Behauptungen zu den Wasserinitiativen: Der Faktencheck für Fischer! - Schweizerischer Fischerei-Verband

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Behauptungen zu den Wasserinitiativen: Der Faktencheck für Fischer! - Schweizerischer Fischerei-Verband
SFV

             Schweizerische                                                            Schweizerischer Fischerei-Verband SFV
                                                                                       Fédération Suisse de Pêche FSP

           Fischerei-Zeitung
                                                                                       Federaziun Svizra da Pestga
                                                                                       Federazione Svizzera di Pesca

           Behauptungen zu den Wasserinitiativen:
           Der Faktencheck für Fischer!
           Die häufigsten Behauptungen – und was von ihnen zu halten ist

           Aus allen Rohren schiessen Agrarlobby und Agrarindustrie gegen die
           Trinkwasser- und die Pestizidinitiative. Gegen die millionenschwere
           Kampagne und die unglaublichen Behauptungen heisst es kühlen Kopf
           bewahren, sachlich bleiben und mit Fakten antworten. Der nachfolgende
           Faktencheck hilft jedem Fischer für die Diskussion.

            Behauptung 1:                  Behauptung 2:
           «Die beiden                    «Die Schweiz gehört zu den Ländern
           Initiativen sind               mit dem saubersten Trinkwasser.»
           extrem.»
                                          Fakt ist: Die Schweiz gehört auch 2021
           Fakt ist: Die Belastung des    zu den Ländern mit einem beson­
           Trinkwassers mit Pestizi­      ders hohen Pestizideinsatz. Pro Jahr
           den, Antibiotika und zu viel   werden gut 2000 Tonnen Pestizide
           Nährstoffeinfluss durch        eingesetzt. Damit hat der Bund
           Gülle hat in der Schweiz       die gesetzlichen Umweltziele
           dramatisch zugenommen.         zur Reduktion nicht annähernd
           An über 300 Messstellen,       erreicht. Die Rückstände an Pes­
           vor allem im Mittelland,       tiziden und Nitraten in Böden und
           sind die gesetzlichen          Gewässern liegen massiv über den Grenzwerten. Schlimm
           Grenzwerte überschritten.      ist vor allem, weil sich diese Rückstände während Jahrzehnten
           Grundwasserfassungen           im Grundwasser, unsere Grundlage für die Trinkwasserversor­
           in der Schweiz müssen          gung, kumulieren. Es ist beängstigend, wie in nächster Nähe zu
           abgestellt werden, weil die    den Quellen zu hohe Belastungswerte nachweisbar sind. Wir sind das Wasserschloss
           Belastungen zu hoch sind.      Europas, tragen Verantwortung für die Wasserqualität. Aber wenn in Gemeinden wie
           Extrem und unverantwort­       Köniz in 4 von 4 Trinkwasserfassungen Pestizide nachweisbar sind, in 3 davon über dem
           lich ist es, diese Tatsache    Grenzwert, sind wir auf dem besten Weg, unsere Wasserschlossvorreiterrolle zu verspie­
           herunterzuspielen, nichts      len. Reihenweise müssen Trinkwasserfassungen geschlossen werden. Der Bund musste
           dagegen zu machen und          ein Programm zum Erschliessen neuer Quellen starten. Ist das nicht bedenklich?
           unser Wasser weiter ver­       Deshalb müssen wir uns jetzt mit diesen beiden Initiativen für die Priorität Wasserqualität
           giften zu lassen.              einsetzen. Wasser ist das wichtigste Element für Mensch, Fauna und Flora – und zwar
                                          gesundes Wasser!

                                          Petri-Heil             Dein Schweizer Fischereimagazin
6 | 2021
Behauptungen zu den Wasserinitiativen: Der Faktencheck für Fischer! - Schweizerischer Fischerei-Verband
SFV
                                    Behauptung 3:                                                                                Behauptung 5:
                                   «Nur 1 Prozent der Belastung des Wassers im Rhein sind                                       «Die Lebensmittel werden
                                   Pestizide. Der Rest stammt aus Haushalten und Industrie.»                                    um 40 Prozent teurer.»

