Schulung Sturzprophylaxe in der Altenpflege - Version 1.2G

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Schulung Sturzprophylaxe in der Altenpflege - Version 1.2G
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             Schulung
          Sturzprophylaxe
         in der Altenpflege

                                     Version 1.2G
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… ein paar Zahlen …
  Jeder zweite 70-J€hrige ist
   bereits einmal in seinem
   Leben gest•rzt.
  30 Prozent der 65-J€hrigen
   st•rzt einmal pro Jahr.
  In 15 Prozent aller St•rze
   erleiden die Betroffenen
   Verletzungen, die
   behandelt werden m•ssen.
  F•nf Prozent aller St•rze
   f•hren zu Frakturen.
  In einem Prozent aller St•rze kommt es zu einem
   Oberschenkelhalsbruch. In Deutschland sind das 100.000 F€lle pro
   Jahr. Betroffen von dieser Verletzung waren z.B. Papst Johannes
   Paul II sowie die Mutter der britischen K‚nigin.
  Neun von zehn Oberschenkelhalsfrakturen sind das Ergebnis von
   St•rzen.
  Nur einer von f€nf St€rzen ereignet sich bei „riskanten“ Tƒtigkeiten,
   etwa Schuhe im Stehen zubinden, auf einer Leiter stehen usw.
   Hingegen passieren vier von f€nf St€rzen in „unverdƒchtigen“
   Alltagssituationen, die keine erh„hte Anforderung an die Balance
   stellen.
  Die allermeisten St•rze im Alter werden nicht durch €uƒere
   Faktoren verursacht, also etwa Stolperfallen, Rollsplitt oder
   Anrempeln.
  Wenn ein Senior nach einem Sturz auf dem Boden aufkommt, hat
   er eine Fallgeschwindigkeit von zwei bis vier Meter pro Sekunde
   erreicht.
  Bei •ber 70 Lebensjahren hat der H•ftknochen selbst bei
   Gesunden zwei Drittel seiner Festigkeit verloren. Wenn eine
   Osteoporose vorliegt, sinkt die Belastbarkeit zus€tzlich.
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         Die Folgen eines Sturzes f€r Senioren
… am Beispiel eines Oberschenkelhalsbruches

   Der Senior ist auf Wochen, h€ufig aber auch dauerhaft immobil.
    Daraus resultieren verschiedene Komplikationen, etwa Dekubitus,
    Thrombosen oder Pneumonien.
   Es kommt h€ufig zur Wundheilungsst‚rungen und tiefen
    Infektionen.
   Jeder zweite Betroffene braucht zeitweise Pflege, jeder f•nfte wird
    zum permanenten Pflegefall.
   17 Prozent der Senioren verstirbt binnen eines Jahres an den
    direkten und indirekten Folgen des Sturzes.
   Die klinische Behandlung inklusive Operation und Rehabilitation
    belastet die Krankenkassen mit jeweils mehr als 30.000 Euro.
   Viele Betroffene sind auch ein halbes Jahr nach dem Sturz in ihrer
    Mobilit€t eingeschr€nkt. Rund 20 Prozent bleiben immobil. Knapp
    30 Prozent ben‚tigen einen Gehstock oder eine Unterarm-
    Gehst•tze. Jeder Dritte ist auf einen Rollator angewiesen. Nur 15
    Prozent k‚nnen ihre Mobilit€t auch ohne Hilfsmittel erhalten.
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Sturzprophylaxe

Unter Sturzprophylaxe fallen alle
Maƒnahmen, die das Sturzrisiko
senken. Dazu z€hlen
insbesondere Schulungen des
Bewohners zum richtigen
Umgang mit Hilfsmitteln,
Gangschule sowie Training zur
Verbesserung der Kraft und der
Balancef€higkeiten.
Unverzichtbar ist auch die
Beseitigung von
Gefahrenquellen wie
etwa frei liegende Kabel, L€ufer
usw.

