Biodiversität Studie zur - Kleingärtner - AGES
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Studie zur Biodiversität der Wiener Kleingärten 2016 – 2019 Dr. Gerhard Bedlan Dr. Swen Follak Dipl. Ing. Anna Moyses Zentralverband der Kleingärtner und Siedler Österreichs
Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort ........................................................ .. .. .. .. .. 5 7 Phytopathogene Pilze . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . 28 7.1 Bezirksübersicht . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 28 2 Einleitung und Zielsetzung ........... .. .. .. .. .. 6 7.1.1 2. Bezirk . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 28 7.1.2 14. Bezirk ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 29 3 Material und Methoden ..................... .. .. .. .. .. 7 7.1.3 15. Bezirk ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 30 7.1.4 22. Bezirk ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 31 4 Untersuchungsgebiete Wiens ...... .. .. .. .. .. 8 7.1.5 Zusammengefasst aus allen Bezirken . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . 32 5 Pflanzen ........................................................ . .. .. .. . 10 5.1 Bezirksübersicht .................................. .. .. .. .. 10 7.2 Bemerkenswerte Funde von Pflanzenpathogenen . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . 34 5.2 Zusammenfassung aller Bezirke . . . . .. .. .. . 11 7.3 Hyperparasiten . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . 40 5.3 Bemerkenswerte Pflanzen in den Kleingärten .................................... . .. .. .. . 14 7.4 Neomyceten . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 41 6 Wanzen und Zikaden .......................... .. .. .. . 16 8 Resümee . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . 44 6.1 Bezirksübersicht .................................. .. .. .. .. 16 8.1 Pflanzen . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 44 6.2 Zusammenfassung aller Bezirke . . . . .. .. .. . 16 8.2 Wanzen und Zikaden . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 44 6.2.1 Wanzenfamilien ......................... .. .. .. .. 16 6.2.2 Zikadenfamilien . . ...................... .. .. .. .. . 18 8.3 Phytopathogene Pilze . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . 45 6.2.3 Ökologische Typen .................. . .. .. .. .. 19 6.2.4 Nahrungsbreite ......................... .. .. .. .. . 19 9 Erhaltung und Förderung 6.2.5 Strata ............................................ .. .. .. .. . 20 der Biodiversität in den Wiener Kleingärten . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . 46 6.3 Bemerkenswerte Zikaden und Wanzen ........................... .. .. .. . 21 10 Literatur . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . 48 6.3.1 Zikaden ........................................ .. .. .. .. . 21 6.3.1.1 Neozoen ....................... .. .. .. .. . 21 11 Danksagung . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . 50 6.3.1.2 Rote Liste Arten .. ........ . .. .. .. .. 23 6.3.2 Wanzen ......................................... .. .. .. .. 24 6.3.2.1 Neozoen ....................... .. .. .. .. . 24 6.3.2.2 Rote Liste Arten .. ........ . .. .. .. .. 26 Impressum Zentralverband der Kleingärtner und Siedler Österreichs (Verbandspräsident Ing. Wilhelm Wohatschek), Simon-Wiesenthal-Gasse 2,1020 Wien, Tel. 01/ 587 07 85, Fax 01 / 587 07 85-30, E-Mail: zvwien@kleingaertner.at, Internet: www.kleingaertner.at Studienleiter: Univ.-Doz. Dr. Gerhard Bedlan Produktion: Werbegrafik-Design K. Mayerhofer Grafische Gestaltung: Ing. Beate Scherer, www.besch.at Druck: Druckerei Seyss GmbH & Co KG, Industriestraße 1/2, 2100 Korneuburg B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄRTEN / 3
1 Vorwort Kleingärten haben sich vom „Symbol des Überlebens“ Die Standorte der Kleingartenanlagen wurden aus zur heutigen „Freizeit- und Erholungsfunktion“ ge- vier verschiedenen geografischen Zonen Wiens mit wandelt. Doch gerade junge Familien entdecken in den unterschiedlichen Mikroklimata ausgesucht. Der 2. letzten Jahren ihre Liebe zu biologisch einwandfrei Wiener Gemeindebezirk stellt mit seinen Praterauen angebautem Gemüse und äußern den Wunsch nach ein Feuchtgebiet dar, der 14. Bezirk verfügt über große rückstandfreiem Obst, nach gesunder Luft und reinem Anteile am Wienerwald, die Anlage im 15. Bezirk liegt Wasser. Daher hat der Zentralverband der Kleingärtner mitten im Stadtgebiet und der 22. Bezirk hat pannoni- vor Jahren die Kleingartenakademie ins Leben gerufen, sche Einflüsse. die mit dem Ziel Nachhaltigkeit zu erreichen Garten- fachberater ausbildet. Der Grundgedanke war, wenn Das Ergebnis dieser Studie finden Sie in dieser Bro- wir unsere Gärten naturnah gestalten, muss es möglich schüre, wobei gesagt werden kann, dass das Resümee sein, den Einsatz von Chemie auf ein Minimum zu be- für unsere Gärten verblüffend gut ausgefallen ist – und schränken oder gar darauf verzichten zu können. trotzdem noch ein weiter Weg vor uns liegt, wenn wir die Verarmung an Natur insgesamt betrachten. Deshalb Nun hat sich in den letzten Jahren ein Problem auf- sind von uns vermehrt Anstrengungen zu unternehmen, getan, das auf den ersten Blick zwar mit Kleingärten um nachkommenden Generationen eine intakte Um- nur peripher zu tun hat, diese aber durchaus Lösungen welt zu hinterlassen. anbieten können und auch tun. Das neue Zauberwort heißt Biodiversität. Wir werden ab dem nächsten Jahr wie schon bisher in Vorträgen und Seminaren sowie durch entsprechende Die Intensivierung der Landwirtschaft verdrängt immer Informationsmaterialien das erforderliche Umweltwis- mehr Pflanzenarten. Bestanden Wiesen um das Jahr sen weiter vermitteln. Denn schon kleine Maßnahmen 1900 herum noch zu 30 Prozent aus Wildkräutern, ist können helfen, etwas für die Biodiversität zu tun. Ein der Anteil heute auf zwei Prozent zurückgegangen. Die sogenanntes Insektenhotel etwa passt überall hin und ökologischen Wüsten sehen zwar oft ordentlich aus, wird von Wildbienen gerne genutzt. Für dieses Engage- tragen jedoch nichts zur Artenvielfalt bei. Daher werden ment werden Gärtner meist reich belohnt: Etwa achtzig unsere Gärten für Tiere und Pflanzen immer wichtiger. Prozent aller Pflanzen sind auf Bestäubung durch Dazu kommt, dass die Anzahl gebietsfremder Arten kon- Insekten angewiesen. Wildbienen und andere Insekten tinuierlich zunimmt und es gibt keine Anzeichen, dass tragen also nicht nur zu einer reichen Ernte bei, viele