VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM DER BUNDESREGIERUNG 2021 BIS 2030 - BMVI

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VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM DER BUNDESREGIERUNG 2021 BIS 2030 - BMVI
VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM
DER BUNDESREGIERUNG
2021 BIS 2030
VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM DER BUNDESREGIERUNG 2021 BIS 2030 - BMVI
VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM
DER BUNDESREGIERUNG
2021 BIS 2030

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VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM DER BUNDESREGIERUNG 2021 BIS 2030 - BMVI
Inhaltsverzeichnis

Kapitel I – Strategie und Schwerpunkte der
            Verkehrssicherheitsarbeit des Bundes                  2
  Wo stehen wir?  3

  Der Blick in die Zukunft – gesellschaftliche Herausforderungen  4

  Mehr Verkehrssicherheit gemeinsam erreichen – verbunden mit
  ehrgeizigen Zielen!  5
  Der Bund als zentraler Akteur, Initiator und Koordinator!  8

  Startschuss für die neue Dekade!  8

  Schwerpunkte der Verkehrssicherheitsarbeit zu Beginn der Dekade  9

       Der Bund als zentraler Akteur  9
       Der Bund als Initiator  14
       Der Bund als Koordinator  15

Kapitel II – Einzelmaßnahmen des Bundes
             nach Handlungsfeldern                               16

  Sichere Mobilität – jeder trägt Verantwortung, alle machen mit  17

  Zukunftsfähige Vorgaben und Verordnungen  23

  Verbesserung des Verkehrsklimas  26

  Bestehende und wirksame Maßnahmen fördern, verbessern
  und flächendeckend umsetzen  30

  Zukunftstechnologie, Automatisierung und Digitalisierung  33
  Güterverkehr und Logistik  39

  Für sicheren Radverkehr  40

  Mobilität von Kindern und Jugendlichen  44

  Sicherer Fußverkehr und Teilhabe für alle  46

  Motorradfahren  50

  Lernen im Wandel der Mobilität  51

  Unfallfolgen mindern  56

  Impressum  59
VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM DER BUNDESREGIERUNG 2021 BIS 2030 - BMVI
KAPITEL I – STRATEGIE UND SCHWERPUNKTE
DER VERKEHRS­S ICHERHEITSARBEIT DES BUNDES

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VERKEHRSSICHERHEITSPROGRAMM DER BUNDESREGIERUNG 2021 BIS 2030 - BMVI
Das Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung 2021 bis 2030 steht in der Nachfolge des
Verkehrssicherheitsprogramms 2011 bis 2020. Es enthält die Maßnahmen des Bundes, mit denen
dieser seinen Beitrag zur Umsetzung der gemeinsamen Strategie für die Verkehrssicherheitsarbeit
in Deutschland 2021 bis 2030 von Bund, Ländern und Kommunen leistet.

Wo stehen wir?                                          Hierbei sind Verkehrssicherheitsmaßnahmen über
                                                        den Blick auf die „Vision Zero“ hinaus auch im
Mobilität ist die Grundlage unserer Wirtschaft und      Kontext anderer Ziele wie Klima- und Umweltschutz
Gesellschaft. Sie ist Voraussetzung für funktionie-     sowie Einhaltung der Grundrechte und des Daten-
rende Märkte und prägt ganz entscheidend Wohl-          schutzes zu bewerten.
stand und Lebensqualität der Bürgerinnen und
Bürger. Mobilität muss nachhaltig, d. h. umwelt-,       Der bisherige Erfolg in der Verkehrssicherheits­
wirtschafts- und sozialverträglich sein. Vor allem      arbeit lässt sich daran ablesen, dass die Anzahl der
aber muss sie sicher sein. Denn Unfälle im Straßen-     Verkehrstoten auf dem niedrigsten Stand seit Be-
verkehr bedeuten großes Leid für die Betroffenen        ginn der Statistik vor mehr als 60 Jahren ist. Die
selbst, aber auch für ihre Familienmitglieder, Ver-     Verkehrssicherheitsarbeit darf sich jedoch auf diesem
wandte und Freunde.                                     Erfolg nicht ausruhen. Die erzielten Erfolge gilt
                                                        es zu bewahren, und neue Potenziale, die sich aus
Um die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen           den technologischen und gesellschaftlichen Ent-
kontinuierlich zu verbessern, wurden seit den           wicklungen sowie gesellschaftlicher Akzeptanz für
1970er Jahren regelmäßig Verkehrssicherheitspro-        Maßnahmen ergeben, müssen erschlossen werden.
gramme erstellt, in denen Ziele und Maßnahmen
für die Verkehrssicherheitsarbeit dargestellt wurden.   An der positiven Unfallentwicklung partizipieren
Das vorliegende Programm orientiert sich an             noch nicht alle Verkehrsteilnehmenden gleicher-
der im Koalitionsvertrag 2018 enthaltenen politi-       maßen: Beispielsweise stagniert die Anzahl der
schen Verpflichtung zur Einführung der „Vision          Schwerstverletzten ebenso wie die Unfallent­
Zero“ als Leitbild der Verkehrssicherheitsarbeit.       wicklung bei zu Fuß Gehenden und Motorrad­
Die „Vision Zero“ geht davon aus, dass Tote und         fahrenden. Zudem steigt derzeit die Anzahl der
schwerste Verletzungen infolge des Straßenverkehrs      im Straßenverkehr getöteten Radfahrenden und
inakzeptabel sind und dass diejenigen, die das          der älteren Menschen an. Diesen negativen Trend
Straßenverkehrssystem gestalten und nutzen, sich        gilt es zu stoppen.
die Verantwortung für dessen Sicherheit teilen.
Der Ansatz der „Vision Zero“ schafft die Basis für      Darüber hinaus ist es erforderlich, die Unfallent-
einen breiten Konsens in der Gesellschaft, der          wicklung auf Landstraßen, an Bahnübergängen, im
Verkehrsteilnehmenden und Arbeitenden auf der           Güterverkehr oder bei Kindern und Jugendlichen
Straße (z.B. Beschäftige im Straßenbetriebsdienst),     trotz positiver Entwicklungen ebenfalls im Fokus zu
um ein Update der Verkehrssicherheitsarbeit in          behalten, damit sich der positive Trend nachhaltig
Deutschland für die nächste Dekade zu erreichen.        fortsetzen kann.

                                                                                                            3
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Kapitel I – Strategie und Schwerpunkte
    der Verkehrs­sicherheitsarbeit des Bundes

                                                Der Blick in die Zukunft –
                                                gesellschaftliche
                                                Herausforderungen
                                                Unsere Zukunft wird geprägt von langfristigen
                                                gesellschaftlichen Wandlungsprozessen mit
                                                beträchtlichen Auswirkungen auf die unterschied-
                                                lichsten Bereiche wie Wirtschaft, Politik,
                                                Gesellschaft und damit auch auf die Mobilität
                                                und den Straßenverkehr.

                                                Die Digitalisierung führt zu weitreichenden Um-
                                                brüchen sowohl in der Mobilitätsnachfrage als
                                                auch in der Art und Weise, wie Mobilität ermög-
                                                licht und realisiert wird. Automatisierung und
                                                Vernetzung von Fahrzeugen und Infrastruktur
                                                werden die Mobilität nachhaltig prägen. Auch
                                                beim Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird
                                                auf die zunehmende Digitalisierung gesetzt.
                                                Für Verkehrsaufklärung und Mobilitätsbildung
                                                eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkeiten
                                                und Chancen.

                                                Die Gesellschaft in Deutschland steht weiterhin
                                                vor großen Veränderungen. Im Zuge des demo­
                                                grafischen Wandels verändert sich die Bevölke-
                                                rungsstruktur dahingehend, dass der Anteil
                                                der älteren Menschen in den nächsten Jahren
                                                stetig zunehmen wird.

                                                Ein Verbesserungspotenzial besteht auch in der
                                                Akzeptanz und im Verständnis der Regeln und Maß­
                                                nahmen bei den Verkehrsteilnehmenden. Diese
                                                Entwicklung gilt es im Auge zu behalten, um
                                                die Akzeptanz und das Verständnis für Verkehrs­
                                                sicherheitsmaßnahmen in der Gesellschaft nicht
                                                nur zu halten, sondern möglichst zu verstärken.

