Übersicht COVID-19- Maßnahmen auf internationaler und EU-Ebene - (Update 5. Juni 2020) - younion-FSG
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Inhalt (Die einzelnen Kapitel können auch direkt angeklickt werden.) UPDATE ZUM EU-WIEDERAUFBAUPLAN ............................................................................................... 1 1. Der 750 Milliarden schwere „Marshall-Plan“ von der Leyens ........................................................ 1 2. EU-Kommission passt Arbeitsprogramm 2020 an........................................................................... 3 SONSTIGE MELDUNGEN ......................................................................................................................... 3 1. EU- Kommission empfiehlt Österreich gleichberechtigten Zugang zu Bildung sicherzustellen ...... 3 2. Europäische Kommission billigt österreichische Unternehmer-Entschädigung in Höhe von 8 Milliarden Euro .................................................................................................................................... 4 3. Gemeindefinanzen – Corona-Hilfspaket vorgestellt ....................................................................... 5 4. Beschäftigungsausschuss debattiert prekäre Situation saisonaler Arbeitskräfte, entsandter ArbeitnehmerInnen und GrenzgängerInnen ....................................................................................... 6 5. Auch wenn Orbán das Notstandsgesetz zurücknimmt, bleibt die Demokratie schwer beschädigt 7 6. Ein ambitioniertes Klimagesetz für Europa ..................................................................................... 7 7. Kommission und EIB wollen nachhaltige öffentliche Investitionen fördern ................................... 9 8. Sozialpolitische Weichenstellungen in der Coronakrise: KommissarInnen im Austausch mit EP- Abgeordneten.................................................................................................................................... 10 9. Generalanwalt empfiehlt Klage gegen Entsende-Richtlinie abzuweisen ...................................... 11 10. Einstufung von SARS-CoV-2 in der Richtlinie über biologische Arbeitsstoffe ............................. 12 11. EGB-Online-Workshop zum Thema Brexit .................................................................................. 13 12. Freizügigkeit für EU-Arbeitskräfte nach Brexit ............................................................................ 14 13. Konferenz über die Zukunft Europas........................................................................................... 15 14. Zweite Phase der Sozialpartnerkonsultation zum Mindestlohn ................................................. 15
UPDATE ZUM EU-WIEDERAUFBAUPLAN 1. Der 750 Milliarden schwere „Marshall-Plan“ von der Leyens Werden die „sparsamen Vier“ zustimmen? Mit dem Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 der EU, der ein Konjunkturprogramm namens „Nächste Generation EU“ enthält und der bis 2024 Ausgaben in Höhe von 750 Milliarden Euro und zusätzliche Investitionen generieren könnte, nahm das Mandat der „von der Leyen“-Kommission letzte Woche eine neue Wende. Seit ihrer unerwarteten Ankunft in Brüssel im Sommer 2019, als sie vom Europäischen Parlament mit einer knappen Mehrheit von neun Stimmen gewählt wurde, zeigte die Präsidentin der Europäischen Kommission letzte Woche, dass sie das Maß der von COVID-19 ausgelösten sozioökonomischen Krise begriffen hat. Sie schlägt vor, die Ausgaben neu auszurichten, um die durch die Krise aufgerissenen Lücken zu füllen, indem sie ein Gesamtbudget mit einem Umfang vorschlägt, das vor zwei Monaten noch undenkbar gewesen wäre. MFR im Mittelpunkt der Verhandlungen Der gewählte Ansatz, der in Rekordzeit und unter schwierigen logistischen Bedingungen vorbereitet wurde, sucht einen Ausgleich, indem allen Beteiligten etwas gegeben wird, ohne ihre Forderungen jedoch vollständig zu erfüllen. Der MFR wird dabei in den Mittelpunkt der europäischen Antwort auf die schwerste sozioökonomische Krise seit der Gründung der Union gestellt. Die Entscheidung für einen gemeinschaftsbasierten Ansatz hat zur Folge, dass die Kommission die Führung übernimmt und das Europäische Parlament den Raum erhält, seine Rolle als Haushaltsbehörde voll wahrzunehmen. „Für uns ist wichtig, dass nicht nur der Mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027 in den Mittelpunkt gestellt wird, sondern ambitionierte und zukunftsorientierte Investitionen. Eine Konsequenz der COVID-19-Krise muss sein, in den Sozialstaat zu investieren. Weniger Agrar- und Rüstungsinvestitionen, stattdessen mehr Förderung der beruflichen Neuorientierung von Beschäftigten in klimafitte Berufe, aktive Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut und die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen“, erklärt Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums von younion _ Die Daseinsgewerkschaft. Digitalsteuer oder Plastikabgabe für den Wiederaufbau? Das Budget von 750 Milliarden Euro entspricht genau dem Betrag des Notankaufprogramms PEPP der Europäischen Zentralbank (EZB). Unabhängig davon, ob es sich um einen glücklichen Zufall oder einen bewussten Schritt handelt, scheint die Kommission die Botschaft des deutschen Verfassungsgerichts in Karlsruhe gehört zu haben, indem sie ihre fiskalische Antwort auf das gleiche Niveau wie die Geldpolitik festlegt. Die Kommission hat den deutsch-französischen Vorschlag angenommen, den von der Krise am schwersten betroffenen Mitgliedstaaten 500 Milliarden Euro ausschließlich durch Transfers zur Verfügung zu stellen. Sie ist sogar noch weitergegangen und hat die Möglichkeit vorgeschlagen, auf freiwilliger Basis 250 Milliarden Euro in Form von sehr langfristigen Darlehen zu gewähren, die ab 2028 zurückgezahlt werden sollen. Dies ist der Ansatz, der von den so genannten „sparsamen Vier“ – Österreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden – bevorzugt wird. Und von jetzt an sollte der europäische Gesetzgeber zur Erleichterung der Rückzahlung gemeinsam genutzter Darlehen versuchen, neue Eigenmittel (Plastik- oder Digitalsteuern, Emissionsabgabe) einzuführen, wie es das Europäische Parlament regelmäßig in seinen Entschließungen fordert. Letztlich knüpft der MFR-Vorschlag 2021-2027 mehr oder weniger an die Verhandlungen an, die die EU27 im Februar abgeschlossen hatte. 1
