Bachelorarbeit Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren Einflussfaktoren - MeteoBlue
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Hochschule Biberach Energie-Ingenieurwesen Bachelorarbeit Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren Einflussfaktoren eingereicht: 07. Februar 2019 von: Simon Götzke betreut durch: Prof. Axel Bretzke, Dipl.Phys, Dipl. Energiewirt
Erklärung Hiermit versichere ich nach § 12 Abs. 5 der SPO, dass ich meine Bachelorarbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Biberach, den 07. Februar 2019 Simon Götzke i
Inhalt Erklärung i Nomenklatur v Abbildungsverzeichnis vi Tabellenverzeichnis vii Kurzfassung viii 1 Einleitung 1 2 Grundlagen 2 2.1 Energie im Wind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.2 Umgebungseigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2.1 Rauhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2.2 Höhe über der Normalnull . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.3 Häufigkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.4 Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.4.1 Lidar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.4.2 Sodar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.4.3 Schalenkreuzanemometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.5 Erstellung einer Leistungskurve nach IEC 61400-12-1:2017 . . . . . . . . . 12 2.6 Betzfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.6.1 Erklärung des Betschen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.6.2 Herleitung Betzsches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3 Anlagendaten 21 3.1 Standort der Testanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.2 Messeinrichtungen auf der Windkraftanlage in Häuser . . . . . . . . . . . . 22 3.3 Technische Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.4 Leistungskurve des Herstellers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4 Datenermittlung 25 4.1 Empuron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 ii
4.2 METEO-Daten Ummendorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4.3 meteoblue-Daten Häusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4.4 Messung auf dem Campus der Hochschule Biberach . . . . . . . . . . . . . 28 4.5 Laupheimer Flughafen / Windfidner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.6 Aufbau einer eigenen Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 5 Erwartungen 32 6 Auswertung der Winddaten 34 6.1 Auswertung der Windgeschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 6.2 Ergebnis der Windgeschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 6.3 Auswertung der Windrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 6.4 Ergebnisse der Windrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 7 Leistungskurven 42 7.1 cp-Kennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 7.2 Darstellung und Analyse der Leistungskurven . . . . . . . . . . . . . . . . 43 8 Optimierung der Leistungskurve 47 8.1 Berechnung der tatsächlichen Windgeschwindigkeit vor dem Rotorblatt . . 49 8.2 Anpassung der Leistungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 9 Ausblick und Fazit 54 Quellenverzeichnis 55 A Anhang 60 B MOS 61 C Windrosenerstellung 64 D Anhang - Angebote 65 E Berechung der Stundenmittelwerte 70 iii
Nomenklatur Formelzeichen Einheit Bezeichnung PW ind kW Leistung im Wind ρ kg/m3 Dichte v m/s Geschwindigkeit Z0 m Rauhigkeitslänge h m Höhe c - Formparameter der Weibullverteilung k - Skalierungsparameter der Weibullverteilung vm m/s mittlere Windgeschwindigkeit A m2 Fläche P W oder kW Leistung F kg ∗ m/s2 Kraft ṁ kg/s Massenstrom v0 m/s mittlere Geschwindigkeit cp - Leistungsbeiwert Formelbezeichung zur Optimierung der Leistungskurve Pvr kW Leistung vor dem Rotor Phr kW Leistung hinter dem Rotor vg m/s gemessene Geschwindigkeit ∆v m/s Gesuchte Geschwindigkeit Abkürzungen ü.N.N. über Normalnull HBC Hochschule Biberach iv
Abbildungsverzeichnis 0.1 Leitfaden durch die Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ix 2.1 Die Abhängigkeit der Leistung von der Windgeschwindigkeit . . . . . . . . 3 2.2 Häufigkeitsverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017 . . . . . . . . 5 2.3 Weibullverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017 . . . . . . . . . . 6 2.4 Vergleich zwischen der Rayleigh-, Weibull- und Häufigkeitsverteilung [9] . . 7 2.5 Funktionsweise eines Lidarmessgeräts [12] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.6 Funktionsweite monostatisches Sodar [] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.7 Funktionsweise Bistatisches Sodar [16] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.8 Schalenkreuzanemometer [18] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.9 Modell Durchströmung einer Windkraftanlage nach Betz [23] . . . . . . . . 14 2.10 Systemgrenzen Betsches Modell [23] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.11 Geschwindigkeiten im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.12 Flächen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.13 Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . 15 2.14 Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . 16 2.15 Vergleich der Leistung im Wind mit der maximaler Leistung nach Betz . . 20 3.1 Aufbau Gondel Micon NEG 900/52 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.2 Leistungskurve der NEG Micon 900/52 bei 0m ü.N.N und 737m ü.N.N [27] 24 4.1 Abweichungsvergleich MOS-Methode zu RAW-Daten [28] . . . . . . . . . . 27 5.1 Umströmung einer Windkraftanlagen [30] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6.1 Leistungskurve gemessen im Zeitraum 2017 / 2018 der Micon NEG 900/52 für den Standort Häusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 6.2 Vergleich der Windgeschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.3 Windrose Meteo-Daten Ummendorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 6.4 Windrose Meteoblue-Daten Häusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 7.1 cp -Werte verschiedener Anlagen [31] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 7.2 cp-Wert der NEG Micon 900 im Vergleich zur theoretischen Leistungskurve 43 7.3 Gegenüberstellung der theoretischen Leistungskurve welche um k und z nach korrigiert wurden und der gemessenen Leistungskurve . . . . . . . . 45 v