                                                Nicht nur der weiter wachsende Mobilitätsbedarf,
                                                sondern auch die zunehmende Vielfalt an Mobilitäts-
                                                formen kennzeichnet den Wandel der Mobilität.
                                                Die Mobilität wird durch zunehmende Urbanität
                                                und Vernetzung geprägt. Technische Innovationen
                                                und sich wandelnde individuelle Ansprüche der

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Menschen werden zum Motor für neue Formen               Gemeinsam hat man sich darauf verständigt, die
der Mobilität, wie die Nutzung von Elektrobussen,       Zahl der Verkehrstoten in Deutschland bis 2030
Carsharing-Angeboten oder auch Elektrokleinst-          um 40 % zu reduzieren und die Zahl der Schwer-
fahrzeugen zeigt. Auch werden Güterverkehr und          verletzten signifikant senken zu wollen. Die Stra-
Logistik durch den fortschreitenden Anstieg des         tegie wurde in der Verkehrsministerkonferenz am
Onlinehandels beeinflusst.                              14./15. Oktober 2020 von Bund und Ländern be-
                                                        schlossen. Auch die kommunalen Spitzenverbände
Die Förderung des Gehens und Fahrradfahrens             haben sich der Strategie mit dem Beschluss im
wirkt sich dahingehend nicht nur positiv auf            Bündnis für moderne Mobilität vom 18. November
die Vorbeugung chronischer Krankheiten aus,             2020 angeschlossen (abrufbar unter dem Link
sondern ist auch ein wichtiger Schritt zur Gestal-      im Impressum).
tung einer menschengerechten Stadt sowie zur
Senkung der CO2-Emissionen und der Luftschad-           Das nationale Verkehrssicherheitsprogramm
stoffe. Der Radverkehr erlebt derzeit einen regel­      der nächsten Dekade ist eingebettet in die inter-
rechten Boom.                                           nationalen und europäischen Aktivitäten und
                                                        knüpft an die UN-Resolution „Improving global
                                                        road safety“, die Erklärung von Valletta zur Stra-
                                                        ßenverkehrssicherheit und den Politikrahmen für
Mehr Verkehrssicherheit                                 die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021
                                                        bis 2030 – nächste Schritte auf dem Weg zur „Vision
gemeinsam erreichen – verbunden                         Null Straßenverkehrstote“ der Europäischen
                                                        Union an.
mit ehrgeizigen Zielen!
                                                        Verkehrssicherheit ist selbstverständlich eine
Die Ausgangslage und der Blick in die Zukunft bringen   staatliche Aufgabe, aber nicht allein. Sie erfordert
uns dazu, zur Erreichung ehrgeiziger Ziele einen        auch das Engagement von Verbänden und Unter-
neuen Ansatz der Verkehrssicherheitsarbeit – insbe-     nehmen sowie aller Verkehrsteilnehmenden,
sondere durch die Erleichterung von intelligenten       also der ganzen Gesellschaft. Der Bund setzt daher
und effektiven Maßnahmen zur Verbesserung der           auf das gemeinsame Ziel und wirbt für gemein­
Verkehrssicherheit – zu wählen.                         same Anstrengungen.

Unfälle passieren auf allen Straßen – unabhängig
davon, ob Bund, Länder oder Kommunen für diese
Straßen zuständig sind. Mit der Abstimmung einer
gemeinsamen Strategie für die Verkehrssicherheits-
arbeit in Deutschland 2021 bis 2030 ist es gelungen,
unter dem Leitbild „Sichere Mobilität – jeder trägt
Verantwortung, alle machen mit“ Bund, Länder
und Kommunen als Akteure zur Verbesserung der
Verkehrssicherheit für ein gemeinsames Handeln
zu gewinnen und somit einen „Pakt für Verkehrs-
sicherheit“ ins Leben zu rufen. Insgesamt zwölf
Handlungsfelder setzen Schwerpunkte und zeigen
Verbesserungspotenziale für die Verkehrssicher-
heitsarbeit auf.

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Kapitel I – Strategie und Schwerpunkte
     der Verkehrs­sicherheitsarbeit des Bundes

Der Bund als zentraler Akteur,                         Entwicklungen und Maßnahmen in der Verkehrs-
                                                       sicherheit werden kontinuierlich evaluiert, be-
Initiator und Koordinator!                             wertet und veröffentlicht. Es geht darum, aktuell
                                                       zu reagieren und Maßnahmen anzupassen, aber
Der Bund wird bei seinen Maßnahmen in Abhängig-        gleichzeitig auch Beschlossenes nachhaltig umzu-
keit seiner Zuständigkeit in der Rolle als zentraler   setzen. Dies führt im kommenden Jahrzehnt zu
Akteur, Initiator und Koordinator auftreten. Dabei     dynamischeren Prozessen, als dies in der Vergangen-
werden der Austausch zwischen Bund, Ländern            heit der Fall war.
und Kommunen deutlich intensiviert und Verbände,
Arbeitgeber, Vereine sowie andere interessierte
Akteure stärker in die gemeinsame Verantwortung
für eine erfolgreiche Verkehrssicherheitsarbeit        Startschuss für die neue Dekade!
eingebunden. Nicht zuletzt kommt aber auch den
Verkehrsteilnehmenden eine wichtige Rolle zu,          Unsere Welt wird zusehends schneller. Die techno-
als verantwortlich Handelnde und als Adressaten        logischen Entwicklungen sowie der digitale Wandel
der Maßnahmen. Auch Polizei oder Rettungskräfte        und die damit verbundenen Verhaltensanpassungen
bleiben unverzichtbare zentrale Partner für eine       sind hoch dynamisch. Zudem hat die Coronapande-
erfolgreiche Verkehrssicherheitsarbeit.                mie gezeigt, wie schnell sich alles verändern kann.

Der Handlungsbedarf ergibt sich aus dem Unfall-        Die Bundesregierung will die nächste Dekade der
geschehen, der gesellschaftlichen Relevanz und         Verkehrssicherheit dadurch aktiv gestalten, dass
den zukünftigen Herausforderungen der Mobilität.       es alle zwei Jahre einen kritischen Rückblick auf
Verkehrssicherheitsarbeit ist dabei aber nicht         den bisherigen Erfolg und einen Ausblick auf
nur retrospektiv zu beurteilen, sondern wird ins-      neue Maßnahmen gibt. Dazu soll alle zwei Jahre
besondere auch in einer erfolgreichen Präven­          eine Nationale Verkehrssicherheitskonferenz
tionsarbeit sichtbar. Bestenfalls begegnet man         stattfinden.
zukünftigen Gefahren, bevor sie sich in den Un­
fallzahlen niederschlagen. Auch darf zum Beispiel      So sollen im Jahr 2023 auf der Nationalen Verkehrs-
der Trend zum Radfahren nicht daran scheitern,         sicherheitskonferenz möglichst weitere Maß­
dass sich die potenziellen Radfahrenden im Ver-        nahmen aufgezeigt werden, die sich im Rahmen
kehrsraum unsicher fühlen.                             der gemeinsamen Strategie ergeben. Der Bund
                                                       setzt zahlreiche Maßnahmen bereits seit vielen
                                                       Jahren erfolgreich um und passt diese fortlaufend
                                                       an. Die große Bandbreite der Einzelmaßnahmen
                                                       ist in Kapitel II dokumentiert. Diese sind den zwölf
                                                       Handlungsfeldern zugeordnet, die in der gemein-
                                                       samen Strategie vereinbart wurden.

                                                       Für das lernende und lebendige Verkehrssicher-
                                                       heitsprogramm der Bundesregierung 2021 bis
                                                       2030 stehen zunächst die nachfolgenden Maß-
                                                       nahmen im Vordergrund. Hierbei sind die neuen
                                                       Ansätze des Bundes zur Verkehrssicherheitsarbeit
                                                       sowie die Maßnahmen beschrieben, welche zu
                                                       Beginn der Dekade eine wesentliche Bedeutung
                                                       haben.