Auch die Mitgliedsländer, die von der Wirtschaft zur Dekarbonisierung am meisten betroffen sind, wurden nicht vergessen. „Die Mittel in Höhe von 750 Milliarden Euro würden es ermöglichen Erhöhungen vorzunehmen, die auf die Kohäsionspolitik (55 Milliarden Euro für die EU-Initiative REACT), die ländliche Entwicklung (15 Milliarden Euro) und den ‚Just Transition Fund’ (32,5 Milliarden Euro) ausgerichtet sind. Die umfangreichen Investitionen im Rahmen des Green Deals und eine Förderung der sozial-ökologischen Transformation sind gerade jetzt eine Chance um sozial, gerecht und nachhaltig aus der Krise hervorzugehen“, kommentiert Kattnig. Europäisches Parlament mehrheitlich zufrieden Abgeordnete fast aller politischen Gruppen begrüßten den Aufschlag der Kommission als ambitioniert, verhältnismäßig und zukunftstauglich. Während die EVP von der "Rückkehr der Solidarität“ sprach, machte die Fraktion der SozialdemokratInnen erneut Druck für eine Entscheidung über den Haushalt mit qualifizierter Mehrheit statt Einstimmigkeit. Die europäische Linke zeigte sich kritisch und prognostizierte eine erneut hohe Schuldenbelastung der Länder mit umfangreichem Mittelbezug. Schließlich müssten die durch die Kommission geliehen Gelder auch wieder zurückgezahlt werden, wenn auch ziemlich langfristig auf die Jahre 2028 bis 2058 verteilt. Hinsichtlich der im Rahmen des Europäischen Semesters angekündigten Wiederaufnahmen der Haushaltsregeln wurde vor einer „Austerität durch die Hintertür“ gewarnt. Renew Europe sprach sich mit Verweis auf Polen und Ungarn deutlich für eine Verknüpfung des Mittelbezugs an Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit aus, die auch durch die Kommission vorgesehen ist. Auch Kattnig begrüßte den ehrgeizigen Wiederaufbauplan der EU-Kommission: „Angesichts der tiefen Rezession, mit der Europa aufgrund der Coronakrise konfrontiert ist, braucht es massive Investitionen, die den Mitgliedstaaten, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, zum Großteil durch direkte Zuschüsse zur Verfügung gestellt werden sollen. Es ist wichtig und richtig, dass dies in einer Weise erfolgt, die den Aufbau zusätzlicher Schulden in den EU-Mitgliedstaaten vermeidet. Damit wird ein Kippen wichtiger Volkswirtschaften in der EU und daraus resultierender Druck auf den Euro vermieden. Die österreichische Bundesregierung muss ihre Haltung überdenken. Alleine schon im Interesse Österreichs.“ Die Investitionen sollen sich insbesondere auf die Stärkung öffentlicher Dienstleistungen, der öffentlichen Gesundheitsversorgung und der Sozialschutzsysteme konzentrieren: „Eine Sparpolitik, wie wir sie infolge der Wirtschaftskrise 2008/2009 erlebt haben, wäre hier der absolut falsche Weg“, betont Kattnig. „Die Chance, ein sozial gerechteres und grüneres Europa zu schaffen, das mit einer faireren Handelspolitik und einer nachhaltigeren Klimapolitik allen Menschen ein besseres Leben bietet, darf im Rahmen der Umsetzung des präsentierten Wiederaufbauplans keinesfalls vertan werden“, sagt Kattnig abschließend. Der Ball liegt nun beim Rat Ebenso äußerten sich bereits viele Staats- und RegierungschefInnen positiv zum Kommissionsvorschlag, darunter auch Emmanuel Macron, der den deutsch-französischen Entwurf im Vorschlag der Kommission bestätigt sieht. Auch Italien und Spanien zeigten sich zufrieden, auch wenn der Vorschlag doch deutlich hinter dem weitreichenden Vorschlag Spaniens zurückbleibt. Ob sich die „sparsamen Vier“ hinter dem Vorschlag versammeln können, bleibt abzuwarten. Von österreichischen EU-Abgeordneten kann sich die Regierung jedenfalls wenig Unterstützung einer weiteren Blockadehaltung erhoffen. Dänemark äußerte bereits Gesprächsbereitschaft, während die Niederlande auf dem in der letzten Woche veröffentlichten Papier und der Blockade einer Vergemeinschaftung von Schulden beharren. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz äußerte sich dennoch optimistisch, eine gemeinsame Einigung im Rat erzielen zu können. Jetzt ist es an der Reihe des Ratspräsidenten Charles Michel angesichts der Meinungsverschiedenheiten zwischen den 27 EU-Mitgliedstaaten und der Herausforderung die 2
Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten zu leiten und zu verhandeln. Das Spiel ist noch lange nicht gewonnen. Die nächste Diskussion über die Kommissionsvorschläge wird jedenfalls im Rahmen der regulären Tagung des Europäischen Rates am 19. Juni 2020 stattfinden. Auch der ab dem 1. Juli beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft wird in dieser Angelegenheit eine wichtige Rolle als Vermittler zukommen. Die Kommission drängt indes auf ein rasches Übereinkommen bis Juli dieses Jahres. Für mehr Informationen siehe hier, hier, hier, hier und hier. 2. EU-Kommission passt Arbeitsprogramm 2020 an Krisenmaßnamen erhalten Vorrang, Gewerkschaftsprioritäten werden aber nicht verschoben Neben dem Wiederaufbau-Plan hat die EU-Kommission am 27. Mai auch ihr überarbeitetes Arbeitsprogramm 2020 präsentiert. Ein im April geleakter Entwurf ließ befürchten, dass wichtige soziale Anliegen wie die Gleichstellungsstrategie auf 2021 verschoben werden würden. Gewerkschaftsproteste wie das ÖGB-Beschwerdeschreiben an die Kommission oder auch jenes von younion _ Die Daseinsgewerkschaft konnten dies jedoch verhindern. Maßnahmen, um die Wirtschaft vor dem Absturz zu bewahren, haben im neuen Arbeitsprogramm Vorrang. Dabei geht es in erster Linie um den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft (Green Deal). Daneben setzt die Kommission auf Digitalisierungsmaßnahmen und faire Besteuerung. Ein Aktionsplan gegen Steuervermeidung soll spätestens im vierten Quartal vorgestellt werden. SONSTIGE MELDUNGEN 1. EU- Kommission empfiehlt Österreich gleichberechtigten Zugang zu Bildung sicherzustellen Fokus liegt auf Krisenmanagement während der Coronavirus-Pandemie Die Europäische Kommission veröffentlichte am 20. Mai ihre länderspezifischen Empfehlungen 2020. Die Empfehlungen richten sich an alle EU-Mitgliedstaaten und sollen dabei helfen, auf schon bestehende und neue wirtschaftliche und soziale Herausforderungen zu reagieren und die zentralen gemeinsamen politischen Ziele zu verwirklichen. Österreich wird empfohlen, in den kommenden zwei Jahren seinen Steuermix effizienter und einem inklusiven und nachhaltigen Wachstum zuträglicher zu gestalten. Die Kommission empfiehlt zudem, dass Österreich 2020/2021 „im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und ihre anschließende Erholung zu fördern“. Die in den Empfehlungen 2019 thematisierte mangelnde Einbindung der Sozialpartner Österreichs in die Reformprozesse wurde in diesem Jahr nicht wieder erwähnt. Abzuwarten bleibt, ob die Einbindung der Sozialpartner in Österreich auch nach der Coronavirus-Pandemie weiter anhalten wird. Kommission veröffentlicht wirtschaftspolitischen Empfehlungen an EU-Staaten Alle Jahre wieder legt die EU-Kommission im Mai ihre wirtschaftspolitischen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten vor. Die diesjährigen Empfehlungen wurden aufgrund der Coronavirus-Pandemie überarbeitet und auf die aktuellen Herausforderungen in den Mitgliedstaaten angepasst. Sie sind auf zwei Ziele ausgerichtet: kurzfristig Abmilderung der schwerwiegenden sozioökonomischen Folgen 3
