BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...

Die Seite wird erstellt Christina Schulte
 
WEITER LESEN
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
Begleitmaterial zur Vorstellung

BAMBI
EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE

                                                                        © Franzi Kreis

Dschungel Wien
Schauspiel | 80 Min. | 6 – 10 Jahre

Begleitinformationen erstellt von: Marianne Huber, Lisa Alina Murauer

Kartenreservierungen für pädagogische Institutionen:
+43 1 522 07 20 18 | paedagogik@dschungelwien.at
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
KULTURVERMITTLUNG
Vorbereitender Workshop
Auf Anfrage kommen wir gerne vor Ihrem Theaterbesuch an Ihre Schule, stimmen die Klasse
auf das Thema ein und bereiten Sie und Ihre Schüler*innen auf das Medium
„zeitgenössisches Theater“ vor – mit Gesprächen und kreativen Übungen aus dem Tanz-,
Performance- und Schauspielbereich.

Dauer: 2 Schulstunden
Kosten: € 130,00 pro Klasse
Ort: Fest- oder Turnsaal an Ihrer Schule, ev. auch in einem größeren Klassenzimmer möglich.

Publikumsgespräch
Gerne nehmen wir uns direkt nach der Vorstellung Zeit für einen moderierten Austausch. Es
gibt passend zu Inhalt und Zielgruppe verschiedene Gesprächs-Formate, teilweise mit
interaktiven Elementen. Die Kinder und Jugendlichen haben die Möglichkeit, relevante
Themen des Stückes zu besprechen, Fragen zu stellen und ihren ersten Eindrücken Ausdruck
zu verleihen.

Bitte geben Sie bei der Reservierung bekannt, ob Sie ein kostenloses Publikumsgespräch
wünschen.

Nachbereitender Workshop
Vor allem bei theatererfahrenen Klassen kann es sinnvoll sein, statt des vorbereitenden
Workshops eine Nachbereitung zu buchen. Hier verarbeiten die Schüler*innen das gesehene
Stück in Gesprächen und durch eigenes kreatives Schaffen.

Dauer: 2 Schulstunden
Kosten: € 130,00 pro Klasse
Ort: Fest- oder Turnsaal an ihrer Schule, ev. auch in einem größeren Klassenzimmer möglich.

Ansprechperson für weitere Information und Beratung:
Judit Abegg | +43 1 522 07 20-24
j.abegg@dschungelwien.at

                                            II
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
Inhaltsverzeichnis
1. ZUR PRODUKTION                                1
 1.1   Inhalt                                     2
 1.2   Idee/Konzept                               5
 1.3   Zum Entstehungs- und Probenprozess         6
 1.4   Textauszüge                                8
 1.5   Das Team                                  12
 1.6   Im Gespräch mit Cornelius Edlefsen        16

2. HINTERGRUNDINFORMATIONEN UND WEITERFÜHRENDE
   EMPFEHLUNGEN                                  18

3. IDEEN FÜR DIE VOR- UND/ODER NACHBEREITUNG     20

                                   III
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
1. Zur Produktion

BAMBI
Dschungel Wien–Theaterhaus für junges Publikum

Uraufführung
Schauspiel | 80 Min. | Ab 6 Jahren

Vorstellungstermine* im Dschungel Wien:
* abgesagt aufgrund der Covid-19-Maßnahmen

DI      08.12.20     16.00                       SO     27.12.20       16.00
MI      09.12.20     10.00 + 14.30               MO     28.12.20       16.00
DO      10.12.20     10.00 + 15.00               DI     29.12.20       16.00
FR      11.12.20     10.00 + 14.30               MI     30.12.20       16.00
SA      12.12.20     15.00                       DO     31.12.20       16.00
SO      13.12.20     16.00
MO      14.12.20     10.00                       SA     02.01.21       16.00
                                                 SO     03.01.21       16.00
SO      20.12.20     16.00                       MO     04.01.21       16.00
MO      21.12.20     10.30                       DI     05.01.21       16.00
DI      22.12.20     10.30                       MI     06.01.21       16.00
MI      23.12.20     10.30
DO      24.12.20     11.00 + 14.30

Team:

Nach dem Roman von Felix Salten
in einer Fassung von Cornelius Edlefsen

Regie: Cornelius Edlefsen
Bühne, Licht: Hannes Röbisch
Ausstattung: Caroline Wiltschek
Kostüm: Almasa Jerlagić
Musik: Annemarie Schagerl
Video: Wolfgang Pielmeier
Regieassistenz: Marianne Huber
Regiehospitanz: Lisa Alina Murauer
Kostümbildassistenz: Nina Gadermaier

Es spielen: Clara Diemling, Christoph Radakovits, Richard Schmetterer, Maren Streich

                                             1
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
1.1 Inhalt

In der ersten Szene liegt Bambi, ein gerade auf die Welt gekommenes Rehkitz, auf dem
Waldboden, um es herum rascheln die Blätter, und die Tiere des Waldes gehen ihren
Tagesabläufen nach. Es ist Frühling, jedes Lebewesen, jedes Blatt atmet die Luft des
Neubeginns, die ersten Sonnenstrahlen wärmen den Boden, in den noch die Kälte des
Winters eingeschrieben ist. Lange hatte der Schnee alles unter sich begraben, nun sprießen
die ersten Wildblumen, das Grün des Grases nimmt eine immer dunklere Tönung an. Auf
zwei Ästen über Bambi sitzen die Krähe und die Drossel in ihren Nestern und blicken
argwöhnisch auf das gerade geborene Kitz hinab.

Bambi versucht mühsam zum Stehen zu kommen, während die zwei Vögel amüsiert die
hilflosen Versuche des jungen Rehs kommentieren. Nach einiger Zeit gelingt es dem jungen
Reh, sich stolz aufzurichten, doch das laute Gezeter der Vögel erschrickt es und bringt es
erneut zu Fall.

Krähe und Drossel verschwinden und aus dem Dunkel des Waldes tritt eine alte Eule hervor,
die sich Bambi lautlos nähert. Die Eule stellt Bambi zwei Rätsel auf und verschwindet nach
kurzer Zeit wieder. Sie wird im Laufe des Stückes eine Art Mentor-Rolle in Bambis Leben
einnehmen.

                                                                                             © Rainer Berson

In der zweiten Szene tritt anschließend Bambis Mutter auf und Bambi geht mit ihr in
Richtung der Wiese auf der Lichtung. Am Weg dorthin lernt das kleine Reh so einiges, indem
es seine Mutter über das Leben im Wald und die Tierwelt ausfragt. Ein Iltis, der eine Maus
getötet hat und zwei zankende Häher, die sich wegen des Essens streiten, begegnen ihnen
inmitten des Waldes, der doch nicht nur idyllisch und friedlich zu sein scheint.