8.1 Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . 50 8.2 Vergleich der angepassten Leistungskurve mit der gemessenen und der theoretischen Leistungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 A.1 EDL-Portal Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 B.1 Übersicht Windfinder Portal verfügbarkeit der Daten . . . . . . . . . . . . 62 B.2 Technische Daten NEG Micon 900/52 [46] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 D.1 Angebot RSC Leihdauer ein Tag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 D.2 Angebot RSC Leihdauer eine Woche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 D.3 Angebot RSC Leihdauer ein Monat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 D.4 Angebot RSC Leihdauer für drei Monate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 vi
Tabellenverzeichnis 2.1 Rauhigkeitsklassen und -längen [3] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3.1 Hauptdaten der Micon NEG 900/52 [25] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.1 Liste aller ermittelten Dienstleister im Bereich Lidarvermietung . . . . . . 30 7.1 Tabellarischer Vergleich der gemessenen Leistungskurve mit der theoreti- schen Leistungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 8.1 Abweichung der gemessenen Geschwindigkeit und der berechneten . . . . . 49 C.1 Prozentuale Zuordnung der Windgeschwindigkeiten zu den dazugehörigen Windrichtungen basierend auf den Meteo-Daten . . . . . . . . . . . . . . . 64 C.2 Prozentuale Zuordnung der Windgeschwindigkeiten zu den dazugehörigen Windrichtungen basierend auf den Meteoblue . . . . . . . . . . . . . . . . 64 vii
Kurzfassung Diese Arbeit beschäftigt sich mit der der Thematik der Analyse von Windgeschwindigkeiten auf Windkrafträdern und deren Einflüsse. Es ist bekannt, dass nicht 100 Prozent der Energie aus dem Wind genommen werden kann. Dies lässt die Frage aufkommen, wie viel Prozent sich tatsächlich aus dem Wind nehmen lässt. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird beantwortet werden, wie hoch die Einflüsse des Windrads bei direkter Messung auf der Gondel ist und wie sehr die dadurch entstehende gemessene Leistungskurve von der theoretischen abweicht. Beginnend mit der grundle- genden Fragestellung, wie viel Energie im Wind generell zur Verfügung steht (Kapitel 2), geht es weiter mit der Thematik, wie Leistungskurven laut Vorlage (Kapitel 2.5) erstellt werden können. Als Abschluss der Grundlagen, gilt es darzustellen, was der Physiker A. Betz zu dieser Thematik herausfinden konnte (Kapitel 2.6). Nach der Erarbeitung der allgemeinen Grundlagen wird im weiteren Verlauf ein Überblick alle relevanten Angaben bezüglich der genutzten Anlage gegeben (Kapitel 3). Anschließend werden einige Windmessungen und Simmulationsdaten verschiedenster Art betrachtet und näher erläutert (Kapitel 4). An dieser Stelle wird nun eine Aussage über die Zwischener- wartungen getätigt, die sich auf die bereits gesammelten Daten, sowie den Erkenntnissen aus einer bestehenden Arbeiten zu diesem Thema stützt (Kapitel 5). Basierend auf den verschiedensten Quellen werden die Windgeschwindigkeiten, sowie die Windrichtung analysiert und miteinander verglichen (Kapitel 6). Die Daten, die nach der Auswertung als valide erklärt werden, werden anschließend in Form einer Leistungskurve dargestellt (Kapitel 7). Final lässt sich nach der Auswertung und Analyse aller Quellen eine Formel herleiten, welche es ermöglicht mittels einem Korrekturfaktor, der speziell auf die verwendete Anlage ausgelegt ist, die vorhanden Messdaten dahingehend zu optimieren, das man die Windge- schwindigkeit vor dem Rotorblatt erhält (Kapitel 8.1). Als Abschluss der Arbeit dient ein Gesamtfazit, sowie ein Ausblick auf weitere Fragestellungen, die im Rahmen der Arbeit aufgekommen sind (Kapitel 9). viii
Abbildung 0.1: Leitfaden durch die Arbeit ix
Abstract This thesis deals with the analysis of wind speeds on wind turbines and their influences. It is known that not 100 percent of the energy can be taken from the wind. This raises the question of how much percent can actually be taken out of the wind. This bachelor thesis will answer the question of how high the influence of the wind turbine is when measured directly on the nacelle and how much the resulting measured power curve deviates from the theoretical one. Starting with the basic question of how much energy is generally available in the wind (chapter 2), we continue with the topic of how power curves can be created according to the template (chapter 2.5). As a conclusion of the basics, it is necessary to show what the physicist A. Betz could find out about this topic (chapter 2.6). After the development of the general basics, an overview of all relevant data concerning the used plant is given in the further course (chapter 3). Afterwards some wind measurements and simulation data of most different kinds are regarded and explained in detail (chapter 4). At this point a statement about the intermediate expectations is made, which is based on the already collected data, as well as the knowledge from an existing work on this topic (chapter 5). Based on different sources the wind speeds, as well as the wind direction, are calculated. and compared with each other (chapter 6). The data, which are declared valid after evaluation, are then presented in the form of a power curve (chapter 7). After the evaluation and analysis of all sources, a formula can be derived which, by means of a correction factor specially designed for the turbine used, makes it possible to optimize the available measurement data in order to obtain the wind speed before the rotor blade (chapter 8.1). The conclusion of the work is a summary of the whole project as well as an outlook on further questions which have arisen in the course of the work (chapter 9). x
1 Einleitung In der heutigen Zeit gehören Windkraftanlagen zum natürlichen Landschaftsbild jeder Region. Sie tragen deutschlandweit zur Energiegewinnung durch die erneuerbaren Energien bei. Auch innerhalb des Studiengangs Energie-Ingenieurwesen wird jeder Student sehr häufig mit der Thematik der Energiegewinnung durch Windkraftanlagen konfrontiert. Neben den theoretischen Vorlesungsinhalten, sind einige Labore ebenfalls Bestandteil des Studiengangs. So auch das Reallabor, welches einen Einblick in die Energiegewinnung mittels erneuerbaren Energieträgern, wie Wind, Wasser, Sonne oder Biogas, gibt. Basierend auf den Auswertungen von verschiedenen Realdaten kommen immer wieder neue Frage- stellung, welche hohes Forschungspotenzial aufweisen, auf. Eine dieser Fragestellungen beschäftigt sich mit der Thematik der Windmessungen, insbesondere bezogen auf die Windgeschwindigkeit, einer Windkraftanlagen, welche innerhalb der vorliegenden Arbeit genauer betrachtet wird. Jede Windkraftanlage, die sich im Betrieb befindet, verfügt über eine On-Board Messung auf der Gondel. Der exakte Messpunkt liegt dabei größtenteils hinter dem Rotor. Dies führt dazu, dass die gemessenen Windgeschwindigkeiten hinter dem Rotor nicht den Windgeschwindigkeiten vor der Anlage, die jedoch für deren energetischen Ertrag ursächlich sind, entsprechen. Basierend auf diesem Fakt, gilt es innerhalb dieser Arbeit zu betrachten, inwiefern der verschiedene Messort eine Rolle spielt und wie hoch die Abweichungen der Windgeschwindigkeit vor und hinter dem Rotor ist. 1