Schenkelhals

Der Schenkelhals ist ein verbindender R‚hrenknochen zwischen dem
Femur (Kopf des Oberschenkels) und dem groƒen und kleinen
Trochanter (Rollh•gel, Knochenvorsprung).

H€ftprotektoren

H•ftprotektoren sind Kunststoffschalen, die im Fall eines Sturzes die
Gesundheitssch€den minimieren.
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Risiken erkennen

Es gibt derzeit kein Verfahren, mit dem sich die Sturzgef€hrdung eines
Senioren objektiv messen l€sst. Daher sind Pflegekr€fte auf ihre Intuition
angewiesen. Folgende Faktoren sprechen f•r ein erh‚htes individuelles
Risiko:

relevante Krankheitsbilder

   Multiple Sklerose
   Parkinsonsche
    Erkrankung
   Demenz
   Apoplexie /
    apoplektischer Insult
   Polyneuropathie
   Osteoarthritis
   Krebserkrankungen
   Epilepsie
   niedriger Blutdruck
   Herzrhythmusst‚rungen
   Diabetes Mellitus / Entgleisungen des BZ-Wertes
   Osteoporose
   allgemeine Schw€che
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beeintr•chtigte Mobilit•t

     Humpeln / Hinken
     Kontrakturen
     Balancest‚rungen
     sichtbare Gangver€nderungen
     versteifte Gelenke
     Kraftlosigkeit in den Beinen

beeintr•chtigtes Sehverm‚gen

   Weigerung, •berhaupt eine Brille zu tragen
   tr€gt Brille nicht immer
   Brille h€ufig zu schmutzig
   Brille sitzt nicht oder nur schlecht
   Brille wird h€ufig verlegt
   Glasst€rken nicht mehr angemessen
   Erblindung
   kein r€umliches Sehen
   erh‚hte Blendungsempfindlichkeit / schlechtes Sehen bei
    D€mmerung
   vermindertes Gesichtsfeld
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psychologische Faktoren

     Einschr€nkungen werden vergessen, verdr€ngt oder verleugnet
     erh‚hter Bewegungsdrang
     Depressionen
     •bertriebene Angst vor St•rzen

Ausscheidungsprobleme

   Drangblase
   Nykturie (vermehrtes n€chtliches
    Wasserlassen)
   Diarrh‚

Hilfsmittel

   falsche, unangemessene oder
    defekte Hilfsmittel
   Hilfsmittel werden nicht genutzt
   Hilfsmittel werden unsachgem€ƒ genutzt
   Hilfsmittel werden h€ufig verlegt.
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weitere k‚rperliche Faktoren

     deutlich erh‚hter BMI
     deutlich erniedrigter BMI
     sedierende Medikamente, vor allem Benzodiazepine
     Psychopharmaka
     Antiarrhythmika
     Diuretika
     verlangsamtes Reaktionsverm‚gen
     Ruhepuls •ber 80 / Min.
     bekannte H•ftfrakturen bei Eltern oder Groƒeltern
     ungew‚hnlich viele Frakturen im bisherigen Leben; vor allem
      Radiusfrakturen und Wirbelk‚rperfrakturen

Lebenswandel

     Alkoholmissbrauch
     Tablettenmissbrauch
     weniger als vier Stunden Aktivit€t auf den eigenen Beinen
     Weigerung, Spazierg€nge zu unternehmen
     Weigerung, einen H•ftprotektor zu nutzen
     Stolperfallen im Lebensbereich
     ungeeignetes Schuhwerk
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Arbeitsaufgaben:
Eine Seniorin ist bereits mehrfach
gest•rzt und zog sich dabei kleinere
Verletzungen zu. Dennoch zeigt sie bei
der Vermeidung von weiteren Unf€llen
keinerlei Kooperation. Sie sperrt sich
gegen das Tragen eines H•ftprotektors
und will auch auf ihre Hausschuhe nicht verzichten.

Diskutieren Sie das Vorgehen, um die Bewohnerin zu mehr
Zusammenarbeit zu bewegen!