                                           2
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
In der dritten Szene kommen Bambi und seine Mutter auf der Wiese an. Bambis Mutter
warnt Bambi eindringlich vor den Gefahren, die da draußen lauern, denn auf der Wiese muss
man sich besonders vor den Jäger*innen in Acht nehmen. Doch sobald das junge Reh auf die
Wiese hüpft, hat es mit einem Mal alle Sorgen und Ängste vergessen.

Die Wiese erwacht zum Leben. Ein Schmetterling fliegt umher und verschwindet. Eine Taube
stolziert am Rande der Wiese und gurrt. Auf einmal schaut ein Hase aus dem Dickicht hervor,
sobald Bambi aber bei ihm ist, ist er auch wieder verschwunden. Die Wiese wird von Bambi
erobert, jeder Winkel wird untersucht, jedes Tier genau unter die Lupe genommen. Wieder
guckt der Hase hervor – oh es sind zwei – und es entspinnt sich ein Spiel zwischen den
Tieren. Die Hasenkinder Emil und Emilia werden Bambis erste Freund*innen.

                                                                                              © Rainer Berson

In der sechsten Szene des Stückes wird es Sommer und Bambi lernt die Rehgeschwister
Faline und Gobo kennen. Besonders Faline und ihr selbstbewusstes Auftreten wecken
Bambis Interesse... Gemeinsam mit Emil und Emilia verbringt die Freundesgruppe Zeit auf
der Wiese.
Die Kinder spielen, plaudern und diskutieren über „Ihn“ – der Mensch –, ein gefährliches,
mysteriöses Wesen, das außerhalb des Waldes wohnt. Ist „Er“ von Grund auf böse oder wird
eines Tages Versöhnung möglich sein?

Die Zeit vergeht, der Herbst und der Winter rücken näher. Bambi lernt wittern, erkundet,
wächst. Bambi und Faline nähern sich an und lernen sich besser kennen. Mit Faline sieht
Bambi „Ihn“ zum ersten Mal aus der Ferne. Bambi bemerkt, dass „Er“ bunter und vielseitiger
ist als gedacht.

Durch die Weise Jade/die alte Eule lernt Bambi, dass nicht alle Tiere inmitten des Waldes
leben, dass es auch andere, alternative Wege einzuschlagen gibt. Bambi erfährt, dass es
einen Vater hat, der im Wald lebt, aber nur zu bestimmten Zeiten auf Besuch kommt, wie es

                                           3
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
das Regelwerk des Waldes besagt. Bambi lernt in Gesprächen mit der Eule, seiner Mutter
und Faline, eben diese uralten Regeln des Waldes zu hinterfragen, lernt, dass „seit jeher“
manchmal auch einfach geändert gehört. Bambi lernt seine eigenen Straßen zu gehen, seine
eigenen Entscheidungen zu treffen. Und schließlich lernt Bambi den kalten, grausamen
Winter und seine Gefahren kennen…

Mit der dreizehnten Szene kommt der Winter, und mit dem Winter kommt das Elend, die
Furcht, der Verlust. In einer Treibjagd verliert Bambi seine Mutter, und auch die Drossel
kommt durch einen Schuss zu Tode. Bambi streift niedergeschlagen, doch aufmerksam,
scharfsinnig durch die Wälder, immer noch auf der Suche nach seinem Platz in der Welt.

Bambi ist ein Stück weit erwachsen geworden. Es hat gelernt, dass es fühlen, denken, sagen
möchte, was es möchte, dass es springen will, weil und wann es möchte. Zum Schluss des
Stückes kommt der Frühling wieder und mit dem Frühling die Leichtigkeit und
Frühlingsgefühle. Gobo, Faline, Emil, Emilia und Bambi sind älter geworden, mutiger, weiser
- und vielleicht ein bisschen verliebt. Sie leben gerne in ihrem schönen Wald, wenngleich
dieser neben Abenteuern und Spaß auch so manche Gefahren in sich birgt…

                                                                            © Rainer Berson

                                           4
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
1.2 Idee/Konzept

Bambi – Sind wir nicht alle ein bisschen Bambi?

Bambi, das ist vor allem eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Ein Kind kommt auf die
Welt und mithilfe seiner Eltern und Freund*innen erlebt es diesen unglaublichen,
komplizierten, verwirrenden, sehnsüchtigen, abenteuerlichen und fröhlichen Kosmos Welt.
Es wächst heran, es lernt, es beginnt Zusammenhänge zu verstehen, es fragt nach, wenn
etwas unklar ist. Traurige und glückliche Momente begleiten es, es trifft eigene
Entscheidungen und wird schließlich selbst erwachsen, vielleicht selbst ein Elternteil, das
seinen Kindern beim Heranwachsen zusieht.

Doch Bambi ist viel mehr als das. Bambi ist auch ernst, streckenweise düster, es zeigt die
Rohheit der Natur weitaus realistischer als z.B. der Disney-Film das schafft (obwohl dieser
auch zu den düstersten und traurigsten Zeichentrickfilmen des Studios zählt und vermutlich
viele Erwachsene heute noch eine Träne verdrücken müssen, wenn sie an die erschossene
Mutter Bambis denken).

Die im Dschungel Wien gezeigte Fassung versucht den Spagat zwischen diesen beiden Polen:
Ohne die Ernsthaftigkeit zu verlieren, wird Bambi hier etwas anarchischer, wilder auftreten
als man dies vielleicht erwarten würde. Bambi und seine Freund*innen sind mutige
Entdecker*innen, der Wald ist ihr Spielplatz, ihre Welt, die sie mitgestalten wollen! Auch
philosophische Fragen werden formuliert und sollen zum Nachdenken und Nachbesprechen
anregen. Die Rohheit der Vorlage wird für ein Publikum ab 6 Jahren abgeschwächt, dabei
wird der Wald trotzdem als Ort mit eigenen, animalischen Gesetzen dargestellt. Das Bambi
des Dschungel Wiens hinterfragt die Regeln und Gesetze, das „Seit Jeher“ des Waldes. Es soll
die Kinder mitnehmen auf seine Reise, sie teilhaben lassen an seinen Entdeckungen, an
seinen Gefühlen und an seinem Heranwachsen.

Die Geschichte Bambis wird sanft in unsere Gegenwart und in den Wiener Prater
transportiert, die Kernthemen der Geschichte bleiben dabei aber bestehen. Die Bedrohung
der Tiere durch den Menschen ist heute vielleicht sogar noch stärker als zu Zeiten Saltens. In
seinem Roman geht die Gefahr vom Jäger aus. Heute wird der Lebensraum Wald und die
dort beheimatete Tierwelt nicht nur durch Jagd, sondern vor allem durch Bebauung,
Umweltverschmutzung und allgemeine Missachtung der Natur gefährdet. Auch diese
Aspekte werden in unserem Stück angerissen, um eine Idee zu formulieren, wie ein
Verständnis für die natürlichen Lebensräume der Tiere gefördert und Achtsamkeit auf Seiten
der Menschen generiert werden kann.

                                             5
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
1.3 Zum Entstehungs- und Probenprozess

Wie nun aber Bambi und seine tierischen Freund*innen auf die Bühne bringen?

