Briefing Notes Gruppe 62 - Informationszentrum Asyl und Migration - BAMF

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Briefing Notes
Gruppe 62 – Informationszentrum Asyl und Migration

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Äthiopien

Äthiopische und eritreische Truppen vermelden Geländegewinne in Tigray
Nach tagelangen Luftangriffen und schwerem Artilleriebeschuss hat das äthiopische Militär gemeinsam mit den
eritreischen Streitkräften am 17.10.22 die Kontrolle über Shire, im Norden Tigrays, übernommen. Quellen vor Ort
berichten von einem Massenexodus der lokalen Bevölkerung. Viele flüchten aus Angst vor einer Wiederholung
früherer Gräueltaten, einschließlich sexueller Gewalt und Massenhinrichtungen. Auch Alamata und Korem im
Süden Tigrays sollen von der äthiopischen Armee eingenommen worden sein, wobei die Lage in Korem unklar ist,
da auch die Tigray Defence Forces (TDF) behaupten, Kontrolle über die Stadt zu haben. Es wird mit einem weiteren
Vorrücken der äthiopischen und eritreischen Armeen in Richtung Mekelle, der Hauptstadt Tigrays, gerechnet. So
sollen am 23.10.22 auch Aksum und Adwa im Norden Äthiopiens eingenommen worden sein. Berichten zufolge
würden nunmehr 70 % Tigrays unter Kontrolle der äthiopischen Militärs stehen. Allein bei den seit Ende August
wieder eskalierenden Kämpfen (vgl. BN v. 29.08.22) sollen mindestens 100.000 Menschen zu Tode gekommen sein.

Die äthiopische Regierung hatte bereits ankündigt, die Angriffe fortsetzen zu wollen. Ziel sei es, die Flughäfen in
Tigray unter Kontrolle zu bringen, um die Lieferung von humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Sachkundige
Beobachtende sind skeptisch, weil ähnliche Versprechen schon in der Vergangenheit gemacht und nicht
eingehalten wurden. Seit den erneuten Kämpfen erreichte kein Konvoi des Welternährungsprogramms der
Vereinten Nationen (WFP) mehr Tigray, wo nach UN-Angaben mehr als 90 % der Bevölkerung Nahrungsmittelhilfe
benötigt.

Experten sprechen von den „verheerendsten Kämpfen der Welt“. UN-Generalsekretär António Guterres, erklärte,
dass die Situation in Äthiopien „außer Kontrolle gerät“ und Gewalt und Zerstörung ein alarmierendes Ausmaß
erreicht haben, der Europarat forderte alle Parteien zu Verhandlungen und die Einhaltung des humanitären
Völkerrechts auf. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verwies darauf, dass die Situation in Tigray noch nie so
schlimm gewesen sei, sowohl in militärischer als auch humanitärer Hinsicht. Übereinstimmend forderten alle
Beteiligten die sofortige Einstellung der Kämpfe und riefen Eritrea zum Rückzug seiner Armee auf. Diplomaten
schätzen, dass rd. 100.000 eritreische Soldaten im Einsatz sind. Am 22.10.22 demonstrierten Tausende Menschen
in mehreren äthiopischen Städten gegen die Einmischung der westlichen Staatengemeinschaft, u.a. der USA, in die
inneren Angelegenheiten des Landes.

AU lädt zu neuen Friedensverhandlungen ein
Die Afrikanische Union (AU) hat für den 24.10.22 erneut zu Friedensverhandlungen eingeladen. Dies ist der zweite
Versuch der AU die äthiopische Regierung und die Regionalregierung Tigrays, die Tigray People’s Liberation Front
(TPLF), an den Verhandlungstisch zu bringen. Ein erster Termin für den 08.10.22 war kurzfristig ohne Angabe von
Gründen verschoben worden (vgl. BN v. 10.10.22). Als Geste ihres guten Willens für Verhandlungen kündigte die

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TPLF am 21.10.22 die Freilassung von 9.400 äthiopischen und eritreischen Kriegsgefangenen, darunter auch 500
Frauen, an.

Afghanistan

Sicherheitslage: Kämpfe der Taliban mit dem Widerstand
Laut Medienbericht vom 24.10.22, haben die Taliban Bewohner des Distrikts Behsud in der Provinz Maidan Wardak
beschuldigt, mit dem örtlichen Befehlshaber einer Hazara-Widerstandsgruppe, General Alipur,
zusammenzuarbeiten und haben einen groß angelegten Angriff auf diesen Bezirk gestartet. Dabei sei ein Zivilist
getötet, elf weitere verletzt und 15 Häuser in Brand gesteckt worden. Viele Bewohner seien in die Berge geflohen.
Bei Kämpfen zwischen den Taliban und der Nationalen Widerstandsfront (NRF) in der Provinz Takhar sind laut
Medienbericht acht Talibankämpfer getötet und sechs weitere verletzt worden. Die Taliban kommentierten dies
nicht. Bei Kämpfen zwischen den Taliban und der NRF in der Provinz Badakhshan, haben die Taliban laut
Medienbericht vom 22.10.22 zehn Gefangene der NRF (inklusive einen ehemaligen Talibankommandeur der
übergelaufen war) erschossen.
Am 22.10.22 haben die Taliban in Kabul (PD8) eine Zelle des Islamischen Staat Khorasan Provinz (ISKP)
ausgehoben, dabei gab es mehrere Explosionen und Schusswechsel. Laut Taliban sollen dabei die Attentäter des
Anschlages auf das Hazara-Kaaj Bildungscenter vom 30.09.22 getötet worden sein (vgl. BN v. 10.10.22).
Nach Medienberichten hat Ruslan Mirzoyev, der Direktor des Exekutivkomitees der Regionalen Anti-Terror-
Struktur (RATS) der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), am 18.10.22 auf einer SOZ-
Sicherheitskonferenz in Dushanbe geäußert, dass die Zahl der Mitglieder islamistischer Gruppen, die sich entlang
der gemeinsamen Grenze Afghanistans mit Tadschikistan versammelt haben, 13.500 Personen übersteigt.
Tadschikistan bräuchte daher internationale Unterstützung bei der Sicherung seiner Grenze zu Afghanistan. Laut
dem tadschikischen Innenminister, haben die Taliban zudem ca. 3000 Reisepässe an Terroristen ausgegeben und
würden Selbstmordattentäter trainieren.

Regierungsführung und Verfolgungslage
Laut einem Report der britischen NGO Intelligence Resistance Center zum Projekt Afghan Witness vom 18.10.22,
haben die Taliban Mitte September 27 gefesselte Gefangene aus dem Widerstand in der Provinz Panjshir
hingerichtet. Täter, Opfer, Zeitpunkt und Örtlichkeiten seien anhand Bildmaterials aus sozialen Medien verifiziert
worden. Laut Medienbericht vom 22.10.22 haben die Taliban 400 staatliche Angestellte (ethnische Tadschiken) in
der Provinz Panjshir entlassen und mit Paschtunen aus Kandahar und Helmand ersetzt. Laut Medienbericht vom
19.10.22 haben die Taliban dem Fußballverband der Provinz Badghis mitgeteilt, dass Fußball zukünftig in dieser
Provinz verboten sei. Am 23.10.22 haben die Taliban ein Schreiben an die Fakultäten der Universität Herat
herausgegeben, in dem sie alle Mädchen anweisen, die Universität in der von den Taliban festgelegten Scharia-
Kleiderordnung zu besuchen, d.h. in einem langen Kleid (Burka) in den Farben schwarz oder marineblau.

Algerien

Journalist zum Tode verurteilt
Der Journalist Abderrahmane Semmar, bekannt als Abdou Semmar, wurde vergangene Woche laut
Medienberichten zum Tode verurteilt. Das Urteil sei eine Reaktion auf Semmars Beteiligung an der Weitergabe
vertraulicher Informationen über Geschäfte der algerischen Ölbehörde Sonatrach, die Veröffentlichung dieser
Informationen sei als Hochverrat gewertet worden. Verschiedene NGOs äußerten sich erneut besorgt darüber, dass
Journalistinnen und Journalisten zunehmend mit Untersuchungshaft und gerichtlicher Schikane konfrontiert seien
und viele lokale und ausländische Nachrichten-Websites in Algerien blockiert würden.
Die Todesstrafe wird nicht mehr vollstreckt, sondern grundsätzlich in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt.

