdsprachen dar, die überwiegend in Pilotprojekten
                  Voneinander lernen stärken (z. B. koop. Lernformen)                                                                                   der Jahrgänge 7 bis 9 durchgeführt werden. Am Gymnasi-
                            Den Übergang zum Gymnasium erleichtern                                                                                      um kommt dem Fachunterricht ein besonders hoher Stel-                                 Als weitere Maßnahme zur Umsetzung der individuellen
                Bessere Vorbereitung auf Arbeitsleben nach der Schule                                                                                   lenwert zu. Die Ausrichtung der schulinternen Schwer-                                 Förderung wird von den Umfrageteilnehmer(inne)n die
                Die zeitl. Belastung durch Aufgaben zuhause verringern                                                                                  punkte erscheint auf diesem Hintergrund verständlich.                                 Lernprozessberatung und -begleitung der Schülerinnen
                                                Gesundheitsförderung                                                                                    Eine eher fachunabhängige Projektausrichtung der schul-                               und Schüler benannt. Diese zieht die Veränderung der
                                                                                                                                                        internen Projekte mit dem Fokus auf die Förderung der                                 Lehrer(innen)rolle in Richtung Lernberatung nach sich. Es
                                                                          0%    10 %   20 %    30 %    40 %    50 %   60 %   70 %   80 %   90 % 100 %   Persönlichkeitsentwicklung,    der    Übergangsgestaltung                             werden z.B. Coaches ausgebildet, Tutorinnen und Tutoren
                                                                                                                                                        (von der Grund- oder Sekundarschule in das Gymnasium)                                 eingesetzt oder auch Schüler-/Elternsprechtage zum Lern-
                                        stimmt genau       stimmt eher         stimmt eher nicht      stimmt nicht                                      oder der Förderung des sozialen Lernens wird deutlich sel-                            standsfeedback eingeführt.
                                                                                                                                                        tener benannt.
                                                                                                                                                                                                                                                  „Mehr Eigenständigkeit und Motivation der SuS durch
                                                                                                                                                        Die Maßnahmen zur individuellen Förderung, die in den                                     individuelle Lernberatung: Hilfe durch Selbsthilfe“
                                                                                                                                                        Pilotprojekten der Lernpotenziale-Gymnasien umgesetzt                                     „Schüler-Eltern-Sprechtag: Nur gemeinsam
                                                                                                                                                        werden, konzentrieren sich zum größten Teil auf die Gestal-                               kommen wir voran.“
6
    auf einer Skala von 1 = stimmt genau bis 4 = stimmt gar nicht                                                                                       tung des Fachunterrichts. Nach Einschätzung der Befragten                                 Exemplarisch ausgewählte Projektmottos aus der online-Umfrage
                                                                                                                                                        betreffen die größten unterrichtsbezogenen Neuerungen
Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.) Individuelle Förderung im Gymnasium _ Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft
Dimensionen individueller Förderung

                                                                                                                                                              2 Lernpotenziale entdecken und individuell fördern: Herausforderungen für die Einzelschule
Veränderungsprozesse in der Schule
Die Praxis individueller Förderung in der eigenen Schule                          Jedoch hat sich in den zwei Jahren Netzwerkarbeit auch                      Claudia Solzbacher
zu verändern, stellt die daran arbeitenden schulinternen                          gezeigt, dass die schulinternen Lernpotenziale-Teams,
                                                                                                                                                              Implementierung individueller Förderung in der Einzel-
Lernpotenziale-Teams vor Herausforderungen. Es hat sich                           die in der Regel aus 2 bis 5 Lehrkräften bestehen, weiter-
                                                                                                                                                              schule erfordert Abstimmungen im Kollegium                                       Ressourcenorientierung als zentrales Handlungsprinzip
gezeigt, dass die Teilnahme am Projekt und insbesondere                           greifende Veränderungsprozesse nicht allein bewältigen
an den Netzwerktreffen die Lehrkräfte bei dieser Entwick-                         können. Sie benötigen dazu die aktive und steuernde Unter-                  Ziel des Projektes „Lernpotenziale. Individuell fördern im                       In unseren8 Studien wurden Lehrkräfte gebeten, ihre De-
lungsarbeit unterstützt hat.                                                      stützung der Schulleitung — sowohl durch die Beteiligung an                 Gymnasium.“ ist es, den jeweils unterschiedlichen Lern-                          finition und ihre Ziele von individueller Förderung zu be-
