Bachelorarbeit HOCHSCHULE WEIHENSTEPHAN-TRIESDORF - Der Wildapfel (Malus sylvestris) im Allacher Forst - LBV
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HOCHSCHULE WEIHENSTEPHAN-TRIESDORF Fakultät Wald und Forstwirtschaft Bachelorarbeit Der Wildapfel (Malus sylvestris) im Allacher Forst Vorkommen und Pflegekonzepte Verfasser: Nathalie Kolb Betreuer: Prof. Dr. Jörg Ewald Ort, Abgabetermin: Freising, 08.07.2020
Eidesstattliche Erklärung/Zugänglichkeitserklärung Eidesstattliche Erklärung/Zugänglichkeitserklärung Name der Verfasserin/des Verfassers: Nathalie Kolb Name der Betreuerin/des Betreuers: Prof. Dr. Ewald Thema der Bachelorarbeit: Der Wildapfel (Malus sylvestris) im Allacher Forst – Vorkommen und Pflegekonzepte 1. Ich erkläre hiermit, dass ich die Bachelorarbeit selbständig verfasst, noch nicht anderweitig für Prüfungszwecke vorgelegt, keine anderen als die angegebenen Quellen oder Hilfsmittel benützt sowie wörtliche und sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnet habe. Weihenstephan, den Datum Unterschrift Verfasser(in) 2. Ich bin einverstanden, dass die von mir angefertigte Bachelorarbeit über die Fakultät Wald und Forstwirtschaft der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Nein X Ja, nach Abschluss des Prüfungsverfahrens Ja, nach Ablauf einer Sperrfrist von Jahren Ich erkläre und stehe dafür ein, dass ich der alleinige Inhaber aller Rechte an der Bachelorarbeit bin und dass durch deren öffentliche Zugänglichmachung weder Rechte und Ansprüche Dritter noch gesetzliche Bestimmungen verletzt werden. Weihenstephan, den Datum Unterschrift Verfasser(in) 2
Vorwort und Danksagung Vorwort und Danksagung Diese Bachelorarbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ebersberg auf dem Gelände rund um den Rangierbahnhof Allach. Auf dem Grundstück der Deutschen Bahn wurde das Vorkommen der Baumart Malus sylvestris untersucht. Durch das Kartieren des Wildapfels, die Feststellung seiner Vitalität und dem entworfenen Pflegekonzept kann die Erhaltung der seltenen Baumart im Allacher Forst gewährleistet werden. Nach dem Einschicken von genetischen Blattproben kann das Vorkommen genau einer Art zugeordnet werden. Bei genetischer Übereinstimmung mit dem Wildapfel wird durch das Gewinnen von Saatgut ein Fortbestehen der seltenen Baumart auch an anderen Orten ermöglicht. Für das Erstellen der Bachelorarbeit habe ich Unterstützung von verschiedensten Seiten erhalten, dafür bedanke ich mich recht herzlich bei… … Herrn Prof. Dr. Ewald, Dozent für Botanik und Vegetationskunde an der Hochschule Weihenstephan in Freising, für die Unterstützung bei meiner Bachelorarbeit. Herr Prof. Dr. Ewald beantwortete mir trotz der Corona-Pandemie schnell und zuverlässig alle meine Fragen. So konnte ich meine Bachelorarbeit ohne ein Hindernis erarbeiten. … Herrn Martin Holzäpfel, Leiter des Forstreviers Aschheim beim Amt für Ernährung, Ladwirtschaft und Forsten Ebersberg, für das Zusenden von Informationen und Hilfsmitteln beim Kartieren und auch für das Unterstützen beim Suchen der Baumbestände. Dank auch für das Zusenden von GIS- Karten, die mir beim Kartieren sehr geholfen haben. … Frau Katharina Spannraft, Co-Projektleitung Biotoppflege, Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV), Kreisgruppe München, für die Informationen zur Pflege der Fläche und dem geschichtlichen Hintergrund. … Herrn Daniel Lentsch, Eigentums- und Bestandsmanagement Süd, Management von Ausgleichs- und Ersatzflächen, Deutsche Bahn AG für ein offenes Ohr bei Fragen und das Weiterleiten von nützlichen Kontakten. … Frau Julia Borasch, Leiterin des Forstreviers Aschheim beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg, für die schnellen Antworten und das Zusenden von Bodeninformationskarten. … Herrn Prof. Dr. Hanno Schaefer, Technische Universität München, Professur für Biodiversität der Pflanzen, für das genetische Untersuchen der Blattproben. … Herrn Rene Bartsch, für die tatkräftige Hilfe bei allen meinen Fragen zum Thema GIS! Ohne ihn hätte ich die Komplikationen mit dem Programm nicht beheben können. … meiner Familie und meinem Freund, weil ihr mich immer und überall unterstützt und ich mich auf euch verlassen kann. 3
Inhalt Inhalt Eidesstattliche Erklärung/Zugänglichkeitserklärung ............................................................................... 2 Vorwort und Danksagung ........................................................................................................................ 3 Inhalt........................................................................................................................................................ 4 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................................. 6 Tabellenverzeichnis ................................................................................................................................. 8 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................................ 9 1 Einleitung ............................................................................................................................................ 10 1.1 Ziele und Aufgabenstellung ......................................................................................................... 10 1.2 Steckbrief des Wildapfels ............................................................................................................ 10 1.3 Das Untersuchungsgebiet............................................................................................................ 14 1.3.1 Lage ...................................................................................................................................... 14 1.3.2 Klima ..................................................................................................................................... 14 1.3.3 Geologie................................................................................................................................ 15 1.3.4 Bodenkundliche Untersuchung ............................................................................................ 16 1.3.4.1 Basenausstattung .............................................................................................................. 16 1.3.4.2 Bodenarten ........................................................................................................................ 17 1.3.4.3 Wasserhaushalt ................................................................................................................. 