der Coronavirus-Pandemie; kurz- bis mittelfristig die Erreichung eines nachhaltigen und inklusiven Wachstums, das den Übergang zu einer grünen Wirtschaft und den digitalen Wandel erleichtert. Europäische Wirtschaft wurde von einem Asteroiden getroffen „Das Coronavirus hat uns wie ein Asteroid getroffen und in der europäischen Wirtschaft ein kraterartiges Loch hinterlassen“, beschrieb der Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis in der anschließenden Pressekonferenz die aktuelle Situation der europäischen Wirtschaft. Es gehe jetzt in Europa unmittelbar darum, in die Gesundheitssysteme zu investieren und Arbeitsplätze und Firmen zu schützen. Sobald die Europäische Union aber in eine Erholungsphase komme, müsse der Schwerpunkt eine gemeinsame Strategie für nachhaltiges Wachstum sein, das niemanden zurücklasse, so Dombrovskis. EGB begrüßt Flexibilität der EU- Kommission Die zuständige politische Sekretärin des EGB, Liina Carr, warnte: „Die Entscheidungen der Europäischen Kommission, die EU-Haushaltsregeln für die Mitgliedsstaaten auszusetzen und keine Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einzuleiten sind notwendig und angemessen, und das nicht nur aufgrund der aktuellen Krise. Es darf keine Rückkehr zu den katastrophalen Sparmaßnahmen geben, die nach der Finanzkrise von 2008 ergriffen wurden, nicht jetzt, nicht nachdem die Krise vorbei ist und nicht nachdem eine Erholung der Wirtschaft stattgefunden hat.“ Für mehr Information siehe hier, hier und hier. 2. Europäische Kommission billigt österreichische Unternehmer- Entschädigung in Höhe von 8 Milliarden Euro EU-Beihilfenrecht steht nationalen Rettungsmaßnahmen nicht im Wege Die Corona-Krise macht Ausnahmen von den normalen EU-Beihilfenregelungen notwendig. Sondermaßnahmen der Mitgliedstaaten zum Ausgleich von Einbußen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, sind aus Sicht der EU-Kommission grundsätzlich gerechtfertigt und werden im Eilverfahren geprüft. Am 24. Mai hat die Kommission ihr grünes Licht für die 8 Milliarden Euro umfassende österreichische Entschädigungsinitiative für Unternehmen gegeben. Wettbewerbskommissarin Vestager erklärte dazu: „Diese mit 8 Milliarden Euro ausgestattete Regelung ermöglicht es Österreich, Unternehmen aller Sektoren für Einbußen‚ die sie infolge des Ausbruchs des Coronavirus erleiden, zumindest teilweise zu entschädigen. Wir bemühen uns in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten um Lösungen, wie Unternehmen in diesen schwierigen Zeiten im Einklang mit den EU- Beihilfevorschriften unterstützt werden können.“ Das Thema ist für die Kommission brisant. Finanzminister Blümel hatte sich Mitte April dafür ausgesprochen, das EU-Beihilfenrecht ganz auszusetzen, da es die Bundesregierung hindern würde, der heimischen Wirtschaft ausreichend unter die Arme zu greifen. Mit der gestrigen Entscheidung dürften diese Bedenken ausgeräumt sein. Schon zuvor hatte die Kommission das Hilfspaket der österreichischen Bundesregierung für Unternehmen in der Coronavirus-Krise im Umfang von 15 Milliarden Euro sowie spezielle Hilfen für Klein- und Mittelbetriebe von bis zu 500.000 Euro pro Unternehmen genehmigt. Für mehr Information. 4
3. Gemeindefinanzen – Corona-Hilfspaket vorgestellt In der Pressekonferenz des Bundeskanzlers, Vizekanzlers, Finanzministers, Gemeindebundes, Städtebundes und der LH-Konferenz am 25. Mai wurde das Corona-Hilfspaket für Gemeinden vorgestellt. Ziel des Pakets ist es, die regionale Wirtschaft durch Förderungen anzukurbeln und so den essentiellen wirtschaftlichen Beitrag, der durch Städte und Gemeinden geleistet wird, zu unterstützen. Das Paket beinhaltetet 1 Mrd. Euro bis zum 31. Dezember 2021. Durch dieses Hilfspaket werden bestehende und zukünftige Projekte mit 50% gefördert. Zuschüsse sind für Neubauten, Sanierungen etc. in folgenden Bereichen möglich: Kindertageseinrichtungen und Schulen, Einrichtungen für die Betreuung von Senioren und behinderten Personen, Barrierefreiheit, Sportstätten und Freizeitanlagen, Ortskern-Attraktivierung, öffentlicher Verkehr (ohne Fahrzeuginvestitionen), Schaffung von öffentlichem Wohnraum und Gemeinschaftsbüros, Sanierung (z.B. thermisch) und Errichtung von Gebäuden im Eigentum der Gemeinde, Energieeinsparungen und Straßenbeleuchtung Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Dächern, Abfallentsorgungsanlagen und Abfallvermeidung, Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungseinrichtungen, Breitband-Ausbau, Ladeinfrastruktur für E-Mobilität. Die Aufteilung auf die einzelne Gemeinde erfolgt nach einem Mischschlüssel aus EinwohnerInnenzahl und abgestuftem Bevölkerungsschlüssel. Mindestens 20% der Mittel sollen für ökologische Maßnahmen verwendet werden. Im Gegensatz zum letzten Kommunalinvestitionspaket werden statt 25% nun 50% gefördert und neben zukünftig geplanten Projekten dürfen auch bereits bestehende Projekte eingereicht werden. Als neue Projekte gelten Projekte aus dem Zeitraum zwischen dem 1. Juni 2020 bis zum 31. Dezember 2021. Bei laufenden Projekten ist der der 1. Juni 2019 Stichtag. Eingereicht werden können Projekte vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2021. Die Abrechnung findet bis spätestens 31. Jänner 2024 statt. Als Beispiel für die Dimensionen der Förderung wurden 200.000 Euro als Fördermaximum für eine 2.000-EinwohnerInnen-Gemeinde wie Silian, 4,5 Mio. Euro für eine 40.000-EinwohnerInnen-Stadt wie Steyr oder 238 Mio. Euro für Wien gebracht. Das Gesetzespaket soll noch diese Woche im Nationalrat eingebracht und vor dem Sommer beschlossen werden. Die Abwicklung der Förderung