Bildung und Digitalisierung für ältere Menschen - Im Fokus: Vielfalt stärken - PUBLIKATION NR. 59
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PUBLIKATION NR. 59 Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. Bildung und Digitalisierung für ältere Menschen Im Fokus: Vielfalt stärken 1
Inhalt Vorwort von Franz Müntefering 3 Einführung: Vielfalt stärken 4 Zugang zu Bildung: Angebote im Umfeld machen 6 Interview mit Dr. Ewelina Mania Besondere Zielgruppen: Bildungsanbieter müssen umdenken 8 Interview mit Sabine Hantzko Ältere mit Migrationshintergrund 10 Herausforderung digitale Welt 10 Ältere mit wenig Bildungserfahrung 13 Probieren geht über Studieren 13 Ältere mit Einschränkungen 14 Barrieren abbauen 14 Wohnungsnahe Angebote 16 Ältere mit Pflegebedarf 18 Neue Möglichkeiten eröffnen 18 Individuelle Interessen fördern 20 Ältere mit Demenz 22 Spielerischer Ansatz 22 BAGSO: Bildung als Schlüssel zu Teilhabe 24 www.wissensdurstig.de: Nie zu alt für Neues 26 Links und weitere Informationen, Bildnachweise, Impressum 27 2
Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, D as Leben ist vielfältig, das gilt auch im Älterwerden. Diese Erkenntnis ist simpel, aber nützlich. Man kann et- was machen aus seinem Leben, auch im Älterwerden und Altsein. Dazu müssen wir neugierig bleiben und uns einlassen auf den Wandel. Nicht jede Neuheit ist ein Fortschritt, aber Fort- schritt gibt es. Wir müssen ihn finden und nutzen. Vor 200 Jahren lebten in deutschen Landen rund 22 Millionen Menschen. Noch um 1850 konnte die Hälfte von Gesprächen, ist immer noch der Renner. ihnen weder lesen noch schreiben. Ich nenne das Leitkultur. Und 1950 lag die Lebenserwartung bei Aber neue, schnelle, bebilderte gut 60 Jahren. Formen der Kommunikation kamen Da hat sich viel verändert. Wir hinzu. Wir smsen und mailen und sind jetzt rund 83 Millionen Menschen schaffen Kontakte, die man sich früher in Deutschland und viele werden über mühsam zu Fuß erlaufen musste. Nut- 80 Jahre alt. Menschen aus Polen und zen wir die Chance. Wie gesagt: Blei- Italien, der Türkei und anderen Län- ben wir neugierig. dern sind seit über 100 Jahren in unser Die in diesem Heft vorgestellten Land gekommen und haben geholfen, Projekte zeigen, wie Bildungsangebote ein Wohlstandsland zu werden. Eine für Seniorinnen und Senioren in all bunte Gesellschaft, mit insgesamt gu- ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt ter Bildung, beruflicher Qualifikation gelingen können, auch für Pflegebe- und Mut zur Entwicklung. Und wir dürftige und für Menschen mit De- wissen, auch im Alter können wir noch menz. Lassen Sie sich inspirieren. Ich viel hinzulernen. Die grauen Zellen wünsche Ihnen viel Erfolg. arbeiten, wenn sie Arbeit haben. Neu- gierig bleiben hilft. Mit freundlichen Grüßen Vor 50 Jahren war es das Telefon, das uns in Kontakt hielt, wenn Kinder aus dem Elternhaus in die ferne Stadt zur Arbeit zogen. Das Briefeschreiben Franz Müntefering und Telefonieren bleiben auch heute BAGSO-Vorsitzender immer noch wichtig, auch Besuche. Sich in die Augen blicken zu können bei 3
EINFÜHRUNG Vielfalt stärken Bildung und Digitalisierung für besondere Zielgruppen älterer Menschen M an lernt nie aus, lautet ein be- kanntes Sprichwort. Gemeint ist damit, dass man ein Leben lang Den Schwerpunkt dieses Themen- heftes bilden 14 sogenannte Leucht- turmprojekte aus dem gesamten Bun- neue Erfahrungen macht und neue Er- desgebiet, die mit Zielgruppen arbei- kenntnisse gewinnt – bis ins hohe Al- ten, die als schwer erreichbar gelten (ab ter. Die Redensart verdeutlicht auch, S. 10). Die Projekte wurden von einer dass sich Lernen nicht auf Bildung in Fachjury ausgewählt und erhielten ei- Schule und Ausbildung beschränkt, nen Zuschuss von bis zu 5.000 Euro aus sondern ein vielschichtiger, andauern- Mitteln des Bundesministeriums für der Prozess ist. Das gilt auch für Senio- Familie, Senioren, Frauen und Jugend rinnen und Senioren. Ein lebenslanges (BMFSFJ). Die Bandbreite der Projekte und lebensnahes Lernen kann ihnen ist groß: Ihre Angebote richten sich an dabei helfen, ihr Leben selbstbestimmt ältere Menschen mit Migrationshinter- zu gestalten und an gesellschaftlichen grund, an Ältere mit knappem Budget, Entwicklungen teilzuhaben. Bildungs- an Menschen, die nur eingeschränkt einrichtungen können ältere Men- sehen oder hören können, an Senio- schen mit entsprechenden Angeboten rinnen und Senioren mit Behinderung dabei unterstützen. oder begrenzter Mobilität, an Pflegebe- Dieses Heft widmet sich der Frage, dürftige und Demenzkranke. wie Bildung im Alter gelingen kann, Viele beschäftigen sich mit den und rückt dabei Zielgruppen älterer Herausforderungen und Chancen der Menschen in den Mittelpunkt, die tra- digitalen Welt: Sie unterstützen ältere ditionelle Bildungsangebote eher selten Menschen bei der Handhabung von wahrnehmen. Gründe dafür können Geräten wie Smartphones oder Tablets, ein Migrationshintergrund, wenig Bil- ermuntern sie, das Internet zu erkun- dungserfahrung und psychische oder den, oder nutzen spezielle Software, um körperliche Einschränkungen sein. Die die Teilhabe von kranken und pflege- Bildungsforscherin Dr. Ewelina Mania bedürftigen Menschen zu verbessern. erklärt im Interview, was Menschen Gemeinsam ist ihnen, dass sie ver- davon abhält, an Bildungsangeboten suchen, Hürden abzubauen, spezielle teilzunehmen und macht Vorschläge, Bedürfnisse und Handicaps zu berück- wie sich das ändern lässt (S. 6). Auf die sichtigen und älteren Menschen neue vielfältigen Lebenslagen von Seniorin- Möglichkeiten zu eröffnen. Sie tun dies nen und Senioren weist die Pädagogin zum Beispiel, indem sie das Lernen Sabine Hantzko hin und betont, wie spielerisch gestalten, auf konkrete, in- wichtig es ist, die jeweiligen Bedürfnis- dividuelle Anliegen eingehen und ihre se und Fähigkeiten zu berücksichtigen Angebote vor Ort machen – zu Hause, (S. 8). in Alten- und Pflegeheimen oder an 4