dieser Trend abnimmt. von ihnen vertilgen Schädlinge. Und nicht zuletzt sind all die Insekten auch Nahrung für Vögel. In Wien sind Kleingartenanlagen Bestandteil der kom- munalen Frei- und Grünflächen. Sie leisten als solche Ein bisschen Geduld müssen wir allerdings aufwenden, einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Stadt- wenn wir die Artenvielfalt im eigenen Garten fördern klimas (Temperaturregulierung, Staubbindung), zur wollen. Denn es dauert ein wenig, bis Igel, Frosch und Lärmminderung sowie zum Wasser- und Bodenschutz. natürlich die von uns untersuchten Wanzen und Zika- den ihren Weg in neue Biotope finden. All dies bedenkend, hat der Zentralverband der Klein- gärtner Österreichs ein Projekt ins Leben gerufen, wo Abschließend danke ich allen beteiligten Personen für Wissenschafter sich mit der Artenvielfalt in Wiener ihr Engagement, das diese Studie mitermöglichte. Kleingärten beschäftigen sollten. Ziel dieser über drei Jahre laufenden Studie war es, wissenschaftlich Ing. Wilhelm Wohatschek fundiert festzustellen, was in unseren Gärten lebt und Präsident des Zentralverbandes gedeiht. der Kleingärtner Österreichs B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄRTEN / 5
Ziele 2 Einleitung und Zielsetzung Unter dem Begriff Biodiversität oder Biologische Viel- dürfnis, in Zusammenarbeit mit der AGES GmbH Wien, falt versteht man die Mannigfaltigkeit des Lebens auf die Biodiversität in den Wiener Kleingärten genauer unserem Planeten. Biodiversität umfasst nicht nur die unter die Lupe zu nehmen, um ein Bewusstsein für die Artenvielfalt der Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroorga- Artenvielfalt in unseren Kleingartenanlagen zu schaffen. nismen, sondern auch die Vielfalt der Ökosysteme und In der vorliegenden zweijährigen Studie wurde eine die genetische Vielfalt. Biodiversität ist eine kostbare Bestandsaufnahme kultivierter Gefäßpflanzen und eine Ressource, um deren Erhalt wir uns bemühen müssen, Erfassung der Insektengruppen Wanzen und Zikaden denn sie ist eine Grundvoraussetzung für unser langfris- und der phytopathogenen Pilze vorgenommen, um tiges Wohlergehen. Weltweit – auch in Österreich – hält Rückschlüsse auf die Gesamtbiodiversität der Wiener der Verlust der Artenvielfalt an. Deswegen war es dem Kleingärten ziehen zu können. Zentralverband der Kleingärtner Österreichs ein Be- 6 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT E N
3 Material und Methoden In vier Wiener Gemeindebezirken (2., 14., 15. und 22. schiedlichen Nutzungsformen zugewiesen: Garten- und Bezirk) fanden von September 2016 bis August 2018 Zierpflanzen und Nahrungspflanzen. Letztere wurden insgesamt 10 Beprobungstermine statt. Während der außerdem in drei Anbaugruppen eingeteilt: Gemüse, Bestand der Pflanzen und phytopathogenen Pilze ganz- Arznei- und Gewürzpflanzen und Obst (inkl. Baum-, jährig aufgenommen wurde, wurden die Wanzen und Strauch- und Beerenobst). Von mit phytopathogenen Zikaden ausschließlich im Frühling und Sommer ge- Pilzen befallene Pflanzenteile wurden, wenn nicht in fri- fangen. Die Insektengruppen der Wanzen und Zikaden schem Zustand bestimmt, herbarisiert und erst danach eignen sich sehr gut als Biodiversitätsindikatoren, da sie einer Determination zugeführt. Die meisten, vor allem artenreich in vielen verschiedenen Lebensräumen und die seltenen Funde sowie Erstfunde für Österreich und Strata vorkommen und unterschiedliche Habitatbin- Wien und erstbeschriebene Spezies, wurden zusätzlich dungen, ökologische Anspruchstypen und viele Ernäh- dokumentiert. Betreffend Wanzen und Zikaden, wurde rungstypen aufweisen (ACHTZIGER et al., 2007, 2014). die Krautschicht (Wiesen- bzw. Rasenflächen) mittels Alle kultivierten Gefäßpflanzen (ausgenommen: Rasen, Wiesenkescher (Abb. 3.1) und dominierende Sträucher Feuchtbiotop, Kübelpflanzen, „Spontanflora“) und die bzw. Bäume mittels Klopftrichter beprobt (Abb. 3.2). phytopathogenen Pilze wurden vor Ort aufgenommen Eine sehr effektive Methode, die in der Krautschicht bzw. im Labor durch eine genauere Untersuchung dia- lebenden Zikaden und Wanzen zu erfassen, stellen die gnostiziert. Die Bestimmung der Pflanzen erfolgte mit Streiffänge mittels Kescher dar. Auffallend war, dass in FISCHER et al.(2008). Die Gattung wurde aufgenommen, den Kescherproben die Zikaden dominierten und von wenn die Art nicht bestimmt werden konnte. Die Pflan- den Sträuchern und Bäumen wesentlich mehr Wanzen zenarten/Gattungen wurden den Pflanzenfamilien und geklopft wurden. Zusätzlich wurden Wanzen und Zika- den folgenden Lebensformen (vereinfacht) zugeteilt den durch Absuchen der Pflanzen (Handsuche) gesam- (BFN, 2018): Einjährige, Mehrjährige (Stauden), Kletter- melt. Im Labor wurden die Insekten tiefgefroren und pflanzen (verholzend), Sträucher, Bäume. Darüber hin- anschließend auf Gattungs- bzw. Artniveau bestimmt. aus wurden die Pflanzenarten/Gattungen zwei unter- Abb. 3.1: Sammeln mit dem Wiesenkescher (Foto: © kleingartentv) Abb. 3.2: Sammeln mit Klopftrichter (Foto: © Bedlan, AGES) B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄRTEN / 7
4 Untersuchungsgebiete Wiens Die Standorte der Kleingartenanlagen wurden aus vier verschiedenen geografischen Zonen Wiens mit unter- schiedlichen Mikroklimata ausgesucht. Der 2. Wiener Gemeindebezirk stellt mit seinen Praterauen ein Feuchtgebiet dar, der 14. Bezirk verfügt über große Anteile am Wienerwald, die Anlage im 15. Bezirk liegt mitten im Stadtgebiet und der 22. Bezirk hat pannonische Einflüsse. Während im 2. Bezirk 2016 nur fünf Gärten zur Bestandsaufnahme zugänglich waren, standen im 14. Bezirk 8 Gärten, im 22. Bezirk 10 Gärten und im 15. Bezirk 10 Gärten zur Verfügung sowie 2017 und 2018 im 2. Bezirk ebenfalls 10 Gärten. In dieser Studie wurden insgesamt 38 Kleingärten untersucht. 14. 14. Bezirk Bezirk 8 Gärten 8 Gärten Abb. 4.1: Kleingartenverein Am Wolfersberg, 14. Bezirk Ge Ge Abb. 4.2: Kleingartenverein „ Zur Zukunft“ auf der Schmelz, 15. Bezirk 8 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT E N
22. Bezirk 10 Gärten 2. Bezirk 10 Gärten 15. Bezirk 10 Gärten ebiete B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄRTEN / 9