findet über die Bundesbuchhaltungsagentur statt. Umfang klingt im Fernsehen gut, geht aber an den realen Bedürfnissen weit vorbei Christian Meidlinger, Vorsitzender der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, stellt klar, dass das präsentierte Gemeindepaket die Krise der Städte und Kommunen nicht löst: „Die Coronakrise hat die Städte und Gemeinden mit voller Wucht getroffen. Die Kommunalsteuer fällt aus, Expertinnen und Experten sprechen von einem Finanzbedarf von rund 2 Milliarden Euro allein im heurigen Jahr. Da klingt ein Paket von einer Milliarde vielleicht im Fernsehen gut. Aber an den realen Bedürfnissen geht das weit vorbei. Finanzminister Gernot Blümel hat uns enttäuscht, die Regierung muss nachbessern“, kritisierte Meidlinger. „Die Bediensteten der Städte und Kommunen waren und sind während der Coronakrise ein Fels in der Brandung. Da reicht es nicht aus, einzelnen Gemeinden gerade noch den laufenden Betrieb zu ermöglichen. Zunächst einmal müssen ihnen ihre finanziellen Ausfälle abgegolten werden. Dann braucht es genügende Mittel für anständige Budgets, die Neuaufnahmen und gute Löhne für das Personal ermöglichen“, sagte Meidlinger. „Wir werden außerdem genau aufpassen, dass es bei der Vergabe des Hilfspakets fair und gerecht zugeht. Hier braucht es Nachvollziehbarkeit und Transparenz und keine Unterscheidung von politisch genehmen Kommunen und solchen, wo die politischen Mehrheiten manchem vielleicht ein Dorn im Auge sind“, schloss Meidlinger. 5
Gemeinden und Städte als kräftiger Motor für die lokale und regionale Wirtschaft Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, ergänzte: „Das Gemeindepaket sollte das umsetzen, was ExpertInnen auch auf europäischer Ebene fordern. Denn jeder Cent, der in Gemeinden investiert wird, kommt direkt bei den Menschen an. Gemeinden und Städte sind ein kräftiger Motor für die lokale und regionale Wirtschaft. Das zeigen auch viele internationale Beispiele. Wir brauchen in Europa keine Sparpolitik am Rücken der BürgerInnen, sondern einen Schutzschirm, Investition und Zugang für Städte und Gemeinden zu den EU-Fonds.“ Für mehr Information. Siehe auch: Resolution der Vorsitzendenkonferenz von younion _ Die Daseinsgewerkschaft betreffend die Auswirkungen der COVID-19-Krise und die daraus abzuleitenden Maßnahmenschwerpunkte 4. Beschäftigungsausschuss debattiert prekäre Situation saisonaler Arbeitskräfte, entsandter ArbeitnehmerInnen und GrenzgängerInnen Desaströse Arbeitsverhältnisse auf vielen deutschen Schlachthöfen Über die teilweise katastrophale Situation saisonaler Arbeitskräfte wurde in den letzten Wochen immer wieder in den europäischen Tageszeitungen berichtet. Am 27. Mai debattierte das EU- Parlament mit Sozialkommissar Nicolas Schmit und der kroatischen Ratspräsidentschaft über die Situation dieser ArbeitnehmerInnen während der aktuellen Corona-Pandemie. Es geht um die prekäre Situation von möglicherweise Hunderttausenden von Grenz- und SaisonarbeiterInnen in der EU und wie diese ArbeitnehmerInnen – die meist in den kritischen Sektoren der Mitgliedstaaten arbeiten – während der Pandemie geschützt werden können. In Deutschland wurde erst vor kurzem der erste Corona-Todesfall eines Erntehelfers bekannt, der an COVID-19 erkrankt war. In der Kritik stehen auch die desaströsen Arbeitsbedingungen und die Unterbringung dieser ArbeitnehmerInnen, seit Tagen kursieren auch wieder einmal die Bilder der miserablen Situation der ArbeiterInnen auf vielen deutschen Schlachthöfen. Leitlinien der EU-Kommission müssen von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden ArbeitnehmerInnen aus Rumänien und anderen osteuropäischen Mitgliedstaaten stellen auf landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland, Frankreich und anderen Mitgliedstaaten wichtige Arbeitsleistung zur Verfügung und sorgen für die Ernährungssicherheit in ganz Europa. Menschen aus der Slowakei bieten in Österreich und anderen Mitgliedstaaten Sozial- und Langzeitpflegedienste für ältere Menschen an. Die Europäische Kommission hat vor ein paar Wochen Leitlinien herausgegeben, um sicherzustellen, dass mobile ArbeitnehmerInnen in der EU, die im Kampf gegen COVID-19 als kritische ArbeitnehmerInnen gelten, ihren Arbeitsplatz erreichen können. Der Agrar- und Ernährungssektor ist ein Schlüsselsektor, der in diesen Leitlinien enthalten ist, insbesondere in Bezug auf die SaisonarbeiterInnen. Damit die EU-weiten Lieferketten weiterhin funktionieren können, wurde nochmals festgehalten, dass Mitgliedstaaten unverzüglich alle relevanten Übergangsstellen an Binnengrenzen innerhalb des transeuropäischen Verkehrsnetzes als sogenannte „Green Lane“- Übergangsstellen zu benennen. Diese Übergangsstellen sollten für alle Frachtfahrzeuge offen sein und der Grenzübertritt einschließlich aller Überprüfungen und Gesundheitskontrollen nicht länger als 15 Minuten dauern. ArbeitnehmerInnenrechte müssen auch in Corona-Zeiten gelten und durchsetzbar sein 6
Der Sozial-und Beschäftigungskommissar Schmit machte in seinem Schlussstatement nochmals deutlich, dass die von der EU-Kommission veröffentlichten Leitlinien die Rechte dieser ArbeitnehmerInnen nur erneut zusammenfassen. Diese Rechte gelten und können bzw. dürfen nicht in Frage gestellt werden. Es ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Durchsetzung dieser Rechte sicherzustellen, so Schmit abschließend. Für mehr Information. 5. Auch wenn Orbán das Notstandsgesetz zurücknimmt, bleibt die Demokratie schwer beschädigt Systematische Angriffe auf Rechtsstaat ahnden – EU-Mittel an Einhaltung von Grundrechten knüpfen! „Unter dem Deckmantel vermeintlicher Corona-Maßnahmen hat sich der ungarische Premierminister Orbán über das Parlament eine unbeschränkte Verordnungsmacht geholt – es ist de facto zu einer Selbstausschaltung des Parlamentes gekommen. Wenn nun diese umstrittenen Sondervollmächte aufgrund der massiven internationalen Kritik ein Ende finden, ist das zwar wichtig, aber die ungarische Demokratie wurde schwer beschädigt. Unklar bleibt bisher, ob die in der Zeit der Geltung des Notstandsgesetzes erlassenen Verordnungen wie zum Beispiel ein umfassendes Demonstrationsverbot oder eine Aufweichung des Datenschutzes weiter in Geltung bleiben oder gemeinsam mit dem Notstandsgesetzt wieder in der Versenkung verschwinden, was natürlich zu hoffen, aber kaum anzunehmen ist", sagt SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath. „Um die Grundrechtesituation in Ungarn stand es schon vor der Corona-Krise nicht gut, aber jetzt wurde die Situation verschärft. Mit dem Fake-News Gesetz werden sowohl JournalistInnen und Opposition als auch BürgerInnen massiv eingeschränkt. Dieses Gesetz bleibt ein heftiger Angriff auf die freie Meinungsäußerung und die Unabhängigkeit der Medien, die für eine Demokratie essentiell sind“, betont Vollath und ergänzt: „Orbán betreibt seit Jahren ein gefährliches Doppelspiel und die systematische Aushöhlung von Grundrechten. In der EU dürfen aber Demokratie und Rechtsstaat nie verhandelbar sein. Deshalb ist es dringend notwendig, im zukünftigen Budget endlich die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung von Grundwerten zu knüpfen. Gut, dass die EU-Kommission hier auf der richtigen Seite steht, denn die Europäische Union ist eine Wertgemeinschaft und ihre Werte müssen auch durchsetzungsfähig sein.