Die erste und wichtigste Aufgabe im Probenprozess war es, ein körperliches Vokabular
tierischen Ursprungs mit den Schauspieler*innen zu erarbeiten. In Improvisationen
versuchten wir spielerisch herauszufinden, wie sich bestimmte Tiere verhalten – so zum
Beispiel Rehe, aber auch die Krähe, die Drossel, die Eule, der Hase und all die anderen
Waldbewohner*innen. Zur Ideenfindung und um das natürliche (Bewegungs-)verhalten der
Tiere kennenzulernen, haben wir uns verschiedenste Tier-Dokumentationen angeschaut.

In unserer Fassung geht es aber nicht vordergründig um eine möglichst realistische
Tierverkörperung.      Vielmehr    steht   das     Wechselspiel     zwischen      Tier    und
menschlichem/menschlicher Schauspieler*in im Vordergrund. Gemeinsam stellten wir uns
die Frage, wie die Bewegungen der Tiere natürlich, aber eben nicht (nur) realistisch
umzusetzen sind. Dazu kommt, dass die Tiere sowohl im Roman als auch in unserer Adaption
eindeutig menschliche Verhaltenszüge aufweisen. Diese sollen sich nicht nur über den Text,
sondern auch über Bewegungen und kleine Spielereien vermitteln. Gerade also das Springen
zwischen der Körperlichkeit eines Tieres und der individuellen Persönlichkeit einer Rolle, wie
z.B. der des grantigen, wienerischen Hähers, haben uns bei den Proben beschäftigt.

Da das Theaterstück eigens für den Dschungel Wien auf Basis des Romans von Felix Salten
geschrieben wurde, floss viel Zeit in Gespräche, Diskussionen und das Ausprobieren von
Ideen, um die Fassung für die vier Schauspieler*innen persönlich werden zu lassen. Wo
finden sie Anknüpfungspunkte, wo gibt es Möglichkeiten und Wege, um die Figuren zu
erzählen und wie schafft man es, die Figuren möglichst hautnah an das junge Publikum
heran zu bringen? Wie wird der Lebensraum Wald dem Publikum so erfahrbar wie möglich
gemacht?

Musik

Wie bereits erwähnt, wurde die Fassung eigens für den Dschungel angefertigt, die Grundlage
bildet der Roman. Felix Salten, selbst Jäger mit eigenem Jagdgebiet außerhalb Wiens, bringt
in Bambi sein enormes Wissen über den Wald und seine Bewohner*innen zum Ausdruck. Die
Beschreibungen der Geräusche, des Vogelgesangs, der Jahreszeiten und dem Verhalten der
Tiere sind sehr genau wiedergegeben. Die Musik des Theaterstückes orientiert sich an diesen
Beschreibungen und wurde auf Grundlage dieser entwickelt. Es ist unklar, wo in Wien Felix
Saltens Bambi angesiedelt ist, vermutet wird Wienerwald, Prater oder Türkenschanzpark.
Unsere Fassung spielt in der Gegenwart im Wiener Prater - ehemaliges kaiserliches
Jagdgebiet - an der Grenze zwischen tiefen Wäldern und turbulentem Rummelplatz. Deshalb
werden auch Titel des sogenannten Wiener Lieds Anklang finden, wie z.B. Im Prater blüh’n
wieder die Bäume von Peter Alexander.

                                             6
BAMBI EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE - Dschungel ...
Bühnenbild

Die Bühne ist ein Spielplatz, ein Ort, der entdeckt werden möchte. Verschiebbare Podeste,
Baumstämme, die aus dem Schnürboden herabgelassen werden können, eine fahrbare
‚Insel‘ mit Wasserloch – irgendwo zwischen Wald und Stadt, zwischen Natur und Technik
angesiedelt, hat der Bühnenbildner Hannes Röbisch einen Platz geschaffen, der zum Toben,
zum Verstecken, zum Herumtollen einlädt. Von Beginn an war klar, dass kein naturalistischer
Wald auf die Bühne 1 des Dschungels gebaut werden sollte, vielmehr ein wandelbarer Raum,
der dann durch das (Schau-)Spiel, die Musik und vor allem die Kostüme mit Leben gefüllt
wird.

Kostümbild

Die Kostüme sind, im Gegensatz zu dem recht dunkel gehaltenen Bühnenraum, farbenfrohe,
fantasievolle Kreationen, die es den Schauspieler*innen ermöglichen, schnell von einer Rolle
in die andere zu schlüpfen. Über 25 Tiere lässt Felix Salten in seinem Buch auftauchen, in der
Theaterfassung sind es nicht sehr viele weniger. Dies erfordert ein klug konzipiertes,
Spieler*innen-freundliches Kostümbild, um schnelle Wechsel zu ermöglichen und zugleich
größtmögliche Freiheit, auch in den Körperbewegungen, zu behalten. Teilweise werden die
Schauspieler*innen in mehr als vier Rollen schlüpfen und dabei verschiedene
Bewegungsmuster haben. Ähnlich wie die Bühne werden die Kostüme nicht naturalistisch
sein, sondern die jeweiligen Tiere eher als Ausgangspunkt nehmen, um dann eine eigene
kreative Umsetzung zu finden, wie mit einfachen Mitteln ein Tier erkennbar gemacht wird.

                                                                                                 © Rainer Berson

                                             7
1.4 Textauszüge

5. Szene

Bambi und seine Mutter liegen gemeinsam in ihrem sicheren, nach außen hin durch Dickicht
geschützten Plätzchen. Es ist mitten am Tag.

Bambi                  Warum können wir jetzt nicht auf die Wiese gehen?

Bambis Mutter          Nein, das ist jetzt unmöglich.

Bambi                  Hast du es schon einmal probiert?

Bambis Mutter          Nein.

Bambi                  Woher weißt du dann, dass es unmöglich ist? Vielleicht ist es sehr wohl
                       sehr möglich.

Bambis Mutter          Seit jeher gehen wir Rehe frühmorgens oder am späten Nachmittag
                       auf die Wiese, am helllichten Tag ist es zu gefährlich. Hier sind   wir
                       sicher. Die Sträucher bewachen uns, die Zweige an den Büschen
                       knistern, das dürre Reisig am Boden knackt und warnt, das welke Laub
                       vom vorigen Jahr liegt auf der Erde und raschelt, um uns ein Zeichen zu
                       geben...

Bambi                  Das haben meine Hasen-Freunde auch gesagt. Aber... warum?

Bambis Mutter          Weißt du, jetzt ist es schön und warm, die Sonne gibt uns und den
                       Pflanzen Kraft, lässt sie erblühen und sie in den wunderbarsten Farben
                       erstrahlen. Aber das bleibt nicht immer so, die Wärme verschwindet,
                       ihre Schwester die Kälte kommt und nimmt den Wald ein. Die Blätter
                       an den Bäumen werden dann gelb vor Frost, braun und rot, und sie
                       fallen langsam. Die Äste und Sträucher sehen dann aus wie dünne
                       Ärmchen, die sich in den Himmel strecken. Die welken Blätter aber
                       liegen am Boden und wenn ein Fuß sie berührt, dann/

Bambi                  /rufen sie.

