Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III
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Anlage 10b Zentrale, CF | 23. April 2021 Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III DEZEMBER 2020 Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Stabilisierend wirkte der Einsatz von Kurzarbeit. Die Folgen der Pandemie erschwerten den Ausgleich am Arbeitsmarkt sowie die Qualifizierung und besonders die Aktivierung der Kundinnen und Kunden. Dennoch gelang 41 Prozent aller Kundinnen und Kunden die größtenteils nachhaltige Aufnahme einer Beschäftigung. Die nachhaltige Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit wird in den kommenden Jahren (auch infolge der Corona-Krise) einen Handlungsschwerpunkt darstellen. Neben einer Verfestigung der Integrationshemmnisse bei Langzeitarbeitslosen stellt die regional stark unterschiedliche Aufnah- mefähigkeit des Arbeitsmarktes eine große Herausforderung dar. Auch bei der Sicherung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs stand die Bewältigung der Heraus- forderungen der Pandemie im Vordergrund. Im Fokus standen die rasche Auszahlung von Kurz- arbeitergeld, die Erreichbarkeit für Kundenanliegen trotz bestehender Kontaktbeschränkungen sowie die Realisierung von Qualifizierungsangeboten in digitalen oder hybriden Formaten.
Impressum Ansprechpartner: Dr. Klaus Schuberth Geschäftsführer Controlling und Finanzen (CF) Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA), Nürnberg Telefonnummer: 0911 179-2398 Datenquellen: Statistik und Controlling der Bundesagentur für Arbeit, Statistisches Bundesamt, Bundesinstitut für Berufsbildung Release 20.12.1
Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung 4 Allgemeine Arbeitsmarktlage 5 Zusammenfassung 6 Rahmenziele 1. Arbeitsmarktausgleich verbessern 8 Integrationsquote SGB III nach Integrationsprognosen in Prozent ................................. 8 Ungelerntenquote in Prozent ....................................................................................... 10 2. Reduzierung bzw. Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit 14 Anzahl und Anteil Langzeitarbeitsloser in Prozent ....................................................... 14 Übertrittsquote SGB II (Rechtskreiswechsler) in Prozent ............................................ 16 3. Arbeits- und Fachkräftesicherung 18 Erwerbstätigenquote in Prozent ................................................................................... 18 Eingliederungsquote nach Qualifizierungsmaßnahmen in Prozent, darunter abschlussorientiert ....................................................................................................... 21 4. Chancengleichheit und Gleichstellung 23 5. Attraktive digitale Angebote 25 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 3
Vorbemerkung Im Dezember 2018 wurde zwischen der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), und der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Durchführung der Arbeitsför- derung eine Rahmenzielvereinbarung nach § 1 Absatz 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) abgeschlossen. Die Rahmenzielvereinbarung gilt für die Dauer der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages. Sie gilt solange fort, bis eine neue Rahmenzielvereinbarung abgeschlossen ist, längstens jedoch bis zum Ablauf des nach Ende der 19. Wahlperiode folgenden Kalenderjahres. Die Präambel der Rahmenzielvereinbarung dient der Umsetzung der in § 1 SGB III festgelegten Ziele der Arbeitsförderung. Ein Eingriff in die geschäftspolitische Autonomie der BA erfolgt nicht. Es wurden fünf Rahmenziele vereinbart: Arbeitsmarktausgleich verbessern Reduzierung bzw. Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit Arbeits- und Fachkräftesicherung Chancengleichheit und Gleichstellung Attraktive digitale Angebote Die Entwicklung der Rahmenziele wird über Indikatoren/Kennzahlen beobachtet. Das Querschnitts- ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern wird dabei berücksichtigt. Daten werden daher grund- sätzlich auch geschlechterdifferenziert ausgewiesen. Der Bericht über die Entwicklung der Rahmenziele im SGB III wird seitens der BA jährlich vorgelegt. Er wird auf der Homepage des BMAS veröffentlicht. 4 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
Allgemeine Arbeitsmarktlage Der Arbeitsmarkt geriet infolge der Corona-Pandemie 2020 stark unter Druck. Ange- sichts des wirtschaftlichen Schocks waren die Verschlechterungen aber vergleichs- weise begrenzt. Stabilisierend hat dabei vor allem der massive Einsatz von Kurzarbeit gewirkt, ohne den die Beschäftigungsverluste und die Arbeitslosigkeit noch erheblich größer ausgefallen wären. Arbeitsmarkt Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Der Einbruch ist vor allem auf die im Frühjahr in Deutschland und weltweit ergriffenen Eindämmungsmaß- nahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zurückzuführen. Mit den Lockerungen setzte im drit- ten Quartal eine Erholung ein, die aber im Schlussquartal aufgrund der wieder verschärften Maßnah- men zur Eindämmung der zweiten Infektionswelle einen Dämpfer erhielt. Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage ist auch die Zahl der Leistungsberechtigten in der Arbeitslosenversicherung gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Zahl der Arbeitslosengeldempfänger aufgrund der Corona-Krise deutlich zugenommen. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten lag dagegen jahresdurch- schnittlich noch leicht unter dem Vorjahreswert. Angesichts des immensen wirtschaftlichen Schocks waren die Verschlechterungen vergleichsweise begrenzt. Stabilisierend hat dabei vor allem der mas- sive Einsatz von Kurzarbeit gewirkt, ohne den die Beschäftigungsverluste und die Arbeitslosigkeit noch erheblich größer ausgefallen wären. Ausbildungsmarkt Im Beratungsjahr 2019/20 zeigten sich bei den gemeldeten Ausbildungsstellen und bei den gemelde- ten Bewerberinnen und Bewerbern spürbare Rückgänge, wobei auf die Corona-Krise nur ein Teil zurückzuführen war. Die Rückgänge fielen auf beiden Marktseiten in etwa gleich hoch aus. Die rein rechnerischen Chancen, eine Ausbildungsstelle zu besetzen bzw. zu bekommen blieben deshalb ge- genüber dem Vorjahr unverändert. Wie in den Vorjahren überstieg die Zahl der gemeldeten Ausbil- dungsstellen die der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber. Neben den bereits aus den Vorjahren bekannten regionalen, berufsfachlichen und qualifikatorischen Ungleichgewichten hat die Corona- Pandemie seit April den Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt deutlich beeinträchtigt und die Aus- gleichsprozesse stark verlangsamt. In den letzten drei bis vier Monaten war zwar ein Aufholen er- kennbar, es verblieb aber im September ein deutlicher Rückstand im Vergleich zum Vorjahr. Ende September 2020 waren deutlich mehr Bewerberinnen und Bewerber unversorgt sowie Ausbildungs- stellen unbesetzt als im letztjährigen September. Der Anteil von gemeldeten Bewerberinnen und Be- werbern, die bis September eine Ausbildung gefunden hatten, entsprach dem zur Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009. Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente In 2020 wurden im Rechtskreis SGB III insgesamt 413.000 Personen mit Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gefördert. Mit 139.000 Teilnehmenden entfiel rund ein Drittel des Fördergesche- hens in der Kostenträgerschaft des SGB III auf Instrumente zur Förderung der Berufswahl und Be- rufsausbildung. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung war ebenfalls eines der wichtigsten In- strumente aktiver Arbeitsmarktpolitik. Im Durchschnitt des Jahres befanden sich 105.000 Personen in einer qualifizierenden Fördermaßnahme. Über das gesamte Jahr gerechnet wurden im Geschäftsbe- reich der Agenturen für Arbeit 182.000 dieser Förderungen begonnen – 27.000 weniger als im Jahr zuvor. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 5