18 1.3.4.4 Mittlere nutzbare Feldkapazität ........................................................................................ 19 1.3.5 Natürliche Waldgesellschaft................................................................................................. 19 1.3.6 Eigentümer ........................................................................................................................... 19 1.3.7 Nutzungsart vom 16. Jahrhundert bis heute ........................................................................ 19 1.3.8 Geschichte des Wildapfels im Allacher Forst ....................................................................... 21 2 Material und Methoden ..................................................................................................................... 22 2.1 Datenrecherche ........................................................................................................................... 22 2.2 Kartierung .................................................................................................................................... 23 2.3 Dauerhafte Markierung ............................................................................................................... 24 2.4 Datenbank ................................................................................................................................... 25 2.5 Datenauswertung ........................................................................................................................ 26 2.5.1 Dimensionierung Wildapfel .................................................................................................. 26 2.5.2. Vitalität ................................................................................................................................ 26 2.5.3 Pflegedringlichkeit ................................................................................................................ 27 2.5.4 Baumkronenvolumen ........................................................................................................... 28 4
Inhalt 2.5.5 Genetische Untersuchung .................................................................................................... 28 2.5.6 Naturverjüngung .................................................................................................................. 29 2.5.7 Altersbestimmung ................................................................................................................ 29 3 Ergebnisse........................................................................................................................................... 29 3.1 Anzahl und Lage der Wildäpfel .................................................................................................... 29 3.2 Durchmesser und Höhenstruktur ................................................................................................ 30 3.3 Vitalitätsstruktur.......................................................................................................................... 34 3.4 Pflegedringlichkeit ....................................................................................................................... 36 3.5 Baumkronenvolumen .................................................................................................................. 38 3.6 Naturverjüngung ......................................................................................................................... 40 3.7 Altersbestimmung ....................................................................................................................... 41 4 Diskussion ........................................................................................................................................... 42 4.1 Standortseigenschaften des Wildapfels im Allacher Forst .......................................................... 42 4.2 Anzahl und Lage der Wildäpfel .................................................................................................... 42 4.3 Vitalitätsstruktur.......................................................................................................................... 42 4.4 Baumkronenvolumen .................................................................................................................. 43 4.5 Gefährdung und Pflegedringlichkeit des Wildapfels ................................................................... 44 5 Pflegekonzept waldbaulich................................................................................................................. 46 6 Pflege des Einzelbaums ...................................................................................................................... 48 6.1 Allgemeines ................................................................................................................................. 48 6.2 Schnittzeitpunkt .......................................................................................................................... 49 6.3 Erziehungsschnitt und Abhilfe bei häufigen Schäden ................................................................. 50 6.3.1 Erziehungsschnitt bei jungen Bäumen ................................................................................. 50 6.3.2 Wundversorgung .................................................................................................................. 51 6.3.3 Fegeschaden ......................................................................................................................... 51 6.3.4 Frostrisse .............................................................................................................................. 52 7 Ausblick und weiterer Projektverlauf ................................................................................................. 52 8 Zusammenfassung .............................................................................................................................. 53 References ............................................................................................................................................. 55 Verwendete Software ........................................................................................................................... 58 Abstract ................................................................................................................................................. 59 5
Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Weltweites Verbreitungsgebiet Malus sylvstris blau dargestellt nach EUFORGEN (2009) mit Grenze des natürlichen Vorkommens (orange) .............................................................................. 12 Abbildung 2: Deutschlandweite Verbreitung Malus sylvestris nach Floraweb.de (Schneider et al., 2013)...................................................................................................................................................... 13 Abbildung 3: Bayernweite Verbreitung des Malus sylvestris nach Bayernflora.de (2019) ................... 13 Abbildung 4: Geologische Karte von Bayern (Bayerisches Landesamt für Umwelt, o. J.) und rot markiertes Aufnahmegebiet ................................................................................................................. 15 Abbildung 5: Basenangebot um den Rangierbahnhof nach Basis-Viewer (o. J.) .................................. 17 Abbildung 6: Wildapfelanzahl pro Hektar, Hauptschicht ...................................................................... 18 Abbildung 7: Wildapfelanzahl pro Hektar, Deckschicht ........................................................................ 18 Abbildung 8: Malus sylvestris im Münchner Raum nach floramuenchen.recorder-d.de (2017) ........ 22 Abbildung 9: Rot umrandet: Kernzone des abgesuchten Gebietes, orange umrandet: Flurstücksgrenzen nach OSM (2020) ..................................................................................................... 23 Abbildung 10: Volumen eines Ellipsoid nach geometrybasic.com (o. J.) .............................................. 28 Abbildung 11: Punkte: Gekennzeichnete Lage der Wildäpfel nach OSM (2020) ................................. 30 Abbildung 12: Box-Plot-Grafik mit Darstellung von Mittelwert, Median, Minimum, Maximum, Q1 und Q3 zur Darstellung der Verteilung des BHD aller Wildäpfel .................................................................. 31 Abbildung 13: Box-Plot-Grafik mit Darstellung von Mittelwert, Median, Minimum, Maximum, Q1 und Q3 zur Darstellung der Verteilung der Höhen aller Wildäpfel .............................................................. 31 Abbildung 14: Box-Plot-Grafik mit Darstellung von Mittelwert, Median, Minimum, Maximum, Q1 und Q3 zum Vergleich der BHD von Bestand und Rand ............................................................................... 32 Abbildung 15: Box-Plot-Grafik mit Darstellung von Mittelwert, Median, Minimum, Maximum, Q1 und Q3 zum Vergleich der Höhen im Bestand und am Rand ....................................................................... 32 Abbildung 17: Verteilung der Durchmesserklassen .............................................................................. 33 Abbildung 16: Häufigkeitsverteilung der BHD-Klassen des Wildapfels ................................................. 33 Abbildung 18: Häufigkeitsverteilung der Höhen-Klassen des Wildapfels ............................................. 34 Abbildung 19: Anzahl der Vitalitätsklassen ........................................................................................... 35 Abbildung 20: Anzahl der Vitalitätsklassen im Bestand und am Rand .................................................. 35 Abbildung 21: Korrelation Vitalitätsklasse und Grundfläche ................................................................ 36 Abbildung 22: Anzahl der Pflegedringlichkeitsklassen .......................................................................... 37 Abbildung 23: Häufigkeit der Pflegedringlichkeitsklassen am Rand ..................................................... 37 Abbildung 24: Häufigkeit Pflegedringlichkeitsklassen im Bestand........................................................ 38 Abbildung 25: Verteilung des Kronenvolumens in Klassen ................................................................... 39 Abbildung 26: Korrelationsmatrix, grün: höchste Korrelation, rot: keine Korrelation ......................... 39 6
Abbildungsverzeichnis Abbildung 27: Korrelation BHD/Kronenvolumen, rot: lineare Trendlinie ............................................. 40 Abbildung 28: Verteilung der Verjüngung nach OSM (2020) ................................................................ 41 Abbildung 29: Relative Häufigkeit der Verjüngung ............................................................................... 41 Abbildung 30: Auf schräge Zapfen entfernen nach Spornberger (2013) .............................................. 50 Abbildung 31: Frostrisse und Behandlung nach Schmid (1992) ............................................................ 52 7
Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Aufnahmekriterien des Wildapfels ....................................................................................... 24 Tabelle 2: Vitalitätsklassen nach Roloff ( 2001), leicht verändert, übernommen von Hackl (2014) .... 26 Tabelle 3: Punktesystem zur Berechnung der Pflegedringlichkeit nach Hackl (2014) ......................... 27 Tabelle 4: Pflegedringlichkeitsstufen nach Hackl (2014)....................................................................... 27 Tabelle 5: Erziehungsschnitt nach Spornberger (2013) ........................................................................ 50 8
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis BHD Brusthöhendurchmesser BW Baden-Württemberg FFH Fauna-Flora-Habitatrichtlinie GIS Geo-Informations-System GPS Global Positioning System LWF Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft LBV Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. m Meter NN Normalnull NSG Naturschutz-Gebiet OSM Open Street Maps v. Chr. Vor Christus VJ Verjüngung Abkürzungen in Esri ArcMap BeFk Beerntungsfähigkeit Be/Wa Bestand/Waldrand Bo_De Boden Deckschicht Bo_Ha Boden Hauptschicht BsAu Basenausstattung BS1 Baumschicht 1 KrVl Kronenvolumen KS Krautschicht MS Moosschicht Nat_WaG natürliche Waldgesellschaft Pfl_H Pflegedringlichkeit nach Hackl (2014) SeitDr Seitendruck StaQ Stammqualität Soz_Stel soziale Stellung SS Strauchschicht ViKl_R Vitalitätsklasse nach Roloff (2001) 9