Bambis Mutter lacht.

Bambis Mutter          Ja, ich wollte rascheln sagen, aber ja, sie rufen. Sie rufen uns zu, dass
                       wir uns in Acht nehmen müssen.

Bambi                  Das ist sehr nett von den Blättern.

Pause.

Bambi                  Habe ich einen Papa, Mama?

                                              8
Bambis Mutter       Natürlich hast du einen Vater. Er lebt hier im Wald, wie du und ich.

Bambi               Warum...?

Bambis Mutter       Was willst du sagen, Bambi?

Bambi               Warum ist er nicht hier bei uns?

Bambis Mutter       Er... und die anderen Väter, sie bleiben nicht bei uns. Nur zuzeiten...
                    Man muss warten, bis sie kommen und man muss warten, bis sie zu
                    uns reden... wie es ihnen gefällt.

Bambi               Das verstehe ich nicht. Warum? Warum kommt er nicht vorbei, warum
                    kommt er nicht mit auf die Wiese? Warum will er nichts mit uns zu tun
                    haben?

Bambis Mutter       Weil... das ist eben so. So sind die Regeln hier im Wald und unter uns
                    Tieren. Seit jeher/

Bambi               Regeln... Seit jeher... Dieses „seit jeher“ kann mir mal gestohlen
                    bleiben....
                    Warum sehe ich ihn nicht, wenn er hier im Wald lebt? Wird er
                    überhaupt mal mit mir sprechen?

Bambis Mutter       Gewiss, wenn du erwachsen bist, wird er mit dir sprechen und du wirst
                    manchmal bei ihm sein dürfen.

Bambi schweigt nachdenklich...Nach einer Weile:

Bambi               Ich bin mir nicht sicher, ob die Kälte mir gefällt.

Bambis Mutter       Sie gehört zu dieser Welt, wie die Sonne, wie das Wasser im See, wie
                    das Moos an den Baumstämmen, wie auch der Fuchs und der Dachs.
                    Alles hat seinen Sinn und manches gefällt besser, manches weniger,
                    aber alles hat seinen Platz hier. Und mach dir keine Sorgen, jetzt
                    kommt erst einmal der Sommer, der Winter ist noch fern.

                                            9
12. Szene

Zwei Blätter, sie schaukeln langsam im Wind. Es ist Herbst geworden.

Blatt         Es ist nicht mehr wie früher.

Blatt         Nein. Heute Nacht sind wieder so viele von uns... wir sind beinahe schon die
              einzigen hier auf unserem Ast.

Blatt         Man weiß nicht, wen es trifft.

Blatt         Jetzt scheint die Sonne nur noch selten und wenn sie scheint, gibt sie keine
              Kraft. Man müsste neue Kräfte haben.

Blatt         Ob es wahr ist, dass an unserer Stelle andere kommen, wenn wir fort sind,
              und dann wieder andere und immer wieder...

Blatt         Man kann es gar nicht ausdenken, das geht über unsere Begriffe.

Blatt         Und man wird auch zu traurig davon.

Blatt         Warum wir weg müssen...?

Blatt         Was geschieht mit uns, wenn wir herabfallen...?

Blatt         Wir sinken hinunter.

Blatt         Was ist da unten?

Blatt         Schokotorte?

Blatt         Was ist Schokotorte?

Blatt         Etwas Gutes. Hab ich gehört...

Blatt         Aha. Vielleicht weiches Moos, auf dem es sich gut schlafen lässt?

Blatt         Vielleicht frisches Tau, dass sich dort versteckt hält/

Blatt         und uns umhüllen will, uns erfrischen wird und uns Kraft gibt?

Blatt         Vielleicht, ja.

Blatt         Vielleicht.

Pause.

Blatt         Ich bin wohl sehr verändert?

                                               10
Blatt         Keine Spur. Du glaubst wohl, weil ich so alt und hässlich geworden bin?

Blatt         Ach geh.

Blatt         Glaub mir, du bist so schön wie am ersten Tage. Hier und da vielleicht ein
              kleiner gelber Streifen, kaum zu merken, und er macht dich nur noch schöner.

Blatt         Ich danke dir. Ich glaube dir nicht... nicht ganz... aber ich danke dir, weil du so
              gut bist...du bist immer so gut zu mir gewesen... ich begreife es erst jetzt ganz,
              wie gut du warst...

Blatt         Ach... danke dir.

Blatt         Ach jetzt, da...

Das Blatt bricht und schwebt stumm zu Boden.

Blatt         Ja. Jetzt ist Winter.

Das zweite Blatt löst sich vom Stamm und fällt herab.

                                                                                                    © Rainer Berson

                                             11
1.5 Das Team

Cornelius Edlefsen | Regie und Textfassung
geboren 1985 in Villingen-Schwenningen, studierte Theater-,
Film- und Medienwissenschaft in Wien. Während seines
Studiums wirkte er in mehreren Produktionen der Gruppe
TheaterFOXFIRE als Assistent, Schauspieler, Produktionsleiter und
Dramaturg mit. Von 2012-2014 war er als Regieassistent fest am
Theater Münster engagiert, wo er den Monolog NIPPLEJESUS von
Nick Hornby inszenierte. 2015/2016 arbeitete er als Assistent am
Badischen Staatstheater Karlsruhe, wo er mehrere szenische
Lesungen einrichtete und mit namhaften Regisseuren arbeitete.
Von 2016 bis 2019 war Cornelius Edlefsen Regieassistent am
Burgtheater Wien. In dieser Zeit präsentierte er gemeinsam mit
Anna Stiepani den Film DER LETZTE VORHANG, im November
2018 hatte seine Inszenierung TROPFEN AUF HEISSE STEINE von Rainer Werner Fassbinder
im Vestibül des Burgtheaters Premiere. Im Februar 2020 inszenierte er FRÜHLINGS
ERWACHEN am Dschungel Wien. Cornelius Edlefsen ist als freier Regisseur und Dramaturg
sowie am Lehrstuhl für Regie am Max Reinhardt Seminar in Wien tätig.
(Photo: Cornelius Edlefsen)

                              Hannes Röbisch | Bühnenbild und Lichttechnik
                              Geboren 1965, begann vor fast 40 Jahren am Staatstheater
                              Dresden mit einer Lehre als Theatertischler, wurde vor 30 Jahren
                              als dreifacher Vater Bühnenmeister, technischer Leiter und
                              endlich Weltbürger. Vor circa 20 Jahren begann Hannes Röbisch
                              mit Bühnenbild und Lichtdesign. Er genießt schon im 14. Jahr das
                              Privileg im Dschungel WIEN zu wirken und zu lieben.
                              (Photo: Franzi Kreis)