5 Pflanzen 5.1 Bezirksübersicht Pflan Pflan Die Wiener Kleingärten sind vielfältig, bunt und arten- reich (Abb. 5.1). In den untersuchten Kleingärten aller vier Bezirke wurden insgesamt 391 Pflanzenarten/Gat- Die Anzahl der kultivierten Pflanzenarten/Gattungen in den vier Bezirken war indes unterschiedlich. Die Kleingärten im 15. Bezirk wiesen mit 267 Pflanzenar- tungen aufgenommen. ten/Gattungen die höchste Anzahl auf, gefolgt von den Kleingärten im 22. Bezirk (205) und dem 2. Bezirk (202) (Abb. 5.2). Die Kleingärten im 14. Bezirk im Wienerwald wiederum hatten in dieser Studie eine etwas niedrigere Anzahl (188) an Pflanzenarten/Gattungen. Die Anzahl der kultivierten Pflanzenfamilien lag bei 76 (2. Bezirk), 77 (14. Bezirk) und bei jeweils 84 in den beiden anderen Bezirken (Abb. 5.2). Die Ursachen für die unterschiedlichen Werte sind unter anderem Faktoren wie der Standort (Klima), das Alter und die Größe der untersuchten Kleingartenanlagen sowie die unterschiedlichen Nutzungsintensitäten in den jeweiligen Kleingärten. In der Tabelle 5.1 ist die Zusammensetzung der Pflan- zen/Gattungen hinsichtlich der Nutzungs- und Lebens- formen in den Kleingärten der vier Bezirke dargestellt. Die Verteilung der Nutzungsformen in den untersuchten Kleingärten des 2., 15. und des 22. Bezirkes stand im Verhältnis von ca. drei Viertel Garten- und Zierpflanzen zu einem Viertel Nahrungspflanzen. Ein Ausreißer in der hiesigen Studie waren die Kleingärten des 14. Bezirkes. Hier war die Anzahl der Nahrungspflanzen geringer und stand im Verhältnis von 83 %:17 %. Ein Grund ist gewiss Abb. 5.1: Bunte Pflanzenvielfalt in den Wiener Kleingärten der Standort der Kleingartenanlage (Hanglage, Be- (Fotos: © Follak, AGES) schattung durch teilweise großen Baumbestand in den Kleingärten), der eine Nutzung für die Nahrungsmittel- produktion erschwert. Der Anteil der Bäume und Sträucher war in den Kleingärten des 14. Bezirkes entsprechend höher als in den an- deren Bezirken. In untersuchten Kleingärten im 15. Bezirk war die Anzahl der Mehrjährigen (Stau- den) am höchsten (59 % aller Pflanzenarten/Gattungen) im Ver- gleich zu den anderen Bezirken. Im 2. Bezirk und 22. Bezirk war die Zusammensetzung der Lebens- Abb. 5.2: Anzahl der Pflanzenarten/Gattungen und Pflanzenfamilien in den untersuchten formen indes relativ ähnlich. Kleingärten der vier Bezirke. 10 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
nzen Tabelle 5.1: Übersicht über die erhobenen Nutzungsformen und Lebensformen in den untersuchten Kleingärten der vier Bezirke in absoluten Zahlen und in Prozent (in Klammern). 2. Bezirk 14. Bezirk 15. Bezirk 22. Bezirk Nutzungsformen Garten- und Zierpflanzen 147 (73) 156 (83) 203 (76) 156 (76) Nahrungspflanzen 55 (27) 32 (17) 64 (24) 49 (24) Lebensformen Einjährige 25 (12) 10 (5) 33 (12) 26 (13) Mehrjährige 97 (48) 91 (48) 158 (59) 107 (52) Sträucher 50 (25) 49 (26) 51 (19) 44 (21) Bäume 22 (11) 30 (16) 16 (6) 19 (9) (verholz.) Kletterpflanzen 8 (4) 8 (4) 9 (3) 9 (4) 5.2 Zusammenfassung aller Bezirke Rosen (Rosa sp.), Tulpen (Tulipa sp.) und Lavendel (Lavandula angustifolia) wurden am häufigsten in den Kleingärten kultiviert (d. h. in >75 % der Kleingär- ten), gefolgt von den Farnen (verschiedene Arten), dem Schneeglöckchen (Galant- hus sp.) und der Primel (Primula sp.) (> 70 %). In der folgenden Abb. 5.3 sind die TOP 25 der häufigsten Pflanzenarten/Gattungen aufgeführt. Diese wurden in > 50 % der untersuchten Kleingärten aufgenommen. Abb. 5.3: Die TOP 25 der häufigsten Pflanzenarten/Gattungen in den untersuchten Kleingärten. B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 11
Die Anzahl der kultivierten Pflanzenfamilien betrug Gattungen gehörten zu der Pflanzenfamilie der Korb- insgesamt 112. Die Korbblütengewächse und Rosen- blütengewächse oder Rosengewächse. Zur ersteren gewächse gefolgt von den Hahnenfußgewächsen und gehören zahlreiche Blütenpflanzen (z. B. Herbstastern, Lippenblütengewächsen waren die artenreichsten Sonnenblume) zur letzteren, neben den Rosen, wichtige Pflanzenfamilien in den Kleingärten (Tabelle 5.2). Mehr Nahrungspflanzen (Himbeere/Brombeere, zahlreiche als 10 % bzw. 8 % aller aufgenommen Pflanzenarten/ Obstbäume). Tabelle 5.2: Die TOP 15 der häufigsten Pflanzenfamilien in den untersuchten Kleingärten. Anzahl Pflanzenarten/ Pflanzenfamilie % der Gesamtflora Gattungen Korbblütengewächse Asteraceae 43 11,0 Rosengewächse Rosaceae 32 8,2 Hahnenfußgewächse Ranunculaceae 18 4,6 Lippenblütengewächse Lamiaceae 17 4,3 Kreuzblütengewächse Brassicaceae 15 3,8 Doldengewächse Apiaceae 13 3,3 Geißblattgewächse Caprifoliaceae 11 2,8 Gräser Poaceae 11 2,8 Hülsenfrüchtler Fabaceae 10 2,6 Kieferngewächse Pinaceae 8 2,0 Nachtschattengewächse Solanaceae 8 2,0 Knöterichgewächse Polygonaceae 7 1,8 Borretschgewächse Boraginaceae 7 1,8 Lauchgewächse Alliaceae 6 1,5 Steinbrechgewächse Saxifragaceae 5 1,3 Die Mehrheit der Pflanzenarten/Gattungen kam in weni- Nur drei Pflanzenarten/Gattungen (Rosen, Lavendel, ger als einem Viertel der untersuchten Kleingärten vor, Tulpen) kamen in mehr als 75 % der Kleingärten vor. und nur ein sehr geringer Teil – 7 % (29 Pflanzenarten/ Dies zeigt deutlich, dass die untersuchten Kleingärten Gattungen) – wurde in mehr als der Hälfte der Kleingär- in der Zusammensetzung ihrer Gefäßpflanzen sehr ver- ten gefunden (Abb. 5.4). schieden sind. Abb. 5.4: Verteilung der Pflanzenarten/Gattungen in den untersuchten Kleingärten. 12 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
Abb. 5.5: Prozentuale Verteilung der Lebensformen in den Abb. 5.6: Prozentuale Verteilung der Anbaugruppen in den untersuchten Kleingärten. untersuchten Kleingärten. Die Pflanzenvielfalt in den untersuchten Kleingärten Die Verteilung der Nutzungsformen in den untersuchten zeigt sich auch anhand der unterschiedlichen kultivier- Kleingärten stand im Verhältnis von 79 % Garten- und ten Lebensformen. Eine hohe Diversität an Bäumen, Zierpflanzen zu 21 % Nahrungspflanzen. Die pro- Sträuchern, mehrjährigen oder einjährigen Pflanzen zentuale Verteilung der Anbaugruppen innerhalb der ist enorm wichtig für die Tier- und Insektenwelt, da sie Nahrungspflanzen lag in dieser Studie bei 46 % Ge- Nahrung, Brutplätze und Schutzräume bieten, aber müse-, 30 % Arznei- und Gewürzpflanzen und zu knapp auch bestimmte Mikroklimata (z. B. schattig-feuchte einem Viertel Obst (Baum-, Strauch- und Beerenobst) Standorte) in den Kleingärten schaffen. (Abb. 5.6). In einigen der untersuchten Kleingärten wird In den untersuchten Kleingärten wurden Mehrjährige ein beträchtlicher Teil der Gartenfläche für den Anbau (Stauden) am häufigsten kultiviert (56 % aller Pflanzen- von Nahrungspflanzen, wie Obst, Gemüse und Arznei- arten/Gattungen) gefolgt von Sträuchern (19 %) und und Gewürzkräutern genutzt (Abb. 5.7, 5.8). Dies zeigt, Bäumen (11 %) sowie einjährigen Pflanzenarten (11 %) dass die