“ 6. Ein ambitioniertes Klimagesetz für Europa Anfang März 2020 präsentierte die EU-Kommission ihren Vorschlag zu einem europäischen Klimagesetz. Die Arbeiterkammer spricht sich für ein ambitioniertes Gesetz aus, das den effektiven Kampf gegen die Klimakrise und einen sozial gerechten Übergang hin zu einem klimaneutralen Europa ermöglicht. Europa atmet durch. Die meisten Länder scheinen die Pandemie in den Griff bekommen zu haben, die Zahl der Infektionen ist größtenteils rückläufig. Manchen scheint, das Schlimmste wäre überstanden. Die rasante Ausbreitung des Virus hat der Welt in eindrucksvoller Weise aufgezeigt, wie gravierend sich solche Krisen auf alle Lebensbereiche auswirken können. Das könnte unter Umständen dazu beitragen, das öffentliche und politische Bewusstsein für den Kampf gegen eine andere Krise zu stärken – die Klimakrise. Die Internationale Energieagentur geht momentan davon aus, dass die CO2-Emissionen im Zuge der Corona-Krise in diesem Jahr um rund 8 % zurückgehen und in etwa das Niveau von vor zehn Jahren erreichen werden. Damit wäre der Rückgang sechsmal so hoch wie nach der Finanzkrise. Der Vergleich mit der Finanzkrise zeigt allerdings auch, dass die 7
Menge der CO2-Emissionen im Jahr 2010 wieder in die Höhe schoss. Um eine ähnliche Entwicklung nach der aktuellen Krise zu vermeiden und einen „grünen“ Wiederaufbau Europas zu ermöglichen, müssen bereits jetzt die entsprechenden Schritte gesetzt werden. Der Vorschlag der Kommission Der Vorschlag der Kommission zum Klimagesetz wurde bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise präsentiert. Das Gesetz soll laut Kommission dazu beitragen, „die Bedingungen für einen wirksamen und fairen Übergang klar festzulegen, für Vorhersagbarkeit für Investoren zu sorgen und sicherzustellen, dass der Übergang unumkehrbar ist“. Als zentrale Inhalte sieht der Entwurf die verbindliche Festschreibung des Ziels der Klimaneutralität bis 2050, das potentielle Nachschärfen beim Treibhausgasziel für 2030 sowie spezielle Befugnisse für die Kommission bei der Festlegung von Zwischenzielen und Zielpfaden – also der angestrebten Entwicklung der Menge der Treibhausgasemissionen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt – vor. Es besteht kein Zweifel daran, dass die sogenannte Dekarbonisierung – also der weitgehende Ausstieg aus den fossilen Energieträgern – weitreichende wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen wird. Im Sinne eines gerechten Übergangs muss aus Sicht der AK sichergestellt werden, dass die klimapolitischen Erfordernisse ernst genommen werden und die Maßnahmen gleichzeitig nicht zu Lasten der ArbeitnehmerInnen – speziell in den besonders betroffenen Branchen – gehen. Um die breite gesellschaftliche Akzeptanz sicherzustellen, die für das Erreichen der klima- und energiepolitischen Ziele notwendig ist, müssen unbedingt die sozialen und verteilungspolitischen Auswirkungen der jeweiligen Maßnahmen berücksichtigt werden. Im Austausch mit den ArbeitnehmerInnen sollen gesellschaftliche und beschäftigungspolitische Auswirkungen beobachtet und die Maßnahmen an die entsprechenden Erkenntnisse angepasst werden. Hier gilt es dementsprechend auch, die Sozialpartner stärker in die Beratungen auf EU-Ebene einzubeziehen. Auch der Sicherung der Energieversorgung kommt, als Leistung der Daseinsvorsorge, eine wesentliche Rolle zu. Eine ehrgeizige Klima- und Energiepolitik darf nicht zu einer Zwei-Klassen- Energie-Gesellschaft führen, in der sich etwa nur BesserverdienerInnen Photovoltaik-Anlagen und Nullenergiehäuser im Grünen leisten können. Investitionen von zentraler Bedeutung Will man die selbstgesteckten Vorgaben und Klimaziele erreichen oder bei diesen sogar nachschärfen, braucht es eine massive Ausweitung der öffentlichen Investitionen. Unter anderem muss in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, in erneuerbare Energien sowie in die Bereiche Forschung und Entwicklung investiert werden. Restriktive Fiskalregeln könnten die Dekarbonisierung hingegen bremsen. Dementsprechend muss es den Mitgliedsstaaten auch nach der Coronakrise möglich sein, klimarelevante, ökologische und soziale Investitionen zu tätigen, ohne die EU- Fiskalregeln zu verletzen – die AK fordert daher bereits seit langem eine goldene Investitionsregel um dies zu ermöglichen. Die Festlegung der Zwischenziele und Zielpfade bis 2050 ist eine Entscheidung von besonderer Tragweite und sollte dementsprechend im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erfolgen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das EU-Parlament und der Rat entsprechend in die Entscheidung eingebunden sind. Investitionsabkommen untergraben klimapolitische Bemühungen Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, müssen aus Sicht der AK die klimapolitischen Vorgaben auch hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit anderen Politikfeldern geprüft werden. Zur Sicherstellung einer Kohärenz zwischen der EU-Investitionspolitik und dem Ziel des Vorschlags zum Klimagesetz sind aus Sicht der AK eine Reihe von Maßnahmen notwendig. So sind überschießende Entschädigungszahlungen an Unternehmen im Rahmen des notwendigen Ausstiegs aus fossilen Energieträgern – etwa an die BetreiberInnen von Kohlekraftwerken – zu unterbinden. In diesem Zusammenhang sind auch Sonderklagerechte für InvestorInnen (ISDS) abzuschaffen, wie sie etwa der Energiecharta Vertrag (ECV) einräumt. Auf Basis des ECV klagt beispielsweise der Energiekonzern 8