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China

Xi Jinping als Generalsekretär bestätigt
Am 23.10.22 ist Staats- und Parteichef Xi Jinping erwartungsgemäß für eine dritte fünfjährige Amtszeit als
Generalsekretär bestätigt worden (vgl. BN v. 17.10.22). Damit ist für ihn der Weg frei, um 2023 auch für eine dritte
Amtszeit als Präsident anzutreten. Am 22.10.22 hatte der Kongress der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) zum
Abschluss des einwöchigen 20. Parteitags entsprechenden Verfassungsänderungen zugestimmt. Kurz davor war
der frühere Staats- und Parteichef Hu Jintao von Saalordnern von seinem Platz neben Xi Jinping vom Podium
geführt worden. Der Parteikongress wählte zudem das neue Zentralkomitee der Partei, das das Politbüro und
dessen aus sieben Personen bestehenden Ständigen Ausschuss bestimmte, dem Ministerpräsident Li Keqiang nicht
mehr angehören wird. Er bleibt jedoch noch bis zur Ernennung seines Nachfolgers im Amt. Xi Jinping hat China auf
einen zunehmend autoritären Kurs gebracht, der die Sicherheit, die staatliche Kontrolle der Wirtschaft, ein stärkeres
Militär und die Übernahme des demokratisch regierten Taiwans in den Vordergrund stellt.

Tibet: Chinesische Behörden sammeln DNA-Daten
Laut einer Auswertung der Universität Toronto sowie eines Berichts von Human Rights Watch (HRW) werden in
der Autonomen Region Tibet massenhaft DNA-Daten gesammelt. Die chinesischen Behörden sollen bereits über
entsprechende Daten von rd. einem Drittel der Bevölkerung Tibets mit mehr als 3,5 Mio. Menschen verfügen. Die
Blutproben würden für den Aufbau einer Datenbank aller männlichen Bewohner Tibets genutzt. China geht gegen
die Sprache und Kultur der Tibeter und Tibeterinnen vor. Immer wieder gibt es Berichte von Zwangsarbeit,
Umerziehungslagern und Menschen, die sich aus Protest gegen diese Politik selbst anzünden. Zusammen mit
Kameraüberwachung und Gesichtserkennungssoftware dienen die DNA-Daten dazu, das totalitäre System der
Überwachung und sozialen Kontrolle auszubauen. Als Reaktion auf die Berichte ergänzte die Organisation
International Campaign for Tibet, dass neben der ständigen, technologisch unterstützen Massenüberwachung zu
den repressiven Methoden auch die Stationierung von Kadern der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in
Dörfern, Städten und Klöstern in Tibet zähle.

DR Kongo

Unrechtmäßige Festnahmen und Inhaftierungen von Lehrpersonen durch ANR
Die nationale Gewerkschaft für Lehrer (FOSYNAT) kritisierte scharf die von ihr als willkürlich bezeichneten
Festnahmen und Inhaftierungen von mindestens fünf Lehrpersonen durch den nationalen Inlandsgeheimdienst
(ANR) in der Ausnahmezustandsprovinz Nord-Kivu. Eine Geheimdienstquelle bestätigte gegenüber dem UN-
Informationsradio Radio Okapi bisher lediglich die Festnahme des Präfekten des Instituts von Goma aufgrund
dienstlicher Anordnung durch höhere Vorgesetzte, nannte aber keine Einzelheiten.

Familie Kabund, Störung der politischen Betätigungsfreiheit der Partei A.CH
Das Landgericht Kinsahasa-Matete hat mit Urteil vom 14.10.22 die Ehefrau des inhaftierten und angeklagten
Vorsitzenden der jüngst gegründeten Oppositionspartei Alliance pour le Changement (A.CH), Jean-Marc Kabund,
wegen Straftatbeständen aus dem Bereich der Ehrdelikte zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung
sowie zu Schadensersatzleistung an das Opfer in Höhe von 5.000 USD verurteilt. Opfer sei der strafantragstellende
Vizegouverneur von Kinshasa, Gérard Mulumba, gewesen. Kabund, der einst zum inneren Kreis von Präsident
Tshisekedi gehörte und sich u.a. wegen öffentlicher Beleidigung des Staatspräsidenten anlässlich der
Parteigründung in einem Strafverfahren verantworten muss, befindet sich trotz antragsgemäßer letztinstanzlicher
Entscheidung vom 12.08.22 zur Verlegung seiner Person in den Hausarrest weiterhin in Haft (vgl. BN v. 15.08.22).
Des Weiteren verhinderten laut Okapi Jugendliche, die in die Parteizentrale der A.CH in Kinshasa eingedrungen
sind, unter Berufung auf die Inhaftierung von Kabund eine politische Veranstaltung der A.CH-Frauenliga am
16.10.22. Unterdrückung der politischen Aktivitäten der A.CH gab es erst kürzlich bei der Durchführung einer
Demonstration in Kinshasa, die gewaltsam von den Polizeikräften aufgelöst worden sein soll (vgl. BN v. 05.09.22).

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Zweithöchste Armutsrate weltweit
Unter Berufung auf einen aktuellen Bericht der Weltbank berichtete die Deutsche Welle, dass im Jahr 2021 fast 64
% der kongolesischen Bevölkerung von einem Durchschnittseinkommen von weniger als 2,15 USD pro Tag lebten.
Die Weltbank schätzt, dass fast jeder sechste Mensch, der in Subsahara-Afrika extremer Armut ausgesetzt ist, in
der DR Kongo lebt. Das Land habe die zweihöchste Zahl an armen Menschen weltweit.

Guinea

ECOWAS erwirkt Verkürzung der Übergangsphase
Vor dem Hintergrund drohender Sanktion durch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und
nach einem Besuch des ECOWAS-Mediators am 18.10.22 kündigte Übergangspräsident und Junta-Chef Mamadi
Doumbouya an, die Macht innerhalb von zwei Jahren an zivile Kräfte zurückzugeben. Das berichten Medien. Im Mai
2022 hatte das Übergangsparlament die Dauer der Übergangsphase auf 36 Monate festgelegt (vgl. BN v. 16.05.22).
Der neue 24-Monats-Zeitraum soll laut Doumbouya am 01.01.23 beginnen. Bis dahin soll ein genauer Zeitplan
vorliegen. Oppositionspolitiker kritisierten den Startzeitpunkt.

Erneut Tote und Verletzte bei Protesten
Bei Protesten am 20.10. und 21.10.22 in Conakry gegen die herrschende Junta sollen laut Medienberichten
mindestens drei Demonstranten getötet worden sein. Wie das zu den Protesten aufrufende Bündnis Front National
pour la Défense de la Constitution (FNDC) mitteilte, erlitten 20 Personen Schussverletzungen; zahlreiche
Demonstrierende wurden verhaftet. Der Generalstaatsanwalt sprach seinerseits von sechs verletzten
Sicherheitskräften und kündigte ein Vorgehen gegen die Organisierenden der verbotenen Demonstration an. Seit
dem Sommer 2022 kam es mehrfach zu derartigen Demonstrationen mit zivilen Opfern (vgl. BN v. 22.08.22).

Guinea-Bissau

Vorgezogene Parlamentswahl wird verschoben
Die für den 18.12.22 angesetzte vorgezogene Parlamentswahl (vgl. BN v. 23.05.22) wird verschoben. Die Regierung
schlägt nach Konsultationen mit Parteien den 23.04.23 als neuen Termin vor. Dieser muss noch von Staatspräsident
Umaro Sissoco Embaló bestätigt werden. Als Begründung für die Verschiebung führen Medienberichte mit
Berufung auf den Minister für Territorialverwaltung, Fernando Gomes, u.a. den noch nicht begonnenen Prozess der
vollständigen Neuregistrierung von Wählerinnen und Wähler und Ausstellung von Ausweisen für diese an. Hierfür
benötigte Spezialdrucker seien erst Mitte September im Land eingetroffen. Eine Gruppe von sieben Parteien warf
der Regierung Inkompetenz und Tatenlosigkeit mit Blick auf die Organisation der Wahl vor, ohne sich dem
entsprechenden Medienbericht zufolge jedoch gegen die Verschiebung zu stellen.
Finanzminister Ilídio Té hatte unterstrichen, dass eine Verschiebung der Wahl nichts mit dem Programm des
Internationalen Währungsfonds (IWF) im Land zu tun habe. Hingegen erklärte Präsident Embaló laut weiteren
Medienberichten die am 21.10.22 verkündete Entlassung aller seiner Beratenden und von Mitgliedern des
Präsidialkabinetts mit der Notwendigkeit der Rationalisierung, was auch auf Forderungen des IWF zurückzuführen
sei. Zuletzt war auch ein Einstellungsstopp im Gesundheits- und Bildungsbereich mit Verpflichtungen gegenüber
dem IWF begründet worden (vgl. BN v. 19.09.22).

