BÜRGER RETTEN DENKMALE - DENKMALSTIFTUNG BADEN-WÜRTTEMBERG

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BÜRGER RETTEN DENKMALE - DENKMALSTIFTUNG BADEN-WÜRTTEMBERG
BÜrGer
retten                                                         DENKMALSTIFTUNG
                                                               BA D E N -WÜ RT TE M B E RG
denKMale                                                       Stiftung bürgerlichen Rechts

                                                                             denKMalstiMMe 1 | 2018

saniert und erhalten

ein terrassenbau in schramberg                                            in dieser ausgabe
Philipp Jakob Manz (1861–1936) führte zu Beginn des 20. Jahrhunderts      Junghans-terrassenbau, schramberg
eines der größten deutschen architekturbüros. in stuttgart und Wien       ruine Kaltenburg, niederstotzingen
entwarfen bis zu 100 Mitarbeiter Manzsche industriebauten. nach all       hotzenhaus, Murg:
dem architekturmüll der Gewerbegebiete im Weichbild unserer städte        Gespräch mit dr. Kirschbaum
beginnt man seine gestalterischen lösungen, die Zusammenführung           Baukunst, loggia
von Funktion, Ästhetik und handwerklichkeit, nun wieder zu schätzen,
                                                                          Baumeister, heinz Mohl
dabei vor allem seinen stilprägenden umgang mit Fenstern, die natürlich
                                                                          denkmalrätsel
allesamt sprossen verschiedener art haben. Bei Manz bekommen indus-
triegebäude Würde, ahmen gern auch strukturen barocker schlösser          spenderliste 2017
nach wie z.B. bei den Werksanlagen der Firma aeskulap in tuttlingen.
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s a n i e r t      u n d      E r h a lt e n

Bergan ins Licht                                             im Südwesten, war keinesfalls prädestiniert für eine
                                                             solche Laufbahn.
 Die Erhaltungsmaßnahmen für die bemerkenswerte              Er kommt in Kohlberg bei Nürtingen als unehelicher
 Originalsubstanz insbesondere an Fenstern und Par-          Sohn der Metzgerstochter Rosine Schaich zur Welt. Die
 kett sind fach- und kunsthandwerklich anspruchsvoll         Mutter heiratet den in Urach tätigen Spinnereiarbei-
 und nicht ganz billig. Dem seit 1990 als „Kulturdenkmal     ter Jakob Manz. Sie stirbt früh, Vater und Sohn ziehen
 von besonderer Bedeutung“ in die Landesdenkmalliste         1877 nach Stuttgart. Der Vater betreibt eine Gastwirt-
 eingetragenen Objekt hilft die Denkmalstiftung mit          schaft, der Sohn tritt eine Steinmetz- und Maurerlehre
 100 000 Euro aus den Mitteln der GlücksSpirale.             an. Er erwirbt damit, wie einst viele Barockbaumeister
                                                             und etwa auch der bedeutende württembergische
Als Baumeister eines frühen Rationalismus begegnet           Klassizist Christian Friedrich Leins, eine praktische
Manz uns beim Terrassenbau für die Firma Junghans.           Berufsausbildung. Danach, 1878, beginnt er an der
Manz steht beispielhaft für die Entwicklung hin zur          Kunstgewerkeschule zu studieren, einem Ableger
„Neuen Sachlichkeit“, in der architektonisch höchst          des Stuttgarter Polytechnikums, deren Gründer und
spannenden Zeit zwischen 1890 und 1930. Wesentlich           Architekturlehrer der in unseren Heften auch schon
ist ihm, dem „Generalunternehmer“, die Liebe zur             porträtierte Josef von Egle war.
Durchgestaltung und zum Detail. Es ist eine Indus-
trie-Architektur aus dem Geist des Handwerks wie             Durchkomponierte Industrie-Architektur
auch der baugeschichtlichen Tradition und der Ach-           Schon bald beginnt der hoch angesehene Industrie-Ar-
tung vor derselben.                                          chitekt Otto Tafel (1838–1914), damals nebenbei auch
Philipp Jakob Manz, der bedeutendste Industrie-Ar­           Professor für Entwurf an Egles Baugewerkeschule,
chi­­tekt des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts         sich für den jungen Mann zu interessieren. Und Tafel

Einen Vorgeschmack auf die Museumsräume gibt der Veranstaltungsraum mit einem intakten Orchestrion (links hinten).

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Denkmalstiftung Baden-Württemberg

Die Eingangsbauten im Tal wirken industriegemäß mächtig.   Stück fürs Museum: eine Schwarzwälder Standuhr
                                                           mit „Einblick“ ins Werk.

„tunkt“ ihn so in Arbeit, dass Manz nicht einmal zum       begonnen und erst kurz vor Ende des Kriegs fertig­
Studienabschluss kommt. Dafür nimmt er ihn 1883 auf        ge­s tellt, galten sie als eine der größten europäischen
eine prägende Amerika-Reise mit. Die beiden studie-        ­Mu­nitionsfabriken überhaupt, sie haben fast die
ren hier vor allem neue Fabrik- und Krankenhausbau-         ­Di­men­sionen des Mannheimer Schlosses.
ten. Manz ist enthusiasmiert vom „American Way of
Life“, vor allem aber von der amerikanischen Arbeits-      Tageslicht für Feinmechanik
moral. Der Satz „Time is Money“ hat es ihm angetan.        Zur nämlichen Zeit errichtet er die wesentlich kleine-
Nicht lange, und man sollte den „Selfmademan“ Manz         re, für delikatere Gegenstände gedachte Uhrenfabrik
einen „Blitzarchitekten“ nennen.                           Junghans in Schramberg, die er gekonnt in die Land-
Dieser unermüdliche Schaffer, der vor lauter prakti-       schaft des Mittleren Schwarzwalds setzt. Sein mehr-
ziertem Fleiß ja den Studienabschluss versäumt, bringt     stufiger Terrassenbau klettert behutsam an einem
es dann doch zu einer Art Abschlusstitel: 1912 ernennt     Schwarzwaldhang hoch. Die jeweils in 13 Sektionen
ihn Württembergs König Wilhelm II. zum „Baurat“.           geteilten Fensterbänder sind für die diffizile Mechani-
Im Ersten Weltkrieg gab es eine gravierende Reduktion      kerarbeit intensivem Tageslicht zugewandt. Trotz des
der Bautätigkeit, Manz‘ Büro boomt dennoch, etwa           Kriegs schafft Manz es hier, ein Prestigeobjekt für die
wegen des Baus kriegswichtiger Betriebe: am bekann-        Firma Junghans zu kreieren. In der Bewertung des Lan-
testen, heute als Kunst- und Medienzentrum genutzt,        desamts für Denkmalpflege heißt es: „Der neunstufige
die ehemaligen „Industriewerke Karlsruhe“ (IWK). 1915      Terrassenbau mit seinen charakteristischen Fenster-