                                   Fakt ist: Die Gegner der Initiativen missbrauchen bewusst eine Analyse                       Fakt ist: Es ist falsch, zu behaup­
                                   des Basler Amts für Umwelt und Energie aus dem Jahr 2015. In dieser                          ten, dass ökologisch produzierte
                                   Analyse wurden aber nur 2 Beispiele von rund 300 bekannten Pestiziden                        Lebensmittel wesentlich teurer
                                   im Vergleich zur Gesamtfracht gemessen. Diese Messung wird aber be­                          sein müssen als konventionell
                                   wusst als vermeintliche Gesamtsumme aller Pestizide dargestellt!                             hergestellte. Heute subventionieren
                                   Und selbst wenn die Zahlen noch richtig wären, sind sie so nicht aus­                        wir über die Direktzahlungen die
                                   sagekräftig. Massgebend für die Schädlichkeit eines Stoffs ist nicht die                     konventionelle Produktion statt die
                                   vorhandene Menge, sondern dessen Toxizität. Einfache Frage: Ist 1 Liter                      nachhaltige Produktion massiv mit
                                   Wasser etwa gleich giftig wie 1 Liter Zyankali?                                              Steuergeldern. Ohne diese Subven­
                                   Die Zahlen aus dem Rhein klingen zwar interessant, aber in den grossen                       tionen wären ökologisch produ­
                                   Flüssen werden Schadstoffe durch viel Regenwasser aus dem «Wasser­                           zierte Lebensmittel nicht teurer als
                                                    schloss Europas» verdünnt. Sie sind deswegen zwar nicht                     Lebensmittel, deren Produktion die
                                                             harmlos, aber nicht das Kernproblem. Pestizide                     Umwelt zerstört und die Gesund­
                                                                    sind ein Problem in den vielen kleineren Bä­                heit gefährdet.
                                                                       chen und Bächlein in Gebieten mit Kultu­                 Der Preis eines Lebensmittels setzt
                                                                            ren, die gespritzt werden. Dort sind                sich aus drei Komponenten zusam­
                                                                             die Konzentrationen zum Zeitpunkt                  men: Produktion, Verarbeitung und
                                                                             des Spritzens zum Teil extrem hoch                 Handel. Gerade am Beispiel Fleisch,
                                                                           und können zum Absterben ganzer                      unserem teuersten Lebensmittel,
                                                                           Lebensgemeinschaften führen.                         zeigt sich die krasse Differenz:
                                                                                                                                Biofleisch ist gegenüber konven­
                                                                                                                                tionellem Fleisch im Laden fast
                                                                                                                                doppelt so teuer, aber das nur, weil
                                                                                            Pflanzenschutzmittel-               der Detailhandel deutlich höhere
                                                                                                  Metaboliten im                Margen verlangen kann, da der
                                                                                               Grundwasser (2019)               Kunde bereit ist, für ein Label mehr
                                                                                                                                zu bezahlen. Würden in Zukunft
                                                                                                          An über 300           alle nachhaltig produzieren, wäre
                                                                                                    Messstellen in der          das kein Argument mehr und in
                                                                                                   Schweiz werden die           der Folge mit «normalen» Margen
                                                                                                    gesetzlichen Werte          auch das nachhaltige Produkt nur
                                                                                                        überschritten.
                                                                                                                                unwesentlich teurer!
                                                                                                                                Grossbäcker Fredy Hiestand, be­
                                                                                                                                kannt als «Gipfelikönig», beweist
Daten: bafu.admin.ch | Karte: as

                                                                                                                                das bereits heute. Er verwendet für
                                                                                                                                seine Backwaren seit 2019 aus­
                                                                                                                                schliesslich pestizidfreies Getreide.
                                                            Behauptung 4:
                                                                                                                                Die rund 200 Landwirtschafts­
                                                          «Bei einem Ja müssen grosse Mengen                                    betriebe, welche dieses Getreide
                                                          Nahrungsmittel importiert werden.»                                    liefern, erhalten zwar mehr Geld für
                                                                                                                                das pestizidfreie Getreide, auf den
                                                         Fakt ist: Wenn wir ökologischer produzieren, dann                      Preis im Laden wirkt sich das aber
                                                        importieren wir weniger Futtermittel, Düngemit­                         nicht spürbar aus.
                                                      tel oder Treibstoffe. Das vermeintliche «Schweizer                        Generell ist festzustellen, dass der
                                                      Fleisch», das wir konsumieren, ist eigentlich ein Etiket­                 (Zwischen-)Handel versucht, seine
                                                      tenschwindel: Es wird zu 50 Prozent aus importiertem                      Marge so hoch wie möglich zu
                                                      Futter erzeugt. Heute importieren wir 1,2 Millionen Ton­                  halten. Die Preise orientieren sich
                                                      nen Futtermittel. Um diese Mengen an Futtergetreide,                      daran, was der Markt bereit ist zu
                                                      Futtersoja und ähnlichem zu produzieren, braucht die                      zahlen, und nicht an einer ange­
                                                      Schweiz heute im Ausland eine Ackerfläche, die ebenso                     messenen Bezahlung der Bäuerin­
                                                      gross ist wie unsere eigenen Acker­flächen im Inland.                     nen und Bauern.

