BMZ-Kernthemenstrategie: "Verantwortung für unseren Planeten - Klima und Energie" - BMZ Strategie
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1 BMZ POSITIONEN – PAPIER 3 | 2021 Strategische Zusammenarbeit mit globalen Partnern BMZ-Kernthemenstrategie: „Verantwortung für unseren Planeten – Klima und Energie“ BMZ Strategie BMZ PAPIER 6 | 2021
Inhalt Abkürzungsverzeichnis 3 1. Zusammenfassung und Kernbotschaften 5 2. Menschheitsaufgabe Bewältigung des Klimawandels 7 2.1. Herausforderungen und Entwicklungspotenziale 7 2.2. Status quo und bisherige Erfahrungen 9 3. Strategische Schlussfolgerungen und Ausrichtung der deutschen Kooperation für die Jahre 2021 bis 2025 13 3.1. Ansatz und Interessen der deutschen Entwicklungspolitik 13 3.2. Entwicklungspolitische Ziele 14 4. Zukünftige Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in den Aktionsfeldern: strategische Vorgaben 19 4.1. Aktionsfeld 1 „Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel“ 19 I nitiativthema „Allianz für Entwicklung und Klima“ – freiwilliges privates Engagement für Entwicklung und Klimaschutz 21 Klimaneutrales BMZ – mit gutem Beispiel vorangehen 22 4.2. Aktionsfeld 2 „Erneuerbare Energien und Energieeffizienz“ 23 Initiativthema „Grüne Bürgerenergie“ 26 Initiativthema „Grüner Wasserstoff und Folgeprodukte“ 27 4.3. Aktionsfeld 3 „Nachhaltige Stadtentwicklung“ 28 5. Erfolgsbewertung 32 6. Glossar 33 7. Anhang: „Vision 100“ 37
3 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Abkürzungsverzeichnis AA Auswärtiges Amt AAI Africa Adaptation Initiative ACT Action towards Climate-friendly Transport AU Afrikanische Union AREI Africa Renewable Energy Initiative AWE Agentur für Wirtschaft und Entwicklung BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung BMF Bundesministerium der Finanzen BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BverfG Bundesverfassungsgericht CCFLA Cities Climate Finance Leadership Alliance CFF C40 Cities Finance Facility CIFs Climate Investment Funds CVF Climate Vulnerable Forum CO2e CO2-Äquivalente DAC Development Assistance Committee (OECD) DEG Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEval Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusam- menarbeit DIE Deutsches Institut für Entwicklungspolitik DKTI Deutsche Klima- und Technologie-Initiative EG Engagement Global EGD European Green Deal, Europäischer Grüner Deal EMAS Eco-Management and Audit Scheme ESMAP Energy Sector Management Assistance Program EU Europäische Union EZ Entwicklungszusammenarbeit FZ Finanzielle Zusammenarbeit GCF Green Climate Fund GEF Global Environment Facility GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ICLEI Local Governments for Sustainability
4 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE IEA Internationale Energieagentur IFI Internationale Finanzinstitution IGP InsuResilience Global Partnership IRENA International Renewable Energy Agency ISA Internationale Solarallianz IWF Internationaler Währungsfonds KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau KMU Kleine und mittlere Unternehmen KSG Bundes-Klimaschutzgesetz LCIPP Local Communities and Indigenous Peoples Platform LDCF Least Developed Countries Fund LDCs Least Developed Countries LTS Long-term Strategies LWPG Lima Work Programme on Gender NAMAs Nationally Appropriate Mitigation Actions NAPs National Adaptation Plans NDCs Nationally Determined Contributions NDCP NDC-Partnerschaft NDICI Neighbourhood, Development and International Cooperation Instrument OECD Organisation for Economic Co-operation and Development PACE Platform for Accelerating the Circular Economy PBF Policy Based Financing PDD Platform on Disaster Displacement PtX Power-to-X REN21 Renewable Energy Policy Network for the 21st Century SCCF Special Climate Change Fund SDGs Sustainable Development Goals SE4All Sustainable Energy for All SIDS Small Island Developing States SLOCAT Partnership on sustainable, low carbon transport TEI Team-Europe-Initiativen TFD Task Force on Displacement TUMI Transformative Urban Mobility Initiative TZ Technische Zusammenarbeit UNDP United Nations Development Programme UNFCCC UN Framework Convention on Climate Change UN-Habitat United Nations Human Settlements Programme VN Vereinte Nationen
5 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE 1 Zusammenfassung und Kernbotschaften Der Klimawandel ist eine der größten globalen Für die dafür notwendige soziale, ökologi- Herausforderungen, und seine Begrenzung sche und wirtschaftliche Transformation sind erfordert eine enorme gemeinsame Kraft- politische Weichenstellungen sowie struktu- anstrengung der globalen Gemeinschaft. relle Änderungen der Energiesysteme und in Die Industrieländer tragen beim Klimaschutz der Stadtentwicklung notwendig. Vor diesem besondere Verantwortung. Doch ohne ent- Hintergrund fokussiert das BMZ im Kernthema schlossenes Handeln in Schwellen- und Ent- „Verantwortung für unseren Planeten – Klima wicklungsländern können die Temperaturziele und Energie“ auf die drei Aktionsfelder „Klima- des Pariser Abkommens nicht erreicht werden. schutz und Anpassung an den Klimawandel“, Diese erfordern globale Klimaneutralität zur „Erneuerbare Energien und Energieeffizienz“ Mitte des Jahrhunderts und schnell absinkende sowie „Nachhaltige Stadtentwicklung“. Auch Emissionen auf dem Weg dahin. in anderen Kernthemen fördert das BMZ systematisch eine nachhaltige und klimage- Zu den Herausforderungen gehören auch die rechte Entwicklung. Sein gesamtes finanzielles Anpassung an die Folgen des Klimawandels Engagement gestaltet das BMZ so aus, dass es und die Ausrichtung der globalen Finanz- mit den Zielen des Pariser Abkommens kon- ströme aus öffentlichen und privaten Quellen gruent ist und deren Erreichung aktiv unter- an klimaneutralen und resilienten Entwick- stützt. Der Großteil der internationalen Klima- lungspfaden. Von den Folgen des Klimawandels finanzierung Deutschlands stammt aus dem sind die Länder des Globalen Südens besonders Haushalt des BMZ. betroffen. Angesichts der teilweise schon un- abwendbaren Auswirkungen ist eine systema- Das BMZ unterstützt soziale, ökologische und tische Anpassung an den Klimawandel bereits wirtschaftliche Transformation und trägt heute geboten. damit dazu bei, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens und die nachhaltigen Ent- Die Entwicklungsziele, die sich die Weltge- wicklungsziele der Agenda 2030 zu erreichen. meinschaft mit der Agenda 2030 für nach- Das BMZ unterstützt seine Partnerländer insbe- haltige Entwicklung gesetzt hat, können sondere bei der Planung und Umsetzung ambiti- nur erreicht werden, wenn der Klimawandel onierter Klimastrategien, bei der Versorgung mit begrenzt wird. Andernfalls drohen auch bereits nachhaltiger Energie sowie bei der Gestaltung erzielte Erfolge verloren zu gehen. Eine klima von nachhaltigen Städten. neutrale Entwicklung birgt gleichzeitig viele Chancen für Gesundheit, Beschäftigung und Um diese Transformation zu befördern, setzt Wohlstand. Wichtig ist auch, dass die Aufbau- das BMZ die gesamte Bandbreite seines Instru- programme als Reaktion auf die Covid-19-Krise mentariums ein. Dabei sollen bi- und multila- systematisch auf klimagerechte Entwicklung terale Instrumente sich gegenseitig verstärken. ausgerichtet werden. Die Europäische Union (EU), Internationale Finanzinstitutionen (IFIs), Organisationen der