„Uniper“ die Niederlande vor einem privaten Schiedsgericht, weil diese sich zum Kohleausstieg entschlossen haben. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall verklagt Deutschland auf Grund des Atomaussteigs auf über 4,4 Milliarden Euro. Obwohl die Kommission seit Jahren auf die Unvereinbarkeit von ISDS-Klagen innerhalb der EU hinweist und auch der EuGH im Fall „Achmea“ ein richtungsweisendes Urteil gefällt hat, beharren private Schiedsgerichte auf Basis von Verträgen wie dem ECV weiter auf ihre Zuständigkeit. Das zeigt, dass das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 mit einem Vertrag wie dem ECV nicht zu erreichen sein wird und die in ihm enthaltenen Schutzstandards und Sonderklagerechte für InvestorInnen ersatzlos gestrichen werden müssen. Neuausrichtung der EU-Handelspolitik Der internationale Handel trägt mit seinen weltweit verzweigten Wertschöpfungsketten und den langen Transportwegen, die damit verbunden sind, wesentlich zur weiteren Erhöhung der Treibhausgasemissionen bei. Wenn verhindert werden soll, dass die Handelsregeln im Widerspruch zum Klimaschutz stehen oder gar die Bestrebungen des Grünen Deals unterwandern, muss sich die EU-Handelspolitik einer Neuausrichtung unterziehen. Nachhaltigkeitskapitel in Handelsabkommen müssen mit einem Durchsetzungsmechanismus ausgestattet werden, um Verstöße gegen internationale Sozialstandards sanktionieren zu können. Für alle Handelsabkommen muss die Ratifizierung des Klimaabkommens von Paris als Voraussetzung gelten – bisher ist das in keinem einzigen Vertrag der Fall. Um unerwünschte Auswirkungen des Handels auf die Klimaschutzbestrebungen zu verhindern, muss das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) um einen Mindestpreis und einen Grenzausgleich (Border Carbon Adjustment) erweitert werden. Außerdem sollte eine abgeschlossene Folgenabschätzung und Wirkungsanalyse die Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen über Handelsabkommen sein und das WTO-Regelwerk an die Anforderungen des Kampfs gegen die Klimakrise angepasst werden. Weiterführende Informationen: AK EUROPA Positionspapier: Europäisches Klimagesetz AK EUROPA: Kommission stellt Klimagesetz vor AK EUROPA: Green Deal – Quo vadis? AK EUROPA Factsheet zur Coronakrise: Was haben die EU-Institutionen getan? A&W Blog: Der europäische Grüne Deal – aus dem Corona-Lockdown in eine klimaneutrale EU! 7. Kommission und EIB wollen nachhaltige öffentliche Investitionen fördern Initiative soll bis zu 30 Milliarden Euro mobilisieren Unter Beteiligung der Europäischen Investitionsbank (EIB) will die EU-Kommission Regionen, die besonders von Kohle- und anderen umweltschädlichen Industrien abhängig sind, umrüsten. Dafür hat sie am 27. Mai ihren Plan für eine Darlehensfazilität vorgestellt, der noch von EU-Parlament und Rat genehmigt werden muss. Das Instrument soll 1,5 Mrd. EUR für Finanzhilfen aus dem EU-Haushalt und ein Darlehensvolumen aus Eigenmitteln der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 10 Mrd. Euro umfassen. Die Kommission erwartet, dass dadurch Investitionen in Höhe von 25 Mrd. bis 30 Mrd. Euro mobilisiert werden könnten. Die Fazilität soll allen Mitgliedstaaten offenstehen. Mittel können für Projekte beantragt werden, die folgende Kriterien erfüllen: Die Projekte müssen Gebieten zugutekommen, die in einem genehmigten gebietsspezifischen Plan für einen gerechten Übergang ausgewiesen sind; die Projekte erhalten im Rahmen der Fazilität ein EIB-Darlehen und die Projekte generieren keine ausreichenden Markteinnahmen. 9
Zu den begünstigten Bereichen gehören Energie- und Verkehrsinfrastruktur, Fernwärmenetze, öffentlicher Verkehr, Energieeffizienzmaßnahmen und soziale Infrastruktur sowie andere Projekte, von denen die Gemeinschaften in den betroffenen Regionen unmittelbar profitieren und mit denen die sozioökonomischen Kosten des Übergangs zu einem klimaneutralen Europa bis 2050 verringert werden können. Hintergrund Die Darlehensfazilität für den öffentlichen Sektor ist die dritte Säule des „Mechanismus für einen gerechten Übergang“. Die beiden anderen Fördertöpfe sind der Fonds für einen gerechten Übergang, für den im Jänner ein Vorschlag vorgelegt wurde, sowie Förderungen im Rahmen von „InvestEU“, die private Investoren anlocken sollen. Die drei Säulen sollen laut Kommission bis 2027 insgesamt Investitionen in Höhe von 150 Mrd. Euro mobilisieren. Für mehr Information siehe hier und hier. 8. Sozialpolitische Weichenstellungen in der Coronakrise: KommissarInnen im Austausch mit EP-Abgeordneten Die Coronakrise verstärkt bereits bestehende Ungleichheiten der Gesellschaft – sei es die Lage der Frauen und Minderheiten oder die Situation für entsandte ArbeitnehmerInnen und SaisonarbeiterInnen. Der Wiederaufbau sollte daher nicht nur ein grüner und digitaler sein, sondern auch sozial gerecht, wie die EU-KommissarInnen Helena Dalli und Nicolas Schmit betonten. Der EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit versicherte am 26. Mai dem EP-Ausschuss für Arbeit und soziale Angelegenheiten (EMPL), dass sich an den Agenden der Kommission im sozialen Bereich auch angesichts der Corona-Krise nichts ändere. Insbesondere die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit werde ein Schlüsselelement des Wiederaufbaus sein und die Jugendgarantie noch im laufenden 2. Quartal 2020 präsentiert. Die Arbeit an der Mindestlohninitiative wird ebenso fortgesetzt – nächste Woche werde der 2. Konsultationsprozess starten. Der Kommissionsvorschlag dazu wird noch im letzten Quartal des Jahres 2020 präsentiert werden. Eine mögliche Initiative zu einem Mindesteinkommen werde Thema der kommenden deutschen Ratspräsidentschaft (Juli bis Dezember 2020) sein. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments sprachen sich darüber hinaus für eine verstärkte Unterstützung von ökonomisch Schwächeren aus. So wurde etwa ein EU-Rahmen für die nationalen Strategien für Wohnungslose und eine umfassende Armutsbekämpfungsstrategie von MEP Katrin Langensiepen (Grüne) gefordert. Kritik erfolgte von MEP Agnes Jongerius (S&D) angesichts des am 27. Mai 2020 stattfindenden Luftfahrtgipfels, zu dem – wie bereits bei den letzten Flugfahrtsgipfeln – lediglich die Industrie, nicht aber die Gewerkschaften eingeladen wurden. Erhöhte Vulnerabilität von Frauen … Die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, folgte letzte Woche gleich der Einladung von zwei Ausschüssen – die des EMPL sowie des Ausschusses für Frauenrechte und Gleichstellung (FEMM). Die Kommission prüfe ihr zufolge die geschlechterspezifischen Auswirkungen der Krise. Bereits jetzt zeigt sich laut dem Europäischen Institut für Geschlechtergleichheit (EIGE), dass Frauen zwar vermehrt in systemrelevanten Berufen arbeiten und von den Folgen der Krise negativer betroffen sind, aber im Entscheidungsprozess über Krisenpolitiken unterrepräsentiert sind. In Bezug auf den Anstieg der Gewalt an Frauen rief die Kommissarin abermals die Mitgliedstaaten auf, verstärkt Opferschutzmaßnahmen zu setzen. Evelyn Regner, Vorsitzende des FEMM, forderte 10
