Blickpunkt Aargau - Kanton Aargau
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Geschätzte Leserinnen und Leser Der Kanton Aargau präsentiert sich heute als wirtschafts- naher Kanton mit einer hohen Standortattraktivität. Vom KMU bis hin zum Grossunternehmen profitieren die Betriebe von optimalen Standortbedingungen. Seine Führungsqualitäten beweist der Kanton Aargau unter anderem im Forschungs- und Innovationsbereich, indem er mit dem Programm High- tech Aargau und dem PARK INNOVAARE dazu beiträgt, dass Innovationsträger aus Wirtschaft und Forschung rasch zu- einander finden. Eine wichtige Grundlage dazu bildet unser Bildungssystem. Das Angebot und die Qualität der Volksschule, der dualen Berufsbildung, der Mittelschulen und auch der weiterführen- den Bildungsinstitutionen sind ausgezeichnet. Die Aargaue- rinnen und Aargauer profitieren darüber hinaus von weiteren Vorzügen unseres Kantons, wie den vielfältigen Sport- und Freizeitmöglichkeiten und dem vergleichsweise erschwing- lichen Wohnraum. Weite, natürliche Erholungsgebiete und die Möglichkeit, kulturelle Anlässe unterschiedlichster Facetten zu besuchen, sind weitere Beispiel dafür, dass der Kanton Aargau für zahlreiche Bevölkerungsschichten viel zu bieten hat. Besonders im Rahmen des Kulturerbejahres 2018 lässt sich der Aargau neu entdecken. In der vorliegenden Broschüre finden Sie neben aufschluss- reichen, statistischen Angaben zu seiner Wirtschaft auch interessante Hintergrundinformationen zur Entstehungsge- schichte des Aargaus. Darüber hinaus gewinnen Sie einen Einblick in die verschiedenen Organisationseinheiten der kantonalen Verwaltung und können Sie sich über die Wirkungs felder der drei Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative orientieren. Landammann Alex Hürzeler Departement Bildung, Kultur und Sport 1
Inhalt Der Aargau auf einen Blick ...................................................................................................... 4 Der Weg zum modernen Staat .......................................................................................... 6 Die Legislative ......................................................................................................................................... 12 Die Exekutive ........................................................................................................................................... 26 Die Judikative .......................................................................................................................................... 42 Der Aargau in Bern .......................................................................................................................... 50 Stichwortverzeichnis ..................................................................................................................... 53 Die Legislative Die Exekutive Die Judikative Der Grosse Rat 14 Der Regierungsrat 28 Gerichte Kanton Aargau (GKA) 44 Die Wahl 16 Die Staatskanzlei 30 Rechtlicher Hintergrund und Verfahrensarten 46 Die Organisation 18 Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) 32 Die einzelnen Gerichtsbehörden 48 Die Sitzungen 22 Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) 34 Kommissionen, Kammern und Behörden mit besonderer Funktion 49 Die Aufgaben 24 Departement Finanzen und Ressourcen (DFR) 36 Departement Gesundheit und Soziales (DGS) 38 Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) 40 2 3
Haushaltsgrössen im Jahr 2000 Bruttov Einpersonen- Waadt haushalte Schweiz 30,81% Familienhaushalte Basel-Land mit Kind Bern 37,45% Zürich Seine Bevölkerung und seine Wirtschaft Aufgrund seiner Geschichte sind im Kanton Aargau Katholiken Da die Frankenstärke der Wirtschaft Tessin und Reformierte in ungefähr gleichen Teilen ansässig. Tradi- weiterhin zusetzt und viele Aargauer Familienhaushalte Luzern ohne Kind Zug tionell reformiert ist der einstige Berner Aargau. Katholisch Unternehmen daher kleinere 31,74% Solothurn geprägt sind hingegen die ehemaligen Gemeinen Herrschaften. Gewinne verzeichnen, sinken beim Thurgau Bestand ausländische Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeit, 30. 06. 2017 Aargauer Bezirke Die einstmals starren Konfessionsgrenzen verwischen jedoch Beschäftigte Kanton dienach Sektoren im Jahr 2008 Steuereinnahmen. Damit der Aargau immer mehr. Aufgrund der Migration von Menschen aus aller kantonale Finanzhaushalt1. stabilSektor bleibt, wurden St. Gallen 5,14% Deutschland Welt finden sich im Aargau auch islamische, buddhistische verschiedene Sparmassnahmen beschlossen. Aufgrund der Schwyz 21.0% übrige oder hinduistische Glaubensgemeinschaften, die zu einer nachhaltigen Finanzpolitik und einer wirkenden Schulden- Zurzach 34.5% grossen Religionsvielfalt beitragen. Der jüdische Friedhof von bremse3. konnte Sektor der Kanton das Rating AAA der Agentur 2. Sektor Rheinfelden Endingen-Lengnau zeugt heute noch davon, dass insbeson- Standard & Poor’s weiterhin halten. 34,13% 60,73% Grösster Ausgabeposten dere im 19. Jahrhundert ein bedeutender Anteil jüdischer ist die Bildung. Jeder dritte Steuerfranken fliesst in diesen Italien Laufenburg Brugg Personen im Surbtal lebte. Aufgabenbereich. Weitere gewichtige Posten sind die soziale 16.8% Baden Wohlfahrt sowie die Gesundheit. Serbien Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist erwerbstätig. Seit den 4.8% 60er Jahren ist die Erwerbsquote der Frauen von etwa 35 auf Portugal Kosovo Aufwand der Finanzierungsrechnung nach Aufgaben, 2016 (Total 5’268.3 Mio.) 5.5% Türkei 11.2% über 62 Prozent gestiegen. Bei den Männern ging der Anteil 6.2% Quelle: Staatssekretariat für Migration Aarau Lenzburg indes von 90 auf gut 74 Prozent zurück. Bildung 32.2% 1’694,9 Mio. Bremgarten Soziale Sicherheit 19.2% 1’009,8 Mio. Wohnbevölkerung Kanton Aargau Der Kanton Aargau ist traditionell ein Industriekanton mit Gesundheit 13.9% 733,1 Mio. Öffentl. Ordnung und Sicherheit, Verteidigung 8.5% starker Exportorientierung. Noch immer arbeiten deutlich 446,5 Mio. Zofingen Kulm Finanzen und Steuern 8.0% 419,7 Mio. 700’000 mehr Personen im zweiten Sektor als im Landesdurchschnitt. Verkehr und Nachrichtenübermittlung 7.7% 404,5 Mio. Total Muri Im Kanton sind Industrieunternehmen von Weltformat tätig. Allgemeine Verwaltung 4.0% 210,4 Mio. 600’000 Die Wirtschaftsstruktur wird jedoch von kleinen und mitt- Volkswirtschaft 4.0% 209,9 Mio. leren Unternehmen geprägt. Sie können flexibel auf die sich Umweltschmutz und Raumordnung 1.5% 76,4 Mio. 500’000 Schweizer verändernden Märkte reagieren und sind damit krisen- Kultur, Sport und Freizeit, Kirche 1.2% 63,1 Mio. 400’000 resistenter. Quelle: Jahresbericht mit Jahresrechnung 2016, Kanton Aargau 300’000 Wohnbevölkerung Kanton Aargau 200’000 Der Kanton Aargau ist in elf Bezirke mit aktuell 212 Gemeinden Total 444 882 Ausländer eingeteilt. Er ist bevölkerungsmässig der viertgrösste Kanton Schweizer 1975 371 429 100’000 73 453 der Schweiz. Im Aargau lebten per 30. Juni 2017 666’191 Ausländer 452 786 0 Einwohnerinnen und Einwohner. Aufgrund seiner zentralen 1980 387 804 64 982 1987 1992 1997 2002 2007 2012 2017 Lage zwischen Zürich, Basel, Bern und der Innerschweiz 470 955 Quelle: Kantonale Bevölkerungsstatistik erfreut sich der Aargau weiterhin einer stetigen Zuwanderung. 