Bachelorarbeit Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren Einflussfaktoren - MeteoBlue

 
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Bachelorarbeit Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren Einflussfaktoren - MeteoBlue
Hochschule Biberach
                                 Energie-Ingenieurwesen

                                Bachelorarbeit

   Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren
                                 Einflussfaktoren

eingereicht: 07. Februar 2019

von:         Simon Götzke

betreut durch: Prof. Axel Bretzke, Dipl.Phys, Dipl. Energiewirt
Bachelorarbeit Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren Einflussfaktoren - MeteoBlue
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Erklärung

Hiermit versichere ich nach § 12 Abs. 5 der SPO, dass ich meine Bachelorarbeit selbstständig
verfasst und keine anderen als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt
habe.

Biberach, den 07. Februar 2019

Simon Götzke

                                             i
Bachelorarbeit Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren Einflussfaktoren - MeteoBlue
Inhalt

Erklärung                                                                                                           i

Nomenklatur                                                                                                        v

Abbildungsverzeichnis                                                                                             vi

Tabellenverzeichnis                                                                                              vii

Kurzfassung                                                                                                      viii

1 Einleitung                                                                                                       1

2 Grundlagen                                                                                                      2
  2.1 Energie im Wind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .    2
  2.2 Umgebungseigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
      2.2.1 Rauhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
      2.2.2 Höhe über der Normalnull . . . . . . . . . . . . . .             .   .   .   .   .   .   .   .   .    4
  2.3 Häufigkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .    5
  2.4 Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .    8
      2.4.1 Lidar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .    8
      2.4.2 Sodar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .    9
      2.4.3 Schalenkreuzanemometer . . . . . . . . . . . . . . .             .   .   .   .   .   .   .   .   .   11
  2.5 Erstellung einer Leistungskurve nach IEC 61400-12-1:2017               .   .   .   .   .   .   .   .   .   12
  2.6 Betzfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   .   13
      2.6.1 Erklärung des Betschen Modells . . . . . . . . . . .             .   .   .   .   .   .   .   .   .   14
      2.6.2 Herleitung Betzsches Gesetz . . . . . . . . . . . . .            .   .   .   .   .   .   .   .   .   16

3 Anlagendaten                                                                                                   21
  3.1 Standort der Testanlage . . . . . . . . . . . . . . . .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   21
  3.2 Messeinrichtungen auf der Windkraftanlage in Häuser        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   22
  3.3 Technische Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   23
  3.4 Leistungskurve des Herstellers . . . . . . . . . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   24

4 Datenermittlung                                                                       25
  4.1 Empuron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

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4.2   METEO-Daten Ummendorf . . . . . . . . . . . . .                    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   26
   4.3   meteoblue-Daten Häusern . . . . . . . . . . . . . .                .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   26
   4.4   Messung auf dem Campus der Hochschule Biberach                     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   28
   4.5   Laupheimer Flughafen / Windfidner . . . . . . . .                  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   28
   4.6   Aufbau einer eigenen Messung . . . . . . . . . . . .               .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   29

5 Erwartungen                                                                                                                   32

6 Auswertung der Winddaten                                                                                                      34
  6.1 Auswertung der Windgeschwindigkeiten .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   34
  6.2 Ergebnis der Windgeschwindigkeiten . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   35
  6.3 Auswertung der Windrichtung . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   38
  6.4 Ergebnisse der Windrichtung . . . . . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   40

7 Leistungskurven                                                                        42
  7.1 cp-Kennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
  7.2 Darstellung und Analyse der Leistungskurven . . . . . . . . . . . . . . . . 43

8 Optimierung der Leistungskurve                                                     47
  8.1 Berechnung der tatsächlichen Windgeschwindigkeit vor dem Rotorblatt . . 49
  8.2 Anpassung der Leistungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

9 Ausblick und Fazit                                                                                                            54

Quellenverzeichnis                                                                                                              55

A Anhang                                                                                                                        60

B MOS                                                                                                                           61

C Windrosenerstellung                                                                                                           64

D Anhang - Angebote                                                                                                             65

E Berechung der Stundenmittelwerte                                                                                              70

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Nomenklatur

Formelzeichen    Einheit           Bezeichnung

PW ind           kW                Leistung im Wind
ρ                kg/m3             Dichte
v                m/s               Geschwindigkeit
Z0               m                 Rauhigkeitslänge
h                m                 Höhe
c                -                 Formparameter der Weibullverteilung
k                -                 Skalierungsparameter der Weibullverteilung
vm               m/s               mittlere Windgeschwindigkeit
A                m2                Fläche
P                W oder kW         Leistung
F                kg ∗ m/s2         Kraft
ṁ               kg/s              Massenstrom
v0               m/s               mittlere Geschwindigkeit
cp               -                 Leistungsbeiwert

Formelbezeichung zur Optimierung der Leistungskurve

Pvr              kW                Leistung vor dem Rotor
Phr              kW                Leistung hinter dem Rotor
vg               m/s               gemessene Geschwindigkeit
∆v               m/s               Gesuchte Geschwindigkeit

Abkürzungen

ü.N.N.                             über Normalnull
HBC                                Hochschule Biberach

                              iv
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Abbildungsverzeichnis

  0.1    Leitfaden durch die Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             ix

  2.1    Die Abhängigkeit der Leistung von der Windgeschwindigkeit . . . . . .               .    .    3
  2.2    Häufigkeitsverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017 . . . . . .             .    .    5
  2.3    Weibullverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017 . . . . . . . .             .    .    6
  2.4    Vergleich zwischen der Rayleigh-, Weibull- und Häufigkeitsverteilung [9]            .    .    7
  2.5    Funktionsweise eines Lidarmessgeräts [12] . . . . . . . . . . . . . . . .           .    .    9
  2.6    Funktionsweite monostatisches Sodar [] . . . . . . . . . . . . . . . . . .          .    .   10
  2.7    Funktionsweise Bistatisches Sodar [16] . . . . . . . . . . . . . . . . . .          .    .   11
  2.8    Schalenkreuzanemometer [18] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           .    .   11
  2.9    Modell Durchströmung einer Windkraftanlage nach Betz [23] . . . . . .               .    .   14
  2.10   Systemgrenzen Betsches Modell [23] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          .    .   14
  2.11   Geschwindigkeiten im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . . .            .    .   14
  2.12   Flächen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          .    .   15
  2.13   Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . .             .    .   15
  2.14   Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . .             .    .   16
  2.15   Vergleich der Leistung im Wind mit der maximaler Leistung nach Betz                 .    .   20

  3.1    Aufbau Gondel Micon NEG 900/52 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
  3.2    Leistungskurve der NEG Micon 900/52 bei 0m ü.N.N und 737m ü.N.N [27] 24

  4.1    Abweichungsvergleich MOS-Methode zu RAW-Daten [28] . . . . . . . . . . 27

  5.1    Umströmung einer Windkraftanlagen [30] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

  6.1    Leistungskurve gemessen im Zeitraum      2017 /    2018 der    Micon NEG       900/52
         für den Standort Häusern . . . . . .     . . . .   . . . . .   . . . . . . .   . . . .   .   35
  6.2    Vergleich der Windgeschwindigkeiten      . . . .   . . . . .   . . . . . . .   . . . .   .   37
  6.3    Windrose Meteo-Daten Ummendorf .         . . . .   . . . . .   . . . . . . .   . . . .   .   39
  6.4    Windrose Meteoblue-Daten Häusern         . . . .   . . . . .   . . . . . . .   . . . .   .   40

  7.1    cp -Werte verschiedener Anlagen [31] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
  7.2    cp-Wert der NEG Micon 900 im Vergleich zur theoretischen Leistungskurve 43
  7.3    Gegenüberstellung der theoretischen Leistungskurve welche um k und z
         nach korrigiert wurden und der gemessenen Leistungskurve . . . . . . . . 45

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8.1   Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23] . . . . . . . . . . . . . 50
8.2   Vergleich der angepassten Leistungskurve mit der gemessenen und der
      theoretischen Leistungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

A.1 EDL-Portal Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

B.1 Übersicht Windfinder Portal verfügbarkeit der Daten . . . . . . . . . . . . 62
B.2 Technische Daten NEG Micon 900/52 [46] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

D.1   Angebot   RSC   Leihdauer   ein Tag . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   66
D.2   Angebot   RSC   Leihdauer   eine Woche . .      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   67
D.3   Angebot   RSC   Leihdauer   ein Monat . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   68
D.4   Angebot   RSC   Leihdauer   für drei Monate     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   69