8
Schwerpunkte der Verkehrssicher-                        Marktdurchdringung und Akzeptanz
                                                        von Fahrerassistenzsystemen
heitsarbeit zu Beginn der Dekade
                                                        Die schnellere Marktdurchdringung existierender
DER BUND ALS ZENTRALER AKTEUR                           Assistenzsysteme fördert höhere Automatisierungs-
                                                        stufen und ist ein wichtiger Baustein zur Verbes-
                                                        serung der Verkehrssicherheit. Der Bund wird die
Potenziale des automatisierten, autonomen               weitere Marktdurchdringung verschiedener Fahrer­
und vernetzten Fahrens zur Verbesserung der Ver­        assistenzsysteme in den Fahrzeugflotten von Pkw,
kehrssicherheit aktiv nutzen                            Motorrad, Lkw und Bussen unterstützen. Ebenso
                                                        steht die Überprüfung der Ausweitung bestehender
Der Prozess der Einführung und Weiterentwicklung        und nachweislich wirksamer Fahrerassistenz­
neuer Fahrzeugtechnologien wird weiter vorange-         systeme für andere Fahrzeugarten und Konflikt­
trieben. Auch die Vernetzung von Fahrzeugen unter­      situationen (z.B. Fahrerassistenzsysteme für Motor-
einander und Fahrzeugen mit der Infrastruktur ist       räder, Abbiegeassistenzsysteme für Pkw) im Fokus.
ein wichtiger Baustein. Es werden Rahmenbedin-          Beispiele für mögliche Maßnahmen sind die Un-
gungen weiterentwickelt, damit automatisierte,          terstützung der Forschung und Erprobung, die
autonome und vernetzte Fahrzeuge sicher im Stra-        zielführende Weiterentwicklung der technischen
ßenverkehr eingesetzt werden können. Die Stärkung       Vorschriften, die Initiative im Verbraucherschutz
der Forschung und Erprobung, insbesondere im            (European New Car Assessment Programme, Euro
Hinblick auf vertrauenswürdige Elektronik und           NCAP) sowie eine Förderung der Ausrüstung
Software-Algorithmen im Fahrzeug sowie Infor­           mit Fahrerassistenzsystemen. Dies bildet gleich-
mationsvernetzung und die Analyse von sicher-           zeitig die Voraussetzung für die Einführung von
heitsrelevanten Aspekten des Mischverkehrs              Anreizsystemen zur Ausrüstung von Fahrzeugen
auf Autobahnen und urbanen Straßen als Basis            mit Fahrerassistenzsystemen durch Dritte (z.B.
für Maßnahmenentwicklungen, ist dabei zentral.          Versicherungsunternehmen). Die Förderung von
                                                        Fahrzeugen der Elektromobilität und anderer
Neben der Fahrzeugtechnik ist auch die Infrastruk-      alternativer Antriebe soll auch an den Einbau
tur einschließlich der warnrelevanten Zustände          integrierter Fahrerassistenz- und Fahrzeugsicher-
wie z.B. Arbeitsstellen und Unfälle sowie Prozesse      heitssysteme gekoppelt werden. Außerdem
innerhalb des Verkehrswesens mit Relevanz für           werden Fahrerassistenzsysteme verstärkt in der
die Verkehrssicherheit zu digitalisieren. Hierbei ist   Fahrschulausbildung und Prüfung eingesetzt.
auch die weitere Umsetzung intelligenter, koope­        Die Akzeptanzerhöhung und die korrekte Anwen-
rativer und vernetzter Verkehrssysteme eine wichtige    dung der Bedienfähigkeit neuer Assistenz- und
Verkehrssicherheitsmaßnahme. Dabei ist eine             Informationssysteme werden mit begleitenden
verstärkte Nutzung von vorhandenen Verkehrs-            Kampagnen unterstützt.
managementmaßnahmen (z.B. Streckenbeein­
flussungsanlagen zur Anordnung variabler Verkehrs-
regelungen, Stauwarnungen oder Überholverbote
in Abhängigkeit von der Verkehrssituation) von
hoher Bedeutung.

                                                                                                          9
Kapitel I – Strategie und Schwerpunkte
      der Verkehrs­sicherheitsarbeit des Bundes

Verbesserung der Straßeninfrastruktur –                Mit der Bewertung der Qualitätsstufe Verkehrssicher­
im Bestand und Neubau                                  heit soll ein neues Verfahren erprobt werden. Ziel
                                                       ist es, weitere Potenziale der Verkehrssicherheits-
Der Bund möchte die Verkehrssicherheitsarbeit in       arbeit auszuschöpfen. Für die Verfahren des Sicher-
Umfang und Qualität auf ein neues Level heben.         heitsmanagements der Straßeninfrastruktur
Dafür bedarf es eines regelmäßigen und interdis-       sind in Bezug auf den nichtmotorisierten Ver-
ziplinären Austauschs über die konsequente An-         kehr (z.B. Fuß- und Radverkehr) geeignete Hilfs­
wendung bekannter Verfahren und Maßnahmen              mittel erforderlich, um gezielt bestehende Defizite
im Straßenverkehr. Ein integraler Bestandteil sind     in der Praxis identifizieren und beseitigen zu
die Implementierung und konsequente Anwendung          können. Dazu wird der Bund die praxisorientierte
aller Verfahren des Sicherheitsmanagements der         Forschung weiter vorantreiben und damit die
Straßeninfrastruktur gemäß der Infrastruktursicher-    Grundlagen zur Weiterentwicklung schaffen. Hier­
heits-Management-Richtlinie (2008/69/EG und            bei ist auch die Reduzierung der Komplexität
2019/1936). Damit wird der Bund mit der Bundes-        von Verkehrssituationen, mit dem Ziel der besse-
verwaltung der Bundesautobahnen Vorbild für            ren Anpassung an die Bedürfnisse älterer und
die Umsetzung von Straßenverkehrssicherheits­          mobilitätseingeschränkter Personen sowie von
aspekten. Zur Verbesserung der Verkehrssicher-         Kindern zu berücksichtigen. Ebenso ist die Auto­
heit stattet das Bundesministerium für Verkehr und     matisierung der Fahrzeuge im Straßenverkehr im
digitale Infrastruktur (BMVI) bereits jetzt die ent-   Blick zu behalten.
sprechenden Bundesfernstraßentitel mit ausrei­
chenden Finanzmitteln aus. Der Bund wird regel-        Verkehrssicherheit im Rahmen der
mäßig die Ergebnisse der Sicherheitseinstufung         Radverkehrsoffensive
des Fernstraßennetzes veröffentlichen.
                                                       Das BMVI möchte die 2019 begonnene Radver-
Einer Bestandsprüfung des Straßennetzes kommt          kehrsoffensive fortsetzen. Der Entflechtung der
im Einklang mit der Beseitigung der Unfallhäu-         Verkehre kommt dabei eine entscheidende Rolle
fungen, dem Audit in Planung und Bestand, den          zu. In diesem Sinne soll auch die Radverkehrs­
Verkehrsschauen und der Entwicklung einer risiko-      offensive mit dem Bau von Radschnellwegen, dem
basierten netzweiten Sicherheitsbewertung eine         Sonderprogramm „Stadt und Land“, mit inno­
besondere Bedeutung zu. Ausgehend von Mindest-         vativen Modellvorhaben, dem Radnetz Deutsch-
standards aus Sicht der Verkehrssicherheit sind        land sowie der Anpassungen der rechtlichen
typische Defizite im Straßennetz sukzessive und        Regelungen fortgesetzt werden. Darüber hinaus
möglichst zeitnah zu beheben.                          strebt der Bund mit der Umsetzung des neuen
                                                       Nationalen Radverkehrsplans 3.0 weitere Verbes-
Die Bereitstellung innovativer Werkzeuge mit praxis­   serungen der Rahmenbedingungen für einen
orientierten Handbüchern für mehr Effizienz beim       sicheren Radverkehr an.
Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrs-
infrastruktur ist eine weitere Maßnahme des            Die Prüfung und Umsetzung von Förderhilfen für
Bundes. Dies umfasst z. B. die Entwicklung und         Infrastrukturvorhaben mit Unfall- und Sicher-
Bereitstellung eines elektronischen „Verkehrs­         heitsnachweisen (z. B. durch ein Sicherheitsaudit)
schautools“ für die Bestandsüberprüfung der Ver-       ist ein wichtiger Baustein zur Prioritätserhöhung
kehrszeichen und Verkehrseinrichtungen.                der Verkehrssicherheitsarbeit.