                                                                                                                3
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s a n i e r t       u n d       E r h a lt e n

                                                         zung zu einem Museum, … das denkmalgeschützte
                                                         Gebäude in seiner Bauform und die Bauteile samt
                                                         Ausstattung zu erhalten und die denkmalschutzrecht-
                                                         lichen Anforderungen zu respektieren“.
                                                         Die Inhalte sind längst klar: In der ersten Terrasse be-
                                                         findet sich ein Foyer zum Empfang der Gäste und die
                                                         „Talstation“ für einen Schrägaufzug. Die zweite Ebene
                                                         gilt dem Werksverkauf der Firma Junghans. Die darü­
                                                         ber liegenden Terrassen sind dem Ausstellungsgut
                                                         vorbehalten: Schwarzwälder Uhren, das Original einer
                                                         Schwarzwald-Uhrmacher-Werkstatt von 1830, dazu
                                                         Musikinstrumente und mechanische Orchesterappa-
                                                         rate (Orchestrien) aus den Tagen um 1900. Ein kleiner
                                                         Blick durch die Glastür – der Museumsbereich selbst
                                                         ist für Besucher noch tabu – lässt erahnen: Hier wartet
                                                         ein vielfältiger Orchestrien-Parcours, akustische
                                                         Wucht ist garantiert und gewiss bald ein Hauptanzie-
                                                         hungspunkt. Zum Museumsteil gehört aber auch eine
                                                         Präsentation von Maschinen und Werkzeugen aus der
                                                         Gründerzeit.

                                                         Behutsam sanieren, wiederverwenden
                                                         und erhalten
                                                         Die bauzeitlichen Panzerglasfenster, augenfälligstes
                                                         Moment des Terrassenbaus, haben Sprossen aus Ei­
Imposant: das sachlich gestaltete Treppenhaus            che. Die meisten Scheiben sind intakt gewesen, aber
in einem seitlichen Terrassenbau.                        die Zwischenräume vielfach verdreckt und manchmal
                                                         gar blind. Dazu waren die Fensterhölzer oft stark ver-
bereichen und gestaffelten, verputzten Walmdach-         wittert und die Glashalteleisten hatten sich abgelöst.
bauten stellt eine singuläre und zugleich baukünstle-    Zur weitgehend abgeschlossenen Sanierung von Ter-
risch überzeugende Lösung dar und ist international      rassenfenstern sowie Tür- und Fensterelementen liegt
bedeutsam.“                                              ein anspruchsvoller Maßnahmenkatalog des Architek-
Zu erhalten war und ist deshalb die Originalsubstanz.    turbüros Rapp und Bihlmaier vor, aus dem auch deut-
Statt anfänglicher Pläne, die ursprünglichen Fenster     lich wird, dass die gerettete Terrassen-Fensterfront
komplett auszutauschen, „erfolgt nun“, so das Denk-      schöner werden könne, als sie je war. Ein Auszug aus
malamt, „die Instandsetzung und Ertüchtigung der         diesem Arbeitsbericht: „Nach Bearbeitung des Schei-
die bauzeitliche Architektur stark prägenden Panzer-     ben-Zwischenraums wurden die inneren Glasscheiben
glasfenster. Weitere wichtige Denkmalmaßnahmen           nach Reinigung wieder fachgerecht eingesetzt und
betreffen Parkettböden, bauzeitliche Geländer sowie      mit den bestehenden, noch intakten Glashalteleisten
Farbfassungen der originalen Putzoberflächen.“           befestigt. Nicht mehr verwendbare Glashalteleisten
                                                         werden in ihrer bauzeitlichen Form und Materialität
Die ehemalige Fabrik wird Museum                         ergänzt.“ Auch fürs vielfach noch erhaltene Fischgrät-
Das Nutzungskonzept nach der Sanierung ist höchst        parkett ist angestrebt, „möglichst viel der Parkettbelä-
plausibel. Aus dem Industriekomplex soll nun ein         ge zu erhalten“.
Mu­seum werden, das über die Uhrmacherkunst im           Noch ein Wort zu unserem Baumeister: Als Philipp
Schwarzwald Kunde gibt, unter dem hauptsächlichen        Jakob Manz 1936 stirbt, nimmt die Öffentlichkeit nur
Gesichtspunkt, Form und Inhalt in Einklang zu bringen.   wenig Notiz. Allein der „Schwäbische Merkur“ würdigt
Nach Auffassung des bearbeitenden Architekturbüros       ihn als „führenden Industriearchitekten“. Begraben
Rapp und Bihlmaier ist ein „Ziel der geplanten Umnut-    liegt er auf dem Stuttgarter Pragfriedhof.