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Tabellenverzeichnis

  2.1   Rauhigkeitsklassen und -längen [3] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   4

  3.1   Hauptdaten der Micon NEG 900/52 [25] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

  4.1   Liste aller ermittelten Dienstleister im Bereich Lidarvermietung . . . . . . 30

  7.1   Tabellarischer Vergleich der gemessenen Leistungskurve mit der theoreti-
        schen Leistungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

  8.1   Abweichung der gemessenen Geschwindigkeit und der berechneten . . . . . 49

  C.1 Prozentuale Zuordnung der Windgeschwindigkeiten zu den dazugehörigen
      Windrichtungen basierend auf den Meteo-Daten . . . . . . . . . . . . . . . 64
  C.2 Prozentuale Zuordnung der Windgeschwindigkeiten zu den dazugehörigen
      Windrichtungen basierend auf den Meteoblue . . . . . . . . . . . . . . . . 64

                                            vii
Bachelorarbeit Analyse der Windmessung auf Windkraftanlagen und deren Einflussfaktoren - MeteoBlue
Kurzfassung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der der Thematik der Analyse von Windgeschwindigkeiten
auf Windkrafträdern und deren Einflüsse. Es ist bekannt, dass nicht 100 Prozent der
Energie aus dem Wind genommen werden kann. Dies lässt die Frage aufkommen, wie viel
Prozent sich tatsächlich aus dem Wind nehmen lässt.

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird beantwortet werden, wie hoch die Einflüsse des
Windrads bei direkter Messung auf der Gondel ist und wie sehr die dadurch entstehende
gemessene Leistungskurve von der theoretischen abweicht. Beginnend mit der grundle-
genden Fragestellung, wie viel Energie im Wind generell zur Verfügung steht (Kapitel 2),
geht es weiter mit der Thematik, wie Leistungskurven laut Vorlage (Kapitel 2.5) erstellt
werden können. Als Abschluss der Grundlagen, gilt es darzustellen, was der Physiker A.
Betz zu dieser Thematik herausfinden konnte (Kapitel 2.6).

Nach der Erarbeitung der allgemeinen Grundlagen wird im weiteren Verlauf ein Überblick
alle relevanten Angaben bezüglich der genutzten Anlage gegeben (Kapitel 3). Anschließend
werden einige Windmessungen und Simmulationsdaten verschiedenster Art betrachtet und
näher erläutert (Kapitel 4). An dieser Stelle wird nun eine Aussage über die Zwischener-
wartungen getätigt, die sich auf die bereits gesammelten Daten, sowie den Erkenntnissen
aus einer bestehenden Arbeiten zu diesem Thema stützt (Kapitel 5).

Basierend auf den verschiedensten Quellen werden die Windgeschwindigkeiten, sowie die
Windrichtung analysiert und miteinander verglichen (Kapitel 6). Die Daten, die nach der
Auswertung als valide erklärt werden, werden anschließend in Form einer Leistungskurve
dargestellt (Kapitel 7).

Final lässt sich nach der Auswertung und Analyse aller Quellen eine Formel herleiten,
welche es ermöglicht mittels einem Korrekturfaktor, der speziell auf die verwendete Anlage
ausgelegt ist, die vorhanden Messdaten dahingehend zu optimieren, das man die Windge-
schwindigkeit vor dem Rotorblatt erhält (Kapitel 8.1). Als Abschluss der Arbeit dient ein
Gesamtfazit, sowie ein Ausblick auf weitere Fragestellungen, die im Rahmen der Arbeit
aufgekommen sind (Kapitel 9).

                                           viii
Abbildung 0.1: Leitfaden durch die Arbeit

                   ix
Abstract

This thesis deals with the analysis of wind speeds on wind turbines and their influences. It
is known that not 100 percent of the energy can be taken from the wind. This raises the
question of how much percent can actually be taken out of the wind.

This bachelor thesis will answer the question of how high the influence of the wind turbine
is when measured directly on the nacelle and how much the resulting measured power
curve deviates from the theoretical one. Starting with the basic question of how much
energy is generally available in the wind (chapter 2), we continue with the topic of how
power curves can be created according to the template (chapter 2.5). As a conclusion of
the basics, it is necessary to show what the physicist A. Betz could find out about this
topic (chapter 2.6).

After the development of the general basics, an overview of all relevant data concerning the
used plant is given in the further course (chapter 3). Afterwards some wind measurements
and simulation data of most different kinds are regarded and explained in detail (chapter
4). At this point a statement about the intermediate expectations is made, which is based
on the already collected data, as well as the knowledge from an existing work on this topic
(chapter 5).

Based on different sources the wind speeds, as well as the wind direction, are calculated.
and compared with each other (chapter 6). The data, which are declared valid after
evaluation, are then presented in the form of a power curve (chapter 7).

After the evaluation and analysis of all sources, a formula can be derived which, by means
of a correction factor specially designed for the turbine used, makes it possible to optimize
the available measurement data in order to obtain the wind speed before the rotor blade
(chapter 8.1). The conclusion of the work is a summary of the whole project as well as an
outlook on further questions which have arisen in the course of the work (chapter 9).

                                              x
1 Einleitung

In der heutigen Zeit gehören Windkraftanlagen zum natürlichen Landschaftsbild jeder
Region. Sie tragen deutschlandweit zur Energiegewinnung durch die erneuerbaren Energien
bei. Auch innerhalb des Studiengangs Energie-Ingenieurwesen wird jeder Student sehr
häufig mit der Thematik der Energiegewinnung durch Windkraftanlagen konfrontiert.
Neben den theoretischen Vorlesungsinhalten, sind einige Labore ebenfalls Bestandteil des
Studiengangs. So auch das Reallabor, welches einen Einblick in die Energiegewinnung
mittels erneuerbaren Energieträgern, wie Wind, Wasser, Sonne oder Biogas, gibt. Basierend
auf den Auswertungen von verschiedenen Realdaten kommen immer wieder neue Frage-
stellung, welche hohes Forschungspotenzial aufweisen, auf. Eine dieser Fragestellungen
beschäftigt sich mit der Thematik der Windmessungen, insbesondere bezogen auf die
Windgeschwindigkeit, einer Windkraftanlagen, welche innerhalb der vorliegenden Arbeit
genauer betrachtet wird.

Jede Windkraftanlage, die sich im Betrieb befindet, verfügt über eine On-Board Messung
auf der Gondel. Der exakte Messpunkt liegt dabei größtenteils hinter dem Rotor. Dies
führt dazu, dass die gemessenen Windgeschwindigkeiten hinter dem Rotor nicht den
Windgeschwindigkeiten vor der Anlage, die jedoch für deren energetischen Ertrag ursächlich
sind, entsprechen. Basierend auf diesem Fakt, gilt es innerhalb dieser Arbeit zu betrachten,
inwiefern der verschiedene Messort eine Rolle spielt und wie hoch die Abweichungen der
Windgeschwindigkeit vor und hinter dem Rotor ist.

                                             1
2 Grundlagen

Folgendes Kapitel befasst sich mit den Grundlagen der Energiegewinnung, welche im Wind
zur Verfügung steht, sowie dem Verständnis, wie diese Energie errechnet werden kann. Hier-
bei wird neben der Beleuchtung der mathematischen und statistischen Seite, ebenso auch
auf die Gewinnung der Messdaten eingegangen. Mithilfe eines der im nachfolgenden Kapitel
beschriebenen drei Messverfahren, Lidar-, Sodar- oder Anemometer-Messverfahren, lassen
sich die Daten eines Windkraftrads aufnehmen und auf Grundlage der Standardrichtlinie
IEC 61400-12-1:2017 in Form einer Leistungskurve aufzeichnen.

2.1 Energie im Wind

Die kinetische Energie ist die Basis, aufgrund derer sich Windräder in Bewegung setzen.
Sie ist weder bedingungslos, noch grenzenlos verfügbar und von etlichen Einflussfaktoren,
sowie beispielsweise der Dichte, der Höhe, Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit abhängig.
Mithilfe nachfolgender Formel (siehe Formel 2.1) lässt sich die zur Verfügung stehende
Energie berechnen.

                                            1
                                      R=      ∗ρ∗A
                                            2                                       (2.1)
                                     PW ind = R ∗ v 3

Ein entscheidender Faktor innerhalb der Formel zur Berechnung des Windleistungsgrads
                                  m
ist die Windgeschwindigkeit v (in ), welche sich in dreifacher Potenz mit der Rotorfläche
                                   s
                                 kg
A (in m ) und der Dichte ρ (in 3 ) multipliziert. Abbildung 2.1 zeigt eine Visualisierung
         2
                                m
der Abhängigkeit der Leistung von der Windgeschwindigkeit. Mit A = 2000 m2 und
ρ = 1, 255.

