DIE LIBERALE STADT - Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ...

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DIE
LIBERALE
STADT

   FOKUS
Impressum
Herausgeberin
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Truman-Haus
Karl-Marx-Straße 2
14482 Potsdam-Babelsberg

 /freiheit.org
 /FriedrichNaumannStiftungFreiheit
 /FNFreiheit
 /stiftungfuerdiefreiheit

Autor
Dr. Dirk Assmann, Referent Innovationsräume und Urbanisierung

Redaktion
Dr. Dirk Assmann, Referent Innovationsräume und Urbanisierung

Produktion
Luise Bofinger, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Kontakt
Telefon +49 30 220126-34
Telefax +49 30 690881-02
E-Mail service@freiheit.org

Stand
März 2021

Hinweis zur Nutzung dieser Publikation
Diese Publikation ist ein Informationsangebot
der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Die Publikation ist kostenlos erhältlich und nicht zum Verkauf bestimmt.
Sie darf nicht von Parteien oder von Wahlhelfern während eines Wahlkampfes
zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden (Bundestags-, Landtags-
und Kommunalwahlen sowie Wahlen zum Europäischen Parlament).
Inhalt
    DIE LIBERALE STADT���������������������������������������������4

1   BEZAHLBARER WOHNRAUM���������������������������������6
    

2   SMART CITY – ABER LIBERAL�������������������������������8

3   GANZHEITLICHE MOBILITÄT�������������������������������12

4   KLUGE WIRTSCHAFTSPOLITIK���������������������������14

5   MODERNE VERWALTUNG�������������������������������������16

6   NACHHALTIGE STADTENTWICKLUNG����������������18
4   Die Liberale Stadt

                Die Liberale Stadt
               Etwa 77 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Städten.
               Unsere Städte sind also der Ort, an dem ein Großteil der Menschen
               ihren Alltag verbringt, gleichzeitig sind sie die wirtschaftlichen
               Zentren unseres Landes.

                In den letzten Jahren ist der Anteil der Stadtbevölkerung in
                Deutsch­land kontinuierlich gestiegen. 1950 wohnten noch etwa
                68 Prozent der Deutschen in Städten. Bis zum Jahr 2050 soll dieser
                Anteil auf etwa 84 Prozent steigen. Der Bevölkerungszuwachs stellt
                unsere Städte vor immense Herausforderungen. Hierzu gehören
                unter anderem ein Mangel an Wohnraum, Verkehrsprobleme sowie
                Luft- und Umweltverschmutzung.

                Doch Städte sind diesen Entwicklungen keinesfalls hilflos ausge­
                liefert. Mit klugen politischen Maßnahmen auf der städtischen
                Ebene lassen sich die beschriebenen Herausforderungen meistern.
                Hierzu braucht es nachhaltige und innovative Methoden der
                Stadtentwicklung.

                Bei unserem Gedankenexperiment einer Liberalen Stadt handelt
                es sich um eine „typische“ Großstadt in Deutschland, die sich den
                beschriebenen Herausforderungen stellen muss. Mit kluger libera-
                ler Politik schafft es die Liberale Stadt, die Herausforderungen zu
                bewältigen und den Menschen eine hohe Lebensqualität zu bieten.

                Diese Broschüre erzählt die mögliche Erfolgsgeschichte der
                Liberalen Stadt. Darin wird Schritt für Schritt gezeigt, mit welchen
                Problemen die Liberale Stadt zu kämpfen hat und mit welchen
                Maßnahmen die Probleme bewältigt werden.
5

                                                  Quelle: pikisuperstar – freepik

Kapitel 1: Die Bereitstellung von    Kapitel 2: Die Smart City-Strategie
Bauland sowie Maßnahmen zur          fokussiert sich auf die Bedürfnisse
Nachverdichtung sorgen für           der Menschen und schafft neue
bezahlbaren Wohnraum                 Freiheiten

Kapitel 3: Mobilität wird ganz-
                                     Kapitel 4: Kluge Wirtschaftspolitik
heitlich gedacht und setzt auf die
                                     entlastet Unternehmen und redu-
bestmögliche Verknüpfung aller
                                     ziert den bürokratischen Aufwand
Verkehrsmittel