10
Zukunftsorientierte Weiterentwicklung der            Verkehrssicherheitsprogramm –
vertieften Unfallerhebung                            lernend und lebendig

Nicht nur bei Unfällen mit tödlichem Ausgang         Der Bund will seine Verkehrssicherheitsarbeit alle
fehlen oftmals wissenschaftliche Evidenzen           zwei Jahre intensiver evaluieren. Dazu wird der
oder sie sind durch einzelne Studien nur punk-       bisher schon alle zwei Jahre vorgelegte Unfallver­
tuell vorhanden. Zudem stoßen die kontinuier­lich    hütungsbericht erweitert. Neben dem Überblick
erhobenen Daten der amtlichen Straßenverkehrs-       über alle Maßnahmen des Bundes wird das Moni­
unfallstatistik bei komplexeren Fragestellungen      toring der Verkehrssicherheit und der Maßnahmen
immer mehr an ihre Grenzen. Beispiele dafür sind     weiterentwickelt. Hierfür werden Verkehrssicher­
die Themen Ablenkung, Einfluss von Medika­           heitsindikatoren implementiert, welche zusätzlich
menten oder aggressives Verhalten. Hierfür gilt es   zu den etablierten Unfall- und Unfallopferzahlen
effiziente Maßnahmen und Lösungen zu finden,         eine Änderung des Sicherheitsniveaus im Ver-
um die erforderlichen Ressourcen einzusetzen. Zu­    kehrssystem messbar machen.
dem prüft das BMVI, ob und wie die Unfalldaten­
erhebung – German In-Depth Accident Study
(GIDAS) – fit für die Herausforderungen der Zu-
kunft zu machen ist.

Der Bund prüft darüber hinaus die Entwicklung
von Methoden, mit denen auch anonymisierte
Daten von Unfällen mit automatisierten und ver-
netzten Fahrzeugen erhoben und detailliert
analysiert werden können. Hierdurch könnte es
möglich werden, notwendige Informationen
zur Unfallursache, zum Unfallhergang und -ab-
lauf sowie zur Verletzungsschwere zu erhalten,
zum Beispiel auch im Hinblick auf Effekte des
Mischverkehrs mit konventionellen Fahrzeugen.
Darüber hinaus sollen über Unfallanalysen be-
stimmte menschliche Verhaltensweisen vertieft
untersucht werden, wie zum Beispiel das
Thema Ablenkung.

Der Bund prüft Rahmenbedingungen für eine brei-
tere Verfügbarkeit von Unfalldatenspeichern
in Fahrzeugen (Event Data Recorder, EDR) sowie
Datenspeichern in höher automatisierten Fahr­
zeugen (Data Storage System for Automated
Driving, DSSAD).

                                                                                                     11
Kapitel I – Strategie und Schwerpunkte
      der Verkehrs­sicherheitsarbeit des Bundes

DER BUND ALS INITIATOR                                  E-Learning-Konzepte sowie die Nutzung neuer
                                                        Medien finden Eingang in die Verkehrssicher-
Kulturwandel im Straßenverkehr                          heitsarbeit. Der Bund möchte neue Methoden bei
                                                        der Ansprache von Zielgruppen zu Verkehrs­
Eigenverantwortung, Kompetenz und Rücksicht-            sicherheitsthemen erforschen, bei entsprechend
nahme gilt es im Alltag wieder stärker in den Mit-      nachgewiesener Wirksamkeit selbst umsetzen
telpunkt zu stellen. Hierfür sind Maßnahmen zu          und deren Umsetzung bei den Akteuren der Ver-
ergreifen, um das Verkehrsklima stetig zu verbes-       kehrssicherheitsarbeit fördern.
sern. Dabei betrifft die gemeinsame Verantwortung
für einen sichereren Straßenverkehr Akteure aus         Aus- und Weiterbildungsoffensive
allen Bereichen sowie die Verkehrsteilnehmenden
selbst. Für die erfolgreiche Umsetzung von Maß-         Zur Vermittlung von Wissen zur verkehrssicheren
nahmen im Sinne der „Vision Zero“ ist das rücksichts-   Gestaltung und Planung der Infrastruktur sowie
volle und regelkonforme Verhalten aller Verkehrs-       der Verkehrslenkung wird der Bund in Zusammen-
teilnehmenden mit entsprechender Sicherheitsaus­-       arbeit mit den Ländern und Kommunen die Aus-
rüstung ein wichtiger Aspekt. Der Bund wird             und Fortbildung des Fachpersonals bei Planung
Maßnahmen ergreifen, die Regelkenntnis, Fahrkom-        und Betrieb von Straßen sowie den Beteiligten
petenz und rücksichtsvolles Verhalten bei der           des Sicherheitsmanagements der Straßeninfrastruk-
Nutzung aller Verkehrsmittel im Straßenverkehr          tur unterstützen. Verkehrssicherheitsinhalte
weiter fördern sowie Ablenkung und Aggressionen         werden verständlicher aufbereitet und der Nutzen
verringern. Dieser Kulturwandel ist im Schulter-        dargelegt; die Kommunikation wird auf den ver-
schluss mit möglichst vielen Partnern anzugehen.        schiedenen Ebenen zielgruppengerecht angepasst.
Dabei sollen besonders die Möglichkeiten des E-
Learnings und der sozialen Medien genutzt werden.       Der Bund will im Rahmen einer Qualitätsoffen­sive
                                                        die Verbreitung von Forschungsergebnissen zur
Richtiges Verhalten im Straßenverkehr – ­               Straßenverkehrssicherheit deutlich verbessern. Dies
jetzt und in Zukunft                                    kann das Schnittstellenproblem beim Wissens­
                                                        transfer von der Wissenschaft zu den Praxisanwen-
Das Konzept des lebenslangen Lernens gewinnt            dern reduzieren. Der Bund beabsichtigt ge­eignete
auch im Straßenverkehr zunehmend an Bedeutung.          Plattformen zur Unterstützung der Gebietskörper-
Zum Beispiel im Zusammenhang mit der Nut-               schaften mit Darstellung von Forschungsergeb­
zung von neuen Fahrerassistenzsystemen, aber            nissen, „Best Practice“-Maßnahmen und Erkennt-
auch mit einer sich kontinuierlich weiterentwi-         nissen zur effektiven Organisation und Um-
ckelnden Straßenverkehrs-Ordnung. Der Bund will         setzung von Maßnahmen weiterzuentwickeln
eine Studie zur Überprüfung des Kenntnisstandes         und zu betreiben.
der geltenden Verhaltensregeln in allen Alters-
gruppen der Bevölkerung durchführen, um Ansätze         Die Chancen der Digitalisierung sollen im Bereich
zur Verbesserung von Kenntnislücken zu identifi-        der Aus- und Fortbildung intensiv genutzt werden.
zieren. Mit dem Ziel der Erhöhung der Akzeptanz
der Verhaltensregeln wird ein Maßnahmenkon-
zept für das lebenslange Lernen entwickelt. Hier-
bei sind die Besonderheiten der verschiedenen
Verkehrsmittel und die Kenntnis von Konflikt­
situationen ein integraler Bestandteil.