Kleingärten vermehrt für die Eigenversorgung und (verholzenden) Kletterpflanzen (3 %) (Abb. 5.5). Die mit Obst und Gemüse genutzt werden und das eigen- fünf häufigsten einjährigen Pflanzen waren allesamt ständige Erleben des Gärtnerns eine große Bedeutung Nahrungspflanzen (Tomate, Paprika, Salat, Gartenboh- für die KleingartenbesitzerInnen hat. Darüber hinaus ne, Gurke). Die drei häufigsten (verholzenden) Klet- sind besonders Obstgehölze und zahlreiche Gewürz- terpflanzen waren der Efeu (in 53 % aller Kleingärten kräuter auch eine ökologische Bereicherung, denn sie kultiviert), der Echt-Wein (42 %) und die Clematis-Hyb- bieten der heimischen Tier- und Insektenwelt ein brei- ride (29 %). tes und abwechslungsreiches Nahrungsangebot. Abb. 5.7: Gemüsebeet, Hochbeet oder Pflanzentreppe: mehr als ein Abb. 5.8: Borretsch (Foto: © Beate Scherer) Fünftel der kultivierten Pflanzen in den untersuchten Kleingärten waren Nahrungspflanzen (Foto: © Follak, AGES) B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 13
In den untersuchten Kleingärten wurden mehr als 75 alle drei wurden in mehr als zwei Drittel der Kleingärten verschiedene Arten von Nahrungspflanzen angebaut kultiviert. Beliebt waren auch die Brombeere (Rubus (Abb. 5.9). Die häufigsten Nahrungspflanzen waren der sp.) und die Gewürzpflanzen Rosmarin (Rosmarinus offi- Apfelbaum (Malus domestica), die Tomate (Solanum cinalis) und Petersilie (Petroselinum crispum) (Abb. 5.9). lycopersicum) und die Johannisbeere (Ribes sp.), denn Abb. 5.9: Die TOP 25 der häufigsten kultivierten Nahrungspflanzen in den untersuchten Kleingärten. 5.3 Bemerkenswerte Pflanzen in den Kleingärten Einige Pflanzenarten in den untersuchten Kleingärten In den Kleingärten gibt es immer wieder auch unbe- stechen aus der Vielfalt heraus beispielsweise aufgrund rührte, wilde Inseln. Hier gedeihen Arten, wie die (5.17) ihres Aussehens (Blütenfarbe, Blühzeitpunkt) und ihrer Große Brennnessel (Urtica dioica), der oft mit Skepsis Häufigkeit oder ihrer Bedeutung für die Tier- und Insek- begegnet wird. Die Brennnessel ist jedoch eine wichtige tenwelt. Die nachfolgende Übersicht zeigt eine kleine, Raupenfutterpflanze für mehr als dreißig heimische sehr subjektive Auswahl bemerkenswerter heimischer Schmetterlingsarten, wie Tagpfauenauge, Distelfalter und nicht heimischer, exotischer Pflanzenarten der und Admiral. Kleingärten. Zu den exotischen Pflanzen mit sehr schöner (Herbst-) In den Kleingärten waren die (5.10) Rosen (Rosa sp.) und Blattfärbung gehört der (5.18) Amerikanische Amber- der (5.11) Apfelbaum (Malus domestica) die häufigste baum (Liquidambar styraciflua). Kultiviert werden kultivierte Zierpflanze beziehungsweise Nahrungspflan- besonders gerne Zierpflanzen und Ziergräser aus dem ze (5.12). Beerenobst war auch ganz weit vorne auf der Fernen Osten, besonders aus Japan und China, da sie Beliebtheitsskala. Kennzeichnend für die Kleingärten aufgrund ihres Aussehens (Blütenform und -farbe, z. T. sind die unterschiedlichen Blühaspekte im Jahresver- immergrünes Blattwerk) ein „Blickfang“ darstellen und lauf. In den Kleingärten blüht es bereits im Winter und im ein exotisches Flair in den Garten bringen. Dazu gehören Vorfrühling, und zwar dort wo so genannte Winterblüher beispielsweise die (5.19) Japanische Zierquitte (Chaeno- kultiviert werden, wie der (5.13) Winter-Jasmin (Jasmi- meles japonica) oder der (5.20) Asiatische Blüten-Hart- num nudiflorum) oder die (5.14) Schneerosen (Helleborus riegel (Cornus kousa). sp.). Im Sommer kennt die Blütenpracht keine Grenzen Mitunter wird auch die (5.21) Chilenische Araukarie (5.15) aber auch im Herbst blühen zahlreiche Pflanzen, (Araucaria araucana) als Solitärbaum kultiviert. Die wie die (5.16) Herbstastern, die richtig Farbe zeigen. Zweige, Äste und die Stämme dieses Baumes sind 14 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
charakteristisch mit harten und ledrigen schuppen- den hiesigen Bedingungen in den Kleingärten kultiviert förmigen, glänzend dunkelgrünen Blättern besetzt. Die werden kann. Ziergräser haben stark an Bedeutung ge- (5.22) Dreiblättrige Orange (Poncirus trifoliata) stammt wonnen. Häufig zu finden ist unter anderem das prächti- aus den Höhenregionen in China. Von dort hat sie ihre ge Gewöhnliche Chinaschilf (Miscanthus sinensis) (5.23) hohe Kältetoleranz mitgebracht, so dass sie auch unter in den Kleingärten. Abb. 5.10: Rosen, © Follak, AGES Abb. 5.11: Apfelbaum, © Fotolia Abb. 5.12: Beerenobst, © Follak, AGES Abb. 5.13: Winter-Jasmin, © Adobe Stock Abb. 5.14: Schneerosen, © Adobe Stock Abb. 5.15: Blütenpracht, © Follak, AGES Abb. 5.16: Herbstaster, © Follak, AGES Abb. 5.17: Große Brennnessel, Abb. 5.18: Amerikanische Amberbaum, © Beate Scherer © Fotolia Abb. 5.19: Japanische Zierquitte, Abb. 5.20: Asiatischer Blüten-Hartriegel, © Adobe Stock © Follak, AGES Abb. 5.22: Dreiblättrige Orange, Abb. 5.23: Gewöhnliches Chinaschilf, Abb. 5.21: Chilenische Araukarie, © Adobe Stock © Follak, AGES © Bedlan, AGES B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 15
6 Wanzen und Zikaden 6.1 Bezirksübersicht Wanz Wien zählt zu den grünsten Metropolen Europas, wes- halb es nicht verwunderlich ist, dass hier bereits 629 Wanzenarten (RABITSCH, 2018) und 304 Zikadenarten (HOLZINGER, 2018) nachgewiesen worden sind. In den untersuchten Wiener Kleingärten wurden insgesamt 109 Wanzenarten aus 15 Familien und 76 Zikadenarten aus 10 Familien festgestellt. Das sind 17 % der Wanzen- und 25 % der Zikadenarten, welche in Wien bislang gefunden worden sind. Zusätzlich wurden mindestens 19 Wanzen und mindestens 24 Zikaden auf Gattungs- niveau bestimmt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass in dem Projekt ausschließlich Landwanzen (ausgenom- men Rinden- und Flechtenwanzen) gesucht wurden. Im 22. Bezirk wurde insgesamt die größte Artenviel- Abb. 6.1: Anzahl der nachgewiesenen Wanzen- und Zikadenarten falt nachgewiesen (Abb. 6.1): 55 % aller gefangenen pro Bezirk Wanzen (71 Arten) und 57 % aller gefangenen Zikaden (57 Arten). Das sind insgesamt 56 % aller festgestellten Wanzen und Zikaden. Im 14. Bezirk konnten 52 % nach- gewiesen werden, gefolgt vom 15. Bezirk (45 %) und dem 2. Bezirk mit 43 %. 6.2 Zusammenfassung aller Bezirke 6.2.1 Wanzenfamilien Der größte Anteil der gefangenen Wanzenarten (48 %) zählt zur Fa- milie der Weichwanzen (Miridae), gefolgt von den Baumwanzen (Pentatomidae) (15 %) und den Bodenwanzen (Lygaeidae) (12 %). Einige wenige Arten wurden aus den Familien Glasflügelwanzen (Rho- palidae), Netzwanzen (Tingidae), Sichelwanzen (Nabidae), Rand- wanzen (Coreidae), Blumenwanzen (Anthocoridae), Stachelwanzen (Acanthosomatidae), Raubwanzen (Reduviidae), Schildwanzen (Scutel- leridae), Feuerwanzen (Pyrrhocori- dae), Meldenwanzen (Piesmatidae), Stelzenwanzen (Berytidae) und Krummfühlerwanzen (Alydidae) gefangen (Abb. 6.2). Abb. 6.2: Prozentuelle Anteile der nachgewiesenen Wanzenfamilien. 16 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