EINFÜHRUNG Orten, an denen sich Seniorinnen und laufstelle für Seniorinnen und Senioren Senioren treffen. Die vorgestellten und für Multiplikatoren an. Auf dem Leuchtturmprojekte können anderen Internetportal www.wissensdurstig.de Bildungsträgern, Vereinen und Selbst- stellt die Servicestelle Informationen hilfegruppen als Anregung dienen. Sie rund um das Thema Digitalisierung können von der Erfahrung der Projek- und Bildung im Alter bereit und infor- te profitieren und sehen, dass es span- miert über Angebote zur Seniorenbil- nend und lohnend ist, neue Wege zu dung in ganz Deutschland (S. 26). gehen und Vielfalt zu fördern. Mit dem vorliegenden Heft setzt Die BAGSO engagiert sich seit vie- die BAGSO ihre dreiteilige Reihe zum len Jahren in der Entwicklung von Bil- Thema „Bildung und Digitalisierung dungsangeboten für ältere Menschen für ältere Menschen“ fort. Zwei weitere mit dem Schwerpunkt Digitalisierung Ausgaben mit den Schwerpunkten (S. 24). Seit 2017 bietet sie mit der Ser- „Ländlicher Raum“ und „Quartier vicestelle „Digitalisierung und Bildung und Engagement“ stellen 30 weitere für ältere Menschen“ eine zentrale An- Leuchtturmprojekte vor. 5
ZUGANG ZU BILDUNG Angebote im Umfeld machen Interview mit der Bildungsforscherin Dr. Ewelina Mania Was sind die größten Hindernisse bestimmte Zielgruppen negativ behaf- beim Zugang zu Bildung? tet sind. Sie verbinden damit vor allem Die Ursachen dafür, dass Menschen Anstrengung und negative Schulerfah- Bildungsangebote unterdurchschnitt- rungen. lich wahrnehmen, sind vielfältig. Man kann nicht sagen, es liegt an zu hohen Sind prinzipiell alle Menschen bil- Kosten oder daran, dass der Veranstal- dungsbereit? tungsort zu weit entfernt ist. Es ist viel- Wir können davon ausgehen, dass alle mehr sehr komplex. Manchmal reicht Menschen lernfähig und lernwillig eine Kleinigkeit – dass einem die Uhr- sind. Ich habe für meine Studie über zeit nicht passt oder dass man den Ver- die Weiterbildungsbeteiligung soge- anstaltungsort nicht kennt. nannter „bildungsferner Gruppen“ in Berlin fast 50 Interviews mit Menschen Man sollte versuchen, Begriffe wie jeden Alters in einem sogenannten Weiterbildung oder Lernen zu ver- „sehr benachteiligten“ Quartier ge- führt. Und es war keine Person dabei, meiden, weil sie für bestimmte die nicht lernen wollte, sondern es ging Zielgruppen negativ behaftet sind. immer nur darum, was und wie man lernt. Nicht für jeden sind organisierte Aber der Hauptgrund ist wohl, Angebote das Richtige. dass sehr viele Menschen gar nicht Man muss nicht alle Menschen wissen, was es alles gibt. Das ist meist dazu bewegen, an organisiertem Ler- die erste Hürde bei den sogenannten nen in einer Einrichtung teilzuneh- „Bildungsfernen“. Wenn sie nicht teil- men, sondern es gibt auch andere nehmen, dann tun sie das nicht, weil Wege, zum Beispiel selbstorganisiert sie kein Interesse haben oder nicht ler- oder als Austausch im Sozialraum, also nen wollen, sondern weil sie oft die Art im Wohnumfeld oder einfach in der der Angebote nicht kennen. Umgebung, in der sich die Person häu- Ältere Menschen stellen sich zum Bei- fig aufhält. spiel unter Weiterbildung häufig be- Ich spreche deshalb auch immer rufliche Weiterbildung vor und wissen von „sogenannten Bildungsfernen“. gar nicht, dass es dabei auch um Dinge Denn nicht die Menschen sind der Bil- geht wie persönliche Weiterentwick- dung fern, sondern die Bildung oder lung oder Alltagswissen, wie der Um- die Art, wie Bildung angeboten wird, gang mit Geld, oder um Austausch passt nicht zu dem, was sich die Men- und Begegnung. Man sollte versuchen, schen vorstellen oder was sie brauchen. sich stärker auf die Inhalte zu beziehen und Begriffe wie Weiterbildung oder Lernen eher zu vermeiden, weil sie für 6
ZUGANG ZU BILDUNG Müssen sich Bildungsträger stärker nicht praxisnah vermittelt. Angebote auf die Zielgruppen zubewegen, zu lebenspraktischen Dingen können auch räumlich? einen Zugang zu schwer erreichbaren Auf jeden Fall. Wir müssen weg von Zielgruppen schaffen. dieser Komm-Struktur und hin zu einer Geh-Struktur, anstatt dass die Andere wichtige Aspekte sind Aus- Leute zu uns kommen, müssen wir zu tausch und Begegnung, das heißt An- ihnen hingehen. Das kann heißen, dass gebote, die gegen Vereinsamung wir- man die Veranstaltungen im Quartier ken, die einem das Gefühl vermitteln, macht oder bei Stadtteilfesten auf die dass man wichtig ist, dass man etwas Angebote aufmerksam macht oder die Sinnvolles tut. Es sollte also nicht nur Orte besucht, wo die Menschen sowie- um Kompetenzen für den Alltag gehen, so hingehen. Das können Mehrgenera- sondern auch um sozialen Austausch tionenhäuser sein, das können Kirchen und persönliche Weiterentwicklung. sein oder ganz andere Orte, mit denen man gemeinsam Angebote macht. Man kann auch mit Ärzten, mit Schuldner- beratungsstellen oder allen möglichen sozialen Diensten zusammenarbeiten, die Kontakt zu den Menschen haben, und so auf Angebote aufmerksam ma- chen. Welche Inhalte sollten angeboten werden? ZUR PERSON Es sollten Inhalte sein, die einen kon- kreten Nutzen haben, die für den All- Dr. Ewelina Mania ist Wissen- tag der Menschen sinnvoll sind. Wir schaftliche Mitarbeiterin am beschäftigen uns am Deutschen In- Deutschen Institut für stitut für Erwachsenenbildung zum Erwachsenenbildung – Beispiel mit dem Thema Finanzielle Leibniz-Zentrum für Lebens- Grundbildung. Der Umgang mit Geld langes Lernen e. V. in Bonn. betrifft sehr viele Menschen, wird aber im Bildungssystem immer noch 7
BESONDERE ZIELGRUPPEN Bildungsanbieter müssen umdenken Interview mit der Pädagogin Sabine Hantzko Ältere Menschen werden häufig als abgehängt wird. Hilfreich sind auch homogene Gruppe gesehen. Stimmt Angebote in Leichter Sprache. Es muss das? ein geschützter Rahmen sein, in dem Die Gruppe der Seniorinnen und Se- man nachfragen kann und weiß, da nioren ist sehr, sehr vielfältig. Es fängt lacht keiner oder verdreht die Augen. schon mit der Frage an, ab wann man Verschiedene Ansprechpersonen sind dazu gehört. Neben der Altershetero- sinnvoll, weil jeder Mensch unter- genität gibt es die Vielfalt der sozialen schiedliche Bedürfnisse hat – der eine Schichten. Es ist sehr wichtig, sich kommt mit dem einen besser klar, der klarzumachen, dass bei älteren Men- andere mit dem anderen. Die Ange- schen ganz unterschiedliche Voraus- bote sollten auch kostenmäßig nied- setzungen vorliegen, auch finanziell. rigschwellig sein. Dazu gehört auch, Das spielt auch beim Thema Digitali- dass man zum Beispiel Geräte aus- sierung eine Rolle: Manche haben eine leihen kann und dass man ein freies Topausstattung, manche bekommen WLAN anbietet. Die bundesweit 420 alte Geräte von ihren Kindern ge- Seniorenbüros verfolgen in ihren Bil- schenkt, andere können sich die Ge- dungsangeboten in Hinsicht auf Digi- räte nicht leisten und haben nicht die talisierung viele verschiedene