Über 80 Prozent der Befragten gaben an, die schulinter-                           Planungsprozessen und die verpflichtende Einbindung des                     und Förderbedarfen von Schülerinnen und Schülern gerech-                         schreiben. Es dominiert bei diesen Definitionen die indi-
ne Zusammenarbeit sei durch die Netzwerkarbeit inten-                             Themas in die schulischen Gremien und Fachkonferenzen                       ter zu werden und ihre unterschiedlichen Lernpotenziale                          viduelle Förderung auf dem Hintergrund einer Stärken-/
siver geworden und jeweils gut 60 Prozent bestätigten                             als auch durch die Bereitstellung von zeitlichen Ressourcen                 optimal zu fördern.                                                              Schwächen-Analyse der Schülerinnen und Schüler. Im
die Aussage, dass sie sich in inhaltlichen Diskussionen                           (Blockung von gemeinsamen Freistunden ohne Vertretun-                                                                                                        Blickpunkt stehen dabei zurzeit eher die Defizite im Lern-
zum Thema individuelle Förderung stärker engagieren                               gen, Freistellungsstunden, Entlastung von Aufsichten…) für                  Ein solches Projekt bringt große Herausforderungen für                           stand und grundsätzlich die defizitäre Leistungsfähigkeit
und sie Widerständen im Kollegium gelassener begegnen                             die Entwicklungsarbeit.                                                     die Praxis mit sich: Die Schulen müssen zunächst klären,                         und der Lernstand der Einzelnen/des Einzelnen. Eher we-
(vgl. Althoff 2014). Dies spricht dafür, dass die Lehrkräfte                                                                                                  was individuelle Förderung überhaupt ist und sein kann,                          nig ist die Rede von den Neigungen jedes einzelnen Kindes
sich durch den Austausch und den inhaltlichen Input auf                           Um die bisher auf den Weg gebrachten Entwicklungen in                       denn es gibt zahlreiche Definitionen und Ansätze hierzu,                         und vom Eingehen auf diese Neigungen. Es dominiert in
den Netzwerktreffen, aber auch durch die Zusammenar-                              Richtung einer Lernkultur individueller Förderung dauer-                    die natürlich auch mit unterschiedlichen Zielsetzungen                           den Schulen die individuelle Förderung als die Anpassung
beit im schulinternen Lernpotenziale-Team, gegenseitig in                         haft zu unterstützen, bekommen die Gymnasien auch in                        verbunden sind. Zudem gehen die teilnehmenden Schu-                              an Leistungsanforderungen. Dass Heterogenität auch durch
ihrer Entwicklungsarbeit bestärken und motivieren.                                den nächsten drei Jahren die Gelegenheit, ihre im Pro-                      len damit die Verpflichtung ein, Lernpotenziale erkennen                         unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Geschlechter
Die engagierte Mitarbeit der Lernpotenziale-Kolleginnen                           jekt Lernpotenziale angefangenen Vorhaben weiterzuent-                      zu können und Konzepte zu entwickeln, wie man diese                              oder unterschiedliche soziale Herkünfte und deren je spe-
und -Kollegen sorgt somit bereits für zunehmende Verän-                           wickeln bzw. weitere Prozesse für die individuelle För-                     je individuellen Potenziale oder Begabungen in Leistung                          zifische Probleme entsteht, wird dagegen sehr selten wahr-
derungen innerhalb der Einzelschulen. Es bilden sich zum                          derung ihrer Schülerschaft zu initiieren7.                                  überführen kann. Denn fest steht, dass wir im Unterricht                         genommen und tritt hinter eine vordergründige „Leistungs-
Teil neue Teamstrukturen, Mitbestimmungsgremien und                                                                                                           nur bereits in Leistung (z. B. beobachtbare Handlungen                           fähigkeit“ zurück. Wenn aber das Ziel ist, Lernpotenziale zu
Fachschaften werden zunehmend in die Projekte zur indi-                                                                                                       und Äußerungen) umgesetzte Potenziale erkennen können.                           entwickeln, dann ist anstelle einer Defizitorientierung eine
viduellen Förderung eingebunden und die Kolleginnen und                                „Ein Konzept kann systematisch entwickelt werden,                      Um Begabungen in Leistungen zu überführen, bedarf es                             Ressourcenorientierung gefordert als zentrales pädagogi-
Kollegen gewinnen größere Sicherheit im Umgang mit Me-                                 so dass Lehrerinnen und Lehrer sich der Prozesshaftig-                 sowohl der Bildung der Persönlichkeit ­ — und hier beson-                        sches Handlungsprinzip, das bei Fachkräften eine Haltung
thoden individueller Förderung (vgl. Althoff 2014).                                    keit der individuellen Förderung bewusst werden (z.B.                  ders der Ausbildung von Selbstkompetenzen (wie Selbstmo-                         zu einer umfassenden Entwicklungsorientierung voraus-
                                                                                       sinnvolle Abfolge von Diagnose; Fördermaßnahmen und                    tivation, Frustrationstoleranz, Selbstberuhigungsfähigkei-                       setzt und zwar in Bezug auf die eben genannten Unter-
                                                                                       Evaluation des Erfolgs der Maßnahmen mit dem Ergeb-                    ten etc.) — und geeigneter, d. h. passend gestalteter Lern-                      schiede der persönlichen und in der Umwelt vorhandenen