Caroline Wiltschek | Ausstattung
Caroline Wiltschek, geboren 1980 in Wien. Sie war
verantwortlich für Bühne und Ausstattung u.a. im
Schauspielhaus Wien, im Dschungel Wien,
Kammerspiele Wiesbaden, für Theater FoXXfire!
und das Theater zum Mitnehmen. Für die Bühne
in "Glaube, Liebe, Glück" (Theater FoXXfire!)
wurde sie für den Stella 2018 in der Kategorie
"Herausragende Ausstattung" nominiert.
(Photo: Caroline Wiltschek)

                                                      12
Almasa Jerlagić | Kostümbildnerin
                                       Geboren in Sarajevo und aufgewachsen in Wien. Nach
                                       dem Abschluss des Wirtschaftsstudiums, folgte ein
                                       direkter Einstieg in den künstlerischen Bereich, mit
                                       Arbeiten in den Feldern Ausstattung und Styling in
                                       Werbung       und      Film,    danach     vermehrt
                                       Kostümassistenzen im Theater, unter anderem
                                       Volkstheater, Burgtheater, Volksoper und Theater an
                                       der Wien. Eigene Arbeiten als Kostümbildnerin am
                                       Volkstheater, Burgtheater und zum ersten Mal am
                                       Dschungel Wien. (Photo: Almasa Jerlagić)

Annemarie Schagerl| Musik
Annemarie Schagerl, geboren 1986, ist Tonmeisterin und
Musikerin.
Sie studierte an der Universität für Musik und darstellende
Kunst Wien, wo sie 2018 ihren Abschluss machte. Seither
machte sie verschiedenste Projekte und Arbeiten im Bereich
klassischer Musikaufnahme und arbeitete bei Opern und
Radioproduktionen mit. Derzeit liegt ihr Schwerpunkt auf
Theatersound. 2011–2018 war Annemarie Schagerl
Tontechnikerin bei den Salzburger Festspielen. Seit 2018 ist sie
in der Tonregie des Burgtheaters zu finden.
(Photo: Annamarie Schagerl)

                        Marianne Huber | Regieassistenz
                        Marianne Sophie Huber (*1996, Österreich) studiert Theater-,
                        Film- und Medienwissenschaften im Master und Romanistik im
                        Bachelor an der Universität Wien. Im Jahr 2017 war sie im WUK in
                        Wien als Abenddienst bei Veranstaltungen und als Mitarbeiterin
                        im WUK-Kindertheater angestellt. Von Herbst 2017 bis Sommer
                        2018 absolvierte sie zwei Studiensemester an der Université Jean
                        Moulin in Lyon. Von Juni bis Oktober 2018 war sie
                        Regiehospitantin für Play! der Choreographin Karolien Verlinden
                        im Dschungel Wien und Hetp aleis Antwerpen. Anschließend war
                        sie bis inklusive Jänner 2019 Regie- und
                        Produktionsassistentin in Steffi Jöris‘ Verein KÖRPERVERSTAND
TANZTHEATER WIEN (Stück: NoExcuse!). Neben dem Studium arbeitet Marianne als Tutorin
am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft und betreut zwei
Lehrveranstaltungen im Bachelor. (Photo: Marianne Huber)

                                             13
Lisa Alina Murauer | Regiehospitanz
                          1997 in Wien geboren. Sie studiert Theater-, Film- und
                          Medienwissenschaft sowie Skandinavistik an der Universität Wien
                          mit Auslandsaufenthalten in London und Kopenhagen. Neben dem
                          Studium arbeitet sie als freischaffende Journalistin bei dem
                          Musicalmagazin “musicalcocktail” sowie der Animeplattform
                          “PattoTV”. Im Theaterbereich war sie bereits im Sommer 2020 als
                          Hospitantin bei “WaViD-20” von TWOF2 + dascollectiv an Bord.
                          (Photo: Lisa Alina Murauer)

                                            Nina Gadermaier | Kostümbildassistenz
                                            Geboren 1995 in Oberösterreich. Nina Gadermaier
                                            hat ihre Matura in der Modeschule Hallein
                                            abgeschlossen. Nach Abschluss ihres Bachelors, ist
                                            sie derzeit im Masterstudium der Theater-, Film-
                                            und Medienwissenschaft an der Universität Wien.
                                            Neben dem Studium hat Nina Gadermaier mehrere
                                            Praktika und Hospitanzen als Kostümbildnerin an
                                            verschiedenen Theaterhäusern gemacht. 2013
                                            arbeitete sie bei den Salzburger Festspielen in der
                                            Kostümproduktion in Sommernachtstraum und
                                            2019 hospitierte sie im Burgtheater in Die Ratten
                                            im Kostümbereich. (Photo: Nina Gadermaier)

Christoph Radakovits | Schauspieler
Christoph Radakovits, geboren 1988 in Wien, ist freier
Schauspieler. Er studierte an der Kunstuniversität Graz und
war währenddessen in zwei Produktionen am
Schauspielhaus Graz zu sehen. Sein letztes Studienjahr
verbrachte er am Theater Chemnitz als Studiomitglied.
Von 2015 bis 2019 gehörte er dem Ensemble des Wiener
Burgtheaters an, wo er u.a mit den Regisseur*innen
Michael Thalheimer, Miloš Lolić, Robert Borgmann,
Christina Tscharyiski, Christian Stückl, Tina Lanik und Johan
Simons arbeitete. Dort kam es auch zu einer ersten
Zusammenarbeit mit Cornelius Edlefsen, „Tropfen auf
heiße Steine“ von R.W. Fassbinder. (Photo: Franzi Kreis)

                                                14
Clara Diemling | Schauspielerin
1991 in Kärnten als Landei geschlüpft und seitdem auch in viele
Rollen. Clara liebt regen Austausch, Regenduft und
Unregelmäßigkeiten. Ihre bunte Reise als Schauspielerin hat offiziell
2015 hier in Wien begonnen. Als freischaffende Künstlerin arbeitet
sie auf der Bühne, vor der Kamera oder ins Mikrofon und ab und an
hält sie auch theaterpädagogische Workshops.
Bisherige Engagements u.a. Dschungel Wien, Theater in der
Josefstadt, Volkstheater Wien, Theater Akzent, Kabarett
Niedermair, Brick 5, Theater Spielraum, Komödienspiele Porcia.
Mehr unter www.claradiemling.com! (Photo: Klemens Dellacher)