                                                                      Petri-Heil              Dein Schweizer Fischereimagazin
                                                                                                                                                                        6 | 2021
Behauptungen zu den Wasserinitiativen: Der Faktencheck für Fischer! - Schweizerischer Fischerei-Verband
SFV

            Behauptung 6:                                                   Behauptung 9:
           «Die Trinkwasserinitiative und die                             «Viele Bauernfamilien können einpacken, weil
           Pestizidinitiative verbieten sämtliche                         sie bei einem Ja zu den Initiativen 30 Prozent
           Pestizide in der Landwirtschaft.»                              Ertragsrückgang haben.»

           Fakt ist: Die Trinkwasserinitiative verbietet gar keine        Fakt ist: Der behauptete Ertragsrückgang von 30 Prozent
           Pestizide. Sie streicht aber die Beitragszahlungen,            als Folge der Trinkwasserinitiative ist von den Gegnern
           wenn ein Betrieb Pestizide einsetzt. Generell sind alle        frei erfunden. Die Forschungsanstalt des Bundes, Ag­
           Pflanzenschutzmittel, die im Bio-Landbau eingesetzt            roscope, kommt bei ihrer Modellierung zur Umsetzung
           werden, weiterhin erlaubt. Deshalb spricht die zweite          der Trinkwasserinitiative selbst mit sehr restriktiven und
           Initiative – die Pestizidinitiative – von einem Verbot         umstrittenen Annahmen auf einen Ertragsrückgang der
           synthetischer Pestizide. Natürliche Pflanzenschutzmit­         Bruttoproduktion von 12 bis maximal 21 Prozent. Die
           tel sind weiterhin zugelassen.                                 Futtermittelimporte sind dabei nicht berücksichtigt. Bei
                                                                          Annahme der Trinkwasserinitiative dürfen deutlich weni­
                                                                          ger Futtermittel importiert werden. Das heisst, ein Teil des
                                                                          in der Studie berechneten Produktionsrückgangs basiert
                                                                          lediglich auf verminderten Importen. Wird dies mitberück­
            Behauptung 7:
                                                                          sichtigt und werden auch andere unrealistische Annah­
           «Die Initiativen sind kontraproduktiv.                         men der Agroscope-Modellierung korrigiert, ist bei einem
           Viele Betriebe würden auf Subventionen                         Verzicht auf synthetische Pestizide über alle Kulturen der
           verzichten und noch intensiver                                 Schweiz lediglich ein Rückgang der Nettoproduktion
           produzieren mit Pestiziden und                                 von 5 bis 7 Prozent zu erwarten.
           importierten Futtermitteln.»