Zusammenfassung Rahmenziele auf einen Blick Zeit- Ist-Ist Vorjahr (VJ) Ist-Ist 2014 Indikator aggregat Ist Vorjahr Ist abs. in % abs. in % 1. Arbeitsmarktausgleich verbessern Integrationsquote SGB III in % JFW 44,1 41,0 -3,1 -7,1 -4,0 -8,8 1) Ungelerntenquote in % JDW 13,9 14,0 0,1 0,7 . . 2. Langzeitarbeitslosigkeit reduzieren und vermeiden 0 . Langzeitarbeitslose im SGB III JDW 77.034 147.817 70.783 91,9 62.641 73,5 Anteil Langzeitarbeitsloser im SGB III in % JDW 9,2 12,7 3,5 38,0 2,0 18,5 Übertrittsquote SGB II in % JFW 7,4 8,1 0,8 10,4 0,2 2,5 3. Arbeits- und Fachkräftesicherung 2) Erwerbstätigenquote in % JDW 78,3 79,2 0,9 1,1 . . Eingliederungsquote 3) nach Qualifzierungsmaßnahmen gesamt in % GJW 56,4 50,8 -5,6 -9,9 . . darunter: Eingliederungsquote nach abschlussorientierten Maßnahmen in % 3) GJW 61,5 57,4 -4,0 -6,6 . . Frauen Männer Zeit- Ist-Ist VJ Ist-Ist VJ Indikator aggregat Ist Vorjahr Ist in % Ist Vorjahr Ist in % 1. Arbeitsmarktausgleich verbessern Integrationsquote SGB III in % JFW 43,6 40,2 -7,9 44,5 41,6 -6,5 1) Ungelerntenquote in % JDW 12,9 13,1 1,8 14,9 14,9 -0,2 2. Langzeitarbeitslosigkeit reduzieren und vermeiden Langzeitarbeitslose im SGB III JDW 35.551 65.538 84,3 41.482 82.279 98,3 Anteil Langzeitarbeitsloser im SGB III in % JDW 10,1 13,3 32,1 8,5 12,2 43,0 Übertrittsquote SGB II in % JFW 6,1 6,8 11,5 8,3 9,1 9,3 3. Arbeits- und Fachkräftesicherung 2) Erwerbstätigenquote in % JDW 73,9 74,8 1,1 82,6 83,5 1,1 Eingliederungsquote 3) nach Qualifzierungsmaßnahmen gesamt in % GJW 55,8 50,7 -9,1 56,8 50,8 -10,5 darunter: Eingliederungsquote 3) nach abschlussorientierten Maßnahmen in % GJW 63,6 60,3 -5,2 59,9 55,4 -7,5 JFW: Jahresfortschrittswerte, JDW: Jahresdurchschnittswerte, GJW: Gleitende Jahreswerte (12 Monate) 1) Aktuell verfügbarer neuester Datenstand: Dezember 2018. Der Vorjahresbezug ist entsprechend angepasst. 2) Aktuell verfügbarer neuester Datenstand: Dezember 2019. Der Vorjahresbezug ist entsprechend angepasst. 3) Daten stehen mit einem timelag von 8 Monaten zur Verfügung. Aktueller Ist-Wert: April 2020. Daten aus der Förderstatistik gelten erst nach 24 Monaten als ausgehärtet. 6 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
Kommentierung Arbeitsmarktausgleich verbessern Zum Jahresende werden die arbeitsmarktlichen Folgen der Pandemie im Rückgang der Integrati- onsquote sichtbar. In 2020 sind der Brancheneinschätzung zufolge besonders die Arbeitnehmerüber- lassung, das Gastgewerbe und das Verarbeitende Gewerbe von Beschäftigungsverlusten betroffen gewesen. Gleichzeitig gestaltete sich die Qualifizierung und besonders die Aktivierung der Kundinnen und Kunden schwierig. 2020 wurde, auch bedingt durch die Kontaktbeschränkungen und damit den Rückgang persönlicher Beratungsgespräche, nur noch jede/r fünfte Kunde/in durch Förderaktivitäten der BA bei der Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses unterstützt. Reduzierung bzw. Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit Die nachhaltige Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit (LZA) wird für die BA und ihre Partner auch in den kommenden Jahren (auch infolge der Corona-Krise) einen Handlungsschwerpunkt darstellen. Neben einer Verfestigung der Integrationshemmnisse bei Langzeitarbeitslosen, u.a. bedingt durch den Strukturwandel und die Digitalisierung, stellt die regional stark unterschiedliche Aufnahmefähig- keit des Arbeitsmarktes eine große Herausforderung dar. Im November 2018 hat die BA ihre Strategie zur Reduzierung der LZA veröffentlicht. Die Strategie enthält regelmäßig sowohl präventive als auch integrationsorientierte Aktivitäten sowie Ansätze zur Teilhabe am Arbeitsmarkt. Arbeits- und Fachkräftesicherung Neben der möglichst passgenauen Vermittlung hat die BA im Rahmen der „Strategie 2025“ einen Handlungsschwerpunkt zur Arbeits- und Fachkräftesicherung entwickelt. Hierfür werden vielfältige Ansätze zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2020 stand jedoch die Bewältigung der aus der Pandemie resultierenden Herausforderungen im Vordergrund. Mit der raschen Auszahlung von Kurzarbeitergeld konnten viele Fachkräfte den Betrieben erhalten bleiben und Arbeitslosigkeit verhindert werden. Trotz bestehender Kontaktbeschränkungen waren die Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte für Kunden- anliegen erreichbar. Die Qualifizierungsangebote konnten nach der anfänglichen Umstellung der Bil- dungsanbieter zu einem großen Teil in digitalen oder hybriden Formaten realisiert werden. Chancengleichheit und Gleichstellung Die BA steht für Chancengleichheit und Gleichstellung von Frauen und Männern und wirkt aktiv Be- nachteiligungen sowie geschlechterstereotypischen Zuschreibungen entgegen. Durch die Einschrän- kungen in Verbindung mit der Corona-Pandemie wurde die Förderung der Chancengleichheit und der Gleichstellung stark gehemmt. Frauen als Erziehende und in systemrelevanten Berufen sind hinsicht- lich der familiären und finanziellen Belastungen unter Druck geraten. Der gute Integrationsprozess von Migrantinnen wurde unterbrochen. Aufgrund des häufig geringeren Verdienstes erhalten Frauen in einem geringeren Umfang Kurzarbeitergeld. Zudem sind Frauen in Minijobs und deren Familien von Entgeltverlusten betroffen. Attraktive digitale Angebote Im vergangenen Jahr hat die BA viele digitale Prozesse weiterentwickelt oder neugestaltet. In 2020 wurden zahlreiche neue Online-Services im Portal integriert, die (verstärkt durch die Corona-Pande- mie und der daraus resultierenden Schließung von Dienststellen) ab ihrem Start intensiv genutzt wur- den. Die durch die Corona-Pandemie ausgelösten Kontaktbeschränkungen haben den massiven Aus- bau alternativer Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten verstärkt. Die Videoberatung wurde eingeführt und soll in 2021 weiter ausgebaut werden. Weitere virtuelle Kontaktmöglichkeiten, wie Ori- entierungsveranstaltungen oder Messen, wurden in 2020 erprobt und werden in 2021 eingeführt. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 7