                                 Richard Schmetterer | Schauspieler
                                 Richard Schmetterer studierte Musiktheaterregie, Modern
                                 Theater Dance und musikalisches Unterhaltungstheater in
                                 Wien und Amsterdam. Seitdem ist er interessiert an allem, wo
                                 Musik, Theater und Bewegung aufeinandertreffen. Seit 2016
                                 ist er künstlerischer Leiter von Theater foXXfire!, wo er als
                                 Regisseur und Produzent Theaterstücke für junges Publikum
                                 entwickelt.
                                 Als Dramaturg berät er den mit dem Deutschen Tanzpreis
                                 ausgezeichneten Choreographen Andrey Kaydanovskiy zB. an
                                 der Wiener Volksoper, Bayerischen Staatsoper, Sadler’s Wells
                                 London, Teatr na Taganka Moskau und Nationaltheater Prag.
Weiters inszeniert er Musicals und Operetten u.A. beim Schlossfestival Wilfersdorf („Die
Frühjahrsparade“, „Die Großherzogin von Gerolstein“), auf der Burgarena Reinsberg („Ritter
Rüdiger“) im Klangraum Krems („Dido und Aeneas“) und im Wiener Musikverein („Trouble in
Tahiti“). Als Darsteller arbeitete er bereits im Dschungel Wien, im Theater Regensburg, dem
Rabenhof Theater Wien, dem Kabarett Simpl und der Bühne Baden. (Photo: Andrea Peller)

Maren Streich | Schauspielerin
Maren Streich, geboren 1993 in Berlin. Erste
Theatererfahrungen sammelte sie als Jugendliche im GRIPS
Theater Berlin. Sie ist Absolventin am Max Reinhardt Seminar
(2015- 19), studierte zuvor „Gesellschafts- und
Wirtschaftskommunikation“ an der Universität der Künste
Berlin und „Allgemeine Literaturwissenschaft“ und „Kunst-
und Bildgeschichte“ an der Humboldt Universität zu Berlin.
2018-19 entstand ihr Diplomabend über Kassandra
„ausgesprochen::unerhört“, ein performatives Dreieck
zwischen Publikum, Spielerin und Figur. Während des
Studiums spielte sie unter anderem am Volkstheater Wien,
Schauspielhaus Wien, Theater Spektakel und Off Theater Wien. Aktuell spielt sie am
Burgtheater („Die Bakchen“, R: Ulrich Rasche) und am Dschungel Wien („Bambi“, R:
Cornelius Edlefsen) und ist im Film tätig. Maren Streich lebt als freie Schauspielerin in Berlin
und Wien und arbeitet außerdem im Kollektiv an eigenen Produktionen. (Photo: Robin Kater)

                                              15
1.6 Im Gespräch mit Cornelius Edlefsen

Was ist das Interessante an dem Roman Bambi? Was fasziniert dich daran?

Bambi ist in erster Linie eine wunderbare Geschichte. In einem Wald kommt Bambi auf die
Welt, wird von seiner Mutter großgezogen und in die Geschichte und die Regeln des Waldes,
des Tierreichs eingeführt. Bambi lernt lauschen, wittern, sich im richtigen Moment zu
verstecken, aber auch zu spielen und im Einklang mit der Natur zu leben. Natürlich kommt
der traurige, seit dem Disney-Film weltbekannte Moment, in dem die Mutter stirbt und das
Leben Bambis sich auf tragische Weise ändert.

Bambi ist auch die Geschichte einer Kindheit und eine Erzählung über das Erwachsenwerden.
Es ist in vielerlei Hinsicht zeitlos und, obwohl wir es bei Bambi mit einer tierischen Titelfigur
zu tun haben, auch zutiefst menschlich. Das macht Saltens Lebensgeschichte aus dem Walde
für mich so besonders und erzählenswert. Wir alle, ob große oder kleine Menschen, kennen
die Probleme, die sich Bambi ausgesetzt sieht, auch wir kennen den Drang, die Welt in Gänze
für uns einnehmen zu wollen und auch die Angst vor dem Unbekannten, vor der Gefahr.

Bambi, das ist für mich richtig gute Literatur und ganz persönlich für mich eine Entdeckung,
die ich sehr froh bin, gemacht zu haben.

Welche Ideen und Möglichkeiten hast du für die ‚Übersetzung‘ des Romans in ein
Theaterstück gefunden?

Ich habe mich genau mit der Romanvorlage auseinandergesetzt und versucht mich bei der
Theaterfassung so nah als möglich am Roman zu orientieren, gleichzeitig aber auch die
größtmögliche Freiheit in der Erzählstruktur oder in den Figuren zu haben. Zuschauer*innen,
die den Roman kennen, werden sicherlich einige Momente erkennen, die so auch im Roman
stehen, andererseits aber auch (hoffentlich) überrascht sein von unserer Bambi-Version.

Der Roman von Felix Salten beschreibt den Wald und einen Großteil seiner tierischen
Bewohner*innen. Wir haben uns in unserer Fassung für einige der im Roman benannten
Tiere entschieden, haben andere ausgelassen - der Fokus liegt ganz auf Bambi, seiner
Entwicklung und seinem Zusammenleben mit seinen Freund*innen. Mir war es wichtig, die
Suche Bambis nach einem Platz in der Welt in den Mittelpunkt zu rücken. Spielerisch und
neugierig macht sich der junge Rehbock auf und mit jeder Begegnung kommt er „seinem
Platz“ etwas näher.

Nachdem die ganze Welt den Disney-Klassiker kennt, aber nur wenige wissen, dass es die
Buchvorlage von Felix Salten gibt, mehr noch, dass man davon ausgehen kann, dass er Bambi
in Wien geschrieben und auch hier angesiedelt hat, wollen wir ein „Wiener Bambi“ schaffen.
Wir spielen mit Wiener Liedern, mit Dialekten und der wirklichen Verortung des Bambis im
Wiener Prater, nicht weit also entfernt von den blinkenden, blitzenden Fahrgeschäften des
Würstelpraters.

                                              16
Warum hast du – anders als im Roman – die Figur der Eule hinzugefügt? Welche Rolle und
Funktion nimmt sie ein?

Im Roman gibt es einen Haufen Tiere, die Bambi die Welt erklären und ihm die Regeln des
Waldes mit auf den Weg geben, nach denen sie alle leben. Das war mir zu wenig.
Die Eule, gemeinhin als weise, klug und bedacht angesehen, schien mir als Figur interessant,
da sie etwas Mystisches hat. In unserer Fassung erscheint sie als eine Art „guter Geist des
Waldes“ und als eine Art Lehrer*in für Bambi. Sie stellt dem Rehkitz Rätsel und fordert ihn
auf diese Weise heraus, selbst nachzudenken und im Verlauf auch aktiv zu werden und für
sich einzustehen. Die Eule ist Teil des Waldes und steht doch etwas abseits, sie ist mittendrin
und behält doch den Überblick.

Welche sonstigen Unterschiede gibt es zwischen dem Roman von Felix Salten 1923 und der
Bambi-Fassung von Cornelius Edlefsen 2020? In welcher Hinsicht ist deine Version dem
Original ähnlich und in welchen Punkten weicht sie davon ab?