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liebe leserinnen und leser!                            Spenden und schenken!
                                                       Jubiläen, Geburtstage: ihre Freunde, Gäste oder Bekann-
                                                       ten zerbrechen sich den Kopf, was sie schenken könnten.
Viele Familien werden auch in diesem Jahr die          es kann doch auch ein Geschenk mit nachhaltiger Wirkung
Wochenenden dazu nutzen, ihren Kindern beim            in ihrem sinne sein – eine spende an die denkmalstiftung
Sonntagsausflug die Heimat, die eigene Kultur          Baden-Württemberg! Fordern sie einfach bei uns ausrei-
                                                       chend exemplare der „denkmalstimme“ an und schicken sie
und Geschichte erlebbar zu machen. in dieser
                                                       diese mit entsprechendem hinweis an ihre Festteilnehmer.
Ausgabe der Denkmalstimme findet man gleich
zwei lohnende Ziele:
diverse rad- und Wanderwege führen zur rui-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Name und Sitz des überweisenden Kreditinstituts

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             SEPA-Überweisung/Zahlschein
ne Kaltenburg, die sich als weithin sichtbare,

                                                                            D E
imposante landmarke anbietet. hier möchte

                                                                                  IBAN

                                                                                                    Angaben zum Kontoinhaber/Zahler: Name, Vorname/Firma, Ort (max. 27 Stellen, keine Straßen- oder Postfachangaben)

                                                                                                                                                                                                                       PLZ und Straße des Spenders (max. 27 Stellen)

                                                                                                                                                                                                                                                                            Name des Spenders (max. 27 Stellen)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  BIC des Kreditinstituts/Zahlungsdienstleisters

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      IBAN
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Denkmalstiftung Baden-Württemberg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Angaben zum Zahlungsempfänger:
                                                         Datum

                                                                                                                                                                                                                                                                       1 /

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    SOLADEST600

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   DE78600501010002457699
ein engagierter Verein den weiteren Verfall der
Burgruine stoppen, das Kulturdenkmal erhalten,
pflegen und – erklärtermaßen – als touristisches
Ziel der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Wie eine Wanderung mit Burgbesichtigung und
Vesperpause, so hat auch der Besuch eines
Museums für industriegeschichte in außerge-
wöhnlicher architektur das Potenzial, Familien-
                                                         Unterschrift(en)

mitglieder verschiedenen alters und verschie-
dener interessenlagen zusammenzubringen. ab
Frühsommer 2018 wird genau das in schram-
berg möglich sein, wenn man den weltberühm-
ten terrassenbau der uhrenfabrik Junghans in

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  BIC
seinem 100. Jahr wieder besichtigen kann: Bis
dahin wird er zudem mit einem vielfältigen, un-
terhaltsamen Museum gefüllt sein.
                                                                                                                                                                                                                                                                            ggf. Stichwort

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Betrag: Euro, Cent

nach dem Motto „Bürger retten denkmale“ för-
dert die denkmalstiftung Baden-Württemberg
insbesondere private initiativen und gemein-
nützige Bürgeraktionen, die sich für den erhalt
solcher Kulturdenkmale im land engagieren.
helfen sie uns also bitte weiterhin mit ihren
spenden. es ist unsere gemeinsame aufgabe,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Staaten in Euro.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        in andere EU-/EWR-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Deutschland und
denkmalwürdiges für uns und die folgenden Ge-                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Für Überweisungen in
nerationen zu retten, zu erhalten und erfahrbar
zu machen.
                                                                            06

Professor dr. rainer Prewo
(Vorsitzender)
                                                                                                                                                                               SPENDE
                                                   I

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Beleg für Kontoinhaber
                                                                              Betrag: Euro, Cent

                                                                                                   Datum

                                                                                                                                                                                                                                                                         Verwendungszweck

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Zahlungsempfänger

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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Charlottenplatz 17
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Baden-Württemberg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Denkmalstiftung

Professor h. c. hermann Vogler
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    IBAN des Kontoinhabers

(Geschäftsführer)
BÜRGER RETTEN DENKMALE - DENKMALSTIFTUNG BADEN-WÜRTTEMBERG
w w w.denkmal s tif tung - bw.de

Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg                                                                                                                                                                                       Stimmen unserer
ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts mit dem Zweck der Förde-
rung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege. Sie verfolgt                                                                                                                                                                ­Leser­innen und Leser
ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und steuerbe-
günstigte Zwecke, und fördert bevorzugt die Erhaltung und
Instandsetzung von privaten Kulturdenkmalen und unterstützt
                                                                                                                                                                                                                            Mein Mann und ich machen mehrmals im
Initiativen von Fördervereinen.
                                                                                                                                                                                                                            Jahr Kurzreisen durch unser Land, um in-
                                                                                                                                                                                                                            teressante Bauwerke und Städte zu besu-
                                                                                                                                                                                                                            chen. Dabei nehmen wir immer wieder Ihre
                                            Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg bestätigt, dass die Spende nur zur Förderung

                                                                                                                                 Die Stiftung ist im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsgesetzes von der Körper-

                                                                                                                                 befreit. Freistellungsbescheid des Finanzamts Stuttgart, Steuernummer 99033/30766

                                                                                                                                                                                                                            Schrift zur Hand und lassen uns anregen.
                                                                                                                                 schaftssteuer und nach § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer

                                                                                                                                                                                                                            Hervorragend, was die Denkmalstiftung für
                                                                                                                                                                                                                            den Erhalt unserer Kulturlandschaft leistet!
            DANKE FÜR IHRE UNTERSTÜTZUNG!

                                                                                                                                                                                                                            Christa Wenzel, Waiblingen

                                                                                                                                                                                                                            Impressum/Herausgeber
                                            der Denkmalpflege verwendet wird.

