Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH

 
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Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH
Vergleichsweise gross und zusammenhängend: Das Tägernauer Holz
                                                                                   mitten im Siedlungsgebiet des Zürcher Oberlands.

          Bitte hier keine
          Schlacke deponieren
           Im Zürcher Oberland tobt ein Kampf zwischen Kanton und                                 Kezo entwickelte in Zusammenarbeit mit dem kantonalen
           Gemeinden um eine Schlackendeponie im Wald. Der Abfall                                 Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft ( Awel ) und mit der
           muss irgendwo hin. Technische Neuerungen helfen wenig.                                 eigens dafür gegründeten Stiftung ‹ Zentrum für nachhalti-
                                                                                                  ge Abfall- und Ressourcennutzung › ( Zar ) die weltweit erste
           Text:              Im Tägernauer Holz spielt sich eine helvetische Version             Anlage für die Aufbereitung von Trockenschlacke mittels
           Samuel Schlaefli   des biblischen Dramas von David und Goliath ab. Hier                Thermorecycling. Betrieben wird diese durch die ZAV
                              die Zürcher Oberländer Gemeinden Gossau und Grünin-                 Recycling auf dem Kezo-Areal. Durch Sieben und Brechen
                              gen, die ihren Forst um jeden Preis retten wollen. Dort der         werden rund 15 Prozent Metalle abgetrennt, darunter Alu-
                              mächtige Kanton Zürich, der 7000 Bäume zum Bau einer                minium, Eisen, Stahl, Kupfer, in kleineren Mengen auch
                              Schlackendeponie fällen will. 2009 wurden sechs Hektar              Gold und Silber. Diese werden an Händler weiterverkauft.
                              oder rund acht Fussballfelder Mischwald in Kantonsbesitz            Die Aufbereitung soll ökonomisch und ökologisch sinnvoll
                              als Standort für eine Deponie von 750 000 Kubikmetern               sein, denn zurück bleibt eine sauberere Restschlacke. De-
                              in den kantonalen Richtplan aufgenommen, gestützt auf               poniert werden muss diese trotzdem.
                              eine Evaluation aus den Neunzigerjahren, die 250 mögli-                  Laut dem Awel ist die Deponie Tägernauer Holz aber
                              che Deponiestandorte im Kanton prüfte. Als Hauptkrite-              nicht nur für die zentrale Lagerung der Schlacke nötig.
                              rien galten die Geologie des Untergrunds und die Grund-             Es brauche sie auch, weil die Bevölkerung wächst. Der
                              wassersituation, und in Bezug auf beide erwies sich das             Kanton Zürich geht von einem Wachstum von heute 1,52
                              Tägernauer Holz als geeignet.                                       auf 1,82 Millionen Menschen bis im Jahr 2040 aus. Im
                                                                                                  wahrscheinlichsten Zukunftsszenario des Awel wird die
                                  Schlackenaufbereitung zentralisieren                            Menge thermisch zu verwertender Abfälle zwischen 2015
                                  Der Standort ist für den Kanton noch aus anderen                und 2035 um 130 000 Tonnen auf 830 000 Tonnen zuneh-
                              Gründen attraktiv: Die Kehrichtverwertung Zürcher Ober-             men – mit entsprechenden Folgen für die Schlackendepo-
                              land ( Kezo ) liegt nur elf Kilometer vom Tägernauer Holz           nierung. In der Richtplan-Teilrevision von 2016 wurde
                              entfernt. Sie betreibt die zweitgrösste Kehrichtverwer-             deshalb das bis dahin festgesetzte Deponievolumen von
                              tungsanlage ( KVA ) des Kantons und verbrennt den Haus-             750 000 Kubikmeter gleich auf das Doppelte, auf 1,5 Mil­
                              und Gewerbekehricht von 36 Gemeinden im Einzugsge-                  lionen Kubikmeter erweitert.
                              biet, was die Hälfte des verbrannten Kehrichts ausmacht.                 Letztes Jahr informierte die Kezo die Gemeinderäte
                              Hinzu kommt Gewerbekehricht, zu 15 Prozent aus Ge-                  von Gossau und Grünigen über das geplante « Leuchtturm-
                              meinden ausserhalb des Kantons und zu fünf Prozent aus              projekt Deponie ». Schon während des Deponiebetriebs
                              dem Ausland, zehn Prozent des Abfalls sind örtlich nicht            soll der Wald etappenweise wieder aufgeforstet werden.
                              zuordenbar. Jährlich ergibt das 200 000 Tonnen Abfall.              Langfristig soll er sogar noch an biologischer Qualität ge-
                              30 000 Tonnen bleiben dabei nach der Metallentfrach-                winnen. Die 15 bis 20 Lastwagen, die die Schlacke täglich
                              tung als Schlacke zur Deponierung zurück. In Zukunft sol-           aus Hinwil über die Forchstrasse in die Deponie bringen,
                              len aber nicht nur diese auf der geplanten Deponie im Tä-           werden mit Elektrobatterien betrieben. Der durch die
                              gernauer Holz landen, sondern auch die Schlackenabfälle             Forchstrasse zweigeteilte Wald soll für Tiere mit einem
                              der übrigen vier KVA des Kantons mit Ausnahme der KVA               Wildwechsel wieder verbunden werden. Schliesslich rech-
                              Josefstrasse in Zürich, die 2021 geschlossen wird. Die              neten die Planer noch vor, dass der Transport in die De-