                                            2
2 Grundlagen

      Abbildung 2.1: Die Abhängigkeit der Leistung von der Windgeschwindigkeit

2.2 Umgebungseigenschaften

Das Gelände und die Umgebung, in welchem die Windkraftanlage steht, haben große
Auswirkung auf die Leistungsmöglichkeit der Anlage. So ist es beispielsweise entscheidend,
ob die Anlage in einem Wald oder auf offener See in so genannten Offshore-Windparks
(OWP) steht [1]. Um dies in die Leistungsberechnung mit einfließen zu lassen wird eine so
genannte Rauhigkeitslänge festgelegt, welche in Kapitel 2.2.1 genauer erklärt wird. Des
Weiteren ist die Höhenlage, in welcher sich die Anlage befindet, von Bedeutung (siehe
Kapitel 2.2.2).

2.2.1 Rauhigkeit

Die Rauhigkeit, auch Rauhigkeitsklasse genannt, ist ein Parameter zur Bestimmung der
Oberflächenbeschaffenheit. In niedrigeren Höhen wird der Wind durch die Beschaffenheit
der Oberfläche so stark beeinträchtigt, das dies nicht unbeachtet bleiben darf (siehe Tabelle
2.1). Ab einer Höhe von ca. 1 km geht man jedoch davon aus, dass der Wind kaum noch
von der Oberflächenbeschaffenheit beeinträchtigt wird. [2]

Die Rauhigkeitslänge Z0 , welche aus Tabelle 2.1 zu entnehmen ist, ist die Höhe über
dem Boden, in der die Windgeschwindigkeit theoretisch Null ist. Je größer die Rauhig-
keitslänge ist, desto höher ist der Rauhigkeitseinfluss und die Rauhigkeitsklasse. [4] Die
Rauhigkeitsklassen reichen von 0 bis 4.

                                             3
2 Grundlagen

                  Tabelle 2.1: Rauhigkeitsklassen und -längen [3]
 Rauhigkeitsklasse Rauhigkeitslänge [Z0 ] Geländeoberfläche

 0                     0,0002 m                  Meer und Seen
 0,5                   0,0024 m                  Offenes Gelände mit glatter Oberfläche, z.B.
                                                 Beton, Landebahnen auf Flughäfen, gemäh-
                                                 tes Gras etc.
 1                     0,03 m                    Offenes landwirtschaftliches Gelände ohne
                                                 Zäune und Hecken, evtl. mit weitläufig ver-
                                                 streuten Gebäuden und sehr sanfte Hügel
 1,5                   0,055 m                   Landwirtschaftliches Gelände mit einigen
                                                 Häusern und 8 m hohen Hecken im Abstand
                                                 von mehr als 1 km
 2                     0,1 m                     Landwirtschaftliches Gelände mit einigen
                                                 Häusern und 8 Meter hohen Hecken im Ab-
                                                 stand von ca. 500 m
 2,5                   0,2 m                     Landwirtschaftliches Gelände mit vielen
                                                 Häusern, Büschen und Pflanzen, oder 8 m
                                                 hohe Hecken im Abstand von ca. 250 m
 3                     0,4 m                     Dörfer, Kleinstädte, landwirtschaftliches Ge-
                                                 lände mit vielen oder hohen Hecken, Wäldern
                                                 und sehr raues und unebenes Terrain
 3,5                   0,6 m                     Größere Städte mit hohen Gebäuden
 4                     1,6 m                     Großstädte mit hohen Gebäuden und Wol-
                                                 kenkratzern

2.2.2 Höhe über der Normalnull

Jeder Anlagenhersteller gibt ein Datenblatt heraus, welches alle technischen Details der
Anlage, sowie die zugehörige theoretische Leistungskurve enthalten. Für die Erstellung
der theoretischen Leistungskurve ist festgelegt, dass dies für eine Umgebungstemperatur
von 15°C und eine Höhe von 0 m über der Normalnull (ü.N.N) geschehen muss. Aufgrund
dessen, dass die wenigstens Windkraftanlagen, abgesehen von Offshore-Anlagen, bei 0 m
ü.N.N stehen, gibt es eine Formel zur Hochrechnung der Höhe (siehe Formel 2.2).

Voraussetzung für die Anwendung der Formel zur Hochrechnung, sind die Festlegung
der Rauhigkeitslänge zo (siehe Tabelle 2.1) und das Wissen um die Höhe, auf welche die
Hochrechnung bezogen werden soll [3]. Es ist dabei zu beachten, dass sie zur Skalierung
für jede beliebige Höhe angewendet werden kann, jedoch für jeden Geschwindigkeitspunkt
angewendet werden muss.

                                           4
2 Grundlagen

                                                  h2
                                                ln ( )
                                                  z0
                                    v2 = v1 ∗                                        (2.2)
                                                  h1
                                              ln ( )
                                                  z0

Die Referenzgeschwindigkeit v1 wird dabei bei der Referenzhöhe h1 gemessen, v2 ist die
Windgeschwindigkeit in der Höhe h2 und zo ist die Rauhigkeitslänge (siehe Tabelle 2.1).

2.3 Häufigkeitsverteilung

Die Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeiten lässt sich allgemein am besten mithilfe
der Weibullfunktion, sowie den zwei Parametern k und c abbilden. Dabei korrelieren die
beiden Parameter mit der Oberflächenrauhigkeit und der mittleren Windgeschwindigkeit.
Die Windgeschwindigkeiten werden in der Regel in Stufen von 0,5 m/s oder 1,0 m/s
dargestellt. Grundlage dieser Daten ist eine Windmessung. In manchen Fällen können hier
auch zur ersten Abschätzung Daten aus einer Simulation zur Hand genommen werden.
In der Darstellung der Windgeschwindigkeiten ist eine spezielle Häufigkeitsfunktion, die
sogenannte Weibullverteilung, gängige Praxis.

     Abbildung 2.2: Häufigkeitsverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017

Um sich ein Bild von der Häufigkeitsverteilung einzelner Windstärken zu machen, bietet
es sich an, ein statistisches Modell für Wahrscheinlichkeitsverteilungen heranzuziehen.
Für Windstärken greift man hierbei auf das sogenannte „Weibull-Verfahren“ zurück [5].
Dabei handelt es sich um ein Verfahren, das mithilfe von zwei Parametern verschiede-
ne Verteilungssituationen simulieren kann. Die Summenhäufigkeit wird durch folgende
Verteilungsfunktion beschrieben: [6]

                                                         k
                                   F (X) = 1 − e−(c∗x)                               (2.3)

                                            5
2 Grundlagen

k ist hierbei der Formparameter und c der Skalierungsparameter.

Die relative Häufigkeit ergibt sich durch die Ableitung der obenstehenden Verteilungsfunk-
tion und kann genutzt werden, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, dass ein Wert in
einem bestimmten Intervall liegt [7].

                                                                    k
                             f (x) = c ∗ k ∗ (c ∗ x)k−1 ∗ e−(c∗x)                        (2.4)

Bei k = 1 entspricht die Kurve der einer Exponentialverteilung, wohingegen bei k = 2 die
Verteilung der sogenannten „Rayleigh-Verteilung“ entspricht. Die Rayleigh-Verteilung ist
meist eine gute Näherung für die Häufigkeit verschiedener Windstärken. Für Küstenregionen
bedarf es jedoch einen höheren Wert für k . [8]

                                             k vw k−1 −( vw )k
                                 f (vw ) =     ∗     ∗e c                                (2.5)
                                             c   c
                             m
vw Windgeschwindigkeit in
                             s

        Abbildung 2.3: Weibullverteilung für den Standort Häusern im Jahr 2017

Die Weibull-Verteilung beinhaltet das Problem, die richtigen Formparameter zu finden. Die
Handhabung der Rayleigh-Verteilung ist wesentlich einfacher, da nur die durchschnittliche
Windgeschwindigkeit benötigt wird. Bei einem Vergleich der kontinuierlichen Rayleigh-
Verteilung mit einer in Mitteleuropa gemessenen Windgeschwindigkeit an einem normalen,
hindernisfreien Aufstellungsort ist festzustellen, dass die ermittelte relative Häufigkeitsver-
teilung recht gut durch folgende Formel angenähert werden kann.