Ansätze, Möglichkeit, zu Hause ins Internet zu verbindend ist aber, dass immer die gehen. individuellen Bedürfnisse und Fähig- keiten der Seniorinnen und Senioren berücksichtigt werden. Es ist wichtig, dass wir jeden Menschen in seinem Wert und seinen Fähigkeiten Wie kann man spezielle Zielgruppen sehen. erreichen? Das ist eine schwierige Frage. Zu- Auch die Kenntnisse sind ganz un- nächst einmal ist dazu sehr viel Öf- terschiedlich. Die einen haben schon fentlichkeitsarbeit erforderlich. Wenn im Beruf Erfahrungen mit digitalen man alle erreichen will, von bildungs- Medien gemacht, andere überhaupt fernen Schichten bis hin zu Menschen nicht. mit Einschränkungen, dann muss man umdenken. Mit Werbung in der klas- Was heißt das für entsprechende Bil- sischen Tageszeitung ist es nicht getan, dungsangebote? weil viele Menschen mit niedrigem Sie müssen niedrigschwellig und an Einkommen sich die nicht mehr leis- den unterschiedlichen Bedürfnissen ten können und auch sonst von vie- und Voraussetzungen ausgerichtet len Dingen abgeschnitten sind. Und sein. Das heißt, es muss kleinschrittig Seniorinnen und Senioren, die nicht vorgegangen werden, damit niemand digital angebunden sind, können auch 8
BESONDERE ZIELGRUPPEN nicht mal eben googeln, was es an wenn sie mal nicht teilnehmen kön- Angeboten gibt. Von daher muss man nen, nicht das Gefühl haben, den An- bestimmte Zielgruppen auch anders schluss zu verpassen, sondern wieder ansprechen. einsteigen können. Wenn Menschen Hinweise in „Umsonst-Blättchen“, geistige Einschränkungen haben, kann Plakate und Ähnliches können hilf- das manchmal in einer Gruppe aufge- reich sein. Bei Menschen mit Migra- fangen werden. Es ist wichtig, dass wir tionshintergrund ist es wichtig, dass jeden Menschen in seinem Wert und man eine Person hat, die „Türöffner“ seinen Fähigkeiten sehen. ist, damit man sich erst mal kennen- Bildung heißt nicht nur, dass es lernt, einen Bezug findet und dann einen gibt, der etwas beibringt und ei- irgendwann diese Vielfalt auch leben nen, der etwas lernt, einen, der bedürf- kann. Einige Seniorenbüros haben tig ist, und einen, der hilft. Sondern alle dazu Patenschaften ins Leben gerufen. können ganz viel voneinander lernen Die Hemmschwelle, Bildungsangebote – Rücksichtnahme, fachliches Wissen, zu nutzen, ist bei Menschen mit Mig- Toleranz, Geduld. Jeder hat etwas zu rationshintergrund noch relativ groß. bieten und zu geben, woran der andere Hier brauchen wir noch mehr Aufklä- auch wachsen kann. rung, noch mehr Öffentlichkeitsarbeit und noch mehr Zeit, dass alles zusam- menwächst. Was müssen Bildungsanbieter sonst noch beachten, um der Vielfalt ge- recht zu werden? Für Menschen mit starken körperli- ZUR PERSON chen Einschränkungen ist es aus Grün- Sabine Hantzko leitet den den der Mobilität schwierig, Gruppen- Seniorenstützpunkt in Celle angebote wahrzunehmen. Da müsste und ist stellvertretende sich grundlegend etwas ändern, da- Vorsitzende der Bundes- mit ihre Teilhabe gewährleistet wird. arbeitsgemeinschaft Grundsätzlich sind für Menschen mit Seniorenbüros e. V. gesundheitlichen Einschränkungen offene Angebote wichtig, damit sie, 9
ÄLTERE MIT MIGRATIONSHINTERGRUND Herausforderung digitale Welt In Ratingen, Essen und Regensburg erhalten ältere Menschen mit Migrationshintergrund Unterstützung. W ir sind schon über ein halbes Jahrhundert in diesem Land und müssen uns auch mit Krankhei- telefonisch vereinbaren, sondern nur noch über das Internet.“ Der Ver- ein hat deshalb das Projekt „Bildung ten, Behinderungen und dem Alter leicht gemacht: Wir lernen spielend“ beschäftigen – das gehört auch zum gestartet, ein regelmäßiges Treffen für Leben“, sagt Sami Celik, der Geschäfts- ältere Menschen, die sich technisch führer des Türkischen Elternvereins weiterbilden wollen oder ein spezielles Ratingen. Gegründet wurde der Verein Anliegen haben, bei dem sie Hilfe be- vor mehr als 30 Jahren, um eingewan- nötigen. „Wir erklären die Dinge in ein- derten Familien bei Schulproblemen facher Sprache“, sagt Celik, der früher zu helfen. Inzwischen ist er auch eine Türkischlehrer war. „Das Lernen ist Anlaufstelle für Seniorinnen und Seni- spielerisch, in angenehmer Atmosphä- oren. „Sie haben oft Fragen zu gesund- re. Es gibt Tee, Kaffee und ein paar heitlichen Problemen oder zur Rente“, Kleinigkeiten zu essen. Anschließend berichtet Celik. „Wir geben ihnen erste wird meist Rommé oder Backgammon Informationen, nennen ihnen die ent- gespielt.“ sprechenden Institutionen und helfen Bei den Treffen taucht auch häufig bei Alltagsproblemen, wie dem Aus- das Thema Alten- und Pflegeheime auf: füllen von Formularen.“ „Wir werden immer wieder gefragt, ob es Häuser gibt, die zum Beispiel mus- Es gibt Tee, Kaffee und ein paar limisches Essen oder zweisprachige Kleinigkeiten zu essen. Pflege anbieten“, berichtet Sami Celik. „Wir haben uns gemeinsam ein inter- Für viele sei es eine große Heraus- kulturelles Heim in Duisburg ange- forderung, immer mehr Dinge online schaut und würden gern noch weite- erledigen zu müssen, erzählt Celik. re Häuser besuchen, aber leider gibt „Sie können zum Beispiel Termine es nur ganz wenige.“ Nachholbedarf beim Türkischen Generalkonsulat oder sieht er auch in der eigenen Gemein- bei der Rentenversicherung nicht mehr schaft: „In Nordrhein-Westfalen gibt es etwa 500 türkische Vereine und Organisationen. Davon sind weniger Bildung leicht gemacht: Wir lernen spielend | als ein Dutzend für ältere oder kranke Ratingen, Nordrhein-Westfalen Menschen.“ Türkischer Elternverein Ratingen e. V. E-Mail: info@tev-ratingen.de http://www.tev-ratingen.de 10