„Der fachübergreifende Austausch der im engeren                                        nis der eventuellen Modifikation der im Folgenden zu                   umgebungen sowie eines Schulklimas der Anerkennung.                              Ressourcen. Spricht man von Ressourcenorientierung in der
Netzwerkteam vertretenen Kolleginnen und Kollegen                                      ergreifenden Maßnahmen).“                                              Hinzu kommt, dass Schule, so wie sie bisher gedacht war,                         Schule, dann ist damit gemeint, dass zunächst erst einmal
fördert die didaktische Diskussion in der Schule ebenso                                Zitat aus der online-Umfrage zum Nutzen der Projektteilnahme           nicht in allen Bereichen auf ein Höchstmaß an Individuali-                       beobachtet wird, über welche lernrelevanten Ressourcen
wie die Einbindung der schulischen Steuergruppe in                                                                                                            tät angelegt ist: Die Förderung muss also z. B. so individu-                     oder Potenziale eine Schülerin oder ein Schüler verfügen,
die Umsetzung der Projektziele vor Ort.“                                                                                                                      ell wie möglich geschehen, aber immer im Gruppenkontext                          wie sie aktiviert werden und im weiteren Prozess der Be-
Zitat aus der online-Umfrage zum Nutzen der Projektteilnahme                                                                                                  gedacht werden, da Schule auf Gruppen ausgerichtet ist.                          gabungsförderung zum Wohle der Person, zur Problemre-
                                                                                                                                                              Schulen müssen darüber hinaus einen Weg finden, Individu-                        duzierung und/oder zu ihrer weiteren effektive(re)n Lern-
                                                                                                                                                              alisierung und Standardisierung zu harmonisieren. Bei der                        und Persönlichkeitsentwicklung gezielt genutzt werden
Darüber hinaus bestätigen die Umfrageergebnisse, dass                             Literatur                                                                   Anwendung von Ansätzen und Materialien werden zudem                              könnten. Die Umsetzung ist mit einer Sichtweise auf Kin-
das Projekt weitere prozessförderliche Rahmenbedin-                                                                                                           mitunter strukturelle und systemimmanente Dilemmata                              der und Jugendliche verbunden, die sich an ihren Stärken
gungen geboten hat. Die transparente, prozessorientier-                           Althoff, K. (2014): Evaluationsbericht der online-Umfrage im Projekt        wirksam, wenn zum Beispiel Lehrkräfte vor der Entschei-                          und Kompetenzen orientiert. Alle Schülerinnen und Schüler
te Abfolge der Netzwerktreffen, das Instrument der Ziel-                          „Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium.“ (bisher unveröf-        dung stehen, die Leistungen der Kinder an der Individual-                        haben Begabungen, die es zu finden gilt und an diesen Moti-
vereinbarung sowie die qualifizierte Moderation durch                             fentlicht).                                                                 norm zu messen und gleichzeitig der Selektionsfunktion                           vatoren muss angeknüpft werden.
ausgebildete Moderatorinnen und Moderatoren legten                                                                                                            von Schule nachzukommen. Ebenso die Loslösung von der
eine gute Basis für die schulinterne Entwicklungsarbeit                           Fischer, C. (2014): Individuelle Förderung als schulische Herausforde-      reinen Produktorientierung bei der Leistungsbewertung                            Das verlangt z. B. einen stärkeren Ausbau der Lehrer-
(vgl. Althoff 2014).                                                              rung. Friedrich-Ebert-Stiftung. Berlin.                                     hin zur Dokumentation der individuellen Lernentwicklung                          Schüler-Beziehung. Man benötigt vielfältige Kenntnisse
                                                                                                                                                              von Kindern (Prozessorientierung) trägt dieses Dilemma                           über die Schülerinnen und Schüler. Beratung nimmt einen
                                                                                  Kunze, I., Solzbacher, C. (2010): Individuelle Förderung in der Sekundar-   in sich. Diese hier beispielhaft angeführten Themen müs-                         größeren Platz ein, ebenso wie das Eingehen auf unter-
                                                                                  stufe I und II. Baltmannsweiler.                                            sen im Rahmen von Schulentwicklung diskutiert werden.                            schiedliche Neigungen. Konsequenz könnte z. B. auch eine
                                                                                                                                                              Insgesamt erfordert die nachhaltige und umfassende Imple-                        veränderte Feedbackkultur und Leistungsbewertung sein,
                                                                                  Solzbacher, C. (2013): Impulsvortrag. letzter Aufruf: 16.6.2014: http://    mentierung individueller Förderung in der Einzelschule Ab-                       bei der Stärken kultiviert und Defizite beziehungssensibel
                                                                                  lernpotenziale-gymnasium.de/cms/upload/pdf/Vortrag_Lernpotenzia-            stimmungen im Kollegium, unter anderem über die pädago-                          zurückgemeldet werden (z. B. in Form von Lernentwicklungs-
                                                                                  le_Hamm.pdf.                                                                gische Orientierung und die daraus folgenden Maßnahmen.                          berichten). Diese Kultur unterstützt Kinder und Jugendliche