1 Einleitung 1 Einleitung Malus sylvestris ist eine Laubbaumart, welche eurasiatisch-submediterran verbreitet ist. Der Wildapfel (Malus sylvestris) zählt zu den seltensten einheimischen Baumarten (Aas, o. J.). Er ist in der Kategorie 3 der Roten Liste aufgezeigt (Aas, o. J.). Man findet ihn vor allem in lichten Laub- und Kiefernwäldern und in Auwäldern. Über Jahrtausende hinweg vermischte sich die autochthone Baumart mit dem in Mitteleuropa eingeführten Kulturapfel (Aas, o. J.), was eine Unterscheidung der Arten erschwert. Aber nicht nur der einfache Erhalt der Art, sondern auch deren Betrachtung als Lieferant für edles Holz, ihre Funktion im Artenschutz durch die Blüte und die Integration in der Waldästhetik (Rahm, 2005) sind Gründe, die in Vergessenheit geratene Baumart aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. 1.1 Ziele und Aufgabenstellung Da es nur wenige genetisch untersuchte Vorkommen des Wildapfels in Bayern gibt, ist es das Ziel dieser Bachelorarbeit, die gefährdete Baumart auf dem Gelände der Deutschen Bahn zu kartieren, die Verbreitung auf der Fläche mit Hilfe von GIS graphisch festzuhalten und schließlich einen Bewertungsbogen über Vitalität und Stabilität zu erstellen, um ein Pflegekonzept zu erarbeiten. Während dem Einmessen der GPS-Punkte der einzelnen Exemplare wird an 40 Bäumen eine Blattprobe entnommen. So kann später im Labor nachgewiesen werden, ob es sich bei den Bäumen tatsächlich um ein artreines Wildapfel-Vorkommen handelt. Eine Plakettierung der Bäume dient der Markierung und dem leichten Wiederfinden der Bäume ohne GPS-Gerät. So können die Auswirkungen einer Pflege über Jahre hinweg kontrolliert werden. Die Kartierung und Untersuchung des Wildapfels erfolgt in den Monaten März/April, da zu dieser Jahreszeit der Apfelbaum anfängt zu blühen und die Konkurrenzvegetation teilweise noch unbelaubt ist. Durch den Farbkontrast und die Apfelblüte wird die Suche erleichtert. Auf diese Weise wird der Wildapfel als konkurrenzschwache Baumart gepflegt und sein Fortbestehen gesichert. So kann in Zukunft wertvolles Saatgut vom Wildapfel auf diesem Gelände geerntet werden. 1.2 Steckbrief des Wildapfels Malus sylvestris ist eine einheimische Laubbaumart, welche der Familie der Rosengewächse (Rosaceen) angehört. Innerhalb der Rosaceen gehört sie zur Gruppe der Kernobstgewächse oder Apfelartigen (Subtribus Pyrinae, früher Unterfamilie Maloideae (Potter et. al., 2007)). Der Wildapfel bildet als Frucht einen Kernapfel, dessen pergamentartiges Fruchtgehäuse umgeben ist vom fleischfarbigen Blütenbecher (Aas, o. J.). Der sommergrüne Baum kann bis zu 10 Meter hoch werden. Er besitzt aufsteigende oder abstehende Äste mit nicht blühenden Seitentrieben, welche oft in Dornen enden (Pirc, 2015). Der Kronenausbau 10
1 Einleitung erfolgt meist rundlich (Albrecht, 2018). Die Blätter von der Baumart Malus sylvestris sind wechselständig, eiförmig, zugespitzt, 6-9 cm lang, stumpf dunkelgrün und zu Beginn der Vegetationsperiode oft behaart (Pirc, 2015). Sie sitzen an 1-2,5 cm langen Stielen, welche kahl oder spärlich behaart sind (Roloff, 2010). Die Blüten sind weiß und außen leicht rosa. Sie entwickeln sich in endständigen, wenigblütigen Doldentrauben und sind von April bis Mai geöffnet (Pirc, 2015). Für den Wildapfel wird ein längerer Blühzeitraum angegeben als für den Kultur-Apfel (Roloff, 2010). Die Äpfel des Wildapfels sind 2,5-3 cm große, gelbgrüne, säuerlich schmeckende Früchte (Pirc, 2015). Der Malus sylvestris ist auf Fremdbefruchtung angewiesen. Diese geschieht durch Fremdbestäubung vor allem durch Bienen und Hummeln (Albrecht, 2018). Sein heutiges Verbreitungsgebiet ist als Relikt einer früheren, wahrscheinlich weiteren Verbreitung aufzufassen. Das lässt sich aus Großresten des Wildapfels in neolithischen Ablagerungen z. B. in Pfahlbauten am Bodensee erschließen, da dort die Art heute fehlt (Türk, 1999). Die europaweite Verbreitung der Baumart lässt jedoch keine genaue Grenzziehung zu. Das liegt vor allem daran, dass es Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber dem weit verbreiteten Kulturapfel gibt (Türk, 1999). Aufgrund der Kulturgeschichte, welche ins Jahr 3000 v. Chr. zurückverfolgt werden kann und der daraus resultierenden Hybridisierung ist es fraglich, ob heute überhaupt noch echte Wildäpfel aufzufinden sind. Untersuchungen zeigten jedoch, dass auch der Hybridenkomplex durchaus den reinrassigen Wildapfel beinhalten kann (Rudolf, 2005). Erste Untersuchungen zeigen sogar, dass eine vollständige Vermischung zwischen Malus sylvestris und Malus x Domestica in der Vergangenheit nicht stattgefunden hat (Roloff, 2010). Auf Grundlage dieser genetischen Ergebnisse lässt sich eine lückenhafte europaweite Verbreitung der Baumart feststellen. Das Verbreitungsgebiet des Wildapfels reicht im Norden bis Großbritannien, Mittelnorwegen, Mittelschweden und von den Seen Ladoga und Onega bis zum Oberlauf der Wolga. Alle über 66° 12´ (im Sexagesimalsystem 66 Grad und 12 Minuten, Abbildung 1) nördliche Breite angegebenen Vorkommen können als Adventivbäume verzeichnet werden. Östlich folgt der Verlauf der Verbreitung der Wolga – die Kaspische Senke ausgeschlossen. Im Süden wächst der Malus sylvestris bis ans Mittelmeer, wobei die Azoren, Balearen und Kreta von ihm nicht besiedelt werden. Auf Sardinien ist sein natürliches Vorkommen nicht bewiesen und den südwestlichen Teil der Iberischen Halbinsel besiedelt er nicht mehr (Roloff, 2010). 11
1 Einleitung Abbildung 1: Weltweites Verbreitungsgebiet Malus sylvstris blau dargestellt nach EUFORGEN (2009) mit Grenze des natürlichen Vorkommens (orange) Die deutschland- und bayernweite Verbreitung zeigt ein lückenhaftes Vorkommen, welches durch ausgedehnte zusammenhängende Funde in den Hartholzauen des Oberrheins und an der mittleren Elbe zusammengehalten wird (Roloff, 2010). Alle anderen bisher registrierten Vorkommen sind kleiner (Roloff, 2010). In den Abbildungen 1-3 sieht man die Verbreitung der Baumart, welche bevorzugt auf frischen, nährstoff- und basenreichen, oft kalkfreien und meist tiefgründigen Lehm- und Steinböden wächst (Roloff, 2010). 12
1 Einleitung Abbildung 2: Deutschlandweite Verbreitung Malus sylvestris nach Floraweb.de (Schneider et al., 2013) Abbildung 3: Bayernweite Verbreitung des Malus sylvestris nach Bayernflora.de (2019) Malus sylvestris kommt in den Tieflangen und Höhenlagen bis 1.100 m in den Alpen vor (Pirc, 2015). Er gilt als Halbschattenbaumart, welche sich am besten auf sommerwarmen, planaren bis submontanen Lagen entwickelt (Roloff, 2010). 13