14
DER BUND ALS KOORDINATOR                                Schwerstverletzte im Straßenverkehr

Gemeinsame Strategie und Selbstverpflichtungen          Das BMVI wird den Prozess für die Erfassung von
                                                        Unfalldaten von Schwerstverletzten neu ansto-
Das BMVI hat zusammen mit Akteuren im Bereich           ßen. Ziel ist ein gemeinsames Vorgehen von Bund
der Verkehrssicherheit eine gemeinsame Strategie        und Ländern, um der „Vision Zero“ gerecht zu
mit einem gemeinsamen Ziel und zwölf Handlungs-         werden, die nicht nur die Reduktion der Zahl von
feldern abgestimmt. Das BMVI hat sich verpflich-        Getöteten anstrebt, sondern auch von Schwerst-
tet, diesen Prozess dauerhaft zu begleiten. Alle zwei   verletzten. Dies ist jedoch ohne eine verbesserte
Jahre soll auf einer Nationalen Verkehrssicherheits-    Erhebung nicht möglich, da bis heute nicht klar
konferenz mit allen Beteiligten ein Austausch über      ist, welche Arten von Unfällen zu den schwersten
Erfolge, neue Ansätze und „Best Practice“ erfolgen.     Verletzungen führen, und damit die Grundlagen
                                                        für zielgenaue Maßnahmen fehlen. Die bestehende
Der Bund wird sich intensiv dafür einsetzen, dass       Erhebung der Schwerverletzten im Rahmen der
sich viele Akteure mit eigenen Maßnahmen                amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik bildet
und Selbstverpflichtungen zum Gesamtziel der ge-        diese schwersten Verletzungen nicht in ausreichen-
meinsamen Strategie bekennen, um so den                 dem Maße ab.
„Pakt für Verkehrssicherheit“ im Laufe der nächs-
ten Dekade immer mehr zu festigen. Im Rahmen
der ersten nationalen Verkehrssicherheitskon­
ferenz wird die Darstellung der beteiligten Akteure
ein Schwerpunkt sein. Der Austausch zwischen
Bund, Ländern und Kommunen wird in der gemein-
samen Arbeitsgruppe „Verkehrssicherheit“ fort­
gesetzt. Dies und die gemeinsamen Eckpunkte für
eine Verkehrssicherheitsarbeit von Bund und
Ländern wurden in der Verkehrsministerkonferenz
am 14./15. Oktober 2020 beschlossen (abrufbar
unter dem Link im Impressum).

Fußverkehrsstrategie

Das BMVI entwickelt unter Einbindung der Länder
und weiterer Expertinnen und Experten im
Rahmen einer Dialogveranstaltung eine Fußver-
kehrsstrategie. Ein Schwerpunkt der Fußverkehrs-
strategie wird u. a. die Verbesserung der Verkehrs-
sicherheit von zu Fuß Gehenden sein.

                                                                                                        15
KAPITEL II – EINZELMASSNAHMEN DES BUNDES
NACH HANDLUNGSFELDERN

16
3
In Kapitel I wurden die neuen Ansätze des Bundes zur Verkehrssicherheitsarbeit sowie die Maßnahmen
beschrieben, welche zu Beginn der Dekade im Vordergrund stehen. Der Bund setzt zahlreiche Maßnahmen
bereits seit vielen Jahren erfolgreich um und passt diese fortlaufend an. Über die große Bandbreite von
über hundert laufenden und geplanten Maßnahmen des Bundes wird nun in Kapitel II ein Überblick gege-
ben. Diese sind den zwölf Handlungsfeldern zugeordnet, auf welche sich Bund, Länder und Kommunen in
der gemeinsamen Strategie geeinigt haben. Hierbei übernimmt der Bund aktiv die Rolle als zentraler Akteur,
Initiator und Koordinator und damit die Verantwortung für konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der
Ver­kehrssicherheit im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel und unter Beachtung föderaler Finanzierungs­
zuständigkeiten. Um die Maßnahmen vollständig und zusammenfassend in den einzelnen Handlungsfeldern
darzustellen, werden die im ersten Kapitel aufgeführten Schwerpunkte hier nochmals aufgeführt.

Sichere Mobilität – jeder trägt                              nächsten Dekade immer mehr zu festigen. Im
                                                             Rahmen der ersten nationalen Verkehrssicher-
Verantwortung, alle machen mit                               heitskonferenz wird die Darstellung der betei­
                                                             ligten Akteure ein Schwerpunkt sein. Der Aus­
Ein Kernaspekt des „Vision Zero“-Ansatzes stellt die         tausch zwischen Bund, Ländern und Kommunen
geteilte Verantwortung für einen sicheren Straßen-           wird in der gemeinsamen Arbeitsgruppe „Ver­
verkehr zwischen den Verkehrsteilnehmenden, der              kehrssicherheit“ fortgesetzt.
Verwaltung, dem Gesetzgeber, der Politik auf
Bundes, Länder- sowie Kommunalebene und den                — Der Bund will seine Verkehrssicherheitsarbeit
privaten Akteuren der Verkehrssicherheitsarbeit               alle zwei Jahre intensiver evaluieren. Dazu wird
dar. Verkehrssicherheitsarbeit als Querschnittsauf-           der Unfallverhütungsbericht erweitert. Neben
gabe erfordert dabei ein Zusammenwirken aller                 dem Überblick über alle Maßnahmen des Bundes
Akteure. Der Bund sieht sich hier neben seiner Rolle          wird das Monitoring der Verkehrssicherheit
als zentraler Akteur auch als Initiator und Koordinator.      und der Maßnahmen weiterentwickelt. Hierfür
                                                              werden Verkehrssicherheitsindikatoren imple-
— Das BMVI hat zusammen mit Akteuren im Bereich              mentiert, welche zusätzlich zu den etablierten
   der Verkehrssicherheit eine gemeinsame Strategie           Unfall- und Unfallopferzahlen eine Änderung
   mit einem gemeinsamen Ziel und zwölf Hand-                 des Sicherheitsniveaus im Verkehrssystem
  lungsfeldern abgestimmt. Der Bund hat sich                  messbar machen.
   verpflichtet, diesen Prozess dauerhaft zu begleiten.
   Alle zwei Jahre will die Bundesregierung auf            — Der Bund möchte die Verkehrssicherheitsarbeit
   einer Nationalen Verkehrssicherheitskonferenz              in Umfang und Qualität auf ein neues Level
   mit allen Beteiligten über Erfolge, neue Ansätze           heben. Dafür bedarf es eines regelmäßigen und
  und „Best Practice“ im Austausch bleiben                    interdisziplinären Austauschs über die konse-
                                                              quente Anwendung bekannter Verfahren
— Der Bund wird sich intensiv dafür einsetzen, dass          und Maßnahmen im Straßenverkehr. Ein integ-
   sich viele Akteure mit eigenen Maßnahmen                   raler Bestandteil sind die Implementierung und
   und Selbstverpflichtungen zum Gesamtziel der               konsequente Anwendung aller Verfahren des
   gemeinsamen Strategie bekennen, um so den                  Sicherheitsmanagements der Straßeninfrastruktur
   „Pakt für Verkehrssicherheit“ im Laufe der                 gemäß der Infrastruktursicherheits-Manage-

                                                                                                            17
Kapitel II – Einzelmaßnahmen des Bundes
        nach Handlungsfeldern

     ment-Richtlinie (2008/69/EG und 2019/1936).        — Im Jahr 2019 wurde von Bund, Ländern und
     Damit wird der Bund mit der Bundesverwal-             kommunalen Spitzenverbänden das Bündnis für
     tung der Bundesautobahnen Vorbild für die             moderne Mobilität gegründet. Es adressiert die
     Umsetzung von Straßenverkehrssicherheits­             Themen der Mobilität vor Ort und ist eine Schnitt-
     aspekten. Zur Verbesserung der Verkehrssicher-        stelle zwischen den Beteiligten für ein abge-
     heit stattet das BMVI bereits jetzt die entspre-      stimmtes Handeln und einen kontinuierlichen
     chenden Bundesfernstraßentitel mit ausreich­en-       Erfahrungsaustausch. Im Fokus stehen dabei
     den Finanzmitteln aus. Der Bund wird regel-           insbesondere die Themen der Aufteilung des
     mäßig die Ergebnisse der Sicherheitsein­              Straßenraums, der Ausbau der Radverkehrs­
     stufung des Fernstraßennetzes veröffent­lichen.       infrastruktur, die Gestaltung von Parkraum bei-
     Zudem wird der Bund in diesem Zusammen-               spielsweise für Lieferverkehre, das Bewohner-
     hang dem Leitbild der „Vision Zero“ bei der Aus­      parken und der Parkraumbewirtschaftung, aber
     gestaltung des straßenverkehrsrecht­lichen            auch der Ausbau des ÖPNV sowie Digitalisierung
     Rahmens Rechnung tragen.                              und Vernetzung. Das Bündnis bildet auch eine
                                                           Plattform, um gemeinsame Verkehrssicherheits-
— Für die zielgerichtete Verwendung von Förder­           arbeit im Sinne der „Vision Zero“ fortzuführen.
  hilfen (z. B. Sonderprogramm „Stadt und Land“,
  Radschnellwege) wird im Sinne der Verbesse-           — Der Bund initiiert, koordiniert und fördert mit
  rung der Verkehrssicherheit eine Verknüpfung             Strategien wie z.B. dem Nationalen Radver-
  mit der verpflichtenden Durchführung von                 kehrsplan, mit Förderprogrammen wie z. B. der
  Unfall- und Sicherheitsnachweisen (Nachweis              Förderrichtlinie Städtische Logistik oder ande-
  eines Nutzens für die Verkehrssicherheit z. B.           ren Aktionen wie zum Abbiegeassistenten für Lkw
  durch ein Sicherheitsaudit bei Infrastrukturmaß-         und Busse die übergreifende Verkehrssicher-
  nahmen) angestrebt. Der Bund prüft solche                heitsarbeit aller Akteure in Deutschland. Dabei
  Ansätze bei von ihm finanzierten Maßnahmen.              werden ambitionierte Ziele für die Verkehrs­
  Insgesamt ist dies ein wichtiger Baustein zur            sicherheitsarbeit gesteckt, die Verkehrssicherheit
  Prioritätserhöhung der Verkehrssicherheit.               als Querschnittsthema bei verschiedenen As-
                                                           pekten der Mobilität etabliert oder Anstöße für
                                                           die Weiterentwicklung sicherheitsrelevanter
                                                           Verfahren und Technologien gegeben.