6 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Vereinten Nationen (VN) und Klimafinanzie- Einbindung von Kommunen, Genossenschaf- rungsfonds sind besonders wichtige multilate- ten und privatwirtschaftlichen Investoren. rale Partner. Außerdem sollen Schuldenerleich- Die im Rahmen des Initiativthemas „Grüner terungen zur Finanzierung der nachhaltigen Wasserstoff und Folgeprodukte“ geförderten Transformationsprozesse genutzt werden. synthetischen Grund- und Kraftstoffe tragen zu nachhaltiger sozio-ökonomischer Entwicklung Das erste Aktionsfeld „Klimaschutz und An- und zur Erreichung der Klimaziele bei. passung an den Klimawandel“ fokussiert auf eine strategische klimapolitische Zusammen- Im dritten Aktionsfeld „Nachhaltige Stadtent- arbeit mit Partnerländern. Dazu werden am- wicklung“ ist Ziel der deutschen Entwicklungs- bitionierte Vereinbarungen zum Klimaschutz politik, dass Städte nachhaltig, klimaneutral, und zur Anpassung an den Klimawandel mit resilient und lebenswert sind. Dazu unterstützt den Partnerländern, aber auch mit multila- das BMZ seine Partner bei einem integrier- teralen oder privaten Akteuren getroffen. Sie ten Ansatz, mit dem Wachstum frühzeitig werden durch sektorübergreifende Ansätze gestaltet wird, Synergien bei den vielfältigen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Aspekten der Stadtentwicklung genutzt sowie Klimawandel umgesetzt, bei denen ambitio- Zielkonflikte abgewogen und möglichst ver- nierte Politiken und Rahmenbedingungen mit mieden werden. Als Grundlage für nachhaltige der systematischen Stärkung von Resilienz und Stadtentwicklung werden Verbesserungen der der Ausgestaltung von Klimafinanzierungsin- Regierungs- und Verwaltungskapazitäten und strumenten ineinandergreifen. Die freiwillige die Ausstattung mit finanziellen Mitteln unter- Kompensation von Treibhausgasemissionen stützt. Darauf aufbauend stehen die städtischen bei Unternehmen wird vom BMZ vor allem Handlungsfelder Mobilität, klimaneutrales im Rahmen des Initiativthemas „Allianz für Bauen, Kreislaufwirtschaft und Siedlungswas- Entwicklung und Klima“ gefördert; dies soll serwirtschaft besonders im Fokus. So werden künftig stärker eingebettet werden in die nachhaltiger Wohnraum und Infrastruktur, der Förderung von freiwilligen CO2-Kompensa- inklusive Zugang zu Basisdienstleistungen, ge- tionsmärkten für ausgewählte Sektoren wie sellschaftliche Teilhabe sowie ein sicheres und dem Luftverkehr. Als erstes klimaneutrales gesundes Umfeld geschaffen. Bundesressort geht das BMZ mit gutem Bei- spiel voran. Im zweiten Aktionsfeld „Erneuerbare Ener- gien und Energieeffizienz“ setzt sich das BMZ für eine klimaneutrale Deckung des stark steigenden Energiebedarfs bei einer vollständigen Dekarbonisierung des Energie- sektors bis 2050 ein. Mit Partnerländern und der internationalen Gebergemeinschaft soll bis 2030 eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Energie erreicht werden, die zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammt (Leitbild der „Vision 100“1). Das Initia- tivthema „Grüne Bürgerenergie“ zielt darauf ab, ländliche Regionen besser mit dezentralen erneuerbaren Energien zu versorgen, unter 1 Erläuterung zur „Vision 100“ im Anhang.
7 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE 2 Menschheitsaufgabe Bewältigung des Klimawandels 2.1 Herausforderungen und Klimaschutzgebotes festgestellt und dazu aus- Entwicklungspotenziale geführt: „Das Klimaschutzgebot verlangt vom Staat international ausgerichtetes Handeln zum Der Klimawandel ist eine der größten globalen globalen Schutz des Klimas und verpflichtet, Herausforderungen: Er stellt bisherige Entwick- im Rahmen internationaler Abstimmung auf lungserfolge infrage und gefährdet zukünftige Klimaschutz hinzuwirken.“2 Entwicklung. Im Pariser Klimaabkommen hat die Staatengemeinschaft beschlossen, den Mit dem Pariser Klimaabkommen hat sich die durchschnittlichen weltweiten Temperatur- Staatengemeinschaft auch verpflichtet, die anstieg auf deutlich unter zwei Grad Celsius Anpassung an die Auswirkungen des Klima- gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu hal- wandels zu fördern und die Widerstandsfä- ten und Anstrengungen zu unternehmen, ihn higkeit gegenüber Klimafolgen zu erhöhen. auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Bereits eine Die Folgen des Klimawandels zeigen sich Erwärmung jenseits von 1,5 Grad Celsius wird weltweit, am stärksten in Entwicklungslän- gravierende Folgen nach sich ziehen. Kipppunk- dern. Wetterkatastrophen wie Dürren, Wirbel- te im Erdsystem drohen erreicht zu werden; auf stürme und Überschwemmungen sowie sich jedes Zehntelgrad kommt es an. Nachhaltige langsam verändernde Niederschlagsmuster, Entwicklung muss im Rahmen der planetaren Verknappung der Wasserressourcen, Boden- Grenzen, das heißt auch innerhalb der Tempera- degradierung oder kollabierende Ökosysteme turziele des Pariser Abkommens, erfolgen – oder betreffen die ärmsten und bereits margina- es wird keine nachhaltige Entwicklung geben. lisierten Gruppen in besonderem Maße. Der Klimawandel verursacht schon heute Migra- Die Industrieländer tragen beim Klima- tionsbewegungen und katastrophenbedingte schutz als historische Hauptverursacher des Vertreibung. Konkret drohen durch den Klima- Klimawandels und mit nach wie vor hohen wandel bis 2030 bis zu 132 Millionen Menschen Pro-Kopf-Emissionen besondere Verantwor- mehr in extremer Armut zu leben und bis 2050 tung. Doch ohne entschlossenes Handeln in über 140 Millionen Menschen ihre Heimat zu Schwellen- und Entwicklungsländern können verlieren. Entsprechend wird ein umfassender die Temperaturziele von Paris nicht erreicht Umgang mit Klima- und Katastrophenrisiken werden, denn sie verursachen bereits heute immer bedeutender. Für die besonders vom rund zwei Drittel der jährlichen Treibhausga- Klimawandel Betroffenen müssen klimabe- semissionen, und ihr Anteil wird weiter an- dingte Verluste und Schäden abgewehrt und steigen. So hat das Bundesverfassungsgericht abgefedert werden, einschließlich solcher, die (BverfG) in seinem Beschluss vom 24. März 2021 ökonomisch schwer messbar sind, zum Beispiel die internationale Dimension des verfassungs- der Verlust von Heimat, intakten Ökosystemen rechtlich in Art. 20a Grundgesetz verankerten oder des kulturellen Erbes. 2 BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021 – 1 BvR 2656/18.