1 Einleitung 1.3 Das Untersuchungsgebiet Um die Verbreitung des Wildapfels auf dem untersuchten Gelände verstehen zu können, werden im Folgenden grundlegende Wuchsbedingungen wie die Lage des Untersuchungsgebietes, das Klima, die Geologie, die bodenkundliche Untersuchungen und die natürliche Waldgesellschaft erläutert. Anschließend wird die Geschichte des Wildapfels im Allacher Forst und die Nutzungsart des untersuchten Geländes dargestellt. 1.3.1 Lage Das Gebiet, in welchem die Kartierung vorgenommen wird, liegt in Bayern. Nördlich von München liegt der Bestand in Allach-Untermenzing im Natur- und Landschaftsschutzgebiet Allacher Lohe. Die Koordinaten 48°12'20.7"N Breitengrad und 11°28'18.2"E Längengrad befinden sich direkt auf der ca. 10 ha großen Fläche. Das Gebiet liegt direkt im Wuchsgebiet 13, schwäbisch-bayerische Schotterplatten und Altmoränenlandschaft; Wuchsbezirk 2, Münchner Schotterebene; Teilwuchsbezirk 2, nördliche Münchner Schotterebene (Walentowski, 2006). 1.3.2 Klima Der untersuchte Bestand befindet sich ca. 500 m über NN in der Schotterebene und gehört somit einer kollin submontanen bis submontanen Höhenstufe und einer subkontinentalen bis präalpiden Klimatönung an (Walentowski, 2006). In München liegt die Jahresdurchschnittstemperatur bei 13,0°C (Wachtel, 2020). Da sich die untersuchte Fläche etwas nördlich außerhalb der Stadt befindet, ist die Temperatur dort um ungefähr 1,5°C kälter. Jährlich fallen hier ca. 930 mm Niederschlag, was ein überwiegend humides Klima bedeutet. Lediglich die Monate September und Oktober fallen im Durchschnitt arid aus (Merkel, 1989- 2012). Der Wildapfel als eine Art, welche gerne frei steht und sonnige Lagen bevorzugt (Albrecht, 2018), kommt im Allacher Forst mit niedrigen jährlichen Niederschlägen und einem trockenen Boden gut zurecht, da die Baumart als Generalist gilt (Strauß, 1986). Auch die notwendigen Sonnenstunden begünstigen das Wachstum der lichtliebenden Baumart in einer der sonnigsten Regionen Deutschlands (Süddeutsche Zeitung, 2020). Durch den Klimawandel wird in den Jahren 2021 bis 2050 ganzjährig eine Temperaturerhöhung von ungefähr 2,4°C erwartet (Sebald, 2019). Dieser drastische Anstieg der Temperatur wird auch am Wildapfel nicht spurlos vorbeiziehen. Sogar die Kiefer, welche als trockentolerante Baumart gilt, kämpft bereits jetzt mit den Folgen des Klimawandels (Sebald, 2019). So wird nicht nur die Trockenheit 14
1 Einleitung ein Problem für viele Baumarten darstellen, auch Schädlinge können vermehrt bereits angeschlagene Exemplare befallen (Sebald, 2019). 1.3.3 Geologie Legende Schotter, würmzeitlich (Niederterrasse), Kies, sandig; in Nordbayern auch Sand Abbildung 4: Geologische Karte von Bayern (Bayerisches Landesamt für Umwelt, o. J.) und rot markiertes Aufnahmegebiet Die zu untersuchende Fläche befindet sich in der geologischen Haupteinheit: hochwürmzeitlicher Schmelzwasserschotter (Bayerisches Landesamt für Umwelt, o. J.). Durch einen Abfluss des Schmelzwassers bei Gletschern entstanden vor der Moräne große Ablagerungen von Sanden und Schotter (Grotzinger et. al, 2017). Das Bodenausgangsgestein ist auf der untersuchten Fläche Schotter, sowie Flussmergel, Hochflutlehm, Alm und anmoorige Bildungen, meist auf carbonatreichem Schotter sowie carbonatfreien Talsedimenten (Bayerisches Landesamt für Umwelt, 2011) . Die standörtliche Bodenkarte des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zeigt, dass der Boden vor allem aus jüngeren (holozänen und jungpleistozänen) Schottern besteht. Die flach- bis mittelgründigen Schotterverwitterungsböden in dem Gebiet setzen sich aus Parabraunerden und verbreitet Braunerde- Parabraunerde aus carbonatreichem würmzeitlichen hochglazialem Schotter mit flacher bis mittlerer Hochflutlehmüberdeckung zusammen (Bayerisches Landesamt für Umwelt, o. J.). 15
1 Einleitung Allgemein gilt der Wildapfel als Generalist. Seine Verbreitung ist durch die Anpassungsfähigkeit und Vielfalt der Sorten relativ groß (Strauß, 1986). Bevorzugt wächst er jedoch auf nährstoff- und basenreichen Böden, welche hier gegeben sind. Staunässe und sehr saure Böden gelten als ungünstige Faktoren für das Wachstum der Baumart (Roloff, 2010). Letzteres kommt im untersuchten Bestand allerdings nicht vor. Aus diesem Grund herrschen in dem Gebiet der Deutschen Bahn annähernd optimale Bedingungen für den Wuchs von Malus sylvestris. 1.3.4 Bodenkundliche Untersuchung Neben der Kartierung und dem Vermessen des Malus sylvestris wurde zusätzlich eine bodenkundliche Untersuchung im Allacher Forst durchgeführt. Diese geschah auf dem Gebiet der abgesuchten Kernzone (beschrieben unter: 2.2 Kartierung). Hierbei wird untersucht, welche Kennwerte des Bodens auf dem Gelände um den Rangierbahnhof vorkommen. Folgende Merkmale wurden untersucht: • Basenausstattung • Bodenart • Wasserhaushalt • Nutzbare Feldkapazität Die Merkmale konnten aus dem Basis-Viewer des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ebersberg entnommen werden und wurden durch Informationen aus dem Buch „Auf dem Kiesberg wächst ein Wald“ von Wolfgang Losert (1982) ergänzt. Das untersuchte Gebiet umfasst ca. 10 ha. 1.3.4.1 Basenausstattung Wie in Abbildung 5 zu erkennen, ist die Basenausstattung um das Gelände am Rangierbahnhof Typ 2 (basenreich) zuzuordnen. Die meisten Exemplare des Malus sylvestris gehören in der abgesuchten Kernzone jeweils der gleichen Basenausstattung, nämlich Typ 2, an. Ein kleiner Flächenanteil von nur 8 % der gesamten untersuchten Fläche ist sehr basenreich. Auf dieser Fläche von Typ 1+ wurden 3 Wildäpfel gefunden. Die Veränderung in der Basenausstattung wird durch eine künstlichen Böschung begründet, welche teilweise um den See in der Allacher Lohe angelegt wurde. 16
1 Einleitung Abbildung 5: Basenangebot um den Rangierbahnhof nach Basis-Viewer (o. J.) 1.3.4.2 Bodenarten Um die Bodenarten genauer zu untersuchen, wurden diese in Haupt- und Deckschicht eingeteilt und gesondert ausgewertet. Die Deckschicht ist hierbei die direkte Bodenschicht über der Hauptschicht. Bei der Auswertung des Bodens ist zu berücksichtigen, dass einige Exemplare aufgrund fehlender Bodeninformationen nicht zugeordnet werden konnten. Insgesamt befinden sich 0,96 Wildäpfel pro Hektar auf der Hauptschicht Lehm. Sogar ein Exemplar pro Hektar ist es bei der Hauptschicht lehmiger Sand und nur 0,5 Bäume pro Hektar gehören der Hauptbodenschicht sandiger Lehm an. Die höchste Anzahl der Wildäpfel wächst auf der Deckschicht Feinlehm. Hier sind es 1,5 Bäume pro Hektar, welche untersucht wurden. Die Schicht Lehm hat mit 0,96 Exemplaren pro Hektar die geringste Baumanzahl in der Deckschicht. Die Haupt- und Deckschicht Lehm bedeckt insgesamt 51 % der untersuchten Fläche. Somit ist Lehm die am häufigsten vorkommende Bodenart in der Haupt- und Deckschicht auf dem untersuchten Gebiet. Die Messungen zur Größe der Flächen fanden mit Hilfe der Application Map Plus statt. 17