weiters, dass „die Hälfte der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds Frauen zugutekommen [müsse], denn sie sind es, die die Hauptlast der Coronakrise tragen“ und verwies dabei auf die dazu laufende Petition. ... und Minderheiten Auch Minderheiten und ältere Menschen geraten angesichts der Krise verstärkt unter gesundheitlichen und ökonomischen Druck. Letzte Woche (Anm.: 18. Mai) unterzeichnete Helena Dalli mit den Vize-KommissionspräsidtentInnen Joseph Borell und Vera Jourová die gemeinsame Erklärung der UNO für die Rechte von Menschen mit Behinderung, welche sich angesichts der Krise oftmals in einer besonders vulnerablen Situation befinden. Die Kommission arbeite laut Dalli weiterhin an einer ehrgeizigen Strategie für Personen mit Behinderungen ab 2021. Abgeordnete des FEMM-Ausschusses verwiesen außerdem auf den Handlungsbedarf angesichts LGBTIQ+ feindlicher Politiken in Ungarn und Polen und auf Beobachtungen von Altersdiskriminierungen im Gesundheitszugang. Helena Dalli betonte gegenüber den Abgeordneten, dass sowohl die LGBTIQ+ und die Roma-und-Sinti-Strategie, als auch die verpflichtende Maßnahme zu Lohntransparenz wie geplant bis Jahresende 2020 vorgelegt werden. Zuvor stand eine Verschiebung im Raum, gegen welche sich auch AK Präsidentin Renate Anderl mit einem Schreiben an Kommissarin Dalli stark gemacht hatte. Erschwerter Arbeitsstart auch für die ELA Den EMPL-Ausschuss besuchte letzte Woche ebenso Jordi Curell, interimistischer Geschäftsführer der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) und diskutierte mit den Abgeordneten über die prekäre Situation der entsandten ArbeitnehmerInnen und SaisonarbeitnehmerInnen in der gegenwärtigen Krise. Die Verbesserung des Informationsaustausches ist eine der Prioritäten der ELA. Die ELA drängt hier auf die Gewährleistung des Informationszugangs für alle ArbeitnehmerInnen. Corell verweist hier auch auf die Wichtigkeit, mögliche Sprachbarrieren von Entsendeten zu berücksichtigen und Informationen über die Arbeitsrechte in diversen Sprachen zur Verfügung zu stellen. Weiters wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in welcher Good-Practice-Beispiele ausgetauscht werden, wie entsandte ArbeitnehmerInnen am besten über ihre Rechte informiert werden können. Die ELA arbeitet auch an koordinierten, grenzübergreifende Arbeitsinspektionen. Diese sind durch die aktuellen Reisebeschränkungen jedoch nur schwer durchzuführen, weswegen aktuell Überlegungen stattfinden, wie Kontrollen auch in Zeiten der COVID-19-Krise stattfinden können. Von den Abgeordneten wurde neben anderen Beispielen auch die Situation in der deutschen Schlachtindustrie thematisiert, in welcher die Ausbeutung von LeiharbeiterInnen aus osteuropäischen Ländern System hat. Aufgrund der aktuellen Medienberichterstattung sind die Missstände offenkundig geworden. Die hohe Prekarität der ArbeiterInnen spiegelt sich im fehlenden Gesundheitsschutz und unmenschlichen Unterbringungs- und Arbeitsbedingungen wieder. Weiterführende Informationen: AK EUROPA: Grenzübergreifend systemrelevant: Nachholbedarf bei Regelungen für mobile ArbeitnehmerInnen AK EUROPA: Häusliche Gewalt in der Coronakrise Europäische Kommission: Aktualisiertes Arbeitsprogramm der Kommission für 2020 – Annex 9. Generalanwalt empfiehlt Klage gegen Entsende-Richtlinie abzuweisen Polen und Ungarn gegen Gleichstellung entsandter ArbeitnehmerInnen Die Änderungsrichtlinie aus 2018 zur Entsenderichtlinie hat klargestellt: Die arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen des Empfängerstaates gelten auch für entsandte ArbeitnehmerInnen. Bei Entsendungen über 12 Monate darf es grundsätzlich gar keine abweichenden Arbeitsbedingungen geben. 11
Polen und Ungarn sehen dadurch die Dienstleistungsfreiheit verletzt, sie haben vor dem EuGH eine Nichtigkeitsklage gegen die Änderungsrichtlinie eingebracht. „Zu Unrecht“, findet EuGH- Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona. In seinem Schlussantrag empfiehlt er den EuGH-Richtern, die Klage abzuweisen. Die Schlussanträge sind ein guter Indikator für EuGH-Entscheidungen, in mehr als ¾ der Fälle entsprechen die Urteile der Empfehlung. Die Empfehlung des Generalanwalts ist in Bezug auf den Ausgang der Rechtssache positiv, da eine erfolgreiche Klage das System der EU-Entsendungen komplett durcheinanderbringen und entsandte ArbeitnehmerInnen zu ArbeitnehmerInnen 2. Klasse degradieren würde. Generalanwalt stellt sich nicht hinter Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ Heikel ist jedoch die Argumentation. Als wesentlichen Grund für seine Empfehlung nennt der Generalanwalt die bestehenden Möglichkeiten, die örtlichen Löhne zu unterbieten: Konkret heißt es im Schlussantrag: „Auch einige Bestandteile des Lohns entsandter Arbeitnehmer seien weiterhin von denen des Lohns einheimischer Arbeitnehmer verschieden, so dass Ungleichheiten beim tatsächlichen Lohn, die die beiden Arten von Arbeitnehmern bezögen, nicht beseitigt seien. Aus dem gleichen Grund ist der Generalanwalt der Ansicht, dass auch die Wettbewerbsvorteile der Unternehmen aus Ländern der Union mit niedrigeren Arbeitskosten, die Arbeitnehmer in Mitgliedstaaten mit höheren Arbeitskosten entsendeten, nicht vollständig beseitigt seien.“ 10. Einstufung von SARS-CoV-2 in der Richtlinie über biologische Arbeitsstoffe Vorletzte Woche debattierte der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten darüber, wie SARS-CoV-2 zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer klassifiziert werden kann. Die Mitglieder des Ausschusses beschäftigten sich dabei gemeinsam mit der EU-Kommission über die Einstufung des Virus als zweitgefährlichste Kategorie biologischer Arbeitsstoffe. EGB hatte strengere Klassifizierung gefordert Am 3. Juni legte die Europäische Kommission dann ihren Vorschlag für die Aktualisierung der Richtlinie Parlament und Rat zur Zustimmung vor. Die Richtlinie 2000/54/EC legt unter anderem, abhängig von der Risikoeinstufung, die grundsätzlichen Arbeitgeberpflichten in Bezug auf Sicherheitsvorkehrungen am Arbeitsplatz fest. COVID-19 soll in die Gruppe 3 von 4 fallen. Der EGB hatte die Einstufung in Gruppe 4 gefordert – Definition: „biologische Arbeitsstoffe der Gruppe 4 sind Stoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Arbeitnehmer darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich“. Der stellvertretende Generalsekretär des EGB, Per Hilmersson, warnte: „Angesichts der beispiellosen Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 ist es schwer zu verstehen, 12