2 Grundlagen Folgendes Kapitel befasst sich mit den Grundlagen der Energiegewinnung, welche im Wind zur Verfügung steht, sowie dem Verständnis, wie diese Energie errechnet werden kann. Hier- bei wird neben der Beleuchtung der mathematischen und statistischen Seite, ebenso auch auf die Gewinnung der Messdaten eingegangen. Mithilfe eines der im nachfolgenden Kapitel beschriebenen drei Messverfahren, Lidar-, Sodar- oder Anemometer-Messverfahren, lassen sich die Daten eines Windkraftrads aufnehmen und auf Grundlage der Standardrichtlinie IEC 61400-12-1:2017 in Form einer Leistungskurve aufzeichnen. 2.1 Energie im Wind Die kinetische Energie ist die Basis, aufgrund derer sich Windräder in Bewegung setzen. Sie ist weder bedingungslos, noch grenzenlos verfügbar und von etlichen Einflussfaktoren, sowie beispielsweise der Dichte, der Höhe, Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit abhängig. Mithilfe nachfolgender Formel (siehe Formel 2.1) lässt sich die zur Verfügung stehende Energie berechnen. 1 R= ∗ρ∗A 2 (2.1) PW ind = R ∗ v 3 Ein entscheidender Faktor innerhalb der Formel zur Berechnung des Windleistungsgrads m ist die Windgeschwindigkeit v (in ), welche sich in dreifacher Potenz mit der Rotorfläche s kg A (in m ) und der Dichte ρ (in 3 ) multipliziert. Abbildung 2.1 zeigt eine Visualisierung 2 m der Abhängigkeit der Leistung von der Windgeschwindigkeit. Mit A = 2000 m2 und ρ = 1, 255. 2
2 Grundlagen Abbildung 2.1: Die Abhängigkeit der Leistung von der Windgeschwindigkeit 2.2 Umgebungseigenschaften Das Gelände und die Umgebung, in welchem die Windkraftanlage steht, haben große Auswirkung auf die Leistungsmöglichkeit der Anlage. So ist es beispielsweise entscheidend, ob die Anlage in einem Wald oder auf offener See in so genannten Offshore-Windparks (OWP) steht [1]. Um dies in die Leistungsberechnung mit einfließen zu lassen wird eine so genannte Rauhigkeitslänge festgelegt, welche in Kapitel 2.2.1 genauer erklärt wird. Des Weiteren ist die Höhenlage, in welcher sich die Anlage befindet, von Bedeutung (siehe Kapitel 2.2.2). 2.2.1 Rauhigkeit Die Rauhigkeit, auch Rauhigkeitsklasse genannt, ist ein Parameter zur Bestimmung der Oberflächenbeschaffenheit. In niedrigeren Höhen wird der Wind durch die Beschaffenheit der Oberfläche so stark beeinträchtigt, das dies nicht unbeachtet bleiben darf (siehe Tabelle 2.1). Ab einer Höhe von ca. 1 km geht man jedoch davon aus, dass der Wind kaum noch von der Oberflächenbeschaffenheit beeinträchtigt wird. [2] Die Rauhigkeitslänge Z0 , welche aus Tabelle 2.1 zu entnehmen ist, ist die Höhe über dem Boden, in der die Windgeschwindigkeit theoretisch Null ist. Je größer die Rauhig- keitslänge ist, desto höher ist der Rauhigkeitseinfluss und die Rauhigkeitsklasse. [4] Die Rauhigkeitsklassen reichen von 0 bis 4. 3
2 Grundlagen Tabelle 2.1: Rauhigkeitsklassen und -längen [3] Rauhigkeitsklasse Rauhigkeitslänge [Z0 ] Geländeoberfläche 0 0,0002 m Meer und Seen 0,5 0,0024 m Offenes Gelände mit glatter Oberfläche, z.B. Beton, Landebahnen auf Flughäfen, gemäh- tes Gras etc. 1 0,03 m Offenes landwirtschaftliches Gelände ohne Zäune und Hecken, evtl. mit weitläufig ver- streuten Gebäuden und sehr sanfte Hügel 1,5 0,055 m Landwirtschaftliches Gelände mit einigen Häusern und 8 m hohen Hecken im Abstand von mehr als 1 km 2 0,1 m Landwirtschaftliches Gelände mit einigen Häusern und 8 Meter hohen Hecken im Ab- stand von ca. 500 m 2,5 0,2 m Landwirtschaftliches Gelände mit vielen Häusern, Büschen und Pflanzen, oder 8 m hohe Hecken im Abstand von ca. 250 m 3 0,4 m Dörfer, Kleinstädte, landwirtschaftliches Ge- lände mit vielen oder hohen Hecken, Wäldern und sehr raues und unebenes Terrain 3,5 0,6 m Größere Städte mit hohen Gebäuden 4 1,6 m Großstädte mit hohen Gebäuden und Wol- kenkratzern 2.2.2 Höhe über der Normalnull Jeder Anlagenhersteller gibt ein Datenblatt heraus, welches alle technischen Details der Anlage, sowie die zugehörige theoretische Leistungskurve enthalten. Für die Erstellung der theoretischen Leistungskurve ist festgelegt, dass dies für eine Umgebungstemperatur von 15°C und eine Höhe von 0 m über der Normalnull (ü.N.N) geschehen muss. Aufgrund dessen, dass die wenigstens Windkraftanlagen, abgesehen von Offshore-Anlagen, bei 0 m ü.N.N stehen, gibt es eine Formel zur Hochrechnung der Höhe (siehe Formel 2.2). Voraussetzung für die Anwendung der Formel zur Hochrechnung, sind die Festlegung der Rauhigkeitslänge zo (siehe Tabelle 2.1) und das Wissen um die Höhe, auf welche die Hochrechnung bezogen werden soll [3]. Es ist dabei zu beachten, dass sie zur Skalierung für jede beliebige Höhe angewendet werden kann, jedoch für jeden Geschwindigkeitspunkt angewendet werden muss. 4
2 Grundlagen h2 ln ( ) z0 v2 = v1 ∗ (2.2) h1 ln ( ) z0 Die Referenzgeschwindigkeit v1 wird dabei bei der Referenzhöhe h1 gemessen, v2 ist die Windgeschwindigkeit in der Höhe h2 und zo ist die Rauhigkeitslänge (siehe Tabelle 2.1). 2.3 Häufigkeitsverteilung Die Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeiten lässt sich allgemein am besten mithilfe der Weibullfunktion, sowie den zwei Parametern k und c abbilden. Dabei korrelieren die beiden Parameter mit der Oberflächenrauhigkeit und der mittleren Windgeschwindigkeit. Die Windgeschwindigkeiten werden in der Regel in Stufen von 0,5 m/s oder 1,0 m/s dargestellt. Grundlage dieser Daten ist eine Windmessung. In manchen Fällen können hier auch zur ersten Abschätzung Daten aus einer Simulation zur Hand genommen werden. In der Darstellung der Windgeschwindigkeiten ist eine spezielle Häufigkeitsfunktion, die sogenannte Weibullverteilung, gängige Praxis. Abbildung 2.2: Häufigkeitsverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017 Um sich ein Bild von der Häufigkeitsverteilung einzelner Windstärken zu machen, bietet es sich an, ein statistisches Modell für Wahrscheinlichkeitsverteilungen heranzuziehen. Für Windstärken greift man hierbei auf das sogenannte „Weibull-Verfahren“ zurück [5]. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, das mithilfe von zwei Parametern verschiede- ne Verteilungssituationen simulieren kann. Die Summenhäufigkeit wird durch folgende Verteilungsfunktion beschrieben: [6] k F (X) = 1 − e−(c∗x) (2.3) 5