1 Einleitung 1,2 1,13 1 1 0,96 Baumanzahl pro ha 0,8 0,6 0,5 0,4 0,2 0 Lehm ohne Zuordnung lehmiger Sand sandiger Lehm Abbildung 6: Wildapfelanzahl pro Hektar, Hauptschicht 1,6 1,5 1,4 1,2 1,12 1,11 Baumanzahl pro ha 0,96 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 Lehm ohne Zuordnung Feinlehm milder Ton Abbildung 7: Wildapfelanzahl pro Hektar, Deckschicht 1.3.4.3 Wasserhaushalt Wolfgang Losert beschreibt die Wasserhaltefähigkeit auf dem Rangierbahnhofgelände in seinem Buch „Auf dem Kiesberg wächst ein Wald“ als gering. Das liegt vor allem am sandigen und feinteilarmen Kies auf dem Gelände. Durch das grobporige Substrat wird eine kapillare Wassernachlieferung verhindert. So kommt es an der Bodenoberfläche auf Freiflächen, welche vom licht- und wärmeliebenden Wildapfel gerne bewachsen werden, zu extremer Hitze, weil keine Verdunstungskanäle die Oberfläche durchziehen. Große Temperaturunterschiede zwischen den Tageszeiten sind die Folge. Allein die organische Auflage und deren langsame Vermischung mit dem Kies ermöglichen eine mäßige Wasserkapazität. Allerdings ist durch den hohen Skelettanteil das Wasser im Boden ungebunden und 18
1 Einleitung verfügbar. Bäume mit ansatzweiser weit- und tiefreichender Bewurzelung haben unter Berücksichtigung des Niederschlagsmaximums in der Vegetationsperiode (Losert, 1982) „kaum eine ernsthaft erschwerte Wasserversorgung“ (Losert, 1982) auf dem Gelände um den Rangierbahnhof. 1.3.4.4 Mittlere nutzbare Feldkapazität Die nutzbare Feldkapazität gibt an, wie viel pflanzenverfügbares Wasser von den Wurzeln zurückgehalten werden kann, also für die Pflanzen nutzbar ist. Das Mittelporenvolumen der jeweiligen Bodenart bestimmt die nutzbare Feldkapazität mit. Da es sich bei der Bodenart um den Rangierbahnhof hauptsächlich um Lehm handelt, weist die gesamte Fläche eine ungefähr gleiche Feldkapazität auf. Nach einer Recherche auf proplanta.de (proplanta.de, 2020) ist eine nutzbare Feldkapazität von 50-80 % im Großraum um München herum zu verzeichnen. Das entspricht einer mittleren nutzbaren Feldkapazität. Diese Verfügbarkeit des Wassers ist in Deutschland keine Besonderheit. 1.3.5 Natürliche Waldgesellschaft Die natürliche Baumartenzusammensetzung in diesem Gebiet liegt bei Eiche bzw. bei Hainbuche und Buche bei einem hohen Basenangebot und einer subkontinental bis präalpiden Klimatönung. Die natürliche Waldgesellschaft ist ein Waldlabkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Galio sylvatici-Carpinetum) (Walentowski, 2006). Durch die verminderte Konkurrenzkraft der Buche schaffen es immer wieder lichtbedürftige Baumarten wie die Eiche (Walentowski, 2006) oder der Wildapfel an die Herrschaft. Die vorkommende waldunspezifische Vegetation wächst unter anderem auf den Teillebensräumen Kiesdämmen, Böschungen, Trichtern (Losert, 1982) und Grashaide (Losert, 1982). Auf südexponierten Böschungen kommen beispielsweise der Wiesensalbei (Salvia pratensis) und Wiesenknautie (Knautia arvensis) vor (Losert, 1982). Auf der Grashaide am Gelände um den Rangierbahnhof wächst die Charakterart Aufrechte Trespe (Bromus erectus) und Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum) (Losert, 1982). 1.3.6 Eigentümer Eigentümer der untersuchten Fläche ist zum größten Teil die Deutsche Bahn AG. Die Bestände werden vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ebersberg und dem LBV betreut. Kleine Teile des untersuchten Geländes gehören den Bayerischen Staatsforsten, der Autobahndirektion und Privatpersonen. 1.3.7 Nutzungsart vom 16. Jahrhundert bis heute Vom Ende des 16. Jahrhunderts bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das untersuchte Gelände als Mittelwald bewirtschaftet (Nazet, 2004). Eichen-Überhälter in der Oberschicht des Bestandes weisen 19
1 Einleitung auch heute noch darauf hin, dass es sich bei dem zu untersuchenden Gebiet um einen ursprünglichen Mittelwald handelt. Der aus der Bewirtschaftung eines Mittelwaldes resultierende Stockausschlag entwickelte sich aus einer 10-40-jährigen Umtriebszeit im Unter- und Zwischenstand. Hierbei wurde ursprünglich das geerntete Holz als Brennholz verwendet. Im Gegensatz dazu verwendetet man die obere Baumschicht als Bau- und Werkholz und für die Mast der Waldweide. So entwickelte sich ein zweischichtiges Waldbild mit gleichaltrigem Stockausschlag bei den Baumarten Hainbuche und Stieleiche und ungleichalten Kernwüchsen, den Eichen-Überhältern (Rohnstein, 2005). Ab dem 18. Jahrhundert wurden im Allacher Forst oft Fichtenbestände begründet, da der Boden aufgrund von Streunutzung und Waldweide ausgelaugt war. Laubholzbestände hatten auf diesem Standort nur noch geringe Zuwächse. Erst ca. 1850 konnten erneut Eichen- und Edellaubholzbestände begründet werden, da eine Übernutzung des Bodens unterlassen wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurde eine Hochwaldbewirtschaftung betrieben. Laubholzbestände wurden mit Hilfe von Reinigungshieben zu Gunsten der Laubholzverjüngung gefördert (Eckhardt, 1999). Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden durch Brennholzeinschlag und Stammholzentnahme ohne Konzepte wieder mittelwaldähnliche Strukturen geschaffen. Stockausschlag war das Ergebnis aus der hohen Entnahmemenge und den daraus resultierenden guten Lichtverhältnissen (Rohnstein, 2005). Bis heute sind diese Strukturen aufgrund unterlassener Pflegeeingriffe erkennbar. Lediglich die Pflege von vereinzelten, bereits untersuchten Wildäpfeln, stellt einen Eingriff in den Bestand mit lohwaldähnlichem Charakter dar. Die Eichen-Hainbuchenwälder in den untersuchten Beständen bilden heutzutage den Repräsentanz-Schwerpunkt dieses Lebensraumtyps im gesamten Naturraum Münchener Ebene (Janker et al., o. J.) . Dieser bietet der Baumart Malus sylvestris optimale Lichtverhältnisse, welche sich durch das ehemalige Bewirtschaften als Mittelwald entwickelten. Als wirtschaftliche Komponente ist dieser Bestand aufgrund des Stockausschlags folglich weniger wertvoll (Beinhofer, 2010). Für den Wildapfel allerdings, welcher meist einzeln oder in kleinen Gruppen wächst, bilden lichte eichenreiche Laub- und Kiefernwälder auf frischen, nährstoff- und basenreichen Lehm- und Steinböden ideale Wuchsbedingungen (Kutzelnigg, 1995). Lichtökologische und morphologische Untersuchungen bestätigen die These, dass es bei Malus sylvestris einen strengen Zusammenhang zwischen Blütenbildung und Strahlungsgenuss gibt. Eine konsequente Freistellung der Exemplare fördert demnach eine Blütenbildung (Wagner, 2011). Der Allacher Forst wurde als FFH- und Naturschutzgebiet ausgeschrieben, um seltene Arten zu fördern. Durch das breite Blüten- und Fruchtangebot des Wildapfels lockt der Baum außerdem viele Phytophagen an, welche nicht nur den vegetativen Teil des Baumes fressen, sondern auch dessen generative Organe als Nahrungsquelle nutzen. Untersuchungen der LWF zeigen, dass Malus sylvestris im Vergleich mit Nadel- und anderen Laubhölzern eine hohe Anzahl an Phytophagen aufweist (Mody, 20