Kapitel 5: Eine moderne Verwaltung
                                     Kapitel 6: Nachhaltige Stadtent-
arbeitet serviceorientiert und
                                     wicklung dämmt die Ursachen und
sorgt für Transparenz und
                                     Folgen des Klimawandels ein
Bürgerbeteiligung
6   Bezahlbarer Wohnraum

     1       Bezahlbarer Wohnraum
             Insbesondere in den Ballungsräumen, aber auch in zahlreichen
             Mittel- und Kleinstädten sind die Mieten in den vergangenen Jahren
             drastisch gestiegen. Steigende Mieten signalisieren ein zunehmend
             knappes Angebot an Wohnraum. Vielerorts konnte der Woh-
             nungsneubau nicht mit der wachsenden Nachfrage mithalten. In
             manchen Städten erlag man dem Trugschluss besonders einfach
             klingender Lösungen. So sollen in Berlin Mietsteigerungen für die
             Dauer von fünf Jahren durch einen Mietendeckel unterbunden wer-
             den. Hierbei wird allerdings das Prinzip von Angebot und Nachfrage
             ignoriert und die Wohnungsknappheit noch weiter verschärft.

             Die Liberale Stadt
             Auch in der Liberalen Stadt hat der Bevölkerungszuwachs zu einer
             erhöhten Nachfrage nach Wohnraum und damit zu einem An-
             stieg der Mieten geführt. Allerdings hat man sofort erkannt, dass
             sich dieses Problem nicht durch eine Regulierung der Mietpreise,
             sondern allein durch die Ausweitung des Wohnraumangebots lösen
             lässt. Dieses Ziel soll über mehrere Wege erreicht werden:
             Zum einen wird das Angebot an Bauland erhöht. Hierzu werden alle
             geeigneten Flächen zentral identifiziert, erschlossen und so schnell
             wie möglich als Bauland ausgewiesen. Zum anderen sollen die
             Möglichkeiten der Nachverdichtung erweitert werden. Dies gilt ins-
             besondere für den Dachgeschossausbau, für den die zahlreichen
             baulichen Hemmnisse wie die Stellplatzpflicht oder die Obergren-
             zen bei der zulässigen Geschossflächenzahl weitestgehend be-
             seitigt werden. Damit geplante Bauvorhaben auch zügig umgesetzt
             werden können, werden Planungs- und Genehmigungsverfahren
             digitalisiert und damit deutlich schneller zum Abschluss gebracht.
             Auch für das Erreichen der Klimaschutzziele im Gebäudesektor
             werden innovative Ideen wie der Quartiersansatz möglich gemacht.
             Bezahlbarer Wohnraum und ökologische Sanierung können so
             Hand in Hand gehen.
7

In allen „Top 7“-Städten wurde weniger gebaut als notwendig
In allen „Top 7“-Städten blieb der Zuwachs an Wohnungen in den vergangenen Jahren
deutlich hinter dem Bevölkerungsanstieg zurück.

14,0%
                                                                                      Bevölkerungsentwicklung
          12,8%
12,0%                                                                                 Wohnungsentwicklung

10,0%                     10,3%

                 8,5%                 8,7%
 8,0%
                                                      7,6%         7,5%        7,3%
                                          6,7%                         6,4%
 6,0%
                              5,2%                                                             5,5%

                                                         4,0%                        4,0%          4,3%
 4,0%

 2,0%

 0,0%

          Frankfurt        Berlin     München     Stuttgart       Hamburg          Köln       Düsseldorf
          am Main

                  Bevölkerungs- und Wohnungsentwicklung (2011–2019)

                                                 Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2021)
                            Bevölkerungsentwicklung          Wohnungsentwicklung

Alle „Top 7“-Städte verzeichneten einen spürbaren Anstieg der Mieten
In allen „Top 7“-Städten führte der Angebotsengpass zu einem spürbaren Wachstum der Mietpreise.
In Berlin fiel dieser Anstieg besonders heftig aus.