                                                                                                                                                                                                                            Denkmalstiftung Baden-Württemberg
                                                                                                                                                                                                                            Charlottenplatz 17, 70173 Stuttgart
                                                                                                                                                                                                                            Tel.: 0711 2261185, Fax: 0711 2268790
                                                                                                                                 SG: II/23 vom 18.12.2017.

                                                                                                                                                                                                                            www.denkmalstiftung-bw.de
                                                                                                                                                                                                                            E-Mail: info@denkmalstiftung-bw.de

                                                                                                                                                                                                                            Geschäftsführer: Prof. h. c. Hermann Vogler
                                                                                                                                                                                                                            Geschäftsstelle: Andrea Winter

                                                                                                                                                                                                                            Redaktion:
                                                                                                                                                                                                                            Prof. h. c. Hermann Vogler (ViSdP), Dr. Irene Plein,
                                                                                                                                                                                                                            Dr. Karlheinz Fuchs, André Wais, Andrea Winter,
Nachweis für das Finanzamt                                                                                                                                                                                                  Dr. Sabine Besenfelder
Als Spendenquittung für Beträge bis zu 200 Euro genügt der
Einzahlungsbeleg zur Vorlage beim Finanzamt. Für höhere                                                                                                                                                                     Produktion: Verlagsbüro Wais & Partner
­Beträge stellen wir Ihnen eine Spendenbescheinigung aus;
­hierzu ist die Angabe der vollständigen Adresse notwendig.                                                                                                                                                                 Bildnachweis: Heinz K. Geiger, Stuttgart;
                                                                                                                                                                                                                            A. Wais, Stuttgart, S 9.
                                                                                                                                                                                                                            Auflage: 75.000

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S a n i e r u n g          d r i n g e n d

Sanierung dringend                                          kleinerer Landesherrschaften: darunter etwa die Kal-
                                                            den, Helfenstein, Riedheim und Grafeneck oder später
Die Ruine Kaltenburg                                        die Maldeghem.
                                                            Sie alle stehen in Beziehung zur Kaltenburg, einer
 Die im Juli 2014 gegründete „Interessengemeinschaft        jener typischen Albrandfestungen mit weitem Blick
 Kaltenburg e.V.“ will dem Verfall der Ruine Kaltenburg,    übers Land, über das Leben und Treiben drunten.
 die das Landschaftsbild überm Lone- und Hürbetal           ­Namentlich hilfreich dann, wenn sich feindliche Hau-
 prägt, Einhalt gebieten. Die derzeit etwa 140 Mitglieder   fen zusammenrotteten, um den jeweiligen Burgherren
 konnten die Frontmauer mit weitgehend originalem           ihren Besitz streitig zu machen.
 Material wieder instand setzen. Hier half die Denk-
 malstiftung mit 50 000 Euro, und auch für den zweiten      Eine feste Burg für viele Herren
 Bauabschnitt an der Schildmauer sowie dem ehemali-         Meist gehen solche Burgen auf die Staufer zurück,
 gen Wohnhaus liegt ein Antrag bei der Denkmalstiftung      die ihre Gefolgsleute mit Ländereien des Herzog-
 Baden-Württemberg vor.                                     tums Schwaben versorgten, als Gegenleistung für die
                                                            Teilnahme an den Kriegszügen in Oberitalien oder im
Das „Alte Reich“, Deutschland vor Napoleon, war             Heiligen Land. Die Kaltenburg aus dem 12. Jahrhundert
ein territorialer Flickenteppich. Am anschaulichsten        ist dafür ein Musterbeispiel. Ihr Erbauer, Heinrich von
im Schwäbischen, dem Grenzbereich zwischen dem              Kalden, hatte den Staufern 40 Jahre gedient. Vermut-
Herzogtum Württemberg und dem Kurfürstentum                 lich ist der Name „Kaltenburg“ ihm geschuldet. Im
Bayern: Württemberg streckte seine Finger weit              kommenden Jahrhundert, noch immer herrschen die
hinauf zur Schwäbischen Alb, bis nach Münsingen und         Staufer, sind dann um 1240 die Ritter von der Kalten-
Blaubeuren. Auch die Reichsstadt Ulm hatte sich von         burg als Besitzer nachgewiesen. Sie aber geben den
Süden aus hinaufgedehnt. Und das Bistum Augsburg            Komplex im 14. Jahrhundert auf. Nun erscheinen die
war ein gewaltiger territorialer Klotz zwischen Bayern      Helfenstein, vermögend und aus der Gegend. Auch
und Württemberg. Dazwischen fand sich eine Fülle            sie so ein staufisches Günstlingsgeschlecht mit Besitz

Blick aus der Ruine in die Täler von Lone und Hürbe.

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S a n i e r u n g           d r i n g e n d