           Fakt ist: Es werden Betriebe (vor allem Intensivkul­
           turen und Obstbau) aus dem Direktzahlungssystem
                                                                            Behauptung 10:
           aussteigen. Aber auch diese Betriebe müssten sich
           an die Umwelt- und Gewässerschutzgesetzgebung                  «Das Parlament hat bessere und schnellere
           halten. Sie könnten also nicht nach Belieben Nähr­             Lösungen ausgearbeitet.»
           stoffe und Pflanzenschutzmittel einsetzen. Die Zahl
           wird deutlich tiefer sein als die Gegner behaupten.            Fakt ist: Die viel diskutierte parlamentarische Initiative ist
                                                                          ungenügend. Gemeinsam mit der Agrarpolitik AP22+ hätte
                                                                          sie ein Gegenvorschlag zu den beiden Volksinitiativen sein
                                                                          können. Die ökologisch ausgerichtete Agrarpolitik wurde
                                                                          aber auf die lange Bank geschoben. Zu viele Punkte blei­
            Behauptung 8:
                                                                          ben ungelöst: Die parlamentarische Initiative konzentriert
           «Die Initiativen führen zu                                     sich hauptsächlich auf Pestizide und nur zu einem kleinen
           einem Bioland Schweiz.»                                        Teil auf Nährstoffe. Die Risikoreduktion im Absenkpfad
                                                                          für Pflanzenschutzmittel beschränkt sich auf die Bereiche
           Fakt ist: Die Trinkwasserinitiative verlangt im                Oberflächengewässer, Grundwasser und naturnahe Lebens­
           Unterschied zu hunderten von Vorschriften im                   räume. Andere Bereiche werden darin nicht berücksichtigt.
           Biolandbau nur drei Bedingungen: Pestizidfreie                 Das Risiko, das es zu reduzieren gilt, wird nicht benannt,
           Lebensmittelproduktion, keine prophylaktische                  hier bleiben alle Türen offen.
           Anwendung von Antibiotika und einen Tierbestand,               Auch im Absenkpfad für Nährstoffe sind keine verbindli­
           der mit einheimischem Futter ernährt werden kann.              chen Ziele verankert, minimale Reduktionsforderungen von
           Schätzungen gehen davon aus, dass die Erträge bei              10 bis 20 Prozent wurden vom Parlament bereits abgelehnt.
           einer Umsetzung der Initiativen deutlich weniger               Die Umsetzung ist noch sehr unsicher, die Vorlage befindet
           zurückgingen, wie wenn ganz auf Biolandbau um­                 sich erst in der Vernehmlassung und der Gewässerschutz
           gestellt würde. Dies auch deshalb, weil die Trink­             wird im Parlament parallel weiter geschwächt (Motion Hösli
           wasserinitiative im Gegensatz zum Biolandbau                   19.4374 zur Verkleinerung der Gewässerräume).
           weiterhin Kunstdünger zulässt.                                                                                                Bi.

                                               Petri-Heil            Dein Schweizer Fischereimagazin
6 | 2021
Behauptungen zu den Wasserinitiativen: Der Faktencheck für Fischer! - Schweizerischer Fischerei-Verband
SFV
Ruchfische kochen – gewusst wie
                                                                                            Die beiden
                                                                                            Köche René
                                                                                            Widmer (links)
                                                                                            und Markus
                                                                                            Heller sind
                                                                                            im Element –
                                                                                            Impressionen
                                                                                            vom letzten
                                                                                            Webinar des
                                                                                            SFV.

                                                                                                    SFV-Termine
Webinar zum Fisch des Jahres 2021                                                                                   29.5.2021
                                                                                                                   Kochdemo
                                                                                                        Weiss- und Ruchfische

D
      ie beiden Profiköche Markus Hel­    man sich jetzt anmelden auf www.sfv-                              Rhein-Fischsuppe
      ler und René Widmer machen          fsp.ch. Aufgetischt wird: Ruchfisch                                        Webinar
      Lust auf den Fisch des Jahres. Im   als delikate Vorspeise (Schleie) sowie
Webinar «Heute kommt anderer Fisch        Fischsuppe mal anders – mit Paprika                                         13.6.2021
auf den Tisch» zeigen sie, wie Ruchfi­    und Trüsche.                                                       Volksabstimmung
sche zubereitet werden. Denn Alet und                              Sarah Bischof                              Trinkwasser- und
Co. haben es in sich. Aber: Gewusst                                                                            Pestizidinitiative
wie, sind sie eine wahre Delikatesse.
Die Impressionen vom letzten Webinar      Weitere Daten:                                                             28.8.2021
zeigt die Freude und Kunst der beiden     28.8.2021 Outdoor-Küche                                               Tag der Fische
Köche. Für das nächste Webinar am                    zum Tag der Fische                                         Ganze Schweiz
29. Mai 2021, 15.00 bis 16.00 Uhr kann    27.11.2021 Adventsüberraschung
                                                                                                                    28.8.2021
                                                                                                                   Kochdemo
                                                                                                        Weiss- und Ruchfische
                                                                                                               Outdoor-Küche
                                                                                                                     Webinar

                                                                                                Erste Hälfte September 2021
                                                                                                    Delegiertenversammlung
                                                                                            Schweizerischer Fischerei-Verband
                                                                                                     Ort noch nicht bestimmt

                                                                                                       Impressum
                                                                                            Schweizerischer Fischerei-Verband
                                                                                            Redaktion/Produktion: Kurt Bischof
                                                                                                  Postfach 141, 6281 Hochdorf
                                                                                                kurt.bischof@bischofmeier.ch
                                                                                                         Telefon 041 914 70 10

                                                                                                               www.sfv-fsp.ch

                                   Petri-Heil             Dein Schweizer Fischereimagazin
                                                                                                                                    6 | 2021
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