120%

        103.6%
100%

80%

60%                      60.9%
                                      49.4%
                                                       43.6%          42.0%
40%
                                                                                      35.5%           34.2%

20%

0%
        Berlin          München      Stuttgart   Frankfurt am       Hamburg        Düsseldorf         Köln
                                                     Main

                  Entwicklung der Nettokaltmieten pro m2 (2019 vs. 2009)

                                                                                              Quelle: immowelt.de (2020)
8   Smart City – aber liberal

      2        Smart City – aber liberal
               Der Bevölkerungszuwachs stellt viele Städte vor neue Heraus-
               forderungen. Es braucht intelligente und nachhaltige Konzepte der
               Stadtentwicklung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und hohe
               Lebensqualität vereinbaren können. In einer Smart City werden
               Daten erhoben und ausgewertet, um die Funktionsfähigkeit urbaner
               Infrastrukturen zu optimieren. Die Möglichkeiten der Smart City
               zeigen sich in den unterschiedlichsten Bereichen des städtischen
               Lebens: sei es in der Form von Smart Mobility, Smart Buildings,
               Smart Parking oder Smart Governance.

               Die Liberale Stadt
               Die Liberale Stadt verfolgt ein ganzheitliches Smart City-Konzept,
               das sich auf vier Grundsätze stützt. (1) Im Mittelpunkt der Strategie
               stehen allein die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung. Es geht also
               nicht um die Erfüllung einer ideologischen Agenda, sondern um
               die Lösung konkret vorherrschender Probleme. (2) Die Freiheit der
               Bürgerinnen und Bürger wird durch das verfolgte Smart City-Kon-
               zept gestärkt. Verbote, Bevormundung und Überwachung sind in
               der Liberalen Stadt tabu. (3) Zentrales Ziel ist es, alle Bevölkerungs-
               gruppen einzubeziehen und an den Vorteilen digitaler Lösungen
               teilhaben zu lassen. Daher werden alle digitalen Anwendungen
               möglichst benutzerfreundlich gestaltet, so dass auch Kinder, ältere
               Menschen oder Menschen mit Behinderung von der Smart City
               profitieren können. (4) Dem Datenschutz kommt in der Liberalen
               Stadt eine entscheidende Bedeutung zu. Personenbezogene Daten
               werden bestmöglich geschützt. Nicht-personenbezogene Daten
               werden hingegen nach dem Open-Data-Prinzip öffentlich gemacht
               und für neue Geschäftsmodelle zur Verfügung gestellt.
9

Die Themenbereiche der Smart City sind vielfältig
Die Smart City betrifft eine Vielzahl urbaner Themenbereiche. Jede Stadt kann also
unterschiedliche Schwerpunkte setzen und auf individuelle Probleme reagieren.

                                                                                       Social
                                                             Digitale                  Media
                                                              Werte

                                                                                                            5G
                       Plattform-
                       ökonomie                                         Digitales
                                                                        Rathaus
                                             Digitale                                           Mobilität               Digitale
                                             Bildung                                                                Bürgerbeteiligung

                                                        Breitband-                      Open Data
       Künstliche                                                                                            E-Health
       Intelligenz                                       ausbau

                             IT-Sicherheit
                                                                                                                            E-Society
                                                                                             Daten-
                                                                                          transparenz

Die Liberale Smart City basiert auf den Bedürfnissen der Bevölkerung
In der Liberalen Smart City werden Innovation und Datenschutz zusammen gedacht.
Das Konzept der Liberalen Smart City basiert auf vier Grundpfeilern:

                         Bedürfnisse der                                                Freiheit der
                     Stadtbevölkerung stehen                                         Stadtbevölkerung
                          im Mittelpunkt                                               wird gestärkt

                                                             LIBERALE
                                                            SMART CITY

                           Die gesamte                                              Konsequenter Schutz
                      Stadtbevölkerung wird                                          personenbezogener
                           einbezogen                                                      Daten
10
Die Smart  City –Städte
    10 deutschen  aber mit
                        liberal
                           der größten Bevölkerung (2019)                                                 Städtische Prägung D
                                                                                                          Der Westen Deutschlands is
                                                                                                          Während westdeutsche Krei
         Berlin                                                                   3.669.491
                                                                                                          sind es im Osten nur 21 Proz
     Hamburg                                       1.847.253