2 Grundlagen k ist hierbei der Formparameter und c der Skalierungsparameter. Die relative Häufigkeit ergibt sich durch die Ableitung der obenstehenden Verteilungsfunk- tion und kann genutzt werden, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, dass ein Wert in einem bestimmten Intervall liegt [7]. k f (x) = c ∗ k ∗ (c ∗ x)k−1 ∗ e−(c∗x) (2.4) Bei k = 1 entspricht die Kurve der einer Exponentialverteilung, wohingegen bei k = 2 die Verteilung der sogenannten „Rayleigh-Verteilung“ entspricht. Die Rayleigh-Verteilung ist meist eine gute Näherung für die Häufigkeit verschiedener Windstärken. Für Küstenregionen bedarf es jedoch einen höheren Wert für k . [8] k vw k−1 −( vw )k f (vw ) = ∗ ∗e c (2.5) c c m vw Windgeschwindigkeit in s Abbildung 2.3: Weibullverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017 Die Weibull-Verteilung beinhaltet das Problem, die richtigen Formparameter zu finden. Die Handhabung der Rayleigh-Verteilung ist wesentlich einfacher, da nur die durchschnittliche Windgeschwindigkeit benötigt wird. Bei einem Vergleich der kontinuierlichen Rayleigh- Verteilung mit einer in Mitteleuropa gemessenen Windgeschwindigkeit an einem normalen, hindernisfreien Aufstellungsort ist festzustellen, dass die ermittelte relative Häufigkeitsver- teilung recht gut durch folgende Formel angenähert werden kann. 2v v 2 f (vw ) = 2 ∗ e( c ) (2.6) c 6
2 Grundlagen m vm mittlere Windgeschwindigkeit in s Die Rayleigh-Verteilung ist somit geeignet, um überschlägige Ertragsprognosen für jene Standorte zu erstellen, von denen z.B. aus meteorologischen Daten nur die mittlere Windgeschwindigkeit verfügbar ist. Den Ertragsberechnungen in Prospekten der Hersteller von Windkraftanlagen liegt in der Regel eines rayleighverteilten Windes zugrunde, da diese auf europäische Verhältnisse gut zutrifft. Probleme bei der Prognose der Leistungsdichte des Windes auf Basis vorhandener Mess- werte der mittleren Windgeschwindigkeit und einer angenommenen Rayleigh-Verteilung gibt es nur dort, wo die Häufigkeitsverteilung eine sehr untypische Form aufzeigt. Abbildung 2.4: Vergleich zwischen der Rayleigh-, Weibull- und Häufigkeitsverteilung [9] 7
2 Grundlagen 2.4 Messverfahren Im Wesentlichen wird in drei große Messverfahren zur Messung von Windgeschwindig- keiten unterschieden. Hierbei handelt es sich um die Lidar- und Sodarmessung, sowie der Messung mittels Schalenkreuzanemometer. Die nachfolgenden Kapitel erläutern jedes dieser Verfahren kurz. 2.4.1 Lidar Das Lidar (Light detection and ranging) gehört zu der Klasse der Fernmessverfahren. Die Messung erfolgt mittels eines Laserstrahls. So wird bei einer Lidarmessung nicht die Wind- geschwindigkeit gemessen, sondern die Rückstreuung von Aerosolpartikeln (Staubpartikel), die von der Luftströmung transportiert werden. [10] Bei der Lidarmessung wird nicht, wie bei einem Schalenkreuzanemometer, ein einzelner Punkt gemessen, sondern es wird auf einer Ebene gemessen. So entsteht nicht ein einzelner Punkt im Raum sondern eine Mehrzahl von Messpunkten in einer Ebene. Die Messung wird auf eine bestimmt Höhe festgelegt. Abhängig der Messhöhe ist der Messkreis [11](siehe Abbildung 2.5) . Durch den rotierenden Laserstrahl und dessen Austrittswinkel wird bei einer größeren Höhe auch der Streukreis größer. Vorteile: • Kompakt • Leicht zu transportieren • Keine Baugenehmigung nötig • Messhöhen bis 200 m • Horizontale und vertikale Messungen möglich Nachteile: • Teuer • Messgenauigkeit an komplexen Standorten verringert • Kalibriermessung an Messmast erforderlich • Externe Stromversorgung notwendig 8
2 Grundlagen Abbildung 2.5: Funktionsweise eines Lidarmessgeräts [12] 2.4.2 Sodar Ebenso wie das Lidar gehört auch das Sodar (Sound/Sonic Detecting And Ranging) zu der Klasse der Fernmessverfahren. Im Gegensatz zum Lidar nutzt das Sodar keine Laserstrahlen, sondern den Schall. Das Sodar-Gerät sendet Schallwellen in die Höhe, die von Staubteilchen in der Luft zurückgeworfen werden. Aus der daraus entstehenden Laufzeiten der Schallwellen, ihrer Stärke und der Frequenzverschiebung, errechnet das Sodar-Gerät, wie stark der Wind in welcher Höhe weht. [13] Ähnliche wie bei einem Radar erzeugt und sendet das Sodar einen Impuls und nimmt dessen Reflexion anschließend wieder auf. [14] Die Funktionsweise wird in Abbildung 2.6 visualisiert. 9
2 Grundlagen Abbildung 2.6: Funktionsweite monostatisches Sodar [] Anders als bei Messmasten, bei denen der Wind nur auf einer Höhe gemessen werden kann, ermöglicht die Messung mit einem Sodar die Messung über den gesamten Höhenbereich. [15] Bei der Sodarmessung wird zwischen zwei unterschiedlichen Messmethoden unterschieden. Zum einen der monostatische Betrieb, bei dem das Messsystem meist aus drei unterschied- lichen Antennen besteht, welche alle in unterschiedliche Richtungen gerichtet sind. Jede einzelne Antenne sendet einen Impuls aus und fängt diesen wieder ein. [16] Die Häufigkeit der Impulsaussendung ist abhängig von der Messhöhe. Bei dieser Messmethode ist eine Höhe von bis zu 200m erreichbar. Genauere Ergebnisse erhält man bei einer bistatischen Messung, welche in Abbildung 2.7 erläutert ist. Hierbei werden mehrere Geräte miteinander gekoppelt, was impliziert, dass die Mess- und Sendeeinheiten räumlich getrennt aufgestellt werden. 10
2 Grundlagen Abbildung 2.7: Funktionsweise Bistatisches Sodar [16] 2.4.3 Schalenkreuzanemometer Die am weitesten verbreitetste Methode zur Messung der Windgeschwindigkeit ist die Mes- sung mittels Schalenkreuzanemometer. In der Windenergiebranche gehört ein kalibriertes Schalenkreuzanemometer zum Standard. Es gehört in die Klasse der Widerstandsläufer und besteht aus einer senkrechten Achse, sowie drei Schalen, die den Wind aufnehmen. In der Regel ist die Bauweise gemäß der Abbildung 2.8. Häufig wird zusätzlich zum Schalen- kreuzanemometer eine Windfahne zur Bestimmung der Windrichtung angebracht. [17] Abbildung 2.8: Schalenkreuzanemometer [18] Durch die Kraft des Windes werden die Schalen im Kreis gedreht. Die Umdrehungen pro Minute werden meist elektronisch aufgezeichnet und anschließend in einer Frequenz wiedergegeben. [19] Ein Messmast, welcher zur Bestimmung der Windhäufigkeit vor der Erstellung einer Anlage dient, ist stets mit einem Schalenkreuzanemometer ausgestattet. Dieses Messverfahren wird auch die Mastmessung genannt. 11