vor allem in und um Geislingen (siehe auch Heft 3/17
und 2/08). Die Helfenstein kamen in der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts auf die Kaltenburg und wurden
kurzzeitig bestimmende territoriale Macht auf der
östlichen Schwäbischen Alb, zumal ihnen Karl IV., der
spätere Kaiser, 1351 die Burgen und Städte Giengen,
Helfenstein und Heidenheim als erbliches Lehen zu­
er­kannte. Kurz zuvor schon hatten die Helfenstein
ei­nen Vogt mit Namen Heinz Vetzer auf die Kaltenburg
gesetzt. Sie waren damals in ständigen Geldnöten,
weil sie den Quantensprung von der Naturalien- in die
Geldwirtschaft nicht rechtzeitig vollzogen hatten.
So mussten sie auch die Kaltenburg bereits 1357 an
die Riedheim verkaufen, ein Rittergeschlecht aus der
Gegend um Günzburg. So blieb die Kaltenburg schwä-
bisch, wurde allerdings 1393 bayerisches Lehen; die
Bayern konnten die Burg nun „verleihen“, also vermie-
ten. Sie wurde dann aber erneut schwäbisch: Mitte des
15. Jahrhunderts treten die Herren von Grafeneck auf
den Plan, eben wieder Schwaben mit Stammburg bei            Tor ins Innere der Burg.
Münsingen. Doch gaben sie die Kaltenburg wieder an
die Riedheim. Sie blieb bis 1821 in ihrem Besitz – gut      Ruine seit dem Dreißigjährigen Krieg
300 Jahre! Dann ging alles an die Adelsfamilie Malde-       Dies vieltürmige Ensemble hielt den Bauernkriegen
ghem. Mit ihnen zogen auch fünf Familien, arme Leute,       stand, nicht aber den Zerstörungen des Dreißigjäh-
hier hoch. Später, um die Jahrhundertwende, wohnten         rigen Kriegs. „Das Schloß war verbrannt, die Häuser
noch zwei ältere Damen im Torhaus, mit einer Kuh            eingefallen und keine Seele darin zu finden“, heißt es
zusammen sich ins Einfachste fügend. Aber ihre Um-          in einer zeitgenössischen Darstellung. 1677 wurde die
gebung war eine Ruine. Wie kam es dazu?                     Burg „wieder wohnbar“ gemacht, erlangte aber nicht
                                                            mehr ihre ursprüngliche Imposanz. Die Riedheimer als
Einstige Pracht: mehr Schloss als Burg                      damalige Besitzer kümmerten sich ohnedies eher um
Um 1435 scheint die Kaltenburg ihre architektonische        ihre bayerischen Besitztümer, vollends, nachdem das
­Blüte erreicht zu haben, als wehrhafte Feste, die da­-     Hauptgebäude der Kaltenburg, eben das „Schloss“,
 mals mit kleiner Besetzung etwa einem Nürnberger           1764 zusammengefallen war.
 Haufen standhielt. Die älteste Ansicht des Komplexes       Ursprünglich ja ein fünfeckiger Komplex von 300 Me-
 stammt aus dem Jahr 1591, geschaffen vom Ulmer             tern Umfang, erinnern an den Festungscharakter der
 Stadtmaler Rehlin. Da war die Burg noch in vol­lem Flor,   Kaltenburg heute neben der 60 Meter langen Mauer
 und man versteht anhand dieses Bildes, dass sie oft        vor allem die beiden flankierenden Wachtürme. Von
 auch als „Schloss Kaltenburg“ bezeichnet wurde. Recht      der gewaltigen Ostmauer war allerdings bereits 2006
 plastisch wirkt dieses Objekt in einer ma­lerischen        ein sechs Meter langes Stück den Hang hinabgestürzt,
 Rekonstruktion der Rehlinschen Ansicht auf einer           und auch die Westmauer ist in schlechtem Zustand.
 Bildpostkarte von 1866 mit einer Fülle hoch­-              Der Turm im Osten soll bereits auf die Römer zurück-
 strebender Bauten, stilistisch zwischen Spätgotik und      gehen, die von hier aus in dieser höchst aussichtsrei-
 Frührenaissance. Bauepochen, zu denen die Burg             chen Situation eine ihrer Hauptstraßen vom Bodensee
 noch unversehrt war: An den Bergfried lehnt sich ein       nach Norden beobachten konnten. Offenbar wurde
 Schloss mit hohem Staffelgiebel und renaissancetypi-       dieser Turm im Hochmittelalter entsprechend wehr-
 schen Treppentürmen. Ein wohl niederrangigeres             haft hergerichtet. Der andere, westliche, ist wohl ein
 Haus links vom „Schloss“ und ebenfalls mit Staffelgie-     hochmittelalterliches Stück. Auch er ein kompakter
 bel scheint in die Bergkapelle hineinzuwachsen, ein        Rundturm. Zwischen den Türmen dann die Festungs-
 bodenständig ländlicher Bau.                               mauer von beeindruckenden vier Metern Stärke.

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Denkmalstiftung Baden-Württemberg

Gespräch
Dr. Georg Kirschbaum ist Erster Vorsitzender des Ver-
eins Zechenwihler Hotzenhaus e.V. in Murg (Heft 4/17).
Vereinsziel ist es, das Hotzenhaus als historisches Bau-
denkmal zu erhalten und zu einem attraktiven öffentli-
chen Ort der Begegnung und Kultur umzugestalten.