zen 1. 2. 3. Weichwanze: Lygus pratensis (Gemeine Wiesenwanze) Baumwanze: Palomena prasina (Grüne Stinkwanze) Bodenwanze: Kleidocerys resedae (Birkenwanze) 1 2 4. Glasflügelwanze: Corizus hyoscyami (Zimtwanze) 5. Netzwanze: Stephanitis pyri (Birnenblattwanze) 6. Sichelwanze: Himacerus mirmicoides (Ameisensichelwanze) 7. Randwanze: Gonocerus acuteangulatus (Braune Randwanze) 8. Baumwanze: Dolycoris baccarum (Beerenwanze) 9. Stachelwanze: Cyphostethus tristriatus (Buntrock) 3 10. Raubwanze: Rhynocoris iracundus (Rote Mordwanze) 11. Schildwanze: Eurygaster maura (Gemeine Getreidewanze) 12. Feuerwanze: Pyrrhocoris apterus (Gemeine Feuerwanze) 13. Bodenwanze: Kleidocerys resedae (Birkenwanze) 4 14. Netzwanze: Kalama tricornis 15. Weichwanze: Closterotomus biclavatus (Zweikeulen-Weichwanze) 5 7 8 6 11 9 12 10 13 14 15 B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 17
6.2.2 Zikadenfamilien Mehr als die Hälfte (62 %) der nach- gewiesenen Zikadenarten zählt zur Familie der Kleinzikaden (Cicadellidae), gefolgt von den Spornzikaden (Del- phacidae) (23 %). Die restlichen 15 % können folgenden Familien zugeord- net werden: Schaumzikaden (Aphro- phoridae), Käferzikaden (Issidae), Zikad Ameisenzikaden (Tettigometridae), Buckelzirpen (Membracidae), Schmet- terlingszikaden (Flatidae), Laternenträ- ger (Dictyopharidae), Glasflügelzikaden (Cixiidae) und Blutzikaden (Cercopi- dae) (Abb. 6.3). 1 2 Abb. 6.3: Prozentuelle Anteile der nachgewiesenen Zikadenfamilien. 4 3 5 9 6 7 8 1. Spornzikade: Dicranotropis hamata (Quecken-Spornzikade) 2. Zwergzikade: Edwardsiana rosae (Rosenzikade) 3. Zwergzikade: Elymana sulphurella (Schwefelgraszirpe) 4. Zwergzikade: Jassargus obtusivalvis (Spitzkopfzirpe) 5. Ameisenzikade: Tettigometra impressopunctata (Gemeine Ameisenzikade) 6. Buckelzirpe: Stictocephala bisonia (Büffelzikade) 7. Schmetterlingszikade: Metcalfa pruinosa (Bläulingszikade) 8. Laternenträger: Dictyophara europaea (Europäischer Laternenträger) 9. Spornzikade: Mirabella albifrons (Weißkopfspornzikade) 10. Blutzikade: Cercopis sanguinolenta (Bindenblutzikade) 10 18 / BI O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
den 6.2.3 Ökologische Typen Wanzen und Zikaden stellen unterschiedlichste öko- logische Ansprüche an ihre Umwelt. Es werden daher eingeschleppten Wanzenarten Halyomorpha halys und Nezara viridula und die Zikaden-Neozoen Graphocepha- la fennahi und Metcalfa pruinosa. Nur jeweils 4 Wan- sogenannte „Ökologische Typen“ unterschieden (in An- zen- bzw. Zikadenarten besiedeln vor allem feuchte bis lehnung an FRIESS & RABITSCH 2009 und HOLZINGER nasse Grünlandlebensräume oder Wälder (HO, HW). An 2009b). Da die geografischen Zonen Wiens unterschied- Tamarix sp. wurden zwei ripicole Arten festgestellt (RO): liche Mikroklimata vorweisen, konnten in den unter- die Weichwanze Tuponia hippophaes und die Tamaris- suchten Kleingärten Wanzen- und Zikadenarten fest- kenzirpe Opsius stactogalus. gestellt werden, welche trocken-warme, mäßig trocken bis feuchte und mäßig feuchte bis nasse Lebensräume 6.2.4 Nahrungsbreite bevorzugen (Abb. 6.4 und 6.5). Wanzen und Zikaden weisen unterschiedliche Nah- Bei etwa zwei Drittel aller nachgewiesenen Wanzen- rungsspezifitäten auf. Während sich monophage Arten und Zikadenarten handelt es sich um Arten, welche nur von einer Pflanzenart (m1) bzw. -gattung (m2) er- mäßig trockene bis mäßig feuchte oder wechselfeuch- nähren, oligophage Arten nur an einer Pflanzenfamilie te Grünlandlebensräume, meist reicher strukturierte (o1) bzw. an zwei Pflanzenfamilien oder an maximal vier Waldränder, Hecken und Gebüsche oder Wälder be- verschiedenen Pflanzenarten aus unterschiedlichen siedeln (MO, MS, MW). Sowohl bei den Wanzen als auch Familien (o2) saugen, verfügen polyphage Arten über bei den Zikaden haben etwa ein Fünftel ihren Verbrei- ein sehr breites Nahrungsspektrum (po). Des Weiteren tungsschwerpunkt in mäßig bis sehr trockenen und oft werden Arten unterschieden, welche sich ausschließlich auch wärmebegünstigten Lebensräumen (XO, XS, XW). tierisch (zoophag) oder tierisch und pflanzlich (zoophy- 6 % der Wanzenarten und 13 % der Zikadenarten sind tophag) ernähren (HOLZINGER 2009b). Arten, die sehr unterschiedliche Lebensräume besie- Sowohl bei den Wanzen als auch bei den Zikaden deln können, weit verbreitet sind und sich sehr leicht ernährt sich etwa ein Drittel der gefangenen Arten poly- an menschliche Lebensräume anpassen können bzw. phag. Etwa ein Drittel der nachgewiesenen Wanzen- Pinonierarten mit geringen Ansprüchen darstellen (UK). arten ernährt sich tierisch von anderen Insekten. Ein Dazu zählen beispielsweise die zwei gebietsfremden, spektakulärer Fund einer zoophagen Raubwanze wurde Abb.6.4: Prozentuelle Anteile der Ökologischen Typen Abb. 6.5: Prozentuelle Anteile der Ökologischen Typen der nachgewiesenen Wanzenfauna. der nachgewiesenen Zikadenfauna. B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 19
Abb. 6.6: Prozentuelle Anteile der Nahrungsbreiten Abb. 6.8: Prozentuelle Anteile der bewohnten Strata der nachgewiesenen Wanzenfauna. nachgewiesener Wanzen. Abb. 6.7: Prozentuelle Anteile der Nahrungsbreiten Abb. 6.9: Prozentuelle Anteile der bewohnten Strata nachgewiesener der nachgewiesenen Zikadenfauna. Zikaden. im 22. Bezirk gemacht: Die sogenannte Rote Mordwan- existieren (HOLZINGER 2009b). Reich strukturierte ze (Rhynocoris iracundus) wurde mittels Klopftrichter Kleingärten bieten daher zahlreichen Arten Nahrung gefangen. Während sich nur 8 % der Wanzen monophag und Unterschlupf. ernährt, ist das bei 22 % der Zikaden der Fall. Somit ist Beinahe die Hälfte der nachgewiesenen Wanzen ist etwa ein Fünftel der in den Kleingärten festgestellten herbicol (he), d. h. sie leben auf Pflanzen. Ähnlich ver- Arten sehr stark an eine Pflanzenart bzw. -gattung ge- hält es sich bei den Zikaden. Etwas mehr als die Hälfte bunden. Ein Auftreten dieser Insekten setzt somit ein bewohnt in der Krautschicht krautige Pflanzen bzw. Vorhandensein ganz gewisser Nahrungspflanzen in den lebt auf Zwergsträuchern (hypergäisch). Sowohl bei Gärten voraus (Abb. 6.6 und 6.7). den Wanzen als auch bei den Zikaden lebt ein Drittel der gefangenen Tiere auf Sträuchern und/oder Bäumen 6.2.5 Strata (arboricol, ar). Die restlichen Arten leben auf der Boden- Wanzen und Zikaden können alle Strata (Vegetations- oberfläche (epigäisch, epi) bzw. im Boden oder in der schichten) bewohnen. Das bedeutet, dass in jeder Laubstreu (hypogäisch) bzw. können mehrere Strata einzelnen Schicht eines vertikal zonierten Lebensrau- bewohnen (Abb. 6.8 und 6.9). mes, unterschiedliche Arten dieser Insektengruppen 20 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