8 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Drei Viertel der globalen Treibhausgas- Dafür sind auch effektive Kreislaufwirt- emissionen sind derzeit energiebedingt.3 schaftssysteme notwendig. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat festgestellt, dass nur mit einem entschlos- Das 1,5-Grad-Temperaturziel erfordert globale senen Handeln der Politik und drastischer Klimaneutralität zur Mitte des Jahrhunderts Emissionsreduzierung im Energiesektor das und schnell absinkende Emissionen auf dem 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden kann.4 Weg dahin. Dafür sind auch naturbasierte Lö- Gleichzeitig steigt der Energiebedarf in sungen, wie der Schutz und die Wiederherstel- Entwicklungs- und Schwellenländern an. lung von Böden und Wäldern zur Schaffung Für nachhaltige Antworten muss der Anteil von Kohlenstoffsenken, bei gleichzeitigem an erneuerbaren Energien am Energiemix Erhalt von Biodiversität, unverzichtbar. Dabei erhöht und die Energieeffizienz deutlich tragen die derzeitigen Ernährungssysteme gesteigert werden. Dabei muss die Dekarbo- durch ihre Emissionen, erheblich zur Erderwär- nisierung so angelegt werden, dass sie auch mung bei. Gleichzeitig stellt der Klimawandel Perspektiven für diejenigen bietet, die vom eine der größten Herausforderungen für die Strukturwandel nachteilig betroffen sind. Agrarwirtschaft und die ländliche Bevölke- Die erforderliche Transformation muss nicht rung dar (unter anderem aufgrund von Dürren, nur sozialverträglich sein, sondern kann und Starkregen und Überschwemmungen, verän- sollte zudem Entwicklungs- und Beschäf- derten Anbaubedingungen). tigungsperspektiven gerade auch für die ärmsten und verwundbarsten Länder und Die Transformation hin zu Klimaneutralität Bevölkerungsgruppen eröffnen. und Resilienz erfordert erhebliche Investiti- onen, die nachhaltiges Wachstum, zukunfts- Den Städten kommt beim Klimaschutz wie fähige Arbeitsplätze, öffentliche Gesundheit auch bei der Anpassung an den Klimawandel und menschliche Entwicklung insgesamt eine zentrale Rolle zu. Sie beherbergen schon befördern und sich dadurch mehr als rentie- heute mehr als die Hälfte der Menschheit. ren. Öffentliche Gelder werden dafür nicht Städte verursachen über zwei Drittel der ener- ausreichen. Stattdessen müssen die globalen giebezogenen Treibhausgasemissionen und sind Finanzflüsse insgesamt, einschließlich privater besonders von den Folgen des Klimawandels Investitionen, in allen Wirtschaftsfeldern und bedroht (zum Beispiel liegen zwei Drittel aller Finanzmärkten an den Klimaschutz- und An- Megacitys an Küsten). Durch den erwarteten passungszielen des Pariser Klimaabkommens Anstieg des Anteils der Stadtbevölkerung auf ausgerichtet werden. über zwei Drittel der (wachsenden) Weltbe- völkerung werden bestehende Herausforde- Eine der größten Herausforderungen bei die- rungen weiter verschärft. Gleichzeitig tragen sen Aufgaben ist die Zeit: Je später die Wei- Städte bereits vielfach mit lokalen Maßnah- chen auf Klimaneutralität gestellt werden, men zum Klimaschutz bei und verfügen über desto größer werden die Transformations- praxiserprobtes Wissen, das es zu stärken und kosten sein. Dabei ist die Transformation be- zu teilen gilt. Damit Städte auch langfristig ein reits jetzt technologisch möglich sowie sozial, lebenswertes Umfeld für alle bieten, müssen ökologisch und makroökonomisch sinnvoll. Gebäude, Mobilität, Flächennutzungen sowie Dies gilt auch für den Einsatz öffentlicher Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft nach- und privater Finanzmittel, die weltweit wäh- haltig ausgestaltet und Emissionen reduziert rend und wegen der Covid-19-Pandemie zur werden. Die Resilienz der Städte muss steigen. Wirtschaftserholung mobilisiert werden. Die 3 Das heißt, diese Treibhausgasemissionen stammen aus der Energiegewinnung selbst sowie aus dem Energieverbrauch durch Verkehr, Industrie, Handel, Landwirtschaft, Gebäude und andere Sektoren. 4 IEA (2021): Net Zero by 2050 – A Roadmap for the Global Energy Sector, https://www.iea.org/reports/net-zero-by-2050.
9 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE nächsten fünf Jahre werden entscheidend mafinanzierungsziels ist trotz positiven Trends sein, damit die Ziele des Pariser Abkommens aktuell unwahrscheinlich, auch vor dem Hin- und der Agenda 2030 erreicht werden können. tergrund der Covid-19-Pandemie. Das BMZ hat durch bilaterale Maßnahmen, Beiträge im eu- ropäischen Kontext sowie durch multilatera- 2.2 Status quo und bisherige les Engagement Verantwortung übernommen, Erfahrungen häufig in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz Die große Mehrheit der Staaten genügt noch und nukleare Sicherheit (BMU). Dadurch hat es nicht den Anforderungen zur Umsetzung das internationale Momentum für Klimaschutz des Pariser Abkommens. So wie Deutschland und Anpassung gestärkt sowie internationale und Europa noch weit von einem nachhalti- Finanzflüsse im Sinne des Pariser Abkommens gen Emissionsniveau entfernt sind, gilt dies beeinflusst. So werden beispielsweise in der auch für die Partner des BMZ. Selbst wenn alle bilateralen finanziellen Zusammenarbeit durch bisherigen Nationally Determined Contributions die im Zeitraum 2015 bis 2020 unterzeichneten (NDCs) umgesetzt würden, wäre immer noch Vorhaben jährlich 50,8 Millionen Tonnen CO2- eine Erwärmung um rund drei Grad Celsius zu Äquivalente (CO2e) in den Partnerländern ein- erwarten. Die NDCs genügen noch nicht dem gespart. In der bilateralen technischen Zusam- Ziel der Treibhausgasneutralität zur Jahrhun- menarbeit des BMZ konnten allein im Jahr 2019 dertmitte, wie es in Klima-Langfriststrategien gut 381.000 Tonnen Treibhausgasemissionen (Long-term Strategies/LTS) zum Teil schon direkt sowie 29,2 Millionen Tonnen indirekt festgeschrieben ist bzw. werden soll. Auch bei vermieden werden.7 der Anpassung an den Klimawandel stehen die meisten Staaten noch am Anfang. Das BMZ hat mit zwei internationalen Partner- schaftsinitiativen die Landschaft der Klimaak- Die deutsche Entwicklungspolitik kann auf teure mitgeprägt. Dazu zählt die von BMZ und umfangreiche Erfahrungen zurückgreifen, BMU 2016 initiierte globale NDC-Partnerschaft die sie im Themenbereich über die letzten Jahre (NDCP). 96 Entwicklungs- und Schwellenlän- und Jahrzehnte gesammelt hat. der sind mit Stand April 2021 bislang Mitglied der NDCP; in rund 80 Ländern kooperieren die Deutschland ist international einer der größ- Mitglieder der Partnerschaft bei der Umsetzung ten Geber für Klimaschutz und Anpassung und der Ambitionssteigerung ihrer NDCs. Insge- und hat sein Klimafinanzierungsziel für 2020 samt muss sich die stringente Orientierung der von vier Milliarden Euro auf der Basis von Partnerländer, aber auch der bi- und multilate- Haushaltsmitteln mit rund 5,1 Milliarden ralen Geber an NDCs jedoch noch verbessern. Euro übertroffen. Das BMZ erbringt mehr Analog hat das BMZ im Bereich der Klimarisi- als 85 Prozent dieser Mittel. Insgesamt hat kofinanzierung und -versicherungen die Insu- Deutschland im Jahr 2020 Klimafinanzierung Resilience Global Partnership (IGP) ins Leben in Höhe von ca. 7,8 Milliarden Euro5 geleistet gerufen, die mittlerweile über 100 Partner aus (inkl. mobilisierter Marktmittel und privater G20- und V20-Staaten,8 multilateralen Instituti- Klimafinanzierung)6 . Die Erfüllung des inter- onen, Versicherungswirtschaft, Zivilgesellschaft national vereinbarten 100-Milliarden-USD-Kli- und Wissenschaft vereint. 5 Inkl. öffentlich mobilisierter privater Finanzierungen und Marktmitteln KfW/DEG. 6 Zum Vergleich: 2018 rechnete die OECD mit einer gesamten internationalen Klimafinanzierung aus allen Quellen von 79 Milliarden Euro. 7 Aggregierte Ergebnisberichterstattung der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit (EZ). 8 Finanzministerstrang des Climate Vulnerable Forum (CVF), der Gruppe der gegenüber dem Klimawandel verwundbarsten Länder.