ÄLTERE MIT MIGRATIONSHINTERGRUND I n Essen gibt es eine große russische Gemeinschaft, zu der auch viele Se- niorinnen und Senioren gehören. Sie sie schildern, welche Erfahrungen sie mit digitalen Medien haben und wo es Hindernisse gibt.“ treffen sich regelmäßig in den Räumen der jüdischen Gemeinde. „Einige von Der Film kann dabei helfen, mehr ihnen nutzen bereits digitale Medien, Selbstvertrauen im Umgang mit digitalen andere sind komplette Laien“, berich- Medien zu gewinnen. tet Anna Bondarenko vom Deutschen Verein russischsprachiger Ärzte und Außerdem dokumentiert der Film Psychologen. Um älteren Menschen einen gemeinsamen Ausflug der Grup- die Möglichkeiten des Internets vorzu- pe in den Römerpark in Xanten, den stellen, brachte sie das Projekt „Senio- die Seniorinnen und Senioren mit ren-Filmproduktion Digitale Medi- ihren neu erworbenen Kenntnissen en-Challenge“ auf den Weg. Das Ziel: selbstständig vorbereiteten: Sie nutz- Russischsprachige Seniorinnen und ten das Internet, um Informationen zu Senioren drehen einen Film über die suchen und Tickets zu kaufen. alltäglichen Herausforderungen der Den fertig geschnittenen und un- digitalen Welt. „Die Idee wurde sehr tertitelten Film will Anna Bondarenko gut angenommen“, berichtet Bonda- anderen russischsprachigen Gruppen renko. Es fanden sich etwa 15 Perso- in Deutschland zur Verfügung stellen. nen zwischen 70 und 80 Jahren, die In- Sie ist sich sicher: „Der Film kann ih- teresse daran hatten. nen dabei helfen, mehr Selbstvertrau- „Wir haben den Seniorinnen und en im Umgang mit digitalen Medien Senioren zunächst Skype, Wikipedia zu gewinnen.“ und Gmail vorgestellt, als Beispiele dafür, wie sie das Internet nutzen kön- nen“, erzählt Bondarenko. Außerdem erhielten sie eine Einführung, wie man Senioren-Filmproduktion Digitale Medien- mit dem Smartphone filmen kann. Challenge | Essen, Nordrhein-Westfalen „Sie haben sich dann gegenseitig dabei Deutscher Verein russischsprachiger Ärzte gefilmt, wie sie mit Verwandten tele- und Psychologen e.V. fonieren, sich im Netz Informationen E-Mail: n.tsirina@gmail.com besorgen und E-Mails schreiben. Und https://www.rpa-ev.de wir haben Interviews gedreht, in denen 11
ÄLTERE MIT MIGRATIONSHINTERGRUND I n Regensburg gibt es etwa 50 Ehren- amtliche, die ältere Menschen beim Umgang mit digitaler Technik unter- auf Russisch, Türkisch und Deutsch, und einen Artikel in einer kostenlosen türkischsprachigen Zeitung veröffent- stützen, und zwar sowohl in öffentli- licht“, erklärt Silvia Berthold vom Se- chen Räumen als auch zu Hause. Koor- niorenamt. Die Wirkung dieser Wer- diniert vom Treffpunkt Seniorenbüro bung war allerdings begrenzt. (TPS) bieten sie Einzelschulungen an, „Am besten ist es, wenn man die beraten beim Gerätekauf und helfen Angebote dort vorstellt, wo sich Men- bei technischen Problemen. Weil Mi- schen mit Migrationshintergrund grantinnen und Migranten diese An- treffen“, ist Bertholds Erfahrung. „In gebote jedoch selten wahrnehmen, ini- Regensburg sind das zum Beispiel die tiierte das Seniorenamt der Stadt das Stadtteilprojekte. Dort gibt es russi- Projekt „Grenzenlos – Migranten mit sche bzw. osteuropäische Gruppen. Zuhause vernetzt“. Und wenn Migrantengruppen spezi- elle Treffs haben, dann bieten wir die Am besten ist es, wenn man die Ange- Schulungen dort an, auf Wunsch auch bote dort vorstellt, wo sich Menschen mit Ehrenamtlichen, die dolmetschen mit Migrationshintergrund treffen. können.“ Letztlich will Berthold die verschiedenen Zielgruppen jedoch Es richtet sich an ältere, zugewan- wieder zusammenführen: „Das Projekt derte Menschen, die sich nicht trauen, soll ein Türöffner sein, um Migrantin- ein Tablet oder Smartphone zu bedie- nen und Migranten an die Standardan- nen, und soll ihnen dabei helfen, mit gebote heranzuführen.“ ihren Verwandten im Herkunftsland Dasselbe Ziel verfolgt auch ein in Kontakt zu bleiben. „Wir haben internationales Internetcafé, das die einen dreisprachigen Flyer gemacht, Stadt Regensburg im Aktivzentrum des TPS einrichtet. Besucherinnen Grenzenlos – Migranten mit Zuhause vernetzt | und Besucher können die Technik dort Regensburg, Bayern selbstständig nutzen, erhalten aber Stadt Regensburg, Seniorenamt auch Hilfe, wenn sie Fragen haben. E-Mail: berthold.silvia@regensburg.de „Das Internetcafé ist nicht zielgrup- https://www.regensburg.de/leben/senioren/senioren penspezifisch, sondern für alle“, sagt amt-der-stadt-regensburg/treffpunkt-seniorenbuero Silvia Berthold. „Im Vordergrund steht die Technik und nicht die Herkunft.“ 12
ÄLTERE MIT WENIG BILDUNGSERFAHRUNG Probieren geht über Studieren Ein Projekt in Celle ermutigt Ältere mit knappem Budget, digitale Medien kennenzulernen. N icht jeder ältere Mensch kann sich ein Smartphone oder Tablet leisten. Und die Hemmschwelle, sich stunde. Begleitet werden die Gruppen von Ehrenamtlichen. ein Gerät zu kaufen oder zu Hause Uns war wichtig, dass das Projekt einen Internetzugang zu installieren, ist umso größer, wenn man sich nicht auch in finanzieller Hinsicht niedrig- damit auskennt und gar nicht weiß, ob schwellig ist. man die Technik nutzen wird. In Celle gibt es deshalb einen „ComputerTreff „Die verstehen sich jedoch nicht für Seniorinnen und Senioren mit als Allwissende“, sagt Sabine Hantz- knappem Budget und Bildungsfer- ko. „In den Gruppen sind Menschen ne“. Sie können einfach vorbeikom- mit ganz verschiedenen Kenntnissen, men und Dinge ausprobieren, auch die sich gegenseitig unterstützen. Bei ohne eigenes Gerät. diesem Thema ist die Entwicklung ja „Uns war wichtig, dass das Projekt so rasant, dass sich gar nicht mehr so auch in finanzieller Hinsicht niedrig- leicht feststellen lässt, wer mehr weiß. schwellig ist“, erklärt Sabine Hantzko, Das wechselt ja auch ständig, sobald die Leiterin des Seniorenstützpunkts jemand ein neues Gerät hat. Digitale Celle. „Manche Kurse kosten ja so viel, Bildung hat andere Herausforderun- dass die Menschen gar nicht daran teil- gen als klassische Bildungsarbeit.“ nehmen können, geschweige denn sich die Geräte kaufen können.“ Der Com- puterTreff ist deshalb als offener Treff und nicht als Kurs angelegt. Man muss nicht regelmäßig kommen und bezahlt für die Teilnahme nur einen Euro. Man kann dort Geräte nutzen und sogar ausleihen. Vorkenntnisse sind nicht notwendig. Bei Bedarf wird in Leichter Sprache erklärt. „Zur Niedrigschwelligkeit gehört auch, dass wir auf die konkreten Inter- ComputerTreff für Seniorinnen und Senioren essen der Menschen reagieren, sie ein- mit knappem Budget und Bildungsferne | Celle, beziehen“, erklärt Hantzko. So haben Niedersachsen sich im Laufe der Zeit fünf Gruppen SPN-Seniorenstützpunkt Celle zu verschiedenen Themen gebildet, die E-Mail: info@senioren-celle.de sich alle 14 Tage treffen. Zudem gibt es http://www.senioren-celle.de regelmäßig eine Smartphone-Sprech- 13