Kokainschmuggel, Pressefreiheit
Hochgestellte Verantwortliche des Innenministeriums und der Generalstaatsanwaltschaft sollen sich einen
Großteil eines tatsächlich 600 kg umfassenden Kokainfundes angeeignet haben. Bei der Verkündigung des Fundes
durch die Behörden im September 2022 waren nur etwas über 80 kg Kokain deklariert worden. Grundlage für die
Anschuldigungen sind laut Medienbericht in sozialen Netzwerken veröffentlichte Audiomitschnitte, die dies
nahelegen. Am 10.10.22 wurden die Räumlichkeiten des privaten Radiosenders Galáxia de Pindjiguiiti von
Sicherheitskräften gestürmt, mutmaßlich wegen einer Berichterstattung über die Unterschlagung von
beschlagnahmtem Kokain. Am Folgetag konnte der Galáxia de Pindjiguiiti seine Programme wieder ausstrahlen.

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Der Radiosender Capital FM, dessen Räumlichkeiten am 07.02.22 in anderem Zusammenhang angegriffen worden
waren (vgl. BN v. 14.02.22), nahm laut Agenturbericht am 07.10.22 den Sendebetrieb wieder auf, zunächst jedoch
ausschließlich mit Musik.

Indien

Ausreiseverbot für kaschmirische Journalistin
Am 18.10.22 wurde die kaschmirische Journalistin Sanna Irshad Mattoo von den indischen Behörden am Flughafen
in Neu-Delhi an der Ausreise in die USA gehindert. Dort sollte die 28-jährige Fotojournalistin zusammen mit drei
weiteren für die Nachrichtenagentur Reuters tätigen Personen den Pulitzer-Preis für ihre Berichterstattung über
die COVID-19-Pandemie in Empfang nehmen. Bereits im Juli 2022 war ihr die Ausreise zu einer Buchvorstellung
mit Fotoausstellung nach Paris untersagt worden. In der Vergangenheit sind mehrere Medienschaffende aus
Kaschmir wiederholt wegen ihrer Berichterstattung über den jahrzehntelangen Konflikt in der Himalaya-Region
mit einem Ausreiseverbot belegt worden.

Irak

Kampf gegen den IS
Am 19.10.22 explodierte eine Sprengfalle an einem Fahrzeug der Peshmerga im Garmiyan-Distrikt der Provinz Erbil.
Mindestens ein Peshmerga starb, acht weitere wurden verwundet.
Am 23.10.22 wurde bekannt, dass irakische Sicherheitskräfte neun vermutliche IS-Anhänger in der Provinz Diyala
festgenommen haben.

Türkei-PKK-Konflikt
Am 18.10.22 kam es im Distrikt Shingal zu einem Angriff, bei dem zwei PKK-Kämpfer und zwei Zivilisten verletzt
wurden. Der genaue Ablauf ist unklar.
Am 23.10.22 berichtete das türkische Verteidigungsministerium, dass die türkischen Streitkräfte im Laufe der
Woche drei PKK-Mitglieder getötet hätten.

Repatriierungen aus al-Hol
Am 18.10.22 wurde die Rückkehr weiterer 161 Familien mit ca. 650 Mitgliedern aus al-Hol bekanntgegeben. Diese
werden nun in der Provinz Ninawa in einem Durchgangslager überprüft. Insgesamt hat Irak bisher nach eigenen
Angaben 925 Familien repatriiert. In al-Hol leben derzeit noch rd. 55.000 Mitglieder und Angehörige des IS, die
dort seit dem Fall des IS gefangen gehalten werden. Etwa die Hälfte davon sind irakischer Herkunft.

Iran

Anhaltende Proteste: laut Menschenrechtsorganisation bisher 240 Tote und rd. 12.000 Verhaftungen
Unter Verweis auf Schätzungen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Activists News Agency (HRANA)
wird berichtet, dass während der anhaltenden Proteste landesweit bisher mindestens 240 Menschen getötet
worden seien, darunter mehr als 30 Minderjährige. Rd. 12.000 Personen seien demnach festgenommen worden.
Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig bestätigen. Offizielle Zahlen werden hierzu nicht bekannt gegeben.
Auslandsmedien berichten jedoch, dass sich nach Angaben eines Sprechers der Basij-Organisation, einer
paramilitärischen Freiwilligenmiliz, die zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt wird, bisher insgesamt höchstens
70.000 Personen, davon 10.500 Studierende, an den Protesten beteiligt hätten. Zudem seien demnach 70 % der
Inhaftierten unter 20 Jahre alt. Details zur Erhebung dieser Zahlen seien jedoch nicht genannt worden.
Die Lage bleibt weiterhin unübersichtlich. Nach Aufrufen durch Aktivistinnen und Aktivisten kam es laut
Medienberichten am 22.10. und 23.10.22 zu weiteren Demonstrationen und Kundgebungen in zahlreichen Städten
des Landes, u.a. in Teheran, Isfahan (Zentraliran), Arak (Provinz Markazi), Dezful (Khuzestan), Bandar-e Lengeh
(Hormozgan) und Mahabad (West-Aserbaidschan). An mehreren Universitäten und Bildungseinrichtungen fanden
am 23.10.22 Kundgebungen, Protestaktionen und Sitzblockaden sowie Streiks statt. Lehrergewerkschaften hätten
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hierzu aufgerufen, um gegen Gewaltanwendung und Verhaftungen von Studierenden zu demonstrieren. Weitere
Aktionen Studierender richteten sich gegen die Geschlechtertrennung u.a. in Universitätskantinen. Neben
Kundgebungen tagsüber würden insbesondere nächtliche Proteste und gewaltsame Zusammenstöße örtlich
aufflammen. Dabei seien erneut Protestierende von Sicherheitskräften unter Einsatz von Tränengas und
Schlagstöcken angegriffen worden. In Zahedan seien laut Polizeiangaben am 21.10.22 über 50 Personen nach
Protesten festgenommen worden. Gleichzeitig kommt es Berichten zufolge zu anhaltenden Arbeiterstreiks,
insbesondere in Städten der kurdisch geprägten Provinzen, u.a. Sanandaj und Bukan. Laut Berichten schlossen sich
auch in der Stadt Tabriz (Ost-Aserbaidschan) Arbeiter einer Schokoladenfabrik Aufrufen zu Solidaritätsstreiks an
und versammelten sich am 22.10.22 auf dem Werksgelände. Dies habe eine zunehmende Präsenz an
Sicherheitskräften in Tabriz zur Folge gehabt. Daneben habe die Gewerkschaft von LKW-Fahrern zu Streiks ab
21.10.22 aufgerufen.
Weiterhin erschwert wird die Berichterstattung durch großflächige Störungen des Internets. Die persischsprachige
Ausgabe der BBC weist in dem Zusammenhang auf verbreitete Verhaftungen von Journalistinnen und Journalisten
hin.