6.3 Bemerkenswerte Zikaden und Wanzen Unter den Wanzen waren 8 gebietsfremde Arten und (Iassinae). Sie stammt ur- 8 auf der Roten Liste der Steiermark bzw. des Burgen- sprünglich aus Nordamerika lands stehende Arten und unter den nachgewiesenen und wurde erstmals 2010 in Zikaden konnten 9 Neozoen und 23 auf der Roten Liste Europa (Frankreich) entdeckt. der Zikaden Österreichs stehende Arten gefunden wer- Seither wurde sie mehrmals den. Die grünen Stadtoasen stellen somit auch ideale in Deutschland und Österreich Lebensräume für gefährdete bzw. eingeschleppte Arten nachgewiesen (NICKEL, 2013). dar (HOLZINGER 2009b, FRIESS & RABITSCH 2009, ver- Die Gleditschien-Lederzikade ist einfacht und ergänzt, RABITSCH 2012 bzw. vereinfacht 4-5 mm groß, grün gefärbt und und ergänzt nach ZULKA & EDER 2007). Abb. 6.11: Die Gledit- stark behaart. Sie überwintert schien-Lederzikade im Eistadium, hat ein oder zwei 6.3.1 Zikaden (Penestragania apicalis) Generationen im Jahr und die 22. Bezirk adulten Tiere sind von Ende Juni 6.3.1.1 Neozoen (Foto: © Moyses, AGES) bis Anfang Oktober anzutreffen. Orientzikade (Orientus ishidae) Die Lederzikade ist monophag, MATSUMURA, 1902 d. h. sie kommt ausschließlich an der Amerikanischen Die Orientzikade (Orientus Gleditschie oder Lederhülsenbaum (Gleditsia tria- ishidae) ist eine Zwerg- canthos) vor, wo sie Saugtätigkeiten an den Blättern zikade (Cicadellidae), durchführt. Bislang wurden noch keine wirtschaftlich gehört zur Unterfamilie relevanten Schäden verzeichnet. der Zirpen (Deltocepha- linae) und konnte in Rhododendronzikade Abb. 6.10: Die Orientzikade allen beprobten Wiener (Graphocephala fennahi) (Orientus ishidae) – Gemeindebezirken (2., YOUNG, 1977 2., 14., 15. und 22. Bezirk 14., 15. und 22.) nachge- Die Rhododendronzikade (Foto: © Moyses, AGES) wiesen werden. Aufgrund (Graphocephala fennahi) ihrer mosaikartigen war aufgrund ihrer farben- Abb. 6.12: Die Rhododendron Flügelzeichnung wird sie auch als „Mosaic Leafhopper“ frohen Flügelzeichnung zikade (Graphocephala fennahi) bezeichnet. Sie stammt ursprünglich aus Ostasien und auf den Rhododendron- 14. und 15. Bezirk wurde 2007 erstmals in Österreich entdeckt (NICKEL, büschen des 14. und 15. (Foto: © Moyses, AGES) 2010). Sie bevorzugt Stadtgebiete und halboffenes Wiener Gemeindebezirkes Kulturland, wo sie besonders an Weiden (Salix), Hain- sehr auffällig und zahlreich anzutreffen. Sie ist ur- buchen (Carpinus), Birken (Betula), Haselsträucher sprünglich in Nordamerika beheimatet und wurde 1986 (Corylus) und anderen Laubgehölzen anzutreffen ist. in Wien erstmalig nachgewiesen (HOLZINGER, 2005). Die etwa 4-6 mm große Zikade saugt an Blättern und Die etwa 9 mm große Zwergzikade (Cicadellidae) zählt Stängeln. Obwohl ihre Saugtätigkeit allein zu vernach- wegen ihres prächtigen Erscheinungsbildes zu den lässigen ist, gilt sie doch als potenzieller Schädling, da Schmuckzikaden (Cicadellinae). Während ihre Oberflä- sie verschiedenste Phytoplasmen übertragen kann. Die che grün ist und ihre Vorderflügel je zwei orange Quer- Orientzikade ist beispielsweise ein Vektor der Goldgel- streifen aufweisen, sind ihre Unterseite und Beine gelb ben Vergilbung an Weinreben. gefärbt. Sie kommt an kultiviertem Rhododendron vor, wobei die adulten Individuen, von Mitte Juli bis Mitte Gleditschien-Lederzikade Dezember, auch an anderen Gehölzen anzutreffen sind. (Penestragania apicalis) Zusätzlich überträgt bzw. begünstigt sie die Knospen- OSBORN & BALL, 1898 fäule (Pycnostysanus azaleae), indem sie im Herbst Die im 22. Bezirk gefangene Gleditschien-Lederzikade zur Eiablage kleine Schlitze in die Knospenschuppen (Penestragania apicalis) ist eine Zwergzikade (Cica- schneidet. Als Folge können Knospen und Triebe des dellidae) und zählt zur Unterfamilie der Lederzikaden Rhododendrons absterben. B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 21
Bläulingszikade (Metcalfa pruinosa) SAY, 1830 kulturen aufgrund ihrer Saugtätigkeiten und Eiablagen Im 2., 14. und 22. Gemein- Triebschäden an den Gehölzen verursachen. debezirk wurde die etwa 8 mm große Bläulings- Japanische Ahornzirpe (Japananus hyalinus) zikade (Metcalfa pruinosa) OSBORN, 1900 entdeckt. Sie erinnert an Die Japanische Ahornzirpe einen Schmetterling und (Japananus hyalinus) ge- Abb. 6.13: Die Bläulingszikade zählt wahrscheinlich auch hört innerhalb der Familie (Metcalfa pruinosa) deswegen zu den Schmet- der Zwergzikaden (Cicadel- 2., 14. und 22. Bezirk terlingszikaden (Flatidae). lidae) zur Unterfamilie der (Foto: © Moyses, AGES) Ihre Farbe variiert von Zirpen (Deltocephalinae). weiß bis graublau und sie Abb. 6.15: Die Japanische Sie ist nur 4-5 mm groß ist mit zahlreichen Wachspartikeln bedeckt. Ursprüng- Ahornzirpe (Japananus hyalinus) und weist eine grüngelbe lich kommt die Bläulingszikade aus Nordamerika und 14. Bezirk Grundfärbung auf. Auf den wurde in Österreich erstmals 1996 in Graz entdeckt (Foto: © Moyses, AGES) Vorderflügeln befinden (HOLZINGER et. al, 1996). Ein Massenauftreten in Wien sich 3 braune Querbinden, wurde erstmals 2003 durch Dr. Kahrer (AGES GmbH, welche sich aus braunen Flecken zusammensetzen. Wien) bestätigt. Die Bläulingszikade ist sehr polyphag Die Japanische Ahornzirpe stammt ursprünglich aus (etwa 300 Wirtspflanzen: Gehölze, wie Ahorn, Robi- Ostasien und wurde 1961 erstmalig in Europa (Öster- nie, Hartriegel, … Obstbäume, wie Apfel, Marille und reich) nachgewiesen (WAGNER & FRANZ, 1961). In Wien Pfirsich, … Weinreben, Holunder, Hortensien u. v. m.). wurde sie im 14. Gemeindebezirk gefangen. Sie ist oft in Neben ihrer intensiven Saugtätigkeiten, was zur Beein- Stadtgebieten anzutreffen, wobei sie an Ahorn (v. a. an trächtigung des Pflanzenwachstums und der Frucht- Acer campestre) vorkommt. Bislang wurden noch keine ausbildung führt, kommt es zu Verunreinigungen von wirtschaftlich relevanten Schäden verzeichnet. Pflanzen und Erntegut, aufgrund starker Wachs- und