7
    Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Broschüre war entschieden, dass das Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW und die Stiftung Mercator
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    mit dem Projekt „Verstetigung Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium.“ Ganztags- und Halbtagsgymnasien mit dem Ziel, die individuelle               Universität Osnabrück, Prof. Dr. Claudia Solzbacher, in Kooperation mit dem niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung
    Förderung dauerhaft als Leitmotiv der Schulkultur zu verankern, für drei weitere Jahre (2015 — 2018) fördern will.                                            (nifbe)
Dimensionen individueller Förderung

     dabei, ein positives Selbstkonzept aufzubauen. Nach dem           stalterinnen und Gestaltern ihres Lernprozesses werden.        Auch bei der Konzeptionierung von Extralernzeiten steht
     Ansatz der Ressourcensichtung und -förderung müsste sich          Das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler regelmäßig die     man nicht selten vor einem Dilemma: Sollen diese vornehm-
     dann auch ein systematisches und im Idealfall kollektives         Gelegenheit haben müssen, ihren Interessen und Neigungen       lich den Schwächeren zugute kommen, gewähre ich diese
     Fortbildungskonzept ausrichten: Was ist denn ressourcen-          zu folgen. Und sie müssen gleichzeitig erleben, dass sie im-   Zeit denen, die zeigen, dass sie etwas leisten wollen und
     orientierte Diagnostik und wie kann man ressourcenorien-          mer wieder an das obere Niveau ihres Leistungsvermögens        auch bereits leisten bzw. wie werden Lernzeiten und Leh-
     tiert fördern — welche Ansätze und Methoden gibt es hier          durch entsprechende Lernaufgaben herangeführt werden.          reraufmerksamkeit gerecht verteilt? Dort wo es gelingt, die
     und wer führt in welchem Fach solche Methoden ein (ggf. in                                                                       Verschiedenheit der Kinder als Ausgangspunkt des eigenen
     Form eines Spiralcurriculums beginnend in den Klassen 5)?         Auf schulischer Ebene sind aktuell in der Regel nur weni-      pädagogischen Handelns zu sehen, erleben Lehrerinnen und
                                                                       ge Maßnahmen zur individuellen Förderung in diesem Sinne       Lehrer den Widerspruch zwischen einer Förderung von Ver-
     Diskussionswürdig bei der Einführung von individueller För-       systematisch reflektiert und verankert. Im Unterricht wer-     schiedenheit auch im Hinblick auf Leistungsanforderungen
     derung ist ein weiteres Ergebnis unserer Studien: Wer ge-         den sie auch unterschiedlich stark und eher unsystematisch     und dem Gleichbehandlungsanspruch weniger. Gerechtig-
     fördert wird, entscheidet zurzeit die Lehrkraft selbst — es       genutzt, wie Lehrer(innen)befragungen ergeben haben.           keit ist für sie keine Frage von gleicher Verteilung innerhalb
     gibt aktuell an vielen Schulen noch keine Gremienkultur. Es       Schulinterne Curricula oder andere gemeinsame Vereinba-        eines selektiven Systems, sondern eher eine Frage der Aner-
     gibt zwar mehrere (informelle und formelle) Entscheidungs-        rungen existieren nicht in allen Fächern, auch wenn dies       kennung unterschiedlicher Bedürfnisse und dem Ziel jedem
     instanzen, aber eher keine feste Gremienkultur bzgl. der          so vorgesehen ist. Wenn überhaupt konkrete Maßnahmen           Kind „gerecht“ werden zu wollen.
     Fallbesprechung jedes einzelnen Kindes. Die innovativen           implementiert sind, dann sind diese häufig aus der Teilnah-
     Schulen, die individuelle Förderung seit langem betreiben,        me an Programmen erwachsen, an denen sich die Schule
                                                                                                                                      Individuelle Förderung als allgemeines Prinzip schulinterner
     benennen die Kooperation der Lehrkräfte und besonders die         beteiligt hat und aus denen Veränderungen hin zu mehr
                                                                                                                                      Lernkultur nachhaltig gestalten
     ausgefeilte Konferenzkultur zur individuellen Förderung als       individueller Förderung resultieren (z. B. die Teilnahme
     ganz wichtiges Instrument der Schulentwicklung in diese           am SINUS-Programm im Fach Mathematik; vereinzelt er-           Das erklärte Ziel des Projektes „Lernpotenziale. Individuell
     Richtung.                                                         wähnt wird auch das Methodentraining für Lehrkräfte). Da-      fördern im Gymnasium.“ ist deshalb zu unterstützen: In-
                                                                       ran wird deutlich, wie wichtig solche Projekte wie in NRW      dividuelle Förderung als allgemeines Prinzip schulinterner
                                                                       „Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium.“ sind,      Lernkultur nachhaltig zu gestalten, indem bestehende An-
     Systematisch planen, um anspruchsvoll zu fördern
                                                                       um eine systematische Veränderung von Lernkultur auf           sätze individueller Förderung und selbstständigen Lernens
     Nachdem sich eine Schule über die Ziele und Herausforde-          die Dauer zu implementieren.                                   zu einem schulischen Konzept weiterentwickelt werden und
     rungen individueller Förderung verständigt hat, verläuft der                                                                     diese über die Laufzeit des Projektes in allen relevanten
     Prozess der individuellen Förderung im jeweiligen Unter-          Denn eines ist wichtig zu betonen: Einige der Probleme wer-    Fachgruppen zu etablieren. Dies gilt besonders, wenn man
     richt idealtypisch in fünf Phasen:                                den sich bei der geplanten flächendeckenden Umsetzung          sich auf die folgende Definition einigen möchte:
                                                                       der Inklusion noch verstärken.