Verurteilung von drei Aktivisten der Lehrergewerkschaft
Auslandsmedien berichten über die Verurteilung von drei Lehreraktivisten zu Haftstrafen sowie weiteren Strafen
(Verbot jeglicher gewerkschaftlichen Aktivitäten sowie Ausreiseverbote). Die Männer waren bereits im Mai 2022 im
Zuge von Protesten des Lehrpersonals festgenommen worden. Ihnen werden demnach Absprachen zu
Versammlungen und Propaganda gegen das Regime vorgeworfen. Am 12.05. und 13.05.22 war es im Zuge von
Protestkundgebungen der Lehrergewerkschaft in Teheran und anderen Städten zu Festnahmen gekommen. Die
Protestierenden forderten die Freilassung von inhaftierten Lehrkräften, die bei vorangegangenen Protesten
verhaftet worden waren, sowie eine Einstellung der Strafverfolgung von Lehrenden (vgl. BN v. 16.05.22).

Jemen

Drohnenangriff auf griechischen Frachter
Am 21.10.22 wurde ein griechisches Frachtschiff von Drohnen der Houthis angegriffen, als es im Begriff war, am
Hafen von al-Shihr anzudocken um Öl zu laden. Al-Shihr liegt an der Küste des Gouvernements Hadramaut,
welches unter Kontrolle der international anerkannten Regierung steht. Letztere fing die Drohnen eigenen Angaben
zufolge ab; es wurden keine Personen- oder Sachschäden gemeldet. Die Houthis bezeichneten den Angriff als
Warnung und forderten alle Unternehmen dazu auf, die Plünderung jemenitischer Ressourcen einzustellen. Der
Vorfall ist die erste offen kommunizierte Konflikthandlung seit Auslaufen des Waffenstillstands am 02.10.22.

Kolumbien

Anstieg von Kokaanbau und Kokainproduktion auf Rekordniveau
Laut eines am 20.10.22 veröffentlichten Berichts der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung
(UNODC) stieg sowohl der Kokaanbau als auch die Kokainproduktion im Jahr 2021 auf ein neues Rekordniveau seit
Beginn der Aufzeichnungen vor 21 Jahren. Demnach wuchs innerhalb eines Jahres die Anbaufläche um 43 % auf
über 200.000 Hektar an, das Produktionspotenzial von Kokainhydrochlorid stieg auf rd. 1.400 Tonnen. Nach wie
vor sind besonders die Grenzregionen Norte de Santander, Nariño und Putumayo betroffen. Laut Justizminister
Néstor Osuna handle es sich trotz der Ausrottungsbemühungen um eine in der Geschichte des Landes beispiellose
Steigerung des Anbaus und der Produktion.
Der einfache Anbau und die mehrmalige Ernte von Koka bringen den Landwirten häufig höhere Einnahmen ein, als
die Produktion traditioneller landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Kakao und Kaffee. Die UN möchte mittels eines
Projekts Landwirte zur Aufgabe des Kokaanbaus und zum Umstieg auf andere Agrarprodukte animieren.

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Libanon

Wirtschaftslage
Am 19.10.22 wurden einige Änderungen am Bankengesetz im Parlament verabschiedet, die Teil der Forderungen
des Internationalen Währungsfonds (IWF) für finanzielle Hilfen an Libanon sind. Es besteht weitgehende Einigkeit
bei Beobachtern, dass die beschlossenen Änderungen nicht ausreichen, um die Forderungen des IWF zu erfüllen.
Am selben Tag gab der Gesundheitsminister eine Pressekonferenz anlässlich der aktuellen Choleraepidemie.
Inzwischen waren rd. 170 Fälle festgestellt worden. Die Epidemie wird massiv durch die Probleme der
Wasserversorgung begünstigt, da teilweise die Energie für die Wasserpumpen für das Wassersystem in mehreren
Teilen des Landes fehlt, auch wenn durch UNICEF eine größere Menge Diesel für die entsprechenden Generatoren
vorerst gesichert werden konnte. Auch Chlor zur Desinfektion des Wassers sei rar, aber prinzipiell vorhanden. In
Bezug auf Impfstoffe gegen die Cholera wurde darauf hingewiesen, dass diese derzeit schwer zu beschaffen seien,
nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern weil es weltweit mehrere Hotspots und nur sehr begrenzte
Fertigungskapazitäten gebe.
Am 21.10.22 gab UNRWA bekannt, dass es zur Abdeckung der notwendigsten Ausgaben in Libanon derzeit
kurzfristig 13 Mio. USD benötigen würde. Die Auswirkungen der Krisen betreffen Palästinenser in Libanon
überproportional.

Montenegro

Verfassungsgericht trotz EU-Beschwerde und Kommunalwahl weiter nicht beschlussfähig
Laut aktuellem Medienbericht bleibt das seit dem 20.09.22 nicht mehr beschlussfähige montenegrinische
Verfassungsgericht trotz der aktuellen Forderung der EU nach einer Aufhebung der Justizblockade weiterhin
blockiert. EU-Botschafterin Oriana Christina Popa habe das Parlament am 20.10.22 nochmals aufgefordert, die vier
durch Ausscheiden vakant gewordenen Richterposten durch Wahl mit Zweidrittelmehrheit neu zu besetzen, da zur
Sicherung der Rechtsstaatlichkeit handlungsfähige Institutionen erforderlich seien. Die größte Oppositionspartei
DPS (Demokratische Partei der Sozialisten) habe jedoch am 21.10.22 mitgeteilt, man werde die Wahl der von der
ehemaligen Regierungsmehrheit vorgeschlagenen Richterkandidaten nicht unterstützen, da deren Auswahl
politisch motiviert sei. Abgeordnete der die Kandidaten stützenden Demokratischen Front (DF) hätten dagegen
davor gewarnt, dass eine andauernde Blockade des Gerichts negative Auswirkungen auf die wichtigen
Kommunalwahlen haben könnte, da das Verfassungsgericht die höchste juristische Instanz bei Beschwerden über
Wahlunregelmäßigkeiten sei.

Nicaragua

Hinweise auf zunehmende Repressionen gegenüber Mitarbeitenden im Justizwesen
In einem kürzlich gemeinsam von Esta Semana und El Confidencial veröffentlichten Interview mit einer im
Staatsdienst beschäftigen Person aus dem Bereich des Justizwesens spricht diese u.a. von zunehmender
Überwachung und Kontrolle der Mitarbeitenden durch sandinistische Parteiaktivisten und -aktivistinnen,
Verpflichtung zur Parteiangehörigkeit für die Weiterbeschäftigung, Degradierungen bei unerwünschten
öffentlichen Kommentaren oder Aktivitäten sowie Verboten der Teilnahme an Messen oder Veranstaltungen der
katholischen Kirche. Auch für die Ausreise zu Urlaubszwecken müsse ein Richter oder eine Richterin bspw. zunächst
eine Erlaubnis beantragen, die jedoch, insbesondere bei Angabe des Reiseziels USA, fast immer abgelehnt werde.
Zudem deutet die interviewte Person auch eine steigende Unzufriedenheit unter regierungspartei-loyalen
Beschäftigten u.a. aufgrund der Verbote bzgl. Messebesuchen und Ausreiseeinschränkungen an. Eine unabhängige
Prüfung dieser Informationen war nicht möglich.
Aus weiteren Medienberichten geht jedoch hervor, dass in den vergangenen Wochen mindestens drei als
regierungspartei (FSLN)-loyal geltende, höhere Mitarbeitende des Obersten Gerichtshofs (CSJ) mutmaßlich auf
direkte Weisung des im Präsidentenpalast angesiedelten FSLN-Sekretariates entlassen worden sind. Über die
genauen Gründe hierfür gibt es aktuell nur Spekulationen. Zudem ist mit Roberto Larios Meléndez bereits am
16.10.22 der Sprecher und Leiter der Kommunikationsabteilung des Obersten Gerichtshofs festgenommen und in

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die Direktion für Rechtshilfe (bekannt als el Chipote) verbracht worden, auch er gilt als parteitreu. Auch andere
Personen deuten an, dass parteipolitischer Druck, bspw. FSLN-Aktivitäten zu unterstützen, innerhalb der
staatlichen Institutionen vor den anstehenden Kommunalwahlen ansteigen würde. Mehrere internationale
Berichte sprachen bereits vor diesen Meldungen von einer nicht unabhängigen und den Weisungen der obersten
politischen Führung unterstehenden Justiz. Auch der UN-Menschenrechtsausschuss wies in seiner letzten Sitzung
zu Nicaragua vom 19.10.22 auf eine erhebliche Verschlechterung der Menschenrechtslage seit 2018 hin.