     München                              1.484.226

          Köln                       1.087.863
                                                                                                                                   Kiel
Frankfurt a. M.               763.380

      Stuttgart              635.911
                                                                                                                                   Hambur
                                                              = 100.000 Einwohnerinnen
    Düsseldorf               621.877
                                                                und Einwohner
        Leipzig             593.145                                                                                   Bremen

     Dortmund               588.250
                                                                 Quelle: Statistische Ämter des
         Essen              582.760                                                                                             Hannover
                                                                 Bundes und der Länder (2021)

                                                                                                                    Bielefeld
Die 10 Großstädte mit dem größten absoluten
                                                                                                    Essen     Dortmund
Bevölkerungszuwachs seit 2000
                                                                                                    Düsseldorf                  Kassel
         Berlin                                                     287.322                        Köln
                                                                                                        Bonn
     München                                                       274.003

     Hamburg                             131.861                                                                   Frankfurt/M.
                                                                                                         Wiesbaden
          Köln                         124.979                                                                    Mainz
                                                                                                                       Mannheim
Frankfurt a. M.                       114.830                                                       Saarbrücken
        Leipzig                  99.937
                                                                                                                           Stuttgart
      Dresden                 78.973
                                                              = 10.000 Einwohnerinnen                                                Ulm
    Düsseldorf              52.513                              und Einwohner
                                                                                                              Freiburg i. Br.
      Stuttgart             52.037
                                                             Quelle: Statistische Ämter des
      Potsdam               51.010                           Bundes und der Länder (2021)

Anteil der Gemeinden nach Gemeindegrößen                                                  Anteil der Bevölkerung nach Ge
Ein Großteil (85%) der Gemeinden in Deutschland beheimatet                                Dennoch wohnen die meisten Deutschen
weniger als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.                                         mit mehr als 10.000 Einwohnerinnen und
                  1%

                                                        unter 10.000

           14 %                                         10.000–100.000
                                                                                                                      26 %
                                                        über 100.000                              32 %

                     85 %                                                                                    42 %

                                                 Quelle: Statistische Ämter des
                                                 Bundes und der Länder (2021)
Deutschlands                                                    Prognostizierter Anteil der Stadtbevölkerung 11
st deutlich urbaner geprägt als der Osten.                      in Deutschland bis 2050
 ise zu 56 Prozent als überwiegend städtisch gelten,            Bis zum Jahr 2050 soll der Anteil der Stadtbevölkerung
zent.                                                           in Deutschland auf über 84 Prozent steigen.

                                                                85
                                                                                                                                    84.3%
                                                                84

                                                                                                                         83.0%
                                                                83
                Rostock

                                                                82
rg         Schwerin                                                                                         81.5%

                                                                81

                                                                                                   80.1%
                                                                80

                            Berlin                                                         78.9%
                                                                79
             Potsdam
                                                                               78.0%                           Quelle: UN DESA (2018)
                                                                78
     Magdeburg                                                       77.5%
                               Cottbus
                                                                77
       Halle/S.
                                                                      2020      2025       2030    2035      2040         2045      2050
                  Leipzig

  Erfurt                       Dresden
                   Chemnitz
                                                             Die Deutschen leben größtenteils in der Stadt – doch
                                                             die meisten (61%) würden lieber auf dem Land leben
                                     Städtischer Raum
                                                                                                                          In einem Dorf
                                     Ländlicher Raum                         13 %
                                                                                                                          Auf dem Land/
     Nürnberg
                                                                                            34 %                          Kleinstadt
                                                                                                                          Am Stadtrand
                                                                      26 %
                                                                                                                          In der Stadt
        München
                                Quelle: Laufende Raumbe-
                                                                                    27 %
                                obachtung des BBSR 2021
                                                                                                                    Quelle: Kantar (2020)

emeindegrößen                              Die teuersten Städte Deutschlands (Angebotsmieten pro m²)
 (84%) in Gemeinden                        München ist die Stadt mit den höchsten Mietpreisen in Deutschland. Im Vergleich zu
 Einwohnern.                               anderen europäischen Hauptstädten sind die Mieten in Berlin noch relativ erschwinglich.