     1) Beobachtung/ Diagnostik,                                                                                                      „Unter individueller Förderung werden alle Aktivitäten
     2) Förderplanung: Auswahl der Methoden und Maßnahmen                                                                             von Pädagoginnen und Pädagogen verstanden, die mit
                                                                       Zeit haben und Zeit managen als Voraussetzungen für ge-
        sowie Leistungsfeststellung und -bewertung,                                                                                   der Intention erfolgen, die Persönlichkeitsentwicklung
                                                                       rechte Förderung
     3) Durchführung der Methoden und Maßnahmen von indivi-                                                                           und die Entfaltung der Fähigkeiten und Begabungen eines
        dueller Förderung,                                             Viele Lehrkräfte wünschen sich für die hier nur grob ge-       jeden Kindes zu unterstützen. Ausgangspunkt sind die Le-
     4) Evaluation der Maßnahmen sowie                                 schilderten Herausforderungen mehr Zeit bzw. einen be-         benswelt des Kindes, seine spezifischen Bedürfnisse und
     5) die kontinuierliche Dokumentation der Phasen 1 bis 4.          wussten und flexiblen Umgang mit Zeit und entsprechen-         die Bewältigung seiner Entwicklungsaufgaben. Grundle-
                                                                       de strukturelle Rahmenbedingungen. Eine solche flexiblere      gend sind die Pädagog(innen)-Kind-Beziehung und deren
     Für individuelle Förderung in der Schule steht ein großer Kanon   Zeitgestaltung liegt zum Teil in der Eigenverantwortung der    Reflexion. Individuelle Förderung orientiert sich an den
     unterschiedlicher und zum Teil auch zunächst konzeptionell        Schulen und sollte hier konsequenter auf die Agenda gesetzt    Ressourcen des Kindes. Grundorientierung ist der Res-
     unverbundener Ansätze und Methoden der Diagnostik und För-        werden. Die Ausgestaltung der Schulen in Ganztagsschulen       pekt vor Vielfalt (Diversity). Ziel ist die Umsetzung eines
     derung zur Verfügung. Auf der Ebene der Förderung sind das        bietet weitere Gestaltungsmöglichkeiten. Besonders die         ganzheitlichen Bildungsanspruchs. Die Professionalität
     z. B.: Förderunterricht, fachbezogene individuelle Beratung       Beziehungsgestaltung als wichtige Grundlage von Lernen         der Pädagoginnen und Pädagogen besteht darin, eine
     der Schülerinnen und Schüler, Binnendifferenzierung, Frei-        benötigt Zeit. Auch die Entwicklung der Selbstkompetenz        geeignete Lernumgebung zu arrangieren, die das Kind
     arbeit, Wochenplanarbeit, individualisierte Lernaufgaben,         als wichtigste Voraussetzung für Potenzialentfaltung läuft     anregt, seine Entwicklung selbstständig zu gestalten.“
     Kompetenzraster, Schüler(innen)selbstbeurteilung, Schüler -       maßgeblich über Lehrer-Schüler-Beziehungen: Lernen ist         (Solzbacher, Behrensen, Sauerhering, Schwer 2012 und
     (innen)mitbeurteilung,Lernverträge/Lernbriefe, Lerntage-          ohne Emotionen nicht zu haben. Emotionen sind besonders        Kunze, Solzbacher 2008) Dass die Einzelschule hierfür
     bücher, systematische Beobachtung, Förderpläne,Portfolio,         in Beziehungen erlebbar — negativ wie positiv. Lernför-        Partner benötigt, ist offensichtlich: Schulen in Netzwer-
     Enrichment (z. B. Anreicherung des Stoffes, sog. Drehtür-         derlich sind eine Atmosphäre und Haltung der Wertschät-        ken können z.B. ihre Erfahrungen mit gelungenen An-
     modell), Akzeleration (z. B. Überspringen von Klassen),           zung — den Schülerinnen und Schülern gegenüber aber            sätzen austauschen. Nicht alle müssen das Rad (d. h. z. B.       Literatur
     Schüler(innen)reflexionsbögen etc. Aufgrund wissenschaft-         auch der Lehrkräfte untereinander, die auch das Schulkli-      Konzepte, Materialen etc.) neu erfinden. Speziell ausge-
     licher Analysen können wir grundsätzlich sagen, dass ein          ma prägen. Beziehungen finden heute aber unter Zeitdruck       bildete Moderatoren und Moderatorinnen können beratend           Kunze, I., Solzbacher, C. (2008): Individuelle Förderung in der Sekundar-
     Unterricht besonders erfolgreich ist, der viele Phasen be-        statt, klagen die Lehrkräfte und dies führt zu Fragen von      zur Seite stehen und alle zusammen können die professio-         stufe I und II, Baltmannsweiler, 4. unveränderte Auflage 2012.