Ein Bewohner ist vor drei Monaten gest•rzt und zog sich einen
Schenkelhalsbruch zu, der per Totalendoprothese („TEP“) versorgt
wurde. Seit dem Unfall ist der Bewohner •bervorsichtig. Er meidet
Fuƒwege und verl€sst sein Zimmer nur noch ungern.

Wie kann der Bewohner das Vertrauen in die eigene Mobilit•t
wiedergewinnen? Wie kann ihm die Angst vor einem Sturz
genommen werden?
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Beratung

   Jeder Bewohner sowie seine Angeh‚rigen werden regelm€ƒig
    •ber das individuelle Sturzrisiko informiert.
   Bewohner werden auf das richtige Verhalten nach einem Sturz
    hingewiesen: Ruhe bewahren. Nicht zu schnell aufstehen, besser
    um Hilfe rufen und auf das Eintreffen der Pflegekr€fte warten.
   Bewohner werden angehalten, die Handl€ufe zu verwenden.
   Bewohner werden zur Besonnenheit gemahnt. Hektische
    Bewegungen, etwa wenn das Telefon klingelt oder die Blase
    dr•ckt, sind eine der Hauptursachen f•r St•rze.

Rollstuhlfahrer

Wir weisen Rollstuhlfahrer auf
besondere Sicherheitsmaƒnahmen
hin. Etwa:
    Vor dem Ein- und Aussteigen
      werden alle Bremsen
      festgestellt.
    Beim Transfer werden die
      Fuƒst•tzen weggeklappt.
    Wenn der Rollstuhl beim
      Transfer h€ufig nach vorne
      wegkippt, wird er mit einer entsprechenden Kippsicherung oder mit
      Gewichten an der R•ckseite ausgestattet.
    Ggf. wird der Rollstuhl mit einer rutschfesten Sitzauflage
      ausgestattet.
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organisatorische Faktoren

   Auf den Fluren und
    Bewohnerzimmern d•rfen
    sich keine Hindernisse
    befinden (etwa:
    Wassereimer der
    Reinigungskr€fte oder
    mittig geparkte
    Pflegewagen).
   Instabile
    Einrichtungsgegenst€nde
    werden nach M‚glichkeit
    entfernt (Schemel, leichte
    Blumens€ulen usw.)
   Versch•ttete Fl•ssigkeiten
    werden sofort und
    vollst€ndig aufgewischt
    und der Boden gr•ndlich
    getrocknet.
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Pflege und Betreuung

   Jeder bettl€gerige Bewohner
    erh€lt ein Stehtraining vor dem
    Bett.
   Jeder Bewohner erh€lt nach
    l€ngerer Bettl€gerigkeit ein
    Mobilit€tstraining.
   Rollstuhlfahrer werden zum
    "Rollstuhlgehen" ermuntert, also
    dazu, den Rollstuhl mit den
    Beinen vorw€rts zu bewegen (mit
    entfernten Fuƒst•tzen).
   Bei Bewohnern wird konsequent
    auf Ersch‚pfungszeichen und ggf.
    Alkoholisierungszust€nde
    geachtet.
   Bewohner sind grunds€tzlich mit festem Schuhwerk unterwegs und
    nicht mit "Hausschlappen". Auch innerhalb des Hauses sollten nur
    feste Schuhe mit einer rutschfesten Sohle getragen werden.
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 Viele Bewohner haben nachts die Angewohnheit wegen ihrer
  kalten F•ƒe Socken anzuziehen. Statt normaler Socken k‚nnen
  auch Antirutschsocken angezogen werden. Das vermindert das
  n€chtliche Sturzrisiko.
 Gef€hrdete Bewohner tragen
  einen "H•ftprotektor". Die
  d•nnen Kunststoffschalen
  werden unter der Kleidung
  getragen und sch•tzen die
  Knochen. Bei einem Sturz
  erleidet der Bewohner im
  schlimmsten Fall ein paar
  Bluterg•sse. Ein Bruch aber
  ist sehr unwahrscheinlich.
 Sollte das Tragen von
  H•ftprotektoren seitens der
  Bewohner auf Akzeptanzprobleme stoƒen, kann ein Kompromiss
  gew€hlt werden. Also etwa das Tragen des H•ftprotektors nur
  w€hrend bestimmter risikoreicher Tageszeiten. Zudem werden
  Bewohner ermuntert, die Kleidung so zu w€hlen, dass diese genug
  Platz f•r den zus€tzlichen Protektor bietet. Die Sitzgelegenheiten
  sollen so weich gepolstert sein, dass man diese trotz H•ftprotektor
  bequem nutzen kann.
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                        ƒbungen zur Sturzpr•vention