Niger

Tillabéri: Sicherheitslage
Medienberichten zufolge sei es am 22.10.22 zu einem Angriff unbekannter Personen in der Region Banibangou, auf
der Verbindungsstraße zwischen den Orten Tizegorou und Banibangou, gekommen. Dabei seien drei bis fünf LKW
in Brand gesetzt und elf Menschen getötet worden. Die Angaben differieren in den Berichten. Der Angriff wird
Mitgliedern des Islamischen Staates in der Großen Sahara (Etat Islamique dans le Grand Sahara – EIGS)
zugeschrieben.

Nigeria

Niger State: Krankenhauspersonal und Kranke entführt
Bewaffnete Angreifer haben am 18.10.22 in der Stadt Gulu im Bundesstaat Niger ein Krankenhaus überfallen,
mehrere Menschen getötet und rd. 20 entführt. Gulu liegt ca. 100 km südwestlich der nigerianischen Hauptstadt
Abuja. Laut Medienberichten sind unter den Entführten sowohl Patientinnen, Patienten und Angehörige als auch
Krankenhauspersonal, darunter ein Arzt und ein Apotheker. Behördenangaben zufolge ist die Anzahl der entführten
Personen geringer. Niger State zählt zu den Bundesstaaten, die zuletzt häufig von Entführungskriminalität
betroffen waren (vgl. BN v. 04.07.22 u. 25.07.22). Den Kidnappern geht es dabei in aller Regel um die Erpressung
von Lösegeld.

Benue State: Tote bei Zusammenstößen zwischen Hirten und Bauern
Am 19.10.22 starben im zentralen Bundesstaat Benue bei einem Überfall auf ein Dorf 18 Menschen, darunter zwei
Polizisten. Zahlreiche weitere Personen wurden verletzt. Das geht aus Medienberichten hervor, die sich auf
Behördenangaben vom 20.10.22 berufen. Hirten hätten die kleine Ortschaft Gbeji in der Local Government Area
(LGA) Ukum mit Macheten und Schusswaffen gestürmt. Konflikte zwischen Viehzüchtern und Bauern um Land-,
Weide- und Wasserrechte kommen in weiten Teilen Nigerias häufig vor. Nach Angaben eines Vertreters der Polizei
Benues handelte es sich im konkreten Fall jedoch um eine Vergeltungsmaßnahme für die Tötung von fünf Fulani-
Hirten durch Dorfbewohner am 18.10.22. Auch belaufe sich die Zahl der bei dem Überfall getöteten Personen nicht
auf 18, sondern auf zehn, darunter ein Polizist. Laut anderslautenden Medienberichten soll die Gesamtzahl der
Todesopfer allerdings bei 23 liegen. Einer verbreiteten Ansicht zufolge sind Armut und wirtschaftliche
Perspektivlosigkeit ein wesentlicher Grund für gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen sesshaften und
nomadisch lebenden Menschen in Nigeria. Ethnische und religiöse Rivalitäten würden zur Komplexität der Situation
beitragen und eine Lösung der zuletzt häufiger eskalierenden Konflikte noch erschweren.

EndSARS-Proteste jähren sich zum zweiten Mal
Polizeikräfte haben am 20.10.22 Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt, um in Lagos eine Kundgebung anlässlich
des zweiten Jahrestags einer im Jahr 2020 tödlich geendeten Protestaktion aufzulösen. Am 20.10.20 hatten
Uniformierte das Feuer auf Demonstrierende eröffnet, nachdem es zuvor seit Tagen zu andauernden landesweiten
Protesten gegen Polizeigewalt und schlechte Regierungsführung gekommen war (vgl. BN v. 26.10.20). Die
Protestaktionen wurden #EndSARS genannt, da eine Hauptforderung der Demonstrierenden die Auflösung der für
Gewalttätigkeiten bekannten Polizeieinheit Special Anti-Robbery Squad (SARS) war. Die Anzahl der am 20.10.20
getöteten und verletzten Personen ist bis heute unklar. Jüngsten Angaben Amnesty Internationals zufolge befinden
sich noch immer über 40 Personen in Haft. Ihre Inhaftierung sei verlängert worden, ohne dass ein Gerichtsverfahren
gegen sie laufe. Gleichzeitig würde die Arbeit von Gremien, die zur Untersuchung von Polizeigewalt in Nigeria
eingerichtet wurden, weiter ohne Ergebnis bleiben.
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Aktuelle Angaben zu IDPs und ausländischen Schutzsuchenden
In Nigeria lebten am 30.09.22 Angaben des UNHCR zufolge über 3 Mio. intern Vertriebene (internally displaced
people, IDPs) und 92.048 registrierte Schutzsuchende aus anderen Staaten, insbesondere aus Kamerun. Eine
Übersicht des UNHCR vom 07.10.22 gibt die Zahl von IDPs im Nordosten Nigerias mit 2.197.824 an, was gegenüber
noch 2.200.357 zum Beginn des Jahres 2022 (vgl. BN v. 21.02.22) einen geringfügigen Rückgang bedeutet. Die Zahl
der IDPs im Nordwesten und in der nördlichen Mitte (North-Central) ging seither von 983.701 auf 969.757 zurück.

Pakistan

Mandatsverbot für Ex-Premier Imran Khan; Erfolge für die PTI bei Nachwahlen
Am 21.10.22 befand die pakistanische Wahlkommission Imran Khan einstimmig korrupter Praktiken für schuldig
und belegte den Ex-Premier mit einem Mandatsverbot für die Nationalversammlung. Khans Partei Pakistan
Tehreek-e-Insaf (PTI) wies das Urteil umgehend zurück und rief ihre Mitglieder zu Protesten auf. Laut Aussagen
eines Sprechers der PTI warte man außerdem die ausführliche Begründung der Entscheidung ab und behielte sich
die Einlegung eines Rechtsmittels beim Islamabad High Court vor. Vorausgegangen war ein Antrag eines Mitglieds
der Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) von August 2022, wonach Khan Geschenke ausländischer
Würdenträger aus dem staatlichen Geschenkdepot (Toshakhana) gekauft und weiterverkauft haben soll, ohne der
Kommission Details zu deren Verkauf offengelegt zu haben. Das Geschenkdepot ist eine in den 1970er Jahren
eingerichtete Regierungsstelle, bei der Geschenke von ausländischen Staatsgästen abgegeben werden müssen.
Der im April 2022 durch ein Misstrauensvotum des Parlaments seines Amtes enthobene Khan warf der Kommission
Befangenheit vor. Nach seiner Absetzung hielt Khan im ganzen Land Kundgebungen gegen das Parteienbündnis
Pakistan Democratic Movement (PDM) ab und forderte vorgezogene Parlamentswahlen, die planmäßig im Oktober
2023 vorgesehen sind. Vor allem innerhalb der jungen Bevölkerung fand Khan viel Unterstützung und die PTI
konnte bei im pakistanischen Wahlsystem vorgesehenen Nachwahlen für vakante Sitze im Juli und Oktober 2022
große Erfolge verzeichnen. Bei den Nachwahlen am 17.10.22 standen acht Sitze für die Nationalversammlung zur
Wahl, jeweils drei in den Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Punjab sowie zwei in der Stadt Karachi. Der für sieben
der acht Sitze angetretene Khan konnte sechs davon gewinnen. Die Kandidatur für mehrere Sitze ist möglich,
werden jedoch mehrere Sitze von einem Kandidaten gewonnen, muss dieser sich für einen entscheiden und die
übrigen aufgeben. Die anderen zwei Sitze entfielen auf Kandidaten der Pakistan People's Party (PPP), Teil des
Parteienbündnisses PDM. Bei den Nachwahlen im Juli 2022 in der Provinz Punjab gewann die PTI 15 von 20 Sitzen.
Dies wird als Stimmungsindikator dahingehend interpretiert, dass die Bevölkerung im Land Neuwahlen
befürwortet. Die amtierende Regierung von Premierminister Shehbaz Sharif (PML-N) hat sich bisher beharrlich
geweigert, vorgezogene Parlamentswahlen abzuhalten.