1 Einleitung o. J.). Auch aus diesem Grund spielt diese Baumart eine große Rolle in der Erhaltung der Artenvielfalt im FFH- und Naturschutzgebiet Allacher Forst. Die untersuchte Fläche ist jedoch heutzutage nicht komplett bewaldet. Unbewaldete Strukturen auf den Flächen des Rangierbahnhofs sind so genannte Heideflächen. Dort sind heckenartige Strukturen mit guten Lichtverhältnissen vorzufinden, welche das Wachstum des Wildapfels fördern. Die heutige Nutzung der Heideflächen im Allacher Forst ist gekennzeichnet durch den Artenschutz. Ziel ist der Erhalt der früher im Münchner Norden weit verbreiteten Grasheiden, auf welchen Magerrasen wächst. Hier finden Biotoppflegemaßnahmen statt, die diese Vegetationsstruktur und darin lebende Tier- und Pflanzenarten mit besonderen Standortanforderungen fördern sollen. Diese Maßnahmen werden nicht von der Deutschen Bahn, sondern im Rahmen eines Förderprojektes der Landeshauptstadt München finanziert. Fördergeber hierfür ist das Referat für Gesundheit und Umwelt. In diesem Rahmen wird zweimal jährlich eine Mahd durchgeführt, alle zwei Jahre Altgras ausgerecht, regelmäßig Gebüschränder aufgelichtet und partiell Neophyten wie Indisches Springkraut oder Kanadische/Späte Goldrute entfernt. Als Ergebnis entstehen daraus Flächen, welchen gezielt Nährstoffe entzogen werden, um die Heidevegetation zu fördern. Auch das Ausdünnen der Heckenstrukturen dient dem Erhalt der lichten Verhältnisse (Spannraft, 12.03.20). Gemeinsam mit dem Wald gehören diese Heideflächen zum NSG Allacher Lohe, auch FFH-Gebiet (Janker et al., o. J.). 1.3.8 Geschichte des Wildapfels im Allacher Forst Eine Darstellung des Vorkommens vom Wildapfel im Allacher Forst auf floramuenchen.recorder-d.de (2017) zeigt, dass bereits 1984 einige Exemplare auf dem Gelände um den Rangierbahnhof festgestellt wurden. Nach einem Gespräch mit Herrn Dr. Heinz Sedlmeier, Geschäftsführung/Leitung der Geschäftsstelle München des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern e. V., stellte sich heraus, dass Herr Schwab 2015 bei Kartierarbeiten für den LBV durch einen Passanten auf das Vorkommen aufmerksam gemacht wurde. So wurde die seltene einheimische Baumart (Aas, o. J.) wieder in Erinnerung gerufen. Auf dieser Grundlage wurden fünf Bäume mit Hilfe von entnommenen Proben gentechnisch überprüft. Es stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um gefundene Exemplare des Malus sylvestris handelt. Einer Recherche auf floramuenchen.recorder-d.de zeigte, dass das Gebiet um den Rangierbahnhof im Allacher Forst bereits kartierte Wildapfelvorkommen aufweist. Im Münchner Raum ist dieses Vorkommen sogar das größte aufgezeichnete Vorkommen. Wie in der Legende zu sehen, wurden hier bereits im Jahr 1984 Proben genetisch verifiziert. Diese Belege wurden mit Hilfe einer Herbarbelegnummer, einer Belegnummer in der botanischen Staatssammlung gespeichert und sind auf dieser Website mit dem Namen des Finders und dem zugehörigen Jahr einsehbar. 21
2 Material und Methoden Abbildung 8: Malus sylvestris im Münchner Raum nach floramuenchen.recorder-d.de (2017) Um sicherzustellen, dass es sich bei allen Apfelbäumen auf dem Gelände um den Wildapfel handelt, werden nun alle Bäume kartiert und insgesamt 40 Blattproben von 40 Bäumen entnommen und genetisch untersucht (genauer unter Punkt 2.5.5). 2 Material und Methoden Ziel der Kartierung ist die Aufnahme umfassender Baumparameter für jedes Exemplar. Durch die statistische Auswertung der Parameter lässt sich schlussendlich eine Aussage über die Pflegedringlichkeit, die Vitalität und die laufende Verjüngung von Malus sylvestris auf dem Gelände um den Rangierbahnhof treffen. 2.1 Datenrecherche Vor der Kartierung der Exemplare wurde ein Fragebogen nach dem Vorbild von Hackl (2014) erstellt. Dieser geht auf die Pflegedringlichkeit und Vitalität des Baumes an Ort und Stelle ein. Eine Datenrecherche über floramuenchen.recorder-d.de (2017) zeigte schon vor den ersten Aufnahmen vor Ort, dass bereits einige Exemplare von Malus sylvestris im Allacher Forst kartiert wurden. Bevor der Bestand abgesucht wurde, erfolgte zusätzlich die Befragung von Experten und Gebietskennern, also Personen, welche bereits Standorte von Malus sylvestris in der Nähe des Rangierbahnhofs kennen. Dieses Wissen wurde genutzt, um Wildapfelvorkommen gezielt aufsuchen zu können. Die tatsächliche Datengewinnung erfolgte vor Ort beim Absuchen der Flächen der Deutschen Bahn am Rangierbahnhof. Hier wurde nicht nur die Fläche nach der Baumart systematisch durchsucht, sondern 22
2 Material und Methoden jedes gefundene Exemplar wurde umfassenden Parametern zugeordnet. Dabei wurde das gesamte Gelände in eine Kern- und Nebenzone eingeteilt und in der Kernzone mit Hilfe eines Tracklockers abgesucht (Beschreibung des Systems unter 3.1). So kann zurückverfolgt werden, wo im Gelände bereits gesucht wurde. Da die Nebenzone nur grob untersucht wurde, wurde dort kein Tracklocker verwendet. 2.2 Kartierung ± 0 0,25 0,5 1 Kilometer Abbildung 9: Rot umrandet: Kernzone des abgesuchten Gebietes, orange umrandet: Flurstücksgrenzen nach OSM (2020) Die Georeferenzierung der Wildäpfel wird mit Hilfe des GPS-Geräts Nautitz X8 vorgenommen. Wenn Schwankungen im GPS-Signal auftreten, wird so lange an Ort und Stelle gewartet, bis ein kontinuierliches Signal auf das Gerät trifft. An den Stellen, wo trotz Wartens kein Signal empfangen wird, weil der Kronenbereich zu dicht steht, wird minimalst ausgewichen bis ein dauerhaftes Signal empfangen wird, um so genau wie möglich arbeiten zu können. Eingemessen wird in diesem Fall mit Hilfe eines Einmessprotokolls. Darin wird in Schrittmaß, in Metern, verzeichnet, wie weit und in welche Himmelsrichtung entfernt der eigentliche Standort des Wildapfels ist. Aufgenommen werden alle Exemplare von Malus sylvestris mit einer Mindesthöhe von 1 m. Lediglich Verjüngung im Umkreis von 5 m von einem Exemplar über 1 m wird nicht gesondert aufgenommen, sondern wird bei diesem unter dem Parameter „Verjüngung“ in der Excel-Tabelle aufgeführt. 23