                                                  2v       v 2
                                      f (vw ) =     2
                                                      ∗ e( c )                           (2.6)
                                                  c

                                                  6
2 Grundlagen

                                     m
vm mittlere Windgeschwindigkeit in
                                     s
Die Rayleigh-Verteilung ist somit geeignet, um überschlägige Ertragsprognosen für jene
Standorte zu erstellen, von denen z.B. aus meteorologischen Daten nur die mittlere
Windgeschwindigkeit verfügbar ist. Den Ertragsberechnungen in Prospekten der Hersteller
von Windkraftanlagen liegt in der Regel eines rayleighverteilten Windes zugrunde, da
diese auf europäische Verhältnisse gut zutrifft.

Probleme bei der Prognose der Leistungsdichte des Windes auf Basis vorhandener Mess-
werte der mittleren Windgeschwindigkeit und einer angenommenen Rayleigh-Verteilung
gibt es nur dort, wo die Häufigkeitsverteilung eine sehr untypische Form aufzeigt.

Abbildung 2.4: Vergleich zwischen der Rayleigh-, Weibull- und Häufigkeitsverteilung [9]

                                          7
2 Grundlagen

2.4 Messverfahren

Im Wesentlichen wird in drei große Messverfahren zur Messung von Windgeschwindig-
keiten unterschieden. Hierbei handelt es sich um die Lidar- und Sodarmessung, sowie
der Messung mittels Schalenkreuzanemometer. Die nachfolgenden Kapitel erläutern jedes
dieser Verfahren kurz.

2.4.1 Lidar

Das Lidar (Light detection and ranging) gehört zu der Klasse der Fernmessverfahren. Die
Messung erfolgt mittels eines Laserstrahls. So wird bei einer Lidarmessung nicht die Wind-
geschwindigkeit gemessen, sondern die Rückstreuung von Aerosolpartikeln (Staubpartikel),
die von der Luftströmung transportiert werden. [10]

Bei der Lidarmessung wird nicht, wie bei einem Schalenkreuzanemometer, ein einzelner
Punkt gemessen, sondern es wird auf einer Ebene gemessen. So entsteht nicht ein einzelner
Punkt im Raum sondern eine Mehrzahl von Messpunkten in einer Ebene. Die Messung
wird auf eine bestimmt Höhe festgelegt. Abhängig der Messhöhe ist der Messkreis [11](siehe
Abbildung 2.5) . Durch den rotierenden Laserstrahl und dessen Austrittswinkel wird bei
einer größeren Höhe auch der Streukreis größer.

Vorteile:

   • Kompakt

   • Leicht zu transportieren

   • Keine Baugenehmigung nötig

   • Messhöhen bis 200 m

   • Horizontale und vertikale Messungen möglich

Nachteile:

   • Teuer

   • Messgenauigkeit an komplexen Standorten verringert

   • Kalibriermessung an Messmast erforderlich

   • Externe Stromversorgung notwendig

                                            8
2 Grundlagen

               Abbildung 2.5: Funktionsweise eines Lidarmessgeräts [12]

2.4.2 Sodar

Ebenso wie das Lidar gehört auch das Sodar (Sound/Sonic Detecting And Ranging)
zu der Klasse der Fernmessverfahren. Im Gegensatz zum Lidar nutzt das Sodar keine
Laserstrahlen, sondern den Schall. Das Sodar-Gerät sendet Schallwellen in die Höhe,
die von Staubteilchen in der Luft zurückgeworfen werden. Aus der daraus entstehenden
Laufzeiten der Schallwellen, ihrer Stärke und der Frequenzverschiebung, errechnet das
Sodar-Gerät, wie stark der Wind in welcher Höhe weht. [13] Ähnliche wie bei einem Radar
erzeugt und sendet das Sodar einen Impuls und nimmt dessen Reflexion anschließend
wieder auf. [14] Die Funktionsweise wird in Abbildung 2.6 visualisiert.

                                          9
2 Grundlagen

                 Abbildung 2.6: Funktionsweite monostatisches Sodar []

Anders als bei Messmasten, bei denen der Wind nur auf einer Höhe gemessen werden kann,
ermöglicht die Messung mit einem Sodar die Messung über den gesamten Höhenbereich.
[15]

Bei der Sodarmessung wird zwischen zwei unterschiedlichen Messmethoden unterschieden.
Zum einen der monostatische Betrieb, bei dem das Messsystem meist aus drei unterschied-
lichen Antennen besteht, welche alle in unterschiedliche Richtungen gerichtet sind. Jede
einzelne Antenne sendet einen Impuls aus und fängt diesen wieder ein. [16] Die Häufigkeit
der Impulsaussendung ist abhängig von der Messhöhe. Bei dieser Messmethode ist eine
Höhe von bis zu 200m erreichbar. Genauere Ergebnisse erhält man bei einer bistatischen
Messung, welche in Abbildung 2.7 erläutert ist. Hierbei werden mehrere Geräte miteinander
gekoppelt, was impliziert, dass die Mess- und Sendeeinheiten räumlich getrennt aufgestellt
werden.

                                           10
2 Grundlagen

                 Abbildung 2.7: Funktionsweise Bistatisches Sodar [16]

2.4.3 Schalenkreuzanemometer

Die am weitesten verbreitetste Methode zur Messung der Windgeschwindigkeit ist die Mes-
sung mittels Schalenkreuzanemometer. In der Windenergiebranche gehört ein kalibriertes
Schalenkreuzanemometer zum Standard. Es gehört in die Klasse der Widerstandsläufer
und besteht aus einer senkrechten Achse, sowie drei Schalen, die den Wind aufnehmen. In
der Regel ist die Bauweise gemäß der Abbildung 2.8. Häufig wird zusätzlich zum Schalen-
kreuzanemometer eine Windfahne zur Bestimmung der Windrichtung angebracht. [17]

                     Abbildung 2.8: Schalenkreuzanemometer [18]

Durch die Kraft des Windes werden die Schalen im Kreis gedreht. Die Umdrehungen
pro Minute werden meist elektronisch aufgezeichnet und anschließend in einer Frequenz
wiedergegeben. [19]
Ein Messmast, welcher zur Bestimmung der Windhäufigkeit vor der Erstellung einer Anlage
dient, ist stets mit einem Schalenkreuzanemometer ausgestattet. Dieses Messverfahren
wird auch die Mastmessung genannt.

                                          11
2 Grundlagen

Heutzutage hat jede Windkraftanlage eine Windmessung mit auf der Gondel. Dies geschieht
in der Regel in Form eines Schalenkreuzanemometers. Das Schalenkreuzanemometer auf
den Windkraftanlangen dient dabei der Bestimmung des An- und Ausschaltzeitpunktes
der Anlage. Sollte der Wind zu stark oder zu schwach wehen, wird die Anlage aus dem
Wind gedreht. [20]

2.5 Erstellung einer Leistungskurve nach IEC 61400-12-1:2017

Jeder Hersteller von Windkraftanlagen hat die Pflicht eine Leistungskurve nach dem
Standardverfahren der Industrie IEC 61400-12-1:2017 zu erstellen. [21] Die Leistungskurve
dient als ein wichtiges Mittel zum Vergleich von verschiedenen Anlagen miteinander.

Die Erstellung erfolgt meist mittels Messmast, welcher direkt neben der Anlage angebracht
wird. Dabei muss eine freie Anströmung der Anlage gegeben sein. Des Weiteren wird die
Annahme getroffen, dass die Randbedingungen stets die gleichen sind, um dadurch eine
valide Basis zu schaffen.