           32                                         Hochparterre 8 / 19 — Bitte hier keine Schlacke deponieren

32-37_Muell_8_19.indd 32                                                                                                                                          24.07.19 07:37
Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH
Anlagen für die Abfallentsorgung
             im Kanton Zürich
                Kehrichtverwertungsanlage
                Deponie bestehend
                Deponie geplant
                 Deponie mit Bahnanschluss
                  Deponie mit Bahnanschluss geplant
                   maximal ein Standort in Betrieb
                    maximal ein Standort pro Deponietyp in Betrieb
                Bahnlinie

             1 Weiach, Hardrüten ( Typ B )                                                        2

             2 Eglisau, Schwanental ( B )                                         1
             3 Neftenbach, Fuchsbüel                                                                                                     4
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             4 Henggart, Egg
             5 Winterthur, Riet ( D, E )                                                                                                                          6
             6 Wiesendangen, Ruchegg                                                                                                                         5
             7 P fungen, Bruni                                                                                                   7
             8 KVA Winterthur
             9 Lufingen, Häuli ( C, D, E )                                                                                                              8
                                                                                                                9 10
             10 L ufingen, Leigrueb, ( C, D )
             11 Niederhasli, Feldmoos
             12 Rümlang, Chalberhau
             13 K VA Limeco, Dietikon                                                      11
             14 Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz
             15 KVA Josefstrasse, bis 2021                                                            12
             16 Egg, Büelholz
             17 K VA Kezo, Hinwil                                       13                                14
             18 G ossau / Egg, Lehrüti
             19 G rüningen / Gossau, Tägernauer Holz ( D )
             20 Gossau, Wissenbüel                                                              15
             21 Oetwil am See / Egg, Chrüzlen ( B, D, E )
             22 Rüti, Goldbach
             23 Obfelden, Tambrig ( C, D, E )
             24 KVA Horgen
             25 Horgen, Längiberg
             26 M aschwanden / Obfelden, Fuchsloch
             27 M aschwanden / Obfelden, Holzweid                                                                                                                         17
                                                                                                                                              16
             28 Wädenswil, Neubühl
             29 Wädenswil, Luggenbüel                                                                                                              18
                                                                                                                                                         19
                                                                                                                                                                      20
                                                                                                                                               21
             Typ A: Aushub unverschmutzt                                                                                                                                               22
             Typ B: Inertstoff
             Typ C: Reststoff / Altlastmaterial                               23
                                                                                                                       24
             Typ D: Schlacke                                                  26 27                                         25
             Typ E: Reaktorstoffe ( spezielle Rückstände,                                                                    28
             unter anderem von Kanalisationsreinigung,                                                                           29
             Hoch­wasser, Bränden, Bauabfällen )
             Die Deponien bestehen aus einem oder mehreren
             Kompartimenten des Typs B, C, D oder E.
             Bei den Typen B und E nimmt die abgelagerte
             Menge ab, bei den Typen C und D leicht zu.
             Quelle: Kanton Zürich, Stand 2017