Der größte Unterschied ist wohl der, dass wir, im Gegensatz zum Buch, die Geschichte nicht
bis zu dem Punkt erzählen, an dem Bambi selbst erwachsen ist und die Rolle des Vaters
einnimmt. Im Original gibt es die Figur des Vaters, auch „Fürst des Waldes“ genannt. Der alte
Rehbock, Bambis Vater, tritt nur selten auf, spricht nur mit Bambi, ist streng und unnahbar.
Obwohl er für unser heutiges Verständnis ganz klar die Rolle des Patriarchen übernimmt, die
Erziehung des Kindes in die Hände dessen Mutter legt und nur stoisch wartet und die
vorgeschriebenen Regeln lebt und weitergibt, möchte Bambi so sein wie er und wird es am
Ende gar. Diese Thematik schien mir für unseren Theaterabend unpassend. Der Vater wird
eine Rolle spielen, mehr aber seine Abwesenheit. Bambi wird sich damit auseinandersetzen
und daraus lernen, gleichzeitig aber auch die bestehenden Regeln hinterfragen und so zu
einem eigenständigen, jungen Erwachsenen heranwachsen, der seinen eigenen Weg gehen
möchte.

Wie oben bereits angedeutet, haben wir versucht, uns über weite Strecken an der
Romanvorlage zu orientieren, die Dramaturgie des Stückes richtet sich nach der Dramaturgie
des Romans, lässt aber auch Aspekte aus bzw. nimmt sich für anderes mehr Zeit. Dasselbe
gilt für die Figuren. Natürlich gibt es Bambis besten Freund, den Hasen (bei uns sogar gleich
zwei), die Mutter und weitere Figuren, die auch im Roman auftreten, andere aber haben wir
gestrichen bzw. werden diese nur angesprochen.

Ein letzter Punkt ist die Art, wie wir die Geschichte erzählen. Der Roman setzt stark auf
Atmosphäre. Salten beschreibt den Wald bis in das kleinste Detail, der Tagesablauf der Tiere
wird genau wiedergegeben. Bei uns gibt es einen Chor, gesprochen von den vier
Schauspieler*innen, die neben ihren Figuren auch als gemeinsame Erzähler*innen fungieren,
den Wald, die Jahreszeiten und alles „Nicht-Darstellbare“ über den Text lebendig werden
lassen.

                                             17
2. Hintergrundinformationen und weiterführende Empfehlungen

Bambi – ein Wiener Original erobert die Welt

Fast ein*e jede*r kennt ihn, den Disney-Film Bambi aus dem Jahr 1942. Der junge
Weißwedelhirsch Bambi erkundet den Wald und erlebt mit seinen Freund*innen, dem
Hasen Klopfer und dem Stinktier Blume, so manche Abenteuer. Dann aber stirbt die Mutter
durch den Schuss eines Jägers und fortan ist Bambi auf sich allein gestellt. Er verliebt sich in
Faline und bekommt Hilfe von seinem Vater, dem Fürsten des Waldes, dem großen,
schweigsamen Hirsch.

                                                        © DISNEY

                                                                                               © DISNEY
Am Ende des Films sehen wir Faline, die selbst gerade zwei junge Hirsche auf die Welt
gebracht hat, Bambi aber ist nun auf dem besten Wege selbst der Fürst des Waldes zu
werden und beobachtet seine junge Familie nur mehr von Weitem...

Bambi bei Felix Salten, das ist die Geschichte eines Rehs, genau richtig gelesen, eines
Rehbocks, der mit kindlicher Naivität und unter dem Schutz und der Anleitung seiner Mutter
den Lebensraum Wald und dessen Bewohner*innen kennenlernt. Mit großen Augen und viel
Lust am Entdecken läuft und springt das kleine Reh von einer Besonderheit zur Nächsten,
findet Freund*innen, lernt die Gefahren zu erkennen und einzuschätzen und trifft immer
wieder auf den Alten, den Fürst des Waldes, der ihm zur Seite steht und hilft oder ihn mit
klugen Worten belehrt. Da es in den USA keine Rehe gibt, wurde der junge Rehbock Bambi
im Disney Film kurzerhand zu einem Weißwedelhirsch. So entstand der sogenannte „Bambi-
Irrtum“: wegen des Disney-Hirschkalb-Bambis glauben viele Menschen, der Hirsch sei der
Vater des Rehkitzes. Tatsächlich sind Hirsch und Reh aber verschiedene Tierarten und das
Geweih des Rehbocks deutlich kleiner als das des Hirsches. In der Theaterfassung für den
Dschungel, die sich auf den Roman und nicht auf die Verfilmung stützt, wird aus Bambi
wieder der wilde, abenteuerlustige Rehbock, wie Salten ihn geschrieben hat.

Bambi, das ist eine Geschichte für Kinder und Erwachsene, frech und liebevoll erzählt,
teilweise düster und gruselig, mit einer starken Handlung und wunderbaren Figuren, die
trotz ihrer tierischen Herkunft so tiefgehend menschlich sind. Bambi, das ist Poesie.

                                              18
© DISNEY
                                  -   Bambi und sein Vater am Ende des Films

Ob sich Felix Salten, der Autor der Vorlage, auch nur in seinen kühnsten Träumen hätte
ausmalen können, welchen Erfolg er mit seinem kleinen Rehbock haben würde, bleibt zu
bezweifeln. Das Werk des österreichisch-ungarischen Autors wurde 1923 veröffentlicht und
machte Felix Salten spätestens mit der Verfilmung 1943 auch international bekannt.

Empfehlung!
Im Schatten von Bambi
Von 15. Oktober 2020 bis 25. April 2021 ist im Wien Museum die Ausstellung „Im Schatten
von Bambi. Felix Salten entdeckt die Wiener Moderne“ zu sehen. Das Wien Museum bietet
ein spezielles Vermittlungsprogramm inklusive Führungen und Workshops für Schulklassen,
Kinder und Jugendliche an.

Mehr Informationen unter folgendem Link:
https://www.wienmuseum.at/de/ausstellungen/aktuell/ansicht/im-schatten-von-bambi-
felix-salten-entdeckt-die-wiener-moderne

                                          19
3. Ideen für die Vor- und/oder Nachbereitung

Mögliche Diskussionsthemen in der Klasse

    Was sind die ersten fünf Begriffe, die euch durch den Kopf schießen, wenn ihr den
     Begriff „Bambi“ hört?

    Kanntet ihr den Roman von Felix Salten bereits oder waren euch der junge Rehbock
     und seine Abenteuer vor allem durch den Disney-Film bekannt?

    Worin liegt eurer Meinung nach das Besondere in der Geschichte Bambis?

    Welche Erlebnisse, Erinnerungen und Erfahrungen verbindet ihr mit dem
     Lebensbereich Wald? Welche Tiere kennt ihr, die im Wald leben? Welchen Tieren
     seid ihr vielleicht im Wald sogar schon begegnet?

    Inwiefern könnte der Mensch eurer Meinung nach eine Gefahr für Natur und Tierwelt
     darstellen?

    Was bedeuten „Regeln“ für euch und was versteht ihr darunter? Fallen euch Regeln
     ein, die ihr von zuhause, aus der Schule oder von woanders kennt, die ihr gerne
     verändern würdet? Welche Rolle spielen Regeln im Stück Bambi im Dschungel Wien,
     das ihr gerade gesehen habt? Was ist euch in Erinnerung geblieben?