2 Grundlagen Heutzutage hat jede Windkraftanlage eine Windmessung mit auf der Gondel. Dies geschieht in der Regel in Form eines Schalenkreuzanemometers. Das Schalenkreuzanemometer auf den Windkraftanlangen dient dabei der Bestimmung des An- und Ausschaltzeitpunktes der Anlage. Sollte der Wind zu stark oder zu schwach wehen, wird die Anlage aus dem Wind gedreht. [20] 2.5 Erstellung einer Leistungskurve nach IEC 61400-12-1:2017 Jeder Hersteller von Windkraftanlagen hat die Pflicht eine Leistungskurve nach dem Standardverfahren der Industrie IEC 61400-12-1:2017 zu erstellen. [21] Die Leistungskurve dient als ein wichtiges Mittel zum Vergleich von verschiedenen Anlagen miteinander. Die Erstellung erfolgt meist mittels Messmast, welcher direkt neben der Anlage angebracht wird. Dabei muss eine freie Anströmung der Anlage gegeben sein. Des Weiteren wird die Annahme getroffen, dass die Randbedingungen stets die gleichen sind, um dadurch eine valide Basis zu schaffen. „Dieser Teil [Teil 12/1 - Anm. d. Verf.] der IEC 61400 legt ein Verfahren zur Messung des Leistungsverhaltens einer einzelnen WEA fest und ist für WEA al- ler Bauarten und Größen anwendbar, die mit dem elektrischen Versorgungsnetz verbunden sind. Zusätzlich beschreibt diese Norm ein Verfahren zur Ermittlung der Kennwerte des Leistungsverhaltens von kleinen Windenergieanlagen (nach IEC 61400-2) mit Anschluss entweder an das elektrische Versorgungsnetz oder an einen Batteriesatz. Das Verfahren kann zur Bewertung des Leistungsver- haltens bestimmter Anlagen an besonderen Standorten angewendet werden, es kann auch genutzt werden, um unter Berücksichtigung standortspezifischer Bedingungen und der Einflüsse der Datenfilterung grundsätzliche Vergleiche zwischen verschiedenen Turbinenmodellen oder unterschiedlichen Turbinen- einstellungen anzustellen. Die Kennwerte des Leistungsverhaltens einer WEA werden durch die Kurve der gemessenen Leistung und die daraus ermittelte Jahresenergieerzeugung (AEP) beschrieben. Die Kurve der gemessenen Leistung wird bestimmt, indem am Messstandort Windgeschwindigkeit und Ausgangs- leistung zeitgleich so lange gemessen werden, bis eine statistisch abgesicherte Datenbasis über einen Windgeschwindigkeitsbereich und unter unterschiedli- chen Wind- und Witterungsbedingungen erreicht ist. Die AEP wird berechnet, indem die Kurve der gemessenen Leistung auf Häufigkeitsverteilungen von Refe- renzwindgeschwindigkeiten angewendet und 100 % Verfügbarkeit vorausgesetzt werden. Die vorliegende Norm beschreibt ein Messverfahren, das neben der Kurve der gemessenen Leistung und dem daraus abgeleiteten Energieertrag 12
2 Grundlagen um eine Bewertung der Unsicherheitsquellen und die Auswirkung durch deren Kombination ergänzt wird“ [22] 2.6 Betzfaktor Bereits 1919 befasste sich der Physiker Albert Betz mit dem Thema der Energiegewinnung aus Wind. Er stellte die Annahme auf, dass eine Windturbine nicht die gesamte kinetische Energie des Windes vollständig in Rotationsenergie umwandeln kann. Auf dieser Grundlage berechnete er die maximal erreichbare Leistungsumsetzung für ein idealisiertes Windrad. [23] Zur Ermittlung der maximal erreichbaren Leistungsumsetzung machte er folgende einfache Überlegung: Die Leistungsentnahme erfolgt durch die Verminderung der Strömungsgeschwindigkeit. Wird der Wind überhaupt nicht verzögert, kann ihm auch keine Leistung entnommen werden. Wird er allerdings zu stark verzögert, so wird der Massenstrom geringer. Dies führt im Extremfall zur zunehmenden Verdichtung der Luft am Windrad. Betz ist von einigen Voraussetzungen ausgegangen: • Die Windkraftanlage hat in Strömungsrichtung keine Ausdehnung, ist also eine Fläche. • Die Strömung erzeugt in dieser Aktuatorfläche A einen negativen Sprung im Druck- verlauf. • Die Nutzleistung P wird der Strömung verlustfrei entnommen. • Die Dichte des Mediums ist konstant, also inkompressible Strömung und kein Wär- mestrom zwischen Strömung und Windkraftanlage. Die Abbildung 2.9 zeigt die Annahmen Betz vereinfacht. Der Druck weit vor und weit hinter der Anlage ist gleich. Die Geschwindigkeit wird durch die Rotorblätter verringert, da durch Bernoulli folgendes gilt (2.7): ṁ1 = ṁ2 ρ1 ∗ A1 ∗ v1 = ρ2 ∗ A2 ∗ v2 (2.7) A1 ∗ v1 = A2 ∗ v2 Die Fläche A2 muss größer A1 werden, da v1 > v2 wird. 13
2 Grundlagen Folgende Formel 2.8 ergab sich für die maximal zu entnehmende Leistung: 1 16 PBetz = ∗ ∗ ρ ∗ v3 ∗ A (2.8) 2 27 Abbildung 2.9: Modell Durchströmung einer Windkraftanlage nach Betz [23] 2.6.1 Erklärung des Betschen Modells Um das Betsche Gesetz nachvollziehen zu können, ist es nötig sich erst einmal Gedanken über die Systemgrenzen zu machen. In der Abbildung 2.10 sind die Rotorblätter dargestellt. Größe und Art ist hierbei uninteressant. Die Rotorblätter werden von vorne nach hinten durchströmt, wodurch sich ein Strömungskanal ergibt. Abbildung 2.10: Systemgrenzen Betsches Modell [23] Die von den Rotorblättern entnommene Energie bzw. Geschwindigkeit wird in der Abbil- dung 2.11 als v 0 gekennzeichnet. Abbildung 2.11: Geschwindigkeiten im Betzschen Modell [23] 14
2 Grundlagen Wichtig ist die Zuordnung der Flächen, welche im Modell mit A gekennzeichnet sind. Es bilden sich in gegebenem Beispiel drei unterschiedlich große Flächen ab. Erkennbar ist in Abbildung 2.12, dass die Fläche A1 vor der Windkraftanlage am geringsten ist. Direkt in der Anlage wird diese Fläche durch die Entschleunigung auf A vergrößert. Hinter der Anlage wird von einer Fläche in Größe von A2 ausgegangen. Abbildung 2.12: Flächen im Betzschen Modell [23] Als nächste Variable wird nun der Luftdruck p0 dem Modell hinzugefügt. Der Luftdruck ist vor der Anlage gleich dem Luftdruck weit hinter der Anlage und entspricht dem Umgebungsdruck. Da Betz zu beginn seiner Überlegung festgesetzt hat, dass die dichte des Medium konstant bleib kann die Schlussfolgerung daraus folgen: Wenn der Umgebungsdruck vor und hinter der Anlage gleich ist und die Geschwindigkeit vor der Anlage größer als die Geschwindigkeit hinter der Anlage, dann muss sich die Luftmasse innerhalb der Anlage ausbreiten. In der Abbildung 2.13 ist dies in blauen Paketen dargestellt. Abbildung 2.13: Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] Als letzte Beschreibung des Modells kommen nun der Impulssatz und die Leistungsent- nahmen dazu (Abbildung 2.14). Somit sind alle notwendigen Variablen gesetzt, um die Formel von Betz genauer betrachten zu können. 15