Pakistan von grauer Liste wegen Terrorismusfinanzierung gestrichen, Geberkonferenz wegen Flutschäden
Am 21.10.22 ist Pakistan nach vier Jahren von der grauen Liste der globalen Aufsichtsbehörde Financial Action Task
Force (FATF) gestrichen worden. In der Begründung der FATF hieß es, Pakistan habe die technischen Mängel
behoben, um den Verpflichtungen aus den Aktionsplänen nachzukommen, die u.a. die Bekämpfung von
Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung sowie Maßnahmen gegen bewaffnete Gruppen und Einzelpersonen
vorsehen. Auf der grauen Liste der FATF stehende Länder verfügen nur über beschränkte Möglichkeiten der
internationalen Kreditaufnahme.
Die Flut im Sommer 2022 hat laut Regierung Schäden in Höhe von 30 Mrd. USD verursacht. Die UN und Frankreich
haben eine Geberkonferenz in Aussicht gestellt. Pakistan zählt zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen
Ländern, obwohl es weniger als ein Prozent zu den weltweiten Kohlenstoffemissionen beiträgt.

Anti-Terror-Einsätze in Belutschistan
Am 18.10.22 haben pakistanische Sicherheitskräfte im Distrikt Kharan vier mutmaßliche Kämpfer der Balochistan
Liberation Army (BLA) bei einem Einsatz erschossen. Einzelheiten wurden nicht bekannt, auch die BLA
kommentierte den Vorfall nicht.
Am 16.10.22 sind fünf Kämpfer einer nicht näher bezeichneten islamistischen Gruppierung bei einem Feuergefecht
mit Sicherheitskräften im Distrikt Mastung getötet worden.

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Palästinensische Autonomiegebiete / Israel

Westjordanland: Palästinensische Angreifer getötet, Tote bei Auseinandersetzungen mit Militär, Angehöriger
militanter Gruppierung in Nablus getötet
Am 19.10.22 wurde ein Palästinenser getötet als er einen Checkpoint am Eingang zu einer israelischen Siedlung
nahe Ostjerusalems mit einer Schusswaffe angriff, während er einen Sprengsatz bei sich trug. Die Wachleute der
Siedlung erwiderten das Feuer und töteten den Angreifer. Ein Wachmann wurde dabei verwundet. Bei dem
getöteten Angreifer handelt es sich offiziellen israelischen Angaben zufolge um den gesuchten Täter eines
tödlichen Angriffs auf einen israelischen Militärcheckpoint, bei dem der Gesuchte einen Soldaten erschossen hatte
(vgl. BN v. 10.10.22).
Am 21.10.22 kam es erneut zu Gewalt durch Siedlerinnen und Siedler nahe der palästinensischen Ortschaft Huwara.
Angaben des israelischen Militärs zufolge zogen die Personen durch die Ortschaft, bewarfen palästinensische Autos
mit Steinen und setzten Pfefferspray gegen Militärangehörige ein, die versuchten die Gruppe aufzulösen.
Am selben Tag wurde ein Palästinenser im Geflüchtetenlager Jenin durch einen Schuss in den Hals getötet. Es kam
im Rahmen einer Verhaftungsrazzia durch das israelische Militär zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit
Palästinenserinnen und Palästinensern. Drei weitere Personen wurden durch Schüsse verwundet. Die Gruppierung
Islamischer Jihad in Palästina verkündete in einer Stellungnahme, es habe sich bei dem Getöteten um eines ihrer
Mitglieder gehandelt.
Am 22.10.22 verstarb Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums zufolge ein Palästinenser, nachdem
er durch Schüsse an einem Checkpoint im Norden des Westjordanlandes durch israelisches Militär verwundet
worden war. Angaben des israelischen Militärs zufolge habe der Getötete versucht illegal die Grenze nach Israel zu
passieren. Bei dem Versuch der Verhaftung floh er in seinem Fahrzeug und fuhr einen Soldaten oder eine Soldatin
an, woraufhin das Militär das Feuer auf ihn eröffnete. Seiner Familie zufolge habe sich der Getötete auf seinem
regulären Weg zu seiner Arbeitsstelle in Israel befunden.
Am 24.10.22 wurde ein Palästinenser, bei dem es sich Medienberichten zufolge um ein hochrangiges Mitglied der
militanten Organisation Höhle der Löwen gehandelt hat, getötet, als in Nablus ein Sprengsatz explodierte. Der
Sprengsatz war an einem Motorrad befestigt und detonierte, als der Getötete vorbeilief. Ob es sich um einen zeit-
oder ferngesteuerten Sprengsatz handelt, blieb unklar. Die Gruppierung Höhle der Löwen warf dem israelischen
Militär die gezielte Tötung vor.

Ostjerusalem: Minderjähriger Palästinenser nach Messerangriff getötet
Am 22.10.22 wurde Angaben des israelischen Militärs zufolge ein minderjähriger Palästinenser erschossen, der
zuvor einen Israeli mit einem Messer schwer verletzt haben soll. Der 16-Jährige floh daraufhin, konnte allerdings
durch das israelische Militär identifiziert werden und wurde durch Militärangehörige auf einem Fußballplatz in der
Gegend von Sheikh Jarrah erschossen, als er sich mit einem Gegenstand in der Hand zu ihnen umdrehte.

Republik Kongo

Vorläufige Freilassung und formelle Anklageerhebung
Laut Medienbericht wurde die zwischenzeitlich wegen Gefährdung der inneren Staatssicherheit angeklagte
Studentin Moulounda nach einjähriger Haft ohne Gerichtsverfahren (vgl. BN v. 14.03.22) vorläufig freigelassen.
Bezüglich des Anklagepunktes des unerlaubten Besitzes von Kriegswaffen sei die Anklage fallen gelassen worden.

Republik Moldau

Anti-Regierungsproteste in Chișinău
Am 23.10.22 demonstrierten laut Agenturmeldungen rd. 7.000 Menschen im Zentrum der Hauptstadt Chișinău
gegen die seit dem Jahr 2021 amtierende pro-westliche Regierung und Staatspräsidentin Maia Sandu. Bereits seit
einigen Wochen finden im Zuge stark gestiegener Energiepreise und anhaltender Versorgungsschwierigkeiten bei
russischen Gaslieferungen regelmäßige Proteste statt, die als von der oppositionellen Partei des sich im Ausland
aufhältigen Geschäftsmanns Ilhan Shor organisiert gelten. In der nicht von der Zentralregierung kontrollierten

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Region Transnistrien wurde laut Medienberichten am 21.10.22 ein wirtschaftlicher Ausnahmezustand verkündet,
der für elf Tage gelten soll und mit der kritischen Energieversorgungssituation begründet wurde.

Somalia

Hotel-Belagerung in Kismayo
Am 23.10.22 soll es eine Explosion vor dem bei örtlichen Clan-Ältesten und Geschäftsreisenden beliebten Hotel
Tawakal in Kismayo, gefolgt von der Erstürmung des Gebäudes durch Bewaffnete und einer siebenstündigen
Belagerung gegeben haben. Mindestens neun Personen, darunter Zivilpersonen, seien offiziellen Angaben zufolge
getötet und 47 weitere verletzt worden. Al-Shabaab bekannte sich zu dem Anschlag.

Einrichtung einer Hotline für von al-Shabaab Bedrohte
Als Teil der Offensive gegen al-Shabaab verkündete Präsident Hassan Sheikh Mohamud die Einrichtung einer
Hotline, über die die Bevölkerung al-Shabaab-Erpressende melden kann. Die Regierung sei bestrebt, die
Steuererhebung bzw. erpresserische Einnahmen durch al-Shabaab zu blockieren. Zuvor warnte die Regierung
lokale Unternehmen davor, al-Shabaab zu unterstützen, indem finanziellen Forderungen Folge geleistet wird. Dies
könnte zum Entzug der Geschäftslizenz führen.

SJS-Generalsekretär erneut festgenommen
Am 18.10.22, zwei Tage nachdem er gegen Kaution freigelassen wurde (vgl. BN v. 17.10.22), wurde Abdalle Ahmed
Mumin, der Generalsekretär des Somali Journalists Syndicate (SJS), erneut festgenommen. Er wurde auf dem Weg
zu einer medizinischen Behandlung nach Nairobi von der National Intelligence and Security Agency (NISA)
festgenommen. Offizielle Stellungnahmen zu dem Fall gibt es bislang nicht.