1985 403 587 67 368 504 597 Ausfuhr nach Warengruppen in die EU, in Mio. Franken, 2016 (Total 13’628 Mio.) Der Kanton Aargau weist seit Jahren einen positiven Wande- 1990 421 739 82 858 rungssaldo aus anderen Kantonen und aus dem Ausland auf. Produkte der Chemisch-Pharmazeutischen Industrie1 69.4% 9’463 Mio. 531 577 Einwohner deutscher und italienischer Herkunft machen den 1995 432 186 Maschinen, Apparate, Elektronik 16.0% 2’175 Mio. 99 391 Metalle 5.4% 731 Mio. grössten Teil aus. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung 547 462 Leder, Kautschuk, Kunststoffe 3.1% 427 Mio. von fast 24,7 Prozent entspricht praktisch dem Landesdurch- 2000 441 868 105 594 Land- und forstwirtschaftliche Produkte, Fischerei 1.9% 263 Mio. schnitt. 573 654 Präzisionsinstrumente, Uhren und Bijouterie 1.3% 182 Mio. 2005 454 862 118 792 Papier, Papierwaren, Grafische Erzeugnisse 0.8% 105 Mio. 596 396 Fahrzeuge 0.7% 89 Mio. 2008 467 649 128 747 Wohnungseinrichtungen, Spielzeuge, usw. 0.5% 74 Mio. Textilien, Bekleidung, Schuhe 0.5% 71 Mio. Steine und Erden 0.3% 38 Mio. Edelmetalle, Edel- und Schmucksteine 0.0% 4 Mio. Energieträger 0.0% 3 Mio. Kunstgegenstände und Antiquitäten 0.0% 2 Mio. 1) In den Vorjahren wurden fehlerhafte Daten im Bereich der Pharmazie erhoben. Die Werte vom Jahr 2016 dürfen deshalb nicht mit den Vorperioden verglichen werden Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung 4 5
Der Weg zum modernen Staat Napoleonische Mediationsakte – Start der politischen Geschichte des Kantons Aargau Ein Machtwort von Napoléon Bonaparte besiegelte am dem reformierten Berner Aargau und den anderen, katholisch existierte nicht. Die Mitglieder des Kleinen Rats gehörten 19. März 1803 die Geburt des Kantons Aargau, wie er uns geprägten Kantonsteilen. Der junge Kanton stand vor gleichzeitig dem Grossen Rat an. Sie liessen sich aus ihren heute bekannt ist. Die gescheiterte zentralistische Helvetische der schwierigen Aufgabe, auf dieser Basis ein völlig neues eigenen Reihen wählen. Johann Rudolf Dolder, der zu einem Republik zerbrach. An ihre Stelle trat ein lockerer Staaten- Staatswesen aufzubauen. Grossteil die Gesetzgebung für den Kanton Aargau erarbei bund. Mit der Mediationsakte verfügte Bonaparte, den damals tete, war zugleich in beiden Räten Präsident. nur aus dem Berner Aargau bestehenden Kanton mit den Als erste grosse Herausforderungen galten die Schaffung von Kantonen Baden und Fricktal zu vereinen. Dabei spielte der gesetzlichen Grundlagen und einer anerkannten staatlichen Religiöse und politische Konflikte im 19. Jahrhundert – Brugger Bürger Philipp Albert Stapfer im Hintergrund eine Autorität. Damit Regierungsbeschlüsse überhaupt umgesetzt Wegweisende Verfassungsrevisionen entscheidende Rolle. Die gemeinsame Geschichte des werden konnten, musste eine kantonale Verwaltung aufgebaut Mit dem Untergang der Vormachtstellung Frankreichs in Kantons geht jedoch bis weit ins Mittelalter zurück, als das werden. Diese bestand damals aus gerade einmal 15 Beamten. Europa in der Völkerschlacht in Leipzig 1813 endete auch ganze Kantonsgebiet unter der Herrschaft der Habsburger dessen «Schutzherrschaft» über den Kanton. Die erneut an Schloss Habsburg stand. Die im Aargau liegende Habsburg ist die Stammburg Die erste Verfassung stattete die damalige neunköpfige die Macht gekommenen aristokratischen Kreise in Bern der Habsburger, der Aargau somit Stammlande eines der Regierung, den so genannten Kleinen Rat, mit weitreichenden forderten, den Aargau wieder als Untertanengebiet anzuglie- prägendsten Herrschaftsgeschlechter in Europa im zweiten Machtbefugnissen aus. Der Grosse Rat, das Parlament mit dern. Dank dem Verhandlungsgeschick des in Gebenstorf Jahrtausend. 150 Mitgliedern, durfte Gesetzen lediglich zustimmen oder geborenen Albrecht Rengger garantierten die Grossmächte Nur noch 48 der 150 Vertreter im Grossen Rat konnten vom diese zurückweisen. Änderungen konnte er hingegen nicht Europas auf dem Wiener Kongress 1815 das Fortbestehen Volk gewählt werden. 50 wurden durch die Grossräte be- Bonaparte schuf mit dem neuen Kanton ein künstliches anbringen. des jungen Kantons. Rengger durfte dabei unter anderem auf stimmt, 52 durch ein Wahlgremium. Weiter wurde die Gebilde aus vier unterschiedlichen Gebieten (Berner Aargau, die Unterstützung des russischen Zaren Alexander I. zählen. Niederlassungs- und Gewerbefreiheit festgeschrieben und Grafschaft Baden, Fricktal, Freie Ämter). Seine Bewohne- Tiefgreifende Alters- und Vermögensgrenzen im Wahlrecht 1814 wurde die Kantonsverfassung ein erstes Mal revidiert. alle Standesrechte abgeschafft. Von der Demokratie nach rinnen und Bewohner besassen nur wenige Gemeinsam- sorgten dafür, dass nur etwa sieben Prozent der Bevölkerung Der Kleine Rat wurde von neun auf dreizehn Mitglieder heutigen Massstäben war man noch weit entfernt. Trotzdem keiten. Dazu kamen die konfessionellen Gegensätze zwischen tatsächlich wahlberechtigt waren. Eine Gewaltentrennung aufgestockt, die Amtszeit von fünf auf zwölf Jahre verlängert. galt der Kanton Aargau als einer der liberalsten der Schweiz. Kleinrat Johannes Herzog war von 1807 bis 1831 Mitglied der Regierung. Aufgrund des zuneh- mend autoritären Führungsstils, insbesondere durch Johannes Herzog, sprach die Bevölkerung schon bald vom «Herzogtum Aargau». Die Verfassung kannte zu diesem Zeitpunkt keine Bereits 1814 wurde die Kantonsverfassung ein Am 19. Februar 1803 Gewaltentrennung. erstes Mal revidiert. Dabei wurde die Niederlas- Philipp Albert Stapfer aus unterschrieb Napoléon Johann Rudolf sungs- und Gewerbefreiheit festgeschrieben und Brugg setzte sich 1802 bis Bonaparte die Mediations- Dolder präsidierte alle Standesrechte abgeschafft. Obwohl man von 1803 in Paris erfolgreich akte. Er legte damit die zugleich den Kleinen der heutigen Demokratie noch weit entfernt war, für die Schaffung des heute gültigen Grenzen des Rat als auch den galt der Aargau als einer der liberalsten Kantone Kantons Aargau ein. Kantons Aargau fest. Grossen Rat. der Schweiz. Am 12. April 1798 wurde Im nun eigenständigen Kanton Der Gebenstorfer Albrecht die Helvetische Republik mussten die Volksvertreter gewählt, Rengger setzte sich, unterstützt ausgerufen, mit Aarau als gesetzliche Grundlagen geschaffen vom russischen Zaren Alexander I., deren Hauptstadt. Das Haus und eine funktionsfähige Verwaltung erfolgreich für die Eigenständigkeit zum Schlossgarten diente aufgebaut werden. Die erste des Kantons ein. Die Grossmächte als Regierungssitz. Verfassung ermöglichte der damaligen Europas anerkannten den Aargau neunköpfigen Regierung weitrei- am Wiener Kongress 1815. chende Machtbefugnisse. 1813 endete die «Schutzherrschaft» von Frankreich über den Kanton Aargau. Frankreich hatte in der Völkerschlacht von Leipzig seine Vormachtstellung verloren. 6 7