Wie würden Sie einem Interessierten, der den Hotzen-
wald und seine Eigenheiten nicht kennt, ein Hotzenhaus
erklären?
Das Hotzenhaus ist ein Firstständerbau, typisch für
die Bauhistorie des Hotzenwalds. Es wird vom Dach            Das Gespräch mit Dr. Kirschbaum führten Karlheinz Fuchs
her konstruiert. Wir sagen deshalb: „Zuerst kam              (im Bild) und André Wais im Wohnbereich des Hotzenhauses.
das Dach“. Auf die senkrechten Firstständer werden
der First­­balken und darauf die Raufen gelegt (auch         Schweizer Mitglieder und 2017 für eine gegenseitige
„Roofen“ oder „Rafen“ sind Dachflächenhölzer). Es ist        Zusammenarbeit die Fundamente gelegt, auch mit
eine Art Bauernhaus, das nicht nur auf der badischen         Treffen hier. Das hat den Nebeneffekt, dass gemeinsa-
Rheinseite existiert, sondern auch gegenüber im Aar­         me deutsch-schweizer Projekte förderfähig werden,
gauischen Fricktal, eine Region, die im Süden an den         etwa für „Interreg“-Programme.
Rhein grenzt.
                                                             Interreg?
Wie kamen Sie zu diesem Objekt und wie haben Sie 200         Das ist ein Interregio-Verband, angehängt an die
Mitglieder zusammengebracht? Unser Motto ist ja „Bürger      normale Administration auf Kreisebene. Interreg-Pro-
retten Denkmale“ und wir sind auch interessiert an den       gramme fördern internationale grenzüberschreitende
Ursprüngen Ihres Fördervereins.                              Projekte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und
Unser Interesse war seit jeher, schon am alten Wohn-         Frankreich.
ort, lokale Historie. Ich war am früheren Wohnort ­
12 Jahre im Gemeinderat und bin es hier wieder seit          Firstständerhäuser haben wir in unseren Heften s­ chon
13 Jahren. Es war fast zwangsläufig, dass sich um das        mehrmals beschrieben. Deshalb noch ein Wort zu den
Hotzenhaus, inspiriert vom Schwarzwaldverein, eine           „Hotzen“. Hat das etwa mit den Lumpen („Hotzen“?) zu
Gruppe von Interessenten scharte. So entstand 2006           tun, die man unter den weit vorragenden Walmdächern
unser schnell wachsender Verein. Wir haben in lokalen        trocknen konnte? Oder hat die „Hotze“ etwas mit dem
und regionalen Veranstaltungen die Werbetrommel              Hotzenwald selber zu tun?
gerührt, etwa auf der Regio-Messe in Lörrach. Wir            Der „Hotzenwald“ wird meines Wissens abgeleitet von
haben viel publiziert, auch Leute direkt angesprochen,       den Hotzen, den Bewohnern des Hotzenwaldes. Es
und so sind wir heute ein Verein von 200 Mitgliedern         gibt die Interpretation, dass es von Teilen der Tracht
unterschiedlicher Herkunft – hier aus dem Ort, aber          kommt, vom Schurz, der als „Hotz“ bezeichnet wurde.
auch aus Würzburg und Saarbrücken.
                                                             Vielleicht wissen auch da unsere Leser wieder mehr! –
Die Grenze zur Schweiz ist hier zum Greifen nah. Links und   Gab‘s für Ihr Hotzenhaus auch einmal die Überlegung, es
rechts des Hochrheins gibt es eine ähnliche Baukultur.       zu translozieren, etwa in ein Freilichtmuseum?
Wie intensiv ist das Engagement der Schweizer an Ihrem       Nur einmal ganz kurz. Man hätte da ja die Seltenheit
Projekt und, umgekehrt, Ihres bei Schweizer Objekten?        eines original erhalten gebliebenen Hauses an seinem
Beiderseits des Rheins gibt es ähnliche Bauernhaus-­         ursprünglichen Standort aufgegeben.
Architektur. Viele Objekte im Fricktal sind auch First­­-
ständerbauten. Aber es ist auch in der Schweiz so,           Wie war die Unterstützung des Landesamts für Denkmal-
dass alte Häuser im Aargau, dort besonders im                pflege. Wie zufrieden waren Sie damit? Und wie war die
Fricktal, abgerissen werden. Jedoch haben wir etliche        Unterstützung der Denkmalstiftung Baden-Württemberg?

                                                                                                                  9
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www . d e n km a l s t i f t u n g - bw . d e

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                                                              ker und Landwirte. Wir haben viele Leute durch die
                                                              gesamte Berufsbreite. Ich selber bin eher ein Schreib-
                                                              tischtäter als Chemiker.

                                                              Murg ist ein kleiner Grenzort. Für das wieder erwachende
                                                              Hotzenhaus schlagen Sie eine intensive kulturelle Nutzung
                                                              vor. Woher soll das Publikum kommen?
                                                              Von Anfang an schwebte uns keine reine museale
                                                              Nutzung vor, kein weiteres Dreschflegelmuseum. Wir
                                                              wollten eine Nutzung, die dieses Denkmal den Bür-
                                                              gern zurückgibt. Aber wir müssen hier allerdings den
                                                              Wohnteil vom Ökonomieteil trennen. Der Wohnteil
                                                              hat per se musealen Charakter. Wir können hier das
Man lebte im Hotzenhaus einst fast autark. Auch eine kleine   ländliche Leben im Hotzenwald aus der Vergangenheit
Schnapsbrennerei fehlte nicht.                                darstellen. Das war auch einer der Gründe, weshalb
                                                              dies Haus nach § 12 Denkmalschutzgesetz vor zwei
Insgesamt über die letzten zehn Jahre war die Zusam­          Jahren klassifiziert wurde mit seinem gesamten Inven-
menarbeit mit den Denkmalbehörden und der Denk­-              tar. Gegenstände des täglichen Lebens, aber ebenso
­malstiftung sehr gut. Wir wussten zwar, dass, gemäß ­        Hunderte von Dokumenten und Büchern. Hier wollen
 Denkmalamt, während der Findungsphase das Bau-               wir den lokalen und regionalen Kulturkreis und seine
 werk nicht verändert werden sollte. Aber wir hatten          Geschichte nahebringen.
 ein Haus übernommen, das feucht und kalt war und             Wir wenden uns auch an Schulen und Kindergärten.
 wir mussten es wieder heizbar machen und bestimm-
 te Bauschäden beheben. Wir haben den Herd und den            Und der Ökonomieteil?
 Räucherofen wieder anschließen lassen, und wir ha-           Der soll nach seiner Sanierung 2018 bis zu 200 Per-
 ben beim Haus um Nord- und Ostseite in Eigenregie            sonen aufnehmen können. Das sollten keine lauten
 eine Drainage gelegt. Maßnahmen, die vom Denkmal-            Veranstaltungen werden, sondern Darbietungen, die
 amt vorab genehmigt wurden.                                  von der Atmosphäre leben. Und wir feiern auch drau-
 Am Anfang sind wir in die Küche reingekommen, wo             ßen auf der Wiese, die zur Dorfwiese taugt. Wir haben
 zwei Resopalmöbel standen, ein Schrank und eine              schon am Tag des offenen Denkmals hier draußen
 Spüle aus den fünfziger Jahren. Wir haben gesagt, das        einen Trödelmarkt gehabt und vorher einmal eine
 ist das erste, was wir rausschmeißen. Wir sind ein-          besondere Ecke für Handwerker. Wir hatten eine fahr-
 fach von einer Denke gekommen, die eher rückwärts            bare Nagelschmiede aus der Schweiz da und Stroh-
 be­wahrend war und die Dinge in den Originalzustand          flechter. Das Haus soll insgesamt ein Dorfmittelpunkt
 zurückversetzen wollte und mussten lernen: dies Haus         werden, allerdings nicht für Gaudi-Veranstaltungen.
 würdigen heißt, seine gesamte Historie von 1748 bis          Stattdessen Hochzeiten, Geburtstage, auch Künst-
 heute zu beachten. Geplant ist nun von 2018 an, den          ler-Vernissagen oder kleinere Musikdarbietungen.
 Ökonomieteil zu sanieren und zu befähigen, für bis
 zu 200 Personen. Wir haben dafür fast eine Million           Gibt‘s in Ihrem Wirkungskreis noch andere sanierungsbe-
 Euro errechnet, die wir zu 67% gefördert bekommen,           dürftige Objekte, um deren Erhalt Sie sich Sorgen machen
 darunter sind eben auch die 100 000 Euro der Denk-           müssen?
 malstiftung.                                                 Wir wissen von einem alten Hotzenhaus in Nieder-
                                                              gebisbach, das aber mittlerweile langsam verfällt
Gibt es in Ihrem respektablen Mitgliederkreis auch veri-      und wohl kaum mehr zu retten ist. Wir haben un-
table Praktiker, die Ihnen helfen konnten, durch eigenes      wahrscheinliches Glück gehabt, dass trotz der langen
Anpacken Geld einzusparen?                                    Wohnzeit dies Haus architektonisch eigentlich seit
Der Architekt kommt aus unseren Reihen. Wir haben             1913 nicht verändert worden ist. Es gibt keine Zentral-
drei, vier weitere Architekten und Bauingenieure im           heizung, kein Bad.