Rahmenziele 1. Arbeitsmarktausgleich verbessern Zum Jahresende werden die arbeitsmarktlichen Folgen der Pandemie im Rückgang der Integrations- quote sichtbar. Gleichzeitig gestaltete sich die Qualifizierung und besonders die Aktivierung der Kun- dinnen und Kunden schwierig. Integrationsquote SGB III nach Integrationsprognosen in Prozent (Jahresfortschrittswert JFW) Die Corona-Pandemie dämpft die Beschäftigungsaufnahme der Kundinnen und Kunden. 1.1.1 Zeitreihe: 1.1.2 Integrationsquoten im Vergleich: 50,0 Integrationsquote 45,2 44,1 SGB III in % 41,0 Ist Vorjahr: 44,1 Ist - Ist VJ: - 7,1% Alle Kunden - 7,1 % Ist: 41,0 4,000 darunter: Integrations- 3,607 + 7,0% prognose Kundenpotenzial 3,346 3,370 53,0 marktnah - 3,4 % gesamt 51,2 in Mio. nicht 34,6 - 10,5 % marktnah 30,9 43,6 - 0,5% Frauen - 7,9 % Integrationen 1,512 1,487 1,479 40,2 in Mio. 44,5 Männer - 6,5 % 41,6 Dez 18 Dez 19 Dez 20 Gesamt Anteil an Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Integrationsquote SGB III in % 44,1 41,0 - 7,1 Integrationen 1.486.776 1.479.019 - 0,5 Kundenpotenzial gesamt 3.369.828 3.607.183 + 7,0 darunter Integrationsquote SGB III bei Kunden mit ■ Integrationsprognose: marktnah 53,0 51,2 - 3,4 Integrationen 646.155 642.948 43,5 - 0,5 Kundenpotenzial gesamt 1.219.796 1.256.331 34,8 + 3,0 ■ Integrationsprognose: nicht marktnah 34,6 30,9 - 10,5 Integrationen 373.721 341.938 23,1 - 8,5 Kundenpotenzial gesamt 1.081.485 1.106.215 30,7 + 2,3 1.1.3 Integrationsquote im Detail Frauen Männer Anteil an Ist - Ist VJ Anteil an Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Integrationsquote SGB III in % 43,6 40,2 - 7,9 44,5 41,6 - 6,5 Integrationen 631.942 615.768 41,6 - 2,6 854.801 863.238 58,4 + 1,0 Kundenpotenzial gesamt 1.448.100 1.531.478 42,5 + 5,8 1.921.630 2.075.654 57,5 + 8,0 darunter: Integrationsquote SGB III bei Kunden mit ■ Integrationsprognose: marktnah 53,5 51,6 - 3,5 52,6 50,9 - 3,3 Integrationen 271.296 264.869 41,2 - 2,4 374.846 378.075 58,8 + 0,9 Kundenpotenzial gesamt 507.483 513.229 40,9 + 1,1 712.278 743.095 59,1 + 4,3 ■ Integrationsprognose: nicht marktnah 34,4 29,9 - 13,2 34,7 31,8 - 8,4 Integrationen 169.956 148.181 43,3 - 12,8 203.760 193.754 56,7 - 4,9 Kundenpotenzial gesamt 493.605 496.074 44,8 + 0,5 587.862 610.129 55,2 + 3,8 8 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
Kommentierung Zum Jahresende werden die arbeitsmarktlichen Folgen der Pandemie im Ergebnis der Integrati- onsquote sichtbar. Die Beschäftigungsaufnahme brach im April und Mai 2021 deutlich ein. 100.000 Kundinnen und Kunden weniger konnten in den Arbeitsmarkt integriert werden, während das Kun- denpotenzial um 240.000 Personen stieg. Im zweiten Halbjahr konnten viele Integrationen nachgeholt werden. Insgesamt konnten 1,48 Millionen Kundinnen und Kunden in 2020 eine Beschäftigung auf- nehmen (Integrationen); dies sind rund -7.750 Integrationen weniger als im Vorjahr. Die Integrations- quote lag mit 41,0 Prozent unter dem Vorjahr. Gleichzeitig überstieg das Kundenpotenzial das Niveau des Vorjahres deutlich (+7,0 Prozent). Ein Großteil der Integrationen erfolgte nach wie vor auch nach- haltig. Der Anteil an allen Integrationen liegt bei 72 Prozent und damit auf dem Niveau des Vorjahres. Nach wie vor war der Integrationserfolg von Männern leicht höher als bei Frauen. Das Kundenpoten- zial der Männer stieg dabei mehr als das der Frauen. Die Corona Krise führte auch zu einem Einbruch der sozialversicherungspflichtigen Stellenzu- gänge im April um rund -59 Prozent. Seitdem nähern sie sich langsam dem Vorjahresniveau an, dennoch bleibt in der Jahressumme eine Lücke von gut -492.500 Stellenzugängen gegenüber dem Vorjahr (-24,1 Prozent). In 2020 sind der BA-Statistik zufolge besonders die Arbeitnehmerüberlassung (-30.300 bzw. -4,4 Prozent), das Gastgewerbe (-110.000 bzw. -10,1 Prozent) und das Verarbeitende Gewerbe (-200.000 bzw. -2,9 Prozent) von Beschäftigungsverlusten betroffen gewesen. Dabei gab es im Dezember in absoluter Rechnung die deutlichsten Anstiege im Öffentlichen Dienst (+66.000; +3,5 Prozent) und im Gesundheitswesen (+57.000 oder +2,2 Prozent). Auch die Kundenstruktur wurde durch die Corona-Pandemie beeinflusst. Zwar wird knapp die Hälfte der Kundinnen und Kunden im Bestand als nicht marktnah eingestuft, jedoch ging der Anteil der marktfernen Kundinnen und Kunden im Vergleich zu 2019 um 6 Prozent zurück, während der Anteil der marktnahen Kundinnen und Kunden auf 39 Prozent stieg. Besonders deutlich zeigte sich diese Entwicklung in Baden-Württemberg, Berlin-Brandenburg und Sachsen. Der Integrationserfolg bei marktnahen Kundinnen und Kunden ist mit 51,2 Prozent deutlich höher als bei nicht marktnahen Kun- dinnen und Kunden. Qualifizierung hat weiterhin einen wichtigen Stellenwert, um die Beschäftigungschancen insbeson- dere der nicht marktnahen Kundinnen und Kunden zu erhöhen. Pandemiebedingt konnte das hohe Niveau an Qualifizierungen jedoch nicht gehalten werden. Im Vergleich zu 2019 wurden rund ein Fünftel weniger Maßnahmeeintritte umgesetzt, dabei ist die Aktivierung vom Rückgang stärker betrof- fen als die Qualifizierung. Zum Jahresende lag der Anteil an geförderten Integrationen bei 20 Prozent, das heißt 2020 wurde jede/r fünfte Kunde/in durch Förderaktivitäten der BA bei der Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses unterstützt. 2019 war es noch jede/r vierte Kunde/in. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 9
Ungelerntenquote in Prozent (Jahresdurchschnittswert JDW) 1) Die Ungelerntenquote junger Erwachsener stieg leicht an. Überdurchschnittlich stark angestie- gen ist die Ungelerntenquote bei den 20-24-Jährigen. 1.2.1 Zeitreihe 15,0 13,9 13,9 14,0 Ungelerntenquote + 0,7% in % 10,000 Anzahl junger - 2,1% Erwachsener 9,729 9,666 9,465 (20-29 Jahre) in Mio. Anzahl ungelernter - 1,4% junger Erwachsener 1,350 1,346 1,327 (20-29 Jahre) in Mio. Dez 16 Dez 17 Dez 18 Gesamt Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist in % Ungelerntenquote in % 13,9 14,0 + 0,7 Anzahl ungelernter junger Erwachsener (20-29 Jahre) 1.346.000 1.327.000 - 1,4 Anzahl junger Erwachsener (20-29 Jahre) 9.666.000 9.465.000 - 2,1 ergänzend: Ungelerntenquote bei jungen Erwachsenen im Alter von 20- unter 35 Jahren Ungelerntenquote in % (20-