Der Weg zum modernen Staat Ein Jahr später wurde zum ersten Mal mit einer Volksabstim- Bis 1890 existierten keine politischen Parteien nach heutigem mung über eine Verfassung befunden. Diese (1831) und Verständnis. Es gab lediglich lose Verbindungen von politisch weitere Verfassungsänderungen (1841, 1852 und 1885) waren Gleichgesinnten. Schon bald folgten in kurzen Abständen für die politische Mitbestimmung des Volkes wegweisend. Sie Vorläufer der heutigen CVP und FDP. 1902 schlossen sich lockerten unter anderem das Wahlrecht, brachten Verbesse- sozialdemokratische Verbindungen der SP im Aargau an. rungen in Sachen Gewaltenteilung und hoben den Grundsatz Die FDP verfügte bis 1920 im Parlament und in der Regierung auf, wonach in allen Behörden Katholiken und Reformierte über eine absolute Mehrheit. Mit der Einführung des Proporz gleichberechtigt vertreten sein mussten. Die Zeit war geprägt wahlrechts änderte sich dies und die SP stieg zur stärksten von religiösen und politischen Unruhen sowohl im Aargau als Partei auf. Nach 1936 schlossen sich die Bauernparteien zur auch in der ganzen Schweiz (Freischarenzüge, Sonderbunds- «Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei» zusammen. Die daraus krieg, Gründung des Schweizerischen Bundesstaats 1848). entstandene SVP konnte ihren Wähleranteil stetig vergrössern. Die sechste Verfassungsrevision (1885) konnte Katholiken und Protestanten im Aargau schliesslich versöhnen. Die Anzahl Mitglieder im Grossen Rat wurde 1952 vorüberge- hend auf 200 angehoben, bevor sie durch eine Volksinitiative 20. und 21. Jahrhundert – Erste Parteien, Proporzwahlen im Jahr 2003 auf die aktuelle Zahl von 140 reduziert wurde. und Frauenstimmrecht Die letzte und heute noch gültige grundlegende Revision der Nach der Totalrevision der Kantonsverfassung von 1885 zeigte Verfassung, mit der der Grundrechts- und der Aufgabenkatalog Die nachfolgenden Jahre waren durch den autoritären sich der Aargau vorerst wenig fortschrittsfreudig. Die Volks- des Staats aktualisiert und der Grosse Rat mit Planungskom Führungsstil der Regierung, vor allem durch den Kleinrat wahl von Regierungs- und Ständeräten führte der Aargau erst petenzen ausgestattet wurde, fand 1980 eine Mehrheit im Volk. Johannes Herzog, geprägt. In der Bevölkerung sprach man 1904 ein, als einer der letzten Kantone überhaupt. Auch die 2004 verabschiedete der Grosse Rat die Reformen der Staats- bald vom «Herzogtum Aargau». 1830 protestierte Johann Einführung des Proporzwahlrechts auf kantonaler Ebene liess leitung und der Verwaltungsführung. Seit 2005 funktioniert nun Heinrich Fischer gegen die Reformunfähigkeit des Kleinen bis 1920 auf sich warten. Frauen waren seit 1936 für Armen- die Verwaltung nach dem System der Wirkungsorientierten Rats. Mit dem unblutig angeführten Freiämtersturm erzwang und seit 1940 für Schulbehörden wählbar. Das umfassende Verwaltungsführung (WOV). Ebenso trat 2005 die Parlaments- er den Rücktritt der Regierung. Neuen liberalen Kräften Stimm- und Wahlrecht für Frauen führte der Kanton Aargau reform in Kraft mit dem Ziel, Aufgaben, Strukturen und Arbeits- wurde damit der Weg in die Regierung geebnet. aber erst 1971 nach der eidgenössischen Abstimmung ein. weise des Parlaments effizienter zu gestalten. 1831–1835 trieben vier Verfassungsrevisionen den Demokratisie- Ab 1890 entstanden aus losen Verbindungen von rungsprozess voran. Ein Höhepunkt dieser unruhigen Zeiten waren politisch Gleichgesinnten die heutigen Parteien. Die Frauen erhielten 1844 die Freischarenzüge – antiklerikale Umsturzversuche, Als einer der letzten Kantone führte der Aargau das Stimmrecht erst 2003 stimmte das Volk einer ausgelöst durch den «Aargauer Klosterstreit». Mit dem Sonder- 1904 die Volkswahl der Ratsmitglieder ein. Erst 1971. Davor waren sie Initiative zu, welche die bundskrieg schwappte der Konflikt auf den ganzen Staatenbund 1920 wurde nach dem Proporzsystem gewählt. nur für Armen- und Mitglieder des Grossen Rats über und mündete in der Gründung der Eidgenossenschaft. Die SP löste die FDP als stärkste Partei ab. Schulbehörden wählbar. von 200 auf 140 reduzierte. Am Morgen des 5. Dezembers 1830 Die sechste Verfassung 1936 entstand aus Die heute gültige 2005 wurde in der rief der Wirt und Grossrat, Johann von 1885 sorgte für eine verschiedenen Verfassung wurde kantonalen Verwaltung Heinrich Fischer, zum «Freiämter- endgültige Versöhnung Bauernparteien die letztmals 1980 das System der sturm» auf. Die Landbevölkerung aus zwischen Katholiken und «Bauern-, Gewerbe- totalrevidiert und «Wirkungsorientierten dem katholischen Freiamt zwang die Reformierten. Bis 1980, und Bürgerpartei». von der Stimmbevöl- Verwaltungsführung» Regierung zum Rücktritt. fast hundert Jahre lang, kerung gutgeheis- (WOV) eingeführt. bildete sie die Grundlage sen. Zeitgleich wurde das des Kantons. Parlament reformiert. 8 9
Der Weg zum modernen Staat Der Kanton Aargau und sein politisches System heute 26 Kantone bilden nach dem föderalistischen System die den. Im Ausland wohnhafte Schweizerinnen und Schweizer mit absoluter Mehrheit (das heisst 71 Mitglieder) angenom- Der Lauf des Gesetzes Schweiz. Sie verfügen über weitreichende Entscheidbe dürfen an nationalen Abstimmungen und Wahlen teilnehmen. men worden sind, wird ein politischer Beschluss des Grossen fugnisse und verwalten sich selbstständig. Vertikal gliedert Hingegen haben Ausländerinnen und Ausländer im Aargau Rats dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Ist dieses Quorum Verwaltung Regierungsrat Grosser Rat Stimmvolk Interessierte sich die Schweiz in die politischen Ebenen Bund, Kanton kein Stimm- und Wahlrecht. Via Petitionsrecht können aber erreicht, kann ein Viertel aller Mitglieder des Grossen Rats und Gemeinde. Auf diesen politischen Ebenen werden die alle Einwohnerinnen und Einwohner – unabhängig von das Gesetz gleichwohl der Volksabstimmung unterstellen Motion Gewalten aufgeteilt in Legislative (gesetzgebend), Exekutive Geschlecht, Nationalität und Alter – Beschwerden, Anre- (Behördenreferendum). Anstoss Anstoss Postulat Volksinitiativ Petition begehren (gesetzausführend) und Judikative (rechtsprechend). gungen oder Bitten in schriftlicher Form an die Behörden