21 Tote bei zwei parallelen Anschlägen in Hiiraan
Am 19.10.22 sollen laut Berichten elf bis 15 Personen bei einem Selbstmordanschlag in Jalalaqsi (Region Hiiraan)
durch eine Autobombe getötet worden sein. Unter den Getöteten befänden sich Zivilpersonen, Militärangehörige
sowie der Bürgermeister der Stadt, Adan Mohamed Isse, und der Bezirkskommissar, Mohamed Nur Agajof
Dabaashe. Das Hauptziel sei die Zerstörung der Hauptbrücke der Stadt gewesen. Bei einem weiteren Anschlag, der
die Stadtbrücke von Bulobarde (Region Hiiraan), die wichtigste Verbindung zwischen den südlichen und zentralen
Regionen Somalias, traf, wurden sechs Personen, darunter vier Zivilpersonen, getötet. Al-Shabaab bekannte sich
zu beiden Anschlägen. In der Region Hiiraan fanden in den letzten Wochen verstärkt Clan-Mobilisierungen und
koordinierte Operationen des Militärs gegen al-Shabaab statt (vgl. BN v. 05.09.22 u. 19.09.22).

Sri Lanka

Verfassungsänderung zur Beschränkung der Macht des Präsidenten
Am 21.10.22 haben 179 Abgeordnete der Regierungskoalition und der Opposition einer Verfassungsänderung zur
Beschränkung der Macht des Präsidenten zugestimmt. Damit war die für die Verfassungsänderung benötigte
Zweidrittelmehrheit im insgesamt 225 Sitze umfassenden Parlament erreicht. Dies war ein zentrales Anliegen der
Demonstrierenden, die seit Monaten politische Reformen und eine Lösung der Wirtschaftskrise einfordern. Die
Verfassungsänderung sieht vor, dass Vollmachten des Präsidenten an einen Verfassungsrat übertragen werden, der
sich sowohl aus Abgeordneten als auch Personen außerhalb der Politik zusammensetzt. Der Rat soll dem
Präsidenten künftig auch geeignete Personen für Regierungsämter vorschlagen. Sri Lanka erlebt derzeit eine
Wirtschaftskrise. Seit Monaten erleidet die Bevölkerung Engpässe beim Import wichtiger Güter bei einer zugleich
stark gestiegenen Inflation. Der im Juli 2022 vereidigte Präsident Ranil Wickremesinghe sprach sich für politische
Reformen aus, nachdem sein Vorgänger Gotabaya Rajapaksa außer Landes geflohen war. Wickremesinghe erzielte
eine vorläufige Einigung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein vierjähriges Hilfsprogramm.

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Sudan

Erneute Demonstrationen
Am 21.10.22 kam es landesweit zu Demonstrationen gegen die Machtübernahme durch das Militär und für den
Übergang zu einer zivilen Regierung. Sicherheitskräfte versuchten in mehreren Städten durch Straßen- und
Brückensperrungen die Demonstrationen zu verhindern bzw. einzuschränken.
Am 23.10.22 kam es zu erneuten Demonstrationen in Karthum. Dabei wurde eine protestierende Person von
Sicherheitskräften erschossen.
Am 25.10.22 jährt sich die Machtübernahme durch das Militär. Für diesen Tag, sowie für den 30.10.22, haben die
involvierten Widerstandskomitees umfangreiche Demonstrationen sowie weitere Aktionen angekündigt. Mit Blick
auf die angekündigten Demonstrationen am 25.10.22 rief der UNHCR die sudanesischen Sicherheitskräfte zur
Besonnenheit und einem Verzicht zur Gewalt auf.

Blue Nile State und West Kordofan: Interkommunale Konflikte
Während erneuter interkommunaler Kämpfe im südlichen Teil des Bundesstaats Blue Nile kamen 150 bis 200
Menschen ums Leben, 86 bis 90 Personen wurden verletzt. Die jüngsten Kämpfe erstreckten sich über zwei Tage,
vom 19.10. bis zum 20.10.22, und konzentrierten sich hauptsächlich auf die Region Wad al-Mahi. Berichten zufolge
sei eine den Hausa nahestehende Gruppierung von bewaffneten Personen angegriffen worden. Seit Juli 2022
kommt es zwischen der ethnischen Gruppierung Hausa und anderen ethnischen Gruppen immer wieder zu
Kämpfen und bewaffneten Auseinandersetzungen (vgl. BN v. 27.07.22, 05.09.22 u. 17.10.22). Der Grund ist v.a. ein
Gesetz, wonach die Hausa als letzte sich in der Region des Blauen Nil niedergelassene Gruppe kein Recht auf Land
hat. Die Hausa hingegen fordern Landbesitz sowie politisches Mitspracherecht, was andere ethnische Gruppen
jedoch ablehnen.
Am 21.10.22 rief der Gouverneur von Blue Nile State aufgrund der anhaltenden Gewalt für 30 Tage den Notstand
aus. Am 22.10. und 23.10.22 kam es vor dem örtlichen Hauptquartier der sudanesischen Armee zu Demonstrationen
gegen die Gewalt und für den Rücktritt des Gouverneurs.
Nach Angaben der UN kosteten Konflikte wie dieser seit Jahresbeginn landesweit fast 600 Menschen das Leben,
während mindestens 211.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden.

Interkommunale Kämpfe im Bundesstaat West Kordofan, nahe der Stadt Al Lagowa, forderten bereits in den Tagen
vom 13.10. bis zum 15.10.22 mindestens 19 Todesopfer und mehrere Dutzend Verletzte. Nach Angaben des Amtes
der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) seien mindestens 4.000
Menschen vertrieben worden. Bei einem Besuch des Gouverneurs in der Stadt Al Lagowa am 18.10.22 wurde diese
mit Granaten beschossen. Am 21.10.22 wurden vier Personen durch erneut aufgekommene Kämpfe getötet.
Seitdem die Kämpfe in der Region ausgebrochen sind, zählt OCHA 23 Todesopfer und 34 verletzte Personen.
Zudem sei es aufgrund der weiterhin schlechten Sicherheitslage nicht möglich, humanitäre Hilfe in der Region zu
leisten.
Grund der Auseinandersetzungen war ein Streit zwischen Angehörigen der ethnischen Gruppen der Misseriya und
der Nuba über die Nutzung und den Besitz von Land.

Syrien

HRW: Türkei soll hunderte Geflüchtete nach Syrien abgeschoben haben
In einer Stellungnahme vom 24.10.22 warf die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) der
Türkei vor, im Zeitraum Februar bis Juli 2022 hunderte syrische Jungen und Männer willkürlich verhaftet, inhaftiert
und nach Syrien deportiert zu haben. Die Betroffenen mussten demnach unter Zwang Formulare ausfüllen, in
denen sie die vermeintliche Freiwilligkeit ihrer Ausreise bescheinigten, bevor sie dann in die militärisch besetzten
Gebiete Nordsyriens gebracht worden seien.

Russland reduziert Militärpräsenz in Syrien
Einem Bericht der New York Times vom 19.10.22 zufolge, in dem sich auf westliche Diplomaten und ein
hochrangiges Mitglied des israelischen Verteidigungsministeriums berufen wird, soll das russische Militär kürzlich

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Personal und Gerätschaften aus Syrien an die ukrainische Front versetzt haben. Verschiedenen Schätzungen zufolge
sollen dabei mindestens 1.200 bis 1.600 Soldaten, mehrere Kommandeure und insbesondere das S-300
Flugabwehrsystem abgezogen worden sein. Letzteres war erst im Jahr 2018 nach Syrien gebracht worden und
stellte seither vor allem für die israelischen Luftoperationen gegen iranische Ziele in Syrien ein Hindernis dar. Die
abgezogenen Soldaten sollen jedoch bereits durch Einheiten der russischen Militärpolizei ersetzt worden sein.