ÄLTERE MIT EINSCHRÄNKUNGEN Barrieren abbauen Bildungsangebote für ältere Menschen, die nur eingeschränkt sehen oder hören können. W er kennt das nicht: Schlüssel verlegt, Passwort vergessen, Termin versäumt. Vergesslichkeit be- was man machen soll, und löst die Auf- gabe mündlich für sich selbst – muss also nichts lesen und aufschreiben“, trifft beileibe nicht nur ältere Men- erklärt Kleinpeter. Die Ausbildungs- schen, doch ist es für sie be- referentin des Bundesverbands ist mit sonders sinnvoll, geistig fit der Materie vertraut, denn sie hat be- zu bleiben. Der Bundes- reits viele Blinde und Sehbehinderte als verband Gedächtnistrai- Gedächtnistrainerinnen und -trainer ning beschäftigt sich seit ausgebildet. vielen Jahren mit dem Die Übungen werden als CD und Thema und hat Übungen 13-teiliger Podcast angeboten, jede entwickelt, die unter an- Folge dauert etwa fünf bis zehn Minu- derem die Konzentration, ten. „Es gibt eine allgemeine Einleitung die Merkfähigkeit, die Denk- und zwölf Folgen, in denen jeweils ein flexibilität, die Wortfindung und die Trainingsziel und eine entsprechende Urteilsfähigkeit verbessern. Übung erklärt werden.“ Dabei ist dem Bundesverband Gedächtnistraining ein Man löst die Aufgabe mündlich – muss ganzheitlicher Ansatz wichtig, betont Martina Kleinpeter: „Die Übungen also nichts lesen und aufschreiben. bieten Spannung und Entspannung, es werden beide Gehirnhemisphären an- Für viele der Übungen benötigt gesprochen, es gibt Bewegungsübun- man jedoch Stift und Papier, muss le- gen, um Körper, Seele und Geist zu sen oder Bilderrätsel lösen. Für blinde berücksichtigen. Zum ganzheitlichen und sehbehinderte Menschen stellte Gedächtnistraining gehört auch, dass dies bislang eine Hürde dar. Die Ge- eine angenehme Atmosphäre herrscht, dächtnistrainerin Martina Kleinpeter niemand vorgeführt wird, und es kein hat deshalb für das Projekt „zugehört richtig oder falsch gibt.“ & nachgedacht“ Übungen zum Hören Genutzt werden können die Übun- zusammengestellt: „Man hört sich an, gen zum Hören natürlich von allen In- teressierten – nicht nur von Blinden zugehört & nachgedacht | bundesweites Angebot und Sehbehinderten. Bundesverband Gedächtnistraining e. V. E-Mail: mkleinpeter@bvgt.de https://bvgt.de 14
ÄLTERE MIT EINSCHRÄNKUNGEN B eim Thema Barrierefreiheit denkt man meist zuerst an rollstuhlge- rechte Zugänge. Eine andere Barriere, der Sender allerdings immer an dieje- nige Person weitergereicht werden, die spricht. Da arbeiten wir gerade noch die viele Ältere betrifft, wird häufig an technischen Verbesserungen.“ nicht berücksichtigt: Probleme beim „Bildungseinrichtungen sollten Hören. „Menschen mit einer Hörschä- Höranlagen stärker einsetzen“, emp- digung ziehen sich oft aus Gruppen zu- fiehlt die Mitarbeiterin der Nachbar- rück, weil sie sich nicht an Gesprächen schaftsagentur. Hilfreich ist es, wenn beteiligen können“, hat Carola Wa- die Betroffenen ein Hörgerät haben, gener-Ernst von der Nachbarschafts- das auf diese Systeme zurückgreifen agentur Dortmund-Wambel beob- kann, denn dann müssen sie keinen achtet. „Man kann schon an ihrem Kopfhörer tragen. Gesichtsausdruck sehen, dass sie sich ausgeschlossen fühlen.“ Bildungseinrichtungen sollten Wenn jemand kaum noch hören Höranlagen stärker einsetzen. kann, reichen Hörgeräte nicht mehr aus, dann ist eine Höranlage hilfreich. Diese Systeme sind in manchen Kir- Carola Wagener-Ernst hat jedoch chen und öffentlichen Gebäuden ins- festgestellt, dass solche verstellbaren talliert, doch immer noch viel zu selten. Hörgeräte nicht sehr weit verbreitet Die Nachbarschaftsagentur hat für ihr sind. Sie wünscht sich, dass Hörakus- Projekt „Integrative Englischsprach- tiker stärker auf diese Möglichkeit hin- gruppe für Menschen mit und ohne weisen: „Es gibt gute technische Lösun- Hörschädigung“ ein solches System gen, um diese Barriere zu überwinden. angeschafft. Aber man muss richtig beraten, damit „Die Höranlage funktioniert su- sie auch genutzt werden können.“ per“, berichtet Wagener-Ernst. „Sie ist auch deshalb gut, weil sie mobil ist.“ Das Prinzip ist simpel: Die Person, die Integrative Englischsprachgruppe für Menschen spricht, erhält einen Sender mit einem mit und ohne Hörschädigung | Dortmund, Aufsteckmikrofon. Die Person, die Nordrhein-Westfalen Probleme mit dem Hören hat, erhält Nachbarschaftsagentur Dortmund-Wambel einen Empfänger. Bei Vorträgen ist E-Mail: carola.wagener-ernst@nachbarschafts-agentur.de das ganz einfach, so die Erfahrung von https://www.nachbarschafts-agentur.de Wagener-Ernst. „In der Gruppe muss 15
ÄLTERE MIT EINSCHRÄNKUNGEN Wohnungsnahe Angebote In Berlin, Düsseldorf und Bielefeld können Ältere mit Behin- derung oder begrenzter Mobilität das Internet erkunden. D er Berliner Verwaltungsbezirk Marzahn-Hellersdorf hat gut 260.000 Einwohnerinnen und Ein- Verein kommt, sondern gehen dorthin, wo sich Ältere sowieso treffen, zum Beispiel zu Tanzveranstaltungen oder wohner – und damit etwa so viele wie zum Skatnachmittag, und weisen auf Gelsenkirchen. Die Größe des Bezirks unsere Angebote hin.“ Derzeit stehen erfordert dezentrale Angebote, erklärt Vereinsmitglieder in vier Außenstellen Siegfried Klarhöfer vom Verein Net- regelmäßig bei allen Fragen rund um Computer Lernen: „Für uns sind woh- Hardware, Software und Internet zur nungsnahe Hilfen ganz wichtig, weil Verfügung. Wenn Menschen gehbe- wir auch bewegungseingeschränkte hindert sind oder Probleme mit Gerä- und technisch wenig affine Menschen ten daheim haben, machen sie Haus- erreichen wollen. Deshalb heißt unser besuche. Projekt auch ‚Wohnungsnahe Hilfen „Zu uns kommen Menschen von für ältere Bürger bei der lebenswelt- Anfang 60 bis Anfang 80, die in ihrem bezogenen Nutzung zeitgemäßer In- Arbeitsleben mit modernen Informa- formations- und Kommunikations- tions- und Kommunikationsmitteln technologien‘.“ nicht viel zu tun hatten“, berichtet Klar- höfer. „Angefangen von der Verkäufe- Wir warten nicht, bis jemand zu uns rin, die über -zig Jahre an der Kasse ge- kommt, sondern gehen dorthin, wo sich arbeitet hat, bis zum Maurer, der mit Ältere sowieso treffen. der Kelle und dem Mörtelmixer um- gehen kann, aber mit dem Computer Der Computerclub unterstützt äl- nichts zu tun hatte. Also Leute, die kei- tere Menschen nicht nur in seinem ne Gelegenheit hatten, da näher einzu- Vereinslokal, sondern arbeitet eng mit steigen, und es jetzt endlich mal wissen Stadtteilzentren, Mieterclubs und Bür- wollen.“ gerhäusern zusammen. „Wir sind im Der Verein existiert bereits seit 22 ganzen Stadtbezirk gut vernetzt. Wir Jahren. Die etwa 50 Mitglieder sind warten nicht, bis jemand zu uns in den selbst schon älter und engagieren sich alle ehrenamtlich. Auch Siegfried Klar- höfer ist schon seit vielen Jahren mit Wohnungsnahe Hilfen für ältere Bürger bei der Begeisterung dabei: „Wenn wir nicht lebensweltbezogenen Nutzung zeitgemäßer Infor- selber Freude daran hätten, würden mations- und Kommunikationstechnologien | Berlin wir es nicht machen.“ NetComputer Lernen g. e. V. E-Mail: Klarhoefer1@t-online.de; raperichter@web.de http://www.netcomputer-lernen.de/leuchtturmprojekt.html 16