Honigtauproduktion. Ligurische Blattzikade (Eupteryx decemnotata) REY, 1891 Büffelzikade (Stictocephala bisonia) Die Ligurische Blattzikade KOPP & YONKE, 1977 (Eupteryx decemnotata) ist Die giftgrüne Büffelzikade eine ursprünglich medi- (Stictocephala bisonia) terran verbreitete Zwerg- zählt zur Familie Buckelzir- zikade (Cicadellidae) pen (Membracidae) und ist aus der Unterfamilie der aufgrund ihres Aussehens Abb. 6.16: Die Ligurische Blatt Blattzikaden, welche sich sehr bewundernswert. zikade (Eupteryx decemnotata) mittlerweile vermutlich Abb. 6.14: Die Büffelzikade Wie der Name schon sagt, 2., 14., 15. und 22. Bezirk durch Verschleppung mit (Stictocephala bisonia) besitzt sie ein mächtiges, (Foto: © Moyses, AGES) kultivierten Pflanzen in 2., 14. und 22. Bezirk nach oben gewölbtes der gemäßigten Klima- (Foto: © Moyses, AGES) Halsschild, welches seit- zone ausgebreitet hat. In Österreich wurde sie erstmals lich 2 Dornen und einen 1994 in Wien und Graz nachgewiesen (MITTAZ et al., nach hinten gerichteten Fortsatz trägt. Sie stammt 2001). Im Zuge des Projektes konnte sie in allen unter- ursprünglich aus Nordamerika und wurde Anfang des suchen Wiener Bezirken festgestellt werden. Sie ernährt 20. Jahrhunderts mit Rebstöcken und Obstedelreisern sich hauptsächlich von Salbei (Salvia officinalis) und nach Europa eingeschleppt. Österreichische Erstfunde Katzenminze (Nepeta cataria), aber auch am Rosmarin wurden 1991 von SCHEDL (1995) dokumentiert. In Wien (Rosmarinus) ist sie sehr häufig anzutreffen (NICKEL konnte die Büffelzikade im 2., 14. und 22. Bezirk nach- & HOLZINGER, 2006). Sie tritt nicht nur in Hausgärten gewiesen werden. Sie ist an Hochstauden und Laubge- schädlich in Erscheinung, sondern kann auch an Kräu- büschen, besonders im halboffenen Kulturland anzu- tern im Gewächshaus massive Schäden anrichten. Denn treffen. Die Büffelzikade ist sehr polyphag (v. a. Arten der aufgrund ihrer Saugtätigkeit an den Blättern kommt es Rosaceae und Salix spp.) und kann in Obst- und Wein- zu einer Reduktion des Pflanzenwachstums. 22 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
Zypressenblattzikade und Sträuchern. Von den (Liguropia juniperi) 24 in Österreich nachge- LETHIERRY, 1876 wiesenen Glasflügelarten Die etwa 3 mm kleine, (HOLZINGER, 2009b) gelbgrüne Zypressenblatt- stehen die meisten auf der zikade (Liguropia juniperi, Roten Liste: bei Reptalus Cicadellidae) stammt panzeri (Rosen-Glas- Abb. 6.19: Glasflügelzikade ursprünglich aus dem Mit- flügelzikade) droht die (Reptalus sp.) telmeerraum, wurde 1994 Gefährdung (NT), Reptalus 14. Bezirk Abb. 6.17: Die Zypressenblattzi- erstmals in Deutschland cuspidatus (Östliche Glas- (Foto: © Kolbinger, AGES) kade (Liguropia juniperi) gefunden und 2011 im Bo- flügelzikade) ist gefährdet 2. Bezirk tanischen Garten in Graz (VU) und Reptalus quinquecostatus (Pfriemen-Glasflü- (Foto: © Moyses, AGES) von Mag. Gernot Kunz gelzikade) ist bereits vom Aussterben bedroht (CR). nachgewiesen. Zu ihren Nährpflanzen zählen Cupressaceae, d. h. man findet sie Triftenzikade hauptsächlich in urbanen Gärten und Parkanlagen an (Utecha trivia) Scheinzypressen, Lebensbäumen und Zypressen. Bei GERMAR, 1821 Massenauftreten kann durch ihre Saugtätigkeiten an Die in der Roten Liste der der Wirtspflanze eine Braunfärbung der Triebe hervor- Zikaden Österreichs als gerufen werden. „gefährdet“ eingestufte Triftenzikade (Utecha 6.3.1.2 Rote Liste Arten trivia, Cicadellidae) wurde Gemeine Ameisenzikade in Wien im 2. Bezirk mittels Abb. 6.20: Triftenzikade (Tettigometra impressopunctata) Wiesenkescher eingefan- (Utecha trivia) DUFOUR, 1846 gen. Sie ist eine polyphage 2. Bezirk Die Gemeine Ameisenzika- Zwergzikade, welche sehr (Foto: © Kolbinger, AGES) de (Tettigometra impres- gerne an Kräutern saugt sopunctata, Tettigometri- und hauptsächlich in trockenen, mageren, lückigen dae) ist eine vermutlich Wiesen und Weideflächen zu finden ist. Auch in Bra- polyphage Art, welche chen, Waldrändern oder Ruderalflächen kommt sie vor. an Kräutern und Gräsern Abb. 6.18: Die Gemeine Ameisen- in strukturreichen, meist Europäischer Laternenträger zikade (Tettigometra impresso- thermophilen Wiesen und (Dictyophara europaea) punctata) – 22. Bezirk Säumen vorkommt. Sie ist LINNAEUS, 1767 (Foto: © Moyses, AGES) eine von nur 9 in Öster- Der grüne, manchmal auch reich nachgewiesenen rosa gefärbte Europäische Arten dieser Familie und gilt als stark gefährdet (EN) Laternenträger (Dictyo- (HOLZINGER 2009a). Der Name Ameisenzikade rührt phara europaea, Dictyo- daher, dass sie eine Nahrungsbeziehung zu Ameisen pharidae) zählt zu den aufweisen. Typisch für Ameisenzikaden ist ihre Tarn- Spitzkopfzikaden und wie färbung und ihre langsame Fortbewegungsart und sie der Name schon sagt, hat Abb. 6.21: Europäischer werden meist einzeln im Frühjahr oder Spätherbst an- er einen außergewöhnlich Laternenträger getroffen (KUNZ, 2011b). langen, spitzen Kopf. Er (Dictyophara europaea) ernährt sich polyphag von 2. Bezirk Glasflügelzikade (Reptalus sp.) verschiedensten Gräsern, (Foto: © Moyses, AGES) Im 14. Wiener Gemeindebezirk wurde eine Zikade der Kräutern und Gehölzen Gattung Reptalus sp. aus der Familie der Glasflügel- und als wärmeliebende Art besiedelt er Trockenrasen, zikaden (Cixiidae) gefangen. Glasflügelzikaden weisen Gebüsch- und Waldsäume, mit lückiger Vegetation. In transparente Flügel auf, was namensgebend für diese der Roten Liste der Zikaden Österreichs gilt er als „ge- Familie ist, und sie leben meist polyphag an Bäumen fährdet“ (VU). B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 23