Palmyra: Massengrab entdeckt
Die staatliche Nachrichtenagentur SANA berichtete am 21.10.22 von einem Massengrab, das in der antiken
Oasenstadt Palmyra entdeckt worden ist. Bei den darin verschütteten zwölf Leichnamen soll es sich um Opfer des
IS handeln, welcher die UNESCO-Weltkulturerbestätte in den Jahren 2015 und 2016 kontrollierte.

Tansania

Verurteilung wegen Verbreitung falscher Informationen über die Staatspräsidentin
Lokalen Berichten zufolge wurde Levinus Kidanabi am 19.10.22 wegen Verleumdung der Präsidentin Samia Suluhu
Hassan und der Verbreitung falscher Informationen zu einer insgesamt siebenjährigen Gefängnisstrafe und einer
Geldstrafe in Höhe von 15 Mio. TZS (rd. 6.533 EUR, Stand: 24.10.22) verurteilt. Das Gericht urteilte, dass er u.a.
falsche Angaben zum Staatsoberhaupt über einen Messaging-Dienst verbreitet und damit gegen den Cyber Crimes
Act verstoßen habe.

Tschad

Proteste fordern mindestens 50 Todesopfer
Bei Protesten gegen die Macht des Militärs sollen am 19.10.22 Medienangaben zufolge in der tschadischen
Hauptstadt sowie der zweitgrößten Stadt des Landes, Moundou, mindestens 50 Menschen getötet worden sein;
unter den Toten befänden sich laut Behördenangaben auch Mitglieder der Polizei. Es heißt, die Demonstrierenden
hätten Barrikaden errichtet und die Parteizentrale der Nationalen Union für Demokratie und Erneuerung (Union
nationale pour la démocratie et le renouveau, UNDR), die Partei des am 12.10.22 ernannten neuen Premierministers
Saleh Kebzabo, in Brand gesetzt. Die Sicherheitskräfte seien gewaltsam mit Tränengas und scharfer Munition gegen
die Protestierenden vorgegangen.

Türkei

Türkei-Bericht der EU-Kommission zur Erweiterungspolitik der EU
Am 14.10.22 wurde der jährliche Türkei-Bericht der EU-Kommission veröffentlicht. Laut dem Bericht weist die
Funktion der demokratischen Institutionen der Türkei weiterhin gravierende Mängel auf. Die strukturellen Mängel
des Präsidialsystems blieben bestehen und das Parlament verfüge weiterhin nicht über die notwendigen Mittel, um
die Regierung zur Rechenschaft zu ziehen. Die verfassungsrechtliche Struktur zentralisiere weiterhin Befugnisse auf
der Ebene der Präsidentschaft, ohne eine solide und wirksame Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und
Judikative zu gewährleisten. In Ermangelung eines wirksamen Mechanismus der gegenseitigen Kontrolle ist die
demokratische Rechenschaftspflicht der Exekutive weiterhin auf Wahlen beschränkt.

Änderung des Pressegesetzes in Kraft getreten
Der Gesetzesentwurf zur Änderung mehrerer Gesetze inkl. des Pressegesetzes, wurde nach Zustimmung von
Staatspräsident Erdogan im Amtsblatt veröffentlicht und trat am 17.10.22 in Kraft. Es sieht Freiheitsstrafen von bis
zu drei Jahren wegen „öffentlicher Verbreitung von Desinformationen“ vor. Das Gesetz hatte als „Zensurgesetz“
öffentliche Kritik ausgelöst (vgl. BN v. 17.10.22). Die Republikanische Volkspartei (CHP) hat Medienberichten
zufolge beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des Gesetzes beantragt.

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HRW-Bericht zur Abschiebung von syrischen Geflüchteten
Am 24.10.22 veröffentlichte Human Rights Watch (HRW) einen Bericht zur Abschiebung von syrischen
Geflüchteten aus der Türkei. Dem Bericht zufolge haben türkische Behörden zwischen Februar und Juli 2022
Hunderte von syrischen Geflüchteten sowie unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus Syrien willkürlich
festgenommen, inhaftiert und nach Syrien abgeschoben. Die abgeschobenen Geflüchteten berichteten, dass
türkische Beamte sie in ihren Wohnungen, an ihren Arbeitsplätzen und auf der Straße festnahmen, sie unter
schlechten Bedingungen festhielten, die meisten von ihnen schlugen und misshandelten und zwangen, Formulare
für die freiwillige Rückkehr zu unterschreiben. Laut HRW wurden sie danach zu Grenzübergängen nach Nordsyrien
gefahren und dort mit vorgehaltener Waffe gezwungen, die Grenze zu überschreiten.

Tunesien

Demonstrationen dauern an
Medienangaben zufolge werden die Demonstrationen, die durch den gewaltsamen Tod eines jungen Mannes am
14.10.22 ausgelöst wurden, fortgesetzt. Er habe durch Sicherheitskräfte schwere Verletzungen erlitten und sei
diesen erlegen. Die Sicherheitskräfte bestreiten die Verantwortung für den Tod des Mannes.
Seit rd. einer Woche versammeln sich überwiegend junge Menschen zu Demonstrationen, gegen die die Polizei
unter Einsatz von Gewalt vorgeht. Zudem seien mehrere Personen im Rahmen der Proteste inhaftiert worden. 30
Organisationen verurteilten den Einsatz von Polizei und Justiz gegen die Teilnehmenden.
Es kam in den vergangenen Wochen immer wieder zu Kundgebungen und Demonstrationen wegen der schlechten
wirtschaftlichen Lage, der Brutalität der Sicherheitskräfte und der anonymen Bestattung von Migrierenden, die bei
dem Versuch der Überfahrt nach Europa ums Leben kamen.

Ukraine

Ausrufung des Kriegsrechts in besetzten Gebieten, weitere Angriffe auf Energieinfrastruktur
Per Dekret des russischen Präsidenten Wladimir Putin wurde am 19.10.22 das Kriegsrecht in den von Russland
kontrollierten und formal annektierten ukrainischen Gebieten Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk
erklärt. Der ukrainische Präsident Wolodymir Selenskyj rief dort aufhältige Männer zur Flucht in die von der Ukraine
kontrollierten Gebiete auf, um einer möglichen Einziehung in die russischen Streitkräfte zu entgehen. Nach den
jüngst erfolgten landesweiten russischen Angriffen auf die Energieinfrastruktur der Ukraine sei diese laut
ukrainischen Regierungsangaben mittlerweile zu 40 % beschädigt. Am 20.10.22 wurden landesweite temporäre
Stromabschaltungen gemeldet und die Bevölkerung dazu aufgerufen, zwischen 7:00 und 22:00 Uhr möglichst
wenig Strom zu verbrauchen. Infolge weiterer Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur am 22.10.22 waren
laut Behördenangaben 1,5 Mio. Menschen temporär von der Stromversorgung abgeschnitten, u.a. in den
westukrainischen Großstädten Luzk und Chmelnyzkyj. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal warnte
am 22.10.22 angesichts der derzeitigen Energieversorgungssituation vor möglichen neuen Migrationsbewegungen.
Präsident Selenskyj gab am Abend des 23.10.22 bekannt, dass die Stromversorgung in den von den Angriffen am
22.10.22 betroffenen Regionen technisch wiederhergestellt sei.

Allgemeine militärische und humanitäre Lage
Laut Medienberichten konzentrieren sich ukrainische militärische Vorstöße in Richtung der Stadt Cherson.
Angaben des ukrainischen Generalstabs vom 21.10.22 zufolge seien 2.000 russische Wehrpflichtige zur Verstärkung
im Gebiet Cherson eingetroffen. Die von Russland eingesetzte Gebietsverwaltung kündigte ihren Rückzug aus der
Stadt an und rief die Bevölkerung zum sofortigen Verlassen der Stadt auf, am 22.10.22 seien bereits 25.000
Menschen evakuiert worden. In der Region Donzek wurden anhaltende russische Angriffe u.a. auf die Städte
Bachmut und Soledar gemeldet. Laut ukrainischen Angaben seien in den zurückeroberten Teilen des Gebietes
Charkiw 22 Folterkammern entdeckt worden, in der Stadt Lyman im Gebiet Donezk sei die Exhumierung eines
zuvor entdeckten Massengrabs mit dem Fund von insgesamt 111 Leichen getöteter Zivilpersonen abgeschlossen
worden.

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