                                                        — Verkehrssicherheitsarbeit wird durch den Bund
                                                           in den europäischen und internationalen Gremien
                                                           und Verbänden abgestimmt und vorangebracht.
                                                           Durch die Mitarbeit an Resolutionen im Zwei-
                                                           jahresrhythmus bei der UN werden die Inter­
                                                           essen Deutschlands im Sinne der Verkehrssicher-
                                                           heit vertreten und ein reger Know-how-
                                                           Austausch mit anderen Staaten gepflegt (z. B.
                                                           Moskau-Deklaration). Übergreifend agiert
                                                           die „High Level Group on Road Safety“ bei der
                                                           Europäischen Kommission. Die Wirtschafts-
                                                           kommission für Europa der Vereinten Nationen
                                                           (United Nations Economic Commission
                                                           for Europe, UNECE) regelt Anforderungen für
                                                           Fahrzeuge und Straßenausstattung. Das Euro-

18
pean New Car Assessment Programme (Euro               —N
                                                          eben dem persönlichen Austausch sind auch
  NCAP) erstellt zusätzlich aus Verbrauchersicht         Plattformen für verkehrssicherheitsrelevante
  relevante Prüfszenarien und Regelungen zur             Informationen – egal ob Unfalldaten, Verkehrs-
  Fahrzeugtechnik. In der Conference of European         informationen, Mobilitätsdaten, Daten aus
  Directors of Roads (CEDR) tauscht sich der             Fahrzeugen, Werkzeuge oder „Best Practice“-
  Bund mit anderen europäischen Staaten über             Maßnahmen – eine wichtige Grundlage für die
  Weiterentwicklungen im Bereich der Straßen-            Verkehrssicherheitsarbeit. Der Bund wird – so-
  infrastruktur aus und fördert diese. Die European      weit sich dies als erforderlich erweisen sollte –
  Commission for Road Safety in the Armed                Rahmenbedingungen (u.a. Verordnung über die
  Forces (ECRAF) dient dem Austausch von Ideen,          Bereitstellung sicherheitsrelevanter Verkehrs­
  Initiativen und Kampagnen für die Straßen­             informationen, VO BSVI) anpassen. Plattformen
  verkehrssicherheit zwischen den Streitkräften.         (u. a. Mobilitäts Daten Marktplatz, MDM) wer-
  Auf nationaler Ebene erfolgt ebenfalls ein reger       den auf ihren Weiterentwicklungsbedarf hin ge-
  Austausch, ob zur Überarbeitung von Regel­             prüft. Der MDM ist ein zentrales Onlineportal,
  werken mit der Forschungsgesellschaft für Straßen-     das Verkehrsdaten bereitstellt. Durch den ver-
  und Verkehrswesen e.V. (FGSV) oder im Rahmen           einfachten Datenaustausch mit Dritten sowie
  der verschiedenen Veranstaltungen der Vereini-         den Zugang für private Dienstleistungsanbieter
  gungen der Straßen- und Verkehrs­ingenieure e.V.       eröffnen sich neue Möglichkeiten im Bereich
  (VSVI). Das BMVI möchte in diesem Rahmen               des Verkehrsmanagements und Serviceange­
  zukünftig die Kommunikation und Schulung von           bote. U. a. können sicherheitsrelevante Infor­
  Regelwerksinhalten verbessern und intensivieren.       mationen, wie z. B. Gefahrenstellen, Staus etc.
                                                         einfach und unkompliziert zwischen allen
—F
  ür die Verkehrssicherheitsarbeit bei allen Verant­    Beteiligten ausgetauscht werden. Es wird ge-
 wortlichen und der relevanten Entscheidungs­            prüft, den MDM durch eine neue Mobilitäts­
 träger sind zielgruppenspezifische Kommunikati-         datenplattform abzulösen, die auch die Funk-
 onswerkzeuge (z. B. kompakt aufbereitete Infor-         tionen des Open-Data-Portals mCLOUD
 mationsmaterialien) inklusive der Beschreibung          inkludiert. Die flächendeckende und freie Ver-
 des Nutzens und der Wirksamkeit von Maß-                fügbarkeit sowie die Gewährleistung einheit­
 nahmen und Verfahren der Verkehrssicherheits-           licher Qualitätsstandards für die Bereitstellung
 arbeit relevant. Der Bund wird Ansätze entwi-           von Verkehrsinformationen sind zentral. Der
 ckeln, welche zukünftig noch stärker relevante          Bund ist Mitglied in einer Data Task Force auf
 Fachthemen an die Entscheider transportieren.           europäischer Ebene, deren Aufgabe die Umset-
 Das können z. B. Factsheets, aber auch Seminare         zung der delegierten Verordnung (EU) 886/2013
 sein. Gleichzeitig werden durch nachgeordnete           mit dem Ziel der Bereitstellung eines Mindest-
 Behörden des Bundes anhand von Vorträgen                niveaus allgemeiner für die Straßenverkehrs­
 aktuelle Erkenntnissen aus der Forschung oder           sicherheit rele­vanter Verkehrsinformationen in
 zur Einführung neuer Regelwerke kommuniziert.           die Praxis ist.

— Der Bund organisiert oder unterstützt verschie-      — Mit dem Unfallatlas der Statistischen Ämter
  dene Formen des persönlichen Fachaustauschs             des Bundes und der Länder ist ein inzwischen
  für die Akteure der Verkehrssicherheitsarbeit. Das      fast bundesweit verfügbares und für jeden
  sind u.a. das „Symposium Verkehrssicherheit             Bürger bedienbares Instrument zur Visualisie-
  von Straßen“ mit Fokus auf den Sicherheits­audi­        rung der Unfallorte entstanden. Dieses stützt
  toren, das „Symposium Straßenausstattung“               die gesellschaftliche Kommunikation vor Ort
  u. a. zu Fahrzeug-Rückhaltesystemen sowie die            (https://unfallatlas.statistikportal.de).
  VSVI-Seminare.

                                                                                                        19
20
21
Kapitel II – Einzelmaßnahmen des Bundes
     nach Handlungsfeldern

                                                 Der Bund wird die Grundlagendaten in Form
                                                 von Erhebungen zur Mobilität aktualisieren,
                                                 damit in Kombination mit Unfalldaten differen-
                                                 zierte und besser vergleichbare Unfallkenn­
                                                 werte, z. B. nach Verkehrsmitteln, entwickelt
                                                 werden können.