10 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Mit dem European Green Deal (EGD) sowie der gen: Durch die vom GCF bereits zugesagten neuen klimazentrierten Handelsstrategie gehen Projekte werden voraussichtlich 1,8 Milliarden die EU und ihre Mitgliedsstaaten gemeinsam Tonnen CO2e eingespart, 498 Millionen Men- einen großen Schritt in Richtung Klimaschutz schen werden voraussichtlich von erhöhter und Anpassung und unterstreichen ihre Rol- Klimaresilienz durch GCF-Anpassungsvorha- le als globaler Vorreiter. Obwohl die externe ben profitieren. Durch die Vorhaben unter der Dimension des EGD bislang noch nicht hin- 7. Wiederauffüllungsphase der GEF (4,1 Milli- reichend konkretisiert wurde, ist sie zuletzt in arden USD) sollen zudem bis zu 1,5 Milliarden mehreren außenpolitischen Strategien der EU Tonnen CO2e eingespart werden.9 miteinbezogen worden. Mit dem Team-Europe- Ansatz und Joint Programming bietet sich so ein Besondere Glaubwürdigkeit hat sich Deutsch- guter Ansatzpunkt, um die externe Dimension land in den Klimaverhandlungen zum Umgang des EGD durch verstärkte und verbesserte ge- mit klimabedingten Verlusten und Schäden bergemeinschaftliche Kooperation im Rahmen erworben, bei denen das BMZ innovative An- des Neighbourhood, Development and Internati- sätze vorantreibt. Mit der Förderung konkreter onal Cooperation Instrument (NDICI) mit Leben Maßnahmen in der Klima- und Katastrophenri- zu füllen. Allerdings darf der EGD nicht als eine sikofinanzierung, der Unterstützung von Früh- Initiative wahrgenommen werden, die durch warnsystemen, der gezielten Unterstützung bei neue Konditionen die internationale Zusam- Klimarisikoanalysen und -management, Kapa- menarbeit erschwert, sondern als ein Ansatz zitäts- und Wissensaufbau zu klimainduzierter mit sozialem und ökonomischem Potenzial für Migration und Vertreibung oder durch die Zu- Partnerländer, auch durch möglichst signifi- sammenarbeit im Rahmen der Globalen An- kante Unterstützung durch die Geber. passungskommission hat sich Deutschland als verlässlicher und engagierter Partner gezeigt, der Deutschland ist ferner einer der wichtigsten gegenüber den am stärksten unter den Folgen Unterstützer der multilateralen Klimafonds des Klimawandels leidenden Ländern und Men- und gestaltet über die jeweiligen Steue- schen Verantwortung übernimmt. Gleichzeitig rungsgremien die strategische Ausrichtung bedarf es eines noch systematischeren Umgangs der Institutionen maßgeblich mit. So ist das mit der Vulnerabilität von Partnerländern. BMZ bei der Globalen Umweltfazilität (Global Environment Facility/GEF) nach Japan aktu- Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat ell zweitgrößter Geber. Beim Least Developed Millionen Haushalten sowie kleinen und mitt- Countries Fund (LDCF), dem Fonds der GEF für leren Unternehmen (KMU) Zugang zu nach- die ärmsten Länder, und dem Special Climate haltiger Energie verschafft, im Jahr 2020 allein Change Fund (SCCF) ist das BMZ der größte über drei Millionen Menschen. Signifikante Geber. Auch beim Grünen Klimafonds (Green Beiträge zur Energiewende wurden in Ländern Climate Fund/GCF) und den Klimainvestiti- mit hohem Anteil an fossilen Energieträgern onsfonds (Climate Investment Funds/CIFs) zählt wie Chile, Indien, Marokko und Südafrika Deutschland mit Beiträgen aus dem Haushalt geleistet. Für eine zukunftsfähige klima- und des BMZ zu den größten Gebern. Alleine für energiepolitische Entwicklungszusammen- den GCF hat Deutschland seinen Beitrag von arbeit ist dieser transformative Charakter 750 Millionen Euro für den Zeitraum 2015 von besonderem Belang. Erste Erfahrungen bis 2019 auf 1,5 Milliarden Euro für 2020 bis hat das BMZ auch mit der Erzeugung von auf 2023 verdoppelt. Durch dieses multilaterale erneuerbarem Strom basierenden Grund- und Engagement erzielt das BMZ starke Wirkun- Kraftstoffen gemacht. Eigenanstrengungen der 9 Zur aktuellen 1. Wiederauffüllung entspricht der deutsche GCF-Beitrag von 1,5 Milliarden Euro einem Anteil von rd. 17 Pro- zent. Der deutsche Anteil an der GEF beträgt mit 420 Millionen Euro ca. zwölf Prozent.