             ponie Tambrig bei Obfelden auf der anderen Seeseite, wo                   CO -Reduktion, Kampf gegen den Klimawandel und das
                                                                                           ²
             bisher fast die Hälfte der Kezo-Schlacke deponiert wird,                  Artensterben debattieren. » Eine Aufforstung – Experten
             jährlich mehr CO verursachen würde, als die 7000 gero-                    rechnen mit 25 Jahren nach Deponieende – würde Iten
                              ²
             deten Bäume aufnehmen könnten. Eine unabhängige Prü-                      nicht mehr erleben. Er ist überzeugt: « Dass das Awel am
             fung dieser Rechnung fehlt allerdings.                                    Tägenauer Holz festhält, liegt nicht an mangelnden Alter-
                                                                                       nativen, sondern daran, dass der Kanton die Rentabilität
                 Linke und Rechte geschlossen gegen Deponie                            der ZAV Recycling erhöhen will. » Er verweist auf einen
                 Das Deponiemarketing kam bei den beiden betrof-                       Artikel im ‹ Beobachter › vom letzten September. Darin ana-
             fenen Gemeinden schlecht an. Ihre Gemeinderätinnen                        lysierten Experten die Zahlen der ZAV Recycling. Sie wei-
             und Gemeinderäte sind geschlossen gegen die Deponie.                      se eine « Horrorbilanz » auf und sei nur zur Hälfte ausgelas-
             Von den zwölf Kantonsräten des Bezirks Hinwil waren im                    tet. Der Artikel führte zu einer Anfrage im Kantonsrat, in
             Februar mit einer Ausnahme alle gegen die Deponie, egal                   deren Beantwortung der Regierungsrat zwar das angeb-
             ob SVP oder Grüne. Jörg Kündig ( FDP ), Gemeindepräsi-                    liche finanzielle Desaster erläutert und relativiert. Doch
             dent von Gossau, gehört dazu. « Meine Priorität ist es, die               umgekehrt wird auch deutlich, dass es in der Abfallwirt-
             Wohnqualität in meiner Gemeinde sicherzustellen », sagt                   schaft immer auch um Rentabilität geht. Um Auslastung
             er und verweist darauf, dass der Standortfaktor Umwelt                    und Profit zu sichern, schätzt Alois Iten, sei es deshalb
             für die Gemeinde zentral sei und der Wald in einem Nah­                   zentral, dass die ZAV Recycling einerseits die Schlacke
             erholungsgebiet liege, das für den gesamten Kanton von                    aus dem gesamten Kanton verarbeiten und andererseits
                                                                                                                                                                                Helmling und Becherling
             Bedeutung sei. Kündig kann auf viel Unterstützung zäh-                    die Rückstände möglichst nah deponieren könne. « Unsere                                  Die folgende Doppelseite
             len. Eine Interessengemeinschaft organisierte bereits                     Gemeinden werden zum ‹ Güselchübel › der Region. »                                       zeigt Pilze, die allesamt im
             drei Demonstrationen. An die letzte Demo im Februar                             Für Kezo-Geschäftsführer Daniel Böni hingegen gibt                                 Tägernauer Holz wachsen.
                                                                                                                                                                                Fotografiert wurden sie in
             seien 600 Unterstützerinnen gekommen, erzählt ­Alois                      es keinen Deponiestandort, der die Bevölkerung mit Ver-
                                                                                                                                                                                den letzten Jahren von
             Iten, Mitinitiator der Proteste. « Für die meisten ist es                 kehr, Lärm und Staub weniger stark belasten würde. Die                                   Alois Iten, Pilzkontrolleur
             schlicht irrsinnig, 7000 Bäume zu fällen, während wir über                Waldbiologie im Tägernauer Holz sei « nicht wirklich →                                   und Gegner der Deponie.