                                               —D
                                                 er Bund initiiert und fördert Forschungsvorha­
                                                ben zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Die
                                                Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) setzt
                                                bspw. jährlich mehr als 5 Millionen Euro in den
                                                Forschungsprogrammen Straßenverkehrssicher-
                                                heit (SiFo) und Straßenverkehr um. Zielgerichtet
                                                werden innovative Maßnahmen, ausgehend
                                                von Sicherheitsdefiziten, entwickelt und die Wirk­
                                                samkeit von Maßnahmen evaluiert. Das SiFo
                                                wird auf Grundlage der Handlungsfelder aus der
                                                gemeinsamen Strategie neu strukturiert. Das
                                                SiFo konzentriert sich ab 2021 auf Forschungsak-
                                                tivitäten zum sicheren Radfahren in einem ge-
                                                meinsam genutzten Straßenraum und damit auf
                                                Interaktionen insbesondere zwischen Rad-, Kfz-
                                                und Fußverkehr auf innerörtlichen Straßen. Auch
                                                andere Forschungsprogramme, wie das For-
                                                schungsprogramm Stadtverkehr (FoPS), adressieren
                                                Projekte, die der Verkehrssicherheit zugutekom-
                                                men. Die bedeutendsten aktuellen Forschungs-
                                                ergebnisse aus der Ressortforschung werden im
                                                Forschungs-Informations-System (FIS) zur Verfü-
                                                gung gestellt. Mit der Innovationsinitiative
                                                mFUND (Modernitätsfonds) werden Forschungs-
                                                und Entwicklungsprojekte rund um digitale da-
                                                tenbasierte Anwendungen für die Mobilität 4.0
                                                gefördert. Neben der finanziellen Förderung un-
                                                terstützt der mFUND mit verschiedenen Veran-
                                                staltungsformaten wie Start-up-Pitches oder
                                                Hackathons die Vernetzung zwischen Akteuren
                                                aus Politik, Wirtschaft und Forschung sowie
                                                den Zugang zum Open-Data-Portal mCLOUD.
                                                Die Innovationen und Ergebnisse aus den
                                                mFund-Projekten werden auf der Wissens- und
                                                Vernetzungsplattform Emmett (https://emmett.io)
                                                gesammelt, dokumentiert und multimedial
                                                aufbereitet. In Zukunft werden die Forschungs-
                                                projekte der Verkehrssicherheit noch stärker an
                                                den Bedürfnissen der Praxis ausgerichtet.

22
— Der Bund möchte stärker von Erkenntnissen
   anderer Ressorts profitieren. Er wird Ansätze
   für den Transfer von Maßnahmen aus dem Bereich
   Arbeitssicherheit für den Einsatz in der Ver-
   kehrssicherheitsarbeit prüfen. Dafür ist ein Work-
   shop zum Thema „Modernes Mobilitätsmanage­
   ment – Verkehrssicherheit in Organisationen“
  geplant. Dort werden anhand der beiden
   Schwerpunkte Arbeits- und Betriebswege neue
   Ansätze diskutiert, wie Arbeitgeber das Thema
   Verkehrssicherheit stärker innerhalb der Betriebe
   integrieren können.

— Auf Landstraßen ereignen sich die meisten Un-
   fälle mit tödlichem Ausgang. Deshalb wird
   das Thema „Landstraßensicherheit“ auch in der
   Förderung von Präventionsmaßnahmen durch
   das BMVI weiterhin einen Schwerpunkt ein-            Zukunftsfähige Vorgaben und
   nehmen. Ziel ist die Reduktion von Verkehrsun-
   fällen durch Ansprache und Sensibilisierung          Verordnungen
   für die dort spezifischen Unfallrisiken.
                                                        Eine sichere Mobilität von morgen soll in einen
— Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)        zukunftsfähigen Rahmen mit entsprechenden Vor-
   unterstützt die Verkehrssicherheitsarbeit ziviler    gaben und Verordnungen integriert werden.
   Institutionen durch aktive Werbung und finan-        Moderne Verhaltensregeln beziehen alle Mobilitäts-
   zielle Unterstützung seines teilnehmenden            formen mit ein, berücksichtigen ungeschützte
   Personals. Darüber hinaus werden die individu-       Verkehrsteilnehmende in besonderem Maße und
   ellen Fähigkeiten der Kraftfahrer der Bundes-        behandeln die Verkehrssicherheit prioritär. Der
   wehr durch Integration der zivilen Verkehrs­         Bund setzt sich dafür ein, dass Vorgaben zur Ge­
   sicherheitsprogramme in die Fahrausbildung           staltung der Infrastruktur und Sicherheitsausrüstung
   unter Berücksichtigung der besonderen Fahr­          von Straßen, Fahrzeugen und Nutzern verständli-
   eigenschaften militärischer Fahrzeuge gefördert.     cher, einfacher zugänglich sowie konkreter in Bezug
                                                        auf „Best Practice“-Beispiele entwickelt werden.

                                                        —M
                                                          it der Bewertung der Qualitätsstufe Verkehrs­
                                                         sicherheit einer Straße soll die Verkehrssicher-
                                                         heitsarbeit auf ein neues Level gehoben werden.
                                                         Dazu soll ein neues technisches Regelwerk er-
                                                         probt werden.

                                                        —R
                                                          egelwerke im Straßen- und Verkehrswesen
                                                         tragen bei konsequenter Anwendung zur
                                                         Sicherheit bei und werden regelmäßig auf Basis
                                                         neuer Erkenntnisse aktualisiert. Der Bund
                                                         fördert deren Weiterentwicklung durch For-
                                                         schungsprojekte und wendet die Regelwerke

                                                                                                         23
Kapitel II – Einzelmaßnahmen des Bundes
        nach Handlungsfeldern

     konsequent auf den Bereich der Fernstraßen an.      Anordnungen angepasst. Sie bilden den recht­
     Der Bund setzt sich für regelmäßige und zeit­       lichen Rahmen für das Verhalten der Verkehrs-
     nahe Anpassungen der Regelwerke ein, um den         teilnehmenden und die Gestaltung der Infra-
     aktuellen Stand der Technik abzubilden. Der­        struktur. Bereits mit der erfolgten StVO-Novelle
     zeit erfolgt die Aktualisierung der Richtlinien     im April 2020 wurde insbesondere der Erhö-
     für die Anlage von Stadtstraßen (RASt), die         hung der Verkehrssicherheit des Radverkehrs
     Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)           Rechnung getragen. Zu den Verbesserungen
     sowie für Fußverkehrsanlagen (EFA). Zusätz­         zählen unter anderem: die Einführung eines
     lich steht die Überarbeitung der Regelwerke für     Halteverbots auf Schutzstreifen für den Rad­
     Lichtsignalanlagen (RiLSA), die Außerorts­          verkehr, die Anordnung von Schrittgeschwindig-
     straßen (RAL) sowie der Autobahnen (RAA) an.        keit für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über
     Auch die existierenden Sicherheitsmanage-           3,5 t innerorts, die Einführung des Grünpfeils
     mentverfahren und die zugehörigen Verfahrens-       für Radfahrende und die Einführung eines Min-
     beschreibungen in den Regelwerken werden            destabstandes beim Überholen Radfahrender.
     regelmäßig an z.B. neue Rahmenbedingungen           Diese neuen Regelungen sind auch Gegenstand
     der EU angepasst. Parallel werden neue Kom-         der Überarbeitung der Allgemeinen Verwal-
     munikationsformen durch den Bund gefördert,         tungsvorschrift zur StVO. Auch zukünftig wer-
     wie z. B. Onlineregelwerke (Umsetzung er­folgt      den in Abstimmung mit den Ländern und
     derzeit für den Leitfaden des Arbeitsstellen­       Kommunen Regelungen zum Verhalten der
     managements).                                       Verkehrsteilnehmenden weiterentwickelt. Dar-
                                                         über hinaus will der Bund auch weiterhin seinen
—D
  er Bund prüft verschiedene Möglichkeiten, um          Beitrag leisten, um adäquate Sanktionshöhen bei
 rechtliche Rahmenbedingungen für die Bereit­            Verwarnungen und Bußgeldern zu ermöglichen.
 stellung sicherheitsrelevanter Daten zu schaffen.
 Hierzu gehört auch die Verordnung über die            — Weiterhin werden parallel zu den Änderungen
 Bereitstellung sicherheitsrelevanter Verkehrsin-         von Verhaltensregeln der Straßenverkehrs-Ord-
 formationen (VO BSVI), welche neue Regelun-              nung Maßnahmen durch den Bund initiiert,
 gen zum Verkehrswarndienst, eine Klarstellung            konzipiert und auch selbst durchgeführt, welche
 der Bereitstellungspflichten für sicherheitsrele-        diese Regeln erläutern, das Bewusstsein für
 vante Daten über den nationalen Zugangspunkt             deren Wichtigkeit stärken und die Folgen bei
 (derzeit der MDM) enthalten soll. Die nationale          Nichteinhaltung verdeutlichen (siehe hierzu vor
 Stelle prüft stichprobenhaft die Einhaltung der          allem das Handlungsfeld Lernen im Wandel der
 delegierten Verordnung (EU) 886/2013 zur Be-             Mobilität). Ein wesentlicher Fokus liegt dabei auf
 reitstellung sicherheitsrelevanter Verkehrsinfor-        neuen Verhaltensregeln. Auch die Aktionen der
 mationen (der über den MDM bereitgestellten              beteiligten Verbände in der Verkehrssicherheits-
 Daten). Rechtliche Grundlage bilden die euro-            arbeit werden noch stärker als bisher auf die
 päische Richtlinie zur Einführung intelligenter          Vermittlung neuer Verhaltensregeln hin optimiert.
 Verkehrssysteme (2010/40/EU) und das Intelli-
 gente Verkehrssysteme Gesetz (IVSG).                  — Im Rahmen eines interdisziplinär angesetzten
                                                          Forschungsvorhabens der BASt werden Unfall-
—D
  ie Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und                  ursachen und Verhaltensweisen von Elektro­
 die zugehörige Verwaltungsvorschrift werden              kleinstfahrzeugen untersucht. Unfälle, das Nut-
 kontinuierlich an die Bedürfnisse und Verän­            zerverhalten, Nutzermerkmale sowie deren
 derungen der Mobilität und die sich daraus              Sicherheitsausrüstung, aber auch Fragen zu
 ergebenden neuen Anforderungen beispiels-               Infrastruktur, Fahrzeugtechnik und Verkehrs-
 weise im Hinblick auf verkehrsrechtliche                recht werden dabei behandelt. Basierend auf