Kommentierung Das Geschehen am Ausbildungsmarkt war im Ausbildungsjahr 2019/20 stark durch die Auswirkun- gen der Corona-Pandemie geprägt. Die Kommunikation mit Kundinnen und Kunden (Schülerinnen und Schülern, Nichtschülerinnen und Nichtschülern und Auszubildenden), deren Eltern sowie den Betrieben und den weiteren Partnern am Ausbildungsmarkt gestaltete sich schwierig. Daher wurden erprobte Dienstleistungen virtuell angeboten (z. B. Einführung der Videoberatung im Oktober, Ausbil- dungsmessen), um junge Menschen und Betriebe in der Pandemiesituation zu erreichen und zu un- terstützen. Die BA hat das Dienstleistungsversprechen abgegeben, den Ausgleich am Ausbildungs- markt in der aktuellen Pandemiesituation zu unterstützen. Dazu führten die Agenturen für Arbeit unter den gegebenen Voraussetzungen alle Aktivitäten durch, die die Aufnahme von Ausbildungen im Jahr 2020 qualifiziert unterstützten. Dabei wurde die Zusammenarbeit mit externen Partnern am Arbeits- und Ausbildungsmarkt (Schulträger, Lehrkräfte, Kammern etc.) intensiviert. Allerdings erschwerte es die Corona-Krise vielen Ausbildungsbetrieben, weiterhin junge Menschen auszubilden. Arbeitgebe- rinnen und Arbeitgeber konnten daher die Ausbildungsprämie oder andere Förderungen aus dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ beantragen. Dieses Förderprogramm richtete sich an kleine und mittlere Unternehmen, die von der Corona-Krise betroffen sind. Die Begleitung junger Menschen am Übergang Schule – Beruf ist eine Kernaufgabe der BA. Im Rahmen der Berufsberatung vor dem Erwerbsleben wird das Dienstleistungsangebot in allen Agen- turen für Arbeit sukzessive ausgebaut. Seit dem Schuljahresbeginn 2019/2020 finden Berufsorientie- rungsveranstaltungen flächendeckend an allgemeinbildenden Regelschulen, Gymnasien und gymna- sialen Oberstufen der Gesamtschulen ein Schuljahr früher statt – unterbrochen durch pandemiebe- dingte Kontaktbeschränkungen. Beratungsgespräche und Sprechzeiten werden soweit möglich vor Ort angeboten und die Zusammenarbeit mit externen Partnern am Arbeits- und Ausbildungsmarkt (Schulträger, Lehrkräfte, Kammern etc.) intensiviert. Für die Beratung vor dem Erwerbsleben wurden sukzessive 942 Stellen in drei Jahrestranchen zugeteilt. Damit stärkt die BA die Prävention am Übergang Schule – Beruf sehr deutlich. Auch quali- tativ werden höhere Anforderungen an die Beraterinnen und Berater gestellt: 2019 wurde ein neuer Dienstposten „Berufsberater/in in der BA“ eingerichtet, der neben einer mehrjährigen Erfahrung im Bereich Markt und Integration auch eine Beratungszertifizierung vorsieht. Die Konzeption und Durch- führung der Qualifizierung mit Zertifizierung erfolgen in Zusammenarbeit mit der Hochschule der BA (HdBA). Mit der Beratungszertifizierung – deren Beginn ebenfalls pandemiebedingt verschoben wer- den musste – wird ein einheitliches hohes Niveau der beraterischen Dienstleistungen für die Kundin- nen und Kunden dauerhaft sichergestellt. Mit dem Selbsterkundungstool (Check-U) steht Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit und ohne Hochschulzugangsberechtigung ein Tool für die Unterstützung der Berufs- und Studienorientie- rung zur Verfügung. Dadurch werden die Elemente im Prozess der beruflichen Orientierung und Be- ratung (Berufsorientierungsveranstaltungen, Sprechzeiten, persönliche Beratungsgespräche, Medien und Online-Angebote) eng verzahnt. Auch 2020 wurde wie in den vergangenen Jahren rund ein Viertel aller betrieblichen Ausbildungs- verträge vorzeitig gelöst – nur ungefähr die Hälfte der Auszubildenden mit einem gelösten Ausbil- dungsvertrag mündet erneut in eine vollqualifizierende Ausbildung ein, die andere Hälfte erwirbt oft- mals keinen Berufsabschluss mehr und findet in der Folge allenfalls nur noch Jobs als Un- oder An- gelernte. Mit der 2. Tranche der Berufsberatung vor dem Erwerbsleben erhöht die BA ihre Präsenz an Berufsschulen und stellt Auszubildenden Beratungs- bzw. Unterstützungsangebote zur Verfügung, um Ausbildungen zu stabilisieren bzw. ggf. einen Übergang reibungsloser zu gestalten. Für die Stu- dierenden und damit auch für potenzielle Studienabbrecher wird das Angebot mit der 3. Tranche der Lebensbegleitenden Berufsberatung (LBB) ausgeweitet. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 11
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich laut Berufsbildungsbericht 2020 (S. 72) die Ungelerntenquote im Alter von 20 bis 34 Jahren leicht auf 14,4 Prozent erhöht. Die absolute Zahl der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss in dieser Altersgruppe blieb hingegen stabil bei 2,12 Mio. Personen. Über- durchschnittlich stark angestiegen ist die Ungelerntenquote bei den 20-24-Jährigen: +0,4 Prozent- punkte. Die Ungelerntenquote variiert stark in Abhängigkeit zum erreichten Schulabschluss. Personen ohne Schulabschluss sind besonders gefährdet, keinen Berufsabschluss zu erzielen. Überdurchschnittlich häufig bleiben Personen mit Migrationshintergrund ohne Berufsabschluss. Nach Berechnungen des BIBB auf Basis des Mikrozensus 2018 beträgt die Ungelerntenquote der 20- bis 34-jährigen Migrantinnen und Migranten mit eigener Migrationserfahrung 32,9 Prozent (+0,9 Pro- zentpunkte gegenüber dem Vorjahr). Mit dem Konzept der „Berufsberatung vor dem Erwerbsleben“ wird ein wichtiger Schritt in Richtung Prävention gegangen, der allen Jugendlichen zugutekommt und insbesondere Jugendliche mit schwächeren Startchancen erreicht. Erste Ergebnisse aus der Evaluation des IAB bestätigen dies (z.B. 30. September 2020 | IAB-Forum Bildung und Erwerbschancen: Berufsorientierung durch Schu- len und Arbeitsagenturen ist für Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders wichtig; Autoren: Ute Leber, Silke Anger et al.). Die BA führt zudem ihre kulturdifferenzierten Unterstützungsansätze für jugendliche Migrantinnen und Migranten am Übergang Schule – Beruf fort. Agenturen und Jobcenter stellen gute lokale und regio- nale Ansätze zur Unterstützung Jugendlicher zur Verfügung. Diese werden in aufbereiteter und leicht zugänglicher Form als „Übersicht zu Angeboten kulturdifferenzierter Unterstützung und berufsbezo- gener Spracherwerb für jugendliche Migrantinnen und Migranten“ im Intranet der BA zur Verfügung gestellt. Zudem fördert die BA Kooperationsvereinbarungen zur Zusammenarbeit von Agenturen für Arbeit, Jobcentern mit Migrationsberatungen sowie Jugendmigrationsdiensten und stellt Informations- material für Eltern mit Flucht- bzw. Migrationshintergrund zur Verfügung. Auch im Rahmen der Ju- gendgarantie stehen diese Jugendlichen mit schwächeren Startchancen im Fokus. Die BA berichtet im BiBB-Hauptausschuss regelmäßig zu ihren Aktivitäten für Jugendliche mit Flucht- und/oder Migrationshintergrund und deren Situation auf dem Ausbildungsmarkt (zuletzt am 11. März 2021). Damit unterstützt sie Transparenz und Ansatzmöglichkeiten für diese Gruppe. Die BA richtet auch ihre berufskundlichen Medien auf die Zielgruppe aus. So steht auf der Plattform „Planet-beruf“ ein multilingualer Bereich „Einsteigen“ insbesondere für Geflüchtete sowie ein Eltern- magazin in türkischer Sprache zur Verfügung. Der Berufswahlfahrplan wird in den Fremdsprachen Arabisch, Englisch und Französisch angeboten. Jugendberufsagenturen setzen sich für eine verbesserte soziale und berufliche Integration junger Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf ein. Die Zusammenarbeit von Agentur für Arbeit, Jobcenter und Jugendhilfe werden unterstützt durch die neue digitale Plattform YouConnect, die ab 2021 den Austausch zwischen den drei Sozialleistungsträgern im SGB II, III und VIII unterstützen wird. Damit Schülerinnen und Schülern ohne konkrete berufliche Anschlussperspektive bei Bedarf Informations- und Unterstützungsangebote der Berufsberatung erhalten, wurde am 1. Juli 2020 durch den neuen § 31a SGB III erstmalig eine Gesetzesgrundlage für den Austausch von Schülerdaten zwischen Ländern und der BA geschaffen. Zur IT-unterstützten Umsetzung des § 31a SGB III wurde am 1. Januar 2021 ein Projekt gestartet, mit dem Ziel, ab Mitte 2021 den Bundesländern eine Schnitt- stelle zum Austausch von Schülerdaten zur Verfügung zu stellen. Dies soll auch dazu beitragen, Ju- gendlichen ohne Anschlussperspektive schneller und effektiver ein Beratungsangebot zu machen und damit die Ziele im Rahmen der Jugendgarantie besser zu erreichen. Um jungen Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf den Weg in eine erfolgreiche Aus- bildung zu eröffnen, setzt die BA gezielt die Förderinstrumente im SGB III ein. Ähnlich wie in den vergangenen Jahren unterstützten die Agenturen für Arbeit 2020 rund 49.400 junge Menschen, die 12 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