ÄLTERE MIT EINSCHRÄNKUNGEN W ir sind ein inklusives Team: Bei uns arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung“, sagt Nadja Zaynel wer eine sogenannte geistige Behinde- rung hat, lernt, mit Hürden und Bar- rieren umzugehen, indem er sich die vom Piksl-Labor in Düsseldorf. Das Dinge vereinfacht. Und das ist eine Ex- Labor will Menschen mit wenig oder pertise, von der jeder profitiert. Denn gar keiner Interneterfahrung einen in einer Welt, in der alles immer kom- Einstieg in die digitale Welt ermög- plexer wird, freut sich jeder, wenn et- lichen. Es richtet sich an Menschen was einfach erklärt wird.“ jeden Alters, mit und ohne Behinde- rung. Seit 2011 gibt es das Piksl-Labor In einer Welt, in der alles immer in Düsseldorf, 2015 wurde ein weiteres komplexer wird, freut sich jeder, wenn in Bielefeld-Bethel eröffnet. etwas einfach erklärt wird. Damit auch ältere Menschen mit eingeschränkter Mobilität das Ange- Wichtig sei, zu schauen, was die bot wahrnehmen können, starteten die Seniorinnen und Senioren interessiert, Labore das Projekt „PIKSL mobil in sie zu motivieren und Ängste abzu- Altentagesstätten“. „Uns haben immer bauen, so Nadja Zaynel. „Viele denken, wieder Seniorinnen und Senioren an- sie lernen es nie, und geben schnell gerufen, die sagten, ich wohne in einem auf. Aber wir vermitteln ihnen: Alles in anderen Stadtteil und kann nicht zu Ordnung; niemand kann das aus dem Ihnen kommen“, erzählt Zaynel. „Wir Stegreif; es hat viel mit Übung zu tun. bieten deshalb in Altentagesstätten in Und oft ist es motivierend für sie, wenn Düsseldorf und Bielefeld Schulungen sie sehen, dass jemand, der nicht lesen an, weil das für ältere Menschen An- und schreiben kann, damit umgehen laufstellen in ihrem sozialen Umfeld kann.“ sind, wo sie Gymnastik machen, Kaf- fee trinken, mit anderen ins Gespräch kommen.“ Das Besondere ist, dass diese PIKSL mobil in Altentagesstätten | Düsseldorf und Smartphone- und Tablet-Schulungen Bielefeld, Nordrhein-Westfalen von einem Tandem gemacht werden – In der Gemeinde leben gGmbH einer Fachkraft und einer Person mit E-Mail: nadja.zaynel@igl-duesseldorf.de; benjamin.koepsell@bethel.de sogenannter geistiger Behinderung. https://piksl.net „Wir nennen sie Piksl-Expertinnen und -Experten“, erklärt Zaynel. „Denn 17
ÄLTERE MIT PFLEGEBEDARF Neue Möglichkeiten eröffnen Projekte in Moers und Hannover nutzen digitale Medien, um die Teilhabe von Pflegebedürftigen zu verbessern. D ie Grafschafter Diakonie bietet in ihrem Seniorenbüro in Moers- Repelen älteren Menschen seit vielen Bestellung über Skype oder eine App, die Nachrichten übermittelt (Messen- ger), entgegennehmen und an Ge- Jahren Beratung an. Außerdem koor- schäfte weiterleiten, die das Gewünsch- diniert sie einen nachbarschaftlichen te dann liefern. Unterstützungsdienst: Ehrenamtliche Die Umsetzung des Vorhabens besuchen Seniorinnen und Senioren, erwies sich jedoch schwieriger als ge- lesen ihnen vor, gehen mit ihnen spa- dacht. „Zunächst mussten die techni- zieren und begleiten sie bei Einkäufen. schen Voraussetzungen im Senioren- büro verbessert werden, um mit den Ratsuchenden störungsfrei in Ver- Wir wollen zum Beispiel für die Beratung bindung treten zu können“, erzählt auch Skype nutzen. Schwabe. „Dann gab es datenschutz- rechtliche Bedenken bezüglich der Mit dem Projekt „Digitalisierung Messenger-Dienste, die genutzt wer- und Bildung für ältere Menschen: den sollen.“ Der digitale Besuchs-und Beratungs- Die größte Herausforderung be- dienst“ soll dieses Angebot ausgeweitet steht jedoch darin, die Hilfesuchenden werden. „Wir wollen zum Beispiel für im Umgang mit der Technik zu schu- die Beratung auch Skype nutzen“, er- len und Akzeptanz für das Projekt zu klärt Iris Schwabe von der Grafschafter schaffen. „Die wirklich Betagten nut- Diakonie. „Für immobile, pflegebe- zen eher die herkömmliche Methode, dürftige Menschen ist das hilfreich, hier anzurufen. Sie wollen auch lieber weil sie sich nicht auf den Weg ma- den persönlichen Kontakt“, so Iris chen müssen, man sich aber trotzdem Schwabes Erfahrung. „Aber die Eh- sieht.“ Außerdem ist geplant, dass die renamtlichen finden die Idee gut, vor ehrenamtlich Tätigen die älteren Men- allem, was das Einkaufen betrifft. Und schen auch „digital“ besuchen. Anstatt auch für jüngere Angehörige von Pfle- mit ihnen einzukaufen, könnten sie die gebedürftigen ist diese Form der Kon- taktaufnahme attraktiv.“ Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen: Der digitale Besuchs- und Beratungsdienst | Moers, Nordrhein-Westfalen Grafschafter Diakonie gGmbH E-Mail: seniorenbuero@grafschafter-diakonie.de https://www.grafschafter-diakonie.de/seniorenbüro. html 18
ÄLTERE MIT PFLEGEBEDARF I n Hannover gibt es ehrenamtliche Medien- und Techniklotsen, die äl- tere Menschen in Sprechstunden im Ansatz, den wir gerade ausprobieren. Dabei wird zunächst geschaut, was die Person früher gerne gemacht hat. Quartier und zu Hause beim Umgang Wenn sie zum Beispiel oft in Urlaub mit Smartphone, Tablet und Computer in Kühlungsborn an der Ostsee war, unterstützen. „Die Nachfrage ist groß“, setzen wir ihr die VR-Brille auf und berichtet Patrick Ney vom Fachbereich nutzen Google Earth, damit sie sich in Senioren der Stadt Hannover. „Uns ist Kühlungsborn umsehen kann.“ aber aufgefallen, dass sich Bewohne- rinnen und Bewohner von Alten- und Digitale Biografiearbeit ist ein Pflegeheimen kaum melden. Deshalb neuerer Ansatz, den wir gerade haben wir das Angebot erweitert.“ ausprobieren. Die Ehrenamtlichen besuchen jetzt auch regelmäßig drei Senioren- zentren. Sie bringen Geräte mit und Der Vorteil gegenüber einem Bild zeigen Interessierten, was man damit sei, dass die Brille einen quasi live in machen kann. Dabei sei es wichtig, den Ort versetze: „Das weckt viele Er- die Dinge möglichst einfach zu erklä- innerungen. Die Personen sind danach ren und an die Interessen der älteren in der Regel sehr positiv gestimmt und Menschen anzuknüpfen: „Wenn sich sehr gerührt. Selbst Menschen, die jemand früher für Handarbeiten oder sonst nicht viel kommunizieren, fan- für Gartenarbeit interessiert hat, dann gen an, zu erzählen“, so Patrick Ney. kann man zum Beispiel Webseiten wie Auf diese Weise können auch Men- Pinterest zeigen. Das kann sehr moti- schen mit körperlichen Einschränkun- vierend sein.“ gen und Menschen mit Demenz digital Das Projekt „Be Digital@Home“ teilhaben. richtet sich aber auch an Menschen, die Smartphones oder Tablets nicht selbst Be Digital@Home, Hannover | Niedersachsen bedienen können. „Dafür nutzen wir Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Senioren eine Virtual-Reality-Brille, mit der sie E-Mail: patrick.ney@hannover-stadt.de sozusagen in die digitale Welt gucken https://www.hannover.de/Hannover/für-Senioren können“, erklärt Ney. Dieses Medium eigne sich auch sehr gut für digitale Biografiearbeit: „Das ist ein neuerer 19