24
den Ergebnissen der wissenschaftlichen Beglei-
  tung wird die Elektrokleinst­fahrzeuge-Ver­
  ordnung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, Ziel-
  setzung und Auswirkungen auf die Verkehrs-
  sicherheit überprüft.

— Um in Zukunft weiterhin Kampagnen zu stärken,
   die Verhaltensregeln im Straßenverkehr ver­
   mitteln, werden Grundlagenforschungen u.a.
   zur Rolle von Medikamenten im Straßen­verkehr
   (u.a. Cannabis als Medikament) sowie zu den
   Dunkelfeldern bei der Erfassung von Drogen­
   delikten im Straßenverkehr unterstützt.

—D
  er Bund setzt sich weiterhin für die Weiter-
 entwicklung sicherer und leistungsfähiger
 Fahrzeug-Rückhaltesysteme ein, dabei werden
 zukünftige Entwicklungen entsprechend be-
 rücksichtigt. Die europäische Norm für Fahrzeug-
 Rückhaltesysteme soll dabei weiter konkretisiert
 und in ihren Anforderungen gestärkt werden.

— Der Bund engagiert sich auf internationaler Ebene
   über die Wirtschaftskommission für Europa
   der Vereinten Nationen (United Nations Economic
   Commission for Europe, UNECE) für die Aktua-
   lisierung der Regelungen vor allem in Bezug auf
   die aktive und passive Fahrzeugsicherheit.
   Deutschland ist in zahlreichen Arbeitsgruppen
   aktiv und leitet einige dieser zentralen Arbeits-
   gruppen. Anhand von aktuellen Forschungsergeb-
   nissen werden regelmäßig Regelungsentwürfe
   eingebracht. Aktuell ist dabei u. a. die Verbesse-
   rung der Prüfvorschriften für den fahrzeug­
   seitigen Schutz von zu Fuß Gehenden und Rad-         — Fahrzeugtechnische Regelungen, z. B. zum auto-
   fahrenden in der Diskussion. Insgesamt wird            matisierten oder autonomen Fahren, werden –
   die Automatisierung weite Bereiche der „klassi-        ebenfalls durch den Bund – in technische und
   schen“ Fahrzeugtechnik (u. a. lichttechnische          rechtliche nationale Vorschriften überführt.
   Einrichtungen, Signalisierung, passive Sicherheit)     Dabei stehen folgende Aufgaben an: Zuerst sind
   betreffen. Der Prozess dieses Wandels wird             die vorhandenen Fahrerassistenzsysteme über
   durch den Bund entsprechend begleitet und              Vorgaben noch stärker flächendeckend in den
   über Regelungen mitgestaltet. Ziel ist es, durch       Markt zu bringen, dann gilt es, Rahmenbedin-
   die Weiterentwicklung der technischen Anfor-           gungen für Pilotvorhaben zu schaffen, und zu-
   derungen an Fahrerassistenzsystemen und                letzt sind die Anforderungen vor allem für das
   automatisierten Fahrfunktionen die Leistungs­          automatisierte, autonome und vernetzte Fahren
   fähigkeit dieser Funktionen stetig zu erhöhen.         fortzuschreiben.

                                                                                                       25
Kapitel II – Einzelmaßnahmen des Bundes
      nach Handlungsfeldern

— Der Bund prüft eine Aktualisierung der Rege-
  lungen über die Fahreignung bei Einnahme von
  Alkohol, Drogen und/oder Arzneimitteln in
  der Fahrerlaubnis-Verordnung und der diese
  konkretisierenden Begutachtungsleitlinien zur
  Kraftfahreignung. Künftig soll die reale Gefähr-
  dung des Straßenverkehrs durch die Einnahme
  dieser psychoaktiven Substanzen im Vorder-
  grund stehen. Eine hierzu eingerichtete Experten-
  gruppe bei der BASt befasst sich mit dieser Frage.

— Auch die übrigen Kapitel der Begutachtungsleit­
   linien werden laufend durch eigens hierzu
   eingerichtete Expertengruppen und unter Be-
   teiligung der einschlägigen Fachkreise fortge-
   schrieben, so etwa die Themen „Bewegungsbe-
   hinderungen“ und „psychische Störungen“.
   Eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe von Bund    Verbesserung des Verkehrsklimas
   und Ländern hat zudem das Ziel, Fragenkata­
   loge zu erarbeiten, die die Fahrerlaubnisbehörden   Für ein effizientes und sicheres Verkehrssystem
   bei der Anwendung der fahreignungsrechtl­ichen      braucht es die verantwortungs- und rücksichtsvolle
   Regelungen einschließlich der Begutachtungs-        Teilnahme aller. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund
   leitlinien zur Kraftfahreignung in der Praxis       eines zunehmend komplexeren Verkehrsgeschehens
   unterstützen sollen.                                mit neuen Mobilitätsformen und einem zunehmen-
                                                       den Automatisierungsgrad von Fahrzeugen ge­
                                                       winnen diese Aspekte weiter an Bedeutung. Der
                                                       Bund will die Potenziale ausschöpfen, die sich
                                                       durch ein rücksichtsvolleres und verkehrssicheres
                                                       Miteinander ergeben, und sich mit zielgruppenge-
                                                       rechten Anspracheformen hierfür einsetzen. Auch
                                                       sollte die Infrastruktur so gestaltet sein, dass Kon-
                                                       flikte im Straßenverkehr gar nicht erst entstehen.

                                                       — Kulturwandel im Straßenverkehr: Eigenverant-
                                                          wortung, Kompetenz und Rücksichtnahme gilt
                                                          es im Alltag wieder stärker in den Mittelpunkt
                                                          zu stellen. Hierfür sind Maßnahmen zu ergreifen,
                                                          um das Verkehrsklima stetig zu verbessern. Da­
                                                          bei betrifft die gemeinsame Verantwortung für
                                                          einen sichereren Straßenverkehr Akteure aus
                                                          allen Bereichen sowie die Verkehrsteilnehmen-
                                                          den selbst. Für die erfolgreiche Umsetzung von
                                                          Maßnahmen im Sinne der „Vision Zero“ ist
                                                          das rücksichtsvolle und regelkonforme Verhalten
                                                          aller Verkehrsteilnehmenden mit entsprechen-
                                                          der Sicherheitsausrüstung ein wichtiger Aspekt.

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