 10
baukunst und baumeister

BAUKUNST

Loggia
Der Begriff aus dem Italienischen bedeutet so viel wie
„Laube“, wird aber oft auch für „Balkon“ verwendet –
eine Missdeutung, denn die Loggia ist geradezu das
Gegenteil: Wo der Balkon aus der Baulinie herausragt,
bleibt die Loggia innerhalb. Sie ist deshalb keine
hervorstehende, sondern eine integrierte Bauform,
oft spektakulär, um eine Fassadenfront zu pointieren.
Ursprünglich ist sie eine architektonische Spielform
der Renaissance und definiert als eine Bogensäulen-
halle mit drei offenen Seiten. In den Bau integriert
kehrt die vordere, offene Langseite den privaten          Das von Theodor Fischer Anfang des 20. Jahrhunderts ent-
Bereich sozusagen nach draußen, zur Öffentlichkeit        worfene Kunstgebäude am Stuttgarter Schlossplatz betritt
hin. Darüber liegende Loggien gelten auch als Gale-       man über eine Art Loggia.
rien, beispielhaft etwa im Innenhof von Stuttgarts
Altem Schloss. Die bekannteste „klassische“ Loggia als    garter Kunstgebäude eine Loggia: Drei Seiten, zum
solitäres Einzelgebäude in Deutschland ist die 1923       Publikum geöffnet, lehnen sich an den Hauptbaukör­
durch Hitlers Marsch dorthin zu trauriger Berühmtheit     per und respektieren die Baulinie. Fischer, der An­
gelangte Münchner Feldherrnhalle (entstanden um           spie­lungskünstler, hatte dabei sicher die Loggien und
1840). In Stuttgart wäre es die Villa Bohnenberger (um    Galerien im Renaissancehof des Stuttgarter Alten
1890), ein auch sonst für viele Aspekte des klassizis-    Schlosses im Hinterkopf.
tischen Bauens ergiebiges Objekt. Streng genommen         Ins Dach eingeschnittene Loggien („Freisitze“) heißen
ist auch der Säulengang vor Theodor Fischers Stutt-       Dachloggien oder, weniger elegant, „Negativgauben“.

BAUMEISTER                                                                            der Stuttgarter Akademie
                                                                                      am Weißenhof – von 1974
Heinz Mohl (*1931)                                                                    bis 1996, unter anderem als
                                                                                      Nachfolger Erwin Heinles,
 Protagonist der Postmoderne                                                          des Erbauers des Stuttgar-
 Mohl steht an der Wende von der reinen Moderne aus                                   ter Landtags.
 dem Geist des „neuen bauens“ der zwanziger Jahre zur                                 Mohls Versuch, architek-
 Postmoderne. Er nennt das einen „Paradigmenwech-                                     tonische Moderne mit histo-
 sel zur Ordnung des Herzens, zur Menschlichkeit, zur                                 risch gewachsenen Struk-
 Fähigkeit zu fragen“. Er machte sich damit zum „Seher“                               turen zusammenzuführen,
 und musste dafür viel Spott von seinen akademisch-                                   mündete im Kaufhaus
 funktionalistischen Kollegen ertragen. Er wandte sich                                Schneider (1969–1975) am
 damit indirekt auch gegen Egon Eiermann, der von         Freiburger Münsterplatz, damals für viele ein Mirakel,
 1951 bis 1957 sein Lehrer an der Karlsruher TH war.      weil hier die „Diktatur des rechten Winkels“ auf schein-
 Mohl, in Hechingen geboren, machte sein Abitur in        bar spielerische Weise aufgehoben schien: ein rich-
Konstanz. Auch im beruflichen Leben war er ein Pend-      tiges Satteldach, Fenster verschiedener Größen und
ler zwischen Baden und Württemberg. Nach dem              immer wieder hervorgehobene kleine Glaserker zur
­Karlsruher Studium gewährte ihm die Universität Flo-     Belichtung. Die Fassade dabei nicht im reinen Beton-
 renz ein Stipendium. Von 1962 bis 1967 arbeitete er in   brutalismus, sondern leicht aufgewellt mit schmalen
 der Bauverwaltung Karlsruhe, bevor er an der dortigen    Rillen (Kanneluren).
 TH Assistent wurde. Länger lehrte Mohl allerdings an     Mohl hat um die 250 Bauten geplant und viele davon