11 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Partnerländer für die Gestaltung energiepo- erhalten; die jährlichen Emissionseinsparun- litisch förderlicher Rahmenbedingungen und gen betragen 1,5 Millionen Tonnen CO2e. damit auch für eine bessere Einbindung des Privatsektors sind noch ausbaufähig. Für die kommenden Jahre ist entscheidend, dass alle relevanten Sektoren für eine integrierte Das BMZ fördert die nachhaltige und klima Stadtentwicklung noch stärker zusammenge- gerechte Planung und Entwicklung von führt werden. Sekundärstädte wachsen bisher Städten. Dabei hat sich gezeigt, dass langjäh- rasant und oft ungesteuert. Bis jetzt werden rige Kooperationen im Rahmen der bilateralen nicht früh genug die Weichen auf klimaneu- Entwicklungszusammenarbeit zu strukturellen trale Entwicklungspfade gestellt; so werden Verbesserungen der gesetzlichen Rahmenbe- Konzepte für nachhaltige Mobilität nicht dingungen für Städte und der Versorgungssi- in die städtische Gesamtplanung integriert tuation in den Städten beitragen. Die Gründung oder Ansätze für Kreislaufwirtschaftssysteme internationaler Initiativen wie der C40 Cities nicht weiterentwickelt und skaliert. Um den Finance Facility (CFF) 2015, der Transformative gesellschaftlichen Austausch und Beitrag zur Urban Mobility Initiative (TUMI) 2016, der PRE- Bewältigung des Klimawandels zu fördern, gilt VENT Abfall Allianz 2019 und des Cities Climate es ferner, zivilgesellschaftliche Träger, Kir- Finance Gap Fund 2020 haben hier ebenso wie chen und politische Stiftungen noch stärker in die Aushandlung der New Urban Agenda eine die Projektplanung einzubeziehen sowie den neue Dynamik ausgelöst. Durch die TUMI Austausch zwischen Kommunen in Deutsch- haben beispielsweise 26,5 Millionen Menschen land und den Partnerländern systematisch zu Zugang zu verbesserten Verkehrssystemen nutzen. Abb. 1: A ufteilung der BMZ-Klimafinanzierung auf Sektoren (Datengrundlage: Haushaltsmittel 2019 für bilaterale Entwicklungs- zusammenarbeit im weiteren Sinne, DAC-CRS-Codes)10,11 Sonstige Energie Industrie Finanzwesen 9% 1% 3% Soziale Infrastruktur/ Zivilgesellschaft 25 % 8% Verkehr/Transport/Stadt 5% Biodiversität inklusive Wald und 10 % Fischerei Wasser/Abwasser/ Abfallentsorgung 22 % 17 % Landwirtschaft Die Abbildung kann lediglich Größenordnungen verdeutlichen, da keine scharfe Trennung zwischen den Sektoren möglich ist. 10 Sektordefinitionen über folgende CRS-Codes: Energie; Biodiversität inklusiver Wald und Fischerei; Landwirtschaft; Verkehr/Transport und Stadt; Soziale Infrastruktur und Zivilgesellschaft; Industrie; Sonstige (alle verbleibenden Projekte). 11 Die laufenden „städtischen TZ-Vorhaben“ mit Klimawirkungen werden nicht vollständig von der Grafik wiedergegeben.
12 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Auch in anderen relevanten Sektoren fördert Mit Blick auf den effizienten Einsatz der deut- das BMZ systematisch eine ökologisch nach- schen Klimafinanzierung und auf den engen haltige und klimagerechte Entwicklung, so Dialog des BMZ mit dem BMU, dem Auswär- insbesondere in Ernährungssystemen, Wald- tigen Amt (AA), dem Bundesministerium für schutz, Biodiversität und Wasser. Auch für den Wirtschaft und Energie (BMWi), dem Bun- klimasensiblen, ressourceneffizienten und ver- desministerium für Bildung und Forschung antwortungsvollen Abbau von Primärrohstof- (BMBF) und dem Bundesfinanzministerium fen, der nicht zuletzt zum Ausbau der erneuer- (BMF) konnte im Themenbereich bereits in den baren Energien erforderlich ist, setzt sich das vergangenen Jahren größtenteils ein kohären- BMZ ein. Die entsprechenden strategischen tes, wirksames Vorgehen der Bundesregierung Ansätze und deren Klimarelevanz werden in sichergestellt werden. Synergien in der ressort- den jeweiligen Kernthemenstrategien, ins- übergreifenden Zusammenarbeit müssen in besondere den Kernthemen „Schutz unserer Zukunft aber noch effizienter ausgeschöpft Lebensgrundlagen – Umwelt und natürliche werden. Nur beispielhaft können hier die Ge- Ressourcen“ und „Eine Welt ohne Hunger“ staltung von internationalen Marktmechanis- ausgeführt. men unter dem Pariser Klimaabkommen, der Bereich Stadtentwicklung oder ambitionierte Auf der bisherigen Präsenz und dem Erfolg Klimapositionierungen für die Entwicklungs- der deutschen Entwicklungspolitik zur klima- banken und in der Exportkreditfinanzierung und energiepolitischen Zusammenarbeit kann genannt werden. das BMZ auch in Zukunft aufbauen. Einer noch engeren Verzahnung der bi- und multila- teralen Instrumente wird dabei eine wichtige Rolle zukommen, um systemische Verände- rungen wirksam zu befördern. Zentrale Ak- teure der multilateralen Zusammenarbeit sind insbesondere die Weltbankgruppe und regiona- le Entwicklungsbanken, die Institutionen der EU, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), das Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (UN-Ha- bitat), der Internationale Währungsfonds (IWF), die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) sowie der GCF und die GEF.
13 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE 3 Strategische Schlussfolgerungen und Ausrichtung der deutschen Kooperation für die Jahre 2021 bis 2025 3.1 Ansatz und Interessen der Die bisherigen Anstrengungen für den Klima- deutschen Entwicklungspolitik schutz reichen nicht aus, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Daher setzt sich das BMZ sowohl Ein stabiles Weltklima ist ein globales öffent- als Partner in Entwicklungs- und Schwellen- liches Gut und eine zentrale Voraussetzung ländern als auch global für eine entschiedene für menschliche Entwicklung. Erfolgreicher und auf die Ziele des Pariser Abkommens Klimaschutz ist im deutschen und europäischen ausgerichtete Klimapolitik ein. Interesse. Für die Zukunftschancen insbesonde- re der in Armut lebenden und besonders schutz- Zentral sind dafür deutlich ambitioniertere bedürftigen Menschen in Entwicklungs- und nationale Politiken für Klimaschutz und Schwellenländern ist erfolgreicher Klimaschutz Anpassung an den Klimawandel. Strukturelle unabdingbar. Neben der Agenda 2030 mit ihren Änderungen der Energiesysteme und in der Sustainable Development Goals (SDGs) und Stadtentwicklung bieten großes Wirkungs- dem Anspruch, „Niemanden zurückzulas- potenzial. Daher fokussiert das BMZ in der sen“, ist das Pariser Klimaabkommen für die vorliegenden Strategie auf die drei Aktions- deutsche Entwicklungspolitik handlungslei- felder „Klimaschutz und Anpassung an den tend. Entsprechend tragen die Maßnahmen im Klimawandel“, „Erneuerbare Energien und Kernthema neben SDG 13 (Klima) direkt zur Energieeffizienz“ sowie „Nachhaltige Stadt- Erfüllung weiterer SDGs bei, insbesondere SDG entwicklung“. In allen Aktionsfeldern des 7 (bezahlbare und saubere Energie) sowie SDG Kernthemas sollen mit den Partnerländern 11 (nachhaltige Städte). Darüber hinaus sind Maßnahmen vereinbart und in der Umsetzung Beiträge zu fast allen anderen SDGs zu erwarten, unterstützt werden, die konkrete Verände- unter anderem SDG 1 (keine Armut), SDG 2 (kein rungen in Partnerländern ermöglichen und Hunger), SDG 6 (sauberes Wasser und Sanitär- die Rahmenbedingungen für klimagerechte einrichtungen) und SDG 15 (Leben an Land). Für und sozialverträgliche Transformation schaf- die Maßnahmen im Kernthema bedeutet dies: fen. Damit die Transformation gelingt, müssen Durch eine kohärente Umsetzung der Agenda alle Interventionen kohärent ineinandergrei- 2030 einerseits und der NDCs, LTS und Natio- fen: bilateral und multilateral, Technische nalen Anpassungspläne (National Adaptation und Finanzielle Zusammenarbeit, Wissen- Plans/NAPs) andererseits werden durch gegen- schaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. seitige Unterstützung erhebliche Synergien für Entwicklungsfortschritte, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel gehoben.