     „Dieser Teil [Teil 12/1 - Anm. d. Verf.] der IEC 61400 legt ein Verfahren zur
     Messung des Leistungsverhaltens einer einzelnen WEA fest und ist für WEA al-
     ler Bauarten und Größen anwendbar, die mit dem elektrischen Versorgungsnetz
     verbunden sind. Zusätzlich beschreibt diese Norm ein Verfahren zur Ermittlung
     der Kennwerte des Leistungsverhaltens von kleinen Windenergieanlagen (nach
     IEC 61400-2) mit Anschluss entweder an das elektrische Versorgungsnetz oder
     an einen Batteriesatz. Das Verfahren kann zur Bewertung des Leistungsver-
     haltens bestimmter Anlagen an besonderen Standorten angewendet werden, es
     kann auch genutzt werden, um unter Berücksichtigung standortspezifischer
     Bedingungen und der Einflüsse der Datenfilterung grundsätzliche Vergleiche
     zwischen verschiedenen Turbinenmodellen oder unterschiedlichen Turbinen-
     einstellungen anzustellen. Die Kennwerte des Leistungsverhaltens einer WEA
     werden durch die Kurve der gemessenen Leistung und die daraus ermittelte
     Jahresenergieerzeugung (AEP) beschrieben. Die Kurve der gemessenen Leistung
     wird bestimmt, indem am Messstandort Windgeschwindigkeit und Ausgangs-
     leistung zeitgleich so lange gemessen werden, bis eine statistisch abgesicherte
     Datenbasis über einen Windgeschwindigkeitsbereich und unter unterschiedli-
     chen Wind- und Witterungsbedingungen erreicht ist. Die AEP wird berechnet,
     indem die Kurve der gemessenen Leistung auf Häufigkeitsverteilungen von Refe-
     renzwindgeschwindigkeiten angewendet und 100 % Verfügbarkeit vorausgesetzt
     werden. Die vorliegende Norm beschreibt ein Messverfahren, das neben der
     Kurve der gemessenen Leistung und dem daraus abgeleiteten Energieertrag

                                           12
2 Grundlagen

     um eine Bewertung der Unsicherheitsquellen und die Auswirkung durch deren
     Kombination ergänzt wird“ [22]

2.6 Betzfaktor

Bereits 1919 befasste sich der Physiker Albert Betz mit dem Thema der Energiegewinnung
aus Wind. Er stellte die Annahme auf, dass eine Windturbine nicht die gesamte kinetische
Energie des Windes vollständig in Rotationsenergie umwandeln kann. Auf dieser Grundlage
berechnete er die maximal erreichbare Leistungsumsetzung für ein idealisiertes Windrad.
[23]

Zur Ermittlung der maximal erreichbaren Leistungsumsetzung machte er folgende einfache
Überlegung:
Die Leistungsentnahme erfolgt durch die Verminderung der Strömungsgeschwindigkeit.
Wird der Wind überhaupt nicht verzögert, kann ihm auch keine Leistung entnommen
werden. Wird er allerdings zu stark verzögert, so wird der Massenstrom geringer. Dies
führt im Extremfall zur zunehmenden Verdichtung der Luft am Windrad.

Betz ist von einigen Voraussetzungen ausgegangen:

  • Die Windkraftanlage hat in Strömungsrichtung keine Ausdehnung, ist also eine
    Fläche.

  • Die Strömung erzeugt in dieser Aktuatorfläche A einen negativen Sprung im Druck-
    verlauf.

  • Die Nutzleistung P wird der Strömung verlustfrei entnommen.

  • Die Dichte des Mediums ist konstant, also inkompressible Strömung und kein Wär-
    mestrom zwischen Strömung und Windkraftanlage.

Die Abbildung 2.9 zeigt die Annahmen Betz vereinfacht. Der Druck weit vor und weit
hinter der Anlage ist gleich. Die Geschwindigkeit wird durch die Rotorblätter verringert,
da durch Bernoulli folgendes gilt (2.7):

                                                ṁ1 = ṁ2
                               ρ1 ∗ A1 ∗ v1 = ρ2 ∗ A2 ∗ v2                         (2.7)
                                        A1 ∗ v1 = A2 ∗ v2

Die Fläche A2 muss größer A1 werden, da v1 > v2 wird.

                                           13
2 Grundlagen

Folgende Formel 2.8 ergab sich für die maximal zu entnehmende Leistung:

                                         1 16
                               PBetz =    ∗   ∗ ρ ∗ v3 ∗ A                          (2.8)
                                         2 27

     Abbildung 2.9: Modell Durchströmung einer Windkraftanlage nach Betz [23]

2.6.1 Erklärung des Betschen Modells

Um das Betsche Gesetz nachvollziehen zu können, ist es nötig sich erst einmal Gedanken
über die Systemgrenzen zu machen. In der Abbildung 2.10 sind die Rotorblätter dargestellt.
Größe und Art ist hierbei uninteressant. Die Rotorblätter werden von vorne nach hinten
durchströmt, wodurch sich ein Strömungskanal ergibt.

                  Abbildung 2.10: Systemgrenzen Betsches Modell [23]

Die von den Rotorblättern entnommene Energie bzw. Geschwindigkeit wird in der Abbil-
dung 2.11 als v 0 gekennzeichnet.

             Abbildung 2.11: Geschwindigkeiten im Betzschen Modell [23]

                                            14
2 Grundlagen

Wichtig ist die Zuordnung der Flächen, welche im Modell mit A gekennzeichnet sind. Es
bilden sich in gegebenem Beispiel drei unterschiedlich große Flächen ab. Erkennbar ist in
Abbildung 2.12, dass die Fläche A1 vor der Windkraftanlage am geringsten ist. Direkt
in der Anlage wird diese Fläche durch die Entschleunigung auf A vergrößert. Hinter der
Anlage wird von einer Fläche in Größe von A2 ausgegangen.

                   Abbildung 2.12: Flächen im Betzschen Modell [23]

Als nächste Variable wird nun der Luftdruck p0 dem Modell hinzugefügt. Der Luftdruck
ist vor der Anlage gleich dem Luftdruck weit hinter der Anlage und entspricht dem
Umgebungsdruck. Da Betz zu beginn seiner Überlegung festgesetzt hat, dass die dichte des
Medium konstant bleib kann die Schlussfolgerung daraus folgen: Wenn der Umgebungsdruck
vor und hinter der Anlage gleich ist und die Geschwindigkeit vor der Anlage größer als die
Geschwindigkeit hinter der Anlage, dann muss sich die Luftmasse innerhalb der Anlage
ausbreiten. In der Abbildung 2.13 ist dies in blauen Paketen dargestellt.

         Abbildung 2.13: Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23]

Als letzte Beschreibung des Modells kommen nun der Impulssatz und die Leistungsent-
nahmen dazu (Abbildung 2.14). Somit sind alle notwendigen Variablen gesetzt, um die
Formel von Betz genauer betrachten zu können.

                                           15
2 Grundlagen

         Abbildung 2.14: Luftdruck und Luftmassen im Betzschen Modell [23]

2.6.2 Herleitung Betzsches Gesetz

In folgendem Unterkapitel wird das Betzsche Gesetz hergeleitet. Hierbei wird immer Bezug
auf die Abbildung 2.14 und deren Variablen genommen.

Der Ausgangspunkt ist die Formel 2.7.

Wie viel Leistung P können wir der Turbine entnehmen? Wir kennen die Leistung vor
der Turbine und wissen wie hoch die Leistung nach der Turbine ist. Wird nun etwas
entnommen, so muss die entnommene Leistung der Differenz zwischen PvorderT urbine und
PnachderT urbine entsprechen.

                         Poutput = PvorderT urbine − PnachderT urbine               (2.9)

Wie in Kapitel 2.1 bereits erwähnt wird die Leistung im Wind mit der Formel 2.1 berech-
net.

Setzt man nun alle Variablen ein, so erhält man für die entnommene Windleistung folgende
Gleichung:
                                   1                1
                        Poutput = ∗ ρ ∗ A1 ∗ v13 − ∗ ρ ∗ A2 ∗ v23                  (2.10)
                                   2                2

Durch Umschreibung der Formel folgt:

                               1                      1
                   Poutput =     ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ v12 − ∗ ρ ∗ A2 ∗ v2 ∗ v22         (2.11)
                               2                      2

Kombinieren der Formeln 2.7 und 2.11

                             1                       1
                   Poutput =    ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ v12 − ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ v22          (2.12)
                             2                       2
                                      1
                           Poutput = ∗ ρ ∗ A1 ∗ v1 ∗ (v12 − v22 )                  (2.13)
                                      2

                                              16
2 Grundlagen

Mit dem Wissen, dass ρ ∗ A ∗ v dem Massenstrom ṁ entspricht, lässt sich die Formel um
ein Vielfaches komprimieren und man erhält eine kompakte Formel.

                                             1
                                 Poutput =     ∗ ṁ ∗ (v12 − v22 )                (2.14)
                                             2

Somit ist nun die erste Bedingung aufgestellt, welche auf der im System verfügbaren
Leistung basiert. Als zweite Bedingung wird im folgenden der Impuls betrachtet.

Wie in Abbildung 2.14 zu sehen ist, besteht ein Impuls sowohl vor, wie auch nach
der Turbine. Diese resultierende Differenz lässt sich durch die Subtraktion der beiden
Impulssätze voneinander errechnen. Bei der Betrachtung der Einheiten fällt auf, dass das
Ergebnis die resultierende Kraft F ergibt.