Parl. Init. richten. Die Gewalten im Aargau Politische Mitsprache dank direkter Demokratie Die gesetzgebende Behörde (Legislative) im Kanton ist der In der Schweiz ist es der Bevölkerung möglich, über politische Mitsprache auf kantonaler Ebene Grosse Rat. Die 140 Mitglieder werden für eine Amtsdauer Entwurf Entscheidungen an der Urne mitbestimmen zu können. Das Das Initiativrecht ermöglicht den Stimmbürgerinnen und von vier Jahren gewählt. Der Kanton Aargau kennt keine System der direkten Demokratie garantiert diverse Mitbe Stimmbürgern auf kantonaler Ebene, mittels einer Initiative Amtszeitbeschränkung. Die Wahlen erfolgen im Proporz- stimmungsrechte. Mündige Schweizerinnen und Schweizer eine Verfassungs- oder Gesetzesänderung oder ein neues Wahlverfahren. Anhörung werden mit achtzehn Jahren stimmberechtigt und gelten Gesetz zu verlangen. Dafür müssen innerhalb von zwölf als Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Fortan werden sie Monaten seit Publikation des Begehrens mindestens 3’000 Die ausführende Gewalt (Exekutive) ist der Regierungsrat. Verabschiedung mit dem Stimmkuvert aufgefordert, ihre politische Mitsprache Unterschriften von Stimmberechtigten gesammelt werden. Er setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen, die ebenfalls Botschaft auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene wahrzuneh- für eine Amtsdauer von vier Jahren im Majorzverfahren 1. Beratung men und abzustimmen oder zu wählen. Neben dem Stimm- Wenn innert neunzig Tagen nach der Publikation im Amtsblatt gewählt werden. Jedem Regierungsratsmitglied untersteht recht wird ihnen auch das aktive (man darf wählen) sowie das 3’000 Stimmberechtigte von ihrem Referendumsrecht Ge- ein Departement. Als zentrale Stabsstelle des Regierungsrats Vorberatung in Kommission passive (man darf sich wählen lassen) Wahlrecht zugestan- brauch machen oder Gesetzesvorlagen vom Grossen Rat nicht dient die Staatskanzlei unter Leitung der Staatsschreiberin. Die rechtsprechende Gewalt ist die Judikative. Sie setzt 1. Beratung im Plenum sich aus dem Obergericht, welches das oberste kantonale Gewaltenteilung in der Schweiz Gericht ist, dem Spezialverwaltungsgericht sowie den Überarbeitung Bezirksgerichten zusammen. Bevor es zu einem gerichtlichen Legislative Exekutive Judikative Verfahren kommt, helfen die Schlichtungsbehörden, zivilrecht- Verabschiedung liche Streitigkeiten beizulegen, indem sie zwischen den Botschaft 2. Beratung Parteien im Rahmen eines Schlichtungsversuchs vermitteln. + + Das Gesetzgebungsverfahren Die Änderung eines bestehenden Gesetzes oder die Lan Vorberatung in Kommission 2. Beratung/Schlussabstimmung cierung eines neuen Gesetzes kann von der Exekutive oder Legislative initiiert werden. Zudem ist es möglich, dass der Anstoss dazu vom Stimmvolk mittels Volksinitiativbegehren, Redaktionslesung Parlament Regierung Gerichte von interessierten Kreisen im Rahmen einer Petition oder Gesetzgebende Gewalt Ausführende Gewalt Richterliche Gewalt von der Verwaltung gegeben wird. Veröffentlichung Bund National- und Ständerat Bundesrat Bundesgericht Der anschliessend ausgearbeitete Entwurf wird von der Referendumsvorlage 246 Mitglieder 7 Mitglieder 38 Mitglieder zuständigen Kommission des Grossen Rats vorberaten, bevor vom Volk gewählt vom Parlament gewählt vom Parlament gewählt Unterschriftensammlung sich das Plenum der Beratung annimmt (1. und 2. Beratung). Kanton Grosser Rat Regierungsrat Obergericht Ein vom Grossen Rat verabschiedetes Gesetz untersteht der Ablauf Aargau 140 Mitglieder 5 Mitglieder Spezialverwaltungsgericht Referendumsfrist von 90 Tagen. Verstreicht diese Frist un- Referendumsfrist vom Volk gewählt vom Volk gewählt vom Parlament gewählt genutzt, tritt das Gesetz in Kraft. Bei Ergreifen des Volks- oder Bezirksgerichte Behördenreferendums wird das Gesetz dem Stimmvolk zur Bezirk vom Volk gewählt Abstimmung unterbreitet. Vollzugsbeginn, Schlichtungsbehörden Publikation Volksabstimmung in Gesetzessammlung Gemeinde Einwohnerrat Stadtrat Konkursamt städtisch vom Volk gewählt vom Volk gewählt Friedensrichter vom Volk gewählt Gemeinde Gemeindeversammlung Gemeinderat ländlich Stimmberechtigte vom Volk gewählt 10 11
Das Kantonsparlament wird im Aargau «Grosser Rat» genannt. Der Grosse Rat repräsentiert die Aargauer Bevölkerung. Er sorgt dafür, dass der Aargau im Sinn der Mehrheit geführt wird. Jeweils am Dienstag debattieren und beraten 140 engagierte Politikerinnen und Politiker unterschiedlichen Alters, aus ver- schiedenen Berufsbereichen und Regionen des Kantons über aktuelle politische Themen. Neun politische Parteien sind im Grossen Rat vertreten. Als dynamische Institution, die alle vier Jahre durch die Volkswahlen geprüft und neu zusammengesetzt wird, hat der Grosse Rat eine hohe Verantwortung für das Zusammenleben im Kanton. Der Auftrag des Parlaments als gesetzgebende Behörde hat sich im Verlauf der Jahrhunderte nie grundlegend geändert. Gewandelt haben sich jedoch die Lebens- und Arbeitswelt sowie die Erwartungen. Die Aufgaben des Grossen Rats sind dadurch komplexer geworden, die Zusammenarbeit mit dem Regierungsrat und der Verwaltung anspruchsvoller, der Arbeits- aufwand für die nebenamtlichen Ratsmitglieder grösser. Parallel zu den Reformen in der Verwaltung wurden deshalb in den vergangenen Jahren Strukturen, Organisation und Wahl des Grossen Rats den heutigen Bedürfnissen angepasst. Mit geringerer Mitgliederzahl, Fachkommissionssystem, klar definierten Aufgabenbereichen und einer effizienten Unter- stützung durch den Parlamentsdienst – um nur einige Ände- rungen zu nennen – wurden moderne Rahmenbedingungen geschaffen. Der Grosse Rat im Internet www.ag.ch/grossrat Sie finden hier: Informationen zu den Ratsmitgliedern Zusammensetzung der Gremien Ratsgeschäfte, Beschlüsse, Protokolle Sitzungskalender Sitzordnung Parlamentsdienst parlamentsdienst@ag.ch Telefon 062 835 13 60 12 13