14 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Dabei gilt es gerade jetzt, mit nachhaltigen Klimaschutz und/oder -anpassung ausgerich- Investitionsprogrammen und der Neugestal- tet. Sie sind somit in der Regel zu 100 Prozent, tung von Wirtschaftssystemen im Zuge der mindestens aber zu 50 Prozent auf die Klima- Reaktionen auf die Covid-19-Krise die not- finanzierung anrechenbar gemäß den entspre- wendige und sozial gerecht gestaltete Transfor- chenden OECD-DAC-Vorgaben.12 mation im Sinne eines Recover-Forward-Ansat- zes umzusetzen. Das erste Aktionsfeld „Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel“ fokussiert Mit seinen umfassenden bi- und multilateralen auf eine strategische, sektorübergreifende Beiträgen in Form von Finanzierung, Bera- Zusammenarbeit, durch die klimapolitische tungen und Know-how für Klimaschutz und Reformen ermöglicht werden. Dazu sollen Anpassung zielt das BMZ weiterhin auch auf Kapazitäten und Institutionen zur Erstellung Vertrauensbildung für die internationalen und Umsetzung von klimarelevanten Politiken Klimaverhandlungen. gestärkt sowie transformative Klimaportfolios aufgebaut werden (SDG 13.1-3, a und b). Diese Prozesse, Institutionen und Projekte haben das 3.2 Entwicklungspolitische Ziele Ziel, den Beitrag eines Landes beziehungsweise einer Institution zur Erreichung des 1,5-Grad- Ziele des Kernthemas Zieles und/oder die Resilienz und Anpassungs- Das übergreifende Ziel der Strategie im kapazitäten gegenüber klimabedingten Risiken Kernthema „Verantwortung für unseren Pla- zu erhöhen. neten – Klima und Energie“ lautet: Das BMZ unterstützt soziale, ökologische und wirt- Im zweiten Aktionsfeld „Erneuerbare Ener- schaftliche Transformation und trägt damit gien und Energieeffizienz“ zielt das BMZ auf dazu bei, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klima- eine klimaneutrale Deckung des stark stei- abkommens und die nachhaltigen Entwick- genden Energiebedarfs bei einer vollständi- lungsziele der Agenda 2030 zu erreichen. Dazu gen Dekarbonisierung des Energiesektors. Mit setzt sich das BMZ insbesondere für ambiti- dem Aktionsfeld trägt das BMZ im Rahmen onierten Klimaschutz, für Anpassung an den der Agenda 2030 insbesondere zum Ausbau nicht mehr vermeidbaren Klimawandel, für von erneuerbaren Energien (SDG 7.2) und die Versorgung mit bedarfsgerechter, bezahl- zur Verbesserung der Energieeffizienz (SDG barer und nachhaltiger Energie sowie für die 7.3) sowie zum Zugang zu Energiedienstleis- Gestaltung von nachhaltigen, klimaneutra- tungen (SDG 7.1) bei. Dies beinhaltet das Ziel, len, resilienten und lebenswerten Städten ein. gemeinsam mit Partnerländern, der Geberge- meinschaft und anderen relevanten Stakehol- Im Dialog und mit konkreter Unterstützung dern bis 2050 den Energiesektor vollständig sollen Partner und Institutionen in die Lage zu dekarbonisieren und die Bevölkerung der versetzt werden, ihren Klimaschutzverpflich- Partnerländer bis 2030 bedarfsgerecht mit tungen unter dem Pariser Klimaabkommen Energie zu versorgen, die zu 100 Prozent aus nachzukommen sowie Anpassungs- und Re- erneuerbaren Energiequellen stammt, nach- silienzmaßnahmen umzusetzen. In der Regel haltig produziert und verwendet wird (Leitbild werden die Vorhaben im Kernthema durch der „Vision 100“). Die positiven Wirkungen ihre Haupt- und Nebenziele vollständig auf einer bedarfsgerechten Energieversorgung sind Ausnahmen bestehen unter anderem für bestimmte Typen von Energievorhaben zur Schaffung von Energiezugang auf 12 Basis von erneuerbaren Energien, die nicht direkt zur Minderung vorhandener Emissionen beitragen, aber an den Vorausset- zungen für eine erfolgreiche Energiewende arbeiten. Weitere Ausnahmen bestehen für bestimmte Vorhaben der Stadtent- wicklung, die zum Beispiel primär die Versorgungslage mit Dienstleistungen verbessern oder die Kapazitätsentwicklungen bei Institutionen verfolgen.
15 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE essenziell für eine wirtschaftliche und soziale Haushaltsmitteln sicherzustellen und bei den Entwicklung13 und gehen damit über die Kli- mobilisierten Marktmitteln und der mobili- maziele und das SDG 7 hinaus. sierten privaten Klimafinanzierung den Anteil der Anpassungsfinanzierung zu steigern. Im dritten Aktionsfeld „Nachhaltige Stadt- entwicklung“ ist das Ziel der deutschen Das BMZ wird den politischen Dialog in Entwicklungspolitik, zu nachhaltigen, kli- Zukunft noch stärker nutzen, um seine Unter- maneutralen, resilienten und lebenswerten stützung mit klimapolitischen Zielsetzungen Städten beizutragen. Lebenswert bedeutet, zu verknüpfen. Insbesondere strebt das BMZ an, dass der Bevölkerung im Sinne von SDG 11 ein sein eigenes Engagement wie BMZ-Länderstra- sicheres und gesundes Lebensumfeld, inklusi- tegien kohärent zu vorhandenen NDCs, LTS und ver Zugang zu Basisdienstleistungen, Beschäf- NAPs der Partnerländer sowie mit dem Ziel der tigung und zum gesellschaftlichen Leben sowie Klimaneutralität auszugestalten und Partner- nachhaltiger Wohnraum ermöglicht werden.14 ländern bei einer entsprechenden Ausrichtung Dazu werden mit einem integrierten Ansatz der nationalen Entwicklungspläne zu helfen. Synergien bei den vielfältigen Aspekten der Das BMZ wird dabei auch kritisch die Eigenan- Stadtentwicklung genutzt sowie Zielkonflikte strengungen der Partner beleuchten und ambi- abgewogen und möglichst vermieden. Mit die- tionierte Planungen bezüglich Klimaschutz und sem ganzheitlichen Ansatz werden Lösungen Anpassung an den Klimawandel begleiten. verfolgt, die übergreifend die Perspektiven und Herausforderungen der unterschiedlichen Sek- Das BMZ wird zudem laufend überprüfen, toren und Akteure integrieren, die vielschich- inwiefern sein bilaterales finanzielles Engage- tigen sozialen Verflechtungen berücksichtigen ment und seine Einzahlungen in multilaterale und somit die räumlichen, historischen sowie Fonds optimale Wirkungen zur Gestaltung der sozioökonomischen Gesamtentwicklungen der Klimaagenda zeigen. Ferner stellt das BMZ Städte beeinflussen. sicher, dass sein gesamtes Engagement mit den Zielen des Pariser Abkommens kongruent Übergreifende klimapolitische Zielsetzungen ist und deren Erreichung nach Möglichkeit Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens aktiv unterstützt (Paris Alignment).15 zu erreichen, sind Ambitionssteigerungen in allen Bereichen nötig; deshalb unterstützt Um dem entwicklungspolitischen Engagement das BMZ die Einigung auf ein neues inter im Kernthema verstärkte Wirkung zu verschaf- nationales Klimafinanzierungsziel für die Zeit fen und es glaubwürdig zu untermauern, setzt nach 2025. Das BMZ wird sich in den Ver- sich das BMZ im Rahmen seiner Zuständigkeit handlungen für ein ambitioniertes interna- auch für eine ambitionierte nationale und eu- tionales Ziel einsetzen. Zur Erreichung dieses ropäische Klimapolitik ein. Dies umfasst auch Ziels tragen auch Maßnahmen aus anderen die entwicklungsorientierte Ausgestaltung von Kernthemen des BMZ bei. Dabei wird ange- CO2-Bepreisung und Grenzausgleichsmecha- strebt, ein ausgewogenes Verhältnis von Min- nismen sowie die nachhaltige Ausrichtung der derungs- zu Anpassungsfinanzierung aus Finanzmärkte und internationaler Lieferketten. 13 SDG 1 (keine Armut), SDG 2 (kein Hunger), SDG 3 (Gesundheit), SDG 4 (Bildung), SDG 5 (Gleichberechtigung der Ge- schlechter), SDG 8 (Arbeit und Wirtschaft), SDG 9 (Industrie), SDG 10 (weniger Ungleichheit), SDG 11 (nachhaltige Städte). Zudem werden Antikorruptionsmaßnahmen berücksichtigt (SDG 16), damit die Mittel dort ankommen, wo sie gebraucht werden. 14 Vor diesem Hintergrund leistet das BMZ in diesem Aktionsfeld unter anderem Beiträge zu inklusiver und nachhaltiger Urbanisierung (SDG 11.3), nachhaltigen Verkehrssystemen (SDG 11.2) und zur Reduzierung negativer Umweltauswirkungen von Städten (SDG 11.6). 15 Dazu dient in Bezug auf das bilaterale Engagement des BMZ bspw. das zukünftige Leistungsprofil des Qualitätsmerkmals Klima- und Umweltprüfung.