                                               München                                                                              18,61
           unter 10.000                  Frankfurt a. M.                                                                15,53

           10.000–100.000                      Stuttgart                                                            14,68

                                               Hamburg                                                        13,38
           über 100.000
                                                   Berlin                                                     13,23

                                             Düsseldorf                                                    13,19
                                                                                                                                 = 1,00 €
                                                Freiburg                                                   13,11

                                             Heidelberg                                                    13,10
                                                                                                                          Quelle: empirica
 Quelle: Statistische Ämter des                   Mainz                                                    13,08           Miet- und Kauf-
 Bundes und der Länder (2021)                                                                                               preis-Ranking
                                             Wiesbaden                                                     12,83            Q4/20 (2021)
12 Ganzheitliche Mobilität

     3       Ganzheitliche Mobilität
             Uneingeschränkte Mobilität ist Voraussetzung für ein selbstbe-
             stimmtes Leben und Ausdruck von Freiheit. Nur wenn wir mobil
             sind, können wir am Sozialleben teilhaben, unsere Grundversor-
             gung sichern und zu unserem Arbeitsplatz gelangen. Die städtische
             Mobilität genießt derzeit keinen guten Ruf. Hierzu tragen insbeson-
             dere überfüllte Straßen, ein Mangel an sicheren Radwegen und ein
             häufig unzuverlässiger ÖPNV bei. Die Zeiten, in denen wir aus-
             schließlich ein Verkehrsmittel genutzt haben, sind vorbei. Derzeit
             erleben wir einen Trend zur multimodalen Fortbewegung, bei dem
             wir einen Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln verwenden. Viele
             Städte sind auf diesen Wandel noch nicht vorbereitet.

             Die Liberale Stadt
             In der Liberalen Stadt wird Mobilität ganzheitlich gedacht. Kein Ver-
             kehrsmittel wird bevorzugt. Stattdessen geht es um die bestmög-
             liche Verknüpfung aller Fortbewegungsmöglichkeiten. Ein problem-
             loser Wechsel zwischen Carsharing, eigenem Auto, ÖPNV, Fahrrad
             oder Fußweg ist hierfür die Grundvoraussetzung. In der Nähe von
             S- und U-Bahn-Haltestellen wird deshalb Parkraum für private Mo-
             bilitätsangebote geschaffen. Eine Smartphone-App verknüpft die
             Angebote des ÖPNV mit privaten Mobilitätsdienstleistungen und
             zeigt an, mit welchen Verkehrsmitteln wir uns am schnellsten durch
             die Stadt bewegen können. Auch die Bezahlung aller Mobilitäts-
             angebote wird so einfach wie möglich geregelt und erfolgt direkt
             über die App. Der Individualverkehr spielt in der Liberalen Stadt
             auch weiterhin eine wichtige Rolle. Intelligente Verkehrsleitsysteme
             sorgen für einen optimalen Verkehrsfluss. Infoangebote zeigen in
             Echtzeit aktuelle Staulagen, freie Parkplätze oder alternative Park-
             and-Ride-Angebote. Sichere, komfortable und ausreichend breite
             Radwege nehmen den wachsenden Fahrradverkehr auf.
13

Deutschlands Städte stehen im Stau
In München standen Autofahrerinnen und –fahrer im Jahr 2020 durchschnittlich 65 Stunden – und
damit deutlich mehr als zwei volle Tage – im Stau.

      München                                                                                       65 h

            Berlin                                                           46 h

      Nürnberg                                                 35 h

      Hamburg                                              33 h

          Leipzig                                       31 h

       Freiburg                                      30 h

     Hannover                                           28 h

          Bremen                                        27 h

    Düsseldorf                                    27 h

      Stuttgart                                  26 h
                                                                                   Quelle: INRIX (2021)
                                                                             Grafiken: ibrandify/freepik

Individuelle Mobilität im Wandel
Im Zeitraum zwischen 2010 und 2020 hat sich der Absatz von E-Bikes fast verzehnfacht.
Durch Corona gingen die Verkaufszahlen sogar noch schneller nach oben.