Wir f•hren mit den Bewohnern regelm€ƒig †bungen durch, die das
Sturzrisiko reduzieren. Etwa:

   H•ftkreisen
   Gewichtsverlagerungs•bungen von einem Fuƒ auf den anderen
   Das Drehen des Kopfes bis zur Schulter
   Vorw€rts gehen mit besonders groƒen Schritten, mit pl‚tzlichen
    Stillst€nden, mit zus€tzlichen Kopfbewegungen usw.
   seitw€rts gehen
   Geh•bungen mit einem Luftballon, einem Handtuch usw.
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Ma„nahmen nach einem Sturz

   Der Bewohner wird mit seinem Namen angesprochen und
    beruhigt.
   Die Pflegekraft pr•ft, ob der Bewohner bei Bewusstsein ist.
       o Bei Bewusstlosigkeit wird der Bewohner in eine stabile
          Seitenlage gebracht, der Notarzt gerufen und ggf. eine
          Wolldecke gegen die Ausk•hlung verwendet.
       o Bis zum Eintreffen des Arztes werden permanent die
          Vitalwerte ermittelt. Ggf. wird der Bewohner reanimiert.
   Die Pflegekraft misst Puls und Blutdruck.
   Bei Diabetikern wird der Blutzucker gemessen.
   Die Pflegekraft kontrolliert, ob eine Gehirnersch•tterung vorliegt.
    Anzeichen daf•r sind:
       o †belkeit oder Erbrechen
       o Erinnerungsl•cken, insbesondere zum Sturzhergang
       o Kopfschmerzen
       o Schwindel
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 Die Pflegekraft fragt den Bewohner nach Schmerzen. Dabei
  rechnet sie stets damit, dass Schmerzen durch den Schock
  vielleicht unterdr•ckt werden.
     o Bei Schmerzfreiheit: Alle vier Extremit€ten werden vorsichtig
         durch bewegt, um Frakturen ausschlieƒen zu k‚nnen. Die
         Pflegekraft fordert den Bewohner auf, ihr beide H€nde
         entgegen zu strecken und die Beine aufzustellen. Danach
         hilft die Pflegekraft dem Bewohner dabei, in den
         Vierf•ƒlerstand zu kommen und aufzustehen.
     o Wenn Bewohner •ber Schmerzen klagen, sich nicht
         bewegen k‚nnen, in unnormaler Lage am Boden liegen oder
         unfreiwillig Harn verlieren, gehen wir von einer Fraktur aus.
         Eine Pflegekraft alarmiert den Notarzt. Der Bewohner wird
         nicht in sein Bett gebracht, da durch den Transfer die
         gesundheitlichen Sch€den gr‚ƒer werden k‚nnten. Eine
         Decke sch•tzt den Bewohner vor der Ausk•hlung.
 Im Abstand von 1, 2, 6, 12 und 24 Stunden wird der
  Gesundheitszustand des Bewohners erfasst. Kriterien sind:
     o Bewusstseinszustand
     o Vitalwerte
     o Ver€nderung der Pupillengr‚ƒe
     o Schmerzzustand
     o Beweglichkeit
     o Schwellungen / H€matome
 24 Stunden nach dem Sturz kontrollieren wir, ob Hirndruckzeichen
  vorliegen, etwa Druckpuls oder lichtstarre Pupillen. Die Kontrolle
  erfolgt ggf. auch in der Nacht.
 In den folgenden Tagen wird der Bewohner beobachtet
  (Ver€nderungen im Gang).
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