                                 dp   d(mv)
                           F =      =       = ṁ ∗ v1 − ṁ ∗ v2                   (2.15)
                                 dt     dt

                                      F = ṁ ∗ (v1 − v2 )                         (2.16)

Der Weg von der Kraft zurück zur Leistung führ über Formel 2.17

                      dW         s      ds   Kraf t ∗ W eg
                P =       = dF ∗    =F∗    =               = F ∗ v0               (2.17)
                       dt        dt     dt      Zeit

Durch das Einsetzen der Formel 2.16 für die Kraft erhält man:

                                    P = ṁ ∗ (v1 − v2 ) ∗ v 0                     (2.18)

Aufgrund dessen, dass sowohl die Formel 2.14, wie auch die Formel 2.18 die Leistung P
beschreiben, ergibt sich mithilfe des Gleichsetzungsverfahren folgende Formel:

                                                      1
                           ṁ ∗ (v1 − v2 ) ∗ v 0 =      ∗ ṁ ∗ (v12 − v22 )       (2.19)
                                                      2

Auflösung und Vereinfachung der Gleichung mit der 3. Binomischen Formel:

                                                1
                      /̇ ∗ (v1 −
                      m        / v2 ) ∗ v 0 =      /̇ ∗ (v1 + v2 )(v1 −
                                                  ∗m                  / v2 )      (2.20)
                                                2

                                             1
                                      v0 =     ∗ (v1 + v2 )                       (2.21)
                                             2

                                                 17
2 Grundlagen

Die mittlere Geschwindigkeit v 0 in der Rotorebene entspricht dem Mittelwert von v1 und
v2 .

Da nun alle benötigten Werte für den Massenstrom vorhanden sind, lässt sich dieser nun
wie folgt errechnen:

                                            ṁ = ρ ∗ A ∗ v 0                      (2.22)

Formel 2.21 für v 0 einsetzen:

                                                    1
                                   ṁ = ρ ∗ A ∗       ∗ (v1 + v2 )                (2.23)
                                                    2

Formel 2.14 nach ṁ umstellen und einsetzen:

                                   1          1
                       Poutput =     ∗ ρ ∗ A ∗ ∗ (v1 + v2 ) ∗ (v12 − v22 )        (2.24)
                                   2          2

Vereinfachen:

                                        1
                         Poutput =        ∗ ρ ∗ A ∗ (v1 + v2 ) ∗ (v12 − v22 )     (2.25)
                                        4

v13 ausklammern:

                                   1                   v2         v2
                       Poutput =     ∗ ρ ∗ A ∗ v13 (1 + ) ∗ (1 − ( )2 )           (2.26)
                                   4                   v1         v1

Das Verhältnis zwischen der Leistung, welche theoretisch verfügbar ist, und der Leistung,
welche rauszuziehen ist, wird Leistungsbeiwert genannt. Er wird mit cp bezeichnet (siehe
Kapitel 7.1).

                                        1                   v2         v2
                                          ∗ ρ ∗ A ∗ v13 (1 + ) ∗ (1 − ( )2 )
                          P             4                   v1         v1
                cp = 1                =             1                             (2.27)
                    ( ∗ ρ ∗ A ∗ v13 )             ( ∗ ρ ∗ A ∗ v13 )
                     2                              2

Durch Kürzen erhält man folgende Gleichung:

                                        1       v2         v2
                                 cp =     ∗ (1 + ) ∗ (1 − ( )2 )                  (2.28)
                                        2       v1         v1

                                                   18
2 Grundlagen

                                                                            v2
Interessant ist nun, welcher Maximalwert erreicht werden kann. Hierfür wird    = x
                                                                            v1
gesetzt:

                                         1
                               f (x) =     ∗ (1 + x) ∗ (1 − (x)2 )              (2.29)
                                         2

Ausmultipliziert:

                                          1
                               f (x) =      ∗ (1 + x − x2 − x3 )                (2.30)
                                          2

Erste Ableitung:

                        1                 1                −      2   1
               f 0 (x) = (1 − 2x − 3x2 ) = (3x2 + 2x − 1) = 2(x2 + x − )        (2.31)
                        2                 2                1      3   3

Durch Einsetzen in die pq-Formel erhält man:

                                                     s
                                            1               1 3
                                   x1/2   =− ±          2
                                                             +                  (2.32)
                                            3               9 4

Da x > 0 gilt, gibt es nur eine Lösung:

                                                    1
                                             x1 =                               (2.33)
                                                    3

                             v2  1
Das bedeutet, dass bei x =      = das Maximum erreicht ist. Einsetzen in die Gleichung
                             v1  3
2.28 ergibt:

                               1       1          1      1 4 8
                        cp =     ∗ (1 + ) ∗ (1 − ( )2 ) = ∗ +                   (2.34)
                               2       3          3      2 3 9

                                                    16
                                            cp =                                (2.35)
                                                    27

Somit hat Herr Betz bewiesen, dass die maximal zu entnehmende Leistung aus dem Wind
         16
bei cp =    liegt.
         27
Betz kam zu dem Ergebnis, dass eine optimale Leistungsentnahme nur möglich ist, wenn
die Windgeschwindigkeit nach der Rotorebene nur noch 1/3 der davor liegenden Ge-
schwindigkeit beträgt. Bei diesem Verhältnis gilt der aerodynamische Wirkungsgrad, der
Leistungsbeiwert cp = 16/27 = 0, 59. Somit kann maximal 59%, der im Wind vorhandenen

                                               19
2 Grundlagen

Leistung, durch eine ideale Windturbine entnommen werden. Dieser Leistungsbeiwert gilt
allerdings nur für Auftriebsläufer.

In Abbildung 2.15 ist der Vergleich zwischen der maximalen Leistung im Wind und der Ma-
ximalleistung nach Betz zu erkennen. Auffallend ist hierbei, dass die Differenz der Kurven
mit steigender Geschwindigkeit zunimmt, jedoch im anfänglichen Geschwindigkeitsbereich
von Null bis etwa 10 m/s sehr ähnlich verlaufen. [24]

Abbildung 2.15: Vergleich der Leistung im Wind mit der maximaler Leistung nach Betz

                                           20
3 Anlagendaten

In Kooperation mit der Bürger-Windenergie Ummendorf GmbH & Co. KG. wurde es der
Hochschule Biberach ermöglicht zu Forschungszwecken, eine Messeinrichtung in die Test-
anlage am Standort nahe Biberach in Häusern einzubauen. Die besagte Windkraftanlage
wurde 2001 in Betrieb genommen. Nachfolgendes Kapitel bietet einen Überblick über alle
relevanten Informationen der Anlage.

3.1 Standort der Testanlage

Die Windkraftanlage befindet sich in etwa fünf Kilometer entfernt von Biberach, in der
Nähe von einem kleineren Dorf namens Häusern. Häusern liegt auf einer Anhöhe zwischen
den Dörfern Ummendorf und Ringschnait. Die Höhe des exakten Standorts des Windrads
befindet sich auf 664 Meter ü.N.N. und befindet sich somit auf einem der höchsten Punkte
im Umkreis von Biberach. Der Standort in Form der GPS-Koordinaten lautet 48°03’38.0"N
9°51’36.6Ë.

In der näheren Umgebung der Windkraftanlage befinden sich nur sehr wenige Büsche
und weitestgehend grüne Flächen, sowie Äcker. Daraus ergibt sich gemäß Tabelle 2.1 eine
Rauhigkeitsklasse von 1,5 und somit eine Rauhigkeitslänge von 0,055 m. Das Dorf Häusern
liegt in etwa einen Kilometer entfernt von der Anlage.

Weitere technische Daten sind Kapitel 3.3 zu entnehmen.

                                          21
3 Anlagendaten

3.2 Messeinrichtungen auf der Windkraftanlage in Häuser

Hinten auf der Gondel der Windkraftanlage ist eine Messeinrichtung montiert. Die Mess-
einrichtung besteht aus zwei Schalenkreuzanemometern und ist ca. 9 m hinter den Ro-
torblättern angebracht. Nachfolgende Abbildung zeigt einen Querschnitt des Aufbaus der
Gondel Micon NEG 900/52 (siehe Abbildung 3.1).

                   Abbildung 3.1: Aufbau Gondel Micon NEG 900/52

Die Messinstrumente der Hochschule Biberach sind im Turmfuß, unterhalb der integrierten
Messtechnik der Anlage angebracht und mit dieser verbunden. Hierdurch ist die Erfassung
der Windgeschwindigkeitsdaten, sowie der Windrichtungsdaten ermöglicht.