16 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Das BMZ setzt sich zudem weiterhin dafür ein, Mit der auf alle Strategien und Maßnahmen des dass die Bundesregierung einen umfassenden BMZ anzuwendenden Umwelt- und Klimaprü- Ausschluss von fossilen Brennstoffen in ihrer fung wird zudem sichergestellt, dass zum einen internationalen und nationalen Finanzierung nachteilige Auswirkungen auf den Klimaschutz beschließt. und die Umwelt vermieden bzw. verringert und erwartete Auswirkungen des Klimawandels Mittel und Instrumente systematisch berücksichtigt werden. Zum ande- Das BMZ wird mit ambitionierten, ausge- ren sollen dadurch Potenziale zur Einsparung wählten Ländern, auch mit LDCs, strategi- von Treibhausgasen sowie für Klimaanpassung sche Klimakooperationen abschließen. In und Umweltschutz erhöht werden. diesen Kooperationen werden mit gesteiger- tem Mitteleinsatz klimapolitische Transfor- Neben dem umfangreichen bilateralen Enga- mationsprozesse unterstützt, um ambitio- gement wird das BMZ mit seinen multilatera- nierte Ziele für Klimaschutz und Anpassung len Beiträgen zum Beispiel an den GCF oder an den Klimawandel umzusetzen. Dazu die GEF einen zentralen Beitrag zur Finan- sollen die politischen Rahmenbedingungen zierung der internationalen Verpflichtungen klimafreundlich gestaltet werden, bspw. im Kontext der Klimarahmenkonvention durch Reformen im Bereich von Subventio- der Vereinten Nationen leisten. Zudem soll nen oder CO2-Bepreisung. Solche Reformen in allen Aktionsfeldern ein starker Akzent werden unterstützt durch bi- und multila- auf die Mobilisierung privaten Kapitals für terale Finanzierungen, zum Beispiel durch Klimafinanzierung gesetzt werden. Hier gilt bilaterale Ko-Finanzierung von multilateralen es, die politischen Rahmenbedingungen zu politikbasierten Finanzierungen (Policy Based verbessern, nachhaltige Geschäftsmodelle zu Financing/PBFs). Zusätzlich werden bilate- entwickeln, neue Kooperationen einzugehen rale Finanzierungen, zum Beispiel über die sowie Korruptionsrisiken zu verringern, um so Deutsche Klima- und Technologie-Initiative das Vertrauen der privaten Akteure zu stärken. (DKTI), bereitgestellt, mit denen insbesondere Um den großen Bedarf an Anpassungsfinan- Vorhaben für transformative Technologie- zierung zu decken, müssen Klimarisiken in sprünge oder besonders innovative Themen den Finanzierungsinstrumenten systematisch gefördert werden. berücksichtigt und für Anpassungsinvestitio- nen attraktive Rahmenbedingungen geschaf- Zur systematischen Berücksichtigung von fen werden. Seine eigenen Instrumente zur Klimafolgen in den drei Aktionsfeldern (und Klimafinanzierung wird das BMZ zukünftig bei Bedarf in weiteren Kernthemen) werden noch kohärenter einsetzen. Bi- und multilate- projektübergreifende Klimarisikoanalysen16 rale Maßnahmen sollen möglichst eng ver- genutzt, mit dem Partner neu erstellt bzw. der zahnt werden. Partner wird bei der Erstellung unterstützt. Die- se Analysen bilden die Basis zur Weiterentwick- lung der deutschen Entwicklungszusammenar- beit sowie zur Planung und Umsetzung der vom BMZ unterstützten Maßnahmen mit Blick auf Anpassung und Resilienz. Sie stärken zugleich die Anpassungskapazitäten der Partnerländer. Je nach Situation und entwicklungspolitischen Schwerpunkten werden neben der Risikobetrachtung auch evidenzbasierte 16 Analysen für Klimaschutz genutzt.