Trauerzirpe (Neoaliturus fenestratus) 6.3.2 Wanzen HERRICH-SCHÄFFER, 1834 In einem Kleingarten 6.3.2.1 Neozoen des 22. Wiener Gemein- Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) debezirks wurde die STAL, 1855 Trauerzirpe (Neoaliturus Nicht nur im 15. Bezirk fenestratus, Cicadellidae) konnte die Marmorierte Anfang Juni sehr häufig Baumwanze (Halyomor- Abb. 6.22: Trauerzirpe mittels Wiesenkescher ge- pha halys, Pentatomidae) (Neoaliturus fenestratus) fangen. Die Trauerzirpe ist sehr häufig beobachtet 22. Bezirk oligophag 1. Grades, d. h. werden, auch im 2., 14. (Foto: © Kolbinger, AGES) sie ist an Pflanzen einer und 22. Bezirk wurde sie Abb. 6.25: Die Baumwanze Pflanzenfamilie (Astera- gefangen. Wie ihr Name Halyomorpha halys ceae) gebunden und kommt sehr häufig an Pflanzen schon sagt, hat sie eine 2., 14., 15. und 22. Bezirk der Gattung Leontodon spp. vor. Sie ist eine wärme- und marmorierte Grundfär- (Foto: © Moyses, AGES) trockenheitsliebende Art, die magere, lückige Trocken- bung, einen schwarz-weiß rasen und Weiden, Ruderalflächen, Brachen und Weg- gesäumten Hinterleib und 5 gelbe Punkte unterhalb ränder bevorzugt. In Österreich ist sie als „Near Threa- des Halsschildes. Sie stammt ursprünglich aus Ost- tend“ (NT) eingestuft. asien und wurde erstmals 2015 in Österreich (Wien, Dornbirn) nachgewiesen (RABITSCH & FRIEBE, 2015). Mönchszikade (Penthimia nigra) GOEZE, 1778 In Wien wurde sie 2016 sehr häufig in und auf Häusern Ein Exemplar der Mönchszikade (Penthimia nigra, Cica- als ungebetener „Überwinterungsgast“ gefunden. dellidae) wurde im 22. Bezirk ge- Die Marmorierte Baumwanze ist sehr polyphag (>150 fangen. Diese Zwergzikade bevor- verschiedene Pflanzenarten aus allen Bereichen von zugt trockenwarme Waldränder, Kulturpflanzen). Sie bevorzugt Obstkulturen, wie Apfel, Gebüschsäume und Ruderalflä- Birne, Pfirsich und Kirsche, auch an Himbeeren ist sie chen und ernährt sich polyphag sehr häufig anzutreffen, aber auch an Ziergehölzen, Abb. 6.23: Mönchszikade von unterschiedlichsten Stauden, beispielsweise dem Sommerflieder (Buddleia davidii) (Penthimia nigra) Sträuchern und Bäumen. Die wird sie immer wieder gefunden. Beim Gemüse sind 22. Bezirk Mönchszikade ist dunkel gefärbt, hauptsächlich Paprika, Tomate, Bohne und Aubergine (Foto: © Moyses, AGES) weist am Halsschild meist oran- gefährdet. Durch ihre Saugtätigkeiten an Blättern und ge-braune Flecken auf und hat Früchten entstehen Flecken und Nekrosen, wodurch einen mehr oder weniger kantigen Körperbau. Für sie es zu Deformationen oder zum Absterben befallener gilt in Österreich die Vorwarnstufe zur Gefährdung (NT). Pflanzenteile kommt. Schaufelspornzikade (Asiraca clavicornis) Grüne Reiswanze (Nezara viridula) FABRICIUS, 1794 LINNAEUS, 1758 Asiraca clavicornis (Delpha- Sie sieht unserer einheimi- cidae) trägt aufgrund ihrer schen Grünen Stinkwanze verbreiterten Vorderbeine den (Palomena prasina) zum deutschen Namen Schaufel- Verwechseln ähnlich, in spornzikade. Diese unver- Wahrheit handelt es sich Abb. 6.24: Schaufelsporn wechselbare Spornzikade lebt jedoch um eine aus den zikade (Asiraca clavicornis) polyphag an unterschiedlichs- Tropen und Subtropen Abb. 6.26: Die Grüne Reiswanze 2., 14. und 15. Bezirk ten Kräutern und ist speziell stammende Art (Ostafri- (Nezara viridula) (Foto: © Moyses, AGES) in trockenwarmen Grünland- ka), welche gelegentlich 2., 15. und 22. Bezirk flächen zu finden. In der Roten mit dem Transport land- (Foto: © Moyses, AGES) Liste der Zikaden Österreichs steht sie auf der Vor- wirtschaftlicher Produkte warnliste (NT), konnte jedoch im 2., 14. und 15. Wiener nach Europa eingeschleppt wird und sich im Zuge der Gemeindebezirk nachgewiesen werden. Klimaerwärmung Richtung Norden ausgebreitet hat. 24 / B I O DI V ERS I TÄT D E R W I E N E R K LE I N GÄ RT EN
Die zu den Stink- oder Baumwanzen (Pentatomidae) gewächsen (Juniperus-, Cupressus-Arten, Chamaecypa- zählende Grüne Reiswanze (Nezara viridula) konnte im ris, Thuja) zu finden. O. depressus konnte in Kleingärten 2., 15. und 22. Wiener Gemeindebezirk nachgewiesen des 2., 15. und 22. Wiener Gemeindebezirks nachgewie- werden. Während die adulten Individuen einheit- sen werden. lich grün, grün mit weißem Rand oder einheitlich rot gefärbt sind, treten die Nymphen sehr farbenfroh in Lindenwanze (Oxycarenus lavaterae) Erscheinung. Sie befällt hauptsächlich Gemüsekulturen FABRICIUS, 1787 (Leguminosen (Soja), Tomaten), tritt jedoch auch an Die Lindenwanze (Oxycare- Obst, Beeren, Zierpflanzen und Ackerfrüchten (Mais) nus lavaterae, Lygaeidae) auf. Durch ihre Saugtätigkeit an der gesamten Pflanze ist eine westmediterrane (junge Sprosse, Früchte und Samen) verursacht sie De- Wanze, die sich in den ver- formationen, lokale Verkorkungen und Fleckenbildun- gangenen Jahren über Un- gen, was Mindererträge zur Folge hat (ZIMMERMANN & garn und der Slowakei bis REIßIG, 2016). nach Österreich verbreitet Abb. 6.29: Die Lindenwanze hat. Sehr häufig wird sie Oxycarenus lavaterae Amerikanische Kiefernwanze aufgrund ihrer massenhaf- 14., 15. und 22. Bezirk (Leptoglossus occidentalis) ten Ansammlungen an den (Foto: © Kolbinger, AGES) HEIDEMANN, 1910 Baumstämmen von Linden Die Amerikanische Kie- auffällig, wo sie jedoch keine Schäden verursachen, fernwanze (Leptoglossus sondern lediglich Überwinterungsplätze aufsuchen. occidentalis) gehört zur Laut WACHMANN et al.(2007) wird sie in Österreich vor Familie der Leder- oder allem im Siedlungsbereich auf angepflanzten Linden Randwanzen (Coreidae) (Tilia cordata) beobachtet. und ist aufgrund ihrer Grö- Abb. 6.27: Die Amerikanische ße (bis zu 20 mm) sehr auf- Deraeocoris flavilinea Kiefernwanze fällig. Sie ist eine nearkti- A. COSTA, 1862 (Leptoglossus occidentalis) sche Art, welche erstmals Ursprünglich war Deraeo- 2. Bezirk (Foto: © Moyses, AGES) 1999 in Europa (Norditali- coris flavilinea (Lygaeidae) en) und 2005 in Österreich in Italien endemisch. In nachgewiesen worden ist (RABITSCH & HEISS, 2005). Sie Deutschland wurde sie ernährt sich hauptsächlich von Kieferngewächsen, man erst in den 1990er Jahren findet die Tiere jedoch auch an Zypressengewächsen nachgewiesen, wo sie sich (z. B. Juniperus), wo sie vor allem an den Früchten der sehr rasch von Südwesten Abb. 6.30: Die Weichwanze Wirtsbäume saugen. In Nordamerika, wo sie sich in den nach Norden und Nord- Deraeocoris flavilinea vergangenen Jahrzehnten sehr stark ausgebreitet hat, osten ausgebreitet hat. 15. und 22. Bezirk gilt sie als Schädling. In Österreich wurde sie (Foto: © Kolbinger, AGES) erstmalig von RABITSCH Orsillus depressus (2002) nachgewiesen. Diese expansive Weichwanzenart MULSANT & REY, 1952 ernährt sich räuberisch hauptsächlich von Blattläusen Orsillus depressus ist eine mediterrane Bodenwanzen- und wird meist an Ahorn (Acer sp.) gefunden. art (Lygaeidae), welche sich in den letzten Jahr- Amphiareus obscuriceps zehnten im Osten über POPPIUS, 1909 Ungarn nach Österreich Die kleine Blumenwanze Amphiareus obscuriceps ist ausgebreitet hat. Höchst- eine ostpaläarktische Art, wahrscheinlich wurde Abb. 6.28: Die Bodenwanze sie mittels Zierkonifieren Abb. 6.31: Die Blumenwanze Orsillus depressus nordwärts verbracht. Amphiareus obscuriceps 2., 15. und 22. Bezirk Meist ist sie sehr zahlreich 14. und 15. Bezirk (Foto: © Kolbinger, AGES) an besonnten Zypressen- (Foto: © Kolbinger, AGES) B I ODI VERSI TÄT DER WI ENER K L EI NGÄ RTEN / 25
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