noch nicht in der Lage waren, eine betriebliche Ausbildung aufzunehmen, mit Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB), um sie auf die Aufnahme einer Ausbildung vorzubereiten und möglichst nachhaltig in den Ausbildungsmarkt zu integrieren. 30.450 Auszubildende haben ausbildungsbeglei- tende Hilfen (abH) bekommen, weitere 5.300 benachteiligte junge Menschen haben eine intensivere Unterstützung und Begleitung durch die Assistierte Ausbildung (AsA) erhalten. Um diese Unterstützung trotz der Corona-Pandemie weiter anzubieten, setzen viele Maßnahmeträ- ger auf eine Durchführung in alternativer Form (digitale Plattformen, Telefonie, Arbeitsblätter). So- fern möglich, werden Maßnahmen unter Einhaltung der Hygienevorgaben auch in Präsenz angebo- ten. Auf diese Weise werden junge Menschen am Übergang Schule – Beruf individuell unterstützt und begleitet. Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente wurden in ihrer Ausgestaltung auf den Prüfstand gestellt und weiterentwickelt. Mit dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterent- wicklung der Ausbildungsförderung wurde mit den §§ 74 ff. SGB III die Assistierte Ausbildung dauer- haft ins SGB III übernommen. Die neue Assistierte Ausbildung fasst die Unterstützungsangebote der abH und der AsA in einem Instrument zusammen, um dem individuellen Unterstützungsbedarf gerecht zu werden. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 13
2. Reduzierung bzw. Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit Die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit (LZA) SGB III zeigt, dass es infolge der Corona-Krise zu einem Anstieg sowie einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit kam. Es gab sowohl mehr Übertritte von Kurzzeitarbeitslosigkeit in LZA als auch weniger Abgänge aus LZA. Die nachhaltige Reduzierung der LZA wird für die BA in den kommenden Jahren ein Handlungsschwerpunkt sein. Anzahl und Anteil Langzeitarbeitsloser in Prozent (Jahresdurchschnittswert JDW) Der Anteil Langzeitarbeitsloser im SGB III stieg 2020 deutlich an. 2.1.1 Zeitreihe 13,0 12,7 + 3,5 %-Punkte Anteil 9,9 Langzeitarbeitsloser 9,2 im SGB III in % 1.200,0 1.165,5 + 39,0% 838,4 Arbeitslose im SGB III 776,8 in Tausend Langzeitarbeitslose 147,8 + 91,9% im SGB III 77,2 77,0 in Tausend Dez 18 Dez 19 Dez 20 Gesamt Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ist - Ist VJ Anteil Langzeitarbeitsloser im SGB III in % 9,2 12,7 + 3,5 Langzeitarbeitslose im SGB III 77.034 147.817 + 91,9% Arbeitslose im SGB III 838.367 1.165.548 + 39,0% 2.1.2 Langzeitarbeitslosigkeit im Detail Frauen Männer Anteil an Ist - Ist VJ Anteil an Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Anteil Langzeitarbeitsloser im SGB III in % 10,1 13,3 + 32,1 8,5 12,2 + 43,0 Langzeitarbeitslose im SGB III 35.551 65.538 44,3 + 84,3 41.482 82.279 55,7 + 98,3 Arbeitslose im SGB III 352.891 492.385 42,2 + 39,5 485.470 673.153 57,8 + 38,7 14 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
Kommentierung Im Jahresverlauf 2020 stieg der Anteil Langzeitarbeitsloser an allen Arbeitslosen um +3,5 Pro- zentpunkte auf 12,7 Prozent. Bei einem Anstieg der Arbeitslosen insgesamt um +39 Prozent verdop- pelte sich die absolute Zahl der Langzeitarbeitslosen nahezu. Frauen sind stärker von der Langzeit- arbeitslosigkeit (LZA) betroffen, allerdings nimmt die Anzahl langzeitarbeitsloser Männer in 2020 stär- ker zu als bei Frauen. Neben der zu vermutenden einmaligen Wirkung der Verlängerung der An- spruchsdauer auf Arbeitslosengeld im Rahmen des Zweiten Sozialschutz-Pakets von Mai 2020 hat natürlich die allgemeine Situation am Arbeitsmarkt und die besondere pandemische Situation zu dieser Entwicklung geführt. Die coronabedingte Erhöhung der LZA erklärt sich zum einen mit mehr Übertritten in Langzeitar- beitslosigkeit, weil Beschäftigungsaufnahmen und Förderungen vor Eintritt der LZA deutlich weniger geworden sind. Zum anderen beendeten weniger Langzeitarbeitslose ihre Arbeitslosigkeit, etwa durch Beschäftigungsaufnahme oder eine Fördermaßnahme. Die nachhaltige Reduzierung der LZA wird für die BA und ihre Partner auch in den kommenden Jahren (auch infolge der Corona-Krise) einen Handlungsschwerpunkt darstellen. Neben einer Verfes- tigung der Integrationshemmnisse bei Langzeitarbeitslosen, u.a. bedingt durch den Strukturwandel und die Digitalisierung, stellt die regional stark unterschiedliche Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmark- tes eine große Herausforderung dar. Folgende strategische Aktivitäten wurden seitens der BA ergrif- fen, um eine nachhaltige Reduzierung der LZA zu unterstützen. Im November 2018 hat die BA ihre Strategie zur Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit veröf- fentlicht. Die von den Agenturen für Arbeit im Verbund mit ihren kommunalen Partnern ausgestaltete Strategie enthält regelmäßig sowohl präventive als auch integrationsorientierte Aktivitäten sowie An- sätze zur Teilhabe am Arbeitsmarkt. Seit dem 1. Quartal 2019 werden in den inzwischen 49 LZA-Schwerpunktregionen, gemeinsam mit den 10 Regionaldirektionen, innovative Ansätze zur Verbesserung der individuellen Beschäftigungs- fähigkeit entwickelt und erprobt. Die LZA-Schwerpunktregionen dienen dabei als Laborräume für die Ausgestaltung und Erprobung der Entwicklungsthemen der LZA-Strategie und sind zudem als Multi- plikatoren, Dialogpartner und Ideengeber nach innen und außen anzusehen. Im Januar 2020 wurde die Broschüre „Die LZA-Schwerpunktregionen stellen sich vor“ veröffent- licht. Im März 2020 wurde im Rahmen der LZA-Fachtagung in Schwerin eine erste Zwischenbilanz zur LZA-Strategie unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern aus dem Bund, den Ländern und der Wissenschaft gezogen. Aufgrund der aus der Pandemie resultierenden Einschränkungen (bspw. die erhebliche Einschrän- kung persönlicher Kontaktmöglichkeiten) wurde die bestehende LZA-Strategie weiterentwickelt und an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Beispielsweise wurde die