2.000.000                                                                                     1.950.000

1.800.000

1.600.000

1.400.000
1.200.000

1.000.000

800.000

600.000
400.000

200.000
                                   ABSATZ VON E-BIKES (2009–2019)
0
            2010     2011   2012   2013   2014    2015     2016       2017    2018     2019    2020

                                                           Quelle: Zweirad-Industrie-Verband (2021)
14 Kluge Wirtschaftspolitik

    4        Kluge Wirtschaftspolitik
             Städte sind auch die wirtschaftlichen Zentren Deutschlands. In
             Zeiten wachsender Mobilität von Unternehmen und Menschen
             intensiviert sich der Wettbewerb unter den Städten. Dieser Wett-
             bewerb wird insbesondere über die Bereitstellung von Standort-
             faktoren ausgetragen. Neben harten Standortfaktoren wie Steuern
             und Abgaben, Büromieten und Infrastruktur gewinnen die weichen
             Standortfaktoren zunehmend an Bedeutung. Diese umfassen
             die Wirtschaftsfreundlichkeit der Verwaltung, die Möglichkeit zur
             Vernetzung, kulturelle Angebote, Lebensqualität, aber auch gute
             Schulen und ausreichende Angebote für Kinderbetreuung.

             Die Liberale Stadt
             Die Liberale Stadt setzt auf eine wirtschaftsfreundliche Politik, die
             bestmögliche Voraussetzungen für Ansiedlungen und Gründun-
             gen schafft. Unter Berücksichtigung der Finanzsituation wird der
             Hebesatz der Gewerbesteuer möglichst niedrig gehalten, um für
             Entlastungen bei Unternehmen zu sorgen. Damit Firmengründun-
             gen nicht vor unnötigen bürokratischen Hürden stehen, werden
             alle nötigen Schritte innerhalb einer One-Stop-Agency gebündelt
             (siehe Kapitel „Moderne Verwaltung“). In einem innerstädtischen
             Innovations- und Gründungszentrum werden günstige Büroflächen
             bereitgestellt. Hierdurch wird vielversprechenden Gründungsideen
             der Start erleichtert. Im Rahmen von regelmäßigen Themenaben-
             den können sich Firmengründerinnen und -gründer, mittelständi-
             sche Unternehmen, Vertreterinnen und Vertreter von Hochschulen
             sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung vernetzen
             und Ideen austauschen. Durch die Smart City-Strategie wird die
             Sichtbarkeit der Stadt als digitaler Standort gestärkt. Zudem leitet
             die Liberale Stadt alles in die Wege, um die 5G-Technologie als
             Standard zu etablieren.
15

Kommunale Standortfaktoren
Kommunale Standortfaktoren bestimmen die Attraktivität einer Stadt aus Unternehmenssicht.
Diese Faktoren entscheiden über den Erfolg angesiedelter Unternehmen und darüber, ob sich neue
Unternehmen und Firmengründungen in der Stadt niederlassen. Eine kluge Wirtschaftspolitik muss
diese Standortfaktoren daher immer im Blick behalten.

Harte Standortfaktoren sind eindeutig messbar und haben direkten Einfluss
auf den Unternehmenserfolg. Hierzu zählen z.B.:

           DATEN-                           VERKEHRS-                       STEUER- UND
           GESCHWINDIGKEIT                  ANBINDUNG                       ABGABENLAST

           FLÄCHEN­                                                         FACHKRÄFTE-
                                            MIETKOSTEN
           VERFÜGBARKEIT                                                    ANGEBOT

           ENERGIE- UND                                                     FORSCHUNGS-
                                            KAUFKRAFT
           UMWELTKOSTEN                                                     EINRICHTUNGEN

Weiche Standortfaktoren nehmen immer stärker an Bedeutung zu. Sie sind schwieriger
quantifizierbar und werden eher subjektiv wahrgenommen. Bei den weichen Standortfaktoren
wird unterschieden, ob sie für Unternehmen direkt (unternehmensbezogen) oder für
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (personenbezogen) relevant sind. Hierzu zählen z.B.:

            UNTERNEHMENSBEZOGEN                                PERSONENBEZOGEN

             WIRTSCHAFTSFREUNDLICHKEIT
                                                                               WOHNQUALITÄT
             DER VERWALTUNG

                            STANDORTIMAGE                         FREIZEITWERT

             POLITISCHE
                                                                               KITA-PLÄTZE
             VERHÄLTNISSE

                            BÜROKRATIE-
                                                                  QUALITÄT VON SCHULEN
                            LAST

              BEZIEHUNGEN ZU ANDEREN
                                                                               STADTBILD
              UNTERNEHMEN
16 Moderne Verwaltung

    5       Moderne Verwaltung
            Städte stehen immer stärker im Wettbewerb. Daher wachsen auch
            die Ansprüche an die Verwaltung. Eine agile und wirtschaftsfreund-
            liche Verwaltung kann der entscheidende Faktor für die Ansiedlung
            von Unternehmen sein. Durch den digitalen Wandel ändern sich
            auch die Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger, die unver-
            ständliche Formulare, lange Warteschlangen und langwierige
            Bearbeitungsprozesse nicht länger tolerieren. Stattdessen besteht
            der Wunsch nach einer Verwaltung, die bürgernah, transparent und
            serviceorientiert arbeitet.

            Die Liberale Stadt
            Die Verwaltung der Liberalen Stadt versteht sich als service-orien-
            tierter Dienstleister. Für ansässige Unternehmen sowie Firmengrün-
            derinnen und -gründer agiert die Verwaltung als One-Stop-Agency,
            in der alle Fragestellungen von einheitlichen Ansprechpersonen
            bearbeitet werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Digitali-
            sierung. Alle Leistungen, die sich digital erledigen lassen, werden
            inzwischen komplett online angeboten. Ein freiwilliges Bürgerkonto
            ermöglicht die digitale Abwicklung sämtlicher Verwaltungsvor-
            gänge. Hierdurch sparen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen
            und auch die Verwaltung viel Zeit. Die Behörden können sich so
            vermehrt der Betreuung komplizierterer Sachverhalte widmen und
            serviceorientiert agieren. Im Rahmen der Digitalisierungsstrategie
            wird auch die Transparenz der Verwaltung erhöht und es werden
            neue Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen. Aktuelle Daten zum
            kommunalen Haushalt werden zeitnah bereitgestellt und verständ-
            lich visualisiert. Durch eine Vielzahl digitaler Beteiligungsformate
            können die Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen einbringen und
            direktes Feedback geben.
17

Digitalisierung hat nicht in allen Kommunen Vorrang
Das Onlinezugangsgesetz (OZG) sieht die Digitalisierung sämtlicher Verwaltungsleistungen bis zum
Jahr 2022 vor. Laut einer Umfrage unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommunaler Verwaltun-
gen kümmern sich viele Kommunen jedoch nicht ausreichend um die Umsetzung.

                                                            In welchem Umfang widmet sich
                                                            Ihre Kommune der Umsetzung
                23 %                23 %                    des OZG?

                                                                     sehr hoch

                                                                     hoch

         16 %                                                        eher gring

                                                                     gering
                                   39 %

                                                                          Quelle: BearingPoint (2019)

Menschen wünschen sich Digitalisierung der Verwaltung
91 Prozent bevorzugen es, Verwaltungsvorgänge online zu erledigen.
Eine Mehrheit von 57 Prozent wünscht sich zudem mehr Möglichkeiten bei der Onlinebeteiligung.

Wären Sie bereit Verwaltungsvorgänge                   Wie bewerten Sie Möglichkeiten
        online zu erledigen?                               zur Onlinebeteiligung?