2 Grundlagen Abbildung 2.14: Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] 2.6.2 Herleitung Betzsches Gesetz In folgendem Unterkapitel wird das Betzsche Gesetz hergeleitet. Hierbei wird immer Bezug auf die Abbildung 2.14 und deren Variablen genommen. Der Ausgangspunkt ist die Formel 2.7. Wie viel Leistung P können wir der Turbine entnehmen? Wir kennen die Leistung vor der Turbine und wissen wie hoch die Leistung nach der Turbine ist. Wird nun etwas entnommen, so muss die entnommene Leistung der Differenz zwischen PvorderT urbine und PnachderT urbine entsprechen. Poutput = PvorderT urbine − PnachderT urbine (2.9) Wie in Kapitel 2.1 bereits erwähnt wird die Leistung im Wind mit der Formel 2.1 berech- net. Setzt man nun alle Variablen ein, so erhält man für die entnommene Windleistung folgende Gleichung: 1 1 Poutput = ∗ ρ ∗ A1 ∗ v13 − ∗ ρ ∗ A2 ∗ v23 (2.10) 2 2 Durch Umschreibung der Formel folgt: 1 1 Poutput = ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ v12 − ∗ ρ ∗ A2 ∗ v2 ∗ v22 (2.11) 2 2 Kombinieren der Formeln 2.7 und 2.11 1 1 Poutput = ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ v12 − ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ v22 (2.12) 2 2 1 Poutput = ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ (v12 − v22 ) (2.13) 2 16
2 Grundlagen Mit dem Wissen, dass ρ ∗ A ∗ v dem Massenstrom ṁ entspricht, lässt sich die Formel um ein Vielfaches komprimieren und man erhält eine kompakte Formel. 1 Poutput = ∗ ṁ ∗ (v12 − v22 ) (2.14) 2 Somit ist nun die erste Bedingung aufgestellt, welche auf der im System verfügbaren Leistung basiert. Als zweite Bedingung wird im folgenden der Impuls betrachtet. Wie in Abbildung 2.14 zu sehen ist, besteht ein Impuls sowohl vor, wie auch nach der Turbine. Diese resultierende Differenz lässt sich durch die Subtraktion der beiden Impulssätze voneinander errechnen. Bei der Betrachtung der Einheiten fällt auf, dass das Ergebnis die resultierende Kraft F ergibt. dp d(mv) F = = = ṁ ∗ v1 − ṁ ∗ v2 (2.15) dt dt F = ṁ ∗ (v1 − v2 ) (2.16) Der Weg von der Kraft zurück zur Leistung führ über Formel 2.17 dW s ds Kraf t ∗ W eg P = = dF ∗ =F∗ = = F ∗ v0 (2.17) dt dt dt Zeit Durch das Einsetzen der Formel 2.16 für die Kraft erhält man: P = ṁ ∗ (v1 − v2 ) ∗ v 0 (2.18) Aufgrund dessen, dass sowohl die Formel 2.14, wie auch die Formel 2.18 die Leistung P beschreiben, ergibt sich mithilfe des Gleichsetzungsverfahren folgende Formel: 1 ṁ ∗ (v1 − v2 ) ∗ v 0 = ∗ ṁ ∗ (v12 − v22 ) (2.19) 2 Auflösung und Vereinfachung der Gleichung mit der 3. Binomischen Formel: 1 /̇ ∗ (v1 − m / v2 ) ∗ v 0 = /̇ ∗ (v1 + v2 )(v1 − ∗m / v2 ) (2.20) 2 1 v0 = ∗ (v1 + v2 ) (2.21) 2 17
2 Grundlagen Die mittlere Geschwindigkeit v 0 in der Rotorebene entspricht dem Mittelwert von v1 und v2 . Da nun alle benötigten Werte für den Massenstrom vorhanden sind, lässt sich dieser nun wie folgt errechnen: ṁ = ρ ∗ A ∗ v 0 (2.22) Formel 2.21 für v 0 einsetzen: 1 ṁ = ρ ∗ A ∗ ∗ (v1 + v2 ) (2.23) 2 Formel 2.14 nach ṁ umstellen und einsetzen: 1 1 Poutput = ∗ ρ ∗ A ∗ ∗ (v1 + v2 ) ∗ (v12 − v22 ) (2.24) 2 2 Vereinfachen: 1 Poutput = ∗ ρ ∗ A ∗ (v1 + v2 ) ∗ (v12 − v22 ) (2.25) 4 v13 ausklammern: 1 v2 v2 Poutput = ∗ ρ ∗ A ∗ v13 (1 + ) ∗ (1 − ( )2 ) (2.26) 4 v1 v1 Das Verhältnis zwischen der Leistung, welche theoretisch verfügbar ist, und der Leistung, welche rauszuziehen ist, wird Leistungsbeiwert genannt. Er wird mit cp bezeichnet (siehe Kapitel 7.1). 1 v2 v2 ∗ ρ ∗ A ∗ v13 (1 + ) ∗ (1 − ( )2 ) P 4 v1 v1 cp = 1 = 1 (2.27) ( ∗ ρ ∗ A ∗ v13 ) ( ∗ ρ ∗ A ∗ v13 ) 2 2 Durch Kürzen erhält man folgende Gleichung: 1 v2 v2 cp = ∗ (1 + ) ∗ (1 − ( )2 ) (2.28) 2 v1 v1 18
2 Grundlagen v2 Interessant ist nun, welcher Maximalwert erreicht werden kann. Hierfür wird = x v1 gesetzt: 1 f (x) = ∗ (1 + x) ∗ (1 − (x)2 ) (2.29) 2 Ausmultipliziert: 1 f (x) = ∗ (1 + x − x2 − x3 ) (2.30) 2 Erste Ableitung: 1 1 − 2 1 f 0 (x) = (1 − 2x − 3x2 ) = (3x2 + 2x − 1) = 2(x2 + x − ) (2.31) 2 2 1 3 3 Durch Einsetzen in die pq-Formel erhält man: s 1 1 3 x1/2 =− ± 2 + (2.32) 3 9 4 Da x > 0 gilt, gibt es nur eine Lösung: 1 x1 = (2.33) 3 v2 1 Das bedeutet, dass bei x = = das Maximum erreicht ist. Einsetzen in die Gleichung v1 3 2.28 ergibt: 1 1 1 1 4 8 cp = ∗ (1 + ) ∗ (1 − ( )2 ) = ∗ + (2.34) 2 3 3 2 3 9 16 cp = (2.35) 27 Somit hat Herr Betz bewiesen, dass die maximal zu entnehmende Leistung aus dem Wind 16 bei cp = liegt. 27 Betz kam zu dem Ergebnis, dass eine optimale Leistungsentnahme nur möglich ist, wenn die Windgeschwindigkeit nach der Rotorebene nur noch 1/3 der davor liegenden Ge- schwindigkeit beträgt. Bei diesem Verhältnis gilt der aerodynamische Wirkungsgrad, der Leistungsbeiwert cp = 16/27 = 0, 59. Somit kann maximal 59%, der im Wind vorhandenen 19
2 Grundlagen Leistung, durch eine ideale Windturbine entnommen werden. Dieser Leistungsbeiwert gilt allerdings nur für Auftriebsläufer. In Abbildung 2.15 ist der Vergleich zwischen der maximalen Leistung im Wind und der Ma- ximalleistung nach Betz zu erkennen. Auffallend ist hierbei, dass die Differenz der Kurven mit steigender Geschwindigkeit zunimmt, jedoch im anfänglichen Geschwindigkeitsbereich von Null bis etwa 10 m/s sehr ähnlich verlaufen. [24] Abbildung 2.15: Vergleich der Leistung im Wind mit der maximaler Leistung nach Betz 20
3 Anlagendaten In Kooperation mit der Bürger-Windenergie Ummendorf GmbH & Co. KG. wurde es der Hochschule Biberach ermöglicht zu Forschungszwecken, eine Messeinrichtung in die Test- anlage am Standort nahe Biberach in Häusern einzubauen. Die besagte Windkraftanlage wurde 2001 in Betrieb genommen. Nachfolgendes Kapitel bietet einen Überblick über alle relevanten Informationen der Anlage. 3.1 Standort der Testanlage Die Windkraftanlage befindet sich in etwa fünf Kilometer entfernt von Biberach, in der Nähe von einem kleineren Dorf namens Häusern. Häusern liegt auf einer Anhöhe zwischen den Dörfern Ummendorf und Ringschnait. Die Höhe des exakten Standorts des Windrads befindet sich auf 664 Meter ü.N.N. und befindet sich somit auf einem der höchsten Punkte im Umkreis von Biberach. Der Standort in Form der GPS-Koordinaten lautet 48°03’38.0"N 9°51’36.6Ë. In der näheren Umgebung der Windkraftanlage befinden sich nur sehr wenige Büsche und weitestgehend grüne Flächen, sowie Äcker. Daraus ergibt sich gemäß Tabelle 2.1 eine Rauhigkeitsklasse von 1,5 und somit eine Rauhigkeitslänge von 0,055 m. Das Dorf Häusern liegt in etwa einen Kilometer entfernt von der Anlage. Weitere technische Daten sind Kapitel 3.3 zu entnehmen. 21
3 Anlagendaten 3.2 Messeinrichtungen auf der Windkraftanlage in Häuser Hinten auf der Gondel der Windkraftanlage ist eine Messeinrichtung montiert. Die Mess- einrichtung besteht aus zwei Schalenkreuzanemometern und ist ca. 9 m hinter den Ro- torblättern angebracht. Nachfolgende Abbildung zeigt einen Querschnitt des Aufbaus der Gondel Micon NEG 900/52 (siehe Abbildung 3.1). Abbildung 3.1: Aufbau Gondel Micon NEG 900/52 Die Messinstrumente der Hochschule Biberach sind im Turmfuß, unterhalb der integrierten Messtechnik der Anlage angebracht und mit dieser verbunden. Hierdurch ist die Erfassung der Windgeschwindigkeitsdaten, sowie der Windrichtungsdaten ermöglicht. Es bedarf alle zwei Jahre einer Kalibrierung der Messeinrichtung. Der letzte Kalibrierungs- zeitpunkt ist jedoch nicht bekannt, sodass hierdurch keine Schlussfolgerungen gezogen und eine eventuell weitere Abweichung nicht beachtet werden kann. 22