Evaluation zu „Lebenslagenorientierte Integrationsstrategien im kommunalen Raum“ um „Corona-Aspekte“ ergänzt, um auch unter Pandemie-Bedingungen die Erfolgsfaktoren der Integrationsarbeit zu erheben. Das Entwicklungsthema „Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung am allgemei- nen und sozialen Arbeitsmarkt“ wurde um Aspekte der alternativen Maßnahmedurchführung und digitale Lernformen für Langzeitarbeitslose erweitert. Im Jahr 2020 wurden Produkte nach § 45 SGB III bereitgestellt, die neben der Vermittlung digitaler Grundkompetenzen auch den Einsatz von Video- telefonie, virtuellen Klassenzimmern und Lernplattformen vorsehen. Es ist geplant, dort, wo es geeig- net erscheint, Elemente, wie z.B. Coachingmaßnahmen, die Bestandteil einer Förderung nach §§ 16e und 16i SGB II sein können, auch auf weitere Produkte für Langzeitarbeitslose zu übertragen. Trotz der positiven Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit der letzten Jahre zeigt sich gerade durch die pandemiebedingte Unterbrechung dieses Trends, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht, um einer Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit auf mehreren Ebenen entgegenzuwirken. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 15
Übertrittsquote SGB II (Rechtskreiswechsler) in Prozent (Jahresfortschrittswert JFW) Im Vergleich zu 2019 traten deutlich mehr Kundinnen und Kunden in die Grundsicherung über. 2.2.1 Zeitreihe 9,0 8,1 Übertrittsquote 7,2 7,4 + 10,4% SGB II in % 3.000,0 Abgänge aus 2.756,3 2.721,4 - 4,3% Kundenkontakt 2.604,1 in Tausend Übertritte SGB II 197,9 200,3 211,5 + 5,6% in Tausend Dez 18 Dez 19 Dez 20 Gesamt Anteil an Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Übertrittsquote SGB II in % 7,4 8,1 + 10,4 Übertritte SGB II 200.266 211.537 + 5,6 davon: Übertritte SGB II - Leistungsempfänger 124.844 113.529 53,7 - 9,1 Übertritte SGB II - Nichtleistungsempfänger 75.422 98.008 46,3 + 29,9 Abgänge aus Kundenkontakt (LE+NLE) 2.721.420 2.604.098 - 4,3 2.2.2 Übertrittsquote SGB II im Detail Frauen Männer Anteil an Ist - Ist VJ Anteil an Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Ist Vorjahr Ist Ges. in % in % Übertrittsquote SGB II in % 6,1 6,8 + 11,5 8,3 9,1 + 9,3 Übertritte SGB II 70.840 73.657 34,8 + 4,0 129.425 137.878 65,2 + 6,5 davon: Übertritte SGB II - Leistungsempfänger 45.364 38.893 34,3 - 14,3 79.479 74.635 65,7 - 6,1 Übertritte SGB II - Nichtleistungsempfänger 25.476 34.764 35,5 + 36,5 49.946 63.243 64,5 + 26,6 Abgänge aus Kundenkontakt (LE+NLE) 1.160.473 1.082.609 41,6 - 6,7 1.560.884 1.521.461 58,4 - 2,5 16 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
Kommentierung Neben der Entstehung von Langzeitarbeitslosigkeit soll der Übertritt in die Grundsicherung ver- mieden werden. Dabei wird das Verhältnis zwischen den Übertritten von Arbeitslosen in die Grundsi- cherung zu allen Abgängen aus Kundenkontakt, das heißt zu allen Kunden und Kundinnen, die das SGB III verlassen, abgebildet. Ziel ist es, die Kundinnen und Kunden vor den Übertritt in die Grundsi- cherung zu integrieren. Im Rechtskreis SGB III traten im Jahr 2020 rund 229.000 Arbeitslose in Langzeitarbeitslosigkeit über; 61,3 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. 211.500 Arbeitslose traten in das SGB II über; 5,6 Pro- zent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Das Risiko, in die Grundsicherung überzutreten, hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr spürbar erhöht. 2020 wechselten 8,1 Prozent der Kundinnen und Kunden, die den Rechtskreis SGB III verließen, in die Grundsicherung. Die Binnenstruktur der übertretenden Kundinnen und Kunden verschob sich von Leistungsempfän- ger/innen hin zu Nichtleistungsempfänger/innen. 2020 traten -9,1 Prozent weniger Leistungsemp- fängerinnen und Leistungsempfänger nach Ende ihres Leistungsbezuges in die Grundsicherung über. Im Rahmen des Zweiten Sozialschutz-Pakets wurde beschlossen, Arbeitslosengeld einmalig 3 Monate länger auszuzahlen. Das galt für alle, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 endete. Die verlängerte Anspruchsdauer könnte in 2021 von Januar bis April zu zu- sätzlichen Abgängen von Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern nach Ende ihres Leis- tungsbezuges führen und zu rund 29.000 Übertritten in SGB II. Gleichzeitig traten +29,9 Prozent mehr Nicht-Leistungsempfänger/innen in die Grundsicherung über. Der Zuwachs ist auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. In den Monaten April und Mai wech- selten 23.600 Kundinnen und Kunden in die Grundsicherung und somit doppelt so viele wie in 2019. Während sich die Zahl der Rechtskreiswechsler der Nichtleistungsempfänger/innen im Sommer und Herbst normalisierte, stieg sie zum Jahresende wieder an. Allein im Dezember wechselten 9.200 Kun- dinnen und Kunden in das SGB II (Dezember 2019: 5.500 Kundinnen und Kunden). Frauen sind von dieser Entwicklung stärker betroffen als Männer. Durch die Corona-Pandemie verloren viele Kundin- nen und Kunden ihre Minijobs, z. B. im Gastronomie-Bereich, deren Ausfall nicht mit Kurzarbeitergeld ausgeglichen werden konnte. 57,5 Prozent der in 2020 im gewerblichen Bereich gemeldeten Minijobs entfielen auf Frauen. Diese gingen im Vergleich zum Vorjahr mit -14,2 Prozent stärker zurück als bei Männern (-10,9 Prozent). Zudem leiden Frauen zunehmend unter der Corona-Pandemie, da sie durch fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht wie gewohnt ihrer Tätigkeit nachgehen können. Darüber hinaus fallen regionale Besonderheiten auf. Besonders in Regionen wie Bayern und Ba- den-Württemberg, in denen bisher nur ein geringer Anteil in die Grundsicherung wechselte (2019: Bayern 4,4 Prozent; Baden-Württemberg 5,5 Prozent), ist ein starker Anstieg zu beobachten (Bayern +23,5 Prozent; Baden-Württemberg +22,2 Prozent im Vergleich zu 2019). Auf den Arbeitsmarkt wir- ken sich neben der Corona-Pandemie hier auch der Strukturwandel, ausgelöst von technologischen Veränderungen, aus. Das höchste Übertrittsrisiko besteht in Berlin-Brandenburg mit 10,8 Prozent. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 17
3. Arbeits- und Fachkräftesicherung Neben der möglichst passgenauen Vermittlung hat die BA im Rahmen der „Strategie 2025“ einen Handlungsschwerpunkt zur Arbeits- und Fachkräftesicherung entwickelt, um die Agenturen für Arbeit und die gemeinsamen Einrichtungen bei der Überprüfung, Systematisierung und Weiterentwicklung ihrer lokalen Strategien zu unterstützen. Erwerbstätigenquote in Prozent (Jahresdurchschnittswert JDW) 2) Die Erwerbstätigenquote nahm in 2019 leicht zu und stieg auf 79,2 Prozent. > 3.1.1 Zeitreihe 77,4 78,3 79,2 80,0 Erwerbstätigenquote + 1,1% in % 60,000 0,0% Bevölkerung im erwerbs- 53,772 53,497 53,521 fähigen Alter (15-65 Jahre) in Mio. + 1,2% 41,641 41,895 42,379 Erwerbstätige in Mio. Dez 17 Dez 18 Dez 19 Gesamt Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist in % Erwerbstätigenquote in % 78,3 79,2 + 1,1 Erwerbstätige 41.894.710 42.378.560 + 1,2 Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 - 65 Jahre) 53.497.410 53.520.980 + 0,0 3.1.2 Erwerbstätigkeit im Detail Frauen Männer Anteil an Ist - Ist VJ Anteil an Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ges.in % in % Ist Vorjahr Ist Ges.in % in % Erwerbstätigenquote in % 73,9 74,8 + 1,1 82,6 83,5 + 1,1 Erwerbstätige 19.514.240 19.770.580 46,7 + 1,3 22.380.460 22.607.980 53,3 + 1,0 Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 - 65 Jahre) 26.390.680 26.444.730 49,4 + 0,2 27.106.730 27.076.260 50,6 - 0,1 2) Aktuell verfügbarer neuester Datenstand: Dezember 2019. Der Vorjahresbezug ist entsprechend angepasst. 18 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