     inhaltet, in denen Schülerinnen und Schüler zu aktiven Ge-        Verteilungsgerechtigkeit der Lehrer(innen)aufmerksamkeit.      nell erlebten dafür notwendigen Gelingensbedingungen mit
                                                                                                                                      den für Bildungspolitik Verantwortlichen besprechen.             Solzbacher, C., Behrensen, B., Sauerhering, M., Schwer, C.(2012): Je-
                                                                                                                                      Denn ohne veränderte Rahmenbedingungen sind derart an-           dem Kind gerecht werden? Sichtweisen und Erfahrungen von Lehrkräf-
                                                                                                                                      spruchsvolle Ziele nachhaltig nicht zu erreichen.                ten. München.

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Dimensionen individueller Förderung

3 Stärkenorientierung in Schule und Unterricht

Ulrike Stadler-Altmann

Mit der Frage nach der gezielten Förderung von Schülerinnen      werden, mittels pädagogischer Diagnostik das Selbstkonzept   Das Interventionsprojekt KOMPASS hatte ebenfalls die Stär-     Ebenso positive Ergebnisse zeigt die Evaluation des Mo-
und Schülern hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsentwicklung       und die Selbstwirksamkeitsüberzeugung ihrer Schülerinnen     kenförderung der Schülerinnen und Schüler zum Ziel (vgl.       dellversuchs KOMPASS. Hier sind zusammengefasst vier
und ihrer Lernpotenziale haben sich Forscherteams in zwei        und Schüler wahrzunehmen. Dann kann es möglich sein, in      Scheunpflug, Stadler-Altmann & Zeinz 2012). Hier sollte        Hauptergebnisse hervorzuheben, die sich zu Stärkung des
Schulforschungsprojekten auseinander gesetzt: im Projekt         Lernberatung und individueller Förderung die Schülerinnen    durch eine systematische Veränderung der Lern- und Schul-      Selbstkonzepts gezeigt haben (detailliert in: Scheunpflug,
„Selbstkonzept fördern durch lernplankonforme Förderung“         und Schüler bei der positiven Entwicklung ihres Selbstkon-   kultur Lernmotivation und Leistungen der Schülerinnen          Stadler-Altmann & Zeinz 2012, S. 160 — 179):
(SELF; vgl. Sacher, Stadler-Altmann 2005, 2006), und im Mo-      zepts und ihrer Selbstwirksamkeit zu unterstützen.           und Schüler verbessert werden. Zentrale Ansatzpunkte
dellversuch „Kompetenz aus Stärke und Selbstbewusstsein“                                                                      sind dabei das Schulleben und das Unterrichtshandeln.          •   Bessere Bewältigung des Übertritts in die weiter führen-
(KOMPASS; vgl. Scheunpflug, Stadler-Altmann, Zeinz 2012).                                                                     Damit wurde im Projekt zum einen auf eine umfassende-              den Schulen.
                                                                 Erfolgreiche Stärkenförderung
Gemeinsam mit den Lehrkräften der beteiligten Schulen                                                                         re Förderung von Schülerinnen und Schülern, vor allem im       •   Abfederung der Selbstwert- und Interessenseinbußen
wurden Unterrichtkonzepte und Schulprojekte entspre-             Die genannten Schulforschungsprojekte verfolgen beide das    Hinblick auf Lernfreude, Selbstwertgefühl, Motivation und          in den achten und neunten Jahrgangsstufen.
chend der jeweiligen schulischen Ausgangslage erarbeitet.        Ziel, Schülerinnen und Schüler zu bestärken. Das Projekt     Kompetenzen, gezielt. Zum anderen sollte die Stärkenför-       •   Nachhaltige Effekte einer Stärkenförderung in der
Ihr Anliegen war es, die Schülerinnen und Schüler in ihren       SELF entstand im Zusammenhang einer Suchtpräventions-        derung der Schülerinnen und Schüler durch die Veränderung          Sekundarstufe I.