Der Grosse Rat vertritt das Volk Der Grosse Rat ist die gesetzgebende Behörde (Legislative) Zahlen und Fakten Das Parlament ist das Kernelement jeder Demokratie. Denn Er bestimmt die Regeln – meist in Form von Gesetzen – die Die Zusammensetzung des Grossen Rats nach den obwohl Demokratie «Volksherrschaft» bedeutet, regiert für das Zusammenleben im Aargau gelten. Der Regierungsrat Wahlen 2016 (Legislaturperiode 2017/2020) und 2012 sich das Volk nicht einfach selber. Dies wäre weder praktisch ist hingegen jene Behörde, die zusammen mit der Kantons- (Legislaturperiode 2013/2016). umsetzbar noch sinnvoll. Einen Teil seiner Rechte überträgt verwaltung dafür sorgt, dass diese Regeln umgesetzt werden das Volk deshalb ausgewählten Personen, die im Aargau (Exekutive). Die Gerichte haben auf die Einhaltung der Regeln Alter Grossrätinnen und Grossräte genannt werden. Diese vertre- zu achten (Judikative). 2016 2012 ten die Interessen des Volks im Parlament. Die Aufgaben der drei Behörden sind klar zugeteilt, damit jede Durchschnittsalter 47,9 45,6 Der Grosse Rat übt eine der drei Gewalten aus von ihnen unabhängig ist, keine ihre Macht missbrauchen Mit dem Begriff «Gewalten» ist die Verantwortung für das kann und die Rechte und Freiheiten der Aargauerinnen und Geschlecht Zusammenleben und die Umwelt der Menschen gemeint, die Aargauer geschützt bleiben. das Volk zusammen mit der gesetzgebenden, der ausführen- 2016 2012 % % den und der richterlichen Gewalt trägt und teilt. Dadurch wird auch die Aargauer Kantonsverfassung verständlich, in der die Frauen 36,4 31,4 Rechte und Pflichten der Aargauerinnen und Aargauer, aber Männer 63,6 68,6 Der Grosse Rat auch der drei Gewalten und Behörden festgehalten sind. Dort heisst es im ersten Paragrafen: «Die Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird durch die Stimmberechtigten und die Sitzverteilung (Total 140 Sitze, Wähleranteile in %) Der Grosse Rat ist das Parlament des Kantons Aargau und Behörden ausgeübt.» Das politische System des Kantons 2016 2012 die gesetzgebende Behörde. Seine 140 Mitglieder werden Aargau ist also durch eine Trennung der Gewalten gekenn- SVP 45 (31,9%) 45 (32,0%) vom Volk gewählt und vertreten das Volk. zeichnet. Das bedeutet, dass die kantonalen Aufgaben auf verschiedene Organe verteilt werden, um einer Machtkonzen- SP 27 (18,9%) 22 (15,0%) tration entgegenzuwirken. Grundsätzlich wird dabei zwischen FDP 22 (16,0%) 22 (15,4%) der Legislative, der Exekutive und der Judikative u nterschieden. CVP 17 (12,1%) 19 (13,3%) Grüne 10 (7,1%) 10 (7,4%) GLP 7 (5,2%) 8 (5,5%) EVP 6 (4,1%) 6 (3,9%) BDP 4 (2,7%) 6 (4,4%) EDU 2 (1,8%) 2 (1,7%) Div. 0 (0,2%) 0 (1,4%) Sitzverteilung Grosser Rat (Total 140) 2016 2012 SVP CVP EVP FDP Grüne BDP SP GLP EDU Weitere statistische Angaben und den Berufsspiegel finden Sie unter: www.ag.ch/grossrat Das Grossratsgebäude in Aarau 14 15
Wahlvoraussetzungen Der doppelte Pukelsheim stellt sicher, dass jede Partei Inpflichtnahme Alle vier Jahre wird das Kantonsparlament neu gewählt. genauso viele Sitze erhält, wie ihr gesamtkantonal aufgrund Die neuen Mitglieder legen bei der konstituierenden Sitzung Wahlberechtigt sind Schweizerinnen und Schweizer ab dem der erzielten Stimmen zustehen. Es gibt keine Restmandate folgendes Gelöbnis ab: 18. Altersjahr, die im Kanton Aargau wohnen. Wer wählen mehr, Listenverbindungen entfallen. Jedem Bezirk wird wie darf, kann sich auch wählen lassen. Allerdings gibt es Ein- bisher die ihm aufgrund seiner Wohnbevölkerung zustehende «Ich gelobe als Mitglied des Grossen Rats meine schränkungen: Im Grossen Rat Einsitz nehmen darf nur, wer Anzahl Mandate zugeteilt. In einem ersten Schritt werden die Verantwortung gegenüber Mensch, Gemeinschaft und die Gewaltenteilung nicht durch seine berufliche Tätigkeit oder Sitze aufgrund der erzielten Wahlresultate gesamtkantonal auf Umwelt wahrzunehmen, die Wohlfahrt des Kantons Aargau durch ein Amt verletzt. Mitglieder des Regierungsrats oder die Parteien verteilt. In einem zweiten Schritt werden die Sitze und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu fördern und der Gerichte, aber auch Angestellte des Kantons können auf die Bezirke verteilt. Jede Partei soll einerseits so viele der Verfassung und den Gesetzen gemäss nach bestem daher nicht gleichzeitig Mitglieder des Grossen Rats sein. Sitze erhalten, wie ihr gesamtkantonal zugewiesen wurden. Wissen und Gewissen zu handeln.» Andererseits soll gleichzeitig jeder Bezirk so viele Vertrete- Wahlverfahren rinnen und Vertreter entsenden, wie ihm zustehen. Diese Die 140 Sitze im Grossen Rat werden bereits vor den Wahlen mathematische Aufgabe erledigt ein Computerprogramm. im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen auf die Wahlkreise Schliesslich werden die einer Liste zugewiesenen Sitze wie (Bezirke) verteilt. Die politischen Parteien erstellen für jeden bisher aufgrund der erzielten Kandidatenstimmen auf die Wahlkreis eine Liste mit den Namen ihrer Kandidatinnen und Kandidatinnen und Kandidaten verteilt. Die Wahl Kandidaten. Auf dieser Liste dürfen maximal so viele Namen aufgeführt sein, wie der Wahlkreis Sitze erhält. Die Stimmbe- Seit den Wahlen von 2012 gilt das geänderte Grossratswahl- rechtigten wählen eine dieser Parteilisten aus. Sie können die gesetz, wonach für die Zulassung zur Sitzverteilung im Die Stimmberechtigten wählen den Grossen Rat und können Liste unverändert belassen, Namen streichen und diese durch Grossen Rat ein alternatives Quorum von 5 Prozent der sich selber in den Grossen Rat wählen lassen. Kandidierende anderer Listen ersetzen (panaschieren), Namen Parteistimmen in einem Bezirk oder 3 Prozent Wähleranteil zweimal aufschreiben (kumulieren) oder eine eigene Liste gesamtkantonal zu erreichen ist. Das bedeutet, dass die zusammenstellen. Listengruppen eine dieser beiden Bedingungen erfüllen müssen, um bei der Sitzverteilung berücksichtigt zu werden. Sitzverteilung Die 140 Mitglieder des Grossen Rats werden im Proporzver- Das Gegenteil eines Proporz- oder Verhältniswahlsystems ist fahren gewählt. Das heisst, dass die Sitze proportional zu den das Majorzsystem. Bei einer Majorz- oder Mehrheitswahl sind erzielten Stimmen an die Parteien verteilt werden. Welche diejenigen Kandidatinnen und Kandidaten gewählt, die am Partei wie viele Sitze erhält und wie die Grossrätinnen und meisten Stimmen erhalten. Dieses System wird für die Wahl Parlamentssaal an der Südseite des Grossratsgebäudes Grossräte heissen, entscheidet sich am Wahlsonntag, wenn der Regierungsrätinnen und Regierungsräte angewendet. die Wahlbüros der Gemeinden alle Partei- und Kandidatenstim- men ausgezählt und dem kantonalen Wahlbüro übermittelt Wahlkreise und Sitze Legislatur 2017–2020 haben. Sind die Sitze verteilt, werden sie mit den Personen besetzt, welche die meisten Kandidatenstimmen erhalten haben. Zurzach Nach der Änderung der Kantonsverfassung und des Gross- Rheinfelden 7 ratswahlgesetzes im Jahre 2009 wählte der Kanton Aargau 10 sein Parlament nach neuer Methode. Die angewandte Berech- 7 Laufenburg nungsmethode nennt sich «doppelter Pukelsheim» und zei- Brugg chnet sich durch eine doppelte proportionale Sitzverteilung aus. 11 Baden 30 Aarau Lenzburg 16 Bremgarten Wahlen und Abstimmungen im Internet 12 16 www.ag.ch/wabag Zofingen Kulm Das kantonale Wahlbüro veröffentlicht die Informationen 15 9 und Resultate zu den Wahlen und Abstimmungen. Muri 7 www.ag.ch/gesetzessammlungen Die rechtlichen Grundlagen zu den Wahlen finden sich im Unvereinbarkeitsgesetz, im Grossratswahlgesetz und im Gesetz über die politischen Rechte. 16 17