Kommentierung Die BA hat im Rahmen der „Strategie 2025“ einen Handlungsschwerpunkt zur Arbeits- und Fachkräf- tesicherung entwickelt. Hierfür werden vielfältige Ansätze zur Verfügung gestellt, die z.B. auf (noch nicht vollständig) erschlossene Potenzialgruppen fokussieren, neue Beratungsansätze beinhalten oder den Vermittlungsprozess erweitern. Die Aktivitäten im Handlungsfeld sind in einen intensiven und in der BA ebenenübergreifenden kontinuierlichen Austausch eingebettet. Die Erwerbstätigen- quote nahm im Jahresdurchschnitt 2019 leicht zu und stieg auf 79,2 Prozent. Die Quote der Männer lag deutlich über der der Frauen. Im Jahr 2020 stand jedoch die Bewältigung der aus der Pandemie resultierenden Herausforderun- gen im Vordergrund. Die klare Ressourcenallokation zur Bewältigung der Pandemie musste zwangs- läufig zu einer Repriorisierung anderer Themen führen, darunter auch die Bearbeitung der strategi- schen Themen zur Fachkräftesicherung. Im Rahmen der Pandemiebewältigung standen folgende Aufgaben zur Fachkräftesicherung im Fokus: ● Mit der raschen Auszahlung von Kurzarbeitergeld konnten viele Fachkräfte den Betrieben erhalten bleiben und Arbeitslosigkeit verhindert werden. ● Arbeitslos gewordene Fachkräfte wurden dabei unterstützt, wieder in den Arbeitsmarkt einzumün- den. Um möglichen Persistenz-Problemen nach der Krise frühzeitig entgegen zu wirken, haben Beratungen, Vermittlungen und Qualifizierungen in der Krise weiterhin stattgefunden, um den Marktausgleich zu unterstützen. ● Trotz bestehender Kontaktbeschränkungen waren die Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte für Kundenanliegen erreichbar. Die meisten Anliegen konnten telefonisch geklärt werden. Aber auch Präsenzgespräche zur Klärung komplexer Anliegen waren unter Beachtung der Hygienestan- dards möglich. Mit einem Einstieg in Videogespräche konnte ein weiterer Kommunikationsweg eröffnet werden. ● Im Bereich der Vermittlung konnte die BA aufgrund der kontinuierlichen technischen Weiterent- wicklung der Vermittlungsprozesse teilweise gut auf die Krisensituation reagieren. Mittels einer neuen technischen Assistenzfunktion kann die Suche nach Stellenangeboten in höherem Maße automatisiert erfolgen. Das Suchprofil und -verhalten wird in der Beratung mit den Kunden und Kundinnen konfiguriert. Arbeitssuchende und Arbeitslose erhalten auf dieser Basis regelmäßig passende Stellenangebote und werden so optimal bei der Arbeitssuche unterstützt. Die zeitauf- wändigere manuelle Suche konnte dadurch entlastet und Ressourcen konnten auf die Bewälti- gung der Pandemieauswirkungen konzentriert werden. ● Die Qualifizierungsangebote konnten nach der anfänglichen Umstellung der Bildungsanbieter zu einem großen Teil in digitalen oder hybriden Formaten realisiert werden. Durch den digitalen Zu- gang zu Weiterbildungsangeboten war auch die Vereinbarung von Erziehungs-/Pflege- und Sorge-Aufgaben und beruflicher Weiterbildung in Zeiten der Pandemie besser möglich. ● Im Bereich der internationalen Fachkräftesicherung wurden wichtige organisatorische und techni- sche Grundlagen für die Umsetzung des FEG (Fachkräfteeinwanderungsgesetz) und die damit verbundenen Aktivitäten gelegt (u.a. Erste Potenzialanalysen für Fokusländer, Vorbereitung Ver- mittlungsabsprachen, Pilotprojekte zur Fachkräftemigration). Auch in der europäischen Zusam- menarbeit wurden die Themen faire Mobilität und Arbeitsmigration weiter vorangetrieben. Der Prozess des strukturellen Wandels hat sich durch die Pandemie nochmals beschleunigt. Es gilt, diesen Wandel insbesondere mit Weiterbildungsaktivitäten zu begleiten und zu unterstützen. Die operativen Weichenstellungen zur Umsetzung des im Mai 2020 in Kraft getretenen „Arbeit-von-mor- gen-Gesetzes“ wurden vorgenommen und damit weitere Unterstützungsansätze zur Begleitung der Transformationsprozesse in der Arbeitswelt gesetzt. Arbeitgeber haben seit 01. Januar 2021 die Mög- lichkeit, Sammelanträge für mehrere ihrer Beschäftigten mit vergleichbarem Weiterbildungsbedarf zu © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 19
stellen. Hierdurch wird eine Vielzahl an Beschäftigten bei der Qualifizierung unterstützt. Ebenso dient diese Gestaltungsmöglichkeit einer Verfahrensvereinfachung für Arbeitgeber. Auch Einzelförderungen gewinnen beim Ausgleich der Folgen des beschleunigten Strukturwandels an Bedeutung. 20 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
Eingliederungsquote nach Qualifizierungsmaßnahmen in Prozent, darunter abschlussorientiert (Gleitender 12-Monatswert GJW) 3) Gut die Hälfte der Absolventinnen und Absolventen von Qualifizierungsmaßnahmen waren sechs Monate nach der Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme sozialversicherungspflichtig be- schäftigt. 3.2.1 Zeitreihe Eingliederungsquote… 62,4 61,5 56,7 56,4 57,4 - 6,6% 50,8 nach Qualifzierungs- maßnahmen gesamt nach abschluss- orientierten Qualifizierungs- maßnahmen Apr 18 Apr 19 Apr 20 Gesamt Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist in % Eingliederungsquote nach Qualifzierungsmaßnahmen gesamt in % 56,4 50,8 - 9,9 Austritte aus Qualifizierungsmaßnahmen 306.652 320.460 + 4,5 Sozialvers.pflichtig Beschäftigte 6 Monate nach Austritt 172.813 162.726 - 5,8 darunter: Eingliederungsquote nach abschlussorientierten Maßnahmen in % 61,5 57,4 - 6,6 Austritte aus abschlussorientierten Qualifizierungsmaßnahmen 65.599 68.627 + 4,6 Sozialvers.pflichtig Beschäftigte 6 Monate nach Austritt 40.331 39.426 - 2,2 3.2.2 Eingliederunsquote im Detail Frauen Männer Anteil an Ist - Ist VJ Anteil an Ist - Ist VJ Indikator/Kennzahl Ist Vorjahr Ist Ges.in % in % Ist Vorjahr Ist Ges.in % in % Eingliederungsquote nach Qualifzierungsmaßnahmen gesamt in % 55,8 50,7 - 9,1 56,8 50,8 - 10,5 Austritte aus Qualifizierungsmaßnahmen 133.158 137.795 43,0 + 3,5 173.494 182.664 57,0 + 5,3 Sozialvers.pflichtig Beschäftigte 6 Monate nach Austritt 74.283 69.867 42,9 - 5,9 98.530 92.858 57,1 - 5,8 darunter: Eingliederungsquote nach abschlussorientierten Maßnahmen in % 63,6 60,3 - 5,2 59,9 55,4 - 7,5 Austritte aus abschlussorientierten Qualifizierungsmaßnahmen 28.067 28.665 41,8 + 2,1 37.532 39.962 58,2 + 6,5 Sozialvers.pflichtig Beschäftigte 6 Monate nach Austritt 17.863 17.289 43,9 - 3,2 22.468 22.137 56,1 - 1,5 3) Daten stehen mit einem timelag von 8 Monaten zur Verfügung. Aktueller Ist-Wert: April 2020. Daten aus der Förderstatistik gelten erst nach 24 Monaten als ausgehärtet. © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 21