individuellen Fähigkeiten und Interessen zu bestärken. Die       kampagne für die sechste Jahrgangsstufe an Gymnasien.        der Schulkultur von einer Defizitorientierung hin zu einer     •   Positive Entwicklungen im Lehrerkollegium hinsichtlich
Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung zeigen,       Da aus der Präventionsforschung (Barth 1998; Botvin 2000)    auf Anerkennung der Schülerinnen und Schüler ausgerichte-          der individuellen Berufszufriedenheit und des Zusam-
dass diese Stärkenförderung insbesondere dann erfolgreich        bekannt ist, dass Furchtappelle nicht den erwarteten         ten Wertschätzung erreicht werden.                                 menhalts im Kollegium.
ist, wenn es gelingt, das jeweilige Selbstkonzept und die        Erfolg zeigen, stand die Förderung des Selbstkonzepts
Selbstwirksamkeit der Schülerinnen und Schüler anzuspre-         der Schülerinnen und Schüler im Zentrum des beforsch-                                                                       Als Anregung aus beiden Projekten lässt sich festhalten,
                                                                                                                              Ergebnisse und Anregungen
chen.                                                            ten Präventionskonzepts. Ausgangspunkt ist die Annahme,                                                                     dass die positive Verstärkung des Schüler(innen)selbstkon-
                                                                 dass ein positiv ausgeprägtes Selbstkonzept Sucht und        Bei beiden Projekten zeigen die Ergebnisse der wissen-         zepts und der Selbstwirksamkeitsüberzeugung der Schüle-
                                                                 Suchtverhalten verhindern kann (vgl. Sacher & Stadler-       schaftlichen Begleituntersuchung, dass die Stärkenför-         rinnen und Schüler sie in Schule und Unterricht erfolgreich
Selbstkonzept und Selbstwirksamkeit
                                                                 Altmann 2005). Der primärpräventive Ansatz des Projekts      derung der Schülerinnen und Schüler dann gelingt, wenn         machen kann. Unter Erfolg wurde in beiden Projekten
So wie sich in der Schulzeit das Wissen und die Fähigkeiten      SELF setzt deshalb auf eine Vorbeugungsstrategie. Diese      ihr Selbstkonzept und ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugung       die Erhöhung der motivationalen Aspekte (z. B. Lern- und
der Schülerinnen und Schüler entwickeln, entwickeln sich         stellt die Förderung der Lebens- und Handlungskompe-         angesprochen und positiv beeinflusst werden.                   Schulfreude), der positiven Wahrnehmung des Schul- und
auch ihre Persönlichkeit und Lernfähigkeit. Dabei scheinen       tenzen der einzelnen Schülerinnen und Schüler mittels                                                                       Klassenklimas und die Verbesserung der Schulleistung ver-
nicht nur die kognitiven Voraussetzungen den Schul- und          ressourcenorientierter Stärkung in Schule und Unterricht     Aus der vielfältigen Datenbasis des SELF-Unterrichts-          standen. Dabei sind in beiden Projekten Elemente der
Lernerfolg der Kinder und Jugendlichen zu beeinflussen. Das      in den Mittelpunkt der Maßnahme. Gleichzeitig stärkte SELF   projekts kann ein differenziertes Bild der Selbstkonzept-      individuellen Förderung, der Lernberatung und der pädago-
Selbstkonzept (vgl. im Überblick: Mummendey 2006) und            das Selbstkonzept der Kinder und Jugendlichen, indem es      verbesserung bei Elf- bis Dreizehnjährigen gezeichnet          gischen Diagnostik zum Einsatz gekommen. Aus dem Projekt
die Überzeugung von der eigenen Selbstwirksamkeit (vgl.          die spezielle Unterrichtsmethodik der neuen Lehr-Lern-       werden. Die statistische Überprüfung des Effektes der          SELF wurde zudem ein Instrument für die pädagogische Di-
Bandura 1997) haben ein hohes Erklärungspotential für die        Kultur nutzte (vgl. Stadler-Altmann, Schindele & Schraut     Intervention berücksichtigt sowohl Persönlichkeitsmerk-        agnostik entwickelt, das es einer Lehrkraft erleichtern soll,
Persönlichkeitsentwicklung und das Verhalten eines Men-          2008). Um die thematische und methodische Fokussierung       male der einzelnen Schülerinnen und Schüler, als auch          das Schüler(innen)selbstkonzept in ihrer Klasse, d.h. die
schen. Übereinstimmend hat sich in allen Forschungszusam-        auf ein Kernfach zu vermeiden, wurden die Schülerinnen       unterschiedliche Kontextbedingungen in den Klassen             Ausprägungen des Selbstkonzepts ihrer Schülerinnen und
menhängen die Erkenntnis durchgesetzt, dass jeder Mensch         und Schüler fächerübergreifend in das Projekt eingebunden.   (Sacher & Stadler-Altmann 2006). Es zeigt sich, dass           Schüler einzuschätzen:
ein Wissen über sich selbst hat, dieses mit zunehmendem          Dazu wurden für die Fächer Deutsch, Natur und Technik        die Intervention/das Unterrichtsprojekt SELF unter be-
Alter ausdifferenziert und, dass sein Handeln bewusst oder       (Biologie), Musik, Kunst und Sport einzelne Unterrichtsmo-   stimmten Bedingungen erfolgreich ist. Hier ist insbeson-       •   Als Klassen mit höchstwahrscheinlich unterdurchschnitt-
unbewusst durch dieses Wissen beeinflusst wird. Aktuelle         dule erstellt.                                               dere die Ausgangslage der jeweiligen Klasse von Bedeutung.         lichem Schüler(innen)selbstkonzept können solche gel-
Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die gezielte Förde-                                                                                                                                       ten, in denen weniger als 60 Prozent der Schülerinnen
rung von Selbstkonzept und Selbstwirksamkeit in Schule und       Die Stärkenförderung im Unterricht kann sich allerdings      Auf der Individualebene wurde in einem Mehrebenen-                 und Schüler einen Notendurchschnitt unter 2,25 (d.h.