Plenum jeder Fraktion angehört. Das Büro ist das erweiterte Rats Die 140 Grossrätinnen und Grossräte sind für vier Jahre leitungsorgan. Es ist unter anderem verantwortlich für alles, gewählt. Der Grosse Rat ist als Plenum erst handlungs- und was die Kommissionen betrifft, von der Wahl der Kommis beschlussfähig, wenn die Wahl der Ratsmitglieder bestätigt sionsmitglieder bis zur Zuweisung der Ratsgeschäfte. und die Inpflichtnahme erfolgt ist. Dies geschieht in der Das Büro tagt in der Regel mindestens ein Mal pro Quartal. ersten konstituierenden Sitzung zu Beginn der Amtszeit. An dieser Sitzung werden auch die Mitglieder der Kommis- Parlamentsdienst sionen für vier Jahre gewählt. Der Parlamentsdienst unterstützt die Ratsleitung (Präsidium und Büro), die Kommissionen und die Ratsmitglieder bei ihrer Neuer Amtsjahrbeginn Arbeit. Er plant, organisiert und koordiniert die Sitzungen des In der Vergangenheit dauerte das Amtsjahr von April zu April. Grossen Rats und der Kommissionen. Er bedient den Rat mit Zwecks der Angleichung von Amtsjahr und Kalenderjahr den Unterlagen und erstellt die Protokolle. Unterteilt ist der wurde das Amtsjahr 2013 von April bis Dezember verkürzt Parlamentsdienst in die Bereiche Ratssekretariat, Kommissi- geführt. Seit 2014 beginnt das Amtsjahr am 1. Januar und onsdienst und Hausdienst. Ratssekretärin Rahel Ommerli leitet entspricht somit einem Kalenderjahr. den Parlamentsdienst. Sie wird unterstützt durch Peter Zingg, stellvertretender Ratssekretär und Leiter des Kommissions- Die Organisation Präsidium und Büro Das höchste politische Amt im Aargau ist gemäss Kantons- diensts. Wenn der Grosse Rat tagt, sitzt die Ratssekretärin links neben der Grossratspräsidentin oder dem Grossrats verfassung jenes der Grossratspräsidentin oder des Gross- präsidenten und unterstützt die Ratsleitung bei der Behandlung Der Grosse Rat besteht nicht nur als Plenum. Für die Vorberei- ratspräsidenten. Diese oder dieser leitet mit Unterstützung der traktandierten Geschäfte. Die Kommissionssekretariate tung der Ratsgeschäfte ist er in verschiedene Organe aufge- von zwei Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten die Rats- unterstützen die Präsidentinnen oder Präsidenten und Mit gliedert. So erfolgt die Ratsleitung durch das Präsidium und sitzungen und sorgt für deren reibungslosen Ablauf. Das aus glieder der Kommissionen bei ihrer Arbeit. das Büro. In den fachspezifischen Kommissionen sowie in drei Mitgliedern bestehende Präsidium wird vom Grossen den Fraktionen werden die Ratsgeschäfte vor der Plenarsit- Rat jeweils auf den Beginn des neuen Amtsjahrs für ein Jahr Eine wichtige Rolle spielt auch der Hausdienst: Er bereitet zung vorbereitet. Der Parlamentsdienst ist die Stabsstelle des gewählt. In ihrem oder seinem Amtsjahr repräsentiert die die Räumlichkeiten für Sitzungen und Anlässe vor und betreibt Grossen Rats. Er unterstützt das Parlament bei seiner Arbeit. Präsidentin oder der Präsident den Kanton Aargau bei öffent- das Ratskaffee im Keller des Grossratsgebäudes. Das Per- lichen Anlässen. Zu den weiteren Aufgaben gehört die Leitung sonal des Parlamentsdiensts wird vom Büro des Grossen des Büros, dem auch je eine Vertreterin oder ein Vertreter Rats gewählt. Die wichtigsten Tätigkeiten des Parlamentsdiensts: • Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der Grossratssitzungen, der Sitzungen des Ratspräsidiums, des Büros, der Präsidentenkonferenz, der grossrätlichen Kommissionen und Arbeitsgruppen • Protokollführung in allen grossrätlichen Gremien und Veröffentlichung der Beschluss-, Abstimmungs- und Wortprotokolle im Internet • Veröffentlichung und Versand der gefassten Grossratsbeschlüsse • Entschädigungswesen • Bereitstellung der Unterlagen für den Grossen Rat und die interessierte Öffentlichkeit • Aufgaben- und Finanzplanung für den Grossen Rat und den Parlamentsdienst • Führung der Geschäftsplanung und -verwaltung des Grossen Rats • Überwachung der gesetzlich vorgeschriebenen Behandlungsfristen • Bewirtschaftung der Webseiten des Grossen Rats unter www.ag.ch/grossrat • Bewirtschaftung des Extranets des Grossen Rats (GRAGnet) • Medienarbeit für den Grossen Rat und die übrigen grossrätlichen Gremien • Betreuung der akkreditierten Medienvertretungen • Organisation der Anlässe und Empfänge des Grossen Rats und der Ratsleitung • Bewirtschaftung der Räumlichkeiten im Grossratsgebäude v.l.n.r.: Renata Siegrist-Bachmann, Grossratsvizepräsidentin; Bernhard Scholl, Grossratspräsident; • weitere rechtliche, administrative und organisatorische Dienstleistungen Edith Saner, Grossratsvizepräsidentin; Rahel Ommerli, Ratssekretärin • Führungen im Grossratsgebäude 18 19
Fraktionen 2017–2020 FDP CVP SVP 47 Mitglieder (45 SVP, 2 EDU) GLP SP 27 Mitglieder FDP 22 Mitglieder EVP CVP 17 Mitglieder (16 CVP, 1 Parteiloser) BDP Grüne 10 Mitglieder EDU EVP-BDP 10 Mitglieder (6 EVP, 4 BDP) SVP SP Grü GLP 7 Mitglieder ne Ständige Kommissionen Die Geschäfte des Grossen Rats werden von 10 ständigen Kommissionen vorberaten. Weitere Kommissionen, so genannte «nichtständige» Kommissionen, werden für die Beratung bestimmter Geschäfte eingesetzt und nach deren Abschluss aufgelöst. Kommission Aufgaben Aufgabenplanung und Finanzen (KAPF) behandelt den Aufgaben- und Finanzplan mit Budget sowie den Jahresbericht mit Jahresrechnung. Bildung, Kultur und Sport (BKS) behandelt Geschäfte, die u.a. das Schulwesen und Eingangsbereich des Grossratsgebäudes Fragen zu Kultur und Sport betreffen. Gesundheit und Sozialwesen (GSW) behandelt Geschäfte, die u.a. Institutionen im Gesund- heits- und im Pflegebereich oder die Sozialhilfe betreffen. Entschädigungen Eine Fraktion besteht in der Regel aus Grossrätinnen und Der Grosse Rat ist eine Milizbehörde. Die Grossratsmitglieder Grossräten, die derselben politischen Partei angehören. Vor Justiz (JUS) behandelt nebst den Geschäften im Justizbereich üben ihr Mandat also nebenberuflich aus. Ein Ratsmitglied allem kleinere Parteien nutzen jedoch die Möglichkeit, sich Begnadigungsgesuche sowie Petitionen. Sie bereitet wird für seine Arbeit mit einer Jahrespauschale von 4’000 einer bestehenden Fraktion anzuschliessen oder zusammen die Wahl von Richterinnen und Richtern vor. Franken entschädigt. Für Sitzungen im Plenum oder in der mit einer anderen Partei eine eigene Fraktion zu bilden. Es Kommission erhält es zusätzlich 150 Franken pro Sitzung bedarf mindestens fünf Ratsmitglieder, um sich zu einer Öffentliche Sicherheit (SIK) behandelt Geschäfte, die u.a. die Polizei, die Migration (halber Tag). Die Fraktionen werden für ihre Arbeit gesamthaft Fraktion zusammenzuschliessen. und das Militär betreffen. mit 250’000 Franken pro Jahr entschädigt. Eine Kommission wird proportional zur Stärke der Fraktionen Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und behandelt Geschäfte, die