Kommentierung Infolge der Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Krise konnten seit April erheblich we- niger arbeitsmarktpolitische Maßnahmen begonnen werden. Dennoch bestehen angesichts des wei- terhin hohen Anteils an als nicht marktnah eingestuften Kundinnen und Kunden Qualifizierungsbe- darfe. Im Durchschnitt des Jahres befanden sich 105.000 Personen in einer qualifizierenden Förder- maßnahme. Über das gesamte Jahr gerechnet wurden im Geschäftsbereich der Agenturen für Arbeit 182.000 dieser Förderungen begonnen – 27.000 weniger als im Jahr zuvor. Zudem stellen die Digitalisierung und der demografische Wandel den Arbeitsmarkt vor neue Her- ausforderungen. Anfang 2019 wurde deshalb die Weiterbildungsförderung für alle Beschäftigten aus- gebaut, deren berufliche Tätigkeiten durch digitale Technologien ersetzt werden können, die in sons- tiger Weise vom Strukturwandel bedroht sind oder die eine Weiterbildung in einem Engpassberuf anstreben. Kundinnen und Kunden in der Arbeitslosenversicherung verfügen in der Regel über aktu- ellere Erfahrungen im Berufsleben. Für sie sind daher arbeitsmarktpolitische Instrumente wichtig, die auf eine Verbesserung von bereits vorhandenen Qualifikationen oder eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt abzielen. Der Erfolg des Einsatzes arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen im Bereich der beruflichen Qualifizie- rung verschlechterte sich 2020. Gut die Hälfte der Absolventinnen und Absolventen von Qualifizie- rungsmaßnahmen war sechs Monate nach der Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme sozial- versicherungspflichtig beschäftigt. Der Integrationserfolg nach einer abschlussorientierten Maßnahme liegt mit 58 Prozent noch etwas höher. Im Vergleich zum Vorjahr ging der Eingliederungserfolg jedoch zurück. Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Krise und unsichere Perspektiven am Arbeits- markt erschweren die Eingliederung nach abgeschlossener Qualifizierungsmaßnahme. Die Förde- rung der beruflichen Weiterbildung leistet dennoch einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fach- kräftebedarfs und zur Prävention von längerfristiger Arbeitslosigkeit. Die schnellen technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen erfordern zudem ein ständiges Weiterlernen. Frauen und Männer sind von der Entwicklung gleichermaßen betroffen. 22 © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020
4. Chancengleichheit und Gleichstellung Die Herstellung von Chancengleichheit und Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt ist gesetzlicher Auftrag der BA. Benachteiligungen sowie geschlechterstereoty- pischen Zuschreibungen soll entgegengewirkt werden. Die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip der Arbeitsförderung und die Verbesserung der berufli- chen Situation von Frauen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist erklärtes Ziel der BA. Dies wird dadurch angestrebt, dass Frauen und Männer während ihrer gesamten Erwerbsbiografie beratend begleitet werden und sie für ihre jeweilige Lebens- und Bedarfslage die bestmögliche För- derung und Unterstützung zur Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erhalten sollen. Ziel ist die langfristige und von Transferleistungen unabhängige und gleichberechtigte Teilhabe am Ar- beitsmarkt. Die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt (BCA) unterstützen und beraten die Fach- und Führungskräfte der BA in der Umsetzung des gleichstellungspolitischen Auftrages nach dem § 1 SGB III. Dabei soll im Sinne des Gender Mainstreaming jegliches Handeln die unterschiedli- chen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern berücksichtigen. Außerdem sollen mit speziellen Frauenfördermaßnahmen die beruflichen Chancen von Frauen verbessert und beste- hende Benachteiligungen korrigiert werden. Gemeinsam mit Netzwerkpartnerinnen und Netzwerk- partnern tragen die Fach- und Führungskräfte zusammen mit den BCA dazu bei, geeignete Voraus- setzungen für die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu schaf- fen. Durch die Einschränkungen in Verbindung mit der Corona-Pandemie wurde die Förderung der Chan- cengleichheit und der Gleichstellung stark gehemmt. So sind Frauen als Erziehende und Frauen in systemrelevanten Berufen hinsichtlich der familiären und finanziellen Belastungen besonders stark unter Druck geraten. Der gute Integrationsprozess von Migrantinnen wurde schlagartig unterbrochen und Unterstützungen standen anfangs nur eingeschränkt zur Verfügung. Aufgrund des häufig gerin- geren Verdienstes erhalten Frauen in einem geringeren Umfang Kurzarbeitergeld. Und nicht zuletzt sind Frauen in Minijobs und deren Familien massiv von Entgeltverlusten betroffen. Da es häufig mehr- heitlich Frauen sind, die in bestimmten systemrelevanten Berufen arbeiten oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen, kommt es hier zu einer stärkeren Betroffenheit. Bei der stufenweisen Rückkehr der operativen Einheiten in ein an die Pandemie angepasstes Kern- geschäft waren die BCA vielerorts eingebunden. Zahlreiche BCA wirken weiterhin aktiv in der Bewil- ligung des Kurzarbeitergeldes mit und sichern damit die Leistungen für viele in Kurzarbeit geratene Menschen. In der „Strategie 2025“ der BA ist die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt weiterhin fester Bestandteil. In den dort verorteten Handlungsfeldern „Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit und der Hilfebedürftigkeit“, „Verbesserung des Übergangs Schule – Beruf“ und „Arbeits- und Fachkräftesicherung“ wird eine direkte Umsetzung der Förderung der Chancen- gleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt innerhalb einzelner Teilinitiativen angestrebt. Die existenzsichernde Beschäftigung von Frauen mit Kindern und damit die Vorbeugung vor Kinder- und Altersarmut wird häufig durch strukturelle Probleme (Mangel an bedarfsgerechten Betreuungs- plätzen und unzureichende Arbeitsangebote mit flexibler Arbeitszeitgestaltung) und nun durch die Corona-Pandemie weiter erschwert. Die individuelle, neutrale und unabhängige berufliche Beratung junger Menschen abseits von Ge- schlechterklischees durch die Berufsberatung der BA ist ein wesentliches Element zur Unterstützung der Jugendlichen im Berufswahlprozess. Die BA engagiert sich ebenso in der „Initiative Klischeefrei“ für eine Berufs-und Studienwahl frei von Geschlechterklischees. Zur Förderung des Frauenanteils in dualen MINT-Ausbildungsberufen wird die Empfehlung des Verwaltungsrates vom Juni 2017 umge- setzt. Um die Zusammenarbeit zwischen Regionaldirektionen und den Ländern zu stärken und lokale © Bundesagentur für Arbeit | Bericht zur Entwicklung der Rahmenziele SGB III | Dezember 2020 23
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