3 Anlagendaten 3.3 Technische Daten In der nachfolgenden Tabelle werden die technischen Hauptdaten der NEG Micon 900/52 aufgezeigt. Hierbei liegt der Fokus auf den Daten, die für die weitere Bearbeitung im Rahmen dieser Bachelorarbeit relevant sind. Ein detailliertes Datenblatt befindet sich im Anhang B.2. Tabelle 3.1: Hauptdaten der Micon NEG 900/52 [25] Hauptdaten Hersteller Neg Micon (Dänemark) Windkraftanlage NM 900/52 Nennleistung 900 kW Durchmesser 52.2 m Überstrichene Fläche 2 141 m2 Anzahl an Blättern 3 Einschaltwindgeschwindigkeit 2,5 m/s Nominalwindgeschwindigkeit 15,5 m/s Abschaltwindgeschwindigkeit 24 m/s Nabenhöhe 73 m Ein weiterer relevanter Fakt ist, dass die Windkraftanlage in Häusern stallgeregelt ist. Dies hat zur Auswirkung, dass es bei einer Windgeschwindigkeit von über 15,5 m/s zu einem Strömungsabriss kommt, welcher für eine Senkung des Auftriebs des Flügelprofils sorgt, wodurch die Anlage leicht abgebremst wird. 23
3 Anlagendaten 3.4 Leistungskurve des Herstellers Wie bereits im Kapitel 2.5 erwähnt, wird vom Hersteller stets eine Leistungskurve für die entsprechende Windkraftanlage mitgeliefert [26], so auch bei der Windkraftanlage in Häusern. Die nachstehende Leistungskurve in Abbildung 3.2 des verwendeten Modells NEG Micon 900/52 wurde von dem Anbieter windpower.org [27] erstellt. Abbildung 3.2: Leistungskurve der NEG Micon 900/52 bei 0m ü.N.N und 737m ü.N.N [27] Der typische Verlauf der Leistungskurven ist meist so, dass bei Schwachwindanlagen die Anlage in etwa 3 m/s die Anlage einschaltet und bei etwa 25 m/s wieder aus dem Wind geht. 24
4 Datenermittlung Im Wesentlichen gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, auf Basis derer die Datenerfassung zur Windmessung erstellt werden kann. Wünschenswert ist die Möglichkeit, bei welcher Messdaten die Grundlage bilden. Die alternative Möglichkeit ist, auf Simulationsdaten zurückzugreifen, welche allerdings genau evaluiert werden müssen. Recherchen ergaben fünf Datenquellen, die nun im Rahmen dieses Kapitels aufgeführt werden. Es handelt sich hierbei um folgenden Datenquellen: • Empuron (Kapitel 4.1) • Meteo-Daten, welche im Energy-Data-Logger-Portal (kurz EDL-Portal) dargestellt werden (Kapitel 4.2) • meteoblue-Daten (Kapitel 4.3) • Messung an der Hochschule Biberach auf dem C-Gebäude in einer Höhe von 10 m (Kapitel 4.4) • Messdaten des Laupheimer Flughafens (Kapitel 4.5) 4.1 Empuron Die Messeinheit der Hochschule Biberach, welche auf der Gondel der Windkraftanlage befestigt ist, misst unter anderem folgende Werte: • Windgeschwindigkeit • Elektrische Leistung des Generators Als Messeinrichtung dient ein Schalenkreuzanemometer, welches auf der Windkraftanlage hinter dem Rotor auf einer Höhe von 73m verbaut ist. Erläuterungen zum genauen Aufbau, sowie der Funktion sind in Kapitel 3.2 aufgeführt. Die auf der Anlage mitgeloggten Daten werden via Fernübertragung an die Hochschule Bi- berach übermittelt. Mithilfe des Portals Empuron ist es möglich diese Daten aufzubereiten und anschließend darzustellen. Die daraus gewonnen Daten werden in der vorliegenden Bachelorarbeit als "Realdaten"bezeichnet und dienen als Basis für jegliche Vergleiche. 25
4 Datenermittlung Weitere relevanten Daten der Windkraftanlage, welche ebenfalls als Basis dienen, sind Kapitel 3 zu entnehmen. Für die weiteren Berechnungen werden im Rahmen dieser Arbeit nachfolgende Daten verwendet. Dies liegt darin begründet, dass die Anlage träge auf die böigen Luftge- schwindigkeiten reagiert und somit auch die Verteilung der Leistungswerte über der Windgeschwindigkeit stark aufgeweitet wird. • Windgeschwindigkeit in einem Zeitraster von einer Stunde durch Mittelwertbildung • Leistung in einem Zeitraster von einer Stunde durch Mittelwertbildung 4.2 METEO-Daten Ummendorf Das Portal der METEO-Daten findet am Standort Ummendorf seine Anwendung. Im Gegensatz zu den Empuron handelt es sich bei METEO um eine reine Datensimulation mit einer Wettervorhersage für die kommenden vier Tage. Der Betreiber dieser Simulation ist die Firma Meteotest mit dem Unternehmenssitz in der Schweiz. Meteotest stellt folgende Daten zur Verfügung: • Solarstrahlung • Windgeschwindigkeit (10 m) • Windrichtung • Temperatur • Relative Luftfeuchtigkeit und Niederschlag Basierend auf diesen Daten ermöglicht das Portal (Portalansicht siehe Anhang A.1), welches von der Firma EDL entwickelt ist, eine optische Aufbereitung der Daten. Anschließend an diese Aufbereitung lassen sich die Daten in dem Datenformat .csv herunterladen. 4.3 meteoblue-Daten Häusern Ebenso wie bei den Meteo-Daten, handelt es sich bei den meteoblue-Grunddaten um Simulationsdaten. Der Vorteil von Simulationsdaten ist, dass diese zu 100% zur Verfügung stehen. Des Weiteren erreichen sie laut Herstellern eine Genauigkeit von etwa 80% gegenüber den realen Messdaten, sodass basierend auf den Simulationsdaten weitere Berechnungen möglich sind. Für die Dauer der Bachlorarbeit wurde von meteoblue ein Kostenloser 26
4 Datenermittlung Account zur Verfügung gestellt welcher es ermöglicht Daten der letzten 30 Jahre für den Standort zu ermitteln. Diese 80% werden dadurch erreicht, dass die meteoblue-Daten bis zu einem gewissen Grad nachbereinigt werden. Hierzu wird eine Methode namens MOS (Model Output Statistics, detaillierte Erklärung siehe Anhang) A angewandt [28]. In Abbildung 4.1 ist der Abweichungsvergleich zwischen den RAW-Daten, sprich den reinen Simulationsdaten und der bereinigten Daten mittels MOS-Methode zu erkennen. Abbildung 4.1: Abweichungsvergleich MOS-Methode zu RAW-Daten [28] Die meteoblue-Daten werden in einem stündlichen Intervall zur Verfügung gestellt und es können folgende Werte entnommen werden: • Temperatur (2 m) • Relative Feuchtigkeit (2 m) • Druck (mean sea level) • Niederschlagsmenge • Schneefallmenge • Gesamtbewölkung • Niedrige, mittlere und hohe Bewölkung • Sonnenscheindauer • Sonneneinstrahlung • Windgeschwindigkeit und Richtung (10 m) • Windgeschwindigkeit und Richtung (80 m) 27