ÄLTERE MIT PFLEGEBEDARF Individuelle Interessen fördern In Memmingen und Friedrichshafen ermöglichen digitale Medien Pflegebedürftigen Musikgenuss und Zeitreisen. I ch war während meines Studiums oft im Pflegeheim und habe mit den Be- wohnerinnen und Bewohnern Volks- zu und ist auf dem Tablet kinderleicht zu bedienen. „Man gibt das Alter ein, dann wird die Startplaylist gespielt“, lieder gesungen“, erzählt Thilo Weller. erklärt Weller. „Auf dem Bildschirm „Dabei habe ich gemerkt, wie wichtig erscheinen zwei Herzen. Drückt man Musik für sie ist.“ Das brachte den auf das grüne Herz, wird das Stück ge- Musiklehrer auf eine Idee: Es müsste speichert, drückt man auf das durch- doch möglich sein, dass Menschen, die gestrichene rote Herz, dann kommt es in Pflegeeinrichtungen leben, jeder- nicht mehr, bzw. das Genre wird weni- zeit selbstständig ihre Lieblingsmusik ger gespielt. So entsteht nach und nach hören können. Gemeinsam mit einem personalisierte Musik.“ Informatiker und einer Musikpädago- Als erste kommen die Bewohne- gin entwickelte er eine ganz einfache rinnen und Bewohner der ambulant App, die den individuellen Musikge- betreuten Wohngemeinschaft „Schloss schmack einer Person berücksichtigt. Künersberg“ in Memmingen in den Genuss der App. Doch Weller hofft, dass sich die Idee möglichst weit ver- Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, breiten wird. Er hat dabei auch das wie beruhigend Musik wirkt. Pflegepersonal im Blick: „Wenn es je- mand nicht gut geht, können die Fach- Für das Projekt „Personalisier- kräfte in der Playlist nachschauen, was te und barrierefreie Musik“ recher- hört die Person gern, und das dann ab- chierten die drei zunächst, welche Stü- spielen. Es gibt zahlreiche Studien, die cke für eine bestimmte Altersgruppe belegen, wie beruhigend Musik wirkt von Bedeutung sind, und erstellten und damit auch die Pflege erleichtert.“ entsprechende Listen, die ganz unter- Das gilt nicht zuletzt für Menschen mit schiedliche Genres umfassen – von Demenz, wie Thilo Weller aus der Er- Schlager, Volksmusik und Musical fahrung mit seinem Großvater weiß. über Klassik und geistliche Musik bis In Erinnerung an ihn hat er die App hin zu Jazz. Die App greift auf YouTube „Alfred“ genannt. Personalisierte und barrierefreie Musik – “Alfred” | Memmingen, Bayern LichtTalente-soziale Projekte in Memmingen e. V. info@mehrgenerationenhaus-mm.de http://www.mehrgenerationenhaus-mm.de/index.html 20
ÄLTERE MIT PFLEGEBEDARF D ie Bewohnerinnen und Bewoh- ner des Gustav-Werner-Stifts in Friedrichshafen können seit einiger die Vergangenheit, zu den Gedanken, die sie beschäftigen, denn die meisten haben mit ihrer Vergangenheit nicht Zeit die Software „Memocare“ nutzen, abgeschlossen.“ die speziell auf die Bedürfnisse älterer Die Software kann auch für Grup- Menschen zugeschnitten ist. Sie bietet pen genutzt werden, indem das Tablet an Musik, Spiele, Rätsel und großformati- den Fernseher angeschlossen wird, um ge Bilder zu vielen Themen, man kann einen größeren Bildschirm zu haben. damit aber auch auf Zeitungen oder die Tagesschau im Internet zugreifen. Die digitale Technik eröffnet Tobias Günther, Fachbereichsleiter der den Menschen ein Tor in die Altenhilfe Bodensee-Oberschwaben, hat gute Erfahrungen mit „Memocare“ Vergangenheit. gemacht: „Das Zusammenspiel von vi- suellen und akustischen Komponenten Tobias Günther ist es jedoch wich- ist sehr hilfreich, denn etwa 80 Prozent tig, dass der Einsatz digitaler Medien der Menschen, die bei uns leben, haben gezielt erfolgt: „Wenn in einer Gruppe Handicaps, wie Hörschwächen, Seh- zehn Menschen hochdement sind und schwächen oder Demenz.“ nur zwei orientiert, dann ist es nicht Manche können die Software auf zielführend, die ganze Gruppe mit di- dem Tablet allein bedienen, häufig gitalen Medien zu bespielen. Andere wird sie jedoch gemeinsam mit Betreu- Formen der Betreuung und Aktivie- ungspersonen, Ehrenamtlichen oder rung wie Gymnastik, Ballspiele, Hand- Angehörigen genutzt. Besonders be- massagen oder Kuchenbacken dürfen liebt ist Google Maps, erzählt Günther: nicht sterben, nur weil man jetzt ein „Wir machen damit so eine Art Zeitrei- Tablet hat.“ se, indem wir in den Ort oder zu dem Haus gehen, in dem der Mensch als Memocare, Friedrichshafen | Baden-Württemberg Kind oder Erwachsener gelebt hat. Das Seniorenzentrum Gustav-Werner-Stift empfinden viele als toll, weil sie Dinge Friedrichshafen wiedererkennen, und es löst noch mal E-Mail: Tobias.Guenther@bruderhausdiakonie.de andere Erinnerungen aus, als wenn http://www.seniorenzentrum-friedrichshafen.de man nur nachfragt. Die digitale Tech- nik eröffnet den Menschen ein Tor in 21
ÄLTERE MIT DEMENZ Spielerischer Ansatz Projekte in Memmingen und Heilbronn erkunden die vielen Möglichkeiten, die Tablets für Demenzkranke bieten. W enn Menschen an Demenz er- kranken, ist das für die Betrof- fenen und ihre Familien oft eine große den Möglichkeiten der Digitalisierung teilhaben zu lassen“. Tablets mit speziellen Program- Herausforderung. In Memmingen hat men für Menschen mit Demenz bie- es sich der Verein Familiengesundheit ten viele Vorteile, erzählt Kuntz: „Man 21 zur Aufgabe gemacht, sowohl Men- kann damit besser auf individuelle schen mit Demenz als auch ihre Ange- Wünsche eingehen. Denn jeder kann hörigen und Fachkräfte zu unterstüt- das machen, was er möchte – ein Spiel zen. Der im Mehrgenerationenhaus spielen, Fotos anschauen, Musik hö- angesiedelte Verein bietet Beratung, ren, Bilder malen oder sich Geschich- einen Besuchsdienst und zwei Wohn- ten vorlesen lassen. Früher hatten wir gemeinschaften, die von professionel- eine Spielekiste, aber wenn der eine len und ehrenamtlichen Kräften be- Schach spielen wollte und der andere treut werden. Mensch ärgere Dich nicht, dann klapp- te das nicht gut.