                  9%

                                                                   23 %

                                                             20 %                     57 %
                         91 %

                  ja        nein                         Positiv            Neutral          Kritisch

                                                                                  Quelle: PWC (2017)
18 Nachhaltige Stadtentwicklung

    6       Nachhaltige
            Stadtentwicklung
             Obwohl Städte nicht einmal ein Prozent der globalen Landoberflä-
             che bedecken, sind sie für über 70 Prozent der weltweiten CO2-
             Emissionen verantwortlich. Städten kommt bei der Bekämpfung
             des Klimawandels also eine zentrale Bedeutung zu. Gleichzeitig
             sind Städte maßgeblich von den Folgen des Klimawandels be-
             troffen: Hitzewellen und unwetterartige Starkregenfälle könnten in
             den nächsten Jahren noch mehr zur Normalität werden. Diesen
             Entwicklungen muss sich auch die moderne Stadtentwicklung
             anpassen. Ziel muss es sein, CO2-Emissionen zu reduzieren und
             gleichzeitig die Folgen des Klimawandels bestmöglich abzufedern.

             Die Liberale Stadt
             In der Liberalen Stadt wird eine nachhaltige und innovative Stadt-
             entwicklung betrieben. So setzt man auf mehr Urbanität und
             höhere Dichte. Mit den geschaffenen Möglichkeiten der Nachver-
             dichtung (siehe Kapitel „Bezahlbarer Wohnraum“) wird nicht nur
             zusätzlicher Wohnraum geschaffen, sondern auch eine Reduktion
             der CO2-Emissionen erreicht. Denn eine dicht bebaute Stadt ist
             auch eine Stadt der kurzen Wege. Diese Einsparungen werden
             durch das ganzheitliche Mobilitäts- und Smart-City-Konzept sogar
             noch ausgeweitet. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Urban Garde-
             ning. Durch die Begrünung von Dächern und Fassaden öffentlicher
             Gebäude geht die Liberale Stadt mit gutem Beispiel voran und
             trägt zur Regulierung von Temperaturspitzen bei. Auch die urbanen
             Grünflächen werden erhalten und abwechslungsreicher gestaltet,
             so dass größere Regenmengen versickern können und die Luft-
             qualität verbessert wird. Mit einer intelligenten bewegungsabhän-
             gigen Straßenbeleuchtung spart die Liberale Stadt Energie ein und
             schützt Tiere und Insekten vor dauerhafter Lichteinstrahlung. Zur
             Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudesektor setzt man
             in der Liberalen Stadt auf Quartiersansätze, um CO2-Emissionen
             möglichst effizient und kostensparend zu reduzieren.
19

        Dichtere Städte haben einen geringeren CO2-Ausstoß pro Kopf
        Auf internationaler Ebene ist der negative Zusammenhang zwischen den CO2-Emissionen pro Kopf
        und der Stadtdichte schon lange erforscht. Auch für die 16 deutschen Landeshauptstädte gilt: Je
        dichter die Bebauung, desto geringer die CO2-Emissionen pro Kopf.

                                                      Saarbrücken
CO2-Emissionen pro Kopf (in Tonnen)

                                      2,2
                                                             Wiesbaden

                                                         Magdeburg
                                      2,0
                                              Schwerin
                                                                                                        Stuttgart
                                      1,8
                                                Erfurt
                                                                                  Kiel
                                      1,6                             Dresden                Hannover
                                                   Potsdam
                                                                                                                              Berlin
                                                                                    Mainz                                                  München
                                      1,4                                Bremen
                                                                                         Hamburg Düsseldorf

                                        500                         1500                    2500                    3500               4500
                                                                             Bevölkerung je Quadratkilometer

                                                                                                Quelle: Agentur für clevere Städte, Statistische
                                                                                                     Ämter des Bundes und der Länder (2021)

        Städte müssen besonders unter Hitze leiden
        Aufgrund der Aufwärmung am Tag und der eingeschränkten Abkühlung in der Nacht speichern
        Städte deutlich mehr Wärme als das Umland. Urban Gardening und Grünflächen können diesen
        Effekt abmildern.

          33°C

29,5°C

                                            Umland                Gewerbegebiet            Wohngebiet                        Vorstädtisches
                                                     Vorstädtisches             Innenstadt                            Park    Wohngebiet
                                                      Wohngebiet
                                                                                                                                  Quelle: freepik
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