u.a. die Siedlungs- und Parteien 2017–2020 zusammengesetzt. Sie ist also sozusagen ein Parlament im Raumordnung (UBV) Verkehrsentwicklung, Umweltschutzanliegen oder • Schweizerische Volkspartei (SVP) Kleinen. Die kantonalen Aufgabenbereiche sind dabei den Energiefragen betreffen. • Sozialdemokratische Partei (SP) einzelnen Kommissionen zugeordnet, sodass in den Kommis- • Freisinnig-Demokratische Volkspartei (FDP) sionen nur Sachgeschäfte spezifischer Themenfelder behan- Allgemeine Verwaltung (AVW) behandelt Geschäfte, die u.a. die Gemeinden, das • Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) delt werden. Insgesamt bestehen 10 ständige Fachkommis kantonale Personal, die Informatik oder die kantonalen • Grüne sionen. Immobilien betreffen. • Grünliberale Partei (GLP) • Evangelische Volkspartei (EVP) Sowohl die Fraktionen als auch die Kommissionen werden Volkswirtschaft und Abgaben (VWA) behandelt Geschäfte, die u.a. das Standortmarketing, die Steuern oder die Landwirtschaft betreffen. • Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP) durch eine Präsidentin oder einen Präsidenten repräsentiert. • Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) Während die Fraktionen ein Sachgeschäft nach der politischen Geschäftsprüfungskommission (GPK) prüft im Auftrag des Büros des Grossen Rats Bedeutung für die Partei beurteilen, versuchen die Kommis- die Verwaltungstätigkeit in einzelnen Bereichen. Fraktionen und Kommissionen sionen eine gemeinsame Meinung zu den Sachgeschäften zu An den Sitzungen der Kommissionen und Fraktionen werden entwickeln. Der Beschluss der vorberatenden grossrätlichen Einbürgerungskommission (EBK) behandelt Einbürgerungsgesuche und entscheidet dabei die Ratsgeschäfte vorbereitet, bevor sie im Plenum behandelt Kommission wird dem Grossen Rat vorgelegt und dient als abschliessend, sofern der Grosse Rat den Entscheid werden. Verhandlungsgrundlage für Plenumsdiskussionen. im Einzelfall nicht an sich zieht. 20 21
Sitzungen Reihenfolge der Rednerinnen und Redner bei Sachgeschäften: Ein Geschäft umfasst verschiedene schriftliche Unterlagen. Am Dienstag – Schulferien und Feiertage ausgenommen – • Zuerst spricht die Präsidentin oder der Präsident jener Jedes Sachgeschäft umfasst eine erläuternde Botschaft und kommt das Plenum im Grossratssaal in Aarau zusammen. Kommission, die für das Geschäft zuständig ist. die materiellen Anträge des Regierungsrats. Hat die zustän- Damit der Grosse Rat beschlussfähig ist, müssen mindestens • Anschliessend äussern sich die Sprecherinnen und Sprecher dige Kommission Änderungen beschlossen, werden diese 71 Mitglieder anwesend sein. Wer wo im Saal sitzt, ist der Fraktionen. dem Rat ebenfalls zugestellt. vorgegeben (siehe Sitzplan). • Danach können die einzelnen Ratsmitglieder ihre Voten abgeben und so ihre Meinung äussern oder Änderungen Vorstösse werden vom Regierungsrat in der Regel schriftlich Die Sitzungen beginnen in der Regel um 10 Uhr und dauern beantragen. beantwortet. bis 17 Uhr. Die Fraktionen treffen sich schon vorher, um • Zuletzt nimmt das zuständige Mitglied des Regierungsrats die im Grossen Rat traktandierten Geschäfte zu beraten. Von Stellung. Beratung eines Gesetzes den Ratssitzungen werden Protokolle erstellt, in denen die Jeder Entwurf für ein neues Gesetz oder eine Gesetzesände- Beschlüsse des Plenums und die Aussagen der einzelnen Eintretensdebatte rung wird zwei Mal beraten. Ein Gesetz gilt als unbestritten Grossratsmitglieder wörtlich festgehalten sind. Die Beschluss- Grundsätzlich hat der Grosse Rat drei Möglichkeiten, wie er und tritt nach Ablauf der unbenutzten Referendumsfrist und Wortprotokolle sind öffentlich. mit einem Geschäft verfahren kann. (90 Tage) in Kraft, wenn es in der Schlussabstimmung die • Eintreten: Er tritt darauf ein, d.h. die Vorlage wird im Detail Zustimmung von mindestens 71 Ratsmitgliedern erreicht hat. Traktandenliste diskutiert. Wird diese Stimmenzahl verfehlt, untersteht das Gesetz Die Sitzungen Grossratssitzungen sind klar organisiert. Die Traktandenliste wird den Grossratsmitgliedern spätestens vier Tage vorher • Nichteintreten: Er hält es für unnötig oder unwichtig. Dann wird das Geschäft nicht weiter verfolgt und ist erledigt. automatisch der Volksabstimmung. zugestellt. Beraten werden nur Geschäfte, die von den Frak- • Rückweisung: Er weist das Geschäft zurück, wenn er die Über Änderungen der Kantonsverfassung muss immer das Der Grosse Rat trifft sich in der Regel rund 20 Mal pro Jahr zu tionen und Kommissionen bereits behandelt worden sind. Vorlage als ungenügend erachtet. In diesem Fall hat der Volk entscheiden. Über untergeordnete Bestimmungen wie einer Ganztagssitzung in der Kantonshauptstadt. Die Grossrats Einladung und Traktandenliste werden auf der Website des Regierungsrat einen neuen Vorschlag auszuarbeiten, den er ein Dekret entscheidet der Grosse Rat abschliessend. sitzungen finden in der Regel am Dienstag statt und sind Grossen Rats (www.ag.ch/grossrat) veröffentlicht. dem Grossen Rat zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen öffentlich. Auf der Zuschauertribüne können Interessierte die muss. Referenden Verhandlungen mitverfolgen. Gruppen und Schulklassen Debatten Das Referendum ist ein Instrument der direkten Demokratie. können sich den Ratsbetrieb an einer Führung durch das Der Ablauf einer Debatte ist in der Geschäftsordnung festge- Liegt ein umfassendes Geschäft vor, etwa ein Gesetzesent- Es ermöglicht den Stimmberechtigten, über einen Entscheid Ratsgebäude erklären lassen. (Anmeldeformular: www.ag.ch/ legt. Es ist geregelt, wann, wie oft und wie lange sich ein wurf, dauert die Debatte oft einige Stunden oder kann sogar des Parlaments abzustimmen. grossrat) Ratsmitglied zu einem Geschäft äussern darf. Beispielsweise mehrere Sitzungen beanspruchen. Zuerst entscheidet das erhält ein Ratsmitglied das Wort zum gleichen Thema nur zwei Parlament in der Eintretensdebatte, ob es auf das Geschäft im Behördenreferendum: Ein Viertel der Ratsmitglieder (35) Mal und die Redezeit ist in gleicher Sache auf insgesamt Detail überhaupt eingehen will. In der Detailberatung wird verlangt eine Volksabstimmung. Dies geschieht unmittelbar fünfzehn Minuten beschränkt. über die einzelnen Punkte diskutiert und abgestimmt. nach der Beratung des Geschäfts im Grossen Rat. Wenn alle Seiten angehört worden sind, wird über die Vorlage Volksreferendum: 3’000 Stimmberechtigte verlangen eine abgestimmt. Die Namenslisten zu den einzelnen Abstimmun- Volksabstimmung. gen werden im Internet veröffentlicht. Bei Stimmengleichheit verfügt der Ratspräsident über den Stichentscheid. Wird ein Referendum ergriffen, haben die Stimmberechtigten über Annahme oder Ablehnung zu entscheiden. Ausstandspflicht Steht das Geschäft in Konflikt mit einem Amt