    Lesen, besprechen und diskutieren Sie mit den Schüler*innen die Textauszüge aus
     Kapitel 1.4. Welche Figuren kommen darin vor? Welche Textpassagen gefallen den
     Schüler*innen besonders oder weniger gut? Welche Themen werden in den
     Textauszügen verhandelt?
     Lassen Sie dabei die Schüler*innen verschiedene Rollen lesen und verkörpern. Sie
     können das Text-Lesen nach einiger Zeit auch mit Bewegungsimprovisationen (siehe
     unterhalb) kombinieren.

Bewegungsspiele und Improvisationsübungen

    View-Points:

      View Points ist eine Improvisationsübung, um Sinne und Fokus zu öffnen und ein
      aufmerksames Wahrnehmen der Umgebung zu ermöglichen.
      Alle Schüler*innen bewegen sich in variierenden Geschwindigkeiten durch den Raum.
      Sie sollen versuchen, ein Gespür zu entwickeln, wo sich ihre Mitschüler*innen im
      Raum bewegen und mit welcher Geschwindigkeit.

      Wer steht? Wer rennt? Wer bewegt sich rückwärts?

                                         20
Nach einiger Zeit können Sie der Klasse verschiedenen Aufgaben stellen, wie z.B.:

    Bewegt euch alle im selben Tempo. Wenn ihr verlangsamt, verlangsamt
     gemeinsam. Wenn ihr stehenbleibt, bleibt gemeinsam stehen. Geht gemeinsam
     wieder los. Nehmt einander wahr, ohne miteinander zu sprechen.

    Formt einen Kreis in 12 Sekunden.

    Findet euch in Paaren zusammen in 5 Sekunden.

    Bleibt von Zeit zu Zeit stehen und stellt euch in einer Tier-Pose auf: seid ein Reh,
     seid eine Krähe, seid eine Eule, seid ein Hase, seid ein Schmetterling…

    Während ihr euch durch den Raum bewegt, spielt mit Körperhaltungen und
     Bewegungsformen, die ihr von verschiedenen Tieren kennt: hoppelt wie ein Hase,
     stolziert wie ein Reh, fliegt wie ein Schmetterling, beobachtet die Umgebung wie
     eine Eule…

 Tier-Pantomime:

   Ein*e Schüler*in nach dem*der anderen stellt ein Tier pantomimisch dar, die
   anderen müssen erraten, was er*sie ist.
   Als Variante kann eine Person sich hinter eine andere stellen und mit dem fremden
   Körper versuchen, ein Tier darzustellen, wie ein Marionettenspiel.
   Als weitere Spielform kann versucht werden, ein Tier mittels einem einzigen
   Geräusch erkennbar zu machen.

 Wie bewegen sich Bambi und seine Freund*innen?

   Sehen Sie sich mit den Schüler*innen
   verschiedene Videos oder Dokumen-
   tationen (einige Links: siehe unten)
   über das Leben der Rehe, der Vögel
   oder anderer Tierarten an. Fordern Sie
   die Schüler*innen vor dem Schauen
   auf,       besonders       auf       die
   Bewegungsabläufe und Körperhal-
                                                                                            © Marianne Huber

   tungen der Tiere zu achten und sich ggf.
   Notizen oder Skizzen zu machen!
   Im Anschluss an die Dokumentation
   sollen die Kinder versuchen, spezifische
   Tiere zu verkörpern bzw. zu spielen.

   Wie treten Rehe miteinander in Kontakt? Wie viel Grad kann die Eule ihren Kopf
   bewegen? Wie hüpft ein Hase über die Wiese? Wie bewegt eine Krähe die Flügel und
   die Füße?

                                        21
© Maren Streich | Marianne Huber
Beginnen Sie mit Körperarbeit, anschließend können Sie je nach Lust und Laune auch
Geräusche hinzunehmen.

Unterhalb finden Sie Links mit Film- und Video-Empfehlungen.

 https://www.youtube.com/watch?v=91eq5LEqCSU. Unser Wild: Reh und Hirsch
  Doku (2019)
 https://www.youtube.com/watch?v=50779CFCthY. Überlebenskünstler Eulen
  [Doku]
 https://www.youtube.com/watch?v=kpBBaQyAQLs. 3Sat Doku – Helden der
  Evolution (3/3): Vögel
 Nomaden der Lüfte. Das Geheimnis der Zugvögel (Jacques Perrin 2005); Trailer:
  https://www.youtube.com/watch?v=3m99GVkm4o0
 Unsere Wildnis. Entdecken Sie die Geschichte allen Lebens (Jacques Perrin 2016);
  Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=xW7VjsZ_fwQ                                © Marianne Huber
                                                                               © Marianne Huber

                                   22
 Wie klingt der Wald?

       Hören Sie verschiedene Tierstimmen des Waldes mit den Schüler*innen an und/oder
       machen Sie einen gemeinsamen Ausflug, z.B. in den Wienerwald oder in den Prater.
       Im Anschluss sollen die Schüler*innen mit ihren eigenen Stimmen, aber auch mit
       Instrumenten – diese können ebenso selbst gebastelt werden (z.B. Rasseln,
       Trommeln) – versuchen, die Geräuschkulisse des Waldes in Kleingruppen hörbar zu
       machen.

Die Tiefen des Waldes: Mal- und Bastelwerkstatt

    Lassen Sie die Schüler*innen ein Bild des Waldes mit 5-10 Tieren malen, die ihnen aus
     Bambis Lebenswelt in Erinnerung geblieben sind. Alternativ können sie auch in
     Kleingruppen      zusammenarbeiten       und    ein    größeres    Bild     gestalten.
     Besprechen Sie mit den Schüler*innen die Charakteristika der verschiedenen
     Jahreszeiten und die daraus entstehenden Konsequenzen für die Tierwelt. Es können
     auch mehrere Bilder zu unterschiedlichen Jahreszeiten gemalt werden.

    Jede*r Schüler*in sucht sich ein Tier aus dem Stück Bambi aus und überlegt sich ein
     passendes Kostüm für dieses Tier: Papier zerschneiden, Kleidung von zuhause
     mitbringen, Nähen, Blätter sammeln, Schminken… der Kreativität sind dabei keine
     Grenzen gesetzt! Die Schüler*innen können auch in Kleingruppen
     zusammenarbeiten.

Filmscreening

      Schauen Sie gemeinsam mit den Schüler*innen den Walt-Disney-Film Bambi (1942)
       an und diskutieren Sie im Anschluss Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen dem
       Film und der Theaterfassung des Dschungels.

       Welche Aspekte haben den Schüler*innen besser oder weniger gut gefallen?
       Welche Tiere sind ihnen in Erinnerung geblieben oder fanden sie besonders
       sympathisch?
       Welche Themen werden im Disney-Film bzw. in dem Theaterstück behandelt?
       Wie unterscheidet sich die Darstellung der Hauptfigur Bambi in den zwei Versionen?

                                           23
Sie können auch lesen