Unterricht mittel- und langfristig positiv auf den Schulerfolg   nur dann selbstkonzeptwirksam auswirken, wenn die Schü-      design und mittels Pfadanalysen die Korrelation zwischen           besser als 2,25) in den Hauptfächern (Deutsch, 1. und
von Schülerinnen und Schülern auswirken kann (vgl. Stad-         lerinnen und Schüler auf einer Individualebene (vgl. im      Klassen-/Schulklimawahrnehmung, Schülerselbstkonzept               2. Fremdsprache, Mathematik) haben. Eine Klassifikati-
ler-Altmann, Zeinz, Scheunpflug & Dresel 2010). Modellhaft       Überblick: Filipp 2006) erreicht werden und sich im Zu-      und Noten überprüft. Dabei stellte sich — erwartungsge-            on nach diesem Kriterium ist bei den SELF-Daten zu ca.
lässt sich diese Bestärkung und positive Veränderung mit         stand der Selbstaufmerksamkeit (Hannover 1997) befinden.     mäß — heraus, dass die direkte Wirkrichtung vom Klima              86 Prozent richtig.
dem Schülerselbstkonzept (Stadler-Altmann 2010) beschrei-        Dabei ist das Unterrichtsgeschehen (vgl. Jerusalem 1997)     auf die Noten minimal ist. Es zeigt sich vielmehr, dass
ben. Dieses ermöglicht es, die fortschreitende Selbstkon-        als zentrale Komponente zu betrachten. Die Wahrnehmung       das Klima indirekt, d.h. vermittelt über das Schülerselbst-    •   Als Klassen mit höchstwahrscheinlich überdurchschnittli-
zeptualisierung im Jugendalter und im Rahmen von Schule          des Klassen- und Schulklimas (vgl. Eder & Mayr 2000) der     konzept, auf die Noten wirkt (vgl. Stadler-Altmann 2010,           chem Klassenklima können jene gelten, in welchen min-
und Unterricht genauer zu fassen.                                einzelnen Schülerinnen und Schüler muss dabei verstärkt      S. 137). Für die Schulwirklichkeit und den Unterrichtsalltag       destens 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler beim
                                                                 in den Blick genommen werden. Diese Aspekte sollten da-      bedeutet dies, dass es sich lohnt, in das Klima, speziell in       nachstehenden (aus fünf Fragen bestehenden) Frage-
Die Möglichkeit, das Selbstkonzept durch bestimmte Situa-        her auch gezielt in die Unterrichts- und Schulentwicklung    das Klassen- und Unterrichtsklima, zu investieren. Dadurch         bogen zum „Lehrerklima“ (Tab. 1) einen Summenwerte
tionen, Stimmungen und Atmosphären (detailliert in: Han-         einfließen. Dabei sollten sowohl Schülerinnen und Schüler,   wird nicht nur der soziale Zusammenhalt in der Klasse ge-          über neun erreichen. Die damit erreichte Prognosesicher-
nover 1997) oder die Möglichkeit der Verfolgung selbstge-        Lehrkräfte als auch Eltern einbezogen werden.                stärkt, sondern auch die Leistung der Schülerinnen und             heit liegt bei ca. 85 Prozent.
setzter Ziele positiv zu beeinflussen (vgl. Scheunpflug, Zeinz                                                                Schüler positiv beeinflusst ­— ein Zusammenhang, der auch
& Stadler-Altmann 2012), kann für Schule und Unterricht                                                                       in der aktuell diskutierten Hattie-Studie (vgl. Hattie 2002,
genutzt werden. Dabei müssen Lehrkräfte zunächst befähigt                                                                     dt. Version 2013) gezeigt wird.
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