des Rats mitglieds, betrifft es seine Familie oder sind damit persönliche Interessen verbunden, muss das betreffende Ratsmitglied in den Ausstand treten – es darf nicht abstimmen. Ratsgeschäfte Die Geschäfte auf der Traktandenliste ergeben sich aus den Aufgaben des Grossen Rats. Es handelt sich dabei beispiels- weise um Medienberichterstattung aus dem Grossen Rat • die Wahl eines Mitglieds in eine Behörde (z.B. Richterin An den Grossratssitzungen nehmen auch Medienschaffen- oder Richter) de teil. Sie verfolgen das Geschehen von den beiden Me- • Gesetzesentwürfe dientribünen aus, die sich direkt im Grossratssaal befin- • Vorlagen des Regierungsrats (z.B. Kreditanträge, Budget) den. Mit ihrer Berichterstattung in den Zeitungen, den • Jahresberichte (z.B. der Verwaltung oder von Staatsbetrieben) Radios und im Fernsehen ermöglichen die Medienschaf- • Vorstösse aus dem Grossen Rat (Motion, Postulat, fenden der Bevölkerung, sich über die Debatten und Be- Interpellation). schlüsse des Grossen Rats zu informieren. Die Medien- schaffenden leisten damit einen wertvollen Beitrag zur politischen Meinungsbildung. 22 23
Handlungsbereiche Oberaufsicht Anstoss zu einem neuen Gesetz Der Grosse Rat hat verschiedenste Aufgaben: Er wählt die Der Grosse Rat übt die oberste Aufsicht über alle Ämter und Nicht immer kommt der Anstoss zu einem neuen Gesetz Mitglieder des Obergerichts und anderer wichtiger Ämter und Stellen aus, die kantonale Aufgaben wahrnehmen. Regierungs- oder einer Gesetzesänderung aus dem Grossen Rat. Auch Stellen. Er prüft und bewilligt grössere neue und wiederkeh- rat, Verwaltung und Gerichte müssen dem Grossen Rat Aus- der Regierungsrat kann einen Antrag stellen – etwa, wenn rende Ausgaben. Er vergibt das Kantonsbürgerrecht an kunft geben über ihre Tätigkeit, die Planung und Ziele, über Gesetze an Bestimmungen des Bundes angepasst werden Ausländerinnen und Ausländer. Vor allem aber ist er für die die geplanten und getätigten Ausgaben sowie die Einnahmen. müssen. Mittels einer Volksinitiative, die von mindestens Gesetzgebung und die Oberaufsicht zuständig. Dafür stehen Diese Vorlagen und Berichte werden von der Kommission für 3’000 Stimmberechtigten unterzeichnet ist, kann auch das den Fraktionen, Kommissionen und Einzelmitgliedern ver- Aufgabenplanung und Finanzen sowie von den Fachkommis Volk verlangen, dass ein neues Gesetz ausgearbeitet, ein schiedene Instrumente zur Verfügung. sionen genau kontrolliert und anschliessend dem Plenum zur Gesetz oder gar die Kantonsverfassung geändert werden. Beschlussfassung vorgelegt. Gesetzgebung Alles, was für das Zusammenleben im Aargau wichtig ist, muss für die Allgemeinheit verbindlich geregelt werden. Das wichtigste Regelwerk ist die Kantonsverfassung. Diese dient als Basis für alle anderen Bestimmungen, wie die Gesetze und Dekrete. Die Macht und auch die Hauptaufgabe Die Aufgaben des Grossen Rats bestehen darin, bei Bedarf in die Gesetzge- bung einzugreifen, die Verfassung zu ändern, bestehende Gesetze und Dekrete zu ändern, zu ergänzen oder aufzuhe- Zu den wichtigsten Aufgaben des Grossen Rats gehören die ben, sowie neue Gesetze und Dekrete zu erlassen. Gesetzgebung und die oberste Aufsicht über die Behörden. Wofür er im Detail zuständig ist, steht in der Verfassung des Kantons Aargau. Instrumente des Grossen Rats Das Jugendparlament Aargau Motion Mit einer Motion wird der Regierungsrat verpflichtet, dem Das Jugendparlament Aargau ist ein seit dem Jahr 2000 be- Die Arbeitsgruppen Grossen Rat eine Verfassungs-, Gesetzes- oder Dekrets- stehender Verein, der allen Jugendlichen zwischen 14 und 26 Alle Mitglieder des Jugendparlaments Aargau haben die vorlage zu unterbreiten, den Entwurf für einen Beschluss Jahren offen steht. Nach der Ausarbeitung eines Neukon- Möglichkeit in Arbeitsgruppen mitzuwirken. Die Gruppen vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen. Die Motion zepts wurde 2014 ein neuer Vorstand aus Vertreterinnen und erarbeiten zu vereinbarten Themen Lösungen, welche die hat einen verpflichtenden Charakter und muss daher mög- Vertretern der Jungparteien gewählt. Das Ziel des neutralen, Anliegen und Bedürfnisse ihrer Generation berücksichtigen. lichst konkret formuliert sein. Sie darf auch den Kompe- unabhängigen Vereins ist es Jugendlichen und jungen Er- tenzbereich des Regierungsrats betreffen. wachsenen die Politik näher zu bringen, das gesellschaftliche Der Beirat Engagement der Jugend zu fördern und die Einflussnahme Grossrätinnen und Grossräte verschiedener Parteien unter- Parlamentarische Initiative in aktuelle politische Themen zu erhöhen. Zum jährlichen Pro- stützen das Jugendparlament Aargau bei aktuellen politi- Eine Kommission des Grossen Rats wird beauftragt, einen gramm des Jugendparlaments Aargau gehören eine Jugend- schen Belangen (politische Vorstösse) und können für wei- Entwurf für eine Änderung der Verfassung, für eine Geset session und diverse Aktivitäten, welche Einblicke ins poli- tere Fragen konsultiert werden. Der Kontakt zu aktiven zes- oder Dekretsänderung oder gar einen neuen Erlass tische Geschehen verschaffen. Kantonsparlamentariern wird vor allem auch für Veranstal- auszuarbeiten. Die Initiative muss von mindestens sechzig tungen des Aargauer Jugendparlaments nachgefragt. Ratsmitgliedern vorläufig unterstützt werden, damit sie Die Generalversammlung weiter verfolgt wird. Das oberste Organ des Aargauer Jugendparlaments ist die Neben der Wissensvermittlung in der Schule schafft das Generalversammlung aller Mitglieder. Sie wird jährlich durch Jugendparlament aktive Partizipationsmöglichkeiten und Postulat den Vorstand einberufen. Zu ihren Aufgaben gehören u.a. weckt das Interesse für ein politisches Engagement junger Der Regierungsrat wird beauftragt, ein Anliegen zu prüfen Wahlen, die Bearbeitung und Verabschiedung von Projekten Menschen. und geeignete Massnahmen zu ergreifen. und die Genehmigung von Budget, Rechnung und Rechen- schaftsbericht. Der Kanton Aargau kann Aktivitäten des Aargauer Jugend- Interpellation parlaments über den Swisslos-Fonds unterstützen. Die Ab- Vom Regierungsrat wird eine Auskunft zu einem bestimm- Der Vorstand teilung Volksschule des BKS ist Anlaufstelle und vermittelt ten Thema verlangt. Der Vorstand setzt sich aus der Präsidentin / dem Präsidenten Kontakte zur kantonalen Verwaltung. und mindestens drei weiteren Vorstandsmitgliedern zusam- Antrag auf Direktbeschluss men. Jede Aargauer Jungpartei hat Anrecht auf eine Vertre- Der Grosse Rat fasst im Bereich seiner ausschliesslichen tung im Vorstand. An der Generalversammlung wird der Vor- www.jugendparlament-aargau.ch Zuständigkeit einen Beschluss. stand für ein Jahr gewählt. www.facebook.com/jugendparlament.aargau 24 25
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