                                                                                                              11
D e n km a l              g e s u c h t

gebaut, darunter das Rottweiler Rathaus (1976–1980).     Noch einmal zu Mohls „Schneider“: Nach über 40 Ja­h-
Eines seiner spektakulärsten postmodernen Werke ­        ren wirkt das ehemalige Warenhaus heute, trotz aller
trägt den Namen eines großen Altvorderen der Karls­-     Sensationen im Detail seinerzeit, wie ein düsterer
ruher Architektur: die Heinrich-Hübsch-Schule (1978–     Hochbunker, den man am liebsten in ein Freilichtmu-
1985). Ein gewaltiger heller Klinkerprotz, der gar als   seum der Postmoderne translozieren würde – wenn es
„Stadtmetapher“ gerühmt wurde.                           ein solches denn gäbe.

GEWUSST WO?                                                                              Jahren des 18. Jahrhun-
                                                                                         derts. Bei der Innen-
Denkmale im Land                                                                         ausstattung um 1750
                                                                                         waren wieder zwei in
Das enorme Baukunstwerk erhebt sich über dem                                             der Region vielfach
nörd­lichen Gestade eines völkerverbindenden Flus-                                       tätige Künstler beteiligt:
ses, den ganz in der Nähe unseres gesuchten Ob-                                          F. J. Spiegel als Freskant
jekts eine wegen ihres Alters und Konstruktionsart                                       und J. M. Feichtmayr
berühmte Holzbrücke überquert. An deren Erhalt                                           als Stuckateur. Der
hat­te die Denkmalstiftung wesentlich Anteil. Unweit                                     künstlerisch beachtli-
dieser länderübergreifenden Brücke landet man auf                                        che Kanzelträger (um
einem ausladenden Kirchplatz, ehedem der Hof einer       1720) ist eine Arbeit des sonst wenig hervorgetretenen
Nonnenstiftskirche, die durch Brand 1678 zerstört und    Johann Freytag. Nach der Barockisierung hat noch ein
hernach in Phasen barockisiert wurde – von herausra-     berühmter Architekt des Landes Hand an dieses Bau-
genden Architekten, Bildhauern und Stukkateuren der      werk gelegt: Der Meister des Rundbogenstils, Heinrich
Gegend; die Stuckaturen gehen auf die Wessobrunner       Hübsch, gestaltete 1859 Teile der Westfassade neu.
Meister zurück. Die für das innere Erscheinungsbild so   Wie nun heißt dies Gebäude mit seiner monumenta-
entscheidende Nischenarchitektur (statt der in vorher-   len Doppelturmfassade am großen Grenzfluss, nahe
gehenden Bauphasen üblichen Seitenschiffe) stammt        der noch bekannteren historischen Holzbrücke? Und
von Johann Caspar Bagnato. Die Turmerhöhung mit          wie schließlich der Ort, den es schon von Weitem
ihren barocken Hauben geschah in den zwanziger           dominiert?

                                                         Raten Sie mit
  Rätsellösung und Gewinner 3/2017                       Wenn Sie die Lösungen wissen oder herausgefunden
  Die Lösung musste heißen: Sindelfingen Stiftskir-      haben, schicken Sie die Antwort bis 31. Mai 2018 auf
  che St. Martin, deren romanischer Bau wohl 1083        einer Postkarte – bitte nicht als E-Mail – an die Denk-
  begonnen wurde. Heute dient sie als evangelische
                                                         malstiftung Baden-Württemberg, Charlottenplatz 17
  Stadtkirche. Das ursprünglich bei der Kirche ange-
  siedelte Stift wurde 1477 nach Tübingen verlegt, wo    in 70173 Stuttgart. Oder senden Sie uns die Antwort
  dann die Chorherren wesentlich zur Lehrtätigkeit bei   über die Rätselseite auf unsere Webseite:
  der neugegründeten „Uni“ beitrugen.                    www.denkmalstiftung-bw.de
  Das Buch zu Deutschlands jüngstem Weltkulturerbe,      Durch Ihre Teilnahme am Preisrätsel erklären Sie sich
  den vor 40 000 Jahren von „Künstlern“ bewohnten
  Höhlen auf der Schwäbischen Alb, erhielten: Dr.        mit der Veröffentlichung Ihres Namens im Falle eines
  Georg Kauper, 70771 Leinfelden-Echterdingen; Brigit-   Gewinns einverstanden.
  te Moser, 75179 Pforzheim; Christiane Oyda, 54347      Unter den Einsendern verlosen wir 5 Exemplare des
  Neumagen-Dhron; Dr. Jörg Sallath, 97941 Tauberbi-      Buches „Theodor Fischer – Architektur der Stuttgarter
  schofsheim; Klaus Spodek, 74939 Zuzenhausen.
                                                         Jahre“ aus dem Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen.

        Denkmalstiftung Baden-Württemberg                Mit Lotto-Mitteln kulturhistorisch
                Charlottenplatz 17 . 70173 Stuttgart     bedeutsame Bauwerke erhalten.
                                                         Seit 2013 ist die Denkmalstiftung
        Telefon 0711 226-1185 . Telefax 0711 226-8790    Baden-Württemberg direkte Emp-
                 E-Mail: info@denkmalstiftung-bw.de      fängerin von GlücksSpirale-Mitteln in
                         www.denkmalstiftung-bw.de       Baden-Württemberg.
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