Es bedarf alle zwei Jahre einer Kalibrierung der Messeinrichtung. Der letzte Kalibrierungs-
zeitpunkt ist jedoch nicht bekannt, sodass hierdurch keine Schlussfolgerungen gezogen und
eine eventuell weitere Abweichung nicht beachtet werden kann.

                                            22
3 Anlagendaten

3.3 Technische Daten

In der nachfolgenden Tabelle werden die technischen Hauptdaten der NEG Micon 900/52
aufgezeigt. Hierbei liegt der Fokus auf den Daten, die für die weitere Bearbeitung im
Rahmen dieser Bachelorarbeit relevant sind. Ein detailliertes Datenblatt befindet sich im
Anhang B.2.

                  Tabelle 3.1: Hauptdaten der Micon NEG 900/52 [25]
                                     Hauptdaten

           Hersteller                                   Neg Micon (Dänemark)
           Windkraftanlage                              NM 900/52
           Nennleistung                                 900 kW
           Durchmesser                                  52.2 m
           Überstrichene Fläche                         2 141 m2
           Anzahl an Blättern                           3
           Einschaltwindgeschwindigkeit                 2,5 m/s
           Nominalwindgeschwindigkeit                   15,5 m/s
           Abschaltwindgeschwindigkeit                  24 m/s
           Nabenhöhe                                    73 m

Ein weiterer relevanter Fakt ist, dass die Windkraftanlage in Häusern stallgeregelt ist. Dies
hat zur Auswirkung, dass es bei einer Windgeschwindigkeit von über 15,5 m/s zu einem
Strömungsabriss kommt, welcher für eine Senkung des Auftriebs des Flügelprofils sorgt,
wodurch die Anlage leicht abgebremst wird.

                                             23
3 Anlagendaten

3.4 Leistungskurve des Herstellers

Wie bereits im Kapitel 2.5 erwähnt, wird vom Hersteller stets eine Leistungskurve für
die entsprechende Windkraftanlage mitgeliefert [26], so auch bei der Windkraftanlage in
Häusern. Die nachstehende Leistungskurve in Abbildung 3.2 des verwendeten Modells
NEG Micon 900/52 wurde von dem Anbieter windpower.org [27] erstellt.

Abbildung 3.2: Leistungskurve der NEG Micon 900/52 bei 0m ü.N.N und 737m ü.N.N [27]

Der typische Verlauf der Leistungskurven ist meist so, dass bei Schwachwindanlagen die
Anlage in etwa 3 m/s die Anlage einschaltet und bei etwa 25 m/s wieder aus dem Wind
geht.

                                          24
4 Datenermittlung

Im Wesentlichen gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, auf Basis derer die Datenerfassung
zur Windmessung erstellt werden kann. Wünschenswert ist die Möglichkeit, bei welcher
Messdaten die Grundlage bilden. Die alternative Möglichkeit ist, auf Simulationsdaten
zurückzugreifen, welche allerdings genau evaluiert werden müssen.

Recherchen ergaben fünf Datenquellen, die nun im Rahmen dieses Kapitels aufgeführt
werden. Es handelt sich hierbei um folgenden Datenquellen:

  • Empuron (Kapitel 4.1)

  • Meteo-Daten, welche im Energy-Data-Logger-Portal (kurz EDL-Portal) dargestellt
    werden (Kapitel 4.2)

  • meteoblue-Daten (Kapitel 4.3)

  • Messung an der Hochschule Biberach auf dem C-Gebäude in einer Höhe von 10 m
    (Kapitel 4.4)

  • Messdaten des Laupheimer Flughafens (Kapitel 4.5)

4.1 Empuron

Die Messeinheit der Hochschule Biberach, welche auf der Gondel der Windkraftanlage
befestigt ist, misst unter anderem folgende Werte:

  • Windgeschwindigkeit

  • Elektrische Leistung des Generators

Als Messeinrichtung dient ein Schalenkreuzanemometer, welches auf der Windkraftanlage
hinter dem Rotor auf einer Höhe von 73m verbaut ist. Erläuterungen zum genauen Aufbau,
sowie der Funktion sind in Kapitel 3.2 aufgeführt.
Die auf der Anlage mitgeloggten Daten werden via Fernübertragung an die Hochschule Bi-
berach übermittelt. Mithilfe des Portals Empuron ist es möglich diese Daten aufzubereiten
und anschließend darzustellen. Die daraus gewonnen Daten werden in der vorliegenden
Bachelorarbeit als "Realdaten"bezeichnet und dienen als Basis für jegliche Vergleiche.

                                            25
4 Datenermittlung

Weitere relevanten Daten der Windkraftanlage, welche ebenfalls als Basis dienen, sind
Kapitel 3 zu entnehmen.

Für die weiteren Berechnungen werden im Rahmen dieser Arbeit nachfolgende Daten
verwendet. Dies liegt darin begründet, dass die Anlage träge auf die böigen Luftge-
schwindigkeiten reagiert und somit auch die Verteilung der Leistungswerte über der
Windgeschwindigkeit stark aufgeweitet wird.

  • Windgeschwindigkeit in einem Zeitraster von einer Stunde durch Mittelwertbildung

  • Leistung in einem Zeitraster von einer Stunde durch Mittelwertbildung

4.2 METEO-Daten Ummendorf

Das Portal der METEO-Daten findet am Standort Ummendorf seine Anwendung. Im
Gegensatz zu den Empuron handelt es sich bei METEO um eine reine Datensimulation
mit einer Wettervorhersage für die kommenden vier Tage. Der Betreiber dieser Simulation
ist die Firma Meteotest mit dem Unternehmenssitz in der Schweiz.

Meteotest stellt folgende Daten zur Verfügung:

  • Solarstrahlung

  • Windgeschwindigkeit (10 m)

  • Windrichtung

  • Temperatur

  • Relative Luftfeuchtigkeit und Niederschlag

Basierend auf diesen Daten ermöglicht das Portal (Portalansicht siehe Anhang A.1), welches
von der Firma EDL entwickelt ist, eine optische Aufbereitung der Daten. Anschließend an
diese Aufbereitung lassen sich die Daten in dem Datenformat .csv herunterladen.

4.3 meteoblue-Daten Häusern

Ebenso wie bei den Meteo-Daten, handelt es sich bei den meteoblue-Grunddaten um
Simulationsdaten. Der Vorteil von Simulationsdaten ist, dass diese zu 100% zur Verfügung
stehen. Des Weiteren erreichen sie laut Herstellern eine Genauigkeit von etwa 80% gegenüber
den realen Messdaten, sodass basierend auf den Simulationsdaten weitere Berechnungen
möglich sind. Für die Dauer der Bachlorarbeit wurde von meteoblue ein Kostenloser

                                            26
4 Datenermittlung

Account zur Verfügung gestellt welcher es ermöglicht Daten der letzten 30 Jahre für den
Standort zu ermitteln.
Diese 80% werden dadurch erreicht, dass die meteoblue-Daten bis zu einem gewissen
Grad nachbereinigt werden. Hierzu wird eine Methode namens MOS (Model Output
Statistics, detaillierte Erklärung siehe Anhang) A angewandt [28]. In Abbildung 4.1 ist
der Abweichungsvergleich zwischen den RAW-Daten, sprich den reinen Simulationsdaten
und der bereinigten Daten mittels MOS-Methode zu erkennen.

       Abbildung 4.1: Abweichungsvergleich MOS-Methode zu RAW-Daten [28]

Die meteoblue-Daten werden in einem stündlichen Intervall zur Verfügung gestellt und es
können folgende Werte entnommen werden:

  • Temperatur (2 m)

  • Relative Feuchtigkeit (2 m)

  • Druck (mean sea level)

  • Niederschlagsmenge

  • Schneefallmenge

  • Gesamtbewölkung

  • Niedrige, mittlere und hohe Bewölkung

  • Sonnenscheindauer

  • Sonneneinstrahlung

  • Windgeschwindigkeit und Richtung (10 m)

  • Windgeschwindigkeit und Richtung (80 m)

                                          27
4 Datenermittlung

  • Windgeschwindigkeit und Richtung (900 hPa)

  • Windböen (10 m)

Folgende Werte werden aufgrund dessen direkt verwendet:

  • Windgeschwindigkeit 80 m

  • Windrichtung 80 m

  • Windrichtung 10 m

4.4 Messung auf dem Campus der Hochschule Biberach

Eine weitere Messeinrichtung befindet sich in Biberach auf dem Campus der Hochschule
in der Karlstraße. Diese Messeinrichtung ist in eine Höher von ca. 10 m angebracht.
Basierend auf der Tatsache, dass sich der Campus der Hochschule Biberach (kurz HBC)
im Inneren der Stadt befindet, liegen in unmittelbarer Nähe einige große Gebäude, die
eine nicht freie Strömung ermöglichen. Deshalb ist diese Messung als Vergleichspunkt
ungeeignet. Ein weiterer Aspekt ist, dass sich die Höhe der Messeinrichtung der HBC auf
einer Höhe von 533 m Ü.N.N. befindet und somit eine zu große Differenz zur Nabenhöhe
des Forschungsobjekts (737 m ü.N.N) in Häusern bildet und daher noch die Faktoren h
und z bereinigt werden müssten.