4 Datenermittlung • Windgeschwindigkeit und Richtung (900 hPa) • Windböen (10 m) Folgende Werte werden aufgrund dessen direkt verwendet: • Windgeschwindigkeit 80 m • Windrichtung 80 m • Windrichtung 10 m 4.4 Messung auf dem Campus der Hochschule Biberach Eine weitere Messeinrichtung befindet sich in Biberach auf dem Campus der Hochschule in der Karlstraße. Diese Messeinrichtung ist in eine Höher von ca. 10 m angebracht. Basierend auf der Tatsache, dass sich der Campus der Hochschule Biberach (kurz HBC) im Inneren der Stadt befindet, liegen in unmittelbarer Nähe einige große Gebäude, die eine nicht freie Strömung ermöglichen. Deshalb ist diese Messung als Vergleichspunkt ungeeignet. Ein weiterer Aspekt ist, dass sich die Höhe der Messeinrichtung der HBC auf einer Höhe von 533 m Ü.N.N. befindet und somit eine zu große Differenz zur Nabenhöhe des Forschungsobjekts (737 m ü.N.N) in Häusern bildet und daher noch die Faktoren h und z bereinigt werden müssten. 4.5 Laupheimer Flughafen / Windfidner Eine weitere Datenquelle bilden die Winddaten, wobei es sich um Messdaten handelt, welche vom Flughafen in Laupheim verwendet werden. Mittels Recherche trifft man auf den Anbieter Windfinder, welche sich auf Messwerte und Vorhersagen für Wind, Wellen und Wetter spezialisiert hat. Das Unternehmen bietet Messpunkte unter anderem für die drei Standorte Ochsenhausen, Laupheim und Biberach an, welche sich im näheren Umkreis von Häusern befinden. [?] Des Weiteren stellt es folgende Daten zur Verfügung • Luftdruck • Lufttemperatur • Bewölkung • Wetter • Windrichtung 28
4 Datenermittlung • Windböen • Windgeschwindigkeit Es ist jedoch zu beachten, dass nicht immer alle dieser Daten zu 100% verfügbar sind. Der ausgewählte Zeitraum spielt dabei eine tragende Rolle. Ein Beispiel hierzu befindet sich im Anhang B.1. Das angeführte Beispiel zeigt neben den Daten für einen bestimmten Zeitraum auch die Tatsache, dass kein kostenloser Export möglich ist. Eine Anfrage bezüglich einer Kooperation im Rahmen dieser Arbeit wurde abgelehnt. 4.6 Aufbau einer eigenen Messung Im vorherigen Unterkapitel wurden alle bereits verfügbaren Datenquellen und deren Messungen untersucht. Es ist jedoch wünschenswert eine eigene Messung vor, sowie nach dem Windrad durchführen zu können. Die Vorgehensweise erfolgt dabei in zwei Schritten. Zunächst einmal wird der Zeitraum, in welchem die Messreihe durchgeführt werden soll, festgelegt. Anschließend werden qualifizier- te Anbieter gesucht, welche an einer Kooperation mit der Hochschule Biberach interessiert sind. Des Weiteren beeinflussen nachfolgende Faktoren die mögliche Durchführung einer eigenen Messung: • Gesamtkosten der Messung • Verfügbarkeit der Messeinrichtung im Wunschzeitraum • Entfernung zum Messstandpunkt der Windkraftanlage • Mindestmietdauer der Windkraftanlage Anbieter Nachfolgende Tabelle zeigt eine Auflistung aller Anbieter, welche durch Empfehlungen und Recherchen ermittelt werden konnten: 29
4 Datenermittlung Tabelle 4.1: Liste aller ermittelten Dienstleister im Bereich Lidarvermietung Übersicht PTB https://www.ptb.de/cms/de Anemos http://www.anemos.de/de/windmessungen.php RSC http://rsc-wind.com/ GWU https://www.lidar.gwu-group.de/ Sowitec https://www.sowitec.com/de/ Ramboll https://de.ramboll.com/ Pavana https://www.pavana-wind.com/ Ge:Net https://www.genetworld.com/de/home.html Windhunter http://www.windhunter.com/de/ Anemosjakob http://www.anemos-jacob.com/ Avro http://www.avrowindenergy.com/Welcome.html Engie https://www.engie-deutschland.de/ RenoAir http://www.renoair.com.br/medicoes-eolicas/sodar-lidar/ Ergebnisse Trotz einer größeren Auswahl an verschiedenen Anbietern, welche ein Lidar-Gerät verleihen könnten, stellt sich die Suche nach einem passenden Anbieter als sehr herausfordernd dar. Aufgrund der steigenden Relevanz der regenerativen Energieerzeugern, erfährt die Nachfrage nach Messgeräten einen sehr hohen Anstieg, was wiederum zur Hürde für eine eigene Messdatenaufnahme wird. So geben einige Anbieter eine Wartezeit von bis zu zwei Jahren an. Eine weitere Hürde stellt die Mindestmietzeit von drei Monaten dar, die nahezu alle Anbieter als Bedingung aufführen. Zu Vergleichszwecken reicht jedoch eine sehr kurze Messreihe aus, die keine drei Monate bedarf. Von allen in Tabelle 4.1 aufgelisteten Anbieter ist es nur bei dem Anbieter RSC möglich, eine Mietdauer von unter drei Monaten zu bekommen. Die dafür zugesendeten Angebote für die Mietdauer von einem Tag, einer Woche und einem Monat befinden sich im Anhang D.1. Ein Blick auf die Preise (ein Tag 1.850€) verdeutlicht jedoch, dass auch dieses Angebot nicht zu einer Realisierung der eigenen Messung führt. Des Weiteren bieten die meisten Anbieter nur eine Mietung des Lidargeräts im Zusam- menhang mit einer Buchung zur Fernwartung. Dies stellt einen weiteren Kostenfaktor dar. Unter Betrachtung der drei Faktoren Zeit, Kosten und Qualität wurde der Entschluss gefasst, dass eine eigene Messung zu kostenspielig ist, sofern man das Angebot der Firma RSC annimmt. In allen anderen Fällen stellt die zeitliche Komponente eine Hürde dar, denn eine Buchung für drei Monate oder erst im Jahr 2020/2021 ist für die vorliegende Arbeit zu umfangreich beziehungsweise zu spät. Der Faktor Qualität spielt dahingehend 30
4 Datenermittlung eine Rolle, dass die Qualität der verfügbaren Daten ebenso zu Vergleichszwecken ausreicht, auch wenn eine eigene Messung wünschenswerter gewesen wäre. 31
5 Erwartungen Nach der Klärung aller Grundlagen, der Aufnahme aller Datenquellen und der Beschreibung der Anlage lässt sich nun eine Aussage darüber treffen, mit welchem weiteren Verlauf der Arbeit zu rechnen ist. In Anbetracht dessen, dass die Messeinrichtung auf der Anlage in Häusern sich hinter dem Rotorblatt befindet (siehe Kapitel 3.2), ist eine Differenz zwischen der gemessenen Windgeschwindigkeit und der tatsächlichen Windgeschwindigkeit zu erwarten. Diese An- nahme gilt es im Nachgang zu klären. Außerdem gilt es, die Anströmgeschwindigkeit vor der Anlage empirisch zu ermitteln. [29] Mit der Thematik der Abschattungseffekte direkt hinter dem Rotorblatt, haben sich bereits andere Arbeiten beschäftigt. So beispielsweise Marita Linde in ihrer Diplomarbeit mit dem Thema "Modellierung des Einflusses von Windkraftanlagen auf das umgebende Windfeld". Die Kernaussage der Arbeit bestätigt die Annahme, welche innerhalb der Herleitung des Betzschen Gesetzes (siehe Kapitel 2.6.2) aufgestellt wurde und beinhaltet, dass die Wind- geschwindigkeit weit hinter der Anlage nicht mehr von der Anlage selbst beeinflusst wird. Eine weitere Feststellung innerhalb der Diplomarbeit ist, dass sowohl die Drallverluste, wie auch die Verluste durch den Strömungsabriss an dem Rotorblatt so marginal sind, dass sie vernachlässigt werden können. Ebenso interessante ist die Erkenntnis, dass der Einfluss der Strömungsausbremsung durch die Rotorblätter erst weit nach der Anlage zum Tragen kommen. Direkt an der Gondel im Bereich des Rotorblattschaftes (siehe Abbildung 3.1) selbst sind die Einflüsse gering, wie Abbildung 5.1 aufzeigt. [30] 32
Sie können auch lesen