warum die Europäische Kommission darauf besteht, dass das Virus nicht in die Kategorie mit dem höchsten Risiko eingestuft wird. Wir alle sind für eine rasche, sichere Rückkehr zur Arbeitsnormalität, aber damit dies geschieht, müssen die nationalen Regierungen neue Pläne für die Sicherheit am Arbeitsplatz aufstellen, um eine zweite Welle von Covid-19 zu verhindern. Die Kommission würde den Mitgliedstaaten die völlig falsche Botschaft übermitteln, indem sie COVID- 19 nicht in die höchste Gefahrenkategorie einordnet.“ Für mehr Information siehe hier, hier, hier und hier. 11. EGB-Online-Workshop zum Thema Brexit In einem vom EGB organisierten Online-Workshop, diskutierten am 28. Mai die Gewerkschaftsvorsitzenden Francis O’Grady (TUC), Patricia King (ICTU) und Reiner Hoffmann (DGB) über die laufenden Brexit-Nachverhandlungen. O‘Grady: Boris Johnson meint Drohungen ernst Francis O’Grady versuchte zu Beginn, die schwer nachvollziehbare Sturheit der britischen VerhandlerInnen zu erklären. Ihr zu Folge interessieren Boris Johnson wirtschaftliche Auswirkungen nicht, Machtpolitik ist für ihn entscheidend. Er will als der Premierminister in die Geschichte eingehen, der den Brexit durchgezogen hat. Seine Drohungen, einen ungeordneten Austritt in Kauf zu nehmen, sind absolut ernst zu nehmen. Der TUC ist auf alle möglichen Szenarien vorbeireitet: No-Deal, Deal ohne ArbeitnehmerInnen- Schutzstandards oder, dass sich die EU mit einem verpflichtenden, sozialen Level-Playing-Field durchsetzt. Wie wirkt sich die Corona-Krise auf die Verhandlungen aus? Die Coronakrise wäre eine nachvollziehbare Rechtfertigung für eine Fristverlängerung (31. Dezember 2020). Die Gewerkschaften müssen dafür offen sein, denn im No-Deal-Szenario leiden die ArbeitnehmerInnen am meisten. Sorgen bereitet ihr deshalb ein latenter Hang zur Schadenfreude in der Labour Party. Für viele gilt: Johnson hat das Desaster provoziert, er soll die Verantwortung tragen. Den EU-VerhandlerInnen kommt die wirtschaftliche Schwäche des engen UK-Verbündeten USA zu Gute. Präsident Trump wird sicher mehr und mehr auf Protektionismus setzen, die EU gewinnt als Handelspartner zusätzlich an Bedeutung King: EU ist einziger Motor für Sozialpolitik in Irland Patricia King sprach als ICTU-General-Sekretärin für ArbeitnehmerInnen der Republik Irland sowie für nordirische ArbeitnehmerInnen, der Gewerkschaftsbund organisiert beide Regionen. Für die irische Insel wird der Brexit extrem schwierig. Wirtschaft, Infrastruktur, Elektrizität etc. sind miteinander verschmolzen. 13
Die EU ist der einzige Faktor, der Sozialpolitik vorantreiben kann. Deshalb sind die Erwartungen oft hoch und Enttäuschungen, etwa über den Social Pillar, wiegen umso schwerer. Aktuell ist die Bevölkerung sehr EU-kritisch, sie erinnert sich noch an Austeritätsmaßnahmen in der letzten Krise. Die Iren fühlen sich als machtloser Spielball in den Brexit-Verhandlungen. Keine der Verhandlungsseiten scheint einen Plan B zu haben. Ungeduld deutet sich an bei den EU- VerhandlerInnen, es besteht die Befürchtung, dass auf Irland vergessen wird. Irland profitiert enorm von der EU, aber ist auch Abhängig vom Vereinigten Königreich. Die IrInnen und NordirInnen haben am allermeisten zu verlieren. Nordirland könnte ein „industrial wasteland“ werden, das könnte sich zu einer Bedrohung für den Frieden entwickeln. Hoffmann: Lehre aus dem Brexit – EU muss Vertrauen der ArbeitnehmerInnen gewinnen Reiner Hoffmann zeigte sich besorgt: Scheitern die Verhandlungen, würde das den Handel zwischen den beiden Wirtschaftsräumen über viele Jahre beschädigen. Die Corona-Krise wird aus seiner Sicht viel verändern. Es wird eine tiefe globale Krise geben und der wirtschaftliche Druck wird sich sicher auf die Verhandlungen auswirken. Die USA dürften aus heutiger Sicht noch viel stärker getroffen werden als die EU. Das Vereinigte Königreich hat immer wieder über eine nähere Anbindung an die USA nachgedacht, das dürfte weniger attraktiv werden. Das Vereinigte Königreich hat keine wirkliche Vision, wie es weitergehen soll. Ein No-Deal-Szenario soll unbedingt verhindert werden. Viele verschiedene (kleinere) Probleme spielen in den Verhandlungen bisher keine Rolle, z.B. wie geht es mit Euro-Betriebsräten mit UK-Bezug weiter? Was können Gewerkschaften machen? Gewerkschaften gewinnen in der Corona-Krise an ansehen und gewinnen EU-weit an Einfluss. Laut Hoffmann müssen die Gewerkschaften einen Weg finden, auch auf EGB-Ebene davon profitieren zu können und eine wesentlichere Rolle in der EU zu spielen. Die ambitionierten Rettungsprogramme müssen im besten Interesse der ArbeitnehmerInnen eingesetzt werden. Damit könnte die EU auch das Vertrauen der UK-ArbeitnehmerInnen wiedererlangen. In diesem Zusammenhang lobte Francis O’Grady den tollen Zusammenhalt der europäischen Gewerkschaften während der Brexit-Verhandlungen. Sie sieht aktuell Aufwind für die Gewerkschaftsbewegung insgesamt, der Solidaritätsgedanke kehre in die Gesellschaft zurück. Trotzdem müsse man aus ihrer Sicht wachsam bleiben: Viele Konservative und Liberale fordern bereits mehr Sparsamkeit, Steuergeschenke für Unternehmen und dass Sozialpolitik auf die lange Bank geschoben wird. Das Beste, was Gewerkschaften in der aktuellen Situation dagegen tun können, ist Mitglieder zu werben und zu wachsen. „Wenn wir groß genug sind, können wir jede Regierung unter Druck setzen.“ Für mehr Information siehe hier und hier. 12. Freizügigkeit für EU-Arbeitskräfte nach Brexit Das britische Unterhaus verabschiedete nun ein Gesetz, das die Freizügigkeit für europäische Arbeitskräfte beendet. Ab Jänner 2021 gibt es für diese keinen freien Zugang mehr zum britischen 14
Sie können auch lesen