17 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE Um die internationale klimapolitische Nord-Süd-Kooperationen zur evidenzbasierten Agenda mitzugestalten, setzt das BMZ Gestaltung der klimapolitischen Agenda und schwerpunktmäßig folgende Aktivitäten ein: zur Stärkung der Kapazitäten in Nord und Süd Die multilateralen Entwicklungsbanken wer- werden angestrebt. den aufgefordert und dabei unterstützt, ihre Aktivitäten vollständig am Pariser Klimaab- Zudem stärkt Deutschland gezielt benach- kommen auszurichten und ihre Politikfinan- teiligte Bevölkerungsgruppen in ihrer zierungsinstrumente zur Weichenstellung in Positionierung in der internationalen Richtung Dekarbonisierung zu nutzen. Das Klimapolitik und fördert ihre Beteiligung BMZ beteiligt sich zudem aktiv im Rahmen an den Klimaverhandlungen. Beispielsweise der G7- und G20-Prozesse am klimapoliti- unterstützt das BMZ die Plattform für lokale schen Dialog und wird sich dabei insbesonde- Gemeinschaften und Indigene Völker (LCIPP) re während der deutschen G7-Präsidentschaft der VN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) 2022 für eine progressive Klima- und Ener- und setzt sich für die Umsetzung des Gender- giepolitik einsetzen. Innerhalb der EU setzt Aktionsplans im Kontext des Lima Work sich das BMZ dafür ein, dass die Leitsätze des Programme on Gender (LWPG) ein. European Green Deal mit themenübergrei- fenden Maßnahmen für Klimaneutralität Qualitätsmerkmale und Nachhaltigkeit auch im Außenhandeln Bei allen Aktivitäten des BMZ müssen der EU angewandt werden. Als Instrumente Qualitätsmerkmale als Querschnittsthemen dafür dienen unter anderem die Team-Europe- berücksichtigt und integriert werden. Initiativen (TEI). Im Zuge der NDICI-Program- Qualitätsmerkmale sind das „Gütesiegel“ für mierung setzt das BMZ sich dafür ein, dass mit werteorientierte, nachhaltige und zukunfts- diesen Initiativen das gebergemeinschaftliche orientierte Entwicklungszusammenarbeit. Handeln gestärkt und an die Bedürfnisse der Derzeit gibt es sechs Qualitätsmerkmale Partnerländer angepasst wird, zum Beispiel (Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung bei der vom BMZ mitbegründeten regionalen und Inklusion; Anti-Korruption und Integri- Africa-EU Green Energy Initiative. tät; Armutsbekämpfung und Reduzierung der Ungleichheit; Umwelt- und Klimaprüfung; Die Zusammenarbeit mit und Förderung Konfliktsensibilität/Do no harm; Digitali- von Wissenschaft, Zivilgesellschaft und sierung), deren Inhalte in Leistungsprofilen Kommunen in den Partnerländern sowie im konkretisiert werden. deutschen und europäischen Raum dienen der Weiterentwicklung, kritischen Begleitung Im gesamten Kernthema werden bei allen und Begründung der klimapolitischen Agenda. Vorhaben die Qualitätsmerkmale des BMZ Dort und hier sind diese Akteure maßgeb- gemäß ihren Leistungsprofilen berücksich- lich für die klimapolitische Mobilisierung, tigt. So sind die Armutsbekämpfung und erhöhen die Transparenz und unterstützen Reduzierung der Ungleichheit sowie die den gesellschaftlichen Dialog zu Klimaschutz Förderung von Menschenrechten, Gleichbe- und Anpassung. Daher plant das BMZ seinen rechtigung der Geschlechter und Inklusion Dialog mit diesen Akteuren weiter zu vertiefen. ebenfalls Leitprinzipien der BMZ-Klimapolitik. Dafür wird das BMZ unter anderem, zu einem Die in Armut lebenden und am stärksten jährlich stattfindenden gemeinsamen Dialog benachteiligten Gruppen werden systematisch einladen. Die Zusammenarbeit mit der Zivil- berücksichtigt und Frauen gezielt eingebunden. gesellschaft und den Kommunen soll auch bei Menschenrechtliche Risiken und Wirkungen der Umsetzung von Maßnahmen, insbesondere sowie Genderanalysen werden bei allen bi- im Rahmen von Multiakteurspartnerschaf- lateralen Vorhaben betrachtet bzw. durchge- ten, weiter gestärkt werden. Wissenschaftliche führt. Insbesondere in den Aktionsfeldern 2
18 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE und 3 sollen die Chancen der Digitalisierung genutzt werden, die im Zusammenspiel mit innovativen Technologien zum Beispiel die Mobilitäts- und Energiewende unterstützt und den Zugang zu erneuerbarer Energie z. T. erst ermöglicht. Zudem wird es darauf ankommen, dass strukturelle Reformen unter Berücksichti- gung einer transparenten und partizipativen Regierungsführung umgesetzt werden. Nur so können sie Wirkungen und Akzeptanz entfal- ten. Korruption kann Klimamaßnahmen auf allen Ebenen behindern – von der Ausgestal- tung politischer Inhalte bis zur Umsetzung von Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen. Die konsequente Berücksichtigung des Quali- tätsmerkmals zu Antikorruption und Integrität ist wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit der Maßnahmen im Kernthema. Gerade in fra- gilen Kontexten hat die Konfliktsensibilitäts- prüfung eine gesteigerte Relevanz, um Resili- enz gegenüber einem breiten Risikospektrum zu stärken. Diese Ansätze sind auch zentral, um mit klimainduzierter Migration umzuge- hen und katastrophenbedingter Vertreibung entgegenzuwirken.
19 BMZ STRATEGIE – PAPIER 6 | 2021 BMZ-KERNTHEMENSTRATEGIE – KLIMA UND ENERGIE 4 Zukünftige Ausrichtung der deutschen Entwicklungs- zusammenarbeit in den Aktionsfeldern: strategische Vorgaben 4.1 Aktionsfeld 1 „Klimaschutz und BMZ auf die Umsetzung der Vision 2025 der Anpassung an den Klimawandel“ InsuResilience Global Partnership (IGP), gemäß derer bis 2025 unter anderem 500 Millionen Das Aktionsfeld „Klimaschutz und Anpas- arme und verwundbare Menschen mit Klimari- sung an den Klimawandel“ fokussiert auf eine sikofinanzierungs- und -versicherungslösungen strategische, sektorübergreifende Zusammen- gegen Klimarisiken abgesichert werden sollen. arbeit mit Partnerländern und anderen Ak- Zukünftig sollen Maßnahmen der bilateralen teuren, durch die klimapolitische Reformen Entwicklungszusammenarbeit in diesem Ak- gefördert werden. Dazu werden Kapazitäten tionsfeld verstärkt zu beiden Partnerschaften und Institutionen zur Erstellung und Umset- beitragen. zung von klimarelevanten Politiken gestärkt sowie transformative Klimaportfolios aufge- Die bilaterale Zusammenarbeit im Aktionsfeld baut, um den Beitrag von Ländern und Institu- verfolgt ambitionierte, explizite Klimaziele tionen zur Erreichung des 1,5-Grad-Zieles und/ wie Treibhausgasreduktion oder systematische oder die Resilienz- und Anpassungskapazitäten Anpassung an den Klimawandel auf nationaler gegenüber klimabedingten Risiken zu erhöhen. und/oder subnationaler Ebene. Alle Maßnah- Um dafür die internationalen Rahmenbedin- men in diesem Aktionsfeld haben explizite Ziele gungen zu verbessern, arbeitet das BMZ mit bzw. Nebenziele zu Klimaschutz und -anpas- Ländern und Regionen sowie mit multilate- sung, sodass sie zu 100 Prozent auf die Klimafi- ralen Organisationen, der Zivilgesellschaft, nanzierung anrechenbar sind. Zur Umsetzung dem Privatsektor und der Wissenschaft eng baut das BMZ im Rahmen seiner finanziellen zusammen. und technischen Zusammenarbeit transfor- mative Klimaportfolios auf, wie zum Beispiel Das BMZ trägt zur Zielsetzung der NDCP bei, Dekarbonisierungsvorhaben, systematische 50 Schwellen- und Entwicklungsländer bei der Anpassungsmaßnahmen oder die Förderung Umsetzung ihrer NDCs und der Ambitions naturbasierter Lösungen. Hierzu zählen bspw. steigerung bis 2025 direkt oder indirekt zu Maßnahmen in der Landwirtschaft und in Städ- unterstützen.17 So strebt das BMZ an, in allen ten für die (siedlungswasserwirtschaftliche) In- seinen Partnerländern, die auch Mitglied der frastruktur sowie Maßnahmen zum Schutz von NDCP sind, direkte Maßnahmen zur NDC- Wäldern, Küstenmeeren und anderen Ökosys- Umsetzung zu fördern. Des Weiteren zielt das temen. Im Rahmen der ländlichen Entwicklung 17 Geteilte Federführung mit BMU.
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