4.5 Laupheimer Flughafen / Windfidner

Eine weitere Datenquelle bilden die Winddaten, wobei es sich um Messdaten handelt,
welche vom Flughafen in Laupheim verwendet werden. Mittels Recherche trifft man auf
den Anbieter Windfinder, welche sich auf Messwerte und Vorhersagen für Wind, Wellen
und Wetter spezialisiert hat. Das Unternehmen bietet Messpunkte unter anderem für die
drei Standorte Ochsenhausen, Laupheim und Biberach an, welche sich im näheren Umkreis
von Häusern befinden. [?] Des Weiteren stellt es folgende Daten zur Verfügung

  • Luftdruck

  • Lufttemperatur

  • Bewölkung

  • Wetter

  • Windrichtung

                                          28
4 Datenermittlung

  • Windböen

  • Windgeschwindigkeit

Es ist jedoch zu beachten, dass nicht immer alle dieser Daten zu 100% verfügbar sind. Der
ausgewählte Zeitraum spielt dabei eine tragende Rolle. Ein Beispiel hierzu befindet sich im
Anhang B.1. Das angeführte Beispiel zeigt neben den Daten für einen bestimmten Zeitraum
auch die Tatsache, dass kein kostenloser Export möglich ist. Eine Anfrage bezüglich einer
Kooperation im Rahmen dieser Arbeit wurde abgelehnt.

4.6 Aufbau einer eigenen Messung

Im vorherigen Unterkapitel wurden alle bereits verfügbaren Datenquellen und deren
Messungen untersucht. Es ist jedoch wünschenswert eine eigene Messung vor, sowie nach
dem Windrad durchführen zu können.

Die Vorgehensweise erfolgt dabei in zwei Schritten. Zunächst einmal wird der Zeitraum, in
welchem die Messreihe durchgeführt werden soll, festgelegt. Anschließend werden qualifizier-
te Anbieter gesucht, welche an einer Kooperation mit der Hochschule Biberach interessiert
sind. Des Weiteren beeinflussen nachfolgende Faktoren die mögliche Durchführung einer
eigenen Messung:

  • Gesamtkosten der Messung

  • Verfügbarkeit der Messeinrichtung im Wunschzeitraum

  • Entfernung zum Messstandpunkt der Windkraftanlage

  • Mindestmietdauer der Windkraftanlage

Anbieter

Nachfolgende Tabelle zeigt eine Auflistung aller Anbieter, welche durch Empfehlungen
und Recherchen ermittelt werden konnten:

                                            29
4 Datenermittlung

      Tabelle 4.1: Liste aller ermittelten Dienstleister im Bereich Lidarvermietung
                                         Übersicht
       PTB              https://www.ptb.de/cms/de
       Anemos           http://www.anemos.de/de/windmessungen.php
       RSC              http://rsc-wind.com/
       GWU              https://www.lidar.gwu-group.de/
       Sowitec          https://www.sowitec.com/de/
       Ramboll          https://de.ramboll.com/
       Pavana           https://www.pavana-wind.com/
       Ge:Net           https://www.genetworld.com/de/home.html
       Windhunter       http://www.windhunter.com/de/
       Anemosjakob http://www.anemos-jacob.com/
       Avro             http://www.avrowindenergy.com/Welcome.html
       Engie            https://www.engie-deutschland.de/
       RenoAir          http://www.renoair.com.br/medicoes-eolicas/sodar-lidar/

Ergebnisse

Trotz einer größeren Auswahl an verschiedenen Anbietern, welche ein Lidar-Gerät verleihen
könnten, stellt sich die Suche nach einem passenden Anbieter als sehr herausfordernd
dar. Aufgrund der steigenden Relevanz der regenerativen Energieerzeugern, erfährt die
Nachfrage nach Messgeräten einen sehr hohen Anstieg, was wiederum zur Hürde für eine
eigene Messdatenaufnahme wird. So geben einige Anbieter eine Wartezeit von bis zu zwei
Jahren an.

Eine weitere Hürde stellt die Mindestmietzeit von drei Monaten dar, die nahezu alle
Anbieter als Bedingung aufführen. Zu Vergleichszwecken reicht jedoch eine sehr kurze
Messreihe aus, die keine drei Monate bedarf. Von allen in Tabelle 4.1 aufgelisteten Anbieter
ist es nur bei dem Anbieter RSC möglich, eine Mietdauer von unter drei Monaten zu
bekommen. Die dafür zugesendeten Angebote für die Mietdauer von einem Tag, einer
Woche und einem Monat befinden sich im Anhang D.1. Ein Blick auf die Preise (ein Tag
1.850€) verdeutlicht jedoch, dass auch dieses Angebot nicht zu einer Realisierung der
eigenen Messung führt.
Des Weiteren bieten die meisten Anbieter nur eine Mietung des Lidargeräts im Zusam-
menhang mit einer Buchung zur Fernwartung. Dies stellt einen weiteren Kostenfaktor
dar.

Unter Betrachtung der drei Faktoren Zeit, Kosten und Qualität wurde der Entschluss
gefasst, dass eine eigene Messung zu kostenspielig ist, sofern man das Angebot der Firma
RSC annimmt. In allen anderen Fällen stellt die zeitliche Komponente eine Hürde dar,
denn eine Buchung für drei Monate oder erst im Jahr 2020/2021 ist für die vorliegende
Arbeit zu umfangreich beziehungsweise zu spät. Der Faktor Qualität spielt dahingehend

                                            30
4 Datenermittlung

eine Rolle, dass die Qualität der verfügbaren Daten ebenso zu Vergleichszwecken ausreicht,
auch wenn eine eigene Messung wünschenswerter gewesen wäre.

                                           31
5 Erwartungen

Nach der Klärung aller Grundlagen, der Aufnahme aller Datenquellen und der Beschreibung
der Anlage lässt sich nun eine Aussage darüber treffen, mit welchem weiteren Verlauf der
Arbeit zu rechnen ist.

In Anbetracht dessen, dass die Messeinrichtung auf der Anlage in Häusern sich hinter
dem Rotorblatt befindet (siehe Kapitel 3.2), ist eine Differenz zwischen der gemessenen
Windgeschwindigkeit und der tatsächlichen Windgeschwindigkeit zu erwarten. Diese An-
nahme gilt es im Nachgang zu klären. Außerdem gilt es, die Anströmgeschwindigkeit vor
der Anlage empirisch zu ermitteln. [29]

Mit der Thematik der Abschattungseffekte direkt hinter dem Rotorblatt, haben sich bereits
andere Arbeiten beschäftigt. So beispielsweise Marita Linde in ihrer Diplomarbeit mit dem
Thema "Modellierung des Einflusses von Windkraftanlagen auf das umgebende Windfeld".
Die Kernaussage der Arbeit bestätigt die Annahme, welche innerhalb der Herleitung des
Betzschen Gesetzes (siehe Kapitel 2.6.2) aufgestellt wurde und beinhaltet, dass die Wind-
geschwindigkeit weit hinter der Anlage nicht mehr von der Anlage selbst beeinflusst wird.
Eine weitere Feststellung innerhalb der Diplomarbeit ist, dass sowohl die Drallverluste,
wie auch die Verluste durch den Strömungsabriss an dem Rotorblatt so marginal sind,
dass sie vernachlässigt werden können. Ebenso interessante ist die Erkenntnis, dass der
Einfluss der Strömungsausbremsung durch die Rotorblätter erst weit nach der Anlage zum
Tragen kommen. Direkt an der Gondel im Bereich des Rotorblattschaftes (siehe Abbildung
3.1) selbst sind die Einflüsse gering, wie Abbildung 5.1 aufzeigt. [30]

                                           32
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