“ Ein weiterer Vorteil: Menschen, die am Rand stehen, sollen Menschen, die schlecht hören, können Kopfhörer oder Lautsprecher nutzen. an den Möglichkeiten der Digitalisierung Für diejenigen, die schlecht sehen, lässt teilhaben können. sich die Schriftgröße auf dem Bild- schirm anpassen. Einer der Ehrenamtlichen ist Gün- Auch für pflegende Angehörige ther Kuntz, der nach persönlichen zu Hause kann ein Tablet von Nutzen Erfahrungen mit seiner dementen sein, berichtet Diana Elverich vom Mutter beschloss, sich in diesem Be- Mehrgenerationenhaus. „Es ist für sie reich zu engagieren. Der 67-Jährige eine Entlastung, wenn die demente ist federführend am Projekt „Tablets Person für einen gewissen Zeitraum für die Betreuung von Pflegebedürf- beschäftigt ist. Da reichen oft schon tigen und Menschen mit Demenz“ zehn Minuten, in denen sie etwas er- beteiligt, denn es ist ihm ein Anliegen, ledigen können, ohne Angst haben zu „Menschen, die am Rand stehen, an müssen, dass die demente Person das Haus verlässt.“ Tablets für die Betreuung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Demenz | Memmingen, Bayern Familiengesundheit 21 e. V. E-Mail: info@mehrgenerationenhaus-mm.de http://www.familiengesundheit21.de 22
ÄLTERE MIT DEMENZ D as Johanniter-Haus Heilbronn arbeitet seit einigen Jahren mit dem Tablet “Media Dementia”, das auf verschiedene Sprachen wie Russisch, Polnisch, Griechisch oder Türkisch übersetzt. „Angestellte aus allen Berei- die Betreuung demenzkranker Men- chen unseres Hauses haben sich betei- schen ausgerichtet ist. „Das Tablet bie- ligt und Lieder oder Märchen in ver- tet mannigfaltige Möglichkeiten – es schiedenen Sprachen aufgenommen“, gibt Filme, Bilder, Texte, Spiele, Rätsel, erzählt die Betreuungsassistentin. Themen und vieles mehr“, erzählt Mit- „Jetzt gibt es auf dem Tablet zum Bei- arbeiter Jürgen Herr. „Ich gehe meis- spiel Rotkäppchen auf Polnisch. Und tens spielerisch vor und rufe zum Bei- wenn eine polnischsprachige Person spiel das Bild einer Kirsche auf. Über das hört, dann ist sie nicht so einsam, die Farbe Rot kommt man dann auf sondern hat ein bisschen Halt in ihrer Liebe zu sprechen, den Mann, den En- Muttersprache.“ kel usw.“ Gut findet Herr auch, dass sich für jede Person ein Profil anlegen Über die Farbe Rot kommt man lässt, das Reaktionen und Vorlieben dann auf Liebe zu sprechen, den Mann, erfasst, an die er beim nächsten Besuch anknüpfen kann. den Enkel. Auch die Betreuungsassistentin Alexandra Lesniewski ist begeistert Alexandra Lesniewski empfiehlt von dem Tablet. „Das ist wirklich eine anderen Häusern, die Möglichkeiten ganz tolle Erfindung. Bevor wir es 2015 zu nutzen, die das Tablet bietet. „Das bekamen, habe ich viel mit Präsentati- wird sehr gut angenommen. Und jede onen gearbeitet, aber es hat mich viel Einrichtung kann es für ihre Bedürf- Zeit gekostet, das ganze Material zu nisse erweitern.“ Hause zusammenzustellen.“ Da ein Drittel der Bewohnerinnen und Be- wohner des Johanniter-Hauses einen Betreuung mal anders – Technik unterstützt Migrationshintergrund hat, entstand Integration | Heilbronn, Baden-Württemberg die Idee, fremdsprachliche Elemente Johanniter-Haus Heilbronn in das Tablet zu integrieren. E-Mail: beate.tsiaousidis-gertling@jose.johanniter.de Im Zuge des Projekts „Betreuung https://www.johanniter.de/einrichtungen/ mal anders – Technik unterstützt In- altenpflegeeinrichtungen/heilbronn/ tegration“ wurden einige Inhalte in 23
BAGSO Bildung als Schlüssel zu Teilhabe Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen fordert, dass die positiven Möglichkeiten des Internets für alle nutzbar sind. D ie BAGSO - Bundesarbeitsge- meinschaft der Senioren-Organi- sationen ist die Interessenvertretung Die Mitgliedsorganisationen der BAGSO halten hierfür viele gute Bil- dungsangebote bereit. der älteren Menschen in Deutsch- Die fortschreitende Digitalisierung land. Unter ihrem Dach haben sich erfasst mittlerweile fast alle Lebens- rund 120 Verbände aus Seniorenarbeit bereiche. Jedoch fällt es vielen, insbe- und Seniorenpolitik zusammenge- sondere älteren Menschen schwer, mit schlossen. Gemeinsam stehen sie für dieser Entwicklung Schritt zu halten. mehrere Millionen ältere Menschen Zwar ist die Zahl der älteren Internet- in Deutschland. Gegenüber Politik, nutzerinnen und -nutzer in den ver- Wirtschaft und Gesellschaft setzt sich gangenen Jahren gestiegen: 2017 waren die BAGSO für die Schaffung von Rah- laut Statistischem Jahrbuch 58 Prozent menbedingungen ein, die ein aktives, der Rentnerinnen und Rentner online. selbstbestimmtes und möglichst ge- Das heißt aber auch, dass 42 Prozent sundes Älterwerden ermöglichen. von ihnen nicht im Netz sind. Sie kön- nen nicht die Chancen nutzen, die das Die BAGSO setzt sich dafür ein, dass Internet bietet. Insbesondere für Men- den Menschen bis ins hohe Alter schen mit Mobilitätseinschränkungen barrierearme Zugänge in die digitale und für solche, die aufgrund ihres fort- Welt eröffnet werden. geschrittenen Alters immer mehr Kon- takte zu Gleichaltrigen einbüßen, kann Anders als frühere Generationen das Internet nicht nur Information und haben Menschen am Übergang zum technische Unterstützung, sondern Ruhestand heute statistisch gesehen auch Kommunikation ermöglichen. noch viele Jahre vor sich, die sie – häu- Die BAGSO setzt sich dafür ein, fig in guter Gesundheit – verbringen. dass den Menschen bis ins hohe Alter In einer Gesellschaft des langen Lebens barrierearme Zugänge in die digitale kommen Bildung und Lernen eine be- Welt eröffnet werden. Das Internet ge- sondere Bedeutung zu: Sie sind ein hört mittlerweile zu den unverzicht- Schlüssel zu gleichberechtigter Teilha- baren Elementen der öffentlichen be und ermöglichen es, gesellschaftli- Grundversorgung. Deshalb ist es Auf- che und individuelle Herausforderun- gabe des Staates, seinen Bürgerinnen gen zu meistern. Um ältere Menschen und Bürgern den Zugang zu digitalen mit ganz unterschiedlichen Bildungs- Dienstleistungen und Angeboten zu biografien und Lebenserfahrungen zu gewährleisten. Hersteller und Dienst- erreichen, sind vielfältige Angebote leister müssen bei der Gestaltung von zum lebenslangen Lernen notwendig. Geräten und Anwendungen noch 24
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