2 Material und Methoden Im Umkreis von 5 m wird um jeden kartierten Wildapfel untersucht, ob sich bereits Verjüngung der Baumart etabliert hat. Falls Verjüngung vorhanden ist, wird deren Stückzahl, Dichte und Zustand erhoben. Parameter für den Zustand sind Schäden an der Pflanze. Abgesucht wird die gesamte Kernzone des Rangierbahnhofs. In Nachbarbeständen wird grob in den umliegenden 1-2 ha gesucht und mit Hilfe von Experten gezielt verzeichnet. So können auch Nachbarn auf das Vorkommen der Baumart hingewiesen werden und dieses bei Bedarf fördern. Erfasst werden die in Tabelle 1 dargestellten Merkmale. Tabelle 1: Aufnahmekriterien des Wildapfels Lage der Bäume, Bestimmung der Brusthöhendurchmesser [cm] Höhe [m] mittels Vertex, Position [Latitude/Longitude] in 1,3 m Höhe mittels Kluppe mindestens 1 m mittels GPS-Gerät (Nautitz X8) 2 x gemessen, anschließend Wert gemittelt Seitendruck, [keiner/leicht Beerntungsfähigkeit, [Blüte/ keine Vitalität [in Klassen] nach bedrängt/stark bedrängt] Blüte] Rolof (2001) Stammform Radius [m] der Baumkrone in alle Exposition und Hangneigung [Qualität] vier Himmelrichtungen mittels [in % und Himmelsrichtung] Maßband, daraus wird das mittels Kompass Baumkronenvolumen [m³] errechnet Lage des Wildapfels Begleitbaumarten Oberschicht Schäden [Bestand oder Waldrand] (Umkreis 7 m), Baumart, Deckung [Art des Schadens] [%] nach Braun-Blanqet und soziale Stellung sind die Parameter hierfür Begleitbaumarten Unterschicht Verjüngung [ja/nein], falls ja, Beschirmung [Krone frei, leicht (Umkreis 7m), Baumart, Deckung [Samen oder Wurzelbrut; überschirmt, stark überschirmt] [%] nach Braun-Blanqet und üppige oder spärliche Verjüngung] soziale Stellung 2.3 Dauerhafte Markierung Um die kartierten Wildäpfel in Zukunft ohne GPS-Gerät auf der Fläche finden zu können, wurden verschiedene Markierungsmöglichkeiten bedacht. Diese sollen helfen, den Baum schnell und einfach wiederaufzufinden. Die einfachste und kostengünstigste Methode wäre es, jeden Baum mit einem farbigen Band oder mit Hilfe einer Sprühdose zu kennzeichnen. Auf diese Weise wäre aber die Farbmarkierung mit der Zeit verwittert und ein Auffinden der Bäume ohne GPS-Gerät unmöglich. Außerdem fungiert der Allacher Forst als Erholungsgebiet für viele Anwohner in und um München herum. Farblich markierte Bäume 24
2 Material und Methoden würden zu einer Missgunst der erholungssuchenden Bevölkerung gegenüber der Forstwirtschaft führen, da markierte Bäume häufig mit lauten Maschinen bei der Holzernte assoziiert werden. Eine farblich auffällige Markierung stört zusätzlich das Waldbild. Magnete zu vergraben und später mit einem Metalldetektor zu suchen, wäre eine andere Option, welche allerdings aufgrund des Aufwands beim Finden der Plättchen verworfen wurde. Die einzig gut sichtbare und kostengünstige Lösung einer dauerhaften Markierung ist es, jeden Wildapfel mit einer nummerierten Metallplakettierung vorzusehen. Diese wird mit Hilfe eines Nagels am Stamm angebracht. Um den Stamm möglichst wenig zu verletzen, wurden kurze, dünne Nägel ausgewählt und nur so weit in den Stamm eingeschlagen, dass die Plakettierung hält. Das Anbringen der Plaketten erfolgt auf der wegabgewandten Seite, um möglichst wenig Aufsehen bei den Spaziergängern und Erholungssuchenden im Allacher Forst zu erwecken. Diese Art der Markierung erfolgte gleichzeitig beim Einmessen der Bäume mit einem GPS-Gerät. Mit ihrer Hilfe können einzelne Exemplare nach Betrachten der Verbreitungskarte gezielt gefunden werden. Zusätzlich dient sie dem Unterscheiden von Bäumen. Nur mit Hilfe der Plaketten können sie differenziert betrachtet werden, da die GPS-Einmessung meist nur auf 3-5 m genau erfolgt. Teilweise stehen die Wildäpfel jedoch dichter beieinander. Aus diesem Grund ist eine dauerhafte Markierung vor Ort essenziell, um Exemplare unterscheiden zu können. Die Bereitstellung und Finanzierung der Zahlenplättchen erfolgte durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ebersberg. 2.4 Datenbank Einzelne Exemplare des Malus sylvestris wurden auf dem GPS-Gerät mit der Software Microsoft Windows Embedded Handheld 6.5.3 Pro und dem Geoinformations-System ArcMap georeferenziert. Um mit dem Programm eine Karte vom Gelände abrufen zu können, wurde zuerst am Computer die direkt verfügbare Grundkarte des Dienstes Open Street Map als TIFF-Datei mit Geo-Tracklocks exportiert. Um eine Kernzone der Suche nach dem Wildapfel einzurichten, wurden Layer mit Grundstücksgrenzen verwendet. Diese stellte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ebersberg, zur Verfügung. Zur Darstellung der kartierten Wildäpfel auf einer Karte wird kein Orthofoto verwendet, weil aufgrund der dichten Vegetation im Bestand einzelne Wege nicht mehr erkennbar wären und diese einer Orientierung im Bestand vor Ort dienen. Alle Parameter der Bäume wurden auf Excel 2013 eingegeben. Um diese Datei mit den GPS-Punkten auf GIS abrufen zu können, wurden die Parameter in eine shp.-Datei umgewandelt und dann verknüpft. Mit Hilfe von Basis-Viewer Layern konnten die Geobasisdaten zur Analyse der Standorteigenschaften ausgewertet werden. Diese Layer, welche über das georeferenzierte Vorkommen auf dem 25
2 Material und Methoden untersuchten Gelände gelegt werden, zeigen standörtliche Eigenschaften auf dem Gebiet um den Rangierbahnhof an. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ebersberg stellte die Layer zur Verfügung. 2.5 Datenauswertung 2.5.1 Dimensionierung Wildapfel Um das Wildapfelvorkommen im Allacher Forst genauer beschreiben zu können, wurde die Verteilung der gemessenen Brusthöhendurchmesser und den Baumhöhen als Boxplot dargestellt. Eine solche Grafik zeigt den maximalen und minimalen Wert einer Datenreihe an. Zusätzlich wurden Varianz und Standardabweichung als Streuungsparameter für den Mittelwert angegeben. Außerdem wurde der Median (Zentralwert), Q1 (25%-Quantil) und Q3 (75%-Quantil) - Wert in der Grafik dargestellt. So kann das Lagemaß der Verteilung der Werte veranschaulicht werden. 2.5.2. Vitalität Die Vitalität des Wildapfels wurde im Gelände in der Umgebung um den Rangierbahnhof mit Hilfe einer Tabelle ausgewertet und als Parameter aufgenommen. Sie dient der Einschätzung des Gesundheitszustandes des Baumes und zusätzlich einer Anzeige der Pflegedringlichkeit (beschrieben unter Punkt 2.5.3). Tabelle 2: Vitalitätsklassen nach Roloff ( 2001), leicht verändert, übernommen von Hackl (2014) 26
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