                                                                      Hochparterre 8 / 19 — Bitte hier keine Schlacke deponieren                                                                        33

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Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH
Blauer Rindenpilz    Buchenblatt-Helmling                           Rädchentintling                Violetter Lacktrichterling

                    Beschleierter Zwitterling     Ohrlöffelstacheling                  Scharlachroter Prachtbecherling   Bogenblättriger Feuchtwaldhelmling

                               Helmling         Violetter Rötelritterling                Reinweisses Hängeröhrchen           Langstielige Becherlorchel

                      Buchenblatthelmling       Rotköpfiger Schleimpilz                            Perlpilz                       Netzschleimpilz

                  Zunderschwamm am Sporen       Filzige Langfusslorchel                   Fleischroter Gallertbecher         Chromelosporium carneum

           34                                        Hochparterre 8 / 19 — Bitte hier keine Schlacke deponieren

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Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH
Grünspanträuschling     Geweihförmige Koralle                           Glimmertintling           Grauer Grasschleimpilz

                           Halsbandschwindling        Stinkschwindling                         Überhäuteter Helmling      Helmling mit Helmlingschimmel

                           Striegelige Tramete     Halbkugeliger Borstling                       Stahlblauer Rötling          Schmetterlingstramete

                              Hexenröhrling      Purpurschwarzer Wasserkopf                        Speisemorchel             Schneeweisser Tintling

                              Spaltblättling        Weisser Adernabeling                    Dunkelgraues Filzbecherchen   Flockenstieliger Hexenröhrling

                                                       Hochparterre 8 / 19 — Bitte hier keine Schlacke deponieren                                          35

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Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH
→ wertvoll ». Das Awel sieht dies ähnlich, weil dieses                   « Kampf um Flächen »
                                          Waldstück kein Schutzgebiet und in erster Linie zur Holz-                Der Zürcher Abfallzoff ist kein Einzelfall. « Wir erhal-
                                          nutzung vorgesehen ist. Jakob Bodmer, der ehemalige                 ten zurzeit viele Anfragen von Gemeinden zur Unterstüt-
                                          Staatsförster im Staatswald Grüningen, widerspricht dem:            zung gegen geplante Deponien – viele in Waldgebieten »,
                                          Der Staatswald Grüningen sei ein gesunder Mischwald in              sagt Raimund Rodewald, Geschäftsführer der Stiftung
                                          einer natürlichen Lebensgemeinschaft mit hohem ökolo-               Landschaftsschutz Schweiz, und nennt als Beispiele die
                                          gischem Wert, vorhanden seien bereits jetzt die ganze Pa-           Standorte Düdingen, Kappelen, Cholwald, Kallnach und
                                          lette von verschiedenen Baumarten in verschiedenen Al-              Uster. « Meist sind wir jedoch machtlos, weil ein Richtplan­
                                          tersklassen sowie wertvolle Naturverjüngungen, schreibt             entscheid hinter der Planung steckt und die Interessen-
                                          er auf der Website der Deponiegegner.                               abwägungen von Kanton und Bund bereits vorgenommen
                                               Privatdeponien in der Umgebung, zum Beispiel in Lu-            wurden. » Rodewald beobachtet einen raumplanerischen
                                          fingen, auf die die Deponiegegner gerne hinweisen, sind             « Kampf um Flächen », wobei dem Wald – anders als den
                                          für Kezo-Geschäftsführer Böni kein Ausweg: « Damit wür-             landwirtschaftlichen Nutzflächen – in Bundesbern die
                                          de die Gesamtabfallverwertung für den Kanton viel teurer. »         Lobby fehle. Er kritisiert, dass der tatsächliche Bedarf an
                                          Dass die heutige Anlage nur halb ausgelastet sei, stimme            Deponievolumen oft schwierig nachzuvollziehen und zu
                                          nicht. Die Berechnungen des ‹ Beobachters › würden sich             überprüfen sei. Er werde in der öffentlichen Diskussion
                                          auf die Kapazitäten im Endausbau bis 2025 beziehen. Auch            oft einfach als gegeben betrachtet.
                                          dass die Deponie aus wirtschaftlichen Überlegungen vo-                   Um Schlackenmengen zu reduzieren, hoffen viele auf
                                          rangetrieben werde, verneint Böni: « Es geht darum, den             die Technologie. Im Massnahmenplan der Abfall- und Res-
                                          Abfallpfad zu optimieren, die Entsorgung langfristig zu             sourcenwirtschaft für 2015 bis 2018 hatte sich der Kanton
                                          sichern und das Volumen der Deponie optimal zu nutzen. »            Zürich das Ziel gesetzt, bis 2024 nur noch zehn Prozent

                           « Die Menge reduzieren »                                            andere Deponiestandorte unterstützen – das Ziel ist, dass
                                                                                               es keine weiteren mehr braucht. Weniger Abfall produzie-
                           Interview: Rahel Marti                                              ren und mehr Kreislaufwirtschaft ist der einzige Weg.
                                                                                               An der Karte der Deponie-Standorte fällt auf,
                            Der Kanton Zürich hat die Wahl des Tägernauer                      dass Deponien häufiger im ländlichen Raum liegen.
                            Holzes sorgfältig abgewogen. Warum sind Sie trotzdem               Ist das eine unfaire Verteilung ?
                           gegen die Deponie ?                                                 Die Standorte sind gemäss dem Regionenmodell verteilt,
                            Marionna Schlatter: Deponien sind immer ‹ Nimby ›-Themen –         das regelt, wo welche Stoffe am besten gelagert werden.
                           ‹ not in my backyard ›. Sie sind nötig, aber niemand will sie.      Je nach Art der Deponie gibt es wenig Spielraum, Aushub
                           Unter diesem Gesichtspunkt kann man sich durchaus fra-              etwa soll nicht weit herumgekarrt werden. Und dass De-
                           gen, wie die Wahl getroffen wurde. Im Wald stört die Depo-          ponien in weniger besiedelten Räumen liegen, ist sicher
                           nie am wenigsten Menschen, der Wald gehört dem Kanton,              sinnvoll, weil weniger Menschen betroffen sind. Der Sied-
                           es gibt keine Nachbarn, mit denen man verhandeln muss,              lungsabfall für die Kezo in Hinwil wird allerdings von weit
                           die Hauptstrasse ist schon da. Das Tägernauer Holz ist              herangeschafft, er kommt auch aus anderen Kantonen
                           vielleicht nicht der beste, sondern der einfachste Standort.        und teils aus Süddeutschland.
                            Ist einfach nicht auch ein legitimes Kriterium,                    Nun hat der Kanton Zürich mit Martin Neukom einen
                            wenn weniger Menschen betroffen sind ?                             neuen grünen Baudirektor. Hat er bereits das Gespräch
                           Doch – aber da wäre noch die Natur. Das Kulturland hat              gesucht mit den Gegnern der Deponie ?
                           mit den Bauern eine starke Lobby und steht heute auch im            Das Geschäft wurde schon vor den Wahlen vom Regie-
                           öffentlichen Fokus. Dem Wald fehlt diese Lobby.                     rungsrat an den Kantonsrat überwiesen und dieser disku-
                            Dafür steht hinter dem Wald das starke Waldgesetz.                 tiert es voraussichtlich nach den Sommerferien.
                            Die Rodung muss kompensiert werden.                                Sie sprechen von Abfallreduktion. Doch die
                           Ob das öffentliche Interesse für die Rodung überwiegt               Zürcher Bevölkerung wird gemäss Prognosen bis 2040
                           und sie daher mit dem Waldgesetz vereinbar ist, ist un-             auf 1,82 Millionen Menschen wachsen.
                           ter Rechtsexpertinnen umstritten. Die Gegner der Depo-              Wie soll da die Abfallmenge kleiner werden ?
                           nie haben darum angekündigt, den Rechtsweg zu prüfen.               Geht es oder nicht – das ist immer die Frage. Aber probie-
                           Zudem ist nicht klar, ob und wie tatsächlich wieder auf-            ren müssen wir es. Wir könnten den Abfall, der verbrannt
                           geforstet wird. Im Moment klingt es danach, als würde               wird, schon heute verkleinern, wenn wir zuvor mehr Stoffe
                           die Deponie zum Zwischenlager, um mehr Stoffe aus der               rezyklieren würden. Laut Angaben des Bundes sind in der
                           Schlacke ziehen und wiederverwerten zu können. Dafür                Zusammensetzung des Hauskehrichts noch rund zwanzig
                           muss sie aber bestehen bleiben. Aus unserer Sicht geht              Prozent ohne Weiteres verwertbar, hauptsächlich bioge-
                           es deshalb auch um einen Präzedenzfall bei der Aufwei-              ne Abfälle. Auch bei den Verpackungen der Grossverteiler
                           chung des Waldschutzes.                                             gibt es Potenzial.
                            Bei allem Protest – irgendwo muss die Schlacke hin.                Warum unternimmt der Kanton wenig in diese Richtung ?
                            Welchen besseren Weg sehen Sie ?                                   Recyclinghöfe sind Gemeindebetriebe. Was sie zum Re-
                           Die bestehenden Schlackendeponien sind noch nicht voll,             zyklieren anbieten, das sammelt und rezykliert die Be-
                           wir haben Kapazitäten für zwanzig bis dreissig Jahre. Und           völkerung auch. Aber was nicht angeboten wird, das wird
                           diese Zeit gilt es zu nutzen, um die Abfallmenge zu redu-           eben auch nicht gesammelt. Darum müsste der Kanton
                           zieren. Der Protest ist in diesem Bezug auch taktisch. Der          den Gemeinden mehr vorschreiben, was sie sammeln und
                           Kanton Zürich geht stets von einer wachsenden Abfall-               rezyklieren müssen. Das war bisher nicht mehrheitsfähig.
                           menge aus, aber er unternimmt nichts, um sie zu verrin- Marionna Schlatter ist Kantonsrätin, Präsidentin Grüne Kanton Zürich, Vor-
                           gern. Dieses System wollen wir nicht mit Vorschlägen für stand Grüne Schweiz, Vorstand Grüne Bezirk Hinwil.

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Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH
der aufbereiteten Schlacke in Deponien des Typs D zu la-       also Abfälle minutiös bis zu geringsten Mengen zu rezyk-
              gern – vorab dank technologischer Entwicklung. Die Geg-        lieren und schädliche Stoffe zu zerstören. Das sei gut ge-
              ner der Tägernauer Deponie stützen sich unter anderem          meint, so Bunge, « aber unbezahlbar teuer ». Stattdessen
             auf diese Prognose. Wenn die Schlackenmengen durch              würden Schadstoffe als ‹ Recycling › getarnt in der Um-
              technologische Fortschritte künftig deutlich zurückgehen,      welt verteilt. Das ergebe zwar weniger ‹ Abfall ›, aber eine
              wozu braucht es dann noch neue Deponien ?                      höhere Umweltbelastung.
                   Rainer Bunge, Professor an der Hochschule Rappers-
              wil, beschäftigt sich seit Jahren mit Abfallaufbereitung. Er        Suffizienz gegen Deponiestress
              ist skeptisch: « Da die Recyclingkapazitäten in der Schweiz         Die Erkenntnis ist weder überraschend noch attrak-
              weitgehend erschöpft sind und das Bruttoinlandprodukt          tiv: Will man raumplanerische Konflikte um neue Depo-
              weiter wachsen wird, werden auch Abfall- und Schlacken-        nien verhindern, heisst der Weg Suffizienz. Rechnet man
              mengen weiter ansteigen. » Potenzial sieht er weniger in       alle Abfallarten zusammen, fallen jährlich knapp drei Ton-
              der Schlackenreduktion als in der Verbesserung der Qua-        nen Abfall pro Kopf an, der grösste Teil davon Bauabfälle.
              lität, damit die Schlacke unbedenklich über lange Zeit ge-     716 Kilogramm sind Siedlungsabfälle, dreimal so viel wie
              lagert werden könne. Mittlerweile ist auch der Kanton zu-      1970 – Tendenz steigend. Die 7000 Bäume im Tägernauer
              rückgekrebst: Der Regierungsrat antwortete im November         Holz sollen auch deshalb gefällt werden, weil wir in im-
              2018 auf eine kritische Anfrage, seine Prognosen seien zu      mer kürzeren Zyklen neue Smartphones kaufen und unnö-
              optimistisch gewesen. Die Verbreitung und Entwicklung          tige Produkte wieder wegschmeissen. Die Politik könnte
              neuer Aufbereitungsverfahren fehle, sie seien deshalb          den Wandel hin zu einem Lebensstil mit weniger Konsum
              nicht wirtschaftlich. Pro Natura und die Grünen fordern        durch Lenkungsabgaben unterstützen.
              deshalb vom Kanton mehr Investitionen in neue Verfahren.            Ob die Schlackendeponie im Tägernauer Holz tatsäch-
                   Ein anderer Weg, um das Deponievolumen zu redu-           lich eingerichtet wird, hängt nun vom Kantonsrat ab, der
             zieren, wäre, die Mineralik, also vorab Keramik und Glas,       die Richtplanrevision voraussichtlich im Herbst beraten
             aus der aufbereiteten Schlacke zu nutzen, etwa im Stras­        wird. Laut Kezo-Geschäftsführer Daniel Böni ist die Pla-
              senbau, wie es in Deutschland gemacht wird. « Eine sol-        nung weit fortgeschritten, er möchte noch dieses Jahr mit
              che Verwertung ist skandalös », warnt allerdings Rainer        der Umweltverträglichkeitsprüfung im Tägenauer Holz
             ­Bunge. « Die Mineralik enthält oft noch relativ hohe Men-      beginnen. Laut der Baudirektion kann die Kezo frühes-
              gen an Schwermetallen. Diese sollten auf keinen Fall in        tens Ende 2020 mit einer Baubewilligung rechnen. Das ist
              den Baustoffkreislauf gelangen. » Sein Forschungsteam          jedoch unwahrscheinlich. David wird sich weiter gegen
              hat Keramikscherben analysiert und hohe Konzentratio-          Goliath wehren: Die Gemeinden Gossau und Grüningen
              nen an Cadmium, Uran, Arsen und Antimon gefunden. Des-         haben die Kosten für allfällige Gerichtsgänge bereits ins
              halb hält Bunge auch wenig von Rufen nach ‹ Zero waste ›,      Gemeindebudget aufgenommen.

                                      Deponien: wer, was, wo                                         material ( 19 Prozent ). Bauabfälle sind bezüglich umwelt-
                                                                                                     verträglicher Deponierung relativ unproblematisch ( De-
                                      Im Umweltschutzgesetz und in der Abfallverordnung legt         ponietyp A und B ). Problematischer sind die Klassen C
                                      der Bund den Rahmen für die Abfallbewirtschaftung fest.        ( Reststoffe ), D ( Schlacke ) und E ( Reaktorstoffe ). Laut dem
                                      Bewilligungen für die Errichtung und den Betrieb von           Verband der Betreiber der Abfallverwertungsanlagen gibt
                                      Kehrichtverwertungs­anlagen ( KVA ) und Deponien sind          es schweiz­weit 29 Deponien, die durch kommunale Zweck-
                                      Kantons­s ache. Deponien können nur an Standorten er-          verbände oder durch private Firmen betrieben werden. In
                                      richtet werden, die der kantonale Richtplan dafür zuweist.     fünf ‹ Cerc­les dé­chets › werden Fragen der Abfallverwer-
                                      Vor dem Bau prüft der Kanton auf Stufe Nutzungsplan die        tung überregional und mit Beteiligung des Bundes bespro-
                                      Umweltverträglichkeit. Laut der Stiftung Landschafts-          chen und koordiniert. Grundsätzlich gilt die Maxime, dass
                                      schutz sind die Chancen für einen Erfolg jedoch gering.        der Abfall in der Region verwertet und deponiert wird, wo er
                                          Die Schweizer Bevölkerung produziert jährlich acht-        anfällt. Überregionale Planungen sind möglich. So gesche-
                                      zig bis neunzig Millionen Tonnen Abfall. Den grössten          hen in der Innerschweiz, wo sich die Kantone Nidwalden,
                                      Anteil machen Bauabfälle aus ( 84 Prozent ), darunter Aus-     Obwalden, Zug, Uri und Schwyz mit Luzern für die KVA- und
                                      hub- und Abbruchmaterial ( 65 Prozent ) sowie Rückbau-         Deponieplanung zusammengeschlossen haben.            ●

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Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH Bitte hier